W eil unsere Gehirne unterschiedlich verschaltet sind, erleben wir alle die Realität auf unterschiedliche Weisen, von denen im Grunde jede verzerrt ist. Wir müssen das akzeptieren und damit umgehen. Wenn Sie also wissen wollen, was wahr ist und was deswegen zu tun ist, müssen Sie Ihr eigenes Gehirn verstehen.
Diese Erkenntnis hat mich dazu gebracht, mit vielen Psychologen, Psychiatern, Neurowissenschaftlern, Persönlichkeitstestern und anderen glaubwürdigen und kompetenten Leuten auf diesem Gebiet zu sprechen und viele Bücher darüber zu lesen. Wie ich dabei feststellte, ist für uns alle zwar offensichtlich, dass wir mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen in Bereichen wie gesundem Menschenverstand, Kreativität, Gedächtnis, Fähigkeit zur Synthese, Aufmerksamkeit für Details und so weiter geboren werden; doch eine objektive Beschäftigung mit diesen Unterschieden ist sogar den meisten Wissenschaftlern unangenehm. Das allerdings macht sie kein bisschen weniger notwendig, also habe ich diese Erkundungen mehrere Jahrzehnte lang vorangetrieben.
Im Ergebnis habe ich viel gelernt, das mir geholfen hat und das, so glaube ich, auch Ihnen helfen kann. Tatsächlich würde ich meinen Erfolg ebenso sehr dem zuschreiben, was ich über das Gehirn gelernt habe, wie meinem Wissen über Ökonomie und Geldanlage. In diesem Kapitel möchte ich über einige der höchst interessanten Dinge berichten, die ich gelernt habe.
WARUM ICH MICH DER NEUROWISSENSCHAFT ZUGEWANDT HABE
Als ich zwei Jahre nach Abschluss der Business School Bridgewater gründete, musste ich zum ersten Mal in meinem Leben Menschen führen. Zuerst glaubte ich, dass ich fähige Mitarbeiter bekommen würde, indem ich intelligente Leute einstellte – zum Beispiel die besten Studenten von den besten Universitäten; doch als wirklich gut erwiesen sie sich ebenso häufig, wie das Gegenteil der Fall war. »Buch-Intelligenz« war nicht unbedingt die Art von Intelligenz, die ich brauchte.
Ich wollte mit unabhängigen Denkern zusammenarbeiten, die kreativ und konzeptionell sind und über viel gesunden Menschenverstand verfügen. Doch ich tat mich schwer, diese Art von Menschen zu finden, und selbst als es mir gelang, war ich erschrocken darüber, wie anders ihre Gehirne zu funktionieren schienen. Es war, als würden wir verschiedene Sprachen sprechen. Diejenigen zum Beispiel, die »konzeptionell« und unpräzise waren, sprachen die eine Sprache, und die Genauen und Gewissenhaften eine andere. Damals schrieben wir das »Kommunikationsproblemen« zu, doch die Differenzen reichten viel tiefer. Und sie waren schmerzhaft für jeden von uns, vor allem wenn wir versuchten, zusammen Großes zu erreichen.
An ein großes Analyseprojekt vor einigen Jahren – einen ambitionierten Versuch, unser globales Wissen über den Anleihenmarkt zu systematisieren – erinnere ich mich noch gut. Geleitet wurde es von Bob Prince. Konzeptionell waren wir uns einig darüber, was wir vorhatten, doch das Projekt wurde nicht zu Ergebnissen vorangetrieben. Wir trafen uns mit Bob und seinem Team, um uns auf das Ziel und den Weg dorthin zu verständigen. Doch wenn sie sich dann wieder an die Arbeit machten, erreichten sie keine Fortschritte. Das Problem war, dass konzeptionell denkende Leute, die sich in groben Zügen vorstellten, was zu tun war, davon ausgingen, dass eher gewissenhafte Leute von selbst herausfinden würden, wie das geschehen soll. Als das ausblieb, glaubten die konzeptionelleren Mitarbeiter, den gewissenhaften Kollegen mangele es an Vorstellungskraft, und die Gewissenhaften fanden die Konzeptionellen abgehoben. Und noch schlimmer: Niemand wusste, wer zu welcher Gruppe gehörte – die Gewissenhaften hielten sich für konzeptionell denkend und umgekehrt. Kurz, wir steckten fest, und jeder war der Meinung, das sei die Schuld von anderen – jeder hielt diejenigen, mit denen er im Clinch lag, für blind, stur oder einfach dumm.
Diese Meetings waren eine Qual für alle Beteiligten. Weil niemandem klar war, was er gut oder schlecht beherrschte, tat jeder Meinungen über alles kund, und es gab keine vernünftige Methode, um sie richtig einzuordnen. Wir sprachen darüber, warum die Gruppe nicht weiterkam. Dadurch erkannten wir, dass Bob für die verschiedenen Rollen in seinem Team Personen ausgewählt hatte, die ähnliche Stärken und Schwächen hatten wie er selbst. Dafür brauchte es Offenheit und Aufgeschlossenheit, und es war ein großer Schritt nach vorn. Doch die Diskussionen wurden nicht aufgezeichnet und nicht systematisch für angemessene Veränderungen genutzt, also machten dieselben Leute weiter dieselben Fehler, immer und immer wieder.
Ist nicht offensichtlich, dass uns unsere unterschiedlichen Arten zu denken, unsere emotionalen Reaktionen und unser Mangel an Methoden für den Umgang damit gravierend einschränken? Was also sollen wir tun? Es einfach hinnehmen?
Ich bin sicher, dass Sie schon heftige Meinungsverschiedenheiten erlebt haben – solche, bei denen die Beteiligten unterschiedliche Ansichten haben und sich nicht einigen können, was richtig ist. Gute Menschen mit guten Absichten können dann wütend und emotional sein, was frustrierend ist und oft persönlich wird. Die meisten Unternehmen verhindern das, indem sie offene Diskussionen unterdrücken und schlicht vorsehen, dass die Ranghöchsten entscheiden. Doch so eine Art von Unternehmen wollte ich nicht. Ich wusste, dass ich mich eingehender mit dem beschäftigen musste, was uns davon abhielt, effektiver zusammenzuarbeiten. Ich wollte diese Dinge ans Tageslicht holen und mich näher mit ihnen beschäftigen.
Die rund 1500 Mitarbeiter von Bridgewater haben unterschiedliche Aufgaben: Manche versuchen, die globalen Märkte zu verstehen, andere entwickeln Technologien, wieder andere betreuen Kunden, sind für die Krankenversicherungen oder andere Sozialleistungen der Mitarbeiter zuständig, kümmern sich um juristische Fragen, verwalten IT und Gebäude und so weiter. All diese Aktivitäten erfordern, dass unterschiedliche Arten von Menschen zusammenarbeiten, um die besten Ideen zu verfolgen und die schlechtesten zu verwerfen. Menschen so zu organisieren, dass sich ihre Stärken ergänzen und ihre Schwächen ausgleichen, ist wie das Dirigieren eines Orchesters. Wenn man es richtig macht, kann das Ergebnis wundervoll sein; und es kann schrecklich sein, wenn man es nicht richtig macht.
»Erkenne dich selbst.« und »Sei dir selber treu.« sind grundlegende Aussagen, die ich schon lange gehört hatte, bevor ich mich mit dem Gehirn zu beschäftigen begann. Doch ich hatte keine Ahnung, wie ich vorgehen sollte, um dieses Wissen zu bekommen, oder wie ich es nutzen sollte. Das änderte sich erst, als wir entdeckten, wie unterschiedlich Menschen denken. Je besser wir uns selbst kennen, desto besser können wir erkennen, was sich ändern lässt und auf welche Weise, und was sich nicht ändern lässt und wie man damit umgehen kann. Also ist egal, was Sie sich vornehmen und ob Sie das allein, als Mitglied einer Organisation oder als ihr Leiter tun: Sie müssen verstehen, wie Sie und andere Menschen verschaltet sind.
4.1 Verstehen, welche Kraft aus dem Wissen entsteht, wie Sie und andere verschaltet sind
Wie ich im ersten Teil dieses Buches erklärt habe, ereignete sich mein erster Durchbruch beim Verstehen, wie Menschen unterschiedlich denken, als ich ein junger Vater war und meine Kinder von Dr. Sue Quinlan testen ließ. Die Ergebnisse waren bemerkenswert, weil sie nicht nur meine eigenen Beobachtungen darüber bestätigten, wie ihr Denken damals funktionierte, sondern weil sie auch vorhersagten, wie sich meine Kinder in Zukunft entwickeln würden. Zum Beispiel tat sich einer meiner Söhne schwer mit Rechnen. Doch weil er im Test bei mathematischem Denken gut abgeschnitten hatte, sagte ihm Dr. Quinlan, wenn er die Langeweile des Auswendiglernens in der Grundschule überstehen würde, würde er die abstrakteren Konzepte lieben, die später auf ihn zukämen. Sie hatte recht damit. Diese Erkenntnisse öffneten mir die Augen für neue Möglichkeiten. Jahre später, als ich versuchte, die unterschiedlichen Denkstile meiner Mitarbeiter und Kollegen zu verstehen, wandte ich mich wieder an Dr. Quinlan und andere Psychologen.
Zunächst bekam ich von den Experten sowohl gute als auch schlechte Ratschläge. Viele schienen stärker daran interessiert, dafür zu sorgen, dass Menschen sich gut (oder jedenfalls nicht schlecht) fühlen, als daran, der Wahrheit näherzukommen. Noch auffälliger: Wie ich feststellte, wussten die meisten Psychologen nicht viel über Neurowissenschaft und die meisten Neurowissenschaftler nicht viel über Psychologie – und beide Gruppen weigerten sich, die physiologischen Unterschiede in den Gehirnen von Menschen mit Unterschieden bei ihren Fähigkeiten und ihrem Verhalten in Verbindung zu bringen. Schließlich aber fand ich Dr. Bob Eichinger, der mir die Welt der psychometrischen Tests eröffnete. Mit dem Myers-Briggs- und anderen Tests entwickelten wir eine viel klarere und stärker datengetriebene Methode, um unsere unterschiedlichen Arten des Denkens zu verstehen.
Unsere Differenzen waren keine Folge schlechter Kommunikation. Es war genau andersherum: Unsere unterschiedliche Art zu denken führte zu schlechter Kommunikation.
Aus Gesprächen mit Experten und meinen eigenen Beobachtungen lernte ich, dass viele unserer mentalen Unterschiede physiologisch begründet sind. Unsere körperlichen Merkmale bestimmen die Grenzen von dem, was wir körperlich leisten können – manche Menschen sind groß, andere klein, manche muskulös und manche schwach. Auf dieselbe Weise sind unsere Gehirne von Natur aus unterschiedlich und bestimmen, was wir mental zu leisten in der Lage sind. Wie bei unseren Körpern lassen sich manche Teile unseres Gehirns durch externe Erfahrungen nicht erheblich beeinflussen (so wie sich unser Skelett auch bei regelmäßigem Training nicht verändert). Andere Teile aber kann man durch Übungen stärken (später in diesem Kapitel gehe ich noch näher auf die Plastizität des Gehirns ein).
Klar wurde mir das durch den drei Jahre währenden Kampf meines Sohns Paul mit seiner bipolaren Störung. So erschreckend und frustrierend sein Verhalten auch war, ich erkannte, dass es auf seine Gehirnchemie zurückzuführen war (konkreter auf die unregelmäßige Absonderung von Serotonin und Dopamin). Als ich diesen schrecklichen Weg mit ihm durchmachte, erlebte ich, wie frustrierend und verärgernd der Versuch war, mit jemandem zu argumentieren, der nicht richtig dachte. Ständig musste ich mich selbst daran erinnern, dass ich keine Grundlage für meinen Ärger hatte, weil seine verzerrte Logik ein Produkt seiner Physiologie war – und ich konnte selbst sehen, wie die Ärzte, die das berücksichtigten, ihn in einen Zustand kristallener Klarheit brachten. Diese Erfahrung lehrte mich nicht nur viel über die Funktionsweise von Gehirnen, sondern auch über die Gründe dafür, dass kreativer Geist oft am Rand des Wahnsinns liegt. Viele hochgradig produktive und kreative Menschen litten unter bipolaren Störungen, darunter Ernest Hemingway, Ludwig van Beethoven, Pjotr Tschaikowski, Vincent van Gogh, Jackson Pollock, Virginia Woolf, Winston Churchill und die Psychologin Kay Redfield Jamison (die in ihrem Buch Meine ruhelose Seele [An Unquiet Mind ] offen über ihre eigenen Erfahrungen mit der Krankheit geschrieben hat). Ich habe gelernt, dass wir alle unterschiedlich sind, weil die Maschine unseres Gehirns auf unterschiedliche Arten arbeitet – und dass beinahe jeder fünfte Amerikaner auf die eine oder andere Weise klinisch gesehen psychisch krank ist.
Als ich verstanden hatte, dass alles physiologisch bedingt ist, wurden mir viele Dinge klarer. Früher hatten mich Menschen durch ihre Entscheidungen oft wütend gemacht und frustriert, bis ich erkannte, dass sie nicht absichtlich auf eine meiner Meinung nach kontraproduktive Weise handelten. Sie lebten die Dinge lediglich so, wie sie ihnen erschienen, gesteuert von der Funktionsweise ihres Gehirns. Ebenfalls wurde mir klar, dass diese Menschen mir vielleicht sehr aus der Spur zu sein schienen, doch ich machte auf sie denselben Eindruck. Die einzig vernünftige Art und Weise, miteinander umzugehen, bestand also darin, uns mit gegenseitigem Verständnis zu betrachten, damit wir uns einen objektiven Reim auf die Dinge machen konnten. Dadurch wurden nicht nur unsere Meinungsverschiedenheiten weniger frustrierend, sondern wir konnten so auch unsere Effektivität maximieren.
Jeder Mensch ist wie ein Lego-Bausatz aus Eigenschaften, und jedes einzelne Bauteil basiert auf der Funktionsweise eines bestimmten Teils seines Gehirns. All diese Teile zusammen bestimmen darüber, wie eine Person ist, und wenn man das weiß, besitzt man eine ziemlich gute Vorstellung davon, was man von ihr erwarten kann.
a. Wir werden mit Eigenschaften geboren, die uns helfen oder schaden können, abhängig davon, wie wir sie anwenden. Die meisten Eigenschaften sind ein zweischneidiges Schwert, das potenziellen Nutzen ebenso wie potenziellen Schaden bringt. Je extremer eine Eigenschaft, desto extremer die potenziellen guten oder schlechten Ergebnisse, die sie hervorbringen dürfte. Zum Beispiel könnte eine hochgradig kreative, zielorientierte Person, die sich gut neue Ideen vorstellen kann, die Kleinigkeiten des täglichen Lebens unterbewerten, die aber ebenfalls wichtig sind. Sie könnte so von ihren langfristigen Zielen getrieben sein, dass sie vielleicht auf Menschen herabschaut, die sich auf die Details des täglichen Lebens konzentrieren. Ähnlich könnte eine aufgabenorientierte Person mit hervorragendem Blick fürs Detail Kreativität unterschätzen – und noch schlimmer, sie im Namen der Effizienz unterdrücken. Zusammen könnten diese beiden Menschen ein gutes Team ergeben, aber wahrscheinlich werden sie sich schwertun, von der Tatsache zu profitieren, dass sie sich ergänzen. Denn die Art und Weise, wie ihre Gehirne funktionieren, macht es ihnen schwierig, den Wert der jeweils anderen Denkweise zu erkennen.
Erwartungen an Menschen (einschließlich sich selbst) zu haben, ohne zu wissen, wie sie sind, ist eine sichere Methode, um in Schwierigkeiten zu geraten. Ich musste das am eigenen Leib erfahren, durch Jahre mit frustrierenden Gesprächen und durch den Schmerz, wenn ich Dinge von Menschen erwartete, zu denen sie von ihrer Konstitution her nicht in der Lage waren. Ich bin sicher, dass ich dadurch auch ihnen viele Schmerzen zugefügt habe. Mit der Zeit wurde mir klar, dass ich einen systematischen Ansatz dafür brauchte, unsere Unterschiede zu erfassen und aufzuzeichnen, sodass wir sie aktiv berücksichtigen konnten, wenn wir Menschen auf bestimmte Positionen bei Bridgewater setzten.
Dies führte zu einem meiner wertvollsten Managementwerkzeuge: den Baseballkarten, die ich im ersten Teil dieses Buches erwähnt habe. So wie auf Baseballkarten die relevanten Spielerdaten stehen und den Fans entsprechend verraten, worin der jeweilige Spieler gut oder schlecht ist, so sollte es für uns hilfreich sein, Karten für alle unsere Spieler bei Bridgewater zu haben, beschloss ich.
Als ich die Eigenschaften für unsere Baseballkarten auswählte, stützte ich mich zum einen auf Adjektive wie »konzeptionell«, »zuverlässig«, »kreativ« und »entschlossen«, wie wir sie bereits zum Beschreiben von Menschen verwendeten. Hinzu kamen Beschreibungen von Dingen, die diese Menschen taten oder nicht taten, wie »andere zur Verantwortung ziehen« oder »bis zu Ergebnissen durchhalten«, und Begriffe aus Persönlichkeitstests wie »extrovertiert« oder »wertend«. Als die Karten vorbereitet waren, richtete ich einen Prozess ein, bei dem sich die Mitarbeiter gegenseitig bewerteten, wobei die Meinung derjenigen mit der höchsten Bewertung bei einer bestimmten Kenngröße (zum Beispiel »am kreativsten«) ein höheres Gewicht in dieser Größe bekam. Ebenso sollten diejenigen mit belegter Erfolgsgeschichte in einem bestimmten Bereich eine höhere Glaubwürdigkeit, also höheres Gewicht bei Entscheidungen in diesem Bereich bekommen. Indem die Eigenschaften auf den Baseballkarten notiert wurden, wussten andere, die nie zuvor mit einer bestimmten Person zusammengearbeitet hatten, was sie von ihr erwarten konnten. Wenn sich die Menschen veränderten, veränderten sich ihre Bewertungen. Und wenn sie sich nicht veränderten, wussten wir noch sicherer, was wir von ihnen erwarten konnten.
Als ich dieses Werkzeug einführte, waren natürlich manche Mitarbeiter aus unterschiedlichen Gründen skeptisch oder verängstigt. Manche fürchteten, die Karten könnten ungenau sein, andere hielten es für unangenehm, wenn ihre Schwächen so offensichtlich würden, oder nahmen an, sie würden in Schubladen gesteckt und könnten sich nicht weiterentwickeln. Wieder andere waren besorgt, dass das System zu komplex sei, um sich in der Praxis einsetzen zu lassen. Stellen Sie sich vor, wie Sie sich fühlen würden, wenn Sie aufgefordert würden, alle Ihre Kollegen in eine feste Rangliste zu Kreativität, Entschlossenheit oder Zuverlässigkeit einzuordnen. Die meisten Menschen würden diese Aussicht zunächst beängstigend finden.
Trotzdem wusste ich, dass wir radikal offen darin sein mussten, festzuhalten und zu berücksichtigen, wie die Menschen bei uns sind, und dass die Bedenken im Lauf der Zeit schwinden würden, wenn wir einen vernünftigen Umgang mit dem Prozess zeigten. Heute hält fast jeder bei Bridgewater die Baseballkarten für unverzichtbar, und wir haben eine ganze Palette anderer Werkzeuge entwickelt, die uns bei unseren Versuchen unterstützen sollen, wie Menschen sind und wer bei welchen Themen glaubwürdig ist; in Prinzipien für die Arbeit beschreibe ich diese Werkzeuge genauer.
Wie bereits erwähnt, brachte uns unsere einzigartige Vorgehensweise und der von uns gesammelte Datenschatz das Interesse einiger anerkannter Organisationspsychologen und -forscher ein. Bob Kegan von der Harvard University, Adam Grant von der Wharton School und Ed Hess von der University of Virginia schrieben ausführlich über uns, und ich habe meinerseits viel von ihnen gelernt. Auf eine Weise, die ich nie im Sinn gehabt hatte, hatte unser Entdeckungsprozess nach dem Versuch-und-Irrtum-Prinzip uns an die vorderste Front der akademischen Forschung über Personalentwicklung in Organisationen gebracht. Wie Kegan in seinem Buch An Everyone Culture schrieb: »Bridgewater hat ein Ökosystem zur Unterstützung der persönlichen Entwicklung geschaffen, das von der individuellen Erfahrung des Nachbohrens in jedem Zweiermeeting über den technologisch integrierten Prozess für Diskussionen (…) bis zu Baseballkarten und der unternehmensweiten Praxis von täglichen Updates und Fallstudien reicht. Das System hilft jedem im Unternehmen dabei, sich der Wahrheit darüber zu stellen, wie jeder Einzelne ist.«
Unsere Entdeckungsreise fiel mit einer unglaublich produktiven Zeit in der Neurowissenschaft zusammen, in der unser Wissen dank rascher Fortschritte beim Neuroimaging und der Fähigkeit für das Sammeln und Verarbeiten großer Datenmengen drastisch zugenommen hat. Wie bei allen Wissenschaften am Rand eines Durchbruchs bin ich sicher, dass vieles von dem, was heute für richtig gehalten wird, bald radikal verbessert werden wird. Sehr genau aber weiß ich, wie unglaublich schön und nützlich es ist, zu verstehen, wie die Denkmaschine zwischen unseren Ohren funktioniert.
Folgend einige der Dinge, die ich gelernt habe:
Das Gehirn ist komplexer, als wir uns vorstellen können. Es verfügt über geschätzte 89 Milliarden winziger »Computer«, die Neuronen, die über viele Billionen von »Drähten«, den Axonen, und chemische Synapsen miteinander verbunden sind. David Eagleman beschreibt es in seinem wundervollen Buch Inkognito (Incognito) so:
Ihr Gehirn besteht aus Zellen, die als Neuronen und Glia bezeichnet werden – und zwar mehreren Hundert Milliarden. Jede dieser Zellen kann es an Komplexität mit einer ganzen Großstadt aufnehmen (…) Das Netzwerk, zu dem sich diese Zellen zusammensetzen, ist von einer derart gewaltigen Komplexität, dass die menschliche Sprache zu seiner Beschreibung nicht ausreicht und wir uns bei den neuesten Zweigen der Mathematik Unterstützung suchen müssen. Ein gewöhnliches Neuron hat etwa 10 000 Verbindungen zu benachbarten Neuronen. Angesichts der Milliarden von Neuronen bedeutet dies, dass es in einem einzigen Kubikzentimeter Ihres Gehirns so viele Verbindungen gibt wie Sterne in unserer gesamten Milchstraße.
Wenn wir geboren werden, sind unsere Gehirne bereits programmiert mit Wissen, das über Hunderte Millionen Jahre angesammelt wurde. Forscher der University of Virginia haben beispielsweise gezeigt, dass viele Menschen zwar instinktiv Angst vor Schlangen haben, aber niemand instinktive Angst vor Blumen. Das Gehirn, mit dem wir geboren werden, hat gelernt, dass Schlangen gefährlich sind und Blumen nicht. Es gibt einen Grund dafür.
Es gibt ein einheitliches Grunddesign für die Gehirne von allen Säugetieren, Fischen, Vögeln, Amphibien und Reptilien, das vor fast 300 Millionen Jahren entstanden ist und sich seitdem immer weiterentwickelt hat. So wie sich bei Autos verschiedene Versionen – Limousinen, SUVs, Sportwagen etc. – entwickelt haben, die viele Teile gemeinsam haben, haben auch alle Wirbeltiergehirne ähnliche Teile mit ähnlichen Aufgaben, die aber gut an die Bedürfnisse ihrer jeweiligen Spezies angepasst sind. Zum Beispiel haben Vögel »überlegene« Occipitallappen, weil sie aus großer Höhe Beute (und Jäger) erkennen müssen. Wir Menschen halten uns für insgesamt überlegen, weil wir die Bedeutung unserer eigenen Vorteile überbetonen. Doch andere Arten könnten zu Recht denselben Anspruch erheben: Vögel für das Fliegen, den scharfen Blick und den instinktiven Magnetsinn, die meisten Tiere für ihren Geruchssinn und mehrere dafür, dass sie besonders vergnüglichen Sex zu haben scheinen.
Das »universelle Gehirn« hat sich von unten nach oben entwickelt; seine unteren Teile sind also evolutionär gesehen die ältesten und die oberen die neuesten. Der Hirnstamm kontrolliert die unbewussten Prozesse, die uns und andere Arten am Leben halten: Herzschlag, Atem, Nervensystem und den Grad unserer Aufregung und Wachheit. Die nächsthöhere Schicht ist das Kleinhirn. Es gibt uns die Fähigkeit, die Bewegungen unserer Glieder zu kontrollieren, indem es sensorische Informationen mit unseren Muskeln koordiniert. Dann kommt das Großhirn, zu dem die Basalganglien (zur Kontrolle von Gewohnheiten) und andere Teile des limbischen Systems gehören (das emotionale Reaktionen und manche Bewegungen steuert), ebenso wie die Großhirnrinde oder der Cortex (in dem unsere Erinnerungen, Gedanken und unser Bewusstsein angesiedelt sind). Die neuesten und am weitesten entwickelten Teile des Cortex, einer runzeligen grauen Masse, die aussieht wie ein Haufen Eingeweide, werden als Neocortex bezeichnet. Von hier kommen Lernen, Planung, Vorstellungskraft und anderes Denken auf höheren Ebenen. Er macht beim Menschen einen deutlich höheren Anteil an der grauen Masse des Gehirns aus als bei anderen Arten.
4.2 Sinnerfüllte Arbeit und sinnerfüllte Beziehungen sind nicht nur schöne Dinge, für die wir uns entscheiden – sie sind uns genetisch einprogrammiert
Neurowissenschaftler, Psychologen und Evolutionsforscher sind sich einig, dass das menschliche Gehirn mit dem Bedürfnis nach sozialer Kooperation und der Freude daran vorprogrammiert ist. Unsere Gehirne wollen diese Kooperation und entwickeln sich besser, wenn sie vorhanden ist. Die sinnerfüllten Beziehungen, die aus sozialer Kooperation entstehen, machen uns glücklicher, gesünder und produktiver, und auch für effektives Arbeiten ist sie unverzichtbar. Sie ist eines der entscheidenden Merkmale, die einen Menschen ausmachen. 29
In seinem exzellenten Buch Subliminal schreibt Leonard Mlodinow: »Normalerweise gehen wir davon aus, dass unsere Intelligenz uns von anderen Arten unterscheidet. Aber eigentlich sollte vornehmlich unsere soziale Intelligenz die Qualität sein, die den Unterschied macht.« Mlodinow zeigt auf, dass Menschen die einzigartige Fähigkeit haben, zu verstehen, wie andere Menschen sind und wie sie sich verhalten dürften. Wenn sie vier Jahre alt sind, können die meisten Kinder den mentalen Zustand von anderen erkennen. Diese Art von menschlichem Verständnis und Kooperation ist das, was uns als Spezies auszeichnet. Mlodinow erklärt: »Um beispielsweise ein Auto zu bauen, müssen sich Tausende Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten beteiligen, die in unterschiedlichen Ländern unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Metalle wie Eisen müssen aus der Erde gefördert und verarbeitet werden; Glas, Gummi und Plastik müssen aus verschiedenen Materialien chemisch gewonnen und geformt werden; Batterien, Kühler und zahllose andere Teile müssen produziert werden; elektronische und mechanische Systeme müssen entworfen werden; und dann muss alles in einer Fabrik zusammenkommen, koordiniert von weit weg, um das gesamte Auto zusammenzubauen. Heute sind selbst der Kaffee und das Brötchen, das Sie sich auf dem Weg zur Arbeit kaufen, das Ergebnis der Aktivität von Menschen überall auf der Welt.«
In seinem Buch Der Sinn des menschlichen Lebens (The Meaning of Human Existence) vermutet der Pulitzer-Preisträger Edward O. Wilson, dass sich unser Gehirn in Richtung der Förderung von Kooperation entwickelt hat, als unsere Vorfahren vor ein bis zwei Millionen Jahren auf einer Entwicklungsstufe irgendwo zwischen Schimpansen und dem modernen Homo sapiens standen, damit der Mensch jagen und andere Aktivitäten betreiben konnte. Dies führte dazu, dass sich die Zentren für Gedächtnis und Entscheidungsfähigkeit im präfrontalen Cortex über die unserer Primatenverwandten hinausentwickelten. Als Gruppen stärker wurden als Individuen und sich unsere Gehirne so entwickelten, dass sich die Organisation größerer Gruppen bewerkstelligen ließ, wurde der Wettbewerb zwischen Gruppen wichtiger als der zwischen Einzelnen; und Gruppen mit kooperativeren Mitgliedern erging es besser als solchen mit weniger kooperativen. Diese Evolution führte zur Entstehung von Altruismus, Moral und dem Gefühl von Gewissen und Ehre. Der Mensch stehe, so Wilson, für immer in einem Spannungsverhältnis zwischen den zwei extremen Kräften, die uns geschaffen haben, nämlich der egoistischen Individualselektion (»Sünde«) und der selbstlosen Gruppenselektion (»Tugend«).
Welche von diesen Kräften (Eigeninteresse oder kollektives Interesse) sich durchsetzt, hängt in jeder Organisation von ihrer Kultur ab, und die wiederum hängt von den Menschen ab, die sie gestalten. Klar aber ist, dass das kollektive Interesse besser ist, nicht nur für die Organisation, sondern auch für die Individuen, aus denen sie besteht. Wie ich in Prinzipien für die Arbeit erklären werde, sind die Belohnungen dafür, zusammen an einer Vergrößerung des Kuchens zu arbeiten, größer als die für Eigeninteresse, nicht nur gemessen daran, wie viel vom »Kuchen« man abbekommt, sondern auch gemessen an den fest programmierten psychischen Reaktionen in unserem Gehirn, die uns bei Kooperation glücklicher und gesünder machen.
Wenn wir wissen, wie sich das Gehirn bislang entwickelt hat, könnten wir die Vergangenheit in die Zukunft extrapolieren, um uns vorzustellen, wie es weitergeht. Eindeutig hat sich das Gehirn im Zuge seiner Evolution von »nicht denkend« und »fokussiert auf sich selbst« in Richtung von mehr Abstraktion und stärker universellem Fokus entwickelt. Zum Beispiel hat uns die von mir skizzierte Evolution des Gehirns die Fähigkeit gebracht (manchen Menschen mehr als anderen), uns selbst und unsere Umstände von einer höheren ganzheitlichen Ebene aus zu betrachten und in manchen Fällen das Ganze, zu dem wir gehören, sogar höher zu bewerten als uns selbst.
Vor einigen Jahren konnte ich ein Gespräch mit dem Dalai Lama führen, in dem ich ihm die Ansicht der modernen Neurowissenschaft erklärte, laut der all unser Denken und Fühlen auf Physiologie zurückzuführen ist (Chemie, Elektrizität und Biologie in unseren Gehirnen laufen also ab wie in einer Maschine). Dies implizierte, dass auch Spiritualität auf dieser physiologischen Mechanik beruht und nicht auf etwas, das »von oben« käme. Ich fragte ihn, was er von dieser Meinung halte. »Unbedingt!«, antwortete er, ohne zu zögern, und erzählte mir, am nächsten Tag werde er sich mit dem Professor von der University of Wisconsin treffen, der ihm geholfen habe, die naturwissenschaftlichen Aspekte zu verstehen. Er fragte, ob ich ihn nicht begleiten wolle. Leider war ich verhindert, aber ich empfahl dem Dalai Lama ein Buch über das Thema: Der Fingerabdruck Gottes (The Spiritual Brain ). (Ich möchte es auch Ihnen empfehlen.) In unserem Gespräch ging es auch um die Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen Spiritualität und Religion. Seiner Ansicht nach haben Gebete und Meditation offenbar ähnliche Auswirkungen auf das Gehirn, weil beide Gefühle der Spiritualität produzieren (das Aufsteigen über sich selbst, um eine größere Verbindung zum Ganzen zu spüren). Allerdings füge jede Religion ihren eigenen Aberglauben zu diesem allgemeinen Gefühl der Spiritualität hinzu. Statt zu versuchen, hier eine eigene, verkürzte Zusammenfassung seiner Überlegungen zu geben, empfehle ich Ihnen schlicht das Buch des Dalai Lama, Rückkehr zur Menschlichkeit (Beyond Religion) , wenn Sie mehr über dieses Thema erfahren wollen.
Wenn wir uns vorstellen, wie die Zukunft unseres Denkens aussehen könnte, ist die Überlegung interessant, wie der Mensch selbst die Funktionsweise des Gehirns verändern könnte. Mittels Drogen und Technologie haben wir gewiss schon damit begonnen. Angesichts der Fortschritte in der Gentechnik darf man wohl davon ausgehen, dass Forscher irgendwann in der Lage sein werden, Merkmale der Gehirne unterschiedlicher Arten für unterschiedliche Zwecke miteinander zu kombinieren. Wenn man zum Beispiel einen verbesserten Sehsinn braucht, könnten Gentechniker das menschliche Gehirn so manipulieren, dass es Occipitallappen ausbildet, die denen von Vögeln ähneln. Aber weil dergleichen in absehbarer Zukunft nicht möglich sein wird, lassen Sie uns zu der praktischen Frage zurückkehren, wie all diese Informationen uns dabei helfen können, besser mit uns selbst und anderen umzugehen.
4.3 Die großen Kämpfe im Gehirn verstehen und zu kontrollieren lernen, um zu bekommen, was »Sie« wollen
Die folgenden Abschnitte beschäftigen sich mit den unterschiedlichen Arten, wie Ihr Gehirn um die Kontrolle über »Sie« kämpft. Ich werde dabei zwar konkrete Bereiche des Gehirns nennen, die laut Neurophysiologen für bestimmte Arten des Denkens und bestimmte Emotionen verantwortlich sind, doch die tatsächliche Physiologie ist deutlich komplexer – und Wissenschaftler fangen gerade erst an, sie zu verstehen.
a. Realisieren, dass das Bewusstsein in einem Kampf mit dem Unterbewusstsein steht. Weiter oben habe ich das Konzept der zwei »Ichs« eingeführt und erklärt, wie Ihr Ich der höheren Ebene Ihr Ich der niedrigeren Ebene beobachten kann, um dafür zu sorgen, dass es nicht sabotiert, was das Ich der höheren Ebene will. Zwar habe ich die zwei Ichs bei mir selbst und anderen in Aktion erlebt, aber richtig verstehen konnte ich sie erst, nachdem ich erfahren hatte, warum es sie gibt.
Wie bei Tieren wirken die meisten Bestimmungsfaktoren für die Entscheidungsfindung auch bei uns unter der Oberfläche. Ein Tier »entscheidet« nicht auf dieselbe Weise, zu fliegen, zu jagen, zu schlafen oder zu kämpfen, wie wir viele unserer Entscheidungen über Aktivitäten treffen – es folgt schlicht den Instruktionen aus den unterbewussten Teilen seines Gehirns. Uns erreichen dieselben Arten von Instruktionen aus denselben Teilen des Gehirns, was manchmal aus guten evolutionären Gründen geschieht und manchmal schädlich für uns ist. Unsere unterbewussten Ängste und Wünsche treiben über Gefühle wie Liebe, Furcht und Inspiration unsere Motivationen und Aktivitäten an. Es ist ein physiologischer Vorgang. Das Gefühl Liebe zum Beispiel ist ein Cocktail aus Chemikalien (wie Oxytocin), die von der Hirnanhangdrüse ausgeschüttet werden.
War ich immer davon ausgegangen, dass für Menschen logische Gespräche die beste Methode sind, um sich der Wahrheit anzunähern, wurde mir ausgestattet mit meinem neuen Wissen über das Gehirn klar, dass es große Teile darin gibt, die nicht das tun, was logisch ist. Beispielsweise habe ich gelernt, dass Menschen meist Botschaften aus den emotionalen, unterbewussten Teilen ihres Gehirns meinen, wenn sie von ihren »Gefühlen« sprechen – wenn sie etwa sagen: »Ich habe das Gefühl, dass du unfair zu mir warst.« Ebenso habe ich verstanden, dass manche unterbewussten Teile unseres Gehirns zwar gefährlich animalisch sind, andere aber intelligenter und schneller als unser bewusstes Denken. Unsere größten Momente der Inspiration tauchen oft aus unserem Unterbewussten auf. Wir erleben diese kreativen Durchbrüche, wenn wir entspannt sind und nicht versuchen, auf den Teil des Gehirns zuzugreifen, in dem sie sich abspielen, im Allgemeinen ist das der Neocortex. Wenn Sie sagen: »Ich habe gerade an etwas gedacht«, haben Sie bemerkt, dass Ihr Unterbewusstsein Ihrem Bewusstsein etwas mitgeteilt hat. Mit Übung ist es möglich, diesen Kommunikationsstrom zu öffnen.
Viele Menschen sind blind gegenüber den Vorteilen, die sich ergeben, wenn man das bewusste Denken mit dem Unterbewussten zusammenbringt. Sie glauben, dass man mehr in das Bewusstsein stopfen und härter arbeiten muss, will man mehr erreichen, doch das ist häufig kontraproduktiv. Es mag kontraintuitiv erscheinen, aber den Kopf frei zu machen, kann der beste Weg zu Fortschritten sein.
Weil ich das weiß, ist mir inzwischen klar, warum sich meine Kreativität einstellt, wenn ich entspannt bin (zum Beispiel unter der Dusche), und wie Meditation dabei hilft, die Verbindung zum Unterbewussten zu öffnen. Weil das eine physiologische Grundlage hat, kann ich sogar spüren, wie von irgendwoher kreative Gedanken kommen und in mein Bewusstsein fließen. Zu verstehen, wie das funktioniert, gibt mir einen Kick.
Allerdings ist an dieser Stelle auch eine kleine Warnung angebracht: Wenn mich Gedanken und Instruktionen aus dem Unterbewussten erreichen, habe ich mir angewöhnt, nicht sofort darauf zu reagieren, sondern sie zuerst mit meinem logischen, bewussten Denken zu untersuchen. Wie ich festgestellt habe, hilft mir das nicht nur dabei, herauszufinden, welche Gedanken valide sind und warum ich auf sie in einer bestimmten Weise reagiere. Es trägt auch zu offenerer Kommunikation zwischen meinem Bewusstsein und meinem Unterbewusstsein bei. Die Ergebnisse dieses Prozesses aufzuschreiben, ist ausgesprochen hilfreich. Tatsächlich sind auf diese Weise meine Prinzipien entstanden.
Wenn Sie aus diesem Kapitel sonst nichts mitnehmen, seien Sie sich zumindest Ihres Unterbewussten bewusst – dass es Ihnen sowohl schaden als auch helfen kann und dass Sie glücklicher und effektiver werden können, indem Sie bewusst und vielleicht mithilfe von anderen darüber nachdenken, was aus ihm hervorgeht.
b. Wissen, dass der dauerhafteste Kampf der zwischen Gefühlen und Denken ist. Es gibt keine größeren Kämpfe als die zwischen unseren Gefühlen (vor allem kontrolliert von der Amygdala, die unterbewusst operiert) und unserem rationalen Denken (vor allem kontrolliert vom präfrontalen Cortex, der bewusst operiert). Wenn Sie verstehen, wie sich diese Kämpfe abspielen, werden Sie auch verstehen, warum es so wichtig ist, die Botschaften aus Ihrem Unterbewusstsein mit dem Bewussten abzustimmen.
Die verdammte Amygdala, ein kleines mandelförmiges Kerngebiet tief eingebettet im Großhirn, ist einer der mächtigsten Teile Ihres Gehirns. Sie steuert Ihr Verhalten, selbst wenn Sie sich dessen nicht bewusst sind. Wie spielt sich das ab? Wenn uns etwas – es kann ein Geräusch, ein Anblick oder einfach ein Bauchgefühl sein – aufregt, sendet die Amygdala an unseren Körper das Signal, sich auf Kampf oder Flucht vorzubereiten: Der Herzschlag beschleunigt sich, der Blutdruck steigt, der Atem wird schneller. Bei einem Streit werden Sie oft eine Reaktion Ihres Körpers bemerken, die ähnlich ist wie bei Angst (zum Beispiel schnellerer Herzschlag und angespannte Muskeln). Wenn Ihr Bewusstsein (angesiedelt im präfrontalen Cortex) das erkennt, kann es sich weigern, den Instruktionen des Unterbewusstseins zu folgen. Üblicherweise kommen die Entführungen durch die Amygdala aber so schnell, wie sie wieder gehen, außer in seltenen Fällen, zum Beispiel wenn ein Mensch aufgrund eines schrecklichen Ereignisses oder mehrerer davon eine posttraumatische Belastungsstörung ausbildet. Wenn Sie wissen, wie diese Entführungen funktionieren, wissen Sie auch: Wenn Sie zulassen, dass Sie spontan reagieren, werden Sie zu einer Überreaktion neigen. Außerdem können Sie sich mit dem Wissen trösten, dass es nicht lange dauern wird, bis Ihr psychologischer Schmerz vorüber ist, egal worin er besteht.
c. Ihre Gefühle mit Ihrem Denken abgleichen. Für die meisten Menschen ist das Leben ein nie endender Kampf zwischen diesen zwei Teilen Ihres Gehirns. Die Reaktionen der Amygdala kommen schubweise und lassen dann nach, die des präfrontalen Cortex sind eher graduell und konstant. Der größte Unterschied zwischen Menschen, die ihre eigene Weiterentwicklung steuern und ihre Ziele erreichen, und anderen liegt darin, dass diejenigen, die Fortschritte machen, darüber nachdenken, was die Entführungen der Amygdala bei ihnen auslöst.
d. Die eigenen Angewohnheiten gut auswählen. Angewohnheiten sind wahrscheinlich das mächtigste Werkzeug in der Sammlung Ihres Gehirns. Sie werden gesteuert von den Basalganglien an der Basis des Großhirns. Diese golfballgroßen Kerngebiete sind für Aspekte zuständig, die so tief verwurzelt und instinktiv sind, dass wir uns ihrer nicht bewusst sind, obwohl sie unsere Handlungen regeln.
Wenn Sie etwas mit der Zeit häufig genug machen, werden Sie eine Angewohnheit entwickeln, die Sie kontrolliert. Gute Angewohnheiten sind solche, die Sie dazu bringen, das zu tun, was Ihr »Ich der höheren Ebene« möchte, während schlechte Angewohnheiten von Ihrem »Ich der niedrigeren Ebene« gesteuert werden und verhindern, dass Sie das bekommen, was Ihr höheres Ich möchte. Indem Sie verstehen, wie dieser Teil Ihres Gehirns funktioniert, können Sie einen besseren Satz von Angewohnheiten ausbilden. Zum Beispiel können Sie sich angewöhnen, das »Bedürfnis« zu haben, im Fitnessstudio zu trainieren.
Diese Fähigkeit zu entwickeln, kostet ein wenig Mühe. Der erste Schritt besteht darin, zunächst einmal zu verstehen, wie Angewohnheiten entstehen. Im Wesentlichen handelt es sich bei einer Angewohnheit um Trägheit, das heißt die starke Neigung dazu, weiterhin zu tun, was man vorher getan hat (oder nicht zu tun, was man vorher nicht getan hat). Die Forschung zeigt: Wenn Sie etwa 18 Monate lang bei einem Verhalten bleiben, werden Sie eine starke Tendenz entwickeln, es für immer beizubehalten.
Lange Zeit über habe ich nicht erkannt, wie sehr Angewohnheiten das Verhalten von Menschen steuern. Bei Bridgewater konnte ich das bei Menschen beobachten, die unseren Prinzipien für die Arbeit zwar zugestimmt hatten, sich aber schwertaten, nach ihnen zu leben. Ebenso habe ich es bei Freunden und Familienmitgliedern beobachtet, die etwas erreichen wollten, aber immer wieder feststellen mussten, dass sie gegen ihre eigenen besten Interessen agierten.
Schließlich öffnete mir Die Macht der Gewohnheit (The Power of Habit) von Charles Duhigg die Augen. Ich empfehle Ihnen, selbst das Buch zu lesen, wenn Ihr Interesse an diesem Thema über das hinausgeht, was ich hier referiere. Duhiggs Kernidee ist die Rolle der dreistufigen »Gewohnheitsschleife«. Die erste Stufe ist ein Signal: irgendein »Auslöser, der das Gehirn auffordert, in einen automatischen Modus umzuschalten, und ihm sagt, welche Gewohnheiten es aktivieren sollte«. Stufe zwei ist die Routine, »die körperlicher, mentaler oder emotionaler Natur sein kann«. Und zuletzt kommt die Belohnung, die Ihrem Gehirn dabei hilft, »zu entscheiden, ob es sich lohnt, sich diese konkrete Schleife für die Zukunft zu merken«. Wiederholung verstärkt diese Schleife, bis sie mit der Zeit automatisiert wird. Dieses Vorwegnehmen und Verlangen ist der Schlüssel für das, was Tiertrainer als operante Konditionierung bezeichnen, eine Methode für Training mittels positiver Verstärkung. Zum Beispiel arbeiten Hundetrainer mit einem akustischen Signal oder Geräusch (meist mit einem Klicker erzeugt), um erwünschte Verhaltensweisen zu verstärken, indem sie das Geräusch mit einer wünschenswerten Belohnung (meistens Essen) verbinden, bis der Hund das erwünschte Verhalten auch dann zeigt, wenn er nur den Klick hört. Bei Menschen, so Duhigg, kann so ziemlich alles als Belohnung wirken, von »Nahrungsmitteln oder Medikamenten, die körperliche Empfindungen verursachen, bis hin zu emotionalen Gratifikationen wie dem Gefühl des Stolzes, das mit Lob oder Eigenlob verbunden ist«.
Angewohnheiten bringen Ihr Gehirn in den »Autopilot-Modus«. Neurowissenschaftlich ausgedrückt, übernehmen Ihre Basalganglien die Kontrolle von Ihrem Cortex, sodass Sie Aktivitäten ausführen können, ohne überhaupt an sie zu denken.
Wenn man sich wirklich verändern will, so habe ich aus Duhiggs Buchs gelernt, ist es am besten, zu entscheiden, welche Angewohnheiten man ausbilden und welche man loswerden möchte, und diese Entscheidung umzusetzen. Ich empfehle Ihnen, Ihre drei schlechtesten Angewohnheiten aufzuschreiben. Machen Sie das jetzt gleich. Dann wählen Sie eine dieser Gewohnheiten aus und nehmen sich fest vor, sie loszuwerden. Schaffen Sie das? Das wäre außerordentlich wirkungsvoll. Wenn Sie alle drei wählen, werden Sie den Weg Ihres Lebens radikal verbessern. Oder notieren Sie wünschenswerte Angewohnheiten und machen sich daran, sie zu entwickeln.
Die wertvollste Angewohnheit, die ich mir selbst zugelegt habe, besteht darin, Schmerzen als Auslöser für hochwertiges Nachdenken zu nutzen. Wenn Sie sich das ebenfalls angewöhnen können, werden Sie erfahren, was Ihre Schmerzen verursacht und was Sie dagegen tun können, und das wird enorme Auswirkungen auf Ihre Effektivität haben.
e. Ihr »Ich der niedrigeren Ebene« mit Freundlichkeit und Hartnäckigkeit darauf trainieren, die richtigen Angewohnheiten auszubilden. Früher habe ich gedacht, das Ich der höheren Ebene müsse gegen das Ich der niedrigeren Ebene kämpfen, um die Kontrolle zu bekommen. Mit der Zeit aber wurde mir klar, dass es effektiver ist, das unterbewusste, emotionale Ich so zu trainieren, wie Sie einem Kind beibringen würden, sich so zu benehmen, wie Sie das möchten: mit liebevoller Freundlichkeit und Hartnäckigkeit, sodass die richtigen Angewohnheiten entstehen.
f. Die Unterschiede zwischen Denken mit der rechten und mit der linken Hirnhälfte verstehen. So wie Ihr Gehirn seinen bewussten höheren Teil und seinen unbewussten niedrigeren Teil hat, so hat es auch zwei Hälften, die als Hemisphären bezeichnet werden. 30 Sie haben vielleicht schon einmal gehört, dass manche Menschen stärker mit der linken Gehirnhälfte arbeiten und andere eher mit der rechten. Das ist nicht nur so dahingesagt – der Caltech-Professor Roger Sperry hat mit dieser Entdeckung den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin gewonnen. Kurz zusammengefasst:
  1. Die linke Hemisphäre überlegt auf sequenzielle Weise, analysiert Details und ist am besten bei linearen Analysen. Mit der linken Gehirnhälfte arbeitende oder »lineare« Denker mit analytischer Stärke werden oft als »klug« bezeichnet.
  2. Die rechte Hemisphäre denkt über Kategorien hinweg, erkennt Motive und synthetisiert das Gesamtbild. Mit der rechten Gehirnhälfte arbeitende oder »laterale« Denker mit eher praktischer Intelligenz werden oft als »schlau« bezeichnet.
Die Abbildung fasst die Eigenschaften von eher mit der rechten und eher mit der linken Gehirnhälfte denkenden Menschen zusammen.
Die meisten Menschen neigen dazu, einen größeren Teil ihrer Instruktionen eher von der einen Seite als von der anderen zu beziehen, und sie tun sich schwer, andere Menschen zu verstehen, bei denen das genau umgekehrt ist. Unsere bisherige Erfahrung ist, dass Linksdenker die Rechtsdenker »abgehoben« und »abstrakt« finden, während für Rechtsdenker die Linksdenker »prosaisch« und »eng« sind. Ich habe wundervolle Resultate gesehen, wenn Menschen ihre eigenen Neigungen und die von anderen kennen, sich darüber im Klaren sind, dass beide Denkweisen einen unschätzbaren Wert haben, und die Aufgaben passend dazu verteilen.
g. Verstehen, bis zu welchem Punkt sich das Gehirn verändern kann oder nicht. Dies bringt uns zu einer wichtigen Frage: Können wir uns ändern? 31 Wir alle können neue Fakten und Kompetenzen lernen. Aber können wir auch lernen, unsere Neigung zu bestimmten Denkweisen zu verändern? Die Antwort ist ein vorsichtiges Ja.
Die Plastizität des Gehirns verleiht ihm die Fähigkeit, seine »weiche Verschaltung« zu verändern. Lange Zeit glaubten Wissenschaftler, dass die meisten der neurologischen Verbindungen im Gehirn nach einer bestimmten kritischen Zeit in der Kindheit fixiert sind und sich kaum noch verändern können. Neuere Forschungsergebnisse aber weisen darauf hin, dass es eine große Bandbreite an Aktivitäten gibt, die zu physischen und physiologischen Veränderungen mit Auswirkungen auf unsere Fähigkeit zum Denken und Erinnern führen können – von sportlichen Übungen bis zu Lernen und Meditation. Bei einer Untersuchung der Gehirntätigkeit eines buddhistischen Mönchs, der mehr als 10 000 Stunden lang Meditation praktiziert hatte, stellten Forscher der University of Wisconsin deutlich höhere Niveaus an Gamma-Wellen fest; diese Wellen werden mit Wahrnehmung und Problemlösung in Verbindung gebracht. 32
Das bedeutet nicht, dass das Gehirn unendlich flexibel wäre. Wenn Sie eine Präferenz für eine bestimmte Art zu denken haben, können Sie sich vielleicht antrainieren, anders vorzugehen, und mit der Zeit wird Ihnen das auch leichter fallen. Doch eine Veränderung Ihrer Grundpräferenz ist sehr unwahrscheinlich. Ähnlich können Sie trainieren, kreativer zu sein, aber wenn Sie nicht von Natur aus kreativ sind, ist das wahrscheinlich nur begrenzt möglich. Das ist schlicht die Realität – also können wir einfach akzeptieren und lernen, wie wir damit umgehen, etwa durch Bewältigungsmechanismen. Beispielsweise kann sich eine kreative, schlecht organisierte Person angewöhnen, Wecker zu benutzen, wenn sie sonst gern die Zeit aus dem Auge verliert; und wer nicht gut darin ist, in einer bestimmten Art zu denken, kann sich angewöhnen, sich in solchen Fällen auf andere zu verlassen. Die beste Methode für Veränderungen sind mentale Übungen. Genau wie körperliche Übungen können sie schmerzhaft sein, wenn man sich dabei nicht den oben erwähnten Gewohnheitszyklus zunutze macht, um die Aktivität in Verbindung mit einer Belohnung zu bringen. Denn Ihr Gehirn lässt sich so umprogrammieren, dass es Lernen und positive Veränderung liebt.
Denken Sie daran: Ihre Schwächen zu akzeptieren, läuft den Instinkten derjenigen Teile Ihres Gehirns zuwider, die an der Illusion festhalten wollen, dass Sie perfekt sind. Die Dinge zu praktizieren, die Ihre instinktive Abwehrhaltung schwächen werden, braucht Übung und ein Umfeld, das Aufgeschlossenheit verstärkt.
Wie Sie in den Prinzipien für die Arbeit sehen werden, habe ich eine Reihe von Werkzeugen und Techniken entwickelt, die dabei helfen, Widerstand zu überwinden – bei einzelnen Personen und in ganzen Organisationen. Statt von anderen zu erwarten, dass sie sich verändern, ist es nach meiner Erfahrung oft am effektivsten, die eigenen Schwächen einzugestehen und explizite Schutzgitter darum zu errichten. Dies ist üblicherweise ein schnellerer und profitablerer Weg zum Erfolg.
4.4 Herausfinden, wie Sie und andere sind
Aufgrund der Verzerrungen in der Verschaltung unserer Gehirne sind unsere Selbsteinschätzungen (und unsere Einschätzungen von anderen) tendenziell hochgradig ungenau. Psychometrische Tests sind deutlich zuverlässiger. Auf sie kommt es an, wenn wir im Rahmen von Bewerbungsverfahren und später am Arbeitsplatz herausfinden wollen, wie Menschen denken. Psychometrische Tests können zwar Gespräche mit Menschen und die Beschäftigung mit ihrer Ausbildung und Vergangenheit nicht völlig ersetzen, doch sie sind weitaus leistungsfähiger als traditionelle Bewerbungsgespräche und Filtermethoden. Wenn ich mich zwischen den Tests und traditionellen Gesprächen entscheiden müsste, um etwas über Menschen zu erfahren, würde ich die Tests wählen. Zum Glück müssen wir uns aber nicht entscheiden.
Die vier wichtigsten Tests, die wir nutzen, sind der Myers-Briggs-Typenindikator (MBTI), das Workplace Personality Inventory, das Team Dimensions Profile und die Stratified Systems Theory. 33 Aber wir experimentieren ständig weiter (zum Beispiel mit den Big Five der Persönlichkeitspsychologie), sodass sich unsere Mischung mit Sicherheit noch ändern wird. Unabhängig von der Mischung liefern alle diese Tests Informationen über die Präferenzen von Menschen beim Denken und Handeln. Außerdem liefern sie uns neue Persönlichkeitsmerkmale und Terminologien, die die von uns selbst bereits identifizierten deutlicher machen und bestätigen. Ein paar davon werde ich unten beschreiben. Diese Erklärungen basieren auf meinen eigenen Erfahrungen und Erkenntnissen, die sich in vielerlei Hinsicht von den offiziellen Angaben der Anbieter solcher Tests unterscheiden. 34
a. Introvertiertheit vs. Extrovertiertheit. Introvertierte Menschen konzentrieren sich auf ihr Innenleben und beziehen ihre Energie aus Ideen, Erinnerungen und Erfahrungen. Extrovertierte Menschen dagegen sind auf das Außen fokussiert und beziehen Energie aus der Anwesenheit anderer Menschen. Introvertiertheit und Extrovertiertheit hängen auch mit Unterschieden im Kommunikationsstil zusammen. Wenn Sie einen Freund haben, der liebend gerne Ideen »durchspricht« (und es kaum schafft, etwas zu Ende zu denken, wenn ihn nicht jemand dabei unterstützt), ist er wahrscheinlich extrovertiert. Introvertierte Menschen werden solche Gespräche meist anstrengend finden, weil sie lieber allein denken und sich erst dann äußern, wenn sie selbst zu einem Ergebnis gekommen sind. Ich habe festgestellt, dass es wichtig ist, jedem dabei zu helfen, in der für ihn angenehmsten Art und Weise zu kommunizieren. Zum Beispiel kommunizieren Introvertierte oft lieber schriftlich (etwa per E-Mail), als in Gruppen zu sprechen, und äußern tendenziell weniger ihre kritischen Gedanken.
b. Intuition vs. Sensorik. Manche Menschen sehen Gesamtbilder (Wälder) und manche Menschen sehen Details (Bäume). Im Myers-Briggs-Modell werden diese unterschiedlichen Arten des Sehens am besten durch das Spektrum von Intuition bis Sensorik dargestellt. Man kann eine Vorstellung von ihren Präferenzen bekommen, indem man beobachtet, worauf sich Menschen konzentrieren. Beim Lesen zum Beispiel kann sich eine sensorische Person, die sich auf Details konzentriert, von kleinen Tippfehlern wie »ihr« statt »Ihr« ablenken lassen, während intuitive Menschen diese nicht einmal registrieren würden. Der Grund dafür ist, dass die Aufmerksamkeit des intuitiven Denkers vor allem auf den Kontext und erst in zweiter Linie auf die Details gerichtet ist. Natürlich würde man lieber eine sensorische als eine intuitive Person juristische Unterlagen vorbereiten lassen, bei denen jedes i-Tüpfelchen stimmen muss.
c. Denken vs. Fühlen. Manche Menschen treffen Entscheidungen auf der Grundlage der logischen Analyse von objektiven Tatsachen und berücksichtigen dabei alle bekannten, belegbaren Faktoren, die wichtig für eine bestimmte Situation sind; dann bestimmen sie mit der Hilfe von Logik die beste Vorgehensweise. Dieser Ansatz ist ein Indiz für eine Präferenz für Denken – hoffentlich ist Ihr Arzt so, wenn er eine Diagnose erstellt. Andere Menschen bevorzugen Fühlen: Sie konzentrieren sich auf Harmonie zwischen Menschen und eignen sich deshalb besser für Rollen, die viel Empathie, zwischenmenschlichen Kontakt und Aufbau von Beziehungen erfordern, beispielweise im Personalbereich oder im Kundendienst. Bevor wir Tests einsetzten, um diese Unterschiede zu identifizieren, waren Gespräche zwischen »Ds« und »Fs« wirklich frustrierend. Heute lachen wir, wenn wir auf unsere Differenzen stoßen, denn wir wissen, worin sie bestehen, und können beobachten, wie sie sich auf klassische Weise manifestieren.
d. Planung vs. Wahrnehmung. Manche Menschen leben gern auf geplante, ordentliche Weise, andere bevorzugen Flexibilität und Spontaneität. 35 Planer (oder nach Myers-Briggs »Urteilende«) konzentrieren sich gern auf einen Plan und halten daran fest, während Wahrnehmer dazu neigen, sich auf das zu konzentrieren, was um sie herum geschieht, und sich daran anpassen. Wahrnehmer arbeiten von außen nach innen. Sie sehen, wie etwas passiert, und arbeiten sich dann zurück zu den Ursachen dafür und der richtigen Reaktion darauf. Außerdem sehen sie viele Möglichkeiten, die sie vergleichen, um sich dann für eine von ihnen zu entscheiden – auch wenn es oft so viele Möglichkeiten gibt, dass sie verwirrt werden. Planer dagegen arbeiten von innen nach außen. Zuerst überlegen sie, was sie erreichen wollen, und dann, wie der Weg dahin aussehen soll. Planer und Wahrnehmer tun sich schwer, einander zu akzeptieren. Wahrnehmer sehen neue Faktoren und wechseln häufig die Richtung. Für Planer ist das beunruhigend, denn sie gewichten Fälle aus der Vergangenheit bei ihrer Entscheidungsfindung deutlich höher und sind der Meinung, dass man etwas wieder auf dieselbe Art machen sollte, wenn es schon einmal so gemacht wurde. Ähnlich können Planer Unbehagen bei Wahrnehmern auslösen, weil sie starr und nur langsam anpassungsfähig erscheinen.
e. Erschaffer vs. Verbesserer vs. Förderer vs. Umsetzer vs. Wechsler. Indem Sie Talente und Präferenzen identifizieren, die dazu führen, dass Menschen auf eine bestimmte Weise empfinden, können Sie ihnen Positionen geben, auf denen sie glänzen dürften. Bei Bridgewater nutzen wir einen Test namens »Team Dimensions Profile« (TDP), um die Funktionen zu finden, die am besten zu den einzelnen Mitarbeitern passen. Die mithilfe des TDP identifizierten fünf Typen sind Erschaffer, Verbesserer, Förderer, Umsetzer und Wechsler.
Der Abgleich mit den Ergebnissen aus den unterschiedlichen Tests verstärkt das Bild, das ich mir in meinem Kopf von Menschen mache, oder wirft Fragen dazu auf. Wenn der MBTI zum Beispiel eine Präferenz für »S« (Sensing /Sensorik, Fokussierung auf Details) und »J« (Judging /Beurteilung, geplantes Vorgehen) meldet, und die Team-Dimensions-Einstufung zeigt, dass jemand ein Umsetzer ist, besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass er eher detailorientiert ist und weniger mit der rechten Hirnhälfte denkt und große Vorstellungskraft hat. Also dürfte er besser für Aufgaben mit wenig Uneindeutigkeit und mehr Struktur und Klarheit geeignet sein.
f. Fokussierung auf Aufgaben vs. Fokussierung auf Ziele. Manche Menschen konzentrieren sich auf ihre täglichen Aufgaben, während sich andere auf Ziele und die Frage konzentrieren, wie sie zu erreichen sind. Ich habe festgestellt, dass diese Unterschiede sehr ähnlich sind wie die zwischen Menschen, die intuitiv beziehungsweise wahrnehmend vorgehen. Wer sich tendenziell auf Ziele fokussiert und gut »visualisiert«, kann meist auch am besten das Gesamtbild sehen und wird eher bedeutende Veränderungen vornehmen und zukünftige Ereignisse antizipieren. Solche zielorientierten Menschen können einen Schritt vom Tagesgeschäft zurücktreten und darüber nachdenken, was sie machen und wie. Sie sind am besten dafür geeignet, Neues zu erschaffen (Organisationen, Projekte etc.) und Organisationen zu führen, in denen sich viel verändert. Üblicherweise werden aus ihnen die visionärsten Führungspersönlichkeiten, weil sie die Fähigkeit haben, eine breite Perspektive einzunehmen und das Gesamtbild zu sehen.
Wer sich dagegen auf die täglichen Aufgaben konzentriert, kümmert sich besser um Angelegenheiten, die sich nicht stark verändern oder die erfordern, dass Prozesse zuverlässig eingehalten werden. Aufgabenorientierte Menschen neigen zu inkrementellen Veränderungen, die sich auf das bereits Bestehende beziehen. Sie weichen weniger bereitwillig vom Status quo ab und lassen sich von plötzlichen Ereignissen eher überraschen. Andererseits sind sie meist zuverlässiger. Sie können zwar den Eindruck erwecken, dass ihre Fokussierung enger ist als die von abstrakteren Denkern, doch ihre Rollen sind nicht weniger entscheidend. Ich hätte niemals dieses Buch veröffentlichen oder sonst irgendetwas Vorzeigbares erreichen können, wenn ich nicht mit Menschen zusammenarbeiten würde, die hervorragend darin sind, sich um Details zu kümmern.
g. Workplace Personality Inventory. Ein weiterer Test, den wir nutzen, ist das Workplace Personality Inventory, basierend auf Daten des US-Arbeitsministeriums. Er soll Verhalten sowie die Eignung für einen Arbeitsplatz und die Zufriedenheit mit ihm vorhersagen. Dafür werden bestimmte Schlüsseleigenschaften/-merkmale identifiziert, darunter Hartnäckigkeit, Unabhängigkeit, Stresstoleranz und analytisches Denken. Dieser Test erweitert unser Wissen darüber, was Menschen wertschätzen und wie sie mit Konflikten zwischen ihren Werten umgehen. So wird jemand mit geringer Leistungsorientierung und großer Sorge um andere möglicherweise nicht bereit sein, für seine Zielerreichung anderen auf die Füße zu treten, und jemand, der schlecht im Beachten von Regeln ist, wird mit höherer Wahrscheinlichkeit unabhängig denken.
Nach unseren Erfahrungen können ungefähr 25 bis 50 Merkmale relativ gut beschreiben, wie eine Person ist. Jedes dieser Merkmale ist unterschiedlich stark ausgeprägt (wie Farbtöne). Wenn man die Merkmale kennt und korrekt zusammensetzt, ergibt sich ein ziemlich vollständiges Bild einer Person. Unser Ziel ist, Testergebnisse und andere Informationen zu nutzen, um genau das zu erreichen. Vorzugsweise geschieht das mit enger Beteiligung der zu analysierenden Person, weil uns das dabei hilft, genauer zu sein; gleichzeitig ist es für die Betroffenen eine große Hilfe dabei, sich selbst objektiv zu betrachten.
Häufig treten bestimmte Merkmale gemeinsam auf und ergeben auf diese Weise zusammen gut erkennbare Archetypen. Wenn Sie darüber nachdenken, werden Ihnen wahrscheinlich selbst eine Handvoll Archetypen einfallen, denen Sie immer und immer wieder im Leben begegnen: dem abgehobenen, praxisfernen Künstler, dem ordentlichen Perfektionisten, dem Unbeirrbaren, der durch Wände geht, um etwas zu erreichen, dem Visionär, der große Ideen aus der Luft zu zaubern scheint. Mit der Zeit habe ich eine Liste mit weiteren Archetypen erstellt, darunter Gestalter, Zwitscherer, Trickser und aufgeschlossener Lerner sowie Vorantreiber, Erschaffer, Sack-Flöhe-Hüter, Schwätzer, loyal Ausführender, kluger Beurteiler und noch mehr.
Um es deutlich zu sagen: Archetypen sind weniger nützlich als die exakter gezeichneten Bilder, die durch unsere Tests entstehen. Sie sind nicht präzise, sondern eher wie einfache Karikaturen, aber sie können hilfreich sein, wenn es um die Zusammenstellung von Teams geht. Individuelle Menschen werden stets komplexer sein als die Archetypen, die sie beschreiben, und eine Person kann durchaus mehr als nur einem Archetypen ähneln. Zum Beispiel ist der abgehobene Künstler vielleicht auch ein Perfektionist oder auch nicht, und er kann auch ein Unbeirrbarer sein. Ich will hier nicht alle meine Typen einzeln näher beschreiben, sondern nur den Gestalter – er zeigt am besten, wie ich selbst bin.
h. Gestalter sind Menschen, die von der Visualisierung zur Umsetzung übergehen können. Im ersten Teil dieses Buchs habe ich bereits viel über die Menschen geschrieben, die ich als »Gestalter« bezeichne. Ich benutze dieses Wort für Leute, die einzigartige und wertvolle Visionen entwickeln und sie auf elegante Weise umsetzen, üblicherweise gegen die Zweifel von anderen. Gestalter verstehen sowohl das Gesamtbild als auch die Details richtig. Für mich gilt die Formel Gestalter = Visionär + praktischer Denker + Entschlossenheit.
Nach meinen Erfahrungen besitzen Gestalter Eigenschaften wie intensive Neugier und das zwanghafte Bedürfnis, Dinge zu verstehen, unabhängiges Denken, das an Rebellion grenzt, den Wunsch, groß und unkonventionell zu träumen, Praxissinn und die Entschlossenheit, alle Hindernisse auf dem Weg zu ihren Zielen zu überwinden; außerdem kennen sie die eigenen Schwächen und Stärken ebenso wie die von anderen Personen, sodass sie Teams für das Erreichen von Zielen koordinieren können. Und vielleicht noch wichtiger: Sie können widersprüchliche Gedanken gleichzeitig im Kopf halten und sie aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten. Üblicherweise lieben sie es, Themen mit anderen wirklich intelligenten Menschen durchzusprechen, und sie können problemlos zwischen dem Gesamtbild und feinen Details hin- und herwechseln, weil sie beides für gleichermaßen wichtig halten.
Menschen, die mit ausreichend viel von diesen Eigenschaften und der mit ihnen verbundenen Art zu denken ausgestattet sind, sodass sie in der Welt als Gestalter auftreten können, gibt es sehr selten. Aber sie könnten niemals Erfolg haben ohne die Zusammenarbeit mit anderen, die hinsichtlich ihrer natürlichen Voraussetzungen für andere Dinge geeignet sind und deren Denk- und Arbeitsweisen ebenfalls unverzichtbar sind.
Zu wissen, wie man verschaltet ist, ist ein notwendiger erster Schritt auf jedem Lebensweg. Es spielt keine Rolle, was Sie mit Ihrem Leben machen, solange Sie das tun, was zu Ihrer Natur und Ihrem Bestreben passt. Ich habe Zeit mit einigen der reichsten, mächtigsten und meistbewunderten Menschen der Welt verbracht, ebenso wie mit einigen der ärmsten und am stärksten benachteiligten in entlegenen Winkeln der Erde. Auf dieser Grundlage kann ich Ihnen versichern, dass es keine Korrelation zwischen Glück und den konventionellen Kennzeichen des Erfolgs gibt. Ein Tischler, der seine tiefste Befriedigung aus der Arbeit mit Holz zieht, kann problemlos ein so schönes Leben haben wie der Präsident der Vereinigten Staaten (oder sogar ein schöneres). Wenn Sie aus diesem Buch irgendetwas gelernt haben, dann hoffentlich, dass jeder über Stärken und Schwächen verfügt und eine wichtige Rolle im Leben zu spielen hat. Die Natur hat alles und jeden aus gutem Grund so gemacht. Der Mut, der am stärksten gebraucht wird, ist nicht der, der Sie antreibt, sich gegen andere durchzusetzen, sondern der, der Ihnen erlaubt, Ihrem wahrsten Ich treu zu bleiben, unabhängig davon, was andere Menschen von Ihnen erwarten.
4.5 Die richtigen Personen auf den richtigen Positionen zur Unterstützung Ihres Ziels ist der Schlüssel zum Erfolg bei allem, was Sie erreichen wollen
Ob in Ihrem Privatleben oder im Beruf: Für die beste Mischung an Eigenschaften für die jeweiligen Aufgaben ist es am besten, mit anderen so zusammenzuarbeiten, dass jede Person von anderen Personen unterstützt wird.
a. Sich selbst führen und andere orchestrieren, um zu bekommen, was Sie wollen. Ihre größte Herausforderung wird darin liegen, dafür zu sorgen, dass Ihr überlegtes Ich der höheren Ebene Ihr Ich der niedrigeren Ebene führt. Am besten ist das möglich, indem Sie bewusst Angewohnheiten entwickeln, die es ganz normal machen, das zu tun, was gut für Sie ist. Als Analogie zum Führen anderer Menschen fällt mir ein gutes Orchester ein. Die verantwortliche Person ist der Gestalter/Dirigent, der selbst nichts »macht« (er selbst spielt kein Instrument, auch wenn er viel über Instrumente weiß), sondern sich eher das Ergebnis vorstellt und dafür sorgt, dass jedes Mitglied des Orchesters dazu beiträgt, es zu erreichen. Der Dirigent stellt sicher, dass jeder Musiker weiß, was er gut und was er weniger gut kann und wofür er verantwortlich ist. Jeder Musiker muss nicht nur sein persönliches Bestes geben, sondern auch kooperieren, damit das Orchester größer wird als die Summe seiner Teile. Eine der schwierigsten und undankbarsten Aufgaben des Dirigenten besteht darin, sich von Musikern zu trennen, die einzeln oder zusammen mit anderen nicht gut spielen. Und am wichtigsten: Der Dirigent stellt sicher, dass das Notenblatt genau so umgesetzt wird, wie er es in seinem Kopf hört. »Die Musik muss so und so klingen«, sagt er und sorgt dafür, dass das Ergebnis entsprechend ist. »Kontrabassisten, bringt die Struktur heraus. Hier sind die Verbindungen, hier ist die Idee.« Jeder Teil des Orchesters hat seine eigenen Leiter – den Konzertmeister, die Stimmführer –, die ebenfalls dazu beitragen, die Vision des Komponisten und des Dirigenten umzusetzen.
Dinge auf diese Weise anzugehen, hat mir enorm geholfen. Bei dem weiter vorne erwähnten Projekt zur Anleihensystematisierung zum Beispiel konnten wir mit dieser neuen Perspektive besser die Lücken zwischen dem erkennen, was wir hatten, und dem, was wir brauchten. Bob war zwar ein hervorragender intellektueller Partner für mich, wenn es darum ging, das Problem, das wir lösen wollten, im Gesamtbild zu sehen. Viel schwächer aber war er darin, sich den Prozess vorzustellen, den wir brauchten, um von der aktuellen Situation zu einer Lösung zu kommen. Außerdem umgab er sich nicht mit den richtigen Leuten. Tendenziell wollte er mit Menschen arbeiten, die ähnlich sind wie er selbst. Also war auch sein wichtigster Stellvertreter bei dem Projekt ein hervorragender Sparringpartner für das Entwerfen großer Ideen auf einem Whiteboard, aber wirklich schlecht dafür geeignet, herauszuarbeiten, was wann und von wem getan werden musste, um diesen Ideen Leben einzuhauchen. Bei unseren Tests war dieser Stellvertreter als »Wechsler« identifiziert worden, was bedeutete, dass er sehr gut in jede Richtung gehen konnte, die Bob wollte. Doch es fehlte ihm an dem klaren, unabhängigen Blick, der gebraucht wurde, um Bob auf der Spur zu halten.
Nach ein paar Versuchen ohne Fortschritte nutzten wir unsere neuen Werkzeuge für das Verstehen von Menschen und setzten ihre Ergebnisse um, indem wir Bob dazu drängten, sich einen neuen Stellvertreter zu suchen. Diese Person sollte besonders geschickt darin sein, sich auf den Ebenen zwischen den großen Ideen und den einzelnen kleineren Projekten zurechtzufinden, die für die Realisierung erforderlich sind. Der Vergleich der Baseballkarten für den alten Stellvertreter und seine Nachfolgerin zeigte: Sie war exzellent im unabhängigen und systematischen Denken, was unverzichtbar war, um genau zu wissen, was mit den großen Ideen von Bob anzufangen ist. Die neue Stellvertreterin richtete zudem weitere Stufen der Unterstützung ein, unter anderem in Form eines Projektmanagers, der weniger mit den Konzepten zu tun hatte als mit den Details konkreter Aufgaben und den Schlussterminen dafür. Als wir uns die Baseballkarten der neuen Teammitglieder ansahen, konnten wir leicht ihre Stärken bei Planung, Konkretheit und Vorantreiben von Projekten bis zum Abschluss erkennen – alles Bereiche, in denen Bob Schwächen hatte. Als das neue Team installiert war, kam die Sache richtig in Schwung. Gelingen konnte uns das nur, indem wir uns intensiv den vollständigen »Lego-Bausatz« ansahen, den wir für das Erreichen unserer Ziele brauchten – und dann losgingen, um die fehlenden Teile zu besorgen.
Die Anleihensystematisierung war nur eines von zahllosen Projekten, die von unserem offenen und ehrlichen Ansatz für das Verstehen von Menschen profitiert haben. Und um es deutlich zu sagen: Bislang habe ich nur an der Oberfläche von dem gekratzt, was es über die mentale Verschaltung zu wissen gibt.
Im nächsten Kapitel fasse ich alles, was Sie bislang gelesen haben, noch einmal zusammen und erkläre die wichtigsten Punkte zur Entscheidungsfindung. Manche Entscheidungen sollten Sie selbst treffen, andere einer Person mit höherer Glaubwürdigkeit überlassen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, mithilfe von Wissen über sich selbst zu erkennen, wann welche Variante die richtige ist – ganz egal, was Sie erreichen wollen.