I
ch meine damit nicht, dass beides in jeder Hinsicht zueinander passen muss. Aber es muss Übereinstimmungen bei den wichtigsten Punkten geben, etwa bei der Mission, auf der man sich befindet, und bei der Frage, wie man miteinander umgeht.
Wenn Menschen in einer Organisation diese Übereinstimmung spüren, werden sie ihre Beziehungen wertschätzen und harmonisch zusammenarbeiten; ihre Kultur wird alles durchdringen, was sie tun. Wenn es nicht so ist, werden die Leute für unterschiedliche, oft widerstreitende Ziele arbeiten und verwirrt in Bezug auf die Frage sein, wie sie miteinander umgehen sollten. Aus diesem Grund ist es für alle Organisationen – Unternehmen, Regierungen, Stiftungen, Schulen, Krankenhäuser und so weiter – lohnenswert, ihre Prinzipien und Werte klar und explizit zu definieren und konsequent in ihrem Rahmen zu operieren.
Diese Prinzipien und Werte sind keine vagen Slogans wie »Der Kunde ist König.« oder »Wir wollen der Beste in unserer Branche sein.«; sie sind ein Satz von konkreten Handlungsanweisungen, die jeder verstehen, übernehmen und ausführen kann. Nach den Prinzipien für das Leben
richten wir in diesem Teil unsere Aufmerksamkeit auf die Prinzipien für die Arbeit
. Ich werde darin erklären, wie wir diese Übereinstimmung bei Bridgewater erreicht haben und welche Auswirkungen das auf unsere Ergebnisse hatte. Zuerst aber möchte ich erklären, wie ich über Organisationen denke.
Beide beeinflussen sich gegenseitig, denn die Menschen, aus denen eine Organisation besteht, bestimmen darüber, welche Kultur sie hat, und die Kultur der Organisation bestimmt, welche Art von Menschen in sie hineinpassen.
a.
Eine hervorragende Organisation hat sowohl hervorragende Menschen als auch eine hervorragende Kultur.
Unternehmen, die mit der Zeit immer besser werden, verfügen über beides. Nichts ist wichtiger oder schwieriger, als die richtige Kultur und die richtigen Menschen zu haben.
b.
Hervorragende Menschen haben sowohl einen hervorragenden Charakter als auch hervorragende Fähigkeiten.
Mit hervorragendem Charakter meine ich, dass sie radikal ehrlich, radikal transparent und tief mit der Mission der Organisation verbunden sind. Mit hervorragenden Fähigkeiten meine ich, dass sie über die Fähigkeiten und Kompetenzen verfügen, ihre Aufgaben exzellent zu erledigen. Menschen, die das eine ohne das andere haben, sind gefährlich und sollten aus der Organisation entfernt werden. Menschen, die beides haben, sind selten, und man sollte sie wertschätzen.
c.
Hervorragende Kulturen bringen Probleme und Uneinigkeiten ans Tageslicht und legen sie auf eine gute Weise bei, und sie lieben es, sich herausragende Dinge vorzustellen und umzusetzen, die nie zuvor umgesetzt wurden.
Das zu tun, hält die Evolution im Gang. In unserem Fall haben wir dafür eine Ideen-Meritokratie, die mittels radikaler Wahrhaftigkeit und radikaler Transparenz sinnerfüllte Arbeit und sinnerfüllte Beziehungen anstrebt. Mit sinnerfüllter Arbeit meine ich Arbeit, mit der sich Menschen gerne beschäftigen; mit sinnerfüllten Beziehungen meine ich solche, in denen einem das Wohl des anderen ehrlich am Herzen liegt (wie in einer erweiterten Familie). Nach meinen Erfahrungen verstärken sich diese beiden Aspekte gegenseitig, und radikal ehrlich
und radikal transparent miteinander umzugehen, verbessert sowohl die Arbeit als auch die Beziehungen.
Indem sie die Maschine beständig von außen beobachten, können ihre Manager die von ihr produzierten Ergebnisse objektiv mit den Zielen vergleichen. Wenn die Ergebnisse mit den Zielen übereinstimmen, arbeitet die Maschine effektiv. Wenn die Ergebnisse von den Zielen abweichen, dann stimmt entweder etwas mit der Konstruktion der Maschine nicht oder mit den dazugehörigen Menschen, und das Problem muss diagnostiziert werden, um die Maschine modifizieren zu können. Wie in Kapitel 2 der Prinzipien für das Leben
erklärt, geschieht dies idealerweise in einem Fünf-Schritte-Prozess: 1) klare Ziele haben, 2 die Probleme identifizieren, die das Erreichen dieser Ziele verhindern, 3) diagnostizieren, welche Teile der Maschine (also welche Menschen oder Konstruktionen) nicht gut funktionieren, 4) einen Plan für Änderungen entwerfen, und 5) tun, was getan werden muss. Dies ist die schnellste und effizienteste Art und Weise, wie sich eine Organisation verbessern kann.
Ich bezeichne den Prozess, aus Problemen Fortschritte zu machen, als »Schleifen durchlaufen«; wie das im Zeitverlauf aussieht, stellen die Abbildungen dar. Die erste Grafik zeigt ein Problem, das Sie bei der Verfolgung Ihrer Ziele aus der Bahn bringt und die Lage verschlechtert – anders als Sie es geplant hatten.
Dann ist es an Ihnen, diese Verschlechterung zu erkennen und die Probleme zu diagnostizieren, die zu ihr geführt haben, um so die Grundursachen zu finden; anschließend müssen Sie neue Konstruktionen entwerfen und umsetzen. Wenn Sie das tun, dann wird sich die Entwicklung wieder zum Positiven wenden und weiter aufwärts gerichtet sein, wie in der zweiten Abbildung zu sehen.
Wenn Sie das Problem dagegen nicht identifizieren, eine suboptimale Lösung entwickeln oder sie nicht effektiv umsetzen, wird sich der Niedergang wie in der unteren Abbildung gezeigt fortsetzen.
Die Fähigkeit eines Managers, zu erkennen, wenn die Ergebnisse nicht den Zielen entsprechen, und dann die Konstruktion anzupassen und Menschen zusammenzustellen, damit sie für Besserung sorgen, ist von überragender Bedeutung. Je häufiger und effektiver ein Manager dies tut, desto steiler ist die Aufwärtsentwicklung.
Wie ich in den Prinzipien für das Leben
erklärt habe, sieht Evolution meiner Meinung nach in allen Organismen wie Organisationen genau so aus. Eine Kultur und Menschen zu haben, die sich auf diese Weise weiterentwickeln, ist entscheidend, denn die Welt verändert sich schnell und in Richtungen, die unmöglich antizipiert werden können. Ich bin sicher, dass Ihnen eine Reihe von Unternehmen einfallen werden, die es nicht geschafft haben, ihre Probleme rechtzeitig zu identifizieren und anzugehen, sodass sie in einen finalen Niedergang gerieten (etwa Blackberry und Palm); ebenso kennen Sie wohl einige wenige Unternehmen mit konsistent guten Schleifen, den meisten aber gelingt dies nicht. Beispielsweise sind heute nur noch sechs der Unternehmen, die vor 40 Jahren – also ungefähr, als Bridgewater begann – zum Dow Jones 30 gehörten, in dem Index vertreten. Viele andere – American Can, American Tobacco, Bethlehem Steel, General Foods, Inco, F. W. Woolworth – gibt es nicht einmal mehr. Wieder andere (Sears Roebuck, Johns-Manville, Eastman Kodak) haben sich so sehr verändert, dass sie kaum wiederzuerkennen sind. Und viele der heutigen Größen im Index, Apple etwa oder Cisco, waren vor 40 Jahren noch nicht einmal gegründet.
Die wenigen Unternehmen, die in der Lage waren, sich über Jahrzehnte gut weiterzuentwickeln, waren erfolgreich in diesem Evolutions-/Schleifenprozess, der zugleich der Prozess ist, der Bridgewater über 40 Jahre immer erfolgreicher gemacht hat. Genau diesen Prozess möchte ich Ihnen vermitteln.
Wie weiter oben erwähnt, ist nichts wichtiger oder schwieriger, als die richtige Kultur und die richtigen Menschen zu haben. Egal welche Erfolge wir bei Bridgewater hatten: Sie alle beruhten darauf, dass wir in dieser Hinsicht gut waren – und für alle Misserfolge gilt, dass wir in diesen Fällen weniger gut darin waren. Das mag zunächst
merkwürdig klingen, weil man glauben könnte, dass ich als global tätiger Makroanleger zuallererst in Bezug auf Ökonomie und Märkte richtigliegen müsste. Das stimmt auch. Aber um das zu können, musste ich mich zuerst um die richtigen Menschen und die richtige Kultur kümmern. Und um mich zu dem zu inspirieren, was ich getan habe, brauchte ich sinnerfüllte Arbeit und sinnerfüllte Beziehungen.
Als der Unternehmer/Gründer hinter Bridgewater habe ich die Organisation natürlich so gestaltet, dass sie mit meinen Werten und Prinzipien übereinstimmt. Ich habe das verfolgt, was ich am meisten wollte, auf eine Weise, die mir vollkommen natürlich vorkam, und zusammen mit den Menschen, die ich als mein Umfeld ausgewählt hatte. Wir und Bridgewater haben uns zusammen weiterentwickelt.
Wenn Sie mich zu Beginn gefragt hätten, was mein Ziel ist, hätte ich geantwortet, es bestehe darin, Spaß bei der Arbeit mit Menschen zu haben, die ich mag. Arbeit war ein Spiel, das ich mit Leidenschaft spielte, und ich wollte Freude am Spielen zusammen mit Menschen haben, die ich mochte und respektierte. Ich gründete Bridgewater in meiner Wohnung zusammen mit einem Freund, mit dem ich Rugby spielte und der über keine Erfahrung mit den Märkten verfügte, und einem weiteren Freund, den wir als Assistenten einstellten. Mit Sicherheit habe ich zu dieser Zeit nicht an Managementfragen gedacht. Management war für mich etwas, für das Menschen in grauen Anzügen mit PowerPoint-Präsentationen zuständig sind. Ich habe mir nie vorgenommen, Manager zu sein, und schon gar nicht, Prinzipien für Arbeit und Management zu entwickeln.
Aus der Lektüre von Prinzipien für das Leben
wissen Sie, dass ich gerne neue, praxisgerechte Konzepte erdenke und umsetze, die es nie zuvor gegeben hat. Besonders gern habe ich das mit Menschen gemacht, die mit mir zusammen auf derselben Mission waren. Respektvolle, bedachte Uneinigkeit mit ihnen begrüßte ich als Gelegenheit, zu lernen und die Wahrscheinlichkeit dafür zu steigern, dass wir gute Entscheidungen treffen; und ich wollte, dass alle
Menschen, mit denen ich arbeitete, meine »Partner« sind und nicht meine »Mitarbeiter«. Kurz gesagt, ich suchte nach sinnerfüllter Arbeit und sinnerfüllten Beziehungen. Ich habe rasch gelernt, dass der beste Weg dorthin darin liegt, hervorragende Partnerschaften
mit hervorragenden Menschen zu haben.
Für mich entstehen hervorragende Partnerschaften durch gemeinsame Werte und Interessen, durch ähnliche Ansätze für das Streben mach diesen Werten und Interessen und durch einen vernünftigen und rücksichtsvollen Umgang miteinander. Gleichzeitig müssen Partner bereit sein, einander auf hohe Standards zu verpflichten und Meinungsverschiedenheiten auszutragen. Die wichtigste Prüfung für eine hervorragende Partnerschaft liegt nicht darin, ob die Partner jemals uneinig sind – Uneinigkeit gibt in jeder gesunden Beziehung. Entscheidend ist, dass die Partner ihre Uneinigkeit ans Tageslicht holen und sie auf eine konstruktive Weise hinter sich lassen können. Klare Prozesse dafür zu haben, Meinungsverschiedenheiten effizient und eindeutig beizulegen, ist unverzichtbar für geschäftliche Partnerschaften, Ehen und auch alle anderen Formen von Partnerschaft.
Dass ich diese Dinge wollte, zog andere an, die dasselbe wollten, und das wiederum hatte Einfluss darauf, wie wir Bridgewater zusammen gestalteten.
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Als wir zu fünft waren, war alles vollkommen anders als später, als wir 50 Leute waren, und das war wiederum vollkommen anders als mit 500 und 1000 Leuten und so weiter. Während wir größer wurden, veränderte sich fast alles so sehr, dass es nicht mehr wiederzuerkennen war, abgesehen von unseren Kernwerten und Prinzipien.
Als Bridgewater noch ein kleines Unternehmen war, waren die Prinzipien, nach denen wir operierten, eher implizit als explizit. Aber als immer mehr neue Mitarbeiter dazukamen, konnte ich nicht mehr einfach davon ausgehen, dass alle sie verstehen und bewahren würden. Also wurde mir klar, dass ich unsere Prinzipien explizit festhalten und die Logik hinter ihnen erklären musste. Ich erinnere mich noch an genau den Moment, in dem sich diese Veränderung ereignete – es war, als die Zahl der Personen bei Bridgewater 67 überstieg. Bis dahin hatte ich persönlich das Weihnachtsgeschenk für jedem Mitarbeiter ausgesucht und jedem eine längere persönliche Karte dazu geschrieben; in jenem Jahr aber überforderte mich das. Von diesem Punkt an kam eine zunehmende Zahl von Mitarbeitern dazu, die nicht eng mit mir zusammenarbeiteten. Also konnte ich
nicht davon ausgehen, dass sie verstehen würden, woher ich komme oder was ich anstrebte, nämlich eine Ideen-Meritokratie auf der Grundlage von liebevoller Strenge.
Um eine Vorstellung davon zu bekommen, was ich mit liebevoller Strenge meine, denken Sie an den American-Football-Trainer Vince Lombardi, für mich die Personifizierung dieses Prinzips. Von der Zeit, als ich zehn Jahre alt war, bis zu meinem 18. Geburtstag war Lombardi Cheftrainer der Green Bay Packers, die er mit begrenzten Ressourcen zu fünf NFL-Meisterschaften führte. Er wurde zweimal als NFL Coach of the Year ausgezeichnet, und für viele ist er bis heute der beste Trainer aller Zeiten. Lombardi liebte seine Spieler und trieb sie zu hervorragenden Leistungen an. Ich habe bewundert und bewundere noch heute, wie kompromisslos seine Standards waren. Seine Spieler, ihre Fans und er selbst profitierten von diesem Ansatz gleichermaßen. Ich wünschte, Lombardi hätte seine Prinzipien aufgeschrieben, damit ich sie lesen kann.
a.
Um hervorragend zu sein, darf man keine falschen Kompromisse eingehen.
Trotzdem beobachte ich das ständig. Meistens wollen Menschen damit vermeiden, dass andere oder sie selbst Unbehagen verspüren, doch das ist nicht nur nutzlos, sondern sogar kontraproduktiv. Bequemlichkeit vor den Erfolg zu stellen, bringt schlechtere Ergebnisse für alle. Ich habe die Menschen, mit denen ich gearbeitet habe, sowohl geliebt als auch zu hervorragenden Leistungen getrieben, und das Gleiche habe ich von ihnen bei mir erwartet.
Ganz von Anfang an hatte ich das Gefühl, die Menschen, mit denen ich bei Bridgewater arbeitete, seien Teil meiner erweiterten Familie. Wenn sie selbst oder Mitglieder ihrer eigenen Familien krank wurden, habe ich für sie Kontakt zu meinem persönlichen Arzt hergestellt, um sicher sein zu können, dass sie gut versorgt werden.
Ich habe jeden eingeladen, die Wochenenden in meinem Haus in Vermont zu verbringen, und war hocherfreut, wenn jemand dieses Angebot annahm. Ich habe ihre Hochzeiten und die Geburten ihrer Kinder mit ihnen gefeiert und mit ihnen getrauert, wenn ein geliebter Mensch gestorben war. Aber um es klar zu sagen: Es herrschte nicht die pure Harmonie. Wir waren auch streng zueinander, damit wir alle so hervorragend sein konnten, wie es nur möglich war. Je mehr Fürsorge wir füreinander zeigten, so stellte ich fest, desto strenger konnten wir auch miteinander umgehen, und je strenger wir miteinander umgingen, desto besser waren unsere Leistungen und desto mehr Belohnungen, die wir miteinander teilen konnten, bekamen wir. Dieser Zyklus war selbstverstärkend. Wie ich feststellte, machte diese Art des Arbeitens die Tiefs weniger tief und die Hochs höher. Es sorgte sogar dafür, dass die schlechten Zeiten in mancher wichtigen Hinsicht besser waren als die guten.
Denken Sie an die schwierigsten Erfahrungen in Ihrem Leben zurück. Ich wette, dass für Sie das Gleiche gilt wie für mich: Diese Zeiten zusammen mit Menschen zu durchleben, die Ihnen am Herzen lagen, denen Sie am Herzen lagen und die nicht weniger hart als Sie selbst für dieselbe Mission gearbeitet haben wie Sie, war unglaublich bereichernd. So hart sie auch gewesen sein mögen, heute blicken wir auf diese schwierigen Zeiten als unsere besten Augenblicke zurück. Für die meisten Menschen ist es bereichernder als Geld, Teil einer besonderen Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Mission zu sein. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass es kaum eine oder gar keine Korrelation gibt zwischen dem eigenen Glücksempfinden und der Menge an Geld, die man angehäuft hat; sehr wohl aber gibt es eine starke Korrelation zwischen Glück und der Qualität der eigenen Beziehungen.
Das habe ich 1996 in einem Bridgewater-Memo festgehalten:
Bei Bridgewater geht es nicht darum, sich an irgendwelchen bescheidenen Standards entlangzuschleppen. Es geht darum, wie verrückt zu arbeiten, um einen außergewöhnlich hohen Standard zu erreichen und dann die Befriedigung zu bekommen, die mit dieser Art von Superleistungen einhergeht.
Unser oberstes Ziel ist Erstklassigkeit oder genauer ständige
Verbesserung – ein in jeder Hinsicht hervorragendes und beständig besser werdendes Unternehmen.
Konflikte im Namen des Strebens nach Erstklassigkeit sind eine tolle Sache. Es sollte keine Hierarchie auf der Grundlage von Alter oder Positionen existieren. Die Macht sollte in den Argumenten jedes Einzelnen liegen, nicht in seiner Position. Die besten Ideen gewinnen, ganz egal, von wem sie stammen.
Kritik (durch sich selbst und andere) ist ein wesentlicher Bestandteil des Verbesserungsprozesses, doch wenn man nicht richtig mit ihr umgeht, kann sie destruktiv sein. Wir müssen objektiv mit ihr umgehen. Beim Äußern oder Annehmen von Kritik darf es keinerlei Hierarchie geben.
Teamwork und Teamgeist sind unverzichtbar, und dazu zählt auch keinerlei Toleranz gegenüber unzureichender Leistung. Damit beziehe ich mich 1) auf die Erfüllung der eigenen Aufgaben, die jeder hat, um das Team bei der Erreichung seiner gemeinsamen Ziele zu unterstützen, und 2) auf die Bereitschaft, anderen bei der Erreichung dieser gemeinsamen Ziele zu helfen (Arbeit in der Gruppe). Unsere Schicksale sind miteinander verknüpft. Jeder sollte wissen, dass er sich auf die Hilfe der anderen verlassen kann. Als Folge davon kann unzureichende Leistung nirgendwo toleriert werden, denn darunter würde jeder leiden.
Langfristige Beziehungen sind sowohl a) intrinsisch bereichernd als auch b) effizient, also sollten sie bewusst aufgebaut werden. Wechsel erfordern neue Schulungen und führen deshalb zu Rückschlägen.
Geld ist ein Nebenprodukt von Erstklassigkeit, kein Ziel. Unser oberstes Ziel ist Erstklassigkeit und ständige Verbesserung bei Bridgewater. Um es deutlich zu sagen: Es geht hier nicht darum, viel Geld zu verdienen. Daraus sollten Sie aber nicht schlussfolgern, dass sie mit wenig Geld zufrieden sein sollten. Ganz im Gegenteil: Sie sollten erwarten, viel davon zu verdienen. Wenn wir konsequent im Rahmen dieser Philosophie arbeiten, dürften wir produktiv sein, und dem Unternehmen dürfte es finanziell gut gehen. Es gibt in ihm relativ wenig auf Alter oder
Positionen basierende Hierarchie.
Jede Person bei Bridgewater sollte handeln wie ein Eigentümer, der selbst dafür verantwortlich ist, auf diese Weise vorzugehen und andere in die Verantwortung zu nehmen, ebenfalls so vorzugehen.
Anders als bei Lombardi, dessen Erfolg davon abhing, dass seine Spieler seinen Anweisungen folgten, mussten meine Spieler unabhängige Denker sein, die in der Lage sind, ihre unterschiedlichen Meinungen auszutauschen und zusammen zu besseren Schlussfolgerungen zu kommen, als es jeder von uns allein gekonnt hätte. Ich musste ein Umfeld schaffen, in dem jeder das Recht und die Pflicht hatte, sich selbst einen Reim auf die Dinge zu machen und offen für das einzutreten, was er für am besten hält – und in dem das beste Denken gewinnt. Ich brauchte eine echte
Ideen-Meritokratie, nicht irgendeine theoretische Version davon. Denn eine Ideen-Meritokratie – also ein System, das kluge, unabhängige Denker zusammenbringt und eine produktive Uneinigkeit zwischen ihnen fördert, damit sie zu dem bestmöglichen kollektiven Denken gelangen und ihre Differenzen auf eine Weise auflösen, bei der die Glaubwürdigkeitsgewichtung ausschlaggebend ist – ist besser als jedes andere System zur Entscheidungsfindung.
Unser System der Ideen-Meritokratie hat sich über die Jahrzehnte weiterentwickelt. Zunächst stritten wir wild über die beste Vorgehensweise, und indem wir unsere Meinungsverschiedenheiten ausfochten, gelangten wir zu besseren Lösungswegen, als wenn wir unsere Entscheidungen allein getroffen hätten. Doch als Bridgewater größer wurde, wurden auch die Bandbreite unserer Uneinigkeiten und der Bedarf an Klärung größer, also definierten wir expliziter, wie unsere Ideen-Meritokratie funktionieren sollte. Wir brauchten ein System, das effektiv die
Glaubwürdigkeit unterschiedlicher Personen gewichten konnte, um zur besten Entscheidung zu gelangen, und zwar auf eine Weise, die jeder sofort als fair erkannte. Ich wusste, dass wir ohne ein solches System sowohl das beste Denken als auch die besten Denker verlieren würden, und ich wäre dann entweder mit Speichelleckern oder mit Umstürzlern zurückgeblieben, die ihre Meinungsverschiedenheiten und versteckten Ressentiments für sich behalten hätten.
Damit all das funktionieren konnte, so glaubte ich und glaube ich noch heute, mussten wir radikal ehrlich und radikal transparent miteinander sein.
RADIKALE WAHRHAFTIGKEIT UND RADIKALE TRANSPARENZ
Mit radikaler Wahrhaftigkeit meine ich, die eigenen Gedanken und eigenen Fragen nicht zu filtern, insbesondere nicht die kritischen. Wenn wir nicht offen über unsere Themen sprechen und keine Wege dafür haben, uns durch sie durchzuarbeiten, sind wir auch keine Partner, die kollektiv für unsere Ergebnisse verantwortlich sind.
Mit radikaler Transparenz meine ich, dass fast jeder die Möglichkeit hat, fast alles mitzukriegen. Menschen irgendetwas anderes als totale Transparenz entgegenzubringen, würde bedeuten, sie anfällig für die Tatsachenverdrehung anderer zu machen und ihnen die Möglichkeit zu nehmen, Sachverhalte selbst herauszufinden. Radikale Transparenz verringert schädliche Büropolitik und das Risiko von schlechtem Verhalten, denn schlechtes Verhalten spielt sich eher hinter verschlossenen Türen als offen ab.
Manche Leute haben diese Arbeitsweise auch als radikale Direktheit bezeichnet.
Mir war klar, dass sich im Unternehmen zwei Klassen von Mitarbeitern herausbilden würden, wenn nicht überall radikale Wahrhaftigkeit und radikale Transparenz herrschen würde: diejenigen mit Macht, die Bescheid wissen, und diejenigen ohne Macht. Also trieb ich beides bis an die Grenze. Für mich gilt: Eine durchgängige
Ideen-Meritokratie = radikale Wahrhaftigkeit + radikale Transparenz + glaubwürdigkeitsgewichtete Entscheidungsfindung.
Nach den Anfängen als kleine Gruppe von Menschen, die informell darüber stritt, wie die Wahrhaftigkeit aussieht und was deswegen zu tun ist, haben wir über die vergangenen 40 Jahre Ansätze, Technologien und Werkzeuge entwickelt, die uns auf ein ganz neues Niveau gebracht haben. Das hat uns die Augen geöffnet und war von unschätzbarem Wert – in welcher Hinsicht, können Sie im »Werkzeuge«-Anhang dieses Buches nachlesen. Wir waren stets unbeirrt dabei, dieses Umfeld zu schaffen, und ließen diejenigen, denen es nicht gefiel, von sich aus das Unternehmen verlassen.
Indem wir radikal ehrlich und radikal transparent waren, konnten wir erkennen, dass jeder von uns schrecklich unvollständige und/oder verzerrte Ansichten mit sich herumträgt. Das gilt nicht nur für Bridgewater – Sie würden dasselbe erkennen, wenn Sie in die Köpfe der Menschen in Ihrem Umfeld blicken könnten. Wie ich in Kapitel 4, »Verstehen, dass Menschen unterschiedlich verschaltet sind«, erklärt habe, neigen Menschen dazu, dieselben Situationen dramatisch unterschiedlich zu betrachten, abhängig davon, wie ihre Gehirne verschaltet sind.
Das zu erkennen, hilft Ihnen bei der Weiterentwicklung. Anfangs bleiben die meisten Menschen im eigenen Kopf gefangen und klammern sich stur an die Vorstellung, ihre eigenen Ansichten seien die besten und mit anderen Leuten, die Dinge anders sehen, stimme etwas nicht. Aber wenn sie wiederholt mit Fragen wie »Woher wissen Sie, dass nicht Sie sich täuschen?« und »Welchen Prozess würden Sie nutzen, um auf Grundlage dieser unterschiedlichen Ansichten die besten Entscheidungen zu treffen?« konfrontiert werden, sind sie gezwungen, sich mit ihrer eigenen Glaubwürdigkeit zu befassen und ebenso durch die Augen von anderen zu blicken wie durch die eigenen. Dieser Perspektivenwechsel ist das, was zu hervorragender kollektiver Entscheidungsfindung führt. Im Idealfall findet sie auf eine »Open-Source«-Weise statt, bei der die besten Ideen frei fließen, leben, sterben und auf der Grundlage ihrer jeweiligen Vorteile eine rasche Weiterentwicklung ermöglichen.
IDEEN-MERITOKRATIE
=
RADIKALE WAHRHAFTIGKEIT
+
RADIKALE TRANSPARENZ
+
GLAUBWÜRDIGKEITSGEWICHTETE ENTSCHEIDUNGS FINDUNG
Die meisten Menschen empfinden diesen Prozess anfangs als sehr unangenehm. Sie wissen ihn zwar intellektuell zu schätzen, haben aber emotional Probleme damit. Denn er verlangt von ihnen, dass sie sich von der Bindung ihres Egos an den Wunsch, recht zu haben, lösen und dass sie versuchen, zu sehen, was für sie nur schwer zu erkennen ist. Eine kleine Minderheit versteht und liebt dieses Vorgehen von Anfang an, eine etwas größere Minderheit hält es nicht aus und verlässt das Unternehmen, doch die Mehrheit bleibt dabei, wird mit der Zeit besser darin und will am Ende gar nicht mehr anders arbeiten.
Auf diese Weise zu vorzugehen, mag sich schwierig und ineffizient anhören, ist aber in Wirklichkeit extrem effizient. Tatsächlich ist es viel schwieriger und weniger effizient, in einer Organisation zu arbeiten, in der die meisten Mitarbeiter nicht wissen, was ihre Kollegen wirklich denken. Und wenn Menschen nicht vollkommen offen sein können, können sie nicht sie selbst sein. Wie Bob Kegan, Entwicklungspsychologe an der Harvard University, der sich mit Bridgewater beschäftigt hat, gerne sagt: In den meisten Unternehmen haben die Leute zwei Jobs – ihre eigentliche Aufgabe und die Aufgabe, den Eindruck anderer davon zu steuern, wie sie ihre Aufgabe erledigen. Für uns ist das schrecklich. Wie wir festgestellt haben, hat es zwei Auswirkungen, wenn man alles ans Tageslicht holt: 1) Es macht Schluss mit dem Bedürfnis, einen guten Eindruck zu hinterlassen, und 2) es eliminiert den Zeitaufwand dafür, zu erraten, was die anderen denken. Dadurch ermöglicht es mehr sinnerfüllte Arbeit und sinnerfüllte Beziehungen.
Dies sind die Faktoren hinter der selbstverstärkenden Evolutionsspirale bei Bridgewater:
-
Wir sind von einem einzelnen unabhängigen Denker, der wagemutige Ziele erreichen wollte, zu einer Gruppe von unabhängigen Denkern geworden, die wagemutige Ziele erreichen wollten.
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Um zu erreichen, dass diese unabhängigen Denker effektiv im Kollektiv entscheiden können, haben wir eine Ideen-Meritokratie auf der Grundlage von Prinzipien geschaffen,
die sicherstellten, dass wir radikal ehrlich und transparent miteinander umgehen, respektvolle, bedachte Uneinigkeit zulassen und diese mit ideenmeritokratischen Verfahren beilegen, um zu Entscheidungen kommen.
-
Wir haben diese Prinzipien zur Entscheidungsfindung auf Papier festgehalten und später in Computer programmiert und unsere Entscheidungen auf dieser Grundlage getroffen.
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Dies führte zu Erfolgen und Misserfolgen, die wiederum zu neuen Erkenntnissen führten, welche in neue Prinzipien einflossen, die systematisiert und zur Handlungsgrundlage wurden.
-
Dieser Prozess resultierte in hervorragender Arbeit und exzellenten Beziehungen, die dazu führten, dass wir gut versorgte und zufriedene Mitarbeiter und Kunden hatten.
-
Dies führte dazu, dass wir in der Lage waren, weitere wagemutige unabhängige Denker mit weiteren wagemutigen Zielen zu uns zu holen, um diese selbstverstärkende Aufwärtsspirale weiter zu stärken.
Dies taten wir immer wieder, was den evolutionären Kreislauf produzierte, der hinter dem mehr als 40 Jahre währenden Erfolg von Bridgewater steckt. In der Abbildung sehen Sie ihn.
Das funktioniert wirklich! Sie müssen mir nicht einfach blind glauben – es gibt zwei Möglichkeiten, wie Sie die Wahrscheinlichkeit dafür bewerten können, dass dieser Ansatz und die Prinzipien, die sich daraus ergeben, wirklich so mächtig sind, wie ich es glaube. Sie können sich 1) die dadurch erreichten Ergebnisse ansehen oder 2) die Logik, die sich dahinter verbirgt.
Was die Ergebnisse angeht, spricht unsere Erfolgsgeschichte – wie die von Lombardi und den Packers – für sich. Wir sind im Verlauf von 40 Jahren konsistent besser geworden und haben uns aus meiner Zweizimmerwohnung zum laut Fortune
fünftwichtigsten
nicht börsennotierten Unternehmen der USA sowie zum größten Hedgefonds der Welt entwickelt; dabei haben wir für unsere Kunden mehr Geld verdient als jeder andere Hedgefonds in der Geschichte. Wir haben mehr als 100 Branchenpreise gewonnen und ich wurde mit drei Auszeichnungen für mein Lebenswerk geehrt – und nicht zu vergessen habe ich bemerkenswerte finanzielle und psychologische Belohnungen bekommen und, am wichtigsten, wunderbare Beziehungen.
Noch wichtiger als diese Ergebnisse aber ist die Ursache-Wirkungs-Logik hinter diesen Prinzipien, die vor den Ergebnissen kamen. Vor mehr als 40 Jahren war diese Vorgehensweise eine umstrittene, nicht erprobte Theorie, die mir trotzdem logisch erschien. Auf den folgenden Seiten werde ich Ihnen diese Logik erklären, sodass Sie sie für sich selbst bewerten können.
Ohne Zweifel ist unser Ansatz sehr speziell. Manche Menschen haben Bridgewater sogar schon als Sekte bezeichnet. Die Wahrheit ist, dass Bridgewater Erfolg hat, weil wir das Gegenteil einer Sekte sind. Der entscheidende Unterschied zwischen einer Kultur von Menschen mit geteilten Werten (die eine tolle Sache ist) und einer Sekte (die schrecklich ist), liegt im Ausmaß des unabhängigen Denkens. Sekten verlangen unhinterfragten Gehorsam. Für sich selbst zu denken und die Ideen von anderen infrage zu stellen, steht in völligem Gegensatz zu dem in Sekten verlangten Verhalten, und genau das ist der Kern von dem, was wir bei Bridgewater machen.
WER IST HIER VERRÜCKT?
Manche Leute bezeichnen unseren Ansatz als verrückt, aber denken Sie mal darüber nach: Welchen Ansatz halten Sie für verrückt und welchen für vernünftig:
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Einen, bei dem die Menschen wahrhaftig und transparent sind, oder einen, bei dem die meisten Leute ihre wahren Gedanken für sich behalten?
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Einen, bei dem Probleme, Fehler, Schwächen und Uneinigkeit ans Tageslicht geholt und überlegt diskutiert werden, oder
einen, bei dem sie nicht offen ans Tageslicht geholt und diskutiert werden?
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Einen, bei dem das Recht zu kritisieren nichts mit Hierarchie zu tun hat, oder einen, bei dem Kritik hauptsächlich von oben nach unten erfolgt?
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Einen, bei dem auf der Grundlage vieler Daten und in breiter Abstimmung mit anderen objektive Bilder davon erstellt werden, wie Menschen sind, oder einen, bei dem Menschen eher willkürlich bewertet werden?
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Einen, bei dem die Organisation sehr hohe Standards für sinnerfüllte Arbeit sowie sinnerfüllte Beziehungen anstrebt, oder einen, bei dem die Qualität von Arbeit und Beziehungen weniger hohen Stellenwert hat und/oder die Standards weniger hoch sind?
Welche Art von Organisation wird Ihrer Meinung nach eine bessere Entwicklung für die Menschen ermöglichen, die dort arbeiten, tiefere Beziehungen zwischen ihnen entstehen lassen und zu besseren Ergebnissen führen? Welchen Ansatz würden Sie bei den Führungspersönlichkeiten und Organisationen, mit denen Sie zu tun haben, lieber sehen? Welche Vorgehensweise würden Sie bei den Menschen, die unsere Regierung leiten, bevorzugen?
Ich würde wetten: Wenn Sie dieses Buch gelesen haben, werden Sie zustimmen, dass unsere Art zu arbeiten weitaus vernünftiger ist als konventionellere Vorgehensweisen. Aber denken Sie daran, dass mein grundlegendstes Prinzip lautet, dass jeder für sich selbst denken muss.
WARUM ICH DIESES BUCH GESCHRIEBEN HABE UND WIE SIE FÜR SICH DEN GRÖSSTEN GEWINN DARAUS ZIEHEN KÖNNEN
Falls Sie zu Bridgewater gehören, gebe ich diese Prinzipien in meinen eigenen Worten an Sie weiter, damit Sie den Traum und den Ansatz durch meine Augen sehen können. Bridgewater wird sich von seinem jetzigen Zustand weiterentwickeln, und zwar auf der Grundlage
dessen, was Sie und andere in der nächsten Führungsgeneration in Angriff nehmen und wie Sie dabei vorgehen. Dieses Buch soll Ihnen dabei helfen. Wie Sie es nutzen, liegt an Ihnen. Ob die Bridgewater-Kultur fortbesteht oder nicht, liegt an Ihnen und denjenigen, die mir in der Führungsrolle folgen. Es ist meine Verantwortung, nicht zu sehr daran festzuhalten, dass Bridgewater so ist, wie ich
es haben will. Am wichtigsten ist, dass Sie und andere, die auf mich folgen, Ihre eigenen unabhängigen Entscheidungen treffen. Wie ein Elternteil bei einem erwachsenen Kind möchte ich, dass Sie alle starke, unabhängige Denker sind, die ohne mich gut zurechtkommen. Ich habe mein Bestes getan, um Sie an diesen Punkt zu bringen; jetzt ist die Zeit gekommen, in der Sie übernehmen müssen und ich mich zurückziehen muss.
Falls Sie nicht zu Bridgewater gehören und überlegen, wie diese Prinzipien für Ihre eigene Organisation gelten könnten, soll dieses Buch Sie zum Denken bringen – nicht etwa Sie mit einer exakten Formel ausstatten, der Sie einfach folgen sollen. Sie müssen nicht alle oder auch nur eines der Prinzipien übernehmen, auch wenn ich Ihnen empfehle, auf sie alle zumindest einen Blick zu werfen. Viele Menschen, die andere Organisationen leiten, haben einige Prinzipien übernommen, andere verändert und viele zurückgewiesen. Was auch immer Sie damit machen wollen, ist in Ordnung für mich. Die Prinzipien bieten einen Rahmen, den Sie so verändern können, dass er zu Ihren Bedürfnissen passt. Vielleicht verfolgen Sie dasselbe Ziel, vielleicht nicht. So oder so werden Sie wahrscheinlich etwas Wertvolles aus der Lektüre mitnehmen. Wenn Sie mein Ziel teilen, dass Ihre Organisation eine echte Ideen-Meritokratie sein soll, wird dieses Buch meiner Meinung nach von unschätzbarem Wert für Sie sein. Denn wie ich höre, hat keine andere Organisation die Konzepte für eine echte Ideen-Meritokratie so intensiv durchdacht und so weit vorangetrieben wie Bridgewater. Wenn Ihnen das wichtig ist und Sie mit unerschütterlicher Entschlossenheit daran arbeiten, werden Sie Ihren eigenen Barrieren begegnen, Sie werden Ihre Wege um sie herum finden, und Sie werden das Ziel erreichen, wenn auch nicht perfekt.
Die Prinzipien sind zwar gute allgemeine Regeln, doch es ist
wichtig, zu bedenken, dass es für jede Regel Ausnahmen gibt und dass keine Sammlung von Regeln jemals gesunden Menschenverstand ersetzen kann. Betrachten Sie diese Regeln wie ein Navigationssystem. Ein GPS-Gerät hilft Ihnen dabei, an Ihr Ziel zu kommen, aber wenn Sie ihm blind folgen und mit Ihrem Auto von einer Brücke stürzen, ist das Ihr Fehler, nicht der des Geräts. Und so wie sich ein Navigationssystem, das falsche Anweisungen gibt, mit einem Software-Update verbessern lässt, so ist es von Wichtigkeit, Ausnahmen zu Prinzipien anzusprechen und zu diskutieren, sobald sie zutage treten, damit die betreffenden Prinzipien weiterentwickelt und mit der Zeit verbessert werden können.
Unabhängig davon, für welchen Weg Sie sich entscheiden: Ihre Organisation ist eine Maschine, bestehend aus einer Kultur und Menschen, die interagieren und Ergebnisse produzieren werden, und diese Ergebnisse werden Ihnen Feedback darüber geben, wie gut Ihre Organisation funktioniert. Von diesen Rückmeldungen zu lernen, sollte dazu führen, dass Sie Veränderungen bei der Kultur und den Menschen vornehmen, damit sich Ihre Organisationsmaschine verbessert.
Diese Dynamik ist so wichtig, dass ich die Prinzipien für die Arbeit
um sie herum in drei Abschnitte unterteilt habe: »Die richtige Kultur …«, »Die richtigen Menschen …« und »Ihre Maschine bauen und weiterentwickeln …«. Jedes Kapitel in diesen Abschnitten beginnt mit einem Prinzip der höheren Ebene (einem abstrakteren Prinzip). Wenn Sie es lesen, bekommen Sie eine gute Vorstellung von den wichtigsten Konzepten im jeweiligen Kapitel.
Unter diesen Prinzipien der höheren Ebene finden Sie eine Reihe von unterstützenden Prinzipien, organisiert nach den unterschiedlichen Arten von Entscheidungen, die es zu treffen gibt. Diese Prinzipien sind zum Nachschlagen gedacht. Vielleicht haben Sie Lust, sie kurz durchzugehen, doch ich empfehle, sie zu verwenden wie ein Lexikon oder eine Suchmaschine, um eine konkrete Frage zu beantworten. Wenn Sie zum Beispiel jemanden entlassen (oder anders einsetzen) müssen, können Sie zu der Übersicht der Prinzipien greifen und darin nach dem Abschnitt mit Prinzipien zu diesem Thema suchen. Zur Vereinfachung haben wir
bei Bridgewater ein Werkzeug namens »Coach« entwickelt, in das man sein konkretes Problem eingeben kann und dann die passenden Prinzipien zur Unterstützung angezeigt bekommt.
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Demnächst werde ich es der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen, zusammen mit vielen der anderen Managementwerkzeugen, über die Sie im letzten Abschnitt dieses Buches lesen können.
Mein Hauptziel ist nicht, Sie von diesen Prinzipien zu überzeugen. Stattdessen möchte ich mit Ihnen die wertvollsten Lehren teilen, die ich auf meiner mehr als 40-jährigen Reise gelernt habe. Mein Ziel ist es, Sie dazu zu bringen, intensiv über die schwierigen Zielkonflikte nachzudenken, mit denen Sie in vielen Arten von Situationen konfrontiert sein werden. Indem Sie über die Zielkonflikte hinter den Prinzipien nachdenken, werden Sie in der Lage sein, für sich selbst zu entscheiden, welche Prinzipien am besten für Sie sind.
Dies bringt mich zu meinem grundlegendsten Prinzip für die Arbeit:
Arbeit ist entweder 1) ein Job, um Geld für die Finanzierung des Lebens zu haben, das man führen möchte, oder 2) das, was man macht, um eine Mission zu erfüllen, oder eine Mischung aus beidem. Ich dränge Sie dazu, so viel von 2) zu tun wie möglich und dabei den Wert von 1) anzuerkennen. Wenn Sie das tun, wird fast alles besser laufen, als wenn Sie es anders machen.
Die Prinzipien für die Arbeit
sind für Menschen geschrieben, für die Arbeit hauptsächlich das Spiel ist, das sie spielen, um ihrer eigenen Leidenschaft zu folgen und ihre eigene Mission zu erfüllen.