Q&A

Aquarellfarben sind wild, eigenständig und manchmal nicht so kooperativ, wie wir es gerne hätten. Anders als Acryl- oder Gouachefarben lassen sich diese vom Wasser getriebenen Farben nur schwer kontrollieren. Hier ein Tropfen zu viel Wasser, und es entstehen Kränze. Da mal ein zu trockener Pinsel, und der Farbauftrag wirkt nicht mehr locker und leicht.

Damit du gar nicht erst in diese Fallen tappst, möchte ich hier einige sehr spezielle Fragen beantworten, die mir immer wieder gestellt werden.

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„Ich bekomme keine feinen Details hin. Ich habe mir sehr dünne Pinsel gekauft, und selbst mit denen werden meine Linien nicht besonders dünn. Was mache ich falsch?“

Das kann verschiedene Gründe haben. Ein ganz schlichter könnte sein, dass du mit dem Pinsel zu viel Druck ausübst. So trifft nicht nur die feine Spitze auf das Papier, sondern auch die Pinselkante (mehr dazu auf Seite 18).

Es kann aber auch daran liegen, dass du zu viel Flüssigkeit auf deinem Pinsel hast. Wenn du den Pinsel großzügig in die Farbe tauchst, sammelt sich beim Malen sehr viel Flüssigkeit in der Pinselspitze. Und diese wird anschließend auf das Papier abgegeben, sodass die Linien automatisch dicker werden.

Möchtest du also besonders feine Details zaubern, so solltest du den Pinsel immer vorher an deiner Mischpalette abstreifen.

„Woran liegt es, dass ich keine hochpigmentierten, kräftigen Farben gemischt bekomme? Die Farben sind entweder nicht kräftig genug oder zu trocken, um sie auf dem Papier gleichmäßig aufzutragen.“

Für hochpigmentierte Farben sind im Verhältnis viel Pigment und wenig Wasser nötig. Ein häufiger Fehler dabei: komplett auf das Wasser zu verzichten oder einfach zu wenig davon zu nehmen. Das funktioniert leider nicht. Um die Pigmente im Näpfchen zu lösen, muss genug Wasser vorhanden sein.

Nimm also genügend Wasser mit dem Pinsel auf und löse anschließend die Pigmente sorgfältig an. Um einen sehr kräftigen Ton zu mischen, solltest du dir Zeit lassen. Streiche den Pinsel einige Minuten im Näpfchen umher, damit er möglichst viele Pigmente löst. Nach einiger Zeit entsteht so eine dickflüssige Farbe.

Tipp: Aquarellfarben brauchen Wasser! Das heißt, dein Pinsel sollte immer feucht sein. Bevor es also an die Farben geht, tunke deinen Pinsel zuerst komplett ins Wasser. Falls du nur wenig Wasser benötigst, kannst du den Pinsel anschließend an einem Tuch abstreifen, um überschüssiges Wasser loszuwerden. Wichtig ist vor allem, dass der gesamte Pinselbauch eine Grundfeuchte hat.

Aber Achtung! Häufig wird an dieser Stelle nicht daran gedacht, dass im Bauch des Pinsels eventuell noch Wasser gespeichert ist. Das ist oft bei Verwaschpinseln der Fall, die besonders viel Wasser speichern können. Streiche deshalb den ganzen Pinsel während des Mischens immer wieder am Rand des Näpfchens ab, um die komplette Flüssigkeit aus dem Pinsel zu drücken und mit den Pigmenten vermischen zu können. Arbeitest du dagegen nur mit der Pinselspitze, verbleibt das restliche Wasser im Pinselbauch und wird später ungewollt auf das Papier abgegeben – und deine hochpigmentierte Farbe wird ungewollt wieder verdünnt.

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„Ich male oft viel zu dunkel. Bei mir ist der Hintergrund von Anfang an schon so kräftig, dass ich keine schönen Kontraste hinbekomme.“

Zum einen würde ich dir raten, ein Schmierpapier neben dich zu legen. Auf diesem kannst du zwischendurch immer wieder testen, ob die Farbintensität stimmt, bevor du auf dem Aquarellpapier arbeitest.

Solltest du dennoch aus Versehen zu dunkle Farbe auf das Aquarellpapier gegeben haben, so kannst du in den ersten Sekunden noch ausbessern. Streiche dafür den Pinsel an einem Tuch trocken und versuche anschließend, so viele Pigmente wie möglich vom Aquarellpapier zu nehmen. Die überschüssige Farbe kannst du immer wieder auf dem Tuch abstreifen. Wasch den Pinsel dann einmal komplett aus und gib etwas klares Wasser auf das Papier, um die restlichen Pigmente darauf zu einem zarten, hellen Farbton zu mischen.

„Was tun, wenn zu viel Wasser auf dem Papier ist und die Farben nicht schön verlaufen?“

Dieses Dilemma zwischen zu viel und zu wenig Wasser kann echt demotivierend sein. Und eine goldene Regel gibt es dafür leider nicht. Tatsächlich ist der Tipp, den ich meinen Workshopteilnehmer*innen immer wieder gebe: viel üben und sich dadurch an das richtige Verhältnis herantasten. Am Ende des Tages gehört einfach auch viel Gefühl dazu. Immerhin habe ich hier einen Tipp, wie du bei der Nass-in-nass-Technik das Wasser ein wenig kontrollieren kannst. Bei dieser Malweise wird ja zunächst klares Wasser auf das Papier aufgetragen, dann kommen die Farben hinzu. Hier sieht man sehr schnell, ob die Wassermenge stimmt: Ist nämlich zu viel Wasser auf dem Papier, verlaufen die Farben nicht, sondern die Pigmente sammeln sich auf der Wasseroberfläche und lassen sich hinund herschieben, ohne sich mit dem Papier zu verbinden. In diesem Fall kannst du mit einem Tuch die komplette Feuchtigkeit aus deinem Pinsel drücken und dann überschüssiges Wasser auf dem Papier ganz einfach mit dem Pinsel aufsaugen. Tupfe aber kein Taschentuch direkt auf das Papier, um Wasser aufzusaugen! Dadurch entstehen ungewollt Strukturen auf dem Papier. Mit dem Pinsel lässt sich außerdem viel präziser arbeiten.

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„Hilfe! Mir ist der Pinsel aus der Hand gefallen und nun habe ich einen roten Fleck mitten auf meinem Bild. Kann ich das noch retten?“

Zunächst ist es ein gutes Zeichen, wenn dir der Pinsel einfach so aus der Hand fällt – das bedeutet nämlich, dass du mit einem sehr lockeren Handgelenk arbeitest. Auf jeden Fall ist es wichtig, dass du sofort reagierst. Hol dir ein frisches Glas mit klarem Wasser. Gib nun auf den noch nassen Fleck ein wenig klares Wasser, um die Pigmente noch mehr zu verflüssigen. Anschließend streifst du den Pinsel komplett an einem Tuch ab und saugst die rote Farbe mit dem trockenen Pinsel auf. Diesen streifst du wieder am Tuch ab, wäschst ihn aus, nimmst erneut klares Wasser auf und versuchst, die restlichen Pigmente auf dem Papier anzulösen. Das Prozedere wiederholst du einige Male, bis der Fleck weg ist.

Aber Achtung! Diese Technik funktioniert nicht bei jeder Farbe und auf jedem Papier gleich gut. Es gibt Papier, auf dem sich die Farbe nicht ganz so gut anlösen lässt. Außerdem gibt es sogenannte „staining“ Pigmente, die sich mit dem Papier verankern. Auch diese lassen sich nicht mehr vollständig verflüssigen.

„Farbenmischen ist gar nicht meins. Bei mir wirken die Farben schnell schmutzig, obwohl ich viel lieber leuchtende Farben verwenden möchte. Gibt es da einen Trick?“

Dieses Problem lässt sich mit der klassischen Farbenlehre lösen. In meinem ersten Buch „Urban Watercolor Journey” gehe ich auf dieses Thema etwas ausführlicher ein. Kurz und knapp gesagt: Du kombinierst die falschen Farbtöne miteinander. Beim Farbenmischen ist es sehr wichtig zu wissen, aus welchen Primärfarben – Magentarot, Gelb und Cyanblau – sich die einzelnen Farbtöne zusammensetzen. Und du solltest nie alle drei Primärfarben zu gleichen Teilen miteinander mischen, dann erhältst du nämlich einfach nur ein Grau. Möchtest du also leuchtende Farben mischen, solltest du keine Farbtöne kombinieren, die zusammen alle drei Primärfarben enthalten. Am einfachsten ist es, wenn du dir deine Lieblingsfarben direkt beim Farbhersteller zusammensuchst. Dafür findest du bei den meisten Herstellern sogenannte Dot Cards, die alle Farbtöne als Probe beinhalten. Damit kannst du dir deine ganz eigene Farbpalette zusammenstellen.

„Meine Bilder wirken immer so eindimensional und farblos. Irgendwie fehlt total die Tiefe.“

Dafür gibt es eine ganz einfache Lösung – nämlich Kontraste! Ein Bild gewinnt an Räumlichkeit und Strahlkraft, wenn es sowohl sehr helle, zarte Stellen gibt als auch einige dunkle Gegenpole. Die fehlenden Kontraste fallen den meisten erst auf, wenn das Bild getrocknet ist. Das liegt daran, dass Aquarellfarben im nassen Zustand immer kräftiger erscheinen, als wenn sie getrocknet sind. Versuche deshalb, schon im Prozess an einigen Stellen besonders hochpigmentiert zu arbeiten. Dabei spielen die Tonwerte in deinem Bild eine große Rolle. Lege am besten die hellsten und dunkelsten Stellen in deinem Motiv fest, bevor du anfängst zu malen. Mehr dazu findest du auf Seite 40.

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„Was tun bei Wasserkränzen?“

Wasserkränze oder unschöne Farbansammlungen werden oft als Makel wahrgenommen. Sie brechen gleichmäßige Hintergründe auf oder schaffen dort Struktur, wo vielleicht gar keine gewünscht ist.

Zuerst möchte ich dich ermutigen, vermeintliche „Fehler” anzunehmen und dem Drang nach Perfektion zu widerstehen. Aquarell ist ein Medium, das Leichtigkeit, Spontaneität und Gelassenheit verkörpert – da ist es doch viel schöner, wenn wir uns von den Farben treiben lassen und den Kopf ausschalten.

Und jetzt, wo wir uns darauf geeinigt haben, dass Aquarell keiner Perfektion bedarf, zeige ich dir, wie du dennoch hier und da Dinge ausbessern kannst.

Wasserränder entstehen da, wo zu viel Flüssigkeit im Spiel ist. Wasser verdrängt die Farbpigmente, diese sammeln sich am Rand und trocknen ein. Um diese Ränder etwas abzuschwächen, kannst du mit ganz wenig Wasser nacharbeiten. Dafür nimmst du dir einen kleinen Rundpinsel und machst diesen etwas feucht. Ganz wichtig: Der Pinsel darf auf keinen Fall zu nass sein. Streife ihn an einem Tuch ab, sodass er fast trocken ist. Arbeitest du nämlich erneut mit zu viel Wasser, verschlimmerst du die Wasserflecken nur. Ist der Pinsel hingegen nur minimal feucht, kannst du mit der Spitze vorsichtig die Pigmente am Rand anlösen, mit dem Pinsel aufnehmen und anschließend an einem Tuch abstreifen.

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„Was tun bei einem kreativen Loch? Mir fehlt seit Tagen die Inspiration und ich komme einfach nicht weiter, dabei würde ich gerne.“

Das liebevoll genannte „Kreatief” kennt wohl jede*r Künstler*in. Da läuft es wochenlang perfekt, die Ideen fliegen einem nur so zu – und wie aus dem Nichts fällt man in ein Loch. Dann fehlt der Antrieb, die Inspiration bleibt aus. Plötzlich fällt die kleinste Illustration schwer und man stellt sein komplettes Können infrage.

Das Allerwichtigste in diesem Moment ist, zu wissen: Es geht vorüber! Niemand verliert von heute auf morgen seine Kreativität. Spätestens nach 1–2 Wochen wirst du ganz sicher wieder vor Ideen sprudeln. Mit diesem Wissen im Hinterkopf wird es dir leichter fallen, die Situation zu akzeptieren – und in meinen Augen lässt sich so ein „Kreatief“ nur überwinden, wenn man es annimmt und zulässt. Du kannst dich in dieser Zeit ruhig auch bewusst von kreativen Dingen distanzieren und die Schaffensflaute für unkreative Aufgaben nutzen. Mir persönlich hilft es dann zum Beispiel, den Haushalt oder andere eher langweilige Dinge zu machen oder Sport zu treiben.

„KREATIEF“-TO–DO-LISTE

Probiere beim nächsten Kreatief doch mal folgende Vorschläge aus:

imageEin Puzzle mit mindestens 1.000 Teilen machen.

imageEine Dokumentation über eine*n Künstler*in schauen.

imageEinen langen Spaziergang machen.

imageIn eine Buchhandlung gehen und in Bildbänden stöbern.

imageEinen alten Zeichentrickfilm schauen.

imageFotos oder Videos von deiner letzten Reise anschauen.

imageEin Hörbuch hören und dabei dein Kunstmaterial aussortieren und neu ordnen.

imageDein Arbeits-/Kreativzimmer umräumen und neu dekorieren.

imageRoutinen aufbrechen. Gestalte deinen Morgen mal ganz anders.