46.5.3.3 Anpassung der Pflegemaßnahmen

Wenn Beschwerden auftreten oder zunehmen, müssen die pflegerischen Interventionen angepasst werden. Folgende Maßnahmen sollten dann geändert werden:

Merke

Das oberste Ziel ist, die enterale Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme so lange wie möglich aufrechtzuerhalten, da Essen und Trinken zu den wichtigsten Reinigungsmechanismen des Mund- und Rachenraumes zählen.

Lebensphase Kind

Lars Wicher

Mukositis

Die Versorgung und Behandlung einer beginnenden oder ausgeprägten Mukositis (Entzündung der Mundschleimhaut) ist ohne die Hilfe der Eltern meist nur schwer möglich. Gerade Kleinkinder stehen den Maßnahmen teilweise ablehnend gegenüber, oft aus Angst vor dem Neuen oder einem unangenehmen Geschmack.

Anleitung und Beratung

Die Pflegenden beraten die Eltern bei der Wahl einer geeigneten Mundspüllösung und bieten Unterstützung bei der Durchführung der Mundpflege an. Die Kinder werden in die Beratung und Anleitung integriert. Dies erfordert eine altersgerechte Sprache und bei Klein- und Schulkindern einen spielerischen Umgang v.a. bei der Mundinspektion. Häufig wird dadurch die Bereitschaft des Kindes gestärkt, die Mundpflege zu tolerieren oder diese sogar selbst durchzuführen.

Mukositis lindern

Bei Säuglingen und Kleinkindern bietet es sich an, einen Stieltupfer mit einer Mundspüllösung zu tränken und die Mundschleimhaut damit zu pinseln (Rinner 2012). Für Schulkinder und Jugendliche können verschiedene Teesorten als Eiswürfel oder Eis am Stiel eingefroren werden. Sie werden meist sehr gut toleriert. Neben dem Effekt der Reinigung und Befeuchtung der Mundschleimhaut wirkt die Kälte schmerzlindernd. Inwieweit sich therapeutische Mundspüllösungen einfrieren lassen, sollte von den Pflegenden mit der Klinikapotheke abgesprochen werden.

Schmerzerfassung

Eine adäquate Schmerzerfassung im Rahmen der Mukositis ist gestaltet sich nicht immer leicht. Kinder sind erst ab dem 3.–4. Lebensjahr in der Lage, mittels einer altersgerechten Schmerzskala den Schmerz selbst einzuschätzen. Erst dann können sie zwischen vorhandenem Schmerz und Schmerzfreiheit unterscheiden und Schmerz mit einfachen Wörtern verbalisieren.

Säuglinge und Kleinkinder können erlebten Schmerz gar nicht verbalisieren. Sie geben durch eine Veränderung der Mimik und der Körperhaltung sowie durch vermehrtes Weinen und Unruhephasen erste Hinweise auf eine mögliche Schmerzsituation. Die Schmerzerfassung erfolgt hier nur über eine Fremdeinschätzung durch die Eltern und das behandelnde Team (Wagner et al. 2015). Dem behandelnden Team stehen dazu für jede Altersgruppe verschiedene Schmerzscores zur Verfügung ( ▶ Tab. 46.10 ).

Tab. 46.10 Etablierte Instrumente zur Schmerzerfassung im klinischen Alltag (nach Wagner et al. 2015, Richter 2016).

Bezeichnung der Skala

Kennzeichen

Kindliche Unbehagens- und Schmerz-Skala (KUSS)

  • Verhaltensskala

  • anhand von 5 Kategorien (Weinen, Gesichtsausdruck, Rumpfhaltung, Beinbeugung, motorische Unruhe) wird die Fremdeinschätzung durchgeführt

  • Anwendungsalter: für reife Neugeborene und Kleinkinder bis zum 4. Lebensjahr

Faces-Pain-Scale

  • Skala mit 6 Gesichtern (von „kein Schmerz“ bis „schlimmstmöglicher Schmerz“)

  • Anwendungsalter: vom 4. bis 12. Lebensjahr

Numerische Rating-Skala (NRS)

  • Schmerzeinstufung anhand von Zahlen (0 = kein Schmerz bis 10 = stärkste vorstellbare Schmerzen)

  • Anwendungsalter: ab dem 10. bis 12. Lebensjahr

Merke: Eine Schmerzeinschätzung anhand der Faces-Pain-Scale fällt Kindern unter dem 6. Lebensjahr oft schwer und verhindert eine adäquate Schmerzeinstellung.

46.5.4 Therapiebedingte Diarrhö

Da nicht nur die Mundschleimhaut betroffen sein kann, sondern auch die (gastro)intestinale Schleimhaut, reagieren Patienten während einer medikamentösen Tumortherapie oder einer Strahlentherapie im Abdominal- und Beckenbereich häufig mit starken Durchfällen (Diarrhöen). Da auch hier die Epithelzellen und die Submukosa gleichermaßen betroffen sind, bilden sich Nekrosen und Ulzerationen. Die Folge dieses entzündlichen Prozesses sind Resorptionsstörungen, die dann zu starken Diarrhöen führen. Der Wasser- und Elektrolytverlust führt zu Symptomen und klinischen Befunden, die in ▶ Tab. 46.11  zusammengefasst sind.

Tab. 46.11 Symptome der Diarrhö und klinische Befunde.

Verlust von

subjektive Symptome

klinische/laborchemische Befunde

Wasser

  • Durst

  • Müdigkeit

  • Schwäche

  • verminderter Hautturgor

  • trockene Schleimhäute

  • Tachykardie

  • Oligurie

  • Gesamteiweiß↑

  • Hämatokrit↑

Natrium

  • Wadenkrämpfe

  • Kopfschmerzen

  • Bewusstseinsstörungen

  • inkonstante Elektrolytverschiebungen

Kalium

  • Muskelschwäche

  • Herzrhythmusstörungen

Bikarbonat

  • Allgemeinzustand↓

  • Dyspnoe durch kompensatorisch verstärkte Atemarbeit

  • Hypotonie

  • Lethargie

  • kompensierte Azidose

Kohlenhydrate/Proteine

  • Schwäche

  • Verstärkung des Krankheitsgefühls

  • Gewichtsabnahme

  • Zeichen des katabolen Stoffwechsels

Wie schwer die Nebenwirkungen und Folgen für den Patienten sind, ist individuell sehr unterschiedlich. Neben der Chemo- oder Strahlentherapie spielt die patientenspezifische Prädisposition eine wichtige Rolle. Diarrhöen können die Befindlichkeit des Patienten erheblich beeinträchtigen, sodass sich zeitgerechte Therapien dadurch verzögern können.

46.5.4.1 Pflegemaßnahmen

Folgende pflegerische Interventionen bei Diarrhö sollten durchgeführt werden:

46.5.5 Therapiebedingte Blutbildungsstörungen

Definition

Die Knochenmarkdepression (syn. Myelosuppression) ist die Schädigung des Knochenmarks, die mit der Verminderung aller zellulären Anteile der Blutbildung einhergeht. Eine Knochenmarkschädigung ist häufige Nebenwirkung von Zytostatika- und Radiotherapien. Bei sehr schwerer Schädigung im Rahmen einer Knochenmarktransplantation (KMT) oder peripheren Stammzelltransplantation (PBSZT) spricht man häufiger von der Knochenmarkaplasie als von der Knochenmarkdepression.

Die zytotoxischen Effekte der Zytostatika auf das Knochenmark (Myelotoxizität) führen zu einem raschen Abfall der zirkulierenden Blutzellen. Die Auswirkungen zytostatischer Therapien auf die Blutbildung (Myelopoese) hängen sehr stark vom Zytostatikum, der Kombination der Wirkstoffe, der Dosis und der Dauer der Behandlung ab.

Bei einer Hochdosistherapie liegen z. B. die Dosen der zellwachstumshemmenden Medikamente um das 3 – 10-fache über der üblichen Zytostatikadosierung. Das Ziel einer Hochdosistherapie ist, alle Tumorzellen im Körper komplett zu zerstören, was bei einigen Tumoren mit einer Dosissteigerung möglich wird. Eine Steigerung der Zytostatikadosis über den festgelegten Grenzwert ist aber nur dann möglich, wenn die Nebenwirkungen erfolgreich behandelt werden können. Im Falle der Myelotoxizität bedeutet dies, dass dem Patienten unmittelbar nach einer Hochdosistherapie gesunde Blutstammzellen übertragen werden (KMT, PBSZT), die die Blutbildung nach kurzer Zeit wieder in Gang setzen.

Ziel der Strahlentherapie ist die maximale Schädigung des Tumorgewebes durch ionisierende Strahlen bei gleichzeitig maximaler Schonung des umgebenden gesunden Gewebes. In bestrahlten Regionen mit Beteiligung des blutbildenden Gewebes kann es zu einer Verminderung der Blutzellen und bei entsprechender Dosis sogar zur Knochenmarkaplasie kommen. Die Ganzkörperbestrahlung (TBI engl.: total body irradiation) wird in manchen Fällen vor einer allogenen (Fremdspender) Knochenmarktransplantation durchgeführt. Das Ziel dieser Bestrahlungsmethode ist die Abtötung der i. A. sehr strahlenempfindlichen Leukämie- oder Lymphomzellen sowie die Zerstörung der Knochenmarkzellen und Zellen des Immunsystems (B- und T- Lymphozyten), um das Anwachsen der Fremdspenderzellen zu ermöglichen. Vergleichsweise sind bei einer Ganzkörperbestrahlung 100 % und bei einer Bestrahlung des Beckens 15 – 35 % des gesamten blutbildenden Knochenmarks betroffen.

Im Rahmen zytostatischer Chemotherapien kommt es relativ häufig zur Einschränkung der Knochenmarkfunktion und dadurch zu einer unterschiedlich ausgeprägten Beeinflussung des peripheren Blutbildes. Die Folgen sind:

46.5.5.1 Leukozytopenie

Definition

Leukozytopenie (syn. Leukopenie) bezeichnet eine Verminderung der Gesamtleukozytenzahl (Granulozyten, Lymphozyten, Monozyten) unter 4000/µl. Dieser Wert ist unabhängig von Alter und Geschlecht. Unterschieden werden:

  • Granulozytopenie (syn. Neutropenie): Verminderung der Granulozyten auf unter 1500/µl. Betroffen sind v. a. die neutrophilen Granulozyten, die den weitaus größten Anteil der Granulozyten ausmachen (die Neutropenie ist die häufigste Form der Leukozytopenie)

  • Agranulozytose: Leukozytopenie unter 1000/µl mit weitgehendem oder völligem Fehlen der Granulozyten im peripheren Blut

  • Lymphozytopenie: Verminderung der Lymphozyten unter 1000/µl im peripheren Blut bei Patienten mit Infektionskrankheiten, Morbus-Hodgkin-Lymphomen und bei fortgeschrittener HIV- Erkrankung

Zum besseren Verständnis sind in ▶ Tab. 46.12  die Normalwerte des Blutes aufgeführt.

Tab. 46.12 Blutbild (Referenzbereiche für Erwachsene).

Parameter

Konventionelle Einheit

Erythrozyten

  • Männer

  • Frauen

  • 4,6 – 6,2 Mio./µl

  • 4,2 – 5,4 Mio./µl

Retikulozyten

5 – 24 ‰

Thrombozyten

150 000 – 400 000/µl

Leukozyten

4800 – 10 000/µl

  • stabkernige neutrophile Granulozyten

  • segmentkernige neutrophile Granulozyten

  • basophile Granulozyten

  • 3 – 5 %

  • 50 – 70 %

  • 0 – 1 %

Lymphozyten

25 – 40 %

Monozyten

2 – 8 %

Hämoglobin (Hb)

  • Männer

  • Frauen

  • 14 – 18 g/dl

  • 12 – 16 g/dl

Hämatokrit (HK)

  • Männer

  • Frauen

  • 40 – 52 %

  • 37 – 47 %

Die Leukozytopenie ist i. d. R. die Folge einer Chemo- und/oder Radiotherapie. Sie kann aber auch durch den Tumor selbst bedingt sein (z. B. akute Leukämie, myeloplastisches Syndrom MDS, aplastisches Syndrom) oder in seltenen Fällen durch allergische oder toxische Reaktionen auf bestimmte Medikamente oder durch virale Infektionen ausgelöst werden.

Bei der Leukozytopenie können alle Leukozyten oder nur bestimmte Unterformen verringert sein. Sie kann isoliert oder in Kombination mit einer Anämie und/oder Thrombozytopenie auftreten.

Symptome und Komplikationen einer Infektion bei Neutropenie

Die neutrophilen Granulozyten sind Teil des unspezifischen Abwehrsystems und wichtig für die Abwehr von Infektionen. Da die Neutrophilen ca. zwei Drittel der Leukozyten ausmachen, steigt das Infektionsrisiko bei Granulozytenwerten unter 1000/µl merklich an. Das Infektionsrisiko hängt in erster Linie von der Schwere der Neutropenie ab. Für die therapeutischen und pflegerischen Maßnahmen spielen aber nicht nur die Granulozytenwerte, sondern auch die Dauer der Neutropenie, die Grunderkrankung, der Allgemeinzustand des Patienten sowie die Form der Behandlung (Hochdosistherapie, KMT) eine wichtige Rolle. Patienten mit einer länger als 10 Tage anhaltenden schweren Neutropenie (< 100 Neutrophile/µl) entwickeln in mehr als 80 % der Fälle Infektionen.

Merke

Das Risiko einer Infektion wird entscheidend durch das Ausmaß und die Dauer der Neutropenie bestimmt.

Klinische Symptome wie Müdigkeit, Schwäche und Schweißausbrüche können während der neutropenischen Krankheitsphasen ohne Beteiligung einer Infektion auftreten.

In erster Linie ist bei neutropenischen Patienten das Risiko für bakterielle Infektionen erhöht. Diese können durch grampositive oder gramnegative Erreger hervorgerufen werden, die v. a. physiologisch im Mund-Rachen-Bereich, Rektal-Genital-Bereich und auf der Haut lokalisiert sind und sich durch das Fehlen der Neutrophilen ungestört vermehren und im Körper verteilen können. Bis zu 80 % der Infektionserreger stammen aus der endogenen Flora des Patienten.

Es sind aber nicht nur die körpereigenen Erreger, die Infektionen auslösen können. Die sog. nosokomialen Infektionen (Krankenhausinfektionen, Kreuzinfektionen) stellen für den abwehrgeschwächten Patienten ein besonders hohes Risiko für eine Infektion dar. Quellen solcher ▶ nosokomialen Infektionen sind:

Intensive Chemotherapien können z. T. eine erhebliche Schädigung der Schleimhäute verursachen, was sich in Erosionen und Ulzera äußert. Die Schädigung der natürlichen Mukosabarriere ermöglicht dann eine deutliche Zunahme der Keimeinschwemmung, der langfristig neutropenische Patienten nahezu schutzlos ausgeliefert sind.

Die klinischen Symptome von Infektionen bei leukopenischen Patienten variieren in Abhängigkeit von der Art des Krankheitserregers, der jeweiligen Abwehrlage des Patienten und der betroffenen Gewebe und Organe. Anfangs bestehen grippeähnliche Symptome wie erhöhte Körpertemperatur (> 38 °C), Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Halsschmerzen, allgemeine Gelenkbeschwerden, Appetitlosigkeit und Übelkeit. Im weiteren Krankheitsverlauf können eine Tonsillitis, eine Otitis media, eine Mukositis des Verdauungstraktes und/oder Urogenitaltraktes folgen.

Bei langandauernden Neutropenien kommt es häufig zu pulmonalen Infektionen und durch intensive Antibiotikatherapien auch zu Pilzinfektionen (insbesondere Candida albicans und Aspergillus).

Merke

Aus kleinen Verletzungen oder banalen Erkältungen kann sich in kürzester Zeit ein lebensbedrohlicher Zustand entwickeln.

Sepsis Die größte Gefahr der Neutropenie ist die Entstehung einer Sepsis – einer Allgemeininfektion des Patienten, die sich über das Blut in alle Organe verteilen kann. Die gefährlichen Komplikationen ergeben sich aus den jeweiligen Organbeteiligungen. So können sich Krankheitserreger im Gehirn absiedeln und eine massive Zerstörung von Nervenzellen verursachen. Eine mögliche Folge der schweren Kreislaufschwäche des Sepsispatienten ist das sog. Multiorganversagen. Es kann im weiteren Verlauf zu Störungen des Gerinnungssystems mit spontanen Blutungen im Körperinneren kommen. Die Überschwemmung des Organismus mit Giftstoffen, die von den Erregern freigesetzt werden, bewirkt schließlich einen Schockzustand. Jede einzelne dieser Komplikationen kann zum Tod des Patienten führen.

Merke

Eine akute febrile Leukopenie ist immer ein medizinischer Notfall!

Prophylaktische Maßnahmen zur Infektionsvermeidung

Infektionen bei Tumorpatienten zählen zu den häufigsten Morbiditäts- bzw. Mortalitätsursachen. Die prophylaktischen Maßnahmen zur Infektionsvermeidung erhalten im stationären wie auch im ambulanten Bereich dadurch einen hohen Stellenwert.

Vor und während einer Tumortherapie müssen Patienten und deren Angehörige sowohl über die Wirkungsweise als auch über mögliche Auswirkungen einer Tumortherapie sowie über Verhaltensweisen und vorbeugende Maßnahmen ausreichend informiert werden.

Die hygienischen Vorsichtsmaßnahmen variieren z. T. von Klinik zu Klinik. Die folgenden Informationen gelten nicht nur für Patienten, sondern auch für das therapeutische Team und Besucher der Patienten:

Medizinische Maßnahmen bei Neutropenie

Folgende medizinische Maßnahmen müssen/sollten durchgeführt werden:

Pflegerische Maßnahmen bei Neutropenie

Pflegerische Maßnahmen haben bei Patienten mit langandauernder Neutropenie einen hohen Stellenwert. Die natürlichen Haut- und Schleimhautbarrieren sind durch lang liegende zentralvenöse Verweilkatheter, Haut- und Schleimhautläsionen im Rahmen der Radio- und/oder Chemotherapie gestört und können zu Eintrittspforten für pathogene Krankheitserreger werden. Daher ist es für das therapeutische Team, die Patienten und Angehörigen besonders wichtig, auf Anzeichen einer möglichen Infektion zu achten, damit eine entsprechende Therapie rechtzeitig eingeleitet werden kann.

Merke

Die 5 Kardinalsymptome einer Infektion sind:

  • Schwellung (Tumor)

  • Schmerz (Dolor)

  • Rötung (Rubor)

  • Überwärmung (Calor) → Fieber !

  • Funktionseinschränkung (Functio laesa)

Weitere Zeichen sind:

  • Geruch (Odor)

  • Taschenbildung (z. B. Zahnfleisch)

  • Laborwerte (CRP erhöht)

Folgende Maßnahmen sollten von Pflegenden durchgeführt werden:

Häusliche Pflege im Fokus

Bei ambulanten Patienten mit einer Neutropenie ist es erforderlich, die häusliche Umgebung der veränderten Lebenssituation anzupassen. Es ist daher wichtig, Patienten und Angehörige von Beginn der Therapie an in pflegerische Maßnahmen einzubeziehen und pflegerische Handlungsabläufe mit ihnen einzuüben, damit ambulante Therapien möglichst ohne Komplikationen ablaufen.

46.5.5.2 Thrombozytopenie

Definition

Die Thrombozytopenie ist die Verminderung von Thrombozyten, die mit einer erhöhten Blutungsneigung einhergeht. Bereits bei Thrombozytenzahlen von < 150 000/µl spricht man von einer Thrombozytopenie. Die Blutungsbereitschaft steigt mit abnehmender Thrombozytenzahl, wobei sie sich bei Thrombozytenwerten < 30 000/µl beträchtlich verstärkt (Normalwerte s.  ▶ Tab. 46.12 ).

Symptome

Thrombozytopenien haben ein weites Ursachenspektrum. Der menschliche Körper toleriert erniedrigte Thrombozytenwerte ohne merkliche Schäden oder klinische Ausfallerscheinungen. Es kann bei den betroffenen Patienten zu kleineren Hämatomen, Nasen- und Zahnfleischbluten oder zu Einblutungen in die Gelenke kommen. Hierbei merken die Patienten häufig selbst, dass Blutungen bei Verletzungen länger dauern als üblich (Blutungszeit überschreitet den Normwert von 6 Min.). Das Risiko für eine Blutung steigt, je niedriger die Thrombozytenwerte sind. Für das Auftreten von Blutungen kann leider kein allgemeingültiger Grenzwert angegeben werden, da dieser von Patient zu Patient erheblich schwanken kann. Bei Thrombozytenzahlen von < 30 000/µl kann es aber ohne äußere Einwirkungen zu Einblutungen an Haut und Schleimhäuten, in schweren Fällen sogar zu lebensbedrohlichen Spontanblutungen (z. B. Hirnblutungen) kommen.

Häufig auftretende Blutungen sind:

Petechien.

Abb. 46.14 Zu sehen sind stecknadelkopfgroße, flohstichartige Blutungen bei Thrombozytopenie.

Petechien.

Medizinische Maßnahmen

Die medizinischen Maßnahmen richten sich nach den jeweiligen Thrombozytenwerten. Im Allgemeinen werden Patienten mit Thrombozytenwerten < 20 000/µl symptomatisch mit Thrombozytentransfusionen (TK) behandelt. Dies umfasst:

Merke

Patienten mit einer Thrombozytopenie sollten keine Medikamente einnehmen, die die Thrombozytenaggregation hemmen, z. B. Acetylsalizylsäure.

Häusliche Pflege im Fokus

Prophylaktische Maßnahmen zur Vermeidung von Blutungen

Im Hinblick auf die ambulante Weiterbehandlung stellt die Weitergabe von umfassenden Informationen an den Patienten und seine Angehörigen einen wichtigen Pfeiler der Pflege dar. Vor der Entlassung stationärer und ambulanter Patienten ist ein ausführliches Gespräch über die Blutungszeichen sowie die prophylaktischen und therapeutischen Maßnahmen bei potenziellen bzw. auftretenden Blutungen zu führen.

Folgende detaillierte Informationen sollten in dem Gespräch vermittelt werden:

  • übermäßige Anstrengungen vermeiden

  • unnötige invasive Eingriffe, z. B. Punktionen, Injektionen, Katheterisierung, vermeiden

  • im Umgang mit spitzen Gegenständen (Nagelschere, Nassrasierer) vorsichtig sein

  • Nassrasur vermeiden

  • keine einengende, abschnürende Kleidung tragen

  • Nasenschleimhaut feuchthalten:

    • durch Nasensalben und Nasenöle

    • genügende Trinkmenge

    • angefeuchtete Luft, gut belüftete Räume

  • Nase nur sanft schnäuzen

  • weiche Zahnbürste zur Zahnreinigung verwenden, ggf. Watteträger

  • auf Druckstellen von Zahnprothesen achten

  • Lippen feucht und geschmeidig halten, z. B. mit Vaseline; keine glyzerinhaltigen Lippenpflegemittel benutzen, da dies zu weiterer Austrocknung führt

  • auf den Konsum von harten, heißen oder stark gewürzten Speisen verzichten

  • Stuhl weich halten, z. B. durch Aufnahme von Dörrobst, Sauerkrautsaft, Milchzucker

  • auf rektale Temperaturmessung verzichten

  • Gleitmittel beim Geschlechtsverkehr benutzen

  • Menstruationsblutung durch Hormongaben unterdrücken

Die Patienten und ihre Angehörigen müssen auf eine gute Haut- und Schleimhautbeobachtung hingewiesen werden. Schon während des Krankenhausaufenthalts sollten sie mit in die Haut- und Schleimhautbeobachtung bzgl. Blutungszeichen einbezogen werden. So erlangen sie Kompetenz und Sicherheit für die Versorgung im häuslichen Umfeld.

Pflegerische Maßnahmen

Höchste Priorität hat die sorgfältige Beobachtung des Patienten hinsichtlich auftretender Blutungen und Blutungsanzeichen. Mögliche Zeichen einer ausgeprägten Blutung sind z. B. Tachykardie und Hypotonie; bei intrazerebraler Blutung kann es zu Vigilanzveränderungen kommen. Es ist wichtig, diese Zeichen sofort zu erkennen und schnellstens zu reagieren, um mögliche Komplikationen zu verhindern.

Maßnahmen bei auftretenden Blutungen

Sofern man bei Patienten Blutungszeichen erkennt, sollte Rücksprache hinsichtlich der Thrombozytenwerte und weiterer Maßnahmen mit dem behandelnden Arzt erfolgen.

Maßnahmen bei Nasenbluten

Maßnahmen bei Blutungen im Magen-Darm-Trakt

Maßnahmen bei Hautblutungen

Bei der Transfusion von Thrombozytenkonzentraten muss die Überwachung des Patienten nach den Transfusionsvorschriften erfolgen.

46.5.5.3 Anämie

Die Anämie stellt die häufigste hämatologische Komplikation bei onkologischen Patienten dar.

Definition

Die Anämie ist ein Abfall der Erythrozyten, des Hämoglobins und des Hämatokrits. Nach den Leitlinien der EORTC (European Organisation for Research on Treatment of Cancer) wird eine Anämie als Abfall des Hämoglobin(Hb)-Spiegels < 12 g/dl definiert. Umgangssprachlich wird die Anämie auch als Blutarmut bezeichnet. Zum besseren Verständnis s. Normalwerte ( ▶ Tab. 46.12 ).

Es gibt verschiedene Formen der Anämie:

Die Ursachen der Anämie können bei Tumorpatienten sowohl tumor- als auch therapiebedingt sein.

Symptome

Die Auswirkungen der Anämie auf die Funktion verschiedener Organe, die körperliche Leistungsfähigkeit und die Psyche der Betroffenen sind individuell sehr unterschiedlich.

Ältere Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen reagieren, im Gegensatz zu jüngeren Patienten, oft schon bei geringgradigen Anämien, mit ausgeprägten Symptomen. Im Vordergrund steht die verminderte körperliche Leistungsfähigkeit. Bei zunehmender Anämie kann es soweit gehen, dass die Betroffenen unfähig sind, ihre alltäglichen Verrichtungen auszuüben. Der Tumorerschöpfung, eine mit Anämie auftretende quälende Müdigkeit (Fatigue), kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu, da diese die Lebensqualität der Patienten erheblich einschränken kann.

Mögliche Krankheitszeichen und Symptome einer Anämie sind:

In der Regel treten mehrere Symptome gleichzeitig auf. Die Schwere der genannten Symptome hängt vom Allgemeinzustand des Patienten ab und davon, wie schnell sich die Anämie entwickelt hat.

Da Erythrozyten eine Lebensdauer von 100 – 120 Tagen haben, entwickelt sich eine Anämie i. d. R. nicht so schnell wie eine Thrombo- bzw. Leukozytopenie, da diese Zellen wesentlich kurzlebiger sind. Der Körper hat dadurch mehr Zeit, sich den veränderten Verhältnissen anzupassen.

Medizinische Maßnahmen

Die medizinischen Maßnahmen hängen von der Höhe des Hämoglobinwertes und den auftretenden Symptomen ab. Es ist wichtig,

Pflegerische Maßnahmen

Aufgabe der Pflegenden ist es, den Patienten sorgfältig zu beobachten und das Aktivitätsspektrum den aufgetretenen Symptomen anzupassen. Ein Problembewusstsein muss sowohl bei Patienten als auch bei Angehörigen und Fachpersonal geschaffen werden, da die Symptome der Anämie, insbesondere von Fatigue, häufig unterschätzt werden.

Folgende Maßnahmen werden durchgeführt:

Merke

Die subjektiven Empfindungen des Patienten müssen in der Planung der Pflegemaßnahmen stets berücksichtigt werden.

Lebensphase Kind

Lars Wicher

Knochenmarksdepression

Von einer Knochenmarksdepression spricht man, wenn es zu einer Schädigung von Blutstammzellen im roten Knochenmark kommt und die Bildung neuer Blutzellen dadurch verhindert wird. Davon betroffen sind alle Reihen der Blutzellen, also die Erythrozyten, die Leukozyten sowie die Thrombozyten.

Anleitung der Eltern

Die bereits dargestellten pflegerischen Maßnahmen bei Neutropenie, Thrombozytopenie und Anämie gelten auch für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Da die Grundpflege größtenteils von den Eltern durchgeführt wird, ist eine intensive Anleitung und Begleitung besonders wichtig. Sie müssen über mögliche Symptome aufgeklärt werden und wissen, wie sie beim Auftreten der Symptome handeln müssen.

Die Krankenbeobachtung erfolgt nun vermehrt durch die Eltern. Deshalb sollte für ein Informationsgespräch genügend Zeit veranschlagt werden.

Merke: Die Übernahme der Krankenbeobachtung durch die Eltern entbindet die Pflegenden nicht von einer eigenen Einschätzung auftretender Veränderungen und Auffälligkeiten.

Informationsgespräch

Nach Möglichkeit werden die Kinder in das Informationsgespräch mit einbezogen. Bereits Kleinkinder beobachten und interpretieren ihr Umfeld. Sie nehmen Gefühlsregungen wahr, ohne sie verstehen zu können. Dennoch sind sie in der Lage, z.B. das Weinen der Mutter als etwas Negatives zu interpretieren. Sie sollten deshalb in die Abläufe der Therapie integriert und nicht außen vor gelassen werden.

Jugendliche hingegen setzen sich bereits mit ihrer Erkrankung und den Nebenwirkungen der Therapie auseinander und fühlen die Bedrohung, die von ihr ausgeht (Gutjahr 2009). Das Informationsgespräch sollte immer altersentsprechend geführt werden, ohne den Jugendlichen zu überfordern. Ängste können so im Vorfeld reduziert werden (Rinner 2012).

Psychosoziale Aspekte

Die Auswirkungen der Krebstherapie verdeutlichen den Kindern und Jugendlichen und ihren Eltern, wie sehr ihr bisheriges Leben aus den Angeln gehoben und verändert wird. Während der Therapie dürfen die Kinder und Jugendlichen nicht mehr in den Kindergarten oder in die Schule. Freunde dürfen nur zu Besuch kommen, wenn sie infektfrei sind. Kino- oder Konzertbesuche sind untersagt. Dies kann sich negativ auf soziale Beziehungen und die Integration in den Schulverband auswirken.

Gleichzeitig haben sich die Jugendlichen vor ihrer Erkrankung einen Freiraum der Selbstständigkeit und der Unabhängigkeit von ihren Eltern geschaffen. Aufgrund der Erkrankung und der Nebenwirkungen der Therapie verlieren sie einen Teil davon (Labouvie u. Bode 2006, Gutjahr 2009). Sie sind nun vermehrt auf die Hilfe der Pflegenden und der Eltern angewiesen. Dem Auftreten von Schmerzen, Fieber, Blutungen oder dem Warten auf „gute Blutwerte“ stehen sie machtlos gegenüber. Nicht selten ziehen sich gerade Jugendliche mit der Zeit in sich zurück. Deshalb ist es auf kinderonkologischen Stationen besonders wichtig, eine offene Kommunikation zu leben und eine Integration am Behandlungsgeschehen zu ermöglichen. Dadurch nehmen sie angebotene Maßnahmen eher an und unterstützen so aktiv den Heilungsprozess.

46.5.6 Therapiebedingte Ernährungsstörungen

Ernährungsstörungen treten i. d. R. bei allen Tumorpatienten im Laufe ihrer Erkrankung und während der Behandlung auf. Die Folge von Ernährungsstörungen ist fast immer ein ungewollter Gewichtsverlust, der schließlich zu einer Mangelernährung führt.

Definition

Eine Mangelernährung entsteht, wenn die Aufnahmemenge an Energie und Nährstoffen nicht den Energie- und Nährstoffbedürfnissen einer Person entspricht.

Viele Krebspatienten haben bereits vor der Diagnosestellung erheblich an Gewicht verloren, bevor sie selbst oder der behandelnde Arzt auf die Erkrankung aufmerksam werden. Ernährungszustand und Gewichtsverlust bei Tumorpatienten haben einen gravierenden Einfluss auf die Lebensqualität, den Behandlungsverlauf und -erfolg sowie auf die Überlebenszeit ( ▶ Abb. 46.15). Nahezu alle Krebserkrankungen verursachen in den letzten Monaten vor dem Tod einen dramatischen Gewichtsverlust.

Auswirkungen von Gewichtsverlust und Mangelernährung.

Abb. 46.15 

Auswirkungen von Gewichtsverlust und Mangelernährung.

46.5.6.1 Ursachen ungewollten Gewichtsverlusts und einer Mangelernährung

Die Ursachen des krankheitsbedingten Gewichtsverlusts sind sehr vielfältig. Neben dem erhöhten Energie- und Nährstoffbedarf des Körpers infolge zehrender Tumoren und Therapien sind häufig die auftretenden Nebenwirkungen der Therapien Ursache des Gewichtsverlusts und der Mangelernährung. In jedem Stadium einer Krebserkrankung kann ein Gewichtsverlust auftreten. Folgende Ursachen führen zu Gewichtsverlust und Mangelernährung:

Stoffwechselveränderungen beim Tumorpatienten Sie führen zu Verlust an Fett und Muskelmasse (Glukoseumsatz erhöht, Fettabbau erhöht, Abbau von Muskeleiweiß).

Störungen der Nährstoffaufnahme Die Nahrungsaufnahme ist gestört durch:

Verlust an Nährstoffen Wichtige Nährstoffe gehen verloren bei:

Störungen des Nährstoffstoffwechsels Der Nährstoffwechsel ist gestört

46.5.6.2 Folgeerscheinungen der Mangelernährung

Mangelernährte Patienten haben deutlich mehr Nebenwirkungen unter der Tumortherapie. Neben der starken Beeinträchtigung und zusätzlichen Belastung bedeutet dies für viele eine erhöhte Pflegebedürftigkeit und einen längeren Krankenhausaufenthalt.

Es gibt viele Untersuchungen, die belegen, dass eine krankheitsbedingte Mangelernährung zu einer erhöhten Morbidität, zu verminderter Lebensqualität, zu reduzierter Muskelkraft und zu Einschränkungen anderer Körperfunktionen führt. Neben der Verschlechterung der Prognose erhöht sich bei vorliegender Mangelernährung die Komplikations- und Sterberate.

Eine Mangelernährung führt zu

46.5.6.3 Diagnostik der Mangelernährung

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Mangelernährung zu diagnostizieren:

46.5.6.4 Tumorkachexie

Die schwerste Form der krankheitsbedingten Mangelernährung bei Tumorpatienten ist die Tumorkachexie (griech: „schlechter Zustand“). Die Kachexie ist eine spezielle metabolische Form der tumorassozierten Mangelernährung, die v. a. in fortgeschrittenen Tumorsituationen auftritt. Die Kriterien für eine Tumorkachexie sind die Kombination aus Mangelernährung und systemischer Entzündungsreaktion:

  1. Mangelernährung: Gewichtsverlust von mind. 10 % des gesunden Ausgangsgewichts

  2. Nachweis systemischer Entzündungsmarker, z. B. Anstieg von CRP und Abfall von Albumin

Um den Beginn einer Kachexieentwicklung möglichst früh zu erfassen, sollte regelmäßig das Gewicht kontrolliert (alle 1 – 2 Wochen) sowie der Gewichtsverlauf dokumentiert werden. Die Kontrolle der Laborparameter (CRP und Albumin im Serum alle 4 Wochen) zeigen frühzeitig die Aktivierung systemischer Entzündungsprozesse. Der Appetit und die Nahrungsaufnahme des Tumorpatienten müssen bei der Einschätzung mit berücksichtigt werden. Müdigkeit, Erschöpfung und ein schlechtes Allgemeinbefinden können erste Anzeichen einer Mangelernährung sein.

46.5.6.5 Situation des Patienten

Die Mangelernährung stellt nicht nur für den Betroffenen, sondern auch für die Angehörigen und das therapeutische Team ein großes Problem und damit eine große Herausforderung dar. Fast jeder Krebspatient hat Angst vor dem Abnehmen, weil der Gewichtsverlust unbewusst mit einem Fortschreiten der Tumorerkrankung verbunden wird. Die Angehörigen versuchen alles, um das Fortschreiten der Gewichtsabnahme zu verhindern. Mit dem Kochen von Lieblingsgerichten und dem häufigen Auffordern, etwas zu essen, kommt es nicht selten zu Konflikten zwischen den Partnern oder Eltern und ihren Kindern. Angehörige und Pflegende sollten keinen Druck betreffend der Nahrungsaufnahme auf den Patienten ausüben. Die Beteiligten sollten herausfinden, was in der gegenwärtigen Situation dem Patienten am besten hilft.

Wenn während der Chemo- und/oder Strahlentherapie keine Ernährungsstörungen auftreten, benötigt der Tumorerkrankte meist keine spezielle Nahrung. Er kann sich mit einer ausgewogenen, leicht verdaulichen, abwechslungsreichen sowie vitamin- und mineralstoffreichen Kost, die nach seinen Wünschen und Bedürfnissen (Wunschkost) zusammengestellt ist, ernähren.

Prävention und Gesundheitsförderung

Tipps für eine leicht verdauliche Vollwertkost:

  • abwechslungsreiches Essen

  • mehrere kleine Mahlzeiten

  • reichlich Gemüse (gekocht, Gemüsesaft)

  • regelmäßig Obst (Zitrusfrüchte, Schälobst)

  • keine Nüsse

  • Getreide- und Getreideerzeugnisse aus Vollkornprodukten bevorzugen

  • Milchprodukte, Frischkäse, milde Käsesorten

  • pflanzliche Fette (Öle) verwenden

  • reichlich trinken

  • blähende Lebensmittel meiden

  • gut kauen und langsam essen

  • Alkohol in Maßen

Sinnvolle Ziele einer Ernährungstherapie bei Tumorpatienten sind:

46.5.6.6 Ernährungsberatung

Während des Klinikaufenthalts ist die Zusammenarbeit des therapeutischen Teams (Pflegende, Ernährungsberaterinnen, Ärzte) von enormer Bedeutung. Die Pflegenden ermitteln die Menge der Nahrungszufuhr mittels einer mündlichen Ernährungsanamnese. Gleichzeitig gibt die Anamnese Aufschluss über die individuellen Ernährungsgewohnheiten und Ernährungsbedürfnisse des Patienten. Da die Pflegenden den Patienten während der Therapie intensiv betreuen und begleiten, erkennen sie frühzeitig, wenn die Nährstoffaufnahme aufgrund von therapiebedingten Störungen (Mukositis, Diarrhö, Schmerzen, Erbrechen) nicht mehr ausreichend ist.

Während des Klinikaufenthalts kann jederzeit eine Ernährungsfachkraft hinzugezogen werden, besonders dann, wenn der Patient die Nahrungsaufnahme immer mehr einschränkt und anfängt, Gewicht zu verlieren. Eine gezielte Ernährungsberatung beseitigt Unsicherheiten auf Seiten des Patienten, schützt vor einseitiger Ernährung und lässt Ernährungsfehler schnell erkennen. Hier ist es sinnvoll, die Bezugspersonen mit zu schulen, da i. d. R. nach der stationären Therapie immer eine ambulante Weiterbehandlung erfolgt. Es ist auch Aufgabe der Ernährungsfachkraft, den Patienten über Ernährungsumstellungen bei besonderen Tumortherapien aufzuklären (z. B. Aplasiekost nach Stammzelltransplantation).

46.5.6.7 Therapieansätze bei Tumorkachexie

Zur Behandlung einer Tumorkachexie sollte zunächst versucht werden, die orale Energieaufnahme anzuheben. Behindernde gastrointestinale Faktoren sollten gesucht und behandelt werden. Eine vom Arzt eingeleitete Ernährungstherapie muss regelmäßig auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Bei unzureichendem Erfolg (weitere Gewichtsabnahme) muss die Behandlung intensiviert werden. Reicht die orale Nahrungsaufnahme trotz Behandlung nicht aus, kommen künstliche, d. h. enterale oder parenterale Ernährungskonzepte infrage. Bei tumorbedingten gastrointestinalen Fehlfunktionen (z. B. Stenosen), bei therapiebedingten Störungen (z. B. Emesis, Diarrhö, Mukositis u. a.) oder anderen schweren Dünndarmstörungen ist eine enterale Ernährung oft nicht mehr möglich oder ausreichend wirksam. Die parenterale Ernährung ist dann die einzige Möglichkeit, dem Tumorpatienten die nötigen Nährstoffe zuzuführen.

46.5.6.8 Maßnahmen bei Ernährungsstörungen

Die Ernährungsstörungen, die während einer Chemo- oder Strahlentherapie auftreten, können durch vielfältige Maßnahmen und Informationen an die Betroffenen gelindert oder sogar beseitigt werden. Die folgenden Abschnitte geben Hinweise zur Ernährung.

Ernährung bei Kachexie

Folgende Maßnahmen werden empfohlen:

Appetitlosigkeit (Anorexie)

Definition

Hunger ist ein rein physiologisches Verlangen nach Nahrung. Es ist keine Krankheit und verschwindet bei der richtigen Ernährung.

„Appetit“ stammt vom Wort Appetenz und bedeutet im ursprünglichen Sinn Zuwendung. Im Gegensatz zu Hunger ist Appetit stimmungsabhängig und lustbetont (nach Juchli 1997).

Folgende Maßnahmen werden empfohlen:

Verändertes Geschmack- und Geruchsempfinden

Vieles schmeckt anders als gewohnt. Die Wahrnehmung von süß, sauer, bitter, salzig kann sich verfälschen. Süße Speisen müssen häufig noch stärker gesüßt werden. Leibgerichte werden nicht mehr gegessen. Gerüche werden anders wahrgenommen. Häufig tritt ein Metallgeschmack bei bestimmten Chemotherapien auf.

Folgende Maßnahmen werden empfohlen:

Völlegefühl und Blähungen (Tenesmen)

Bei Völlegefühl und Blähungen werden folgende Maßnahmen empfohlen:

Übelkeit und Erbrechen (Nausea und Emesis)

Bei Übelkeit und Erbrechen werden folgende Maßnahmen empfohlen:

Verstopfung (Obstipation)

Bei Verstopfung werden folgende Maßnahmen empfohlen:

Verschiedene Naturprodukte haben eine leicht abführende Wirkung (Vorsicht bei Patienten mit Aplasie!):

Durchfall (Diarrhö)

Bei Durchfall werden folgende Maßnahmen empfohlen:

Mundtrockenheit (Xerostomie)

Bei Mundtrockenheit werden folgende Maßnahmen empfohlen:

Kau- und Schluckbeschwerden (Dysphagie)

Bei Kau- und Schluckbeschwerden werden folgende Maßnahmen empfohlen:

46.5.6.9 Ernährung nach allogener und autologer Stammzelltransplantation

Patienten, die eine Hochdosis-Chemotherapie vor einer allogenen oder autologen Stammzelltransplantation erhalten haben, sind bis zum Anwachsen der Stammzellen im Knochenmark und bis zur Regeneration des Blutbilds (i. d. R. 2 – 3 Wochen) stark abwehrgeschwächt (Aplasie). Sie haben in dieser Zeit ein erhöhtes Risiko für Infektionen über Keime in Lebensmitteln. Um die Keimbelastung während dieser Zeit möglichst gering zu halten, müssen in diesem Zeitraum eine keimarme Ernährung und bestimmte Hygienerichtlinien eingehalten werden. Die Dauer der keimarmen Ernährung hängt von der Art der Transplantation, von der Anzahl der Blutzellen (Leukozyten, Granulozyten) und von krankenhausinternen Regelungen ab (KMT-Zentren, Umkehrisolation).

Ziel der Ernährung ist es, die Keimbelastung möglichst gering zu halten und trotzdem eine gesunde Ernährung zu gewährleisten.

Prävention und Gesundheitsförderung

Was bei der Zubereitung und beim Kochen beachtet werden muss:

  • vor der Essenszubereitung Hände waschen

  • Speisen aus einwandfreien Lebensmitteln oder Tiefkühlprodukte immer frisch zubereiten und sofort verzehren

  • kein frisches Obst und Gemüse (alles gekocht oder als Konserve)

  • Tees nur mit kochendem Wasser übergießen

  • keine Nüsse, keine Müslimischungen, keine Schokolade mit Nüssen, kein Vollkornbrot

  • kein rohes oder halbgares Fleisch (z. B. Mett, Tatar)

  • Hackfleisch am Einkaufstag verbrauchen

  • keinen Schimmelkäse, Mozzarella, Quark, Softeis

  • keine Holzbretter bei der Zubereitung benutzen (Keimbesiedelung)

  • Fleisch, Geflügel oder Fisch im rohen Zustand nicht mit anderen Lebensmitteln in Berührung bringen, besonders nicht mit solchen, die roh gegessen werden

  • Speisen nicht über längere Zeit warmhalten

  • zum Abschmecken immer saubere Löffel und Gabeln nehmen

  • Konservendosen vor dem Öffnen mit heißer Spüllauge abwaschen

  • Gewürze immer mitkochen

  • alles in den kleinstmöglichen Abpackungen kaufen

  • keine Mikrowelle benutzen (zerstört keine Bakterien)

  • auf absolute Sauberkeit achten (Arbeitsfläche, Geschirr, Kleidung)

  • Haltbarkeitsdatum beachten

  • Kühlkette bei Tiefkühlprodukten nicht unterbrechen

  • keine Lebensmittel in beschädigten Verpackungen oder mit geblähtem Deckel kaufen

  • angebrochene Lebensmittel im Kühlschrank innerhalb von 24 Std. verbrauchen

  • Lebensmittel vor Insekten schützen

46.6 Lern- und Leseservice

46.6.1 Literatur

[2386] Arends J. Tumorinduzierte Stoffwechselveränderungen und Tumorkachexie. Ursachen und Wirkungen sowie Diagnostik und Therapiekonzepte. Trava Care, Hrsg. Ausgabe 2005

[2387] Bäumer R, Maiwald A. Hrsg. Thiemes Onkologische Pflege. Stuttgart: Thieme; 2008

[2388] Bayerische Krebsgesellschaft e.V. Neutropenie. Unerwünschte Begleiterscheinung der Chemotherapie. München; 2005

[2389] Berger DP, Engelhardt R, Mertelsmann R. Das Rote Buch. Hämatologie und Internistische Onkologie. Landsberg/Lech: ecomed Medizin; 2006

[2390] Böhles H. Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt. In Gortner L, Meyer S, Sitzmann FC. Hrsg. Duale Reihe Pädiatrie. 4. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2012: 85–93

[2391] Bokemeyer C. Anämie bei Tumorpatienten. Lebensqualität verbessern – Transfusionen reduzieren, EORTC-Richtlinien 2007. Kombination von ESF mit iv. Eisen-Supplementation. Der Onkologe 2007; 13 (5), Beilage

[2392] Classen M et al. Innere Medizin. München: Urban & Fischer; 2003

[2393] Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie. Infektionen bei hämatologischen und onkologischen Erkrankungen (Stand Okt. 2004)

[2394] Gadner H et al. Pädiatrische Hämatologie und Onkologie. Heidelberg: Springer; 2006

[2395] Gutjahr P. Kurzlehrbuch Kinderkrebs. Pädiatrische Onkologie für Nicht-Onkologen. Aachen: Shaker Verlag; 2009

[2396] Hoehl M. Essen und Trinken. In: Hoehl M u. Kullick P. Hrsg. Gesundheits- und Kindekrankenpflege. 4. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2012: 279–313

[2397] Juchli L. Pflege. 8. Aufl. Stuttgart: Thieme; 1997

[2398] Jürgens H et al. Übelkeit und Erbrechen bei onkologischen Patienten. Ein Kompendium für Pflegekräfte. GlaxoSmithKline; o. J.

[2399] Link H et al. Supportivtherapie bei malignen Erkrankungen. Köln: Deutscher Ärzte Verlag; 2005

[2400] Löser AP. Ambulante Pflege bei Tumorpatienten. Hannover: Schlütersche; 2000

[2401] Ludwig H, Luhan Ch. Knochenmarkdepression. In: Margulies A et al. Hrsg. Onkologische Krankenpflege. 4. Aufl. Heidelberg: Springer; 2006

[2402] MSD Sharp & Dohme GmbH. Fachinformation Emend (März 2016). Im Internet: http://www.msd.de/fileadmin/files/fachinformationen/emend.pdf; Stand: 18.12.2016

[2403] Pflege Heute. 5. Aufl. München: Urban & Fischer bei Elsevier; 2011

[2404] Phillips RS, Friend AJ, Gibson F, Houghton E, Gopaul S, Craig J V, Pizer B. Antiemetic medication for prevention and treatment of chemotherapy-induced nausea and vomiting in childhood 2016 DOI: 10.1002/14651858.CD007786.pub3 – Cochrane Library

[2405] Rinner B. Pflege von Kindern mit onkologischen Erkrankungen. In: Hoehl M u. Kullick P. Hrsg. Gesundheits- und Kinderkrankenpflege. 4. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2012: 537–551

[2406] Richter, W. Schmerzdiagostik. Im Internet http://www.dgpsf.de/schmerzmessung.html; Stand: 18.12.2016

[2407] Robert Koch Institut. Richtlinien für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention. Lieferung 21. München: Urban & Fischer bei Elsevier; 2003

[2408] Scholz N. Ernährung bei Krebserkrankung. Hilfestellungen, Tipps und Empfehlungen. 3. Aufl. GlaxoSmithKline; 2004

[2409] Schwegler J, Lucius R. Der Mensch. Anatomie und Physiologie. 6. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2016

[2410] Silbernagl S, Despopoulos A. Taschenatlas der Physiologie. 7. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2007

[2411] Stratton R. Behandlung krankheitsbedingter Mangelernährung. Eine Bestandsaufnahme, wie eine Ernährungstherapie Prognose und Kosteneffizienz positiv beeinflussen kann. Pfrimmer Nutricia; 2002

[2412] Wagner J, Hechel T, Hünseler C u. Zernikow B. Messen und Erfassen von Schmerz. In: Zernikow B. Hrsg. Schmerztherapie bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. 5. Aufl. Heidelberg: Springer; 2015: 77–104

46.6.2 Weiterführende Literatur

[2413] Margulies A. et al. Hrsg. Onkologische Krankenpflege. 5. Aufl. Heidelberg: Springer; 2010

46.6.3 Internetadressen

[2414] http://deutschekrebshilfe.de; Stand: 18.12.2016

[2415] http://www.msd-gesundheit.de/erbrechen-nach-chemotherapie/; Stand: 18.12.2016

[2416] http://www.kok-krebsgesellschaft.de; Stand: 18.12.2016

[2417] http://www.krebsinformationsdienst.de; Stand: 18.12.2016

[2418] http://www.onko-kids.de; Stand: 18.12.2016