1 (1) Caesar gelangte in regelmäßigen Märschen, die er keinen Tag aussetzte, am 14. vor den Kalenden des Januar1 nach Lilybaeum2 und gab sofort zu verstehen, dass er in See stechen wolle, obwohl er dort nur über eine Rekrutenlegion und kaum 600 Reiter verfügte. Sein Zelt hatte er dicht am Ufer aufgeschlagen, so dass fast die Wellen daranschlugen, (2) in der Absicht, dass sich niemand Hoffnung auf längeres Bleiben mache, sondern alle jeden Tag und jede Stunde zur Abfahrt bereit seien. (3) Zufällig bekam er jedoch in diesen Tagen keinen günstigen Wind; trotzdem mussten Matrosen und Soldaten auf den Schiffen bleiben, damit keine Gelegenheit zur Abfahrt verpasst werde, (4) besonders da die Einwohner dieser Provinz als Truppen der Feinde3 eine unermesslich große Reiterei, vier königliche Legionen, eine große Menge Leichtbewaffneter, zehn Legionen Scipios4, 120 Elefanten und mehrere Flottenverbände nannten. Doch er kannte keine Furcht, hatte Vertrauen und verlor nicht die Hoffnung. (5) Inzwischen mehrte sich bei Caesar von Tag zu Tag die Zahl der Kriegsschiffe, mehrere Frachtschiffe liefen dort ein und vier Rekrutenlegionen, die fünfte Veteranenlegion sowie etwa 2000 Reiter kamen dort zusammen.
2 (1) Schließlich waren sechs Legionen und 2000 Reiter zusammengebracht. Sowie eine Legion ankam, musste sie sogleich die Kriegsschiffe besteigen, die Reiter brachte man auf Lastschiffe. (2) Auf seinen Befehl musste nun der größere Teil der Schiffe voraussegeln und Kurs auf die Insel Aponiana5 nehmen, (3) die von Lilybaeum … entfernt liegt; er selbst verweilte noch einige Tage dort, verkaufte von Staats wegen die Güter einiger Einwohner und erteilte dem Praetor Alienus6, der Sizilien verwaltete, für alle Fälle die nötigen Anweisungen, wobei er ihm besonders die rasche Einschiffung der restlichen Truppen ans Herz legte. (4) Nachdem der die Aufträge erteilt hatte, begab er sich selbst am sechsten vor den Kalenden des Januar7 an Bord seines Schiffes und erreichte bald die übrigen Schiffe. (5) So kam er bei günstigem Wind und auf einem schnellen Segler nach vier Tagen zusammen mit einigen wenigen Kriegsschiffen in Sichtweite Afrikas; denn die übrigen Lastschiffe wurden bis auf wenige vom Wind abgetrieben und zerstreut und kamen auf ihren Irrwegen an verschiedenen Punkten an. (6) Caesar fuhr mit seiner Flotte an Clupea8 vorbei, dann an Neapel9; außerdem ließ er auch mehrere ans Meer gebaute Kastelle und Städte hinter sich zurück.
3 (1) Nachdem er sich Hadrumetum10 genähert hatte, wo eine feindliche Besatzung lag, die C. Considius11 befehligte und Cn. Piso, der von Clupea aus mit seiner Reiterei der Küste entlang nach Hadrumetum eilte, mit ungefähr 3000 maurischen Soldaten dort erschien, blieb Caesar gegenüber dem Hafen eine Weile vor Anker, bis die übrigen Schiffe zu ihm gestoßen waren und setzte dann seine Truppen an Land, die sich zu diesem Zeitpunkt auf 3000 Fußsoldaten und 150 Reiter beliefen. Dann schlug er vor der Stadt ein Lager auf und bezog dort Stellung, ohne irgendjemand ein Unrecht zuzufügen und verbot allen seinen Leuten die Jagd auf Beute. (2) Inzwischen besetzten die Einwohner der Stadt die Mauern mit Bewaffneten und stellten sich in großer Zahl vor dem Tor zur Verteidigung auf; ihre Stärke umfasste zwei Legionen. (3) Caesar ritt um die Stadt, vergegenwärtigte sich die Lage des Ortes und kehrte wieder ins Lager zurück. (4) Mancher hat es ihm übrigens als Nachlässigkeit und Sorglosigkeit anrechnen wollen, dass er den Steuermännern und Kapitänen keine genauen Anweisungen gegeben hatte, welche Orte sie in der Umgebung anlaufen sollten und ihnen auch, wie er es nach allgemeinem Brauch in früheren Zeiten gerade zu seiner eigenen Gewohnheit gemacht hatte, keine versiegelten Briefe übergeben hatte, damit, wenn sie diese zu gegebener Zeit gelesen hätten, sie allesamt einen bestimmten Ort ansteuerten. (5) Caesar aber hatte keineswegs unbedacht so gehandelt; denn er vermutete, dass jetzt kein Hafen auf afrikanischem Boden, in den eine Flotte einlaufen könnte, vor einer feindlichen Besatzung sicher sein werde, sondern wollte lieber eine zufällig sich bietende Gelegenheit zur Landung ergreifen.
4 (1) Inzwischen bat der Legat L. Plancus12 bei Caesar um die Erlaubnis, mit Considius zu verhandeln: Vielleicht könne er ihn auf irgendeine Weise zur Vernunft bringen. (2) Nachdem er die Erlaubnis erhalten hatte, schrieb Plancus deshalb einen Brief und gab ihn einem Gefangenen, damit er ihn zu Considius in die Stadt bringe. (3) Sobald der Bote bei Considius angekommen war und dem Auftrag gemäß das Schreiben überreichen wollte, fragte dieser, bevor er es auch nur in Empfang nahm: „Von wem kommt der Brief?“ Der Gefangene antwortete: „Von Caesar, dem Imperator!“ (4) Darauf rief Considius: „Es gibt jetzt nur noch einen Imperator des römischen Volkes, das ist Scipio!“ und ließ den Gefangenen vor seinen Augen hinrichten. Ohne den Brief gelesen zu haben, gab er ihn ungeöffnet einem zuverlässigen Mann, um ihn zu Scipio zu bringen.
5 Man hatte in Caesars Lager eine Nacht und einen Tag vor Hadrumetum zugebracht und noch immer stand eine Antwort von Considius aus; zudem trafen weder die restlichen Truppen zur Verstärkung bei ihm ein, noch hatte er Reiter in ausreichendem Maße. Außerdem verfügte er nicht über genügend Truppen – sie bestanden aus Rekruten –, um die Stadt zu erstürmen und wollte auch nicht sein Heer schon gleich nach der Ankunft schweren Verlusten aussetzen, zumal die Stadt gut befestigt und ein Hochrücken für den Belagerer sehr schwierig war. Darüber hinaus befanden sich, wie man berichtete, große berittene Hilfstruppen für die Einwohner auf dem Anmarsch. Insofern hielt er es für ein Gebot seiner Vernunft, für die Belagerung der Stadt nicht noch länger hier zu bleiben. Er wollte damit verhindern, dass ihn die feindliche Reiterei von hinten her bedränge, während er in der Belagerung begriffen sei.
6 (1) Als er aus diesem Grund sein Lager abbrechen wollte, machte eine ganze Menschenmasse plötzlich einen Ausfall aus der Stadt. Zufällig traf im selben Augenblick zu ihrer Unterstützung die Reiterei ein, die König Iuba geschickt hatte, um den Sold in Empfang zu nehmen. Sie besetzten das Lager, von dem Caesar gerade aufgebrochen war und begannen die Nachhut zu verfolgen. (2) Kaum hatte man sie bemerkt, als die Soldaten plötzlich Halt machten und die Reiter, waren sie auch wenige, mit kühnster Entschlossenheit dieser großen Menge entgegenstürmten. (3) Nun geschah das Unglaubliche, dass weniger als 30 gallische Reiter 2000 maurische Reiter vertrieben und in die Stadt jagten. (4) Nachdem der Feind geschlagen und in seine Befestigungen zurückgeworfen war, beeilte sich Caesar, seinen festgelegten Marsch fortzusetzen. (5) Als sich dies wiederholte und die Feinde bald die Verfolgung aufnahmen, bald wieder von den Reitern in die Stadt zurückgetrieben wurden, mussten einige Veteranenkohorten, die Caesar mit sich führte, zusammen mit einem Teil der Reiterei die Nachhut bilden, so dass man mit den übrigen Truppen nur langsam vorankam. (6) Je weiter man sich dann von der Stadt entfernte, desto zögerlicher wurde die Verfolgung durch die Numider. (7) Inzwischen kamen auf seinem Marsch auch Gesandtschaften von den Städten und Kastellen zu Caesar, die ihm Getreide versprachen und sich bereit erklärten, seinen Befehlen zu gehorchen. Deshalb schlug er an diesem Tag, den Kalenden des Januar13, sein Lager bei der Stadt Ruspina14 auf.
7 (1) Von dort brach er wieder auf und gelangte nach Leptis, einer freien und nicht tributpflichtigen Stadt, aus der ihm sogleich Gesandte entgegenkamen, die bereitwillig versprachen, alles zu tun, was er wolle. (2) Deshalb schlug Caesar, nachdem an den Toren der Stadt Zenturionen und Wachen aufgestellt worden waren, damit kein Soldat die Stadt betrete und irgendeinem Bewohner Unrecht zufüge, sein Lager nicht weit davon dicht am Strand auf. (3) Durch Zufall gelangten dorthin auch einige Last und Kriegsschiffe; die Übrigen waren, wie ihm berichtet wurde, gesehen worden, wie sie ohne Kenntnis der Gegenden ihren Kurs auf Utica nahmen. (4) Caesar entfernte sich unterdessen nicht vom Meer und unternahm wegen der Irrfahrten seiner Schiffe keine Vorstöße ins Landesinnere; alle seine Reiter mussten an Bord der Schiffe bleiben, um, wie ich glaube, zu verhindern, dass die Felder verwüstet würden. Er ließ sogar den Soldaten das Wasser auf die Schiffe bringen. (5) Inzwischen wurden Ruderer, die die Schiffe verlassen hatten, um Wasser zu holen, völlig unvermutet von maurischen Reitern überrascht, wobei viele von den Wurfgeschossen verwundet, einige aber auch getötet wurden. (6) Diese pflegen nämlich zwischen den Tälern mit ihren Pferden versteckt in Hinterhalten zu lauern und dann plötzlich hervorzubrechen, um nicht auf dem offenen Feld Mann gegen Mann kämpfen zu müssen15.
8 (1) Unterdessen erließ Caesar nach Sardinien und in die übrigen benachbarten Provinzen durch Boten den Befehl, ihm sofort nach dem Empfang seiner Briefe Hilfstruppen und Proviant und Getreide zu schicken. Rabirius Postumus16 musste auf seinen Befehl hin mit einem Teil der Kriegsschiffe, die entladen worden waren, nach Sizilien segeln, um ihm von dort eine zweite Nachschubsendung herüberzuführen. (2) Zehn Kriegsschiffe schickte er inzwischen aus, um die übrigen Lastschiffe, die sich verirrt hatten, ausfindig zu machen und zugleich das Meer gegen die Feinde zu sichern. (3) Ebenso befahl er dem Praetor C. Sallustius Crispus17, mit einem Teil der Schiffe zu der Insel Kerkina18 zu fahren, die in der Hand der Feinde war, weil er hörte, dass sich dort eine große Menge Getreide befände. (4) Diese Befehle und Anweisungen erteilte er jedem einzelnen so, dass sie ohne Entschuldigung, ohne Aufschub und ohne Verzögerung ausgeführt werden konnten. (5) Er selbst erfuhr in der Zwischenzeit von Überläufern und Landesbewohnern die Bedingungen Scipios und derjenigen, die mit ihm zusammen Krieg gegen Caesar führten und beklagte sich über die Torheit der Menschen – Scipio versorgte nämlich die königliche Reiterei auf Kosten der Provinz Afrika –, die lieber Steuerpflichtige des Königs sein wollten, als sich unbeschadet unter ihren Mitbürgern im Vaterland an den Genüssen ihres Vermögens zu erfreuen.
9 (1) Am dritten vor den Nonen des Januar19 brach Caesar auf, ließ sechs Kohorten unter Saserna in Leptis zurück, richtete seinen Marsch mit den übrigen Truppen nach Ruspina, von wo er tags zuvor gekommen war, ließ dort das Gepäck des Heeres zurück und brach dann selbst mit einer Abteilung marschbereiter Soldaten zur Getreidebeschaffung zu den Gutshöfen der Umgebung auf und befahl den Städtern, ihm mit sämtlichen Frachtwagen und Lasttieren zu folgen. (2) Und so kehrte er mit einem großen Vorrat an Getreide nach Ruspina zurück. Hierher zog er sich meiner Meinung nach deshalb zurück, um die Seestädte in seinem Rücken nicht ungedeckt zu lassen und sie durch Besatzungen zu sichern und als Schlupfwinkel für die Flotte zu befestigen.
10 (1) Er ließ also P. Saserna, den Bruder des in dem benachbarten Leptis stehenden Befehlshabers, mit einer Legion in Ruspina zurück mit dem Befehl, so viel Holz wie nur möglich in die Stadt bringen zu lassen. Er selbst verließ mit sieben Kohorten, die zu der Veteranenlegion gehörten und unter Sulpicius20 und Vatinius zur See gewesen waren, die Festung Ruspina, zog zu dem zwei Meilen entfernten Hafen und bestieg dort mit dieser Mannschaft gegen Abend die Schiffe. (2) Weil niemand im Heer wusste, was dies bedeuten sollte und sich alle nach den Plänen des Feldherrn erkundigten, wurden sie von großer Furcht und Traurigkeit bewegt. (3) Denn mit einer kleinen Schar, die zudem nur aus Rekruten bestand und nicht einmal vollständig ausgeschifft war, sahen sie sich nun in Afrika bedeutenden Streitkräften eines hinterhältigen Volkes und einer unzählbaren Reiterei ausgeliefert; sie fanden keinen Trost in ihrer Lage und keine Hilfe im Austausch mit ihren Kameraden, außer in der Miene ihres Feldherrn, in seiner Tatkraft und in seiner bewundernswerten Heiterkeit; denn er zeigte stets einen hohen und aufrechten Sinn. (4) Darin fanden seine Leute ihre Ruhe wieder und alle hofften, dass ihnen dank seiner Klugheit und Einsicht alles leicht gelingen werde.
11 (1) Gerade als Caesar, der eine Nacht auf den Schiffen zugebracht hatte, bei Morgengrauen absegeln wollte, fand sich plötzlich jener Teil der Schiffe, um die er sich Sorgen gemacht hatte, von seiner Irrfahrt bei ihm ein. (2) Rasch ließ er auf diese Nachricht hin seine Soldaten aus den Schiffen an Land steigen und am Strand bewaffnet die Ankunft der übrigen Soldaten abwarten. (3) Als daher die Schiffe ohne Verzögerung in den Hafen einliefen und ihm neue Truppen, Fußvolk und Reiter zusteuern konnten, kehrte er wieder zur Festung Ruspina zurück, schlug dort ein Lager auf und brach mit 30 kampfgerüsteten Kohorten zur Getreidebeschaffung auf. (4) Daraus konnte man Caesars Absicht erkennen: Er wollte den umherirrenden Lastschiffen mit seinem Flottenverband unbemerkt von den Feinden zu Hilfe kommen, damit seine Schiffe nicht zufällig aus Unwissenheit auf die feindliche Flotte träfen; zugleich wollte er dies auch den Soldaten, die er als Besatzungen zurückgelassen hatte, verheimlichen, damit diese in Anbetracht ihrer eigenen geringen Zahl und der großen Truppenstärke der Feinde nicht den Mut verlören.
12 (1) Als Caesar mittlerweile etwa drei Meilen von seinem Lager vorgerückt war, erhielt er durch Kundschafter und einzeln vorausziehende Reiter die Nachricht, dass nicht weit von ihm die Truppen der Feinde gesichtet worden seien. Und, beim Hercules, zugleich mit der Meldung erblickten die ersten auch schon eine ungeheure Staubwolke. (2) Daraufhin gab Caesar sogleich Befehl, die gesamte Reiterei, die zu diesem Zeitpunkt nicht sehr groß war und die Bogenschützen, deren Zahl auch nur klein war, aus dem Lager zu holen; den einzelnen Abteilungen befahl er, ihm langsam und in geordneter Weise zu folgen. Er selbst zog mit wenigen Bewaffneten voraus. (3) Als man den Feind schon von ferne erblicken konnte, ließ er seine Soldaten auf offenem Feld ihre Helme aufsetzen und sich zum Kampf bereit machen; ihre Zahl belief sich insgesamt auf 30 Kohorten mit 400 Reitern und 150 Bogenschützen.
13 (1) Die Feinde, an deren Spitze Labienus21 und die beiden Pacidei standen, entwickelten nun eine dichtgedrängte Schlachtreihe von staunenswerter Länge, die nicht aus Fußsoldaten, sondern aus Reitern bestand; zwischen diese hatten sie leichtbewaffnete Numider und Bogenschützen zu Fuß gestellt und sie standen so dicht beieinander, dass Caesars Leute von fern meinten, dass es sich nur um Fußvolk handle; den rechten und den linken Flügel hatten sie mit einer starken Reiterei gesichert. (2) Caesar stellte indessen auf seiner Seite eine einfache Linie auf, so gut es eben seine geringe Truppenstärke erlaubte; vor diese postierte er seine Bogenschützen, während er seine Reiter als Gegengewicht auf den rechten und linken Flügel stellte und schärfte ihnen ein, sich vorzusehen, dass die feindliche Reiterei aufgrund ihrer Überzahl sie nicht umgehe: Er glaubte nämlich, dass er mit einer aus Fußtruppen bestehenden Schlachtordnung kämpfen werde22.
14 (1) Während man nun auf beiden Seiten abwartete und Caesar sich nicht von der Stelle bewegte, weil er sah, dass er mit seiner geringen Mannschaft gegen die massierte Gewalt der Feinde die Entscheidung mehr durch Taktik als durch bloße Kampfkraft erzwingen müsse, begann sich plötzlich die Reiterei der Gegner auszudehnen, rückte in der ganzen Breite vor und versuchte, die Hügel zu umspannen, Caesars Reiterei auseinanderzuziehen und diese zu umgehen. (2) Die caesareanischen Reiter konnten der Masse an Gegnern nur mit Mühe standhalten. Als sich inzwischen auch noch in der Mitte die Schlachtreihen anschickten, ein Gefecht einzugehen, rückten plötzlich aus den dichtgestaffelten Heeresgruppen die leichtbewaffneten numidischen Fußsoldaten zusammen mit den Reitern vor und schleuderten ihre Wurfspeere unter die zu Fuß kämpfenden Legionssoldaten. (3) Sobald die Caesareaner den Angriff erwidert hatten, zog sich die feindliche Reiterei zurück, das Fußvolk aber hielt solange stand, bis die Reiter wieder heransprengten und ihm zu Hilfe eilten.
15 (1) Caesar, der sich hier mit einer neuen Kampfweise konfrontiert sah, bemerkte, dass seine Abteilungen beim Vorstürmen in Unordnung gerieten – denn jedesmal, wenn die Fußsoldaten sich bei der Verfolgung der Reiter zu weit von ihren Fahnen entfernten, waren sie vollkommen ungedeckt und wurden durch die Wurfspieße der sehr nahe stehenden Numider verwundet, während die gegnerischen Reiter der Wurflanze eines Fußsoldaten im Galopp leicht ausweichen konnten; er ließ daher den Befehl durch die Reihen laufen, dass kein Soldat sich weiter als vier Schritte von seinen Feldzeichen entfernen dürfe23. (2) In der Zwischenzeit machte die Reiterei des Labienus im Vertrauen auf ihre Überzahl nicht den Versuch, Caesars kleine Truppe zu umgehen: Die wenigen iulianischen Reiter, erschöpft durch die Menge ihrer Gegner, mit verwundeten Pferden, wichen Schritt um Schritt zurück: Der Feind drängte mehr und mehr nach. (3) So wurden zum selben Zeitpunkt, als sämtliche Legionssoldaten von der feindlichen Reiterei eingeschlossen und Caesars Truppen in einem Kreis zusammengedrängt worden waren, alle, die innerhalb dieses Kessels zusammengescheucht worden waren, zum Kämpfen gezwungen.
16 (1) Labienus ritt mit entblößtem Haupt in der ersten Schlachtreihe; zwischen anfeuernden Appellen an seine Leute richtete er bisweilen seine Rufe auch an die Soldaten Caesars: „Was ist mit dir, kleiner Rekrut?“, rief er, „So ein Wildfang? Hat er euch auch mit seinen Reden die Sinne vernebelt? Beim Hercules, er hat euch mächtig in Gefahr gebracht. Ihr tut mir leid!“ (2) Darauf der Soldat: „Ich bin kein kleiner Rekrut, Labienus, sondern Veteran der 10. Legion.“ Darauf wieder Labienus: „Ich sehe aber keine Fahnen von Zehnern.“ (3) Daraufhin riss sich der Soldat mit den Worten: „Gleich wirst du sehen, wer ich bin!“ die Sturmhaube vom Kopf, um sich ihm zu erkennen zu geben und schleuderte aus allen Leibeskräften seine Lanze. Doch während er versuchte sie auf Labienus zu werfen, traf er stattdessen dessen Pferd, das er schwer an der Brust verwundete und rief: „Labienus, merk dir, ein Soldat der Zehnten war es, der auf dich gezielt hat.“ (4) Dennoch saß allen die Angst in den Gliedern, vor allem den Rekruten: Jeder sah sich nach Caesar um und tat nichts anderes mehr, als den Geschossen der Feinde auszuweichen.
17 (1) Inzwischen hatte Caesar den Plan der Feinde durchschaut und befahl, die Schlachtreihe möglichst weit in die Breite zu ziehen; außerdem solle jede zweite Kohorte eine Kehrtwendung machen, so dass jeweils die eine hinter den Feldzeichen und die andere mit dem Gesicht zu den Feldzeichen kämpfte. Auf diese Weise teilte er mit seinem rechten und linken Flügel den Ring der Feinde in der Mitte und griff den einen Teil, den er durch seine Reiter von dem anderen abgeschnitten hatte, von innen her mit seinem Fußvolk an und trieb ihn mit einem Hagel von Wurfgeschossen in die Flucht; aus Furcht vor einem Hinterhalt rückte er aber nicht weiter vor, sondern zog sich zu seinen Leuten zurück. Dasselbe tat der andere Teil von Caesars Reiterei und Fußvolk. (2) Als nach dieser gelungenen Tat die Feinde weit zurückgeschlagen und schwer verwundet waren, begann er sich genauso, wie er aufgestellt war, in seine Stellungen zurückzuziehen.
18 (1) Inzwischen erschienen M. Petreius24 und Cn. Piso mit 110025 ausgewählten numidischen Reitern und einer ziemlich großen Menge numidischen Fußvolks von ebensolcher Art und eilten ihren Leuten geradewegs von ihrem Marsch aus zu Hilfe. (2) Nun begannen die Feinde, die sich von ihrem Schrecken erholt und wieder neuen Mut gefasst hatten, zusammen mit den zurückgekehrten Reitern die Nachhut anzugreifen und an ihrem Rückzug ins Lager zu hindern. (3) Als Caesar dies bemerkte, ließ er die Abteilungen kehrtmachen und mitten auf dem Feld den Kampf wieder aufnehmen. (4) Die Feinde kämpften wieder nach der gleichen Taktik und gingen nicht auf Nahkampf über; Caesars Reiter aber befanden sich insofern im Nachteil, als sie und ihre Tiere durch die jüngst erst überstandene Seekrankheit, durch Durst, Müdigkeit, zahlenmäßige Unterlegenheit und durch die Verwundungen erschöpft waren; sie waren daher zu langsam, um den Feind beharrlich und ausdauernd verfolgen zu können; auch ging der Tag bereits zur Neige. Da ritt Caesar bei seinen Kohorten und Reitern herum, feuerte sie an, noch einmal zu einem großen Schlag gegen die Feinde auszuholen und dabei nicht nachzulassen, bis sie sie über den letzten Hügel getrieben und sich dieser Anhöhen bemächtigt hätten. (5) Die Feinde warfen ihre Geschosse schon mit mehr Mühe und Nachlässigkeit und da schickte er plötzlich seine Kohorten und Reitertrupps auf ein Zeichen hin mitten in sie hinein; innerhalb eines Augenblicks waren die Feinde mühelos aus der Ebene vertrieben und von der letzten Anhöhe gejagt und Caesars Soldaten nahmen diese Stellung ein, verweilten kurze Zeit und zogen sich dann wie sie aufgestellt waren langsam wieder in ihre Befestigungen zurück. Desgleichen begaben sich auch die Feinde, die einen schweren Schlag erlitten hatten, wieder in ihre Stellungen.
19 (1) Nachdem die Schlacht geschlagen und der Kampf beendet war, fanden sich bei Caesar mehrere Überläufer der Feinde verschiedenster Herkunft ein, außerdem wurde eine Reihe von Reitern und Fußsoldaten aufgegriffen. (2) Von ihnen erfuhr man, dass die Feinde in der Absicht und zu dem Versuch gekommen seien, durch diese neue und bisher völlig ungebräuchliche Kampfweise die jungen, unerfahrenen Soldaten und die wenigen altgedienten Legionäre zu verwirren und sie wie im Falle Curios’26 mit der Reiterei zu umzingeln und in die Enge zu treiben. (3) So habe sich Labienus vor einer Versammlung geäußert, er werde den Gegnern Caesars so viele Hilfstruppen zuführen, damit sie, durch das viele Töten erschöpft, selbst in ihrem Sieg noch besiegt und von seinen Truppen überwunden würden. Freilich habe er auch für sich allein genommen27 genug Vertrauen: Erstens habe er nämlich gehört, dass in Rom die Veteranenlegionen meuterten und nichts von einer Überfahrt nach Afrika wissen wollten; zweitens habe er sich in den drei Jahren ihres Aufenthaltes in Afrika seine Soldaten durch den langen Umgang ergeben gemacht; die größte Hilfe aber gewährten ihm die Reiter und Leichtbewaffneten der Numider und außerdem die germanischen und gallischen Reiter, die Labienus auf der Flucht aus der Schlacht des Pompeius von Brundisium28 mit sich herübergebracht hatte, dazu diejenigen, die er später dort aus den Reihen der Mischlinge, Freigelassenen und Sklaven ausgehoben, bewaffnet und im Umgang mit gezäumten Pferden unterrichtet hatte; außerdem noch die königlichen Hilfstruppen mit ihren 120 Elefanten und die unzählige Menge von Reitern29 und schließlich die aus allen möglichen Völkern ausgehobenen Legionen mit mehr als 12.000 Soldaten. (4) Voll Hoffnung und Wagemut angesichts einer solch starken Macht griff Labienus Caesar mit 1600 gallischen und germanischen Reitern, mit 8000 numidischen Reitern ohne Sattel, außerdem mit den Hilfstruppen des Petreius, 1600 Reitern und viermal so viel Fußsoldaten und Leichtbewaffneten, mit Bogenschützen und Schleuderern sowie mehreren berittenen Bogenschützen am Vortag der Nonen des Januar30 an, sechs Tage, nachdem Caesar die afrikanische Küste erreicht hatte; es wurde auf völlig ebenem und freiem Feld gekämpft und zwar von der fünften Stunde des Tages bis zum Sonnenuntergang. In diesem Gefecht wurde Petreius schwer verwundet und zog sich aus dem Kampf zurück.
20 (1) Inzwischen ließ Caesar sein Lager sorgfältiger befestigen, verstärkte seine Stellungen durch zahlreichere Besatzung, zog einen Wall von der Stadt Ruspina bis ans Meer und einen zweiten vom Lager eben dorthin, damit noch sicherer und ohne Gefahr von diesseits und jenseits Verpflegungsnachschub herbeigeschafft werden und ihm Truppen zu Hilfe kommen könnten. Waffen und Geschütze ließ er von den Schiffen ins Lager bringen, einen Teil der Ruderer aus der Flotte, der Gallier und Rhodier, sowie einen Teil der Seesoldaten bewaffnen und ins Lager rufen, um sie, wenn möglich, nach Art des Feindes als Leichtbewaffnete zwischen die Reiter zu stellen. Außerdem vermehrte er auch seine Truppen durch Bogenschützen, die er in großer Zahl von allen Schiffen, den ityreischen31, syrischen und solchen anderer Nationen ins Lager geführt hatte. (2) Er hatte nämlich gehört, dass Scipio zwei Tage nach der Schlacht angekommen sei und seine Truppen mit Labienus und Petreius vereinigt habe; dessen Truppen umfassten, wie es hieß, acht Legionen und 3000 Reiter. (3) Caesar ließ also auch Schmieden einrichten, Pfeile und Wurfspieße in großer Zahl herstellen, Kugeln gießen und Palisaden aufrichten. Zugleich erging durch Briefe und Boten nach Sizilien der Befehl, ihm Flechtwerk und Holz für Mauerbrecher, an denen in Afrika Mangel herrschte, zu sammeln und Eisen und Blei zu schicken. (4) Auch sah er, dass er sich in Afrika nur von importiertem Getreide würde ernähren können: Im Jahr zuvor nämlich war wegen der Truppenaushebungen der Feinde und weil man die Pachtbauern zu Soldaten gemacht hatte, keine Ernte eingebracht worden. Außerdem hatten die Feinde aus ganz Afrika das Getreide in wenige und gut befestigte Städte schaffen lassen und so war ganz Afrika wie leergefegt von Getreide. Alle Städte bis auf die, die sich mit ihren Besatzungen selbst zu schützen wussten, waren zerstört und verlassen und die Feinde hatten ihre Bewohner dazu gezwungen, sich unter ihren Schutz zu begeben; die Äcker lagen verwüstet und verlassen da.
21 (1) Unter diesen schwierigen Umständen war Caesar gezwungen, sich durch Bitten und freundliches Zureden bei Privatleuten eine gewisse Menge Getreide zu verschaffen und in seine Stützpunkte zu bringen; er musste allerdings sehr sparsam damit umgehen. In der Zwischenzeit besichtigte er selbst jeden Tag die Schanzarbeiten und wegen der Menge der Feinde ließ er die Kohorten im Wechsel auf Posten stehen. (2) Labienus, der sehr viele Verwundete hatte, ließ diese auf Wagen festgebunden nach Hadrumetum bringen. (3) Von Caesars verirrten Lastschiffen streiften währenddessen immer noch einige zu ihrem Unglück umher, da sie die Gegend nicht kannten und nicht wussten, wo sich sein Lager befand; so wurden sie einzeln von mehreren feindlichen Booten angegriffen, in Brand gesteckt und erobert. (4) Als Caesar dies gemeldet wurde, verteilte er seine Flottenverbände in der Nähe der Inseln und Häfen, um die Nachschub und Verbindungswege sicherer zu machen.
22 (1) M. Cato32, der damals in Utica33 Befehlshaber war, erging sich unterdessen wortreich in unablässigen Vorwürfen gegen den jungen Cn. Pompeius34. (2) „Als dein Vater“, so sagte er, „in deinem Alter erkannt hatte, dass der Staat von ruchlosen und verbrecherischen Bürgern unterdrückt wurde und die guten, ehrbaren Bürger entweder getötet waren oder aber als Verbannte mit dem Verlust des Vaterlandes und der Bürgerrechte bestraft wurden, da zeichnete er sich bereits durch Ruhm und innere Größe aus und brachte es fertig, als Privatmann und Jüngling mit den versammelten Resten des väterlichen Heeres, dem schon fast völlig am Boden liegenden und zerstörten Italien und der Stadt Rom die Freiheit wiederzugeben. Ebenso gelang es ihm mit bewundernswerter Schnelligkeit Sizilien, Afrika, Numidien und Mauretanien mit Waffengewalt zurückzugewinnen. (3) Durch diese Taten erwarb er sich jenes Ansehen, das unter allen Völkern das leuchtendste und bekannteste ist und feierte bereits als junger Mann und römischer Ritter einen Triumph. (4) Er hatte außerdem keinen Vater, der so glänzende Taten vollbracht hatte und keine Vorfahren, die schon ein so herausragendes Ansehen erworben hatten und noch nicht eine so große Klientel und einen so berühmten Namen, als er sich den Staatsgeschäften zuwandte. (5) Du dagegen, der du den Ruhm und das hohe Ansehen deines Vaters für dich sprechen lassen kannst, dabei auch noch selbst hinlänglich mit charakterlicher Größe und einem umsichtigen Geist gesegnet bist, solltest du dich etwa nicht durchsetzen und nicht zu den Klienten deines Vaters aufbrechen wollen, um sie als Hilfe aufzubieten für dich, für den Staat und für jeden Optimaten?“
23 (1) Durch diese Worte eines überaus bedeutenden Mannes angespornt, brach der junge Mann mit 30 Schiffen verschiedenster Bauart, darunter auch einige mit Schiffsschnäbeln, von Utica nach Mauretanien auf, fiel in das Königreich des Bogus ein und begann mit einem leichtbewaffneten Heer von 2000 Sklaven und Freien, von denen ein Teil bewaffnet, der andere unbewaffnet war, gegen die Stadt Ascurum35 vorzurücken. In dieser Stadt lag eine königliche Schutztruppe. (2) Als sich Pompeius näherte, ließen ihn die Städter weiter vorrücken und bis an die Tore und Stadtmauern herankommen, dann machten sie plötzlich einen Ausfall und trieben die geschlagenen und völlig in Panik geratenen Pompeianer allenthalben ans Meer und auf die Schiffe zurück. (3) Nach diesem Debakel fuhr der junge Pompeius mit seinen Schiffen von dort ab und nahm Kurs auf die Balearischen Inseln36, ohne je wieder die afrikanische Küste anzulaufen.
24 (1) Unterdessen brach Scipio mit den kurz zuvor erwähnten Streitkräften von Utica auf, wo er eine starke Besatzung zurückließ und schlug sein Lager zuerst bei Hadrumetum auf. Nach einem Aufenthalt von wenigen Tagen marschierte er in der Nacht zu Petreius und Labienus, mit denen er sich zusammenschloss; vereint standen sie nun mit sämtlichen Truppen in einem einzigen Lager drei Meilen entfernt. (2) Inzwischen streifte ihre Reiterei um Caesars Schanzen herum und nahm einige von den Leuten, die zum Futter und Wasserholen den Lagerwall verlassen hatten, gefangen. Dadurch hielten sie alle ihre Gegner in ihren Verschanzungen (3) und die Caesareaner hatten deshalb mit ihrem noch vorrätigen Getreide hart zu kämpfen. Caesar hatte nämlich bisher weder aus Sizilien noch aus Sardinien Nachschub erhalten und die Schiffe konnten sich wegen der Jahreszeit noch nicht ohne Gefahr auf das Meer wagen. Von afrikanischem Boden hielten sie nicht mehr als sechs Meilen in jeder Richtung besetzt und der Mangel an Nahrungsmitteln setzte ihnen zu. (4) In dieser Not sammelten seine erfahrenen Fußsoldaten und Reiter, die schon viele Land und Seekriege mitgemacht und schon häufig solche Gefahren und solchen Mangel durchlitten hatten, die Algen am Strand, wuschen sie mit Süßwasser rein und hielten mit diesem Futter die hungrigen Tiere am Leben.
25 (1) Als König Iuba unterdessen von dieser schwierigen Lage Caesars und der geringen Stärke seiner Truppen Kenntnis erhielt, wollte er ihm keine Zeit zur Verstärkung und Vermehrung seiner Befestigungswerke lassen; deshalb bot er große Truppen an Reiterei und Fußvolk auf und verließ in aller Eile sein Königreich, um seinen Leuten zu Hilfe zu kommen. (2) Inzwischen hatte P. Sittius37 seine Truppen mit denen des Königs Bochus38 vereinigt und führte sie, als er von Iubas Abmarsch erfuhr, näher an dessen Reich heran; im Anschluss daran griff er Cirta39, die reichste Stadt dieses Königreiches, an, eroberte sie auch in wenigen Tagen und nahm außerdem noch zwei weitere Städte der Gaetuler40 ein. (3) Als er danach den Bewohnern die Bedingung stellte, den Ort zu verlassen und ihm leer zu übergeben, diese sich jedoch weigerten, wurden sie alle später von ihm gefangengenommen und getötet. Von da aus rückte Sittius weiter vor und hörte nicht auf, die Felder und Städte zu verwüsten. (4) Iuba war schon gar nicht mehr weit von Scipio und dessen Unterführern entfernt, als er von diesen Vorfällen Kenntnis erhielt; er hielt es deshalb für ratsamer, sich und seinem Reich zu helfen, als Gefahr zu laufen, während er zur Unterstützung anderer aufbreche, selbst aus seinem Königreich vertrieben zu werden und vielleicht in beiden Fällen zu scheitern. (5) Deshalb kehrte er wieder um und zog sogar seine Hilfstruppen von Scipio ab, weil er um sich und seine Belange fürchtete; dreißig Elefanten ließ er für ihn zurück und brach dann auf, um seinem Land und seinen Städten Hilfe zu bringen.
26 (1) Weil man in der Provinz Afrika immer noch an der wirklichen Ankunft Caesars zweifelte und niemand glaubte, er selbst sei gekommen, sondern bloß ein Legat mit einer Truppenabteilung, schickte der Diktator inzwischen überall in die Provinz Briefe, in denen er den Städten sein Kommen ankündigte. (2) Mittlerweile flüchteten sich angesehene Leute aus ihren Städten zu ihm ins Lager und begannen, über die Grausamkeit und Härte seiner Feinde zu berichten. (3) Durch ihre Tränen und Klagen berührt, beschloss Caesar, obwohl er zunächst entschlossen gewesen war, erst zu Beginn des Sommers seine Truppen und Hilfsvölker aus den Standlagern zu rufen und dann erst den Krieg mit seinen Feinden zu führen, … Schnell schickte er daher an Alienus und Rabirius Postumus in Sizilien durch ein Spähschiff den schriftlichen Befehl, ihm ohne alle Verzögerung und Entschuldigung wegen des Winters oder der Stürme so schnell wie möglich das Heer zu schicken: [Die Provinz] Afrika gehe zugrunde, werde von seinen Feinden völlig vernichtet; wenn den Verbündeten nicht schnell geholfen werde, werde ihr Frevel und ihre Hinterlist nichts übriglassen als nur den Boden des Landes, nicht einmal ein Dach, unter dem sie sich schützen könnten. (4) Dabei ergriff ihn eine solche Ungeduld und gespannte Erwartung, dass er schon am folgenden Tag, nachdem die Briefe und der Bote nach Sizilien abgegangen waren, klagte, die Flotte und das Heer ließen auf sich warten und Tag und Nacht hindurch die Gedanken und Augen gebannt nur auf das Meer gerichtet hielt. (5) Das war auch kein Wunder: Denn er sah, dass die Landhäuser niedergebrannt, die Felder verwüstet, die Herden geplündert und geschlachtet, die Städte und Kastelle niedergerissen und verlassen, die Häupter der Gemeinden entweder ermordet oder in Fesseln gelegt und ihre Kinder als Geiseln in die Sklaverei geschleppt wurden. Wegen der geringen Zahl seiner Truppen konnte er aber diesem Elend kein Ende machen, so sehr man ihn auch um seinen Schutz anflehte. (6) Caesars Soldaten arbeiteten indessen unentwegt an den Schanzen und an der Befestigung des Lagers, bauten Türme und Kastelle und warfen Dämme ans Meer hinauf.
27 (1) Scipio dagegen suchte mittlerweile seine Elefanten auf folgende Weise abzurichten: Er stellte zwei Linien seiner Leute auf; die eine gegenüber den Elefanten, die aus Schleuderern bestand, nahm sozusagen den Platz des Feindes ein und schoss kleine Steinchen gegen die Stirn der Elefanten; dann stellte er die Elefanten in einer Reihe auf und hinter diese seine eigentliche Schlachtreihe, welche die Elefanten, sobald diese in ihrem Schrecken über den Steinregen des Feindes auf die eigenen Leute kehrtmachten, ebenfalls mit Steinen beschießen und wieder gegen den Feind treiben sollten. (2) Die Sache ging jedoch nur mühsam und langsam voran; denn wilde Elefanten, selbst wenn sie über viele Jahre hinweg dressiert und abgerichtet worden sind, sind dann doch nicht ausgebildet genug, um in der Schlacht nicht für beide Seiten gleichermaßen eine Gefahr darzustellen.
28 (1) Während beide Feldherren auf diese Weise bei Ruspina beschäftigt waren, bemerkte der ehemalige Praetor C. Vergilius41, Befehlshaber in der Seestadt Thapsus42, dass einzelne mit Caesars Truppen beladene Schiffe in Unkenntnis der Gegend und seines Lagers auf dem Meer umherirrten. Diese Gelegenheit wollte er nutzen, bemannte einen Schnellsegler, den er gerade zur Verfügung hatte, mit Soldaten, namentlich mit Bogenschützen, fügte auch noch einige Beiboote dazu und begann, auf die allein umherfahrenden Schiffe Caesars Jagd zu machen. (2) Er wurde jedoch bei wiederholten Angriffen vertrieben und in die Flucht geschlagen. Trotzdem setzte er seine Störmanöver fort und stieß dabei zufällig auf ein Schiff, auf dem sich zwei junge Spanier, die Brüder Titius43, befanden, Tribunen aus der fünften Legion, deren Vater Caesar zum Mitglied im Senat ernannt hatte. Bei ihnen war auch ein Zenturio aus derselben Legion, namens Titus Salienus, der den Legaten Marcus Messala44 in Messana45 belagert und nicht bloß aufrührerische Reden bei ihm gehalten hatte, sondern auch die für Caesars Triumph bestimmten Gelder und Kostbarkeiten zurückbehalten und in Verwahrung genommen hatte. Deswegen fürchtete er um sein Leben. (3) Im Bewusstsein seiner Vergehen sprach er deshalb den beiden jungen Männern zu, keinen Widerstand zu leisten, sondern sich Vergilius zu übergeben. So wurden sie dann von Vergilius zu Scipio geführt, den Wachen übergeben und drei Tage später hingerichtet. (4) Vor der Hinrichtung soll der ältere Titius die Zenturionen gebeten haben, ihn vor seinem Bruder zu töten, was ihm auch gerne von ihnen gewährt wurde und so seien sie dann beide hingerichtet worden.
29 (1) Inzwischen lieferten sich die Reiterabteilungen, die für gewöhnlich [von beiden Führern] jeweils auf ihrer Seite vor dem Wall postiert waren, tagtäglich kleine Gefechte. Manchmal führten auch die germanischen und gallischen Reiter des Labienus mit Caesars Reitern Gespräche, nachdem sie sich gegenseitig eine Gefechtspause versprochen hatten. (2) Labienus selbst unternahm in der Zwischenzeit mit einem Teil der Reiterei den Versuch, die Stadt Leptis, der Saserna mit sechs Kohorten als Besatzung vorstand, zu erstürmen und mit Gewalt einzudringen; wegen der hervorragenden Befestigung der Stadt und der großen Menge an schweren Geschützen konnte sie jedoch von den Verteidigern leicht und gefahrlos behauptet werden. (3) Als aber seine Reiterei immer häufiger Angriffe unternahm und einmal eine Abteilung zufällig dichtgedrängt an einem Tor stand, durchbohrte ein genau gezielter Pfeil von einem Skorpion46 ihren Dekurio und nagelte ihn auf seinem Pferd fest; die anderen flohen in heller Panik in ihr Lager zurück. Dieses Erlebnis schreckte sie vor weiteren Angriffen auf die Stadt ab.
30 (1) Scipio stellte inzwischen fast jeden Tag sein Heer etwa 300 Schritte von seinem Lager entfernt in Schlachtordnung auf und zog sich, wenn der größere Teil des Tages vorüber war, wieder in sein Lager zurück. (2) Sooft es auch geschah, aus Caesars Lager kam niemand heraus und näherte sich dessen Truppen. Da er nur noch Verachtung für Caesars Geduld und die seines Heeres übrig hatte, führte [Iuba] nun seine ganzen Truppen heraus, stellte seine 30 mit Türmen versehenen Elefanten vor die Schlachtlinie, zog das Fußvolk und die Reiterei möglichst weit auseinander, rückte in ein und demselben Augenblick vor und stellte sich nicht weit von Caesars Lager entfernt auf freiem Feld auf47.
31 (1) Kaum hatte Caesar dies gesehen, als er den Befehl erteilte, dass alle Soldaten, die das Lager verlassen hatten und die zum Wall hin geeilt waren, um Futter oder Holz zu holen48 oder an der Befestigung zu arbeiten, sowie was sonst an Leuten zu solchen Arbeiten notwendig war, alle nach und nach ganz ruhig und ohne Aufregung und Panik hinter die Befestigungen zurückgehen und in den Schanzen Stellung beziehen sollten. (2) Den Reitern aber, die auf Wache standen, befahl er, ihren Standort, den sie kurz zuvor bezogen hatten, solange zu behaupten, bis der Feind auf Schussweite herangekommen wäre; könne er noch näher herankommen, sollten sie sich so ehrenvoll wie möglich hinter die Befestigungen zurückziehen. (3) Auch den übrigen Teil der Reiterei wies er dazu an, dass jeder auf seinem Platz bereitstehe und sich bewaffnet zur Verfügung halte. (4) Diese Anordnungen erteilte er nicht etwa persönlich, indem er vom Wall herab die Lage überblickte, sondern dank seiner bewundernswerten Kriegserfahrenheit und Kenntnis befahl er, in seinem Feldherrenzelt sitzend, über Späher und Boten, was zu geschehen habe. (5) Er wusste nämlich wohl, dass er seine Feinde, sie mochten sich noch so sehr auf ihre Truppenstärke verlassen, dennoch öfters in die Flucht getrieben, geschlagen, in Angst und Schrecken versetzt und ihnen dann dennoch ihr Leben geschenkt und ihnen ihr Vergehen verziehen hatte; deshalb und wegen ihrer Unfähigkeit und ihres schlechten Gewissens würden sie niemals ein so großes Vertrauen auf ihren Sieg hegen, dass sie einen Angriff auf sein Lager wagten. (6) Außerdem minderte schon sein Name und sein Ansehen zum großen Teil die Kühnheit des feindlichen Heeres, (7) während zugleich die hervorragende Verschanzung seines Lagers, die Höhe des Walls, die Tiefe der Gräben und die außerhalb des Walls in bewundernswerter Weise eingerammten und verdeckten Pfähle auch ohne Verteidiger dem Feind den Zugang verwehrten: Geschosse für Skorpione, Schleudern sowie andere Wurfwaffen, wie man sie gewöhnlich zur Verteidigung bereithält, hatte er in großer Menge. (8) Diese Vorbereitungen hatte er wegen der augenblicklich geringen Zahl und der Unerfahrenheit seines Heeres getroffen. Er wurde von der geballten Macht seiner Feinde in keinster Weise durch Angst aus der Fassung gebracht, sondern zeigte sich geduldig und, wie die Feinde meinten, furchtsam. (9) Er führte seine Truppen keinesfalls deshalb nicht vor den Feind, weil er etwa an ihrem Sieg zweifelte, obgleich sie zahlenmäßig gering und noch unerfahren waren, sondern weil er die Art des Sieges für ausschlaggebend erachtete. Er betrachtete es nämlich als einen Makel, wenn sich die Meinung bilden sollte, als habe er nach so großen Taten, nach der Überwindung so großer Heere und nach so vielen glanzvoll errungenen Siegen über die von der Flucht gesammelten Reste der feindlichen Armee ausgerechnet einen blutigen Sieg davongetragen. (10) Deshalb hatte er beschlossen, ihr Prahlen und ihre Überheblichkeit geduldig zu ertragen, bis mit der nächsten Nachschubsendung ein weiterer Teil der Veteranenlegionen zu ihm stoßen würde.
32 (1) Scipio verharrte übrigens einige Zeit in der erwähnten Stellung, um dadurch seine Verachtung für Caesar an den Tag zu legen; dann führte er seine Truppen allmählich ins Lager zurück, wo er in einer Versammlung über den Schrecken, den er verbreitete und über die Verzweiflung von Caesars Heer einige Reden schwang und seine Leute anfeuerte, indem er ihnen versprach, dass er ihnen in Kürze den Sieg schenken werde. (2) Caesar dagegen ließ seine Soldaten wieder an die Arbeit gehen und sorgte unter dem Vorwand von Befestigungsarbeiten unablässig dafür, dass seine Rekruten bis zur Erschöpfung tätig waren. (3) Inzwischen flohen täglich Numider und Gaetuler aus Scipios Lager, die teils in ihr angestammtes Königreich zurückkehrten, vielfach aber und in unaufhörlichen Scharen in Caesars Lager überliefen, weil sie und ihre Eltern von C. Marius49, der, wie sie hörten, ein Verwandter von Caesar war, viel Gutes genossen hatten. (4) Caesar wählte daher aus diesen die vornehmsten [Gaetuler] aus und gab ihnen einen Brief an ihre Mitbürger mit, in dem er sie aufforderte, sich und die Ihren mit der Waffe in der Hand zu verteidigen, um nicht ihren persönlichen Widersachern und Feinden gehorsam sein zu müssen.
33 (1) Während dies bei Ruspina geschah, kamen aus der Stadt Acylla50, einer freien und nicht tributpflichtigen Stadt, Gesandte zu Caesar mit der Erklärung, sie seien bereit, seinen Befehlen willig zu gehorchen, sie erflehten und erbaten von ihm lediglich, dass er ihnen eine Besatzung gebe, um seine Befehle sicherer und ohne Gefahr ausführen zu können; darüber hinaus wollten sie ihm, um ihres gemeinsamen Wohlergehens willen, Getreide und alles, was er sonst noch von ihnen verlangte, liefern. (2) Caesar willigte gerne ein, stellte die Besatzungstruppe zur Verfügung und ließ C. Messius, der die Aedilität51 verwaltet hatte, nach Acylla aufbrechen. (3) Kaum hatte Considius Longus davon erfahren – er lag mit zwei Legionen und 700 Reitern in Hadrumetum –, als er in aller Eile mit acht Kohorten nach Acylla zu gelangen versuchte; die übrige Mannschaft ließ er dort als Besatzung zurück. (4) Messius jedoch verkürzte die Reise und kam früher mit seinen Kohorten in Acylla an. (5) Als Considius sich inzwischen mit seinen Truppen der Stadt näherte und bemerkte, dass Caesars Besatzung bereits in der Festung lag, wagte er nicht, seine Leute in Gefahr zu bringen, sondern zog sich trotz der Stärke seiner Truppen unverrichteter Dinge wieder nach Hadrumetum zurück. Als jedoch wenige Tage später Reitertruppen von Labienus zu ihm stießen, bezog er schließlich von neuem ein Lager vor Acylla und begann es einzuschließen.
34 (1) Während dieser Zeit gelangte C. Sallustius Crispus, der, wie berichtet, wenige Tage zuvor von Caesar mit der Flotte geschickt worden war, nach Kerkina. (2) Bei dessen Ankunft bestieg der ehemalige Quaestor C. Decimius, der dort mit einer Menge seiner eigenen Leute für den Schutz des Getreidenachschubs sorgte, ein kleines Schiff, das er gerade in seine Hand bekommen konnte und ergriff die Flucht. (3) Der Praetor Sallustius wurde daraufhin von den Bewohnern Kerkinas aufgenommen, wo er einen großen Vorrat an Getreide fand und Lastschiffe, die sich dort in großer Zahl befanden, damit belud und zu Caesar ins Lager schickte. (4) Inzwischen ließ auch der Prokonsul Alienus in Lilybaeum die 13. und 14. Legion zusammen mit 800 gallischen Reitern, 1000 Schleuderern und Bogenschützen an Bord der Transportschiffe gehen und schickte sie nebst einer zweiten Nachschublieferung ebenfalls zu Caesar nach Afrika. (5) Da der Wind günstig war, gelangten sie am vierten Tag unbeschadet im Hafen bei Ruspina an, wo Caesar ein Lager errichtet hatte. (6) So hatte Caesar innerhalb eines Augenblicks einen doppelten Grund zur Freude: Er sah sich mit Lebensmitteln versorgt und durch Hilfstruppen verstärkt; nun waren seine Leute wieder heiter, die Sorgen um das Getreide waren vertrieben und so legte er seine Sorge ab. Er ließ die Legionen und Reiter aus den Schiffen steigen, gönnte ihnen Erholung von Strapazen und Seekrankheit und verlegte sie in die verschiedenen Kastelle und Festungswerke.
35 (1) Scipio und seine Begleiter wunderten sich daher über Caesars Verhalten und stellten Erkundigungen an; sie vermuteten, dass er, der sonst immer gewohnt war, von sich aus anzugreifen und den Kampf herauszufordern sein Verhalten, nicht ohne einen großen Plan so plötzlich änderte. (2) Seine Geduld flößte ihnen nun doch große Furcht ein; deshalb schickten sie zwei Gaetuler, an deren unbedingte Ergebenheit sie keinen Zweifel hatten und denen sie bedeutende Belohnungen und Versprechungen in Aussicht stellten, in Caesars Lager; sie sollten sich als Überläufer ausgeben und dabei die Lage auskundschaften. (3) Gleich nachdem sie Caesar vorgeführt wurden, baten sie um die Erlaubnis, sich frei und ohne Gefahr vor ihm erklären zu dürfen; (4) als ihnen dies gestattet wurde, sprachen sie: „Oft schon, Imperator, haben viele Gaetuler, die wir ja alle Schutzbefohlene des C. Marius sind und beinahe alle römischen Bürger in der vierten und sechsten Legion, die Absicht gehabt, zu dir und unter deinen Schutz zu fliehen; nur die numidischen Reiterwachen hinderten uns daran, dies gefahrlos tun zu können. Nun aber wurde uns dazu Gelegenheit gegeben; da Scipio uns als Späher schickte, sind wir nur allzu gern zu dir gekommen. Wir sollen nämlich herausfinden, ob etwa Gräben oder Fallen gegen die Elefanten vor dem Lager und den Toren des Walls angelegt worden seien; außerdem sollen wir eure weiteren Pläne und Maßnahmen gegen diese Tiere und eure Vorbereitungen zum Kampf in Erfahrung bringen und Scipio melden.“ (5) Caesar lobte beide und gab ihnen Belohnungen; dann führte man sie zu den anderen Überläufern. (6) Schnell schon bestätigte die Wahrheit ihre Worte: Denn gleich am folgenden Tag liefen aus jenen Legionen, die von den Gaetulern genannt wurden, mehrere Legionssoldaten von Scipio in Caesars Lager über.
36 (1) Während dieser Vorgänge vor Ruspina veranstaltete M. Cato, der in Utica die Leitung innehatte, täglich Aushebungen unter den Freigelassenen, Afrikanern, schließlich unter den Sklaven und Leuten jeder Art, wenn sie nur das Alter hatten, Waffen tragen zu können; er schickte sie dann jedes Mal, wenn er sie bei der Hand hatte, zu Scipio in das Lager. (2) Inzwischen kamen Gesandte aus der Stadt Thysdra52 zu Caesar, wo die italischen Kaufleute und Landbesitzer einen Vorrat von 300.000 Scheffel Weizen angehäuft hatten; sie machten ihm davon Meldung und baten gleichzeitig, dass er ihnen eine Schutztruppe schicke und das Getreide und ihr eigener Besitz bewahrt werde. (3) Caesar dankte ihnen für den Augenblick und schickte sie mit der ermutigenden Versicherung, er werde ihnen in Kürze eine Besatzung senden, zu ihren Mitbürgern zurück. (4) Währenddessen war P. Sittius mit seinen Truppen in Numidien eingefallen, wo er gewaltsam ein Kastell eroberte und in seine Gewalt brachte, das auf einem Berg befestigt lag und wohin Iuba für seine Kriegsführung Getreide und anderes Kriegsmaterial hatte bringen lassen.
37 (1) Als Caesar durch die zweite Nachschublieferung sein Heer um zwei Veteranenlegionen, Reiterei und Leichtbewaffnete verstärkt sah, ließ er sofort die entladenen Schiffe nach Lilybaeum auslaufen, um das restliche Heer zu holen. Er selbst aber befahl am sechsten vor den Kalenden des Februar53 ungefähr um die erste Nachtwache, dass sich alle seine Kundschafter und persönlichen Diener zu seiner Verfügung halten sollten. (2) Und so befahl er um die dritte Nachtwache zur Überraschung aller, sämtliche Legionen aus dem Lager herauszuführen und ihm in Richtung auf die Stadt Ruspina zu folgen, wo er selbst eine Besatzung liegen hatte, nachdem diese Stadt als erste auf seine Seite getreten war. (3) Von dort stieg er einen kleinen Abhang hinunter und führte das Heer auf der linken Seite einer Ebene in die Nähe des Meeres. (4) Diese Ebene erstreckt sich in überwältigender Weite über zwölf Meilen hinweg; vom Meer her wird sie von einem Höhenrücken umschlossen, der nicht sehr hoch ist und den Eindruck eines Theaters vermittelt. (5) Auf diesem Bergrücken erheben sich einige wenige bedeutende Anhöhen, auf denen einzelne Türme und sehr alte Aussichtsposten erbaut worden waren. Bei dem letzten davon stand eine befestigte Stellung und ein Wachtposten Scipios.
38 (1) Sobald Caesar den besagten Bergrücken erstiegen hatte, begann er, zu jedem Hügel, einem Turm und den Kastellen zu gehen; dafür benötigte er weniger als eine halbe Stunde. (2) Als er dann schon nicht mehr weit von dem letzten Hügel und dem Turm entfernt war, der dem feindlichen Lager am nächsten lag und auf dem sich, wie gesagt, eine befestigte Stellung und eine numidische Wachmannschaft befand, machte er eine Weile halt und verschaffte sich ein Bild von der Beschaffenheit des Geländes. Daraufhin stellte er Reiterposten auf und teilte den Legionen ihre Aufgabe zu: Er befahl, auf halber Höhe von dem Ort aus, den er zuletzt erreicht hatte, einen Damm bis zu dem Ort zu ziehen, von dem sie aufgebrochen waren und diese zu befestigen. (3) Kaum hatten dies Scipio und Labienus wahrgenommen, als sie mit der gesamten Reiterei aus dem Lager zogen, sie in Schlachtordnung aufstellten, etwa 1000 Schritte von ihren Schanzen vorrückten und ihre Fußtruppen in einer zweiten Schlachtlinie weniger als 400 Schritte vom eigenen Lager entfernt aufstellten.
39 (1) Caesar trieb seine Leute bei der Arbeit an und ließ sich durch die feindlichen Truppen nicht stören. (2) Als er aber den Feind nur noch 1500 Schritt von seinen eigenen Schanzen entfernt sah und bemerkte, dass dieser immer näher rückte, um seine Leute an der Arbeit zu hindern und sie davonzujagen, hielt er es für notwendig, die Legionen von den Befestigungen abzuziehen; er befahl seiner spanischen Reiterabteilung, schleunigst gegen den nächstgelegenen Hügel zu rücken, die dortigen Besatzungen zu vertreiben und die Stellung einzunehmen; als Unterstützung musste eine Schar Leichtbewaffneter dorthin mitziehen. (3) Schnell griffen sie nun die Numider an, nahmen sie teils gefangen, teils wurden sie auf der Flucht von den Reitern verwundet; so fiel das Gelände in ihre Hand. (4) Als Labienus dies bemerkte, ließ er, um seinen Leuten schneller Hilfe bringen zu können, fast den gesamten rechten Flügel seiner Reiterei aus der Aufstellung kehrtmachen und bemühte sich, seinen fliehenden Soldaten zu Hilfe zu eilen. (5) Sobald Caesar sah, dass sich Labienus schon ziemlich weit von seinen Truppen entfernt hatte, schickte er den linken Flügel seiner Reiterei vor, um die Feinde voneinander abzuschneiden.
40 (1) Auf der Ebene, wo sich diese Geschehnisse abspielten, befand sich ein sehr großes Landgut mit vier Türmen. Dieses versperrte Labienus die Sicht, so dass er nicht bemerken konnte, wie er durch Caesars Reiterei abgeschnitten wurde. (2) Deshalb sah er die iulianischen Reitereiabteilungen nicht eher, als bis er gewahr wurde, wie seine Leute von hinten her niedergeschlagen wurden. Dadurch geriet seine numidische Reiterei plötzlich in eine solche Panik, dass sie, so schnell sie nur konnte, auf direktem Weg zurück ins Lager floh. (3) Seine Gallier und Germanen, die standhielten, wurden von der Höhe herab und von ihrem Rücken her eingekreist und, obwohl sie tapfer Widerstand leisteten, bis auf den letzten Mann erschlagen. (4) Kaum sahen dies die Legionen des Scipio, die vor dem Lager in Stellung gegangen waren, als sie vor Furcht und Schrecken die Besinnung verloren und durch alle Tore ins Lager stürzten. (5) Caesar hatte somit Scipio und dessen ganze Streitmacht aus der Ebene und von den Hügeln gejagt und in ihr Lager zurückgetrieben; nun ließ er zum Rückzug blasen und nahm die gesamte Reiterei hinter die Befestigungen zurück. Als man das Feld klärte, fand man die beeindruckenden Leiber jener Gallier und Germanen, die dem Labienus teils wegen seines Ansehens aus Gallien gefolgt waren, teils auch durch Belohnungen und Versprechungen dazu verleitet worden waren, sich ihm anzuschließen; manche, denen er nach der Schlacht gegen Curio als Gefangene das Leben geschenkt hatte, hatten ihm ihre entsprechende Dankbarkeit durch treue Gefolgschaft erweisen wollen. (6) Nun aber lagen die erstaunlichen und herrlich anzuschauenden Körper dieser Menschen erschlagen und über das ganze Schlachtfeld verstreut umher.
41 (1) Nach dieser Schlacht führte Caesar am darauffolgenden Tag die Kohorten aus allen befestigten Stellungen heraus und stellte seine ganze Streitmacht auf der Ebene in Schlachtordnung auf. Scipio dagegen begann nun seinerseits angesichts des schlechten Zustands seiner Truppen, wegen der Toten und Verletzten innerhalb seiner Verschanzungen zu bleiben. (2) Caesar formierte seine Schlachtordnung und rückte entlang der Ausläufer des Gebirges langsam näher an die feindlichen Schanzen heran. Schon waren auch die iulianischen Legionen nur noch 1000 Schritt von der Stadt Uzitta54, die Scipio hielt, entfernt, als Scipio aufgrund der Befürchtung, die Stadt zu verlieren, die sein Heer mit Wasser und allen übrigen Dingen versorgte, all seine Truppen herausführte und in vierfacher Schlachtordnung aufstellte; dabei ließ er entsprechend seiner Gewohnheit die abteilungsweise in gerader Linie ausgerichteten Reiter zusammen mit den dazwischen verteilten Turmelefanten und Bewaffneten die erste Reihe bilden und eilte so der Stadt zu Hilfe. (3) Als Caesar das bemerkte, glaubte er, Scipio sei zum Kampf bereit und rücke entschlossen auf ihn zu. [Dieser] aber machte an jenem Punkt, den ich kurz zuvor erwähnt habe, vor der Stadt halt und stellte sich so, dass seine mittlere Schlachtreihe von der Stadt gedeckt war, den rechten und linken Flügel, wo die Elefanten standen, stellte er offen in Sicht der Feinde auf.
42 (1) Caesar hatte in seiner Stellung beinahe bis Sonnenuntergang gewartet, hatte sich aber überzeugt, dass Scipio nicht näher an ihn heranrücke und sich eher auf seinem Platz verteidigen wolle, wenn es die Situation erfordere, als zu riskieren, sich auf offenem Feld in ein Handgemenge einzulassen. Er hielt es deshalb nicht für ratsam, noch am selben Tag weiter gegen die Stadt anzurücken, weil er wusste, dass eine bedeutende Besatzung von Numidern darin lag; die mittlere Schlachtlinie des Feindes sah er ohnehin durch die Stadt gedeckt und er durchschaute auch die Schwierigkeit, gleichzeitig die Stadt anzugreifen und mit dem rechten und linken Flügel in einer ungünstigen Stellung eine Schlacht zu wagen, besonders da seine Soldaten bereits seit dem frühen Morgen, ohne etwas gegessen zu haben, unter Waffen standen und deshalb müde waren. (2) Er zog daher sein Heer ins Lager zurück und begann am folgenden Tag mit der Ausdehnung seiner Befestigungslinie auf die Stellung des Feindes zu.
43 Considius, der in der Zwischenzeit mit acht Söldnerkohorten55 aus Numidien und Gaetulien die Stadt Acylla belagerte, wo C. Messius dem Besatzungstrupp vorstand, hatte mittlerweile lange Zeit viel unternommen und mächtige Belagerungsmaschinen herbeigeschafft, konnte jedoch nichts ausrichten, da die Bewohner sie jedesmal in Brand setzten. Als ihn plötzlich auch noch die Nachricht von dem unglücklichen Reitergefecht erreichte, zündete er seinen gesamten Getreidevorrat an, den er im Lager hatte, machte Wein, Öl und andere Lebensmittel ungenießbar, hob die Belagerung von Acylla auf, zog durch Iubas Königreich zu Scipio und trat diesem einen Teil seiner Truppen ab; er selbst zog sich nach Hadrumetum zurück.
44 (1) Von der zweiten Sendung des Alienus aus Sizilien war inzwischen ein Schiff, auf dem sich Q. Cominius56 und der römische Ritter L. Ticida57 befanden, vom übrigen Verband abgekommen und durch den Wind nach Thapsus verschlagen worden: Dort griff es Vergilius mit Kähnen und kleinen Schnellseglern auf und führte es mit sich. (2) Ebenso wurde noch ein anderes Schiff, ein Dreiruderer, das zur selben Flotte gehörte, sich verirrte und vom Sturm verschlagen wurde, bei Aegimurus58 von den Flotten des Varus59 und M. Octavius aufgestöbert. Die Veteranen nebst einem Zenturio und einigen Rekruten, die sich darauf befanden, ließ Varus, ohne ihnen eine Misshandlung zuzufügen, in Gewahrsam nehmen und zu Scipio bringen. (3) Als sie dann zu diesem kamen und vor seinem Tribunal standen, sprach er: „Ich weiß bestimmt, dass ihr nicht aus eigenem Antrieb eure Mitbürger und jeden herausragenden Mann in so frevlerischer Weise verfolgt, sondern weil euer verbrecherischer Feldherr euch dazu getrieben und dies befohlen hat. (4) Das Schicksal hat euch nun in meine Gewalt gebracht. Wenn ihr aber künftig, wie es eure Pflicht ist, das Vaterland und seine wahren Freunde verteidigen wollt, so ist es mein fester Vorsatz, euch das Leben zu schenken und überdies noch Geld. Sagt also, wie ihr darüber denkt.“
45 (1) Scipio wollte sie nur deshalb sprechen lassen, weil er dachte, sie würden ihm sicherlich für seine Gnade danken. (2) Doch der Zenturio der 13. Legion erwiderte: „Für deine große Gnade, Scipio – denn Imperator nenne ich dich nicht –, danke ich dir, weil du mir, einem Kriegsgefangenen, Leben und Schonung versprichst; ich würde vielleicht Gebrauch davon machen, wenn du mir nicht eben dadurch den größten Frevel zumutetest. (3) Soll ich etwa gegen Caesar, meinen Imperator, bei dem ich Führer einer Zenturie war und gegen das Heer desjenigen, für dessen Ehre und Siegesruhm ich mehr als 36 Jahre60 hindurch gekämpft habe, als bewaffneter Feind antreten? (4) Das werde ich niemals tun. Dir aber rate ich nachdrücklich, nimm Abstand von deinem Vorhaben! Wenn du bisher nicht erfahren hast, gegen wessen Leute du antrittst, so erfahre es jetzt. (5) Wähle aus deinen Kohorten die stärkste aus und lass sie gegen mich antreten; ich will aus meinen Kameraden, die nun in deiner Gewalt sind, nicht mehr als zehn Männer aussuchen: Du sollst aus unserer Tapferkeit ermessen, was du von deinen Leuten zu erhoffen hast.“
46 (1) Kaum hatte der Zenturio so mutig und kraftvoll gesprochen, als Scipio, in seiner Erwartung getäuscht, zornentbrannt und zutiefst erbittert, seinen Hauptmännern durch ein Kopfnicken bedeutete, was sie nach seinem Willen tun sollten: Der Zenturio wurde vor Scipios Füßen getötet, die übrigen Veteranen trennte man von den Rekruten. (2) „Führt sie ab!“, rief Scipio, „Sie sind befleckt von abscheulichem Frevel und gemästet mit dem Blut ihrer Mitbürger.“ Man führte sie so vor den Schanzwall, wo sie auf qualvolle Weise getötet wurden. (3) Die Rekruten wurden auf die Legionen verteilt, Cominius und Ticida aber durften ihm auf keinen Fall vorgeführt werden. (4) Dieser Vorfall brachte Caesar so sehr auf, dass er diejenigen, die auf seinen Befehl hin bei Thapsus mit Kriegsschiffen Seewache hielten, um seine Transport und Kriegsschiffe zu schützen, ihrer Nachlässigkeit wegen mit Schimpf und Schande aus dem Heer entließ. Er sorgte auch dafür, dass ein Erlass, in dem schwerste Vorwürfe erhoben wurden, dies öffentlich bekanntmachte.
47 (1) Etwa um diese Zeit ereignete sich in Caesars Heer etwas Unglaubliches und noch nie Gehörtes. Denn obwohl das Siebengestirn bereits untergegangen war, erhob sich ungefähr um die zweite Nachtwache plötzlich ein ungeheurer Sturm mit steingroßen Hagelkörnern. (2) Dies war umso gefährlicher, als Caesar nicht, wie sonst üblich, ein Winterquartier bezog, sondern fast jeden dritten oder vierten Tag vorrückte und sich dem Feind näherte, wobei er jedesmal ein neues Lager befestigte. Die Soldaten, die ununterbrochen Schanzen errichten mussten, hatten also keine Möglichkeit, an sich selbst zu denken. (3) Hinzu kam, dass es Caesar bei der Überfahrt des Heeres aus Sizilien nicht möglich gewesen war, außer den Soldaten selbst und den Waffen auch noch das Gepäck oder Sklaven oder sonst irgendetwas, was Soldaten für gewöhnlich brauchen, auf die Schiffe zu verladen. (4) In Afrika selbst hatten sie sich nicht nur nichts erworben und angeschafft, sondern auch das wenige, was sie mitgebracht hatten, der großen Lebensmittelknappheit wegen bereits verzehrt und aufgebraucht. (5) Unter diesen dürftigen Umständen schliefen nur ganz wenige unter Zelten oder Tierhäuten: die anderen hielten sich in kleinen, aus Kleidern gefertigten und mit Schilfrohren und Schilden bedeckten Zelten auf. (6) Durch den plötzlich einsetzenden Hagel und Regensturm wurden diese Zelte von dem Gewicht und der Gewalt der Wassermassen erdrückt und weggerissen, die Lagerfeuer in dieser stürmischen Nacht gelöscht und sämtliche Lebensmittel verdorben, so dass die Soldaten durcheinander im Lager umherliefen und mit ihren Schilden ihre Köpfe schützten. In der gleichen Nacht leuchteten die Spitzen auf den Wurfspießen der fünften Legion von selbst61.
48 (1) Unterdessen hatte König Iuba von Scipios Verlust im letzten Reitergefecht Nachricht erhalten und war von diesem schriftlich aufgefordert worden, zu ihm zu stoßen. Der König ließ also seinen General namens Saburra mit einem Teil seiner Streitmacht gegen Sittius zurück, verließ sein Königreich und brach zu Scipio auf, um ihm durch seine Gegenwart ein gewichtigeres Auftreten zu verleihen und Caesars Heer Furcht einzuflößen. Ihn begleiteten drei Legionen, 800 Reiter mit Zaumzeug, eine große Menge Numider ohne Zaumzeug und leichtes Fußvolk sowie 30 Elefanten. (2) Gleich bei seiner Ankunft bezog er mit den eben erwähnten Truppen nicht weit von Scipio ein eigenes, getrenntes Lager. (3) In Caesars Lager hatte vorher große Unruhe geherrscht und durch die Erwartung der königlichen Truppen wurde sein Heer vor der Ankunft Iubas immer unsicherer. Nachdem der König aber sein Lager ganz dicht neben ihrem aufgeschlagen hatte, machte sich unter Caesars Truppen nur Geringschätzung breit und die Furcht legte sich. Er hatte durch seine Gegenwart die Bedeutung verloren, welche er in der Abwesenheit genoss. (4) Übrigens zeigte es sich alsbald klar, dass Scipio durch Iubas Erscheinen mehr Mut und Zuversicht bekommen hatte; (5) denn gleich am folgenden Tag stellte er sein und des Königs gesamtes Heer nebst 60 Elefanten möglichst eindrucksvoll in Schlachtordnung auf, rückte von seinen Befestigungen etwas vorwärts, zog sich jedoch bald daraufhin wieder in sein Lager zurück.
49 (1) Als Caesar sah, dass nun fast alle Hilfstruppen, die Scipio erwartet hatte, bei ihm eingetroffen waren und die Schlacht unmittelbar bevorstand, begann er mit seinen Truppen über den Kamm des Gebirges vorzurücken, verlängerte seine Linien, befestigte Kastelle und versuchte, indem er immer näher an Scipio heranrückte, die Höhen zu nehmen und zu besetzen. Er tat dies, damit die Feinde nicht im Vertrauen auf ihre Truppenstärke den nächsten Hügel einnahmen und ihm so die Möglichkeit verwehrten, selbst weiter vorzugehen. (2) Labienus hatte nämlich ebenfalls den Plan gefasst, diesen Hügel zu besetzen und, da er näher stand, ihn auch schneller erreicht.
50 (1) Es gab ein ziemlich breites und stark abschüssiges Tal, das an vielen Stellen höhlenartig ausgewaschen war, das Caesar, um zu dem Hügel zu kommen, den er im Auge hatte, durchqueren musste. Jenseits dieses Tales erstreckte sich ein alter Olivenhain mit dichtem Baumbestand. (2) Als Labienus erkannt hatte, dass Caesar, um seine Absicht zu erreichen, notgedrungen durch das Tal und den Olivenhain marschieren musste, legte er sich, mit der ganzen örtlichen Beschaffenheit wohl vertraut, an der Spitze eines Teils der Reiterei und des leichten Fußvolkes in einen Hinterhalt. Außerdem hatte er noch hinter dem Berg und den Hügeln62 Reiter verborgen, die dann von der Anhöhe her zum Vorschein kommen sollten, wenn er selbst die Legionäre Caesars unvermutet überfiele; denn so würden er und dessen Heer, durch zweifachen Angriff in Bestürzung gebracht, weder rückwärts noch vorwärts kommen können, sondern von allen Seiten umzingelt und geschlagen werden. (3) Als Caesar, der seine Reiterei vorausgeschickt hatte, ohne Ahnung von dem Hinterhalt an dem Ort erschien, kamen die Soldaten des Labienus, die ihm nicht Folge leisteten, weil sie seine Anweisungen vergessen hatten, oder aus Furcht, in dem Talgraben von Reitern übermannt zu werden, hier und da vereinzelt hinter dem Felsen hervor und versuchten, die Spitze des Hügels zu erreichen. (4) Caesars Reiter, die ihnen folgten, machten sie teils nieder, teils ergriffen sie sie lebend. Daraufhin stürmten sie den Hügel hinauf und besetzten ihn in aller Eile, nachdem die Besatzung des Labienus hinuntergetrieben worden war. Dieser rettete sich mit einem Teil seiner Reiterei in knapper Not, indem er floh.
51 (1) Nach dieser glücklichen Tat seiner Reiter wies Caesar den Legionen Schanzarbeit zu und befestigte auf dem soeben errungenen Hügel ein Lager. (2) Dann aber ließ er von seinem Hauptlager mitten durch die Ebene, der Stadt Uzitta gegenüber, die in der Mitte zwischen seinem und Scipios Lager lag und von letzterem besetzt war, zwei Dämme aufwerfen und so ausrichten, dass sie sich an den rechten und linken Winkel der Stadt anlehnten. (3) Er hatte bei dieser Sache im Sinn, beim Anrücken gegen die Stadt und bei etwaigen Angriffen von den Flanken her durch seine Schanzwerke geschützt zu sein, um nicht von einer Masse an feindlicher Reiterei umzingelt und von der Belagerung abgehalten zu werden; außerdem wollte er dadurch auch mögliche Gesprächskontakte erleichtern und es etwaigen Überläufern ermöglichen, das, was sie vorher oft nur unter großer Gefahr ausführen konnten, nun leicht und gefahrlos zu tun. (4) Er wollte auch in Erfahrung bringen, ob die Feinde im Sinn hätten, zu kämpfen, wenn er erst einmal näher gerückt wäre. (5) Als weiterer Grund kam dazu, dass dieses Gelände eine Senke aufwies und dort die Möglichkeit zur Grabung mehrerer Brunnen bestand; seine Wasserquellen lagen nämlich weit entfernt und flossen spärlich. (6) Während die eben erwähnten Aufträge durch die Legionen ausgeführt wurden, stand ein Teil der Truppen vor der Befestigung gegen den Feind in Formation, die Reiter der Einheimischen und die Leichtbewaffnenten ließen es immer wieder zu kleinen Scharmützeln und Handgemengen kommen.
52 (1) Als dann gegen Abend Caesar seine Truppen von der Arbeit ins Lager zurückführte, unternahmen Iuba, Scipio und Labienus mit ihrer gesamten Reiterei und leichtbewaffneten Mannschaft in einem großen Sturm einen Angriff auf die Legionssoldaten. (2) Caesars Reiter wurden von der Gewalt der plötzlich vorstürmenden Menge der Feinde zunächst zurückgeschlagen und mussten für kurze Zeit weichen; (3) doch die Sache entwickelte sich für die Feinde anders als gedacht: Denn Caesar ließ mitten auf dem Weg seine Truppen kehrtmachen und eilte seinen Reitern zu Hilfe. Durch die Ankunft der Legionen fassten die Reiter freilich neuen Mut, wendeten ihre Pferde und griffen die hartnäckig verfolgenden, aber zersprengten Numider an, brachten ihnen Verwundungen bei, trieben sie ins königliche Lager und töteten viele von ihnen. (4) Wäre das Treffen nicht gerade in die Nacht gefallen und hätte nicht eine durch den Wind entstandene Staubwolke die Sicht aller behindert, wären Iuba und Labienus gefangen in Caesars Hände gefallen und ihre ganze Reiterei samt den Leichtbewaffneten vernichtend geschlagen worden. (5) Mittlerweile entliefen erstaunlicherweise ganze Scharen aus Scipios vierter und sechster Legion, teils in Caesars Lager, teils wohin jeder gelangen konnte; ebenso mehrere Reiter des Curio, die zu Scipio und dessen Kriegsmacht alles Zutrauen verloren hatten.
53 Diese Kämpfe ereigneten sich beiderseits um Uzitta. Da erblickten zwei Legionen, die zehnte und die neunte, die mit Lastschiffen von Sizilien aufgebrochen waren, als sie dem Hafen von Ruspina nicht mehr fern waren, Caesars bei Thapsus stationierte Schiffe und fürchteten, es handle sich um die Flotte der Feinde, die dort lauerte. Um also nicht in die Hände des Feindes zu fallen, segelten sie wieder auf die hohe See hinaus, wo sie lange hin und her geworfen wurden, bis sie endlich, von Hunger und Durst erschöpft, viele Tage später zu Caesar gelangten.
54 (1) Als diese Legionen an Land gegangen waren, griff Caesar, im Hinblick auf die soldatische Zügellosigkeit, wie sie sich früher schon in Italien gezeigt hatte, sowie die Raubsucht gewisser Menschen, einen ganz geringfügigen Vorfall auf: Weil nämlich der Militärtribun der zehnten Legion, C. Avienus, bei der letzten Sendung ein ganzes Schiff nur mit seinem Gesinde und seinen Tieren beladen hatte und nicht einen einzigen Soldaten aus Sizilien mitgenommen hatte, berief er am folgenden Tag die Tribunen und Zenturionen aller Legionen zu sich und sprach zu ihnen vom Tribunal herab: (2) „Ich hätte mir sehr gewünscht, gewisse Leute hätten ihrer Frechheit und übertriebenen Freiheit selbst irgendwann ein Ende gemacht und meine Sanftmut, Zurückhaltung und Geduld nicht missbraucht. (3) Weil sie jedoch selbst für sich kein Maß und kein Ziel kennen, will ich, damit die übrigen sich anders verhalten, nach Kriegssitte ein warnendes Beispiel geben. (4) C. Avienus, weil du in Italien die Soldaten des römischen Volkes gegen das Vaterland aufgehetzt und in den Landstädten geplündert hast; weil du mir und dem Staate unnütz warst und statt Soldaten nur dein Gesinde und deine Tiere an Bord genommen hast; weil durch deine Schuld der Staat nun in der Not eine Menge Krieger entbehrt: Deshalb verweise ich dich hiermit dieser Schande wegen meines Heeres und befehle dir, noch heute Afrika zu verlassen und dich baldmöglichst zu entfernen. Ebenso entlasse ich auch dich, A. Fonteius, aus meinem Heer, denn du warst ein aufrührerischer Tribun und ein schlechter Bürger. (5) Da auch ihr, T. Salienus, M. Tiro und C. Clusinas, durch meine Gnade, nicht durch eure Tapferkeit Zenturionen geworden seid und euch so betragen habt, dass ihr weder tapfer im Krieg noch rechtschaffen und brauchbar im Frieden gewesen seid und weil ihr lieber darauf bedacht wart, einen Aufstand anzuzetteln und die Soldaten gegen ihren Imperator aufzuhetzen, als auf Ehre und Mäßigung, erkläre ich euch hiermit für unwürdig, meine Zenturionen zu sein; ich entlasse euch und befehle euch, so schnell wie möglich Afrika zu verlassen.“ (6) Hierauf übergab er sie den Zenturionen, gestattete jedem nicht mehr als einen Sklaven und sorgte dafür, dass sie jeweils getrennt auf ein Schiff gebracht wurden.
55 (1) Unterdessen kamen die zu Caesar übergelaufenen Gaetuler, denen Caesar bekanntlich Briefe und Aufträge mitgegeben hatte, in ihre Heimat. Ihre Landsleute schenkten ihnen dank ihres Ansehens Gehör, ließen sich durch Caesars Namen bekehren, fielen von Iuba ab, griffen ohne Ausnahme rasch zu den Waffen und begannen, ohne zu zögern, Maßnahmen gegen den König zu ergreifen. (2) Bei der ersten Nachricht davon schickte Iuba, der in einen dreifachen Krieg verwickelt und schwer in die Enge gedrängt worden war, sechs Kohorten der Truppen, mit denen er gegen Caesar gezogen war, zum Schutz gegen die Gaetuler in sein Reich zurück.
56 (1) Caesar hatte seine Dämme fertiggestellt und sie fast bis auf Reichweite der Geschosse aus der Stadt vorgeschoben. Jetzt schlug er eben dort ein Lager auf, stellte vor dem Lager gegen die Stadt viele Schleudermaschinen und Skorpione auf und versuchte ununterbrochen, die Verteidiger von der Mauer zu verjagen. In dieses neue Lager führte er fünf Legionen aus dem früheren. (2) Diese Gelegenheit nutzten einigermaßen angesehene und überall bekannte Männer, um nach ihren Freunden und Verwandten zu verlangen und sich mit ihnen zu unterhalten. (3) Caesar wusste wohl, wie nützlich ihm dies sein werde. In der Tat nämlich liefen mit Einbruch der Nacht, als schon die Lampen angezündet waren, etwa 1000 recht vornehme Gaetuler aus der königlichen Reiterei mitsamt ihren Pferden und Trossknechten in Caesars Lager über, das in der Ebene, ganz in der Nähe bei Uzitta, aufgeschlagen worden war. Es waren darunter sogar Anführer dieser Reiterei, deren Väter unter Marius gedient und von diesem Ländereien und Herrschaften erhalten hatten, aber nach Sullas Sieg in den Machtbereich des Königs Hiempsal63 gefallen waren.
57 (1) Als dies Scipio und dessen Umgebung bemerkten, beunruhigte sie ein solcher Rückschlag sehr. Ungefähr zu dieser Zeit sahen sie zufällig M. Aquinus64 mit C. Saserna in einer Unterredung. (2) Scipio ließ jenem ausrichten, es gehöre sich nicht, mit den Feinden zu sprechen. Trotzdem gab Aquinus dem Boten die Antwort an Scipio mit65, er habe noch einiges abzumachen. Daraufhin schickte Iuba einen Diener, der in Gegenwart des Saserna sagen sollte: „Der König verbietet dir diese Unterredung!“ (3) Auf diese Botschaft hin entfernte sich Aquinus bestürzt und leistete Iubas Befehl auf der Stelle Folge. So weit war es nun also für einen römischen Bürger gekommen! Er, dem das Volk Ehren verliehen hatte, wollte trotz der Unversehrtheit seines Vaterlandes und allen Eigentums lieber einem ausländischen König gehorsam sein, als dass er dem Boten des Scipio Gehör geschenkt oder sich entschlossen hätte, straflos heimzukehren, nachdem doch schon so viele Bürger seiner Partei den Tod gefunden hatten! (4) Übrigens benahm sich Iuba gegenüber M. Aquinus, einem Emporkömmling und unbedeutenden Senator, keineswegs hochmütiger als gegenüber Scipio, der sich durch seine Familie, sein Ansehen und seine Ämter auszeichnete. (5) Scipio hatte nämlich vor der Ankunft des Königs für gewöhnlich einen Purpurmantel getragen; Iuba aber soll ihm zu verstehen gegeben haben, es schicke sich nicht, dass jener dieselbe Kleidung trage wie er selbst. (6) So geschah es, dass Scipio sein Gewand gegen ein weißes eintauschte und Iuba, diesem überaus hochmütigen und abgeschmackten Menschen, gehorchte.
58 (1) Am folgenden Tag führten sie sämtliche Truppen aus allen ihren Lagern, erreichten eine Anhöhe nicht weit von Caesars Lager und stellten sich in Schlachtordnung auf. (2) Auch Caesar führte seine Streitmacht hervor, bildete rasch eine Schlachtlinie und stellte sich vor seinen Schanzen in der Ebene auf. Ohne Zweifel erwartete er, dass die Gegner, die über so zahlreiche Truppen und dazu noch über die Hilfsvölker des Königs verfügten und ziemlich rasch vorgerückt waren, deshalb nun auch vor ihm den Kampf beginnen und früher angreifen würden. (3) Er ritt deshalb die ganze Linie ab, ermutigte seine Legionen, gab die Parole aus und wartete nur angespannt auf den feindlichen Angriff. (4) Denn er hatte gute Gründe, sich von seinen Schanzen nicht weiter zu entfernen: Weil in der Festung Uzitta bewaffnete Kohorten Scipios lagen und einer von seinen Flügeln zur Rechten an die Stadt stieß, so dass Caesar befürchten musste, wenn er an der Stadt vorbeiziehen würde, die Feinde könnten von der Stadt her einen Ausfall machen und ihn auf seiner Flanke angreifen und ihn damit in starke Bedrängnis bringen. (5) Überdies hielt ihn auch noch der Umstand zurück, dass vor Scipios Schlachtlinie ein sehr schwieriges Terrain lag, von dem er für einen Angriff von seiner Seite Nachteile erwartete.
59 (1) Ich glaube, nicht auslassen zu dürfen, wie die Heere auf beiden Seiten aufgestellt waren. Scipio hatte seine Schlachtlinie folgendermaßen gebildet: (2) In der ersten Linie standen seine und Iubas Legionen; die Numider aber stellte er in die Reserve und zwar in solch dünner und ausgedehnter Linie, dass die Mitte der Schlachtordnung aus der Ferne von den Legionssoldaten nur für einfach angesehen wurde; [die Flügel dagegen schienen verdoppelt zu sein.] (3) Die Elefanten hatte er in gleichen Abständen auf dem rechten und linken Flügel mit aufgestellt; hinter die Elefanten die Leichtbewaffneten und numidischen Hilfsvölker. (4) Die ganze bezäumte Reiterei stellte er auf seinen rechten Flügel; denn der linke Flügel wurde durch die Stadt Uzitta eingeschlossen und es befand sich dort kein Raum, wo sich die Reiterei hätte ausbreiten können. (5) Außerdem hatte er noch eine unglaublich große Menge Numider und Leichtbewaffnete auf der rechten Seite seiner Schlachtordnung aufgestellt und zwar in einer Entfernung von nicht viel weniger als 1000 Schritt und hatte sie weiter an den Fuß des Höhenrückens heranrücken lassen und über die feindlichen und seine eigenen Truppen hinaus weiter vorgeschoben. Er verfolgte dabei die Absicht, beim Zusammenstoß der beiden Heere zu Beginn des Kampfes seine Reiterei etwas weiter ausholen zu lassen, das Kriegsheer Caesars unvermutet durch seine Truppenmenge einzuschließen, es in Panik zu versetzen und mit Wurfspießen niederzumachen. Dies waren Scipios Absichten für diesen Tag und diese Schlacht.
60 (1) Caesar hatte seine Schlachtordnung folgendermaßen eingerichtet, wenn ich beim linken Flügel beginne und dann zum rechten übergehe: Auf dem linken Flügel stand die zehnte und neunte Legion, in der Mitte die 25., 29., 13., 14., 28. und 26. (2) Den rechten Flügel hatte er als zweite Schlachtlinie einem Teil66 der Kohorten zugewiesen, zu ihnen kamen außerdem einige Rekrutenkohorten. (3) Die dritte Schlachtreihe aber hatte er auf seinem linken Flügel in Stellung gebracht, die sich bis zu der die Mitte bildenden Legion seiner Schlachtordnung hinzog; er hatte sie so aufgestellt, dass sein linker Flügel eine dreifache Tiefe hatte. (4) Dies hatte er aus der Überlegung heraus getan, dass seine rechte Flanke durch die Befestigungen unterstützt wurde, bei der linken Flanke aber war er in Sorge, dass man hier der Masse der feindlichen Reiterei nicht standhalten konnte. Dorthin hatte er auch seine ganze Reiterei gelegt und, weil er ihr eben nicht sehr vertraute, ihr zur Deckung die fünfte Legion mitgegeben und Leichtbewaffnete zwischen den Reitern aufgestellt. (5) Die Bogenschützen endlich standen hier und dort an bestimmten Punkten, besonders aber auf den Flügeln.
61 (1) In dieser Aufstellung blieben beide Heere von frühmorgens bis zur zehnten Tagesstunde stehen, ohne dass es zum Kampf kam, obgleich sie nicht mehr als 300 Schritt voneinander entfernt waren, ein Fall, der wohl früher nie vorgekommen war. (2) Schon wollte Caesar mit dem Rückzug hinter seine Linien beginnen, als sich plötzlich zur Rechten die gesamte, etwas weiter entfernte Reiterei der Numider und Gaetuler, die ohne Zaumzeug ritten, in Bewegung setzte und zu jenem Lager Caesars, das auf der Höhe lag, vorzudringen versuchte; die bezäumte Reiterei des Labienus blieb aber an ihrem Ort ruhig stehen, um Caesars Legionen zu beschäftigen. (3) Da rückte plötzlich ein Teil von Caesars Reiterei zusammen mit den Leichtbewaffneten blindlings und ohne Befehl gegen die Gaetuler zu weit vor und überquerte dabei einen Sumpf. Da sie zu wenige waren, konnten sie der Übermacht der Feinde nicht standhalten, ließen die Leichtbewaffneten im Stich und flohen geschlagen und verwundet zu ihren Linien zurück; die Pferde wurden ebenfalls in großer Zahl verwundet und außer einem Reiter fanden noch 27 Leichtbewaffnete den Tod. (4) Über dieses zweite Reitergefecht hocherfreut, führte Scipio bei Einbruch der Nacht sein Heer ins Lager. (5) Fortuna aber hat den Kämpfenden keine dauernde Freude gewährt: Denn als Caesar am folgenden Tag eine Abteilung seiner Reiterei nach Leptis geschickt hatte, um dort Lebensmittel zu holen, traf diese unterwegs auf nach Beute ausgezogener numidische und gaetulische Reiter und griff diese unvermutet an, wobei von ihnen etwa 100 niedergemacht, die übrigen aber gefangen wurden. (6) Inzwischen fuhr Caesar von Tag zu Tag fort, seine Legionen auf die Ebene zu führen und mit Schanzarbeit zu beschäftigen; mitten durch die Ebene wurde ein Wall nebst Graben gebildet und so den feindlichen Ausfällen der Weg abgeschnitten. (7) In gleicher Weise legte auch Scipio Befestigungen an und beeilte sich damit, um nicht durch Caesar vom Höhenzug abgeschnitten zu werden. (8) So waren beide Feldherren zugleich mit ihrer Verschanzung beschäftigt, während nichtsdestoweniger jeden Tag kleine Reitergefechte ausgetragen wurden.
62 (1) Nachdem Varus von der Ankunft der siebten und achten67 Legion aus Sizilien erfahren hatte, führte er in der Zwischenzeit rasch seine in Utica liegende Flotte aus dem Winteraufenthalt, bemannte sie mit gaetulischen Ruderern und Schiffssoldaten, brach von Utica zu einem Überraschungsangriff auf und gelangte mit 55 Schiffen nach Hadrumetum. (2) Caesar, der davon nichts wusste, schickte damals gerade L. Cispius68 mit einer Flotte von 27 Schiffen in Richtung Thapsus in Stellung, um dort den Nachschub zu decken; ebenso musste Q. Aquila69 in der selben Absicht mit 13 Kriegsschiffen nach Hadrumetum segeln. (3) Cispius kam auch schnell an den Ort seiner Bestimmung. Aquila dagegen hatte mit Sturm zu kämpfen und konnte deshalb das Vorgebirge nicht umfahren, erreichte aber eine gegen den Sturm geschützte Bucht, wo er sich mit seinen Schiffen zu verbergen versuchte. (4) Die übrige Flotte Caesars lag bei Leptis vor Anker und die Ruderknechte liefen nach ihrer Ausschiffung überall am Ufer umher; teils waren sie auch in die Stadt gegangen, um Nahrungsmittel zu kaufen. So war die Flotte ohne Verteidiger. (5) Dies erfuhr Varus durch Überläufer. Er nutzte die Gelegenheit, verließ um die zweite Nachtwache den Hafen von Hadrumetum, erschien frühmorgens mit seiner gesamten Flotte vor Leptis und steckte alle Frachtschiffe, die etwas weiter vom Hafen vor Anker lagen und, in Brand; zwei Fünfruderer ohne Verteidiger, führte er mit sich fort.
63 (1) Caesar, dessen Lager nur sechs Meilen von diesem Hafen entfernt war, erhielt unterdessen schnell durch Boten davon Nachricht, als er eben seine Verschanzungen in Augenschein nahm. Er ließ alles andere stehen und liegen und ritt in vollem Galopp nach Leptis, wo er alle Männer zur Verfolgung der Schiffe antrieb. Er selbst bestieg ein ganz kleines Boot, stieß während der Fahrt auf Aquila, dem die große Zahl der feindlichen Schiffe einen gehörigen Schrecken einjagte und nahm die Verfolgung der feindlichen Flotte auf. (2) Varus, durch Caesars Schnelligkeit und Kühnheit beunruhigt, änderte nun seinen Kurs und versuchte mit der gesamten Flotte nach Hadrumetum zu fliehen. (3) Doch Caesar fing ihn nach vier Meilen ab, eroberte einen Fünfruderer mitsamt allen Schiffssoldaten und 130 Mann feindlicher Bewachung zurück und enterte außerdem noch den nächstgelegenen Dreiruderer mit der gesamten Besatzung an Ruderern und Schiffssoldaten, der bei dem Versuch, Widerstand zu leisten, zurückgeblieben war. (4) Alle übrigen feindlichen Schiffe umsegelten das Vorgebirge und retteten sich in den Hafen von Hadrumetum. (5) Caesar konnte bei diesem Wind das Vorgebirge nicht umfahren, sondern musste während der Nacht auf See vor Anker gehen und gelangte erst mit Tagesanbruch nach Hadrumetum. Dort setzte er alle Transportschiffe, die sich außerhalb des Hafenbeckens befanden, in Brand. Nachdem er eine Weile gewartet hatte, ob alle übrigen entweder ans Land oder in den Hafen gezogenen Schiffe sich vielleicht auf ein Gefecht einlassen wollten, zog er sich wieder in sein Lager zurück.
64 (1) Auf dem Schiff, das Caesar den Feinden abgenommen hatte, befanden sich der römische Ritter P. Vestrius70 und P. Ligarius71, ein Anhänger des Afranius72. Ligarius war in Spanien mit den Übrigen seiner Partei durch Caesar begnadigt worden und später wieder zu Pompeius gestoßen, dann aber nach der Schlacht bei Pharsalos zu Varus nach Afrika geflohen; ihn ließ Caesar seiner meineidigen Treulosigkeit wegen hinrichten. (2) P. Vestrius verzieh er; denn sein Bruder hatte in Rom die ihm auferlegte Summe entrichtet und Vestrius selbst konnte den Beweis erbringen, dass er, von der Flotte des Nasidius73 gefangengenommen worden war und durch Varus in dem Augenblick, als er hingerichtet werden sollte, gerettet, später nie mehr die Möglichkeit gehabt hatte, überzulaufen.
65 (1) In Afrika herrscht die Sitte vor, dass die Einwohner sowohl auf dem Feld als in fast allen Gehöften zur heimlichen Aufbewahrung ihres Getreides Höhlen unter der Erde haben, was besonders für Kriegsfälle und unerwartete feindliche Angriffe berechnet ist. (2) Dies erfuhr Caesar durch einen Verräter und schickte um die dritte Nachtwache zwei Legionen samt der Reiterei in eine zehn Meilen vom Lager entfernt gelegene Gegend; mit einer großen Menge Getreide beladen, kehrten sie von dort ins Lager zurück. (3) Kaum hatte Labienus davon erfahren, als er sieben Meilen von seinem Lager entfernt über den Bergrücken und die Anhöhe vorrückte, über die tags zuvor Caesar gegangen war; dort bezog er mit zwei Legionen ein Lager und legte sich täglich mit zahlreicher Reiterei und den Leichtbewaffneten an günstigen Punkten in den Hinterhalt, weil er erwartete, Caesar werde wiederholt auf diesem Weg nach Proviant ausziehen.
66 (1) Dieser aber hatte unterdessen durch Überläufer von Labienus’ Hinterhalt Nachricht bekommen und verhielt sich einige Tage ruhig, damit die Feinde, die alle Tage hindurch immer wieder das gleiche tun mussten, nachlässig wurden. Plötzlich brach er dann einmal frühmorgens durch das hintere Lagertor74 mit acht Veteranenlegionen75 und einem Teil der Reiter aus dem Lager auf, schickte die Reiter voraus, überfiel ganz unerwartet den sich hinterhältig in einem Tal versteckt haltenden Feind, der nichts vermutete, und hieb etwa 500 Leichtbewaffnete nieder; die übrigen flohen schmählich. (2) Labienus kam indessen den Fliehenden mit seiner ganzen Reiterei zu Hilfe (3) und Caesar, dessen schwache Reiterei der zahlreichen feindlichen nicht Widerstand leisten konnte, zeigte den feindlichen Truppen nun seine schlagkräftigen Legionen. (4) Dieser Anblick schüchterte Labienus ein und ließ ihn zögern, so dass Caesar seine Reiter ohne Verluste zurückziehen konnte. Der König Iuba aber ließ tags darauf all jene Numider ans Kreuz schlagen, die ihre Stellung verlassen und sich ins Lager geflüchtet hatten.
67 (1) Da Caesar unter Getreidemangel litt, zog er inzwischen seine gesamten Truppen in seinem Lager zusammen. Nachdem er in Leptis, Ruspina und Acylla Besatzungen zurückgelassen hatte, übergab er Cispius und Aquila die Flotte, von denen der eine Hadrumetum, der andere Thapsus vom Meer her blockieren sollte; er selbst ließ sein Lager in Brand stecken und verließ um die vierte Nachtwache mit festgeschlossener Schlachtlinie (das Gepäck war auf dem linken Flügel) seine bisherige Stellung. Er gelangte zur Festung Aggar76, die sich bisher durch ihre eigenen Kräfte mit höchster Anstrengung gegen wiederholte Bestürmungen der Gaetuler verteidigt hatte. (2) Dort bezog man auf der Ebene ein gemeinsames Lager; er selbst brach mit einer Truppenabteilung auf, um von den Gehöften der Umgebung Getreide zu beschaffen, wo er zwar wenig Weizen, aber umso mehr Gerste, Öl, Wein und Feigen vorfand. Nachdem er seine Mannschaft sich hatte stärken lassen, kehrte er wieder ins Lager zurück. (3) Kaum hatte jedoch unterdessen Scipio von Caesars Aufbruch erfahren, als er ihm mit seinem ganzen Heer über das Gebirge folgte und sechs Meilen weit von ihm entfernt drei Lager bezog.
68 (1) Zehn Meilen von Scipios Lager entfernt, aber in dessen Richtung und im Einflussbereich seines Lagers, lag die Stadt Zeta77; von Caesars Lager war sie 14 Meilen entfernt und somit abgelegen und außer Reichweite. Zu diesem Ort schickte Scipio zwei Legionen auf Proviantsuche. (2) Caesar erfuhr dies durch Überläufer und verlegte sein Lager von der Ebene auf die gesicherte Anhöhe. Dort ließ er eine Besatzung zurück, brach um die vierte Nachtwache mit seinen übrigen Truppen auf, zog am feindlichen Lager vorbei und bemächtigte sich der Stadt. (3) Als er dann die Legionen Scipios, die, um Getreide zu holen, weiter ins Land gezogen waren, aufstöbern wollte, bemerkte er, dass ihnen das ganze feindliche Heer zu Hilfe kam. Dies hielt ihn von einem Angriff ab. (4) In Zeta hatte er den damaligen Befehlshaber der Festung, C. Minucius Reginus, einen römischen Ritter und engen Vertrauten von Scipio, sowie P. Atrius78, einen römischen Ritter aus der Bürgergemeinde von Utica, in seine Hand bekommen; er ließ dort den Legaten Oppius79 mit einer Besatzung zurück und trat seinen Rückzug ins Lager an, wobei er 22 Kamele des Königs mit sich führte.
69 (1) Schon war er nahe beim Lager Scipios, an dem er unbedingt vorbeiziehen musste, als ihn Labienus und Afranius80 mit der ganzen Reiterei und den Leichtbewaffneten aus einem Hinterhalt bei den nächsten Hügeln angriffen und sich auf seine Nachhut stürzten. (2) Sobald Caesar dies sah, stellte er seine Reiter dem feindlichen Ansturm entgegen, ließ seine Legionäre das Gepäck auf einem Haufen zusammentragen und befahl ihnen, mit fliegenden Fahnen gegen die Feinde vorzustürmen. (3) Dies war kaum begonnen worden, als die feindliche Reiterei mitsamt den Leichtbewaffneten schon beim ersten Angriff mühelos geschlagen und von der Anhöhe vertrieben wurde. (4) Als Caesar schon glaubte, von dem geschlagenen und verschreckten Feind keine weiteren Angriffe mehr erwarten zu müssen und ruhig weiterzog, geschah plötzlich von den nächsten Hügeln her ein neuer Angriff seitens der Numider und Leichtbewaffneten, die es verstanden, mit einer erstaunlichen Schnelligkeit zwischen den Reitern zu kämpfen und entsprechend ihrer oben beschriebenen Gewohnheit zusammen mit ihnen die Legionäre Caesars anzugreifen und zu fliehen. (5) Sie wiederholten ihre Angriffe öfter und verfolgten die Iulianer auf dem Marsch, flohen aber sofort, wenn diese haltmachten, wagten auch nicht, ihnen näher zu kommen und bedienten sich einer ganz eigentümlichen Kampfweise und begnügten sich damit, die Pferde durch Geschosse zu verwunden. Aus alldem schloss Caesar, dass es offensichtlich ihre einzige Absicht war, ihn zu zwingen, sein Lager an diesem Ort aufzuschlagen, an dem es überhaupt kein Wasser gab, so dass sein Heer, das nüchtern war, da es von der vierten Nachtwache bis zur zehnten Tagesstunde noch nichts zu sich genommen hatte, mitsamt den Tieren vor Durst zugrunde gehen musste.
70 (1) Weil es nun schon gegen Abend ging und er in vier Stunden kaum hundert Schritt weitergekommen war, zog er die Reiterei wegen des Verlustes an Pferden von der Nachhut ab und ließ die Legionen ihre Stelle einnehmen. (2) Diese wussten die Angriffe des Feindes besser abzuwehren und der Marsch ging ruhig und langsam weiter. (3) Unterdessen sprengten die numidischen Reiter rechts und links über die Anhöhen voraus und schlossen aufgrund ihrer großen Zahl eine Art Ring um Caesars Truppen, während ein Teil von ihnen die Nachhut angriff. (4) So oft sich aber nur drei oder vier von Caesars Veteranen nach ihnen umwandten und ihre Wurfspieße mit aller Kraft gegen die angreifenden Numider schleuderten, ergriffen mehr als 2000 von ihnen wie ein Mann die Flucht, griffen dann aber wieder von neuem an einzelnen Punkten mit ihren Pferden an, sammelten sich, folgten in einigem Abstand und warfen ihre Speere gegen die Soldaten. (5) So ging es bald vorwärts, bald wurde haltgemacht; der Zug bewegte sich nur langsam: Dennoch führte Caesar, der nur zehn Verwundete hatte, um die erste Stunde der Nacht alle seine Truppen unversehrt ins Lager zurück. (6) Labienus, der etwa 300 Mann verloren und viele Verwundete hatte, zog sich ebenfalls zur Hauptarmee zurück; seine Leute waren durch das unablässige Verfolgen alle ganz erschöpft. (7) Scipio hatte in der Zwischenzeit mit den Legionen und Elefanten vor dem Lager in Schlachtordnung gestanden, um Caesars Leuten durch diesen Anblick Schrecken einzuflößen; auch er zog sich nun ins Lager zurück.
71 (1) Unter diesen Umständen musste Caesar seine Leute nicht wie ein Feldherr ein bewährtes, siegreiches Heer, sondern wie ein Fechtmeister seine jungen Gladiatoren lehren, auf wieviel Schritte sie sich vom Gegner zurückziehen, wie sie sich dem Feind entgegenstellen und mit welch geringem Abstand sie ihm Widerstand leisten sollten: Bald sollten sie vorstürmen, bald weichen und nur mit einem Angriff drohen; ja, fast lehrte er sie, in welcher Stellung und auf welche Weise geschossen werden müsste. (2) Die feindlichen Leichtbewaffneten versetzten sein Heer nämlich in eine erstaunliche Angst und Aufregung: Denn die Reiter wurden wegen des möglichen Verlustes ihrer Pferde, die ihre Gegner mit ihren Speeren töteten, vom Kampf abgeschreckt und den Legionssoldaten81 ermüdete die Schnelligkeit des Feindes, der ganz leichtfüßig und rasch der Gefahr entging, sobald sich ein Schwerbewaffneter, der von ihnen verfolgt wurde und haltmachte, zur Wehr setzte.
72 (1) Dies bereitete Caesar große Sorge, denn noch in keinem Treffen war er der feindlichen Reiterei und dem leichten Fußvolk bloß mit seiner Reiterei, ohne die Legionen, gewachsen gewesen. (2) Mit den feindlichen Legionen, auch das beunruhigte ihn, war er noch gar nicht bekannt geworden und er wusste nicht, wie er sich gegen die Reiterei und das leichte Fußvolk des Feindes, die sich bewundernswert schlugen, werde verteidigen können, wenn dessen Legionen noch dazukämen. (3) Überdies machten die Größe der Elefanten und die große Masse feindlicher Soldaten einen furchterregenden Eindruck auf seine Leute. (4) Für eines zumindest hatte er Abhilfe gefunden: Er ließ Elefanten aus Italien kommen, damit unsere Soldaten mit der Gestalt und den Eigenschaften dieses Tieres bekannt würden und die Stellen des Körpers kennenlernten, wo das Tier überhaupt mit einer Waffe verwundet werden konnte und wo ein zum Kampf ausgerüsteter und gepanzerter Elefant ohne Schutz bleibe. Außerdem sollten auch die Pferde an den Geruch, das Geschrei und die Gestalt des Elefanten gewöhnt werden, damit sie nicht scheuten. (5) Seine Bemühungen wurden auch reichlich belohnt: Die Soldaten berührten die Tiere mit der Hand, lernten ihre Langsamkeit kennen und die Reiter warfen mit stumpfen Speeren auf sie; auch die Pferde hatten sich an das geduldige Tier gewöhnt.
73 (1) Wegen der erwähnten Ursachen wurde Caesar besorgt, handelte langsamer und überlegter und war von der früher bei ihm gewohnten Schnelligkeit in der Kriegsführung abgekommen. (2) Das war auch ganz natürlich. In Gallien waren seine Leute an den Kampf auf offenem Feld und gegen offen handelnde, keineswegs heimtückische Leute gewöhnt, die den Kampf mit Tapferkeit und nicht mit Hinterlist zu führen pflegten; jetzt hatte er sich nur darum zu bemühen, wie er seine Soldaten daran gewöhnte, die Listen, Fallen und Kniffe der Feinde zu durchschauen und zu lernen, welchem Verhalten sie folgen und welches sie meiden müssten. (3) Um ihnen noch schneller zu dieser Einsicht zu verhelfen, hielt er die Legionen nicht immer vereint beieinander, sondern schwenkte unter dem Vorwand der Proviantaufnahme bald hierhin, bald dorthin; denn er war überzeugt, der Feind werde seiner Spur nachgehen. (4) Nach drei Tagen führte er jedoch sein ganzes Heer in besonders straffer Schlachtordnung, wie er es angewiesen hatte, am feindlichen Lager vorbei und bot auf günstigem Terrain einen Kampf an. Caesar sah seine Feinde vor diesem Zusammentreffen zurückweichen und er führte seine Soldaten gegen Abend wieder ins Lager zurück.
74 (1) Mittlerweile kamen Gesandte aus der Festung Vaga82, die unweit von Zeta liegt, das Caesar bekanntlich eingenommen hatte. Die Leute baten dringend um eine Schutztruppe und versprachen dafür, ihm eine größere Menge Kriegsmaterial zukommen zu lassen. (2) Zu dieser Zeit erwies sich auch wieder einmal von neuem die Gnade und das Wohlwollen der Götter gegen Caesar. Ein Überläufer meldete nämlich seinen Mitbürgern83, dass König Iuba mit seinen Truppen vor die Stadt gezogen sei, ehe noch Caesars Besatzung dorthin hätte gelangen können und sie sofort mit seiner Streitmacht eingeschlossen und erobert habe; alle Einwohner seien bis auf den letzten Mann getötet worden und die Stadt selbst sei den Soldaten zur Plünderung und Zerstörung überlassen worden.
75 (1) Caesar, der inzwischen am zwölften vor den Kalenden des April84 Heerschau hielt, rückte tags darauf mit seiner ganzen Armee fünf Meilen vorwärts und stellte sich etwa zwei Meilen von Scipio in Schlachtordnung auf. (2) Als er auch jetzt dem Feind lange genug den Kampf angeboten hatte, dieser sich aber auf keinen Kampf einlassen wollte, führte er seine Streitmacht zurück. Am folgenden Tag brach man das Lager ab und zog in schnellem Marsch auf die Festung Sarsura85 zu, wo Scipio eine numidische Besatzung und Getreide hatte. (3) Sobald Labienus dies bemerkte, begann er mit seiner Reiterei und den Leichtbewaffneten die Nachhut Caesars zu stören. Er stahl die Ladung der Köche und Kaufleute86, die ihre Waren auf Wagen führten und wagte sich, da ihm dadurch der Mut gewachsen war, in der Annahme näher an die Legionen heran, Caesars Leute könnten, unter der Last der Waffen und des Gepäckes müde geworden, keinen rechten Kampf bestehen. (4) Caesar war dies nicht entgangen: Denn er hatte von jeder Legion 300 Mann ohne Gepäck marschieren lassen. Diese schickte er nun gegen die feindliche Reiterei seinen eigenen Reitern zu Hilfe. (5) Da ließ Labienus, dem der Anblick der Feldzeichen einen Schrecken einjagte, seine Pferde kehrtmachen und ergriff in schmählichster Weise die Flucht. (6) Viele seiner Leute wurden getötet, einige verwundet; die Legionssoldaten zogen sich wieder zu ihren Feldzeichen zurück und begannen, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen. Labienus aber hörte nicht auf, sie aus der Ferne über den Kamm der Hügelkette auf der rechten Seite zu verfolgen.
76 (1) So kam Caesar zur Festung Sarsura. Vor den Augen des Feindes, der seinen eigenen Leuten nicht zu Hilfe zu kommen wagte, wurde die Besatzungstruppe Scipios niedergemacht. Das gleiche Schicksal erlitt der Befehlshaber P. Cornelius, den Scipio ausdrücklich zur Übernahme dieses Postens aufgefordert hatte. Cornelius setzte sich tapfer zur Wehr, wurde aber von den Soldaten, die ihn zahlreich umzingelten, niedergehauen. Die Soldaten nahmen daraufhin die Stadt ein. Man versorgte sich dort mit Getreide und gelangte am folgenden Tag vor die Festung Thysdra87, wo damals Considius mit einer starken Besatzungstruppe und einer Schar von Gladiatoren lag, die ihm selbst gehörte. (2) Caesar nahm die Lage der Festung in Augenschein, wollte sich aber aufgrund des Wassermangels auf keine Belagerung einlassen und marschierte, ohne haltzumachen, etwa vier Meilen weiter. Dort schlug er sein Lager bei einer Wasserstelle auf, verließ es aber zur vierten Nachtwache wieder und kehrte dann zum Lager bei Aggar zurück. Ebenso begab sich auch Scipio in sein altes Lager.
77 (1) Die Bewohner von Thabena, Untertanen des Königs Iuba, die an der äußersten Seegegend von dessen Reich lebten, hatten in der Zwischenzeit die Besatzung des Königs erschlagen und Gesandte zu Caesar geschickt. Mit der Bekanntgabe ihrer Tat verbanden sie das Gesuch und die Bitte um Unterstützung von Seiten des römischen Volkes, in dessen Interesse sie gehandelt hätten. (2) Caesar lobte ihre Absicht und schickte den Tribunen Marcius Crispus mit einer Kohorte und Bogenschützen nebst einem Kontingent schweren Geschützes zum Schutz nach Thabena. (3) Zur selben Zeit gelangten bei Caesar Soldaten aus allen Legionen an. Diese waren früher durch Krankheit oder Urlaub gehindert gewesen, unmittelbar mit ihren Legionen nach Afrika überzusetzen. In einer einzigen Sendung stießen etwa 4000 Soldaten, 400 Reiter samt 1000 Schleuderern und Bogenschützen zu Caesar. (4) Er führte daher diese Truppen und alle Legionen, wie er sie geordnet hatte, aus dem Lager und stellte sie in der Ebene, fünf Meilen vom eigenen Lager, aber nur zwei Meilen von dem Scipios entfernt, auf.
78 (1) Unterhalb von Scipios Lager lag die Stadt Tegea88, wo er in der Regel eine Besatzung von 2000 Reitern hatte. (2) Diese Reiterei dehnte er nun rechts und links von den Seiten der Festung aus, führte seine Legionen aus dem Lager, rückte etwa 1000 Schritt von seinen Verschanzungen nach vorn und stellte sich am unteren Teil eines Hügels in Schlachtordnung auf. (3) Als Scipio jedoch allzu lange in seiner Stellung verweilte und so der Tag unnütz verstrich, ließ Caesar seine Reiterabteilungen89 einen Angriff gegen dessen Reiterei machen, die bei der Stadt stand. Zur Unterstützung schickte er noch Leichtbewaffnete, Bogenschützen und Schleuderer dorthin. (4) Kaum hatten die Iulianer begonnen, seinen Befehl auszuführen und in vollem Galopp den Angriff gestartet, als Pacideius90 auch schon anfing, die Front seiner Reiter in die Länge zu ziehen, um die iulianischen Reiterabteilungen nicht bloß zu umringen, sondern auch, um aufs tapferste und schärfste zu kämpfen. (5) Caesar bemerkte dies und ließ die 300 schlagfertigen Soldaten aus der in der Schlachtlinie dieses Gefechts nächststehenden Legion – er hatte gewöhnlich bei jeder Legion eine solche Abteilung – der Reiterei zu Hilfe kommen. (6) Labienus schickte unterdessen seinen Reitern berittene Unterstützung und ließ die Verwundeten und Erschöpften durch frische und unverbrauchte Reiter ablösen. (7) Nachdem die 400 Reiter Caesars dem Sturm der etwa 4000 feindlichen Reiter nicht standhalten konnten und als sie durch die leichtbewaffneten Numider Verluste erlitten und Schritt für Schritt zurückwichen, schickte Caesar den Bedrängten schnell eine weitere Reitereinheit91 zu Hilfe. (8) Dadurch wuchs ihr Mut, man wagte einen gemeinsamen Sturm auf den Feind und schlug ihn in die Flucht, wobei viele umkamen und viele verwundet wurden. Erst nachdem sie daraufhin den Feind drei Meilen weit bis auf die Hügel verfolgt hatten, begannen sie den Rückzug zu den eigenen Leuten. (9) Caesar blieb bis zur zehnten Stunde des Tages so, wie er sie aufgestellt hatte, stehen und zog sich dann ohne jeglichen Verlust in sein Lager zurück. (10) Pacideius selbst wurde in diesem Gefecht von einem Wurfspieß durch den Helm schwer am Kopf verwundet; außerdem wurden mehrere feindliche Offiziere und gerade die tapfersten Soldaten des Feindes entweder getötet oder verwundet.
79 (1) Der Feind ließ sich später durch nichts dazu bewegen, in die Ebene herabzuziehen und sich auf einen Kampf zwischen den Legionen einzulassen. Caesar konnte aus Mangel an Wasserstellen nicht näher an das feindliche Lager heranrücken. Er begriff, dass die Gegner sich dabei nicht so sehr auf ihre Tapferkeit verließen, als ihn vielmehr im Vertrauen auf seinen Wassermangel mit Geringschätzung bedachten. Insofern brach Caesar am zweiten Tag vor den Nonen des April92 um die dritte Nachtwache von Aggar auf, zog noch in der Nacht 16 Meilen weiter und machte vor Thapsus halt, wo Vergilius mit einer starken Besatzung lag. Nachdem das Lager aufgeschlagen war, begann er noch am selben Tag die Festung einzuschließen und vorteilhafte Punkte zu besetzen, damit der Feind nicht eindringen und im Inneren von Caesars Stellung festen Fuß fassen konnte. (2) Scipio, dem Caesars Absichten inzwischen klar geworden waren, sah sich nun zur Schlacht genötigt, wenn er nicht die äußerste Schande auf sich nehmen wollte, Vergilius samt den Bewohnern von Thapsus, die ihm doch so treu ergeben waren, preiszugeben. Er machte sich also sofort daran, Caesar über die Anhöhen hinweg zu verfolgen und bezog acht Meilen von Thapsus entfernt in zwei Lagern Stellung.
80 (1) Es gab einen Salzsee. Zwischen ihm und dem Meer befand sich eine Landenge von höchstens 1500 Schritt Breite. Diese Enge versuchte Scipio zu nutzen, um Thapsus zu Hilfe zu kommen; (2) Caesar hatte bereits damit gerechnet und hatte deshalb tags zuvor an diesem Punkt ein kleines Lager mit dreifacher Besatzung … errichtet, während er selbst mit der ganzen übrigen Streitmacht in seinem halbmondförmigen Lager vor Thapsus blieb, das er immer fester einschloss. (3) Scipio, dem der beabsichtigte Weg inzwischen abgeschnitten war, unternahm nun innerhalb eines Tages und einer Nacht den Marsch um den Salzsee herum und kam mit der Morgendämmerung in der Nähe des eben erwähnten kleinen Lagers von Caesar an. 1500 Schritt davon zum Meer hin entfernt, schlug er sein Lager auf und befestigte es. (4) Kaum hatte Caesar Nachricht davon erhalten, als er seine Leute von der Schanzarbeit abzog, den Prokonsul Asprenas93 mit zwei Legionen im Lager ließ und mit seiner übrigen kampfbereiten Streitmacht rasch an diese Stelle vorrückte. (5) Ein Teil seiner Flotte war ebenfalls vor Thapsus zurückgelassen worden, den übrigen Schiffen gab er Befehl, möglichst im Rücken des Feindes ans Land zu stoßen und auf sein Zeichen zu achten. Sobald er das Zeichen gegeben hatte, sollten sie plötzlich unter heftigem Geschrei den Feinden vom Rücken her einen unvermuteten Schrecken einjagen, so dass sie, verwirrt und erschreckt, gezwungen würden, ihre Aufmerksamkeit auf das, was hinter ihnen geschah, zu lenken.
81 (1) Bei seiner Ankunft bemerkte Caesar vor Scipios Wall die bereits gebildete Schlachtlinie des Feindes mit den Elefanten auf dem rechten und linken Flügel, während inzwischen nichtsdestoweniger die übrigen Soldaten ganz emsig an den Schanzen des Lagers arbeiteten. Caesar selbst bildete nun eine dreifache Schlachtordnung: Die zehnte und zweite Legion stellte er auf den rechten Flügel, die achte und neunte auf den linken; in einer vierten Schlachtreihe stellte er je fünf Kohorten aus der fünften Legion94 genau den Elefanten gegenüber auf; Bogenschützen und Schleuderer verteilte er auf beide Flügel, die Leichtbewaffneten schob er zwischen den Reitern ein. Er selbst ging zu Fuß bei seinen Soldaten herum, erinnerte die Veteranen an ihre Tapferkeit und an die früher bestandenen Schlachten, fand genau die richtigen Worte, mit denen er ihre Kampfeslust entfachte. (2) Die unerfahrenen Rekruten aber, die noch niemals an der Front gekämpft hatten, ermahnte er, der Tapferkeit der Veteranen nachzueifern und nur danach zu streben, durch einen Sieg den Ruhm, Rang und Namen dieser alterprobten Krieger auch für sich zu erwerben.
82 (1) Caesar bemerkte bei der Inspektion seines Heeres am feindlichen Wall eine große Unruhe, da die Feinde verschreckt bald hierhin, bald dorthin liefen und sich bald durch die Tore ins Lager zurückzogen, bald ohne Ordnung und Ruhe wieder herauskamen. (2) Dies bemerkten außer ihm auch noch andere. Die Legaten und Veteranan beschworen ihn deshalb, ohne Zögern das Zeichen zur Schlacht zu geben: Es werde ihnen von den unsterblichen Göttern der sichere Sieg prophezeit. (3) Caesar aber zögerte. Er widersetzte sich ihrem Übereifer und ihrer Kampfgier und rief laut, ihm gefalle es nicht, wie ein Belagerter zu kämpfen, der einen Ausbruch macht. Während er also die Schlachtreihe noch zurückhielt, fing plötzlich ohne seinen Befehl auf dem rechten Flügel ein Trompeter, von den Soldaten genötigt, zu blasen an. (4) Nun begannen alle Kohorten gegen die Feinde vorzurücken, obgleich sich die Zenturionen mit der Brust entgegenstemmten und die Soldaten mit aller Gewalt von einem Angriff gegen den Willen des Feldherrn abhielten; es fruchtete nichts.
83 (1) Caesar, der nun sah, dass jeder Widerstand gegen die angestachelten Gemüter der Soldaten vergeblich war, gab die Parole „Felicitas!“ aus und sprengte selbst in gestrecktem Galopp gegen die ersten Reihen der Feinde. (2) Inzwischen warfen auf dem rechten Flügel die dichtgestaffelten Bogenschützen und Schleuderer einen Geschosshagel gegen die Elefanten, die daraufhin durch das Schwirren der Schleudern und durch die Steinwürfe und Bleigeschosse in solche Panik gerieten, dass sie kehrtmachten, die dichtgedrängten Soldaten hinter ihnen niedertrampelten und durch die kaum halb fertigen Tore in das Lager einbrachen. (3) Die maurischen Reiter, die auf demselben Flügel bei den Elefanten aufgestellt waren, ergriffen, von ihrem Schutz verlassen, zuerst die Flucht. (4) Schnell kam man nun um die Tiere herum, die Legionen bemächtigten sich des feindlichen Lagerwalles, während die Feinde gehetzt in das Lager flohen, aus dem sie tags zuvor aufgebrochen waren; nur ganz wenige leisteten Widerstand und fielen.
84 (1) Hier darf besonders die Tapferkeit eines Veteranen der fünften Legion nicht unerwähnt bleiben. Auf dem linken Flügel war ein verwundeter, vor Schmerz wilder Elefant über einen unbewaffneten Trossknecht hergefallen, nahm ihn unter seine Füße, ließ sich dann mit dem Knie auf ihm nieder und drückte mit seiner Last den Unglücklichen zu Tode, während er den Rüssel unter großem Gebrüll in die Höhe hob und heftig hin und her schwenkte. Dies konnte jener Soldat nicht länger mit ansehen und stürzte sich mit seinen Waffen auf das Tier. (2) Kaum hatte der Elefant ihn mit gezücktem Speer kommen sehen, als er von dem Toten abließ, den Soldaten mit seinem Rüssel umschlang und ihn in die Höhe hob. (3) Der Bewaffnete verlor in dieser Gefahr seine Geistesgegenwart nicht, sondern hieb aus Leibeskräften ununterbrochen mit seinem Schwert auf den Rüssel ein, der ihn umschlang. (4) Vor Schmerz ließ der Elefant den Soldaten fallen, machte unter lautem Trompeten schleunigst kehrt und zog sich zu den übrigen Tieren zurück.
85 (1) Die Besatzung von Thapsus machte indessen einen Ausfall durch das Tor, das sich zur See hin öffnete, entweder um ihren Leuten Hilfe zu bringen oder um sich selbst durch Preisgabe der Festung zu retten. Bis an den Nabel im Meer watend, versuchten sie ans Land zu kommen, (2) wurden jedoch von den Sklaven und Trossknechten aus dem (iulianischen) Lager mit Steinen und Speeren vom Land zurückgetrieben und wieder zum Rückzug in die Stadt gezwungen. (3) Da Scipios geschlagenes Heer inzwischen über die ganze Ebene hinweg floh, nahmen Caesars Legionen unverzüglich die Verfolgung auf und gaben dem Feind keinen Augenblick Zeit, sich zu sammeln. (4) Diese waren auf der Flucht zu dem Lager gelangt, das sie hatten erreichen wollen, um sich in dem wiederhergestellten Lager von neuem zu verteidigen und einen Anführer zu suchen, dem sie vertrauen und unter dessen Autorität und Befehl sie kämpfen könnten. Doch als sie nun sahen, dass sich im Lager keine Spur von einer Besatzung fand, warfen sie die Waffen weg und flohen geradewegs in das Lager von König Iuba. (5) Als sie dort eintrafen, fanden sie aber auch dieses schon von Caesars Leuten besetzt. Ohne Hoffnung auf Rettung stellten sie sich nun auf eine Anhöhe, senkten ihre Waffen und entboten auf militärische Weise ihren Gruß. Doch dies half den Elenden wenig. (6) Denn in ihrem Zorn und Schmerz waren die Veteranen nicht nur nicht dazu zu bewegen, den Feind zu schonen, sondern töteten oder verwundeten sogar mehrere vornehme Männer aus Rom aus ihrem eigenen Heer, die sie als Urheber des Krieges bezeichneten. (7) Darunter befanden sich namentlich zwei: der ehemalige Quaestor Tullius Rufus, den ein Soldat ganz absichtlich durch einen Stoß mit seinem Wurfspieß tötete und Pompeius Rufus, der, am Arm von einem Schwert verwundet, nur dadurch sein Leben rettete, dass er schnell zu Caesar floh. (8) Dadurch verschreckt, entfernten sich viele römische Ritter und Senatoren vom Kampfplatz, um nicht ihr Leben durch diese Soldaten zu verlieren, die sich infolge dieses glänzenden Sieges die Freiheit erlaubten, maßlos in der Hoffnung zu wüten, wegen ihrer großartigen Taten ungestraft handeln zu dürfen. (9) Scipios Leute, so sehr sie auch um Caesars Schutz flehten, wurden deshalb alle ohne Ausnahme vor dessen Augen niedergemetzelt, obwohl er noch eindringlich um Schonung für sie bat.
86 (1) Caesar hatte die drei Lager des Feindes eingenommen, auf dessen Seite 50.000 Mann gefallen und eine Anzahl geflohen waren. Er selbst hatte nur 50 Soldaten verloren, einige wenige waren verwundet worden. Er brach nun zu seinem eigenen Lager auf, hielt aber sofort auf seinem Marsch bei Thapsus an und erbeutete 64 Elefanten, die ausgerüstet und bewaffnet sowie mit Türmen und Zaumzeug versehen waren; diese ließ er vor der Stadt in Schlachtordnung aufstellen. Sein Plan war es, Vergilius samt allen Belagerten durch dieses offenbare Zeichen des Unglücks, das Scipio getroffen hatte, von seiner Halsstarrigkeit abzubringen. (2) Daraufhin wandte er sich selbst an Vergilius und bot ihm die Möglichkeit zur Kapitulation an, wobei er an seine Nachsicht und Milde erinnerte. Vergilius aber gab ihm keine Antwort und Caesar zog sich daraufhin von der Stadt zurück. (3) Er brachte am folgenden Tag ein Opfer dar, berief seine Soldaten in eine allgemeine Versammlung, verteilte vor den Augen der Belagerten an seine Veteranen ohne Ausnahme Geschenke und verlieh dann noch vom Tribunal herab den Tapfersten und Verdientesten besondere Auszeichnungen. Dann ließ er den Prokonsul Rebilus95 mit drei Legionen bei Thapsus und Cn. Domitius mit zweien bei Thysdra zurück, wo Considius den Oberbefehl hatte, um die Belagerung fortzusetzen. Er selbst zog sofort darauf nach Utica, wohin er M. Messalla mit der Reiterei vorausgeschickt hatte.
87 (1) Die Reiter Scipios, die vom Schlachtfeld geflüchtet waren, waren auf ihrem Weg in Richtung Utica zu der Stadt Parada96 gelangt. (2) Als sie dort von den Bewohnern nicht eingelassen wurden, weil ihnen die Kunde von Caesars Sieg vorausgeeilt war, nahmen sie die Stadt mit Gewalt ein, schichteten auf der Mitte des Marktplatzes Holz und alle möglichen Habseligkeiten der Einwohner zusammen, zündeten das Ganze an, warfen alle Leute, ohne Unterschied des Geschlechts und des Alters, lebendig und in Fesseln in die Flammen und brachten sie so auf die denkbar schrecklichste Weise ums Leben. Danach gelangten sie auf direktem Weg nach Utica. (3) Vor einiger Zeit schon hatte M. Cato, der geglaubt hatte, bei den Bewohnern von Utica wegen der Vorteile, die ihnen die lex Iulia97 gewährte, keine große Unterstützung für seine Parteifreunde zu finden, das einfache Volk ohne Waffen aus der Stadt verjagt und hatte ihm als Aufenthaltsort vor der so genannten Porta Bellica ein Lager mit lediglich kleinem Graben aufgezwungen, das er mit Wachen umstellen ließ; die Ratsmitglieder der Stadt hielt er unter Beobachtung. (4) Scipios Reiter versuchten nun eben dieses Lager, dessen Bevölkerung sie auf Caesars Seite wussten, zu erobern, um sich durch deren Tod und Verderben für ihren eigenen Schmerz zu rächen. (5) Die Leute, denen Caesars Sieg Mut gemacht hatte, trieben jedoch den Feind mit Steinen und Prügeln weg. (6) Ohne also dieses Lager eingenommen zu haben, drangen die Reiter in die Festung Utica selbst ein, wo sie viele Einwohner töteten, ihre Häuser erstürmten und plünderten. (7) Cato, der sie auf keine Weise dazu bringen konnte, mit ihm zusammen die Stadt zu verteidigen und von Mord und Raub abzulassen, wusste wohl, was sie wollten und gab, um ihre Rücksichtslosigkeit zu bremsen, jedem einzelnen 100 Sesterzen. (8) Dasselbe tat aus eigenen Mitteln auch Sulla Faustus, verließ an ihrer Spitze Utica und eilte in das Reich Iubas.
88 (1) Inzwischen waren zahlreiche Flüchtlinge in Utica angekommen. Sie alle berief Cato zu sich, dazu die 300, die für Scipio Geld für seine Kriegsführung aufgebracht hatten und forderte sie auf, ihre Sklaven freizulassen und die Stadt zu verteidigen. (2) Als er jedoch nur einige von ihnen einverstanden gesehen hatte, die übrigen ihr Denken und Fühlen voll Furcht nur auf die Flucht richteten, ließ er von weiterem Zureden ab und wies ihnen sogar Schiffe an, damit sie fliehen könnten, wohin sie wollten. (3) Er selbst ordnete seine eigenen Sachen mit der größten Sorgfalt, empfahl seine Kinder L. Caesar an, der damals bei ihm Proquaestor war, begab sich, ohne dass ein Verdacht entstand, mit derselben Miene und denselben Worten, die man von früher her von ihm gewohnt war, zur Ruhe, nahm jedoch heimlich ein Schwert mit in sein Schlafgemach und stürzte sich hinein. (4) Er brach aber zusammen, noch ehe er seinen Geist ausgehaucht hatte. Als man Verdacht schöpfte und ins Zimmer eindrang, verschlossen und verbanden ein Arzt und die Angehörigen die Wunde, er aber riss sie unbarmherzig mit eigenen Händen wieder auf und starb so in voller Geistesgegenwart. (5) Obwohl die Bewohner von Utica diesen Mann um seiner Zugehörigkeit willen hassten, achteten sie dennoch seine besondere Uneigennützigkeit und bestatteten ihn feierlich: Denn er hatte sich ganz anders benommen als die übrigen Führer derselben Seite und hatte Utica erstaunlich gut mit Schanzen und Türmen befestigt. (6) Nach seinem Tod versuchte L. Caesar einen Vorteil aus diesem Vorfall zu schlagen, versammelte die Bewohner und sprach ihnen allen eindringlich zu, C. Caesar die Tore zu öffnen, zu dessen Milde er das größte Zutrauen habe. (7) Man öffnete daher die Tore und er ging dem Imperator Caesar aus Utica entgegen. Messalla, der wie befohlen Utica erreichte, ließ alle Tore mit Wachleuten besetzen.
89 (1) Caesar kam indessen auf seinem Marsch von Thapsus aus nach Usseta, wo Scipio einen großen Vorrat von Getreide, Waffen, Geschossen und anderen Sachen nebst einer schwachen Besatzung liegen hatte. (2) Er eroberte den Ort auf der Stelle und gelangte darauf nach Hadrumetum. Dort wurde er unverzüglich eingelassen, inspizierte die Waffen, das Getreide und die Kassen und schenkte Q. Ligarius98 und dem jungen C. Considius, die an Ort und Stelle waren, das Leben. (3) Noch am selben Tag verließ er Hadrumetum, wo Livineius Regulus99 mit einer Legion zurückblieb und zog nach Utica. (4) L. Caesar, der ihm entgegenkam, fiel auf dem Weg auf seine Knie und bat um nichts anderes als um sein Leben, (5) was ihm Caesar nach seiner Gemütsart und seinem Grundsatz gerne gewährte. Ebenso behandelte er nach seiner gewohnten Weise den Caecina, C. Ateius, P. Atrius, L. Cella, Vater und Sohn, M. Eppius, M. Aquinus, den Sohn Catos und die Kinder des Damasippus. Nach Utica kam er ungefähr, als die Lichter für die Nacht angesteckt wurden, und blieb die Nacht über vor der Stadt.
90 (1) Am Morgen des folgenden Tages zog er in die Stadt hinein, sprach in einer Versammlung, die er berief, Uticas Bewohnern aufmunternd zu und dankte ihnen für ihre Loyalität. Den römischen Bürgern und Handelsleuten aber sowie jenen von den 300, die für Varus und Scipio die Gelder besorgt hatten, machte er viele Vorwürfe, hielt über ihre Verbrechen eine längere Rede und hieß sie am Ende ohne Furcht vortreten: Nur das Leben solle ihnen geschenkt sein; ihre Güter wolle er verkaufen; wenn jedoch einer seine eigenen Güter selbst wieder kaufe, so wolle er den Güterverkauf aufheben und das Geld dafür als Strafe in Anrechnung bringen; so jemand könne seinen Besitz ungeschmälert behalten. (2) Als ihnen, denen vor Furcht alles Blut aus den Adern gewichen war und die ihrer schlechten Dienste wegen bereits an ihrem Leben verzweifelten, plötzlich eine Rettung angeboten wurde, nahmen sie freudig und begierig diese Bedingung an und baten Caesar, er solle allen 300 gemeinsam die Geldsumme in einem Betrag abfordern. (3) So befahl er ihnen die Zahlung von 200 Millionen Sesterzen, die dem römischen Volke innerhalb von drei Jahren in sechs Raten bezahlt werden mussten. Niemand von ihnen widersprach, vielmehr priesen sie ihn, ihnen sei durch ihn an diesem Tag erst erneut das Leben geschenkt worden und dankten ihm voller Freude.
91 (1) Sobald König Iuba aus der Schlacht geflohen war, gelangte er in der Zwischenzeit in Gesellschaft des Petreius in sein Reich. Bei Tag hielt er sich in Gehöften verborgen, während der Nacht setzte er seine Reise fort. Er gelangte nach Zama, wo er seine Residenz, seine Frauen und Kinder hatte; dorthin waren auch aus dem ganzen Reich seine Geldsummen und was ihm sehr lieb und teuer war gebracht worden. Die Stadt selbst war zu Beginn des Krieges noch stärker befestigt worden. (2) Die Bewohner, die Caesars Sieg durch das erhoffte Gerücht bereits vernommen hatten, ließen ihn aus folgendem Grund nicht in die Stadt: Iuba hatte, als er gegen das römische Volk die Waffen ergriff, in Zama Holzmassen angehäuft und auf dem Markt den größten Holzstoß errichtet; er wollte, wenn er unterläge, alle Besitztümer dort aufhäufen, alle Bürger ermorden und darauf werfen, das Ganze anzünden, schließlich sich selbst darüber ermorden und sich samt Frauen, Kindern, Bürgern und allen königlichen Schätzen verbrennen. (3) Jetzt stand er vor den Toren dieser Stadt und verhandelte lange und viel mit den Bewohnern zuerst unter Drohungen und mit dem Hinweis auf sein Herrschaftsrecht; als dies jedoch nichts fruchtete, verlegte er sich auf Bitten und Flehen, ihm in seine Wohnung Einlass zu gewähren; als sie sich noch immer halsstarrig zeigten und weder Bitten noch Drohungen dazu führten, dass sie ihn aufnahmen, bat er zum dritten Mal, ihm Frauen und Kinder zu übergeben, damit er sie mit sich nehme. (4) Die Einwohner aber gaben ihm gar keine Antwort und er musste sich unverrichteter Dinge von Zama entfernen. Von Petreius und einigen Reitern begleitet, begab er sich auf eines seiner Landgüter.
92 (1) Die Bewohner von Zama schickten unterdessen in dieser Angelegenheit Gesandte zu Caesar nach Utica und baten ihn um Hilfe, bevor Iuba sich eine Truppe zusammenstellen und sie angreifen könne: Sie seien im Gegenzug bereit, sich und die Stadt, solange sie lebten, nur ihm treu zu erhalten. (2) Caesar lobte die Gesandten und befahl ihnen, in ihre Heimat zurückzukehren und seine Ankunft zu verkünden. Gleich am folgenden Tag verließ er Utica und trat mit seiner Reiterei den Marsch in das Königreich Mauretanien an. (3) Auf dem Weg schon kamen ihm viele Führer von Iubas Heer entgegen und baten ihn um seine Verzeihung. (4) Er gewährte sie den Bittenden und sie gelangten nach Zama. Bald verbreitete sich das Gerücht von seiner Milde und Gnade und fast alle königlichen Reiter stellten sich dort bei ihm ein und er befreite sie von aller Furcht und Gefahr.
93 (1) Während dieser Entwicklung auf beiden Seiten hatte Considius, der mit seinem Gesinde, Gladiatoren und Gaetulern in Thysdra lag, von der Niederlage Scipios erfahren und verließ, in Angst vor Domitius und dem Anrücken seiner Legionen, die Festung ohne Hoffnung auf Rettung: Von wenigen Gaetulern begleitet und schwer mit Geld beladen floh er heimlich und wollte nach Mauretanien. (2) Allein die Gaetuler, seine Begleiter, bekamen selbst Lust nach dem Gold, schlugen ihn nieder und zerstreuten sich mit der Beute so weit wie möglich. (3) Inzwischen hatte C. Vergilius eingesehen, dass er, zu Wasser und zu Lande eingeschlossen, nichts ausrichten konnte: Seine Leute waren tot oder geflohen, M. Cato hatte in Utica selbst Hand an sich gelegt, der König, heimatlos und von seinen Leuten im Stich gelassen, wurde von allen verschmäht, Saburra und seine Truppen waren von Sittius vernichtet worden, in Utica hatte Caesar sofort Aufnahme gefunden und von dem ganzen gewaltigen Heer war nichts mehr übriggeblieben; so nahm er für sich und seine Kinder von dem Prokonsul Caninius, der ihn belagerte, freies Geleit an und übergab sich, seine ganze Habe und die Stadt dem Prokonsul.
94 (1) Der König, der von allen Gemeinden ausgeschlossen wurde, gab inzwischen jede Hoffnung auf eine Rettung auf. Nachdem beide gespeist hatten, kämpften er und Petreius mit dem Schwert gegeneinander, damit es den Eindruck erwecke, als seien sie tapfer ums Leben gekommen und der stärkere Iuba tötete leicht den schwächeren Petreius. (2) Als er im Anschluss versuchte, mit eigener Hand seine Brust mit dem Schwert zu durchstoßen, es aber nicht fertigbrachte, erhörte ein Sklave seine drängende Bitte und nahm ihm das Leben.
95 (1) P. Sittius, der Iubas General Saburra geschlagen und getötet hatte, stieß unterdessen auf seinem Marsch, als er mit wenigen Begleitern durch Mauretanien zu Caesar gelangen wollte, zufällig auf Faustus und Afranius, die an der Spitze jener Mannschaft standen, mit der sie Utica geplündert hatten und nun nach Spanien wollten: Im ganzen waren es etwa 1000 Mann. (2) Deshalb stellte er noch in der Nacht auf die Schnelle einen Hinterhalt. Bei dem Angriff, der frühmorgens geschah, fielen außer wenigen flüchtig gewordenen Reitern der Vorhut, alle übrigen oder wurden gefangengenommen. Afranius und Faustus fielen lebendig mit Frau und Kind in die Hände des Sittius. (3) Beide fanden nach einigen Tagen bei einer Unruhe unter den Soldaten ihren Tod; Pompeia und den Kindern des Faustus schenkte Caesar ihr Leben und alle ihre Güter.
96 (1) Scipio, in Begleitung des Damasippus, Torquatus und Plaetorius Rustianus, wollte nach Spanien, irrte aber mit seinen Kriegsschiffen lange und viel umher, bis sie endlich nach Hippo Regius verschlagen wurden, wo gerade die Flotte des P. Sittius lag. (2) Ihre wenigen Schiffe wurden von der größeren Zahl feindlicher Fahrzeuge versenkt und Scipio nebst seinen eben genannten Begleitern fand hier den Tod.
97 (1) Caesar aber versteigerte indessen in Zama die Güter des Königs und derjenigen Einwohner, die, obgleich römische Bürger, dennoch gegen das römische Volk die Waffen erhoben hatten; den übrigen, die zuerst den Plan gefasst hatten, den König abzuweisen, erteilte er Belohnungen, die königlichen Auflagen und Zölle wurden abgeschafft. Das Königreich wurde in eine römische Provinz umgestaltet, deren Kriegsverwaltung der Prokonsul L. Crispus Sallustius erhielt. Nach all diesem begab er sich dann wieder von Zama nach Utica, (2) wo er ebenfalls die Güter derjenigen einzog, die unter Iuba und Petreius als Offiziere gedient hatten. Die Bewohner von Thapsus mussten zur Strafe zwei Millionen Sesterzen zahlen, ihr ganzer Bezirk drei Millionen, die Bürger von Hadrumetum ebenfalls drei Millionen, ihr ganzer Bezirk dagegen fünf Millionen; ihre Städte und ihr Eigentum schützte er dafür vor jeder Gewalt und Räuberei. (3) Die Bürger von Leptis, die Iuba in den letzten Jahren ausgeplündert hatte, so dass der römische Senat, bei dem sie durch Gesandte Klagen führten, nach der Schätzung von Schiedsrichtern Entschädigung leistete, strafte er mit der jährlichen Auflage von drei Millionen Pfund Öl und zwar deshalb, weil sie gleich zu Anfang bei einer Auseinandersetzung unter ihren vornehmen Bürgern ein Bündnis mit Iuba geschlossen und ihn mit Waffen, Soldaten und Geld unterstützt hatten. (4) Die Bewohner von Thysdra strafte er wegen der Bedeutungslosigkeit ihrer Stadt nur mit einer bestimmten Menge Getreide.
98 (1) Nach diesen Maßnahmen ging er an den Iden des Iuni100 in Utica an Bord seiner Flotte und kam nach dem dritten Tag in Caralis auf Sardinien an. (2) Die Bewohner von Sulci, die den Nasidius und seine Flotte aufgenommen und seine Truppen unterstützt hatten, strafte er mit zehn Millionen Sesterzen, befahl, dass sie statt des zehnten den achten Teil der Landeserzeugnisse entrichten sollten, zog die Güter einiger Personen ein und ging am vierten Tag vor den Kalenden des Quintilis101 wieder an Bord. Von Caralis schließlich fuhr er der Küste entlang und gelangte endlich am 28. Tag102 in die Gegend von Rom, nachdem er bis dahin von Stürmen vielfach in den Häfen zurückgehalten worden war.