2.7    Schritt 5: Inhalte konzipieren und Media einplanen

Glückwunsch. Nach den Schritten 1 bis 4 sind Sie nun bereit für den wichtigsten Schritt: die Inhalte zu konzipieren, zu planen und auf Ihren Social-Media-Kanälen zu verbreiten. Oft kommen Kunden genau an dieser Stelle zu uns. Sie haben bereits eine Facebook-Seite, posten dort Ihre Inhalte, kommen aber nicht auf die gewünschten Engagements. Häufig liegt es daran, dass die Inhalte einfach nicht ansprechend und zielführend sind. Bei der Content-Entwicklung für Social Media ist sehr viel Kreativität gefragt. Hochwertiger Content lebt von Authentizität und seiner ansprechenden Darstellung.

2.7.1    Die Content-Strategie

Um in Social Media erfolgreich zu sein, braucht es vor allem eines: gute Stories. Und an dieser Stelle hilft Ihnen Ihre Vision. Aus der Version können Sie nämlich eine Core Story ableiten, und aus dieser Core Story lassen sich dann unterschiedliche Themen und Formate definieren (siehe Abbildung 2.9). Im Zentrum aller Ihrer Inhalte steht diese übergeordnete Story, die in jedem Social-Media-Beitrag erkennbar ist. Um eine Core Story für Ihr Unternehmen zu schreiben, begeben Sie sich in die Rolle eines Regisseurs, der ein Drehbuch schreiben will. Fragen Sie sich (unter Berücksichtigung all Ihrer Erkenntnisse über Ihre Zielgruppen und die Customer Journey natürlich), welche typische Reise Ihr Kunde durchläuft, bis er zu Ihnen kommt. Wie ist Ihr Held (Protagonist/Archetyp) gestrickt?

Das Core Story Canvas: Aus der Core Story ergeben sich Themen und Formate. (Grafik: eigene Darstellung, Umsetzung: Justus Wunschik, bfmg.de)

Abbildung 2.9     Das Core Story Canvas: Aus der Core Story ergeben sich Themen und Formate. (Grafik: eigene Darstellung, Umsetzung: Justus Wunschik, bfmg.de)

Ein Beispiel: Die typische Geschichte von eBay Business lautet so: Nate Victor ist noch an der Highschool, als er im Jahr 2000 damit beginnt, Hi-Fi fürs Auto online zu verkaufen. Er träumt davon, etwas aus seinem Leben zu machen, und startet sein Business ganz einfach mit eBay. Heute ist sein Unternehmen Sonic Elektronix überaus erfolgreich. Die Geschichte von Nate ist eBays Referenzgeschichte, die Core Story, die für etliche Business-Kunden steht. Dank eBay haben viele Anbieter vom Schlafzimmer aus ihr Business starten können. Wenn Sie die ganze Geschichte von Nate sehen wollen: eBay hat ihn unter dem Titel »eBay Thanks You – Sonic Electronix eBay« porträtiert (http://www.youtube.com/watch?v=GTnl0YiRXwM).

Marketing-Take-away: Was ist Content Marketing?

Content Marketing ist ein Marketingschlagwort und dabei gar nicht so neu. Lego startete bereits in den 1990er Jahren damit, Content Marketing zu nutzen und im Internet nützliche Informationen zu seinen Produkten anzubieten. Dennoch wurden in den letzten Jahren unzählige Beiträge, Whitepaper und Bücher veröffentlicht, wie man mit hochwertigen Inhalten relevante Kunden erreicht, sie aktiviert und involviert. Woran liegt das? Nicht zuletzt haben weitreichende Updates des Google-Algorithmus und das veränderte Kaufverhalten dazu geführt, dass Content Marketing immer stärker als die eigene Online-Strategie definiert wird. Unternehmen müssen Content zur Verfügung stellen, um im Web gefunden und von Usern auch in sozialen Netzwerken geteilt werden zu können. Die Inhalte sind nicht werblich, sondern informativ und wollen den Nutzern einen Mehrwert bieten. Sie werden auf der Unternehmens-Website, in Blogs und auf Social-Media-Plattformen verbreitet. Ebenso werden Inhalte in Form von E‐Books, Whitepapers, Videos und Newslettern zur Verfügung gestellt. Mit Content Marketing sind also immer die Ziele verbunden, neue Kunden zu gewinnen und bestehende Kunden zu halten. Content Marketing für Social Media ist nur ein Teilgebiet des gesamten Content Marketings.

2.7.2    Themen und Formate im Content-Mix

Im vierten und fünften Kreis von Abbildung 2.9 sehen Sie mögliche Themen und Formate. Keine Sorge, Sie müssen nicht alles davon umsetzen. Fokussieren Sie sich auf drei bis vier Themen, die Sie immer wieder in Ihren Postings behandeln. So generieren Sie stringente und erwartbare Content-Formate mit einem hohen Wiedererkennungswert. Sie können sich auch nur einem Thema widmen.

Legen Sie Schwerpunktthemen für Ihre unterschiedlichen Social-Media-Kanäle fest. Das wären z. B. auf Facebook eher Trends und Facts, bei Instagram Produkte und behind the scenes sowie auf LinkedIn und XING Studien und Analysen. Das heißt nicht, dass die Themen dann nicht auch auf den anderen Kanälen abgespielt werden dürfen oder können: Abseits der jeweiligen Schwerpunktthemen haben alle Themen Platz, die für Ihr Publikum relevant sind oder sein können.

Das Ziel eines Contents kann aber auch sein, Traffic von Facebook in den eigenen Blog oder auf die Landingpage herüberzuziehen, damit die User in Ihrem Blog Ihre E‐Mail-Adresse hinterlegen. Dann muss natürlich alles aufeinander abgestimmt sein: Facebook-Post, Lead-Magnet im Blog (z. B. kostenloses Whitepaper) und anschließend Upselling über einen Online-Kurs. Welche Inhalte sich für welchen Kanal besonders eignen, erklären wir in den jeweiligen Kapiteln noch einmal genau.

2.7.3    Mobile-only-Content

Social Media werden von der absoluten Mehrheit der User, unabhängig vom Kanal, mobil genutzt: Bei Instagram beträgt der Anteil der mobilen Nutzung 100 % und bei Facebook mitunter 95 %. In Social Media gilt daher nicht Mobile first, sondern Mobile only. Kreieren Sie Inhalte, die zu 100 % auf Smartphones funktionieren.

Was ist das wichtigste Gut für einen Social-Media-Nutzer? Der Faktor Zeit. Wir sitzen nicht mehr vor unseren Fernsehern mit Fernbedienung und TV-Programm, sondern wir leben in einer On-Demand-Kultur, und überall lauern interessante Angebote und regelrechte Aufmerksamkeitskiller. Das Social Web ist überfrachtet mit Inhalten, die dem Nutzer Zeit rauben. Was müssen Sie also tun? Interessant ablenken! Deshalb müssen Ihre Videos auf den ersten Blick überzeugen (siehe Abbildung 2.10).

Das ZDF-Video holt die User gleich zu Beginn ab.

Abbildung 2.10     Das ZDF-Video holt die User gleich zu Beginn ab.

Übrigens: Bilder und Grafiken können innerhalb von einer Zehntelsekunde verstanden werden und funktionieren je nach Komplexität des zu vermittelnden Themas besser als Videos, oder eben auch umgekehrt.

2.7.4    Radikal relevante Inhalte mit Storytelling

Unternehmen rufen immer dann nach »mehr Relevanz«, wenn die Inhalte nicht funktionieren. Doch bevor Sie nach Relevanz schreien, fragen Sie sich doch einmal selbst, ob Sie den Post über die zehn neuen Azubis selbst teilen würden oder ob Sie das Video »Wir wünschen Ihnen eine schöne Weihnachtszeit« auch spannend finden. Wie wäre es stattdessen mit Ihrer persönlichen Neujahrsansprache oder einer Mitarbeiter-Story »Vom Azubi zum Abteilungsleiter«? Oft liegen Welten zwischen den Inhalten, die Ihre Zielgruppe spannend findet und dem, was Sie als relevant erachten. Es stimmt, Sie brauchen relevante Inhalte – oder besser gesagt: Sie brauchen radikal relevante Inhalte. Das ist die Schnittmenge aus den Themen, an denen Ihre Zielgruppe interessiert ist (kurzweiliger Content, unterhaltsame Stories) und den Themen, bei denen Sie wirklich authentisch sind – und es gibt nur eine Sache, die Ihnen dabei hilft, zu relevanten Inhalten zu gelangen: Storytelling.

Ganz egal, ob Sie ein großes Unternehmen in München oder ein Qi-Gong-Lehrer aus Werder sind, Sie profitieren beide von Storytelling. Unternehmen können heute nur noch am Markt erfolgreich sein, wenn sie spannende Geschichten erzählen. Denn Geschichten sind die einzige Möglichkeit, um die Aufmerksamkeit der Kunden zu gewinnen. Seit 25.000 Jahren erzählen sich Menschen Geschichten, früher am Lagerfeuer, heute im Café oder im Social Web. Bevor es Bücher gab, waren Geschichten ein probates Mittel, um Wissen weiterzugeben (»Wenn du jemandem etwas erklären willst, dann erzähle ihm eine Geschichte«). Geschichten ermöglichen einen leichten Einstieg, selbst in komplexe Themen, da sie immer nach dem gleichen Muster (Held, Konflikt, Auflösung) erzählt werden. Diese Erzählstruktur lernen Menschen bereits im Kindesalter, wenn sie die Märchen der Gebrüder Grimm erzählt bekommen, und an diese Erzählstruktur kann das Gehirn leichter anknüpfen.

2.7.5    Die Vorteile des Storytellings

Verstehen Sie Storytelling nicht falsch. Es geht nicht um Märchenstunde in Social Media, sondern um Marketing! Geschichten können vor allem Komplexität reduzieren. Informationen über Produkte und Dienstleistungen können so wesentlich leichter an den Kunden herangetragen werden. Ein erklärungsbedürftiges Produkt oder eine komplexe Dienstleistung mit hohem Kaufrisiko kann somit vereinfacht dargestellt und für den potenziellen Kunden verständlich aufbereitet werden. Geschichten tragen aber nicht nur positiv zum Produktverständnis bei, sondern auch zur Erinnerung. Wenn eine Dienstleistung oder ein Produktkauf einmal mit einer Geschichte verknüpft wurde, wird das so schnell nicht wieder vergessen. Geschichten sind aber auch deshalb wichtig, da die Konsumenten Produkte mit einer einzigartigen Philosophie und einem guten Lebensgefühl kaufen möchten. Storytelling ist eine geeignete Methode, um genau das zu bedienen, über eine Geschichte, die emotional, sinnstiftend und verständlich zugleich ist. Storytelling ist also auch eine Methode, um Produkte und Services emotional aufzuladen:

Marketing-Take-away: Überzeugen Sie mit Storytelling

Die größte Stärke von Storytelling liegt in der Überzeugungskraft. Mit Storytelling können Sie Geschäftspartner, Mitarbeiter und Kunden überzeugen. Ein guter Verkäufer ist der, der Geschichten erzählt, nicht wahr? Doch verwechseln Sie Storytelling nicht mit Imagefilmen oder Produktgeschichten im Erklärfilmformat. Wenn Sie gute Geschichten erzählen wollen, beachten Sie Folgendes:

  1. Jede gute Story bedarf eines Grundes, erzählt zu werden. Sie brauchen eine emotional bedeutende Ausgangssituation.

  2. Jede Story bedarf eines Helden. Herausragende Stories im Social Web (HORNBACH – Herrenzimmer, Edeka – #Heimkommen, VW – The Dark Side) werden von einem sympathischen oder polarisierenden Helden getragen.

  3. Jede Story bedarf eines Konflikts. PR und Marketing reden ungern über Konflikte, aber in Geschichten lieben wir Konflikte.

  4. Jede Story bedarf der Aufmerksamkeit.

  5. Jede Story bedarf der Viralität. Ein schlauer Plot arbeitet sich zu einem Höhepunkt hin, verrät aber immer nur so viel, dass der Zuschauer dranbleibt.

In Social Media lassen sich Geschichten auch innerhalb weniger Sekunden erzählen. Das wichtigste Format ist gerade einmal 15 Sekunden lang. Genau, gemeint sind Instagram Stories, Facebook Stories und Snaps. Hier haben Sie nicht viel Zeit, um Held, Konflikt und Ereignisse zu etablieren und müssen schnell auf den Punkt kommen. Reihen Sie Ihre Story-Snippets zu einer großen Story aneinander.

In Abschnitt 4.4, »Storytelling«, erläutern wir, wie Sie Geschichten erzählen, wie Sie einen Helden erschaffen, Konflikte einweben und daraus eine unerwartete Handlung kreieren, die für Aufmerksamkeit im Social Web sorgt.

2.7.6    Die Influencer-Strategie

Erfolgreiches Marken-Branding im Social Web kommt heute nicht mehr ohne Influencer Relations oder Influencer Marketing aus. Große Marken und Unternehmen arbeiten kontinuierlich mit Influencern zusammen, laden sie zu Vorveröffentlichungen ein, machen Kampagnen mit ihnen und bauen sich so über die Jahre eine gute Beziehung zu ihren Influencern auf. Influencer sind Personen, die andere Personen aufgrund ihrer Reichweite, ihres Status oder ihrer Berühmtheit beeinflussen (Influencer ist dem englischen Wort influence, dt. »Einfluss«, entlehnt). Am besten kann man den Effekt von Influencern bei Lifestyle-Produkten beobachten. Erst wenn Stars, Promis, Musiker und eben Menschen mit einem hohen Einfluss im Social Web eine bestimmte Marke tragen, wird sie zum Trend.

Diesen Prozess kann man auch bei Innovationen, vor allem technischen Innovationen, beobachten. Zur Verbreitung und der Alltagsintegration neuer Technik tragen in den unterschiedlichen Stadien unterschiedliche Gruppen bei (sogenannte Diffusionstheorie). Zuerst probieren, testen oder kaufen die Innovatoren die neuen Produkte oder Technologien. Danach folgen die Early Adopters (frühzeitigen Anwender), danach die Early Majority (frühe Mehrheit), danach die Late Majority (späte Mehrheit) und schließlich die Late Adopters (Nachzügler). Influencer können je nach ihrem Themenschwerpunkt in allen Phasen für Kampagnen gebucht werden. Es kommt auf das Produkt an. Fakt ist: Damit Influencer über Sie sprechen oder schreiben, müssen Sie ihnen etwas bieten: monetäre Anreize, Reputation (indem Sie in Aussicht stellen, dass das Bild auf die Social-Media-Kanäle der Marke kommt), Status und Anerkennung.

Die richtigen Influencer finden

Was zeichnet einen digitalen Influencer aus? Ab wann übt ein Nutzer Einfluss auf einen anderen Nutzer aus? Laut Altimeter ist das soziale Kapital der Person ein ganz entscheidender Faktor für Influence. Soziales Kapital ist der Katalysator für den Einfluss des Nutzers. Soziales Kapital bezieht sich auf die Beziehungen zwischen Personen und das Netzwerkpotenzial im Freundes- und Bekanntenkreis. Soziales Kapital in Bezug auf Digital Influence kann man anhand von drei Säulen festmachen: Reichweite, Relevanz und Resonanz, wobei Reichweite und Relevanz die Resonanz beeinflussen (siehe Abbildung 2.11).

Digitale Influencer erzeugen durch Reichweite und Relevanz Resonanz im sozialen Netzwerk. (Quelle: Brian Solis, Altimeter, 2012, »The Rise of Digital Influence«, http://de.slideshare.net/Altimeter/the-rise-of-digital-influence)

Abbildung 2.11     Digitale Influencer erzeugen durch Reichweite und Relevanz Resonanz im sozialen Netzwerk. (Quelle: Brian Solis, Altimeter, 2012, »The Rise of Digital Influence«, http://de.slideshare.net/Altimeter/the-rise-of-digital-influence)

Reichweite ist also nicht das einzige wichtige Merkmal von Influence. Gemeinsam mit der Relevanz, die durch das Vertrauen in die Person, die allgemeine Autorität der Person und die Themenaffinität (Häufigkeit der Beiträge über ein bestimmtes Thema) beeinflusst wird, bilden sie die Grundlage für Resonanz im Netzwerk, und nur dann kommen tatsächlich messbare Effekte in großen Communitys oder Special Interest Communitys zustande. Diese Darstellung von Altimeter hilft Ihnen, Ihre Influencer einzuteilen. Große Unternehmen arbeiten bereits mit selbst entwickelten Influencer-Scorings und teilen die User nach diesen Parametern ein. Ohne einen gut sortierten Pool an Influencern, die Sie erreichen möchten, riskieren Sie, wertvolle Zeit zu verlieren, da Ihre Influencer möglicherweise veraltet, irrelevant, am falschen Standort oder nicht empfänglich für PR- oder Marketinganfragen sind.

2.7.7    Planen Sie Media-Budget ein

Das Zusammenspiel in einem Satz zusammengefasst: Ohne Owned Media keine Paid Media und ohne Paid Media keine Earned Media (siehe Abbildung 2.12). Sie brauchen Paid Media, um Ihren Content zu verbreiten und um für Gespräche und Engagement (Likes, Kommentare, Shares, Klicks, Views) zu sorgen. Damit Ihre Social-Media-Maßnahmen in Social Media von Erfolg gekrönt sind, brauchen Sie eine gute Story, die es wert ist, erzählt zu werden, und Media Budget.

Nur ein Zusammenspiel aus Paid, Owned und Earned Media führt zu Reichweite und Engagement. (Grafik: Justus Wunschik, bfmg.de)

Abbildung 2.12     Nur ein Zusammenspiel aus Paid, Owned und Earned Media führt zu Reichweite und Engagement. (Grafik: Justus Wunschik, bfmg.de)