4. Vom Recht auf Bargeld: Warum die Bürger zahlen sollen, wie sie wollen

Angriffe auf ihr Geld erlebten die Menschen zu allen Zeiten. In Frankreich erklomm 1286 Philipp IV. aus der Dynastie der Kapetinger den Thron, mit 17 Jahren. Nach einem Jagdunfall starb er bereits mit 46. Trotzdem bleibt er in Erinnerung, denn er etablierte Frankreich als Großmacht und zerschlug den Templerorden. Wegen seiner ritterlichen Maße erhielt Philipp den Beinamen der Schöne. Später gaben ihm die Franzosen den Beinamen der Falschmünzer: Er streckte für seine Eroberungen die Goldmünzen mit billigem Kupfer – und nötigte die Bürger durch Polizisten, das schlechte Geld anzunehmen.

Heute erleben die Bürger einen Angriff aufs Bargeld durch große Konzerne. Und durch Politiker und Ökonomen, die es abschaffen möchten, um Verbrechen zu bekämpfen. Doch die Menschen haben ein Recht aufs Bargeld. Sie sollen zahlen, wie sie wollen. Alles andere würde ihren Willen ignorieren. Das müssen die Regierungen akzeptieren.

Auch im Ursprungsland von Apple Pay sind Scheine und Münzen nach wie vor gefragt. Die Amerikaner zahlen jeden zweiten Einkauf unter 25 Dollar so. «Das Bargeld soll bleiben», erklärt die österreichische Rentnerin Waltraud Pacher. «Ich habe Geld gerne in der Hand. Wenn ich lese, will ich auch ein Buch in der Hand haben und keinen E-Reader.» Die deutlich jüngere Schülerin Andrea Gelo stimmt ihr zu: «Ich kann mir beim Fortgehen am Wochenende nicht vorstellen, ausschließlich mit Karte oder Smartphone zu bezahlen.» Drei von vier Deutschen fänden es schlecht, wenn es keine Münzen und Scheine mehr gäbe. Eine Mehrheit misstraut beim Zahlen Digitalkonzernen wie Apple.

«Die Schweiz wird als letztes Land Bargeld abschaffen»

In der Corona-Krise vermieden es zwar mehr Menschen, mit Bargeld zu zahlen. Doch gleichzeitig gewährten Münzen und Scheine den Menschen Sicherheit, wie in anderen Krisen zuvor. «Bargeld gewährt Gewissheit und Kontrolle, die digitalen Geldformen fehlen», sagt die Harvard-Professorin Shelle Santana, die die Psychologie des Geldes erforscht. Berater empfehlen als generelle Schutzmaßnahme, immer genug Bares zuhause zu haben, um damit ein paar Tage lang Einkäufe zu bezahlen.

Auch außerhalb solcher extremen Zeiten schätzen Menschen Münzen und Scheine. Gerade, um ihre Intimsphäre intim zu halten. «Bargeld hat einen wichtigen Vorteil, es ist anonym», sagt der Wirtschaftsweise Volker Wieland. «Die Zahlung wird in der Regel nicht in Verbindung mit meinem Namen registriert. Meine Daten werden dann nicht gesammelt. Das heißt, wer will, kann primär mit Bargeld zahlen, um damit weniger Daten zu generieren.»

Bargeldlose Anbieter haben ein großes Eigeninteresse, ob Kreditkartenfirmen oder Apple und Google, sagt Ulrich Horstmann. «Sie verdienen zunächst an den Gebühren, und sie kassieren von ihren Kunden eine Fülle persönlicher Daten. Die verkaufen sie dann gegen gutes Geld etwa an Marktforscher.»

Bei jeder digitalen Zahlung werden Daten über den Kunden gespeichert. Wer bar zahlt, entzieht sich dem. Er wird weniger gläsern für alle Mächte, die daran ein Interesse haben. Deshalb ist Bargeld Freiheit, die es zu verteidigen gilt.

«Im Gegensatz zum Bargeld», warnt der Buchautor Adrian Lobe, «kann beim digitalen Zahlen jede Transaktion nachvollzogen werden: wo man nachts an der Tankstelle noch eine Flasche Gin kauft, ob man Zigaretten erwirbt oder wie häufig man in der Apotheke Schmerztabletten holt. Daraus erstellen Algorithmen Risikoprofile, die auch unbescholtene Bürger unter Verdacht stellen, weil in den Modellen der Kauf eines Vorschlaghammers mit höherem Risiko gewichtet wird – auch wenn das Werkzeug nicht zu Einbruchszwecken, sondern im eigenen Garten gebraucht wird. Das interessiert Algorithmen nicht – sie operieren stur nach Schema F.»

Die Abschaffung des Bargelds zu verhindern heißt auch, kulturelle Unterschiede zu respektieren. Ja, Skandinavier zahlen zum größten Teil digital. Sie legen einfach weniger Wert auf Anonymität als andere Nationen. Wie viel der Kollege oder Nachbar verdient, ist über die Steuererklärung einsehbar, ohne dass dagegen protestiert würde. Schweizer, Italiener oder Deutsche legen mehr Wert auf Privatsphäre. Hier will man nicht, dass der Kollege oder Nachbar das eigene Gehalt kennt – und fragt auch nicht danach. «Die Schweiz wird das letzte Land sein, das das Bargeld abschafft», prophezeit Thorsten Hens, Finanzforscher an der Universität Zürich.

Die Bürger solcher Nationen sollten weiter bar zahlen können. Es gibt gute Gründe dafür. Wer über Bargeld verfügt, liefert sich der Technik nicht völlig aus. 2018 legte ein Brand bei der Telefongesellschaft Korea Telecom halb Seoul lahm, neben den Krankenhäusern auch die Zahlterminals. Die Einwohner der südkoreanischen Hauptstadt, die kaum noch Bargeld im Portemonnaie haben, konnten auf einmal nur noch bar zahlen. Binnen weniger Stunden waren alle Bankautomaten leergeräumt. Wem das zu fortschrittsskeptisch klingt, der hat nie einen Hurrikan oder Tornado erlebt, der den Strom und damit das Internet ausschaltet. Oder eine Corona-Pandemie. Im März 2020 waren US-Anlagefirmen wie Vanguard und Fidelity teils tagelang online off. Ausgerechnet, als Anleger auf den Börsen-Crash reagieren wollten. Solche Erlebnisse verunsichern.

Neben physischen Viren sind auch virtuelle Viren gefährlich. Was, wenn ein Cyberangriff das Zahlungssystem eines Anbieters lahmlegt, oder die halbe Volkswirtschaft? Dann verwandeln sich die Vorteile digitaler Zahlung in Nachteile. «Schwedische Behörden sagten uns, man könne die Bevölkerung in so einem Fall eine Woche mit Bargeld versorgen, bevor das totale Chaos ausbricht», erzählt der britische Verbraucherschützer James Daley. «Das ist ein weiterer Grund, nicht auf Bargeld zu verzichten.» Genauso wie die Tatsache, dass sozial Schwache oft nicht digital zahlen können.

Manche Menschen haben mit Münzen und Scheinen eine bessere Kontrolle darüber, wie viel sie ausgeben. Der österreichische Kellner Michael Mustafic findet, er habe einen anderen Bezug zu Ausgaben, wenn er 50 Euro in die Hand nimmt, um zu zahlen. Forscher ermittelten, dass beim Bargeld der stärkste Verlustschmerz entsteht. Der Käufer holt die Münzen und Scheine heraus, übergibt sie, bekommt Wechselgeld – er spürt, dass er etwas ausgibt. Mit der Karte verschwindet Geld unmerklicher. Und beim Smartphone merkt der Käufer noch weniger, dass er gerade seinen finanziellen Spielraum dezimiert. Rasant auszugeben, mag im Interesse der Konsumbranche liegen, aber nicht unbedingt des Konsumenten.

Konsumenten bekommen mitunter noch auf eine andere Weise zu spüren, dass sie ihr Geld besser zusammenhalten, wenn sie mit Bargeld zahlen. Der Finanzdienst Biallo.de stellte fest, dass Deutschen mit bestimmten Konten bei Sparkassen und Volksbanken heftige Gebühren für Kartenzahlungen abverlangt werden – jedes Mal im Schnitt 34 Cent. Morgens beim Kiosk, abends im Supermarkt: Wer zwei Mal täglich die Karte zückt, hat im Jahr rasch 400 Euro Kosten. Gern verstecken die Banken diese Gebühren. «Wenn die Banken in Zeiten von Corona dazu aufrufen, vermehrt bargeldlos zu zahlen, um sich und andere zu schützen, dann ist der Aufruf nicht so uneigennützig, wie er daherkommt», kritisiert der Verbraucherschützer Niels Nauhauser.[1]

Derzeit hat Bargeld einen weiteren Vorteil, der sich aus den überlieferten drei Funktionen des Geldes ableitet: Recheneinheit, Tausch- und Zahlungsmittel, Wertspeicher. Als Wertspeicher funktioniert Bargeld in normalen Zeiten nur eingeschränkt. Es kann gestohlen werden oder in Flammen aufgehen. Tresore sind teuer. Und weil es keine Rendite abwirft, verliert Bargeld durch die Inflation an Wert. Ein Minusgeschäft. Im momentanen Ausnahmezustand des Geldsystems jedoch ändert sich das Kalkül. Seit die Banken von manchem Sparer sogar Strafzinsen verlangen. «In Zeiten von Negativzinsen ist Bargeld plötzlich eine sehr attraktive Anlage», sagt mir Volker Wieland. «Unter anderem deshalb reichen Banken den negativen Einlagezins der Zentralbank nicht an Kunden weiter, zumindest nicht bei kleineren Sparsummen. Denn dann würde die Bargeldhaltung schnell attraktiv.»

Bargeld bietet also einen Schutz davor, dass Zentralbanken ihre Leitzinsen willkürlich weit unter null setzen – und Bürger fürs Sparen Zinsen zahlen müssen. Diesen Schutz vor Strafzinsen darf den Sparern keiner nehmen, indem er das Bargeld abschafft. «Ohne Bargeld hätte man die absolute Kontrolle und könnte stark negative Zinsen einführen», sagt Thorsten Hens.

Wie man mit Bar-Obergrenzen die italienische Mafia bekämpft

Schon lange wird vermutet, dass Regierungen genau das beabsichtigen: Bargeld abzuschaffen, um den Bürger völlig in der Hand zu haben. Der Staat könnte dann auf Kosten der Bürger mit negativen Zinsen von fünf Prozent seine Verschuldung verbilligen. Oder eine Sondersteuer auf Bankguthaben erheben, der sich der Sparer nicht entziehen kann, weil er kein Geld mehr bar abheben kann.

Diese Vermutungen atmen oft den Geist jener Verschwörungstheorien, die die etablierte Politik inzwischen alles Möglichen verdächtigen. Weil das Bargeld wichtig ist, lohnt es sich, die Frage genau zu untersuchen. Wollen Regierungen Bargeld wirklich abschaffen? Oder schränken sie es nur teilweise ein? Und wann ist das gerechtfertigt? Wie sollen sich die Bürger verhalten?

Tatsache ist, dass Ökonomen wie der Amerikaner Ken Rogoff das Bargeld tatsächlich abschaffen wollen. Der frühere Chefökonom des Internationalen Währungsfonds (IWF) zeigt gern ein Foto: Darauf sind Waffen zu sehen – und ein Berg Geldscheine. Bargeld fördert Kriminalität, soll das heißen.

Natürlich sind Verbrechern oder Terroristen anonyme Bündel von Scheinen lieber als digitale Zahlungen, die dokumentiert sind. Sie ermöglichen, Geld zu waschen. Bargeld erleichtert Gastronomen und Geschäften auch, Steuern zu hinterziehen. Nachdem der Kunde gezahlt hat, wird der Betrag nicht verbucht oder die Buchung wieder storniert. Gerade in Südeuropa dezimierten Firmen so jahrzehntelang die Einnahmen, die Regierungen für notwendige Ausgaben für ihr Volk benötigen.

Bargeld erleichtert auch Bestechung. Der Kronzeuge in den Siemens-Prozessen zeigte mir mal seine Aktentasche: «Eine Million Euro passen da bequem rein.» Er lieferte tiefe Einblicke in den größten Korruptionsfall der deutschen Wirtschaftsgeschichte. «Ein Vorstand unserer Telekom-Sparte hatte immer den Spruch drauf: ‹Wenn mal was ist, haben wir jemanden, der mit einem von der Justiz in die Sauna geht. Dann ist das geregelt.› Das hat uns beruhigt. Es gab auch ständig neue Begründungen, warum geschmiert werden musste. Erst zahlte man, um den Auftrag zu bekommen, dann für die Einfuhrgenehmigung in das Land, später, damit der Kunde die Ware überhaupt bezahlte. Ein Vorstand wollte einmal Zahlungen stoppen. Da sagte ein Kollege: ‹Der wird schon sehen, was passiert, wenn die drei Russen, groß wie Schränke, vor seinem Haus stehen›.»[2]

Bargeld erleichtert Verbrechern und Bestechern das Geschäft. Das bedeutet jedoch nicht, dass man es abschaffen müsste oder sollte. Es spricht nur dafür, die Zahlung mit großen Summen einzuschränken. Und genau das ist es, was viele Regierungen tun: Sie schränken die großen Summen ein. Aber sie schaffen dabei das Bargeld keineswegs ab. Die große Staatsverschwörung gegen Scheine und Münzen findet nicht statt. Tatsache ist, dass Ken Rogoffs Ex-Arbeitgeber IWF mehrere Papiere veröffentlichte, die ein Ende des Bargelds nahelegen. Tatsache ist aber auch, dass kein Industriestaat entsprechende Gesetze vorgelegt hat. Das räumen selbst Staatskritiker wie Ulrich Horstmann ein: «Ein offenes Bargeldverbot stand so nie zur Debatte.»

Stattdessen beteuern Politiker und Notenbanker, dass sie keine Abschaffung vorbereiten. In der Schweiz sei das nicht geplant, so Beat Grossenbacher, Bargeldchef der Nationalbank. «Die Bevölkerung soll frei entscheiden können, wie sie bezahlen will.» «Es gibt keinerlei staatliche Absicht, das Bargeld zurückzudrängen», beteuert Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling.

Was es gibt, ist der Versuch, Bargeld in den großen Mengen einzuschränken, die typischerweise Kriminelle verwenden. So gibt die Europäische Zentralbank keine 500-Euro-Scheine mehr aus, um Terrorismus und Schattenwirtschaft zu erschweren. In Ländern wie Griechenland, in dem Steuerhinterziehung jahrzehntelang epidemisch war, darf man höchstens 500 Euro in bar zahlen. In Frankreich sind es 1000, in Spanien 2500, in Italien 3000. Und diese Obergrenzen sollen weiter reduziert werden.

Das trägt Staaten wie Deutschland wegen deutlich großzügigerer Regeln inzwischen den Vorwurf ein, zu wenig gegen Kriminelle zu tun. Die Bundesrepublik gilt inzwischen als Zentrum der Geldwäsche in Europa. Jährlich waschen kriminelle Banden hier nach Schätzungen 100 Milliarden Euro, davon bis zu 30 Prozent über Immobilien – die dürfen in Deutschland bar bezahlt werden. Was in Italien oder Frankreich längst verboten ist. Zu Recht.

Welcher ehrliche Bürger hat es nötig, eine Immobilie bar zu bezahlen? Allen, die nichts zu verbergen haben, ist es viel zu umständlich und gefährlich, hunderttausende Euro in Scheinen herumzuschleppen. Wer es dennoch tut, hat im Zweifelsfall etwas zu verbergen. Er will Geld waschen oder Steuern hinterziehen. Oder beides. Auf jeden Fall muss man ihn nicht schützen.

Kritiker behaupten, Bargeld einzuschränken laufe auf ein Verbot hinaus. Diese Theorie erscheint übertrieben. Die meisten Bürger zahlen nur Beträge von bis zu 200 Euro bar. Was spricht dagegen, dass Italien es der Mafia unmöglich macht, Immobilien mit Drogengeld bar zu kaufen? Was spricht dagegen, dass deutsche Juweliere ab 10.000 Euro Barzahlung den Ausweis kopieren müssen?

Wem der Verzicht auf jede Obergrenze nutzt, fand vor einer Weile ein Kollege von der Süddeutschen Zeitung heraus. Er suchte Wirtschaftsbranchen, die eine angemessene Obergrenze wirklich einschränkt. Er fand nur eine einzige: Gebrauchtwagenhändler. Bei ihnen tauchen Käufer aus Osteuropa und dem Balkan auf, um Gebrauchtwagen für 30.000 Euro mit Bündeln von Scheinen zu bezahlen. Soll der Staat ihretwegen auf die Bekämpfung von Drogenhandel und Geldwäsche verzichten? Und bekämpft er nicht gerade Verbrechen, wenn er balkanesische Geldbündel untersagt?

Obergrenzen für Bargeld sind sinnvoll. Deshalb muss es aber niemand abschaffen. Es führt in die Irre, wie Ken Rogoff zu suggerieren, kein Bargeld sei das Allheilmittel gegen illegale Machenschaften. Terroristen und Kriminelle finden andere Wege. Sie nutzen zum Beispiel Kryptowährungen wie Bitcoin (siehe Kapitel Kryptowährungen greifen Euro und Dollar an).

Die Macht der Bürger

Obergrenzen für Bargeld sind sinnvoll. Die EZB, lange als Bargeldabschaffer verdächtigt, wacht darüber, dass die Euro-Staaten dabei nicht zu weit gehen. Nach Artikel 128 des EU-Vertrags wäre es auch kaum legal, Münzen und Scheine abzuschaffen. Übertrieben erscheint daher die Aufregung über den Plan der EU, Münzen von ein und zwei Cent zu untersagen. In Finnland, Belgien, Irland oder den Niederlanden gibt es sie ohnehin nicht oder kaum – ohne dass dort das Bargeld abgeschafft worden wäre. Die Abschaffung der kleinen Münzen hätte aber einen Vorteil. Supermärkte müssten mit den dämlichen Lockvogelpreisen aufhören: als ob ein Produkt für 7,99 nicht acht Euro kostet, sondern nur sieben. Und an der Kasse geht es schneller, wenn die Vorderleute nicht mehr 24,67 oder 17,93 Euro aus ihrem Portemonnaie kramen. Derzeit horten die Menschen 80 Prozent der kleinen Münzen zuhause, weil es ihnen zu mühsam ist, sie herumzuschleppen.

All diese Fälle lehren: Wenn der Staat Bargeld in gut begründeten Fällen einschränkt, will er es deshalb nicht gleich abschaffen. Das können die Bürger guten Gewissens glauben. Sie sollten mehr Energie aufwenden, den Konzernen etwas entgegenzusetzen, die Münzen und Scheine schleichend abschaffen, um ihren Gewinn zu maximieren.

Wenn sich die Bürger gegen die Zurückdrängung des Bargelds wenden, erzielen sie Erfolge. Österreichs Parteien erklärten kürzlich im Parlament ausdrücklich, Münzen und Scheine zu erhalten. Seit unter den Briten eine Debatte ausbrach, man könne nirgends Bargeld abheben, subventionieren die Banken Geldautomaten. In amerikanischen Städten wie New York, San Francisco und Philadelphia bewegt der Bürgerwille die Politik, bargeldlose Restaurants und Geschäfte zu verbieten. Selbst Digitalkonzerne beugen sich mitunter dem Druck: In einzelnen Läden von Amazon Go lässt sich inzwischen bar zahlen. Das sind alles achtbare Ergebnisse.

Die Bürger sollten weiter Druck machen. Denn die Digitalkonzerne, die Münzen und Scheine abschaffen wollen, sind mächtig. Sie gefährden das Recht auf Bargeld, das essenziell ist: Die Menschen sollen zahlen, wie sie wollen.

Wer für Bargeld kämpft, hat die Geschichte auf seiner Seite. Bisher gab es zwei Phasen, in denen Münzen verbreitet waren: Die griechische und römische Antike und, nach dem Mittelalter, die Neuzeit ab 1500. Diese Phasen zeichnen sich dadurch aus, dass in der Antike demokratische Ansätze begannen, die sich in der Neuzeit durchsetzten. In beiden Phasen waren auch Eigentumsrechte verbreitet, die für eine Marktwirtschaft und damit für den Wohlstand einer Gesellschaft unverzichtbar sind.

Nun rufen Bargeldabschaffer eine neue münzlose Ära aus. Neben den Digitalkonzernen tut dies auch mancher Weltverbesserer. Womöglich sollten wir uns an die beiden bisherigen Phasen der Weltgeschichte erinnern, die münzfern waren: das tauschende Altertum und das Mittelalter, in dem man zuweilen mit Mägden und Eichhörnchenhaut rechnete. Beide Phasen waren davon bestimmt, dass die Masse keinerlei Demokratie erlebte, sondern feudalen Herrschern unterworfen war. Wie verlockend ist eine Rückkehr der Feudalherrscher, und sei es im Gewand globaler Digitalkonzerne?[3]