Erstes Kapitel

Gottes Ruf in den Ursprung – die Rückkehr des Menschen zu Gott

„Da fragten ihn die Leute:
Was sollen wir tun?“
Lk 3,10

Auf der Grabplatte Johannes Taulers, die vermutlich von Angehörigen oder von Gottesfreunden gestiftet worden ist, ist der Auftrag und die Wirkung Taulers auf seine Zuhörerschaft bildlich festgehalten worden.16 Verschiedene Attribute weisen ihn als endzeitlichen Mahn- und Bußprediger aus17:

„Während Kopf und Gesicht (vom Betrachter aus gesehen in Schrägansicht nach links gewendet) wie zu Lebzeiten ein Predigtpublikum im Auge zu behalten scheinen, weist der ausgestreckte Zeigefinger seiner rechten Hand mit Nachdruck auf das sieghafte Lamm Gottes, das sich mit der österlichen Auferstehungsfahne auf dem Buch mit den sieben Siegeln in der Linken präsentiert. Der Prediger deutet so auf die in naher Zukunft erwartete Eröffnung der heilsgeschichtlichen Geheimnisse am Ende der Weltzeit (nach Apk 5,12 und 6,1ff.) und gleichzeitig weist er zurück auf den letzten der Propheten des Alten Bundes, auf den Vorläufer des verheißenen Christus, der mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen wird (Mt 3,11; Mk 1,8; Lk 3,16; Joh 1,26). Im Typus des Johannes agniferus [Gnädinger zit. Corin 1922, 674] mit dem Fingerzeig: ‚Da ist das Lamm Gottes‘ (Joh 1,29 und 36), erscheint Johannes Tauler in der Rolle eines Bußpredigers und Wegbereiters der zweiten Ankunft, der Wiederkunft des Menschensohnes Jesus Christus zum Gericht und zur Vollendung der Weltzeit. Das Bildnis Taulers auf dem Grabmal besteht wohl mit Absicht auf dessen Aura eines Bußpredigers und Endzeitpropheten.“18

Dem Täufer gleich, fordert Johannes Tauler die Christen auf: „Kerent zu úch selber und nemet úwer gebresten war“19 („Kehrt in euch selber ein und nehmt eure Gebrechen wahr“). Der Weg zurück zu Gott beginnt damit, dass der Mensch auf sich selber schaut, die eigenen Gebrechen, d.h. die Sünden, erkennt, sich von ihnen lossagt und auf diese Weise den Weg zurück zu Gott ebnet.20 Das ist das Ziel. In der Einung mit Gott erfüllt sich die Sehnsucht eines jeden Menschen, denn „alle menschen wellent von naturen selig sin“21 („alle Menschen wollen von Natur aus selig sein“). Der Sinn der irdischen Lebenszeit besteht darin, dass „wir Got suochent und sine gegenwertikeit meinent in allen unsern werken und lebende, willen und minnen“22 („wir Gott suchen und seine Gegenwart im Sinn haben in all unseren Werken, unserem Leben, unserem Willen und Lieben“).

Tauler versteht die Lebenszeit des Menschen deshalb als einen „durgang zu dem ende“23 („Durchgang zum Ursprung“), als einen Weg in die Ewigkeit bei Gott. Der Mensch soll in allen Dingen Gott im Sinn haben. Alle irdischen Dinge sind dem Menschen gegeben, damit sie „ein weg zu im sin“24 („ein Weg zu ihm sind“), zu Gott, denn „Got wil mit sinen goben wuochern und wil geist und nature zuo ime ziehen“25 („Gott will mit seinen Gaben Gewinn schöpfen, und er will Geist und Natur [des Menschen] zu sich ziehen“). Dann kann der Mensch bereits zu Lebzeiten einen „fúrsmag und ein gefuelen in innewendigem gebruchende innewendiger gefuelungen der gegenwertikeit Gottes in dem geiste“26 („Vorgeschmack, ein Gefühl des innerlichen Genusses, ein innerliches Gefühl von der Gegenwart Gottes im Geist“) erhalten. Der Mensch „sol wissen und nút wenen werlichen wie ime Got inne si und wie ime zuo Gotte si“27 („soll wissen und nicht nur vermuten, wie Gott in ihm ist und wie er zu Gott steht“).

Obwohl die Menschen von einer tiefen Sehnsucht nach Gott erfüllt sind, wird nicht allen dieser Vorgeschmack zuteil28:

„Des verdrússet sú und tuont es deste minre oder deste noeter und sprechent sú enfuelent Gottes nút, darumbe verdriesse sú des wúrckendes und des bettendes“29

„So verdrießt sie das, und sie beten dann umso weniger oder um so unlieber und sagen, sie fühlten Gott nicht, darum verdrieße sie ihr Wirken und Beten.“

Die Sehnsucht nach Gott allein „enist nút gnuog“30 („ist nicht genug“). Der Mensch soll ohne Eigenwillen und Eigenliebe Gott suchen, das bedeutet „wir muessent Got meinen und suochen durch sich selber“31 („wir müssen Gott erstreben und suchen um seiner selbst willen“). Denn Gott kann auch da zugegen sein, wo er nicht gespürt und gefühlt wird. Gott ist in „verborgener wise“32 („verborgener Weise“) anwesend. Tauler betont:

Wo Got ist, do ist in der worheit hochgezit, und er enmag des nút gelassen noch verloben, er muesse do sin von not do man in luterliche meinet und in allein suochet, do muos er von not sin“33

„Wo Gott ist, da ist in der Wahrheit Hochzeit, und er kann das nicht unterlassen noch darauf verzichten; er muss notwendigerweise da sein, wo man ihn mit lauterem (Herzen) im Sinn hat und ihn allein sucht, da muss er notwendigerweise sein“.

Deswegen soll der Mensch vom Beten und Wirken selbst dann nicht ablassen, wenn er von Gott nichts spürt, „wanne Got ist do gegenwertig“34 („denn Gott ist dabei doch gegenwärtig“).

„Mer er ist on allen zwifel heimlichen do wo er gesuochet und gemeinet wurt; und darumb entuo nút deste noeter enkeine guote uebunge, wanne du vindest in sicherlichen zuo leste, wanne er ist do, aber er ist dir noch verborgen.“35

„Aber er ist ohne allen Zweifel heimlich da, wo er gesucht und erstrebt wird; und darum tue gute Übungen (der Frömmigkeit) nicht weniger gerne, denn du findest ihn sicherlich zuletzt (doch), denn er ist da, aber er ist dir noch verborgen.“

Das Sehnen nach Gott bleibt aber auch in dem gegenwärtig, der sich nicht bewusst nach Gott hin ausrichtet. Die Verbundenheit mit Gott und die daraus resultierende Sehnsucht nach ihm ist Teil der menschlichen Natur,

„und wie der mensche sine gesiht het uzgekert und irre get, doch so het er ein ewig locken und ein neigen herzuo und enkan kein raste niergent han waz er dis umbegat, wan alle andere ding enmúgent ime nút genuog gesin ussewendig dis, wan dis treit und zúhet in alles in daz aller innerste sunder sin wissen, wande dis ist sin ende, also alle ding rastent an irre stat. Also der stein uffe der erden das fúr in dem lufte, also tuot die sele in Gotte.“36

„und wenn der Mensch (auch) seinen Blick nach außen gekehrt hat und in die Irre geht, so hat er doch ein ewiges Locken und eine Neigung hierzu, und er kann nirgends Ruhe finden, selbst wenn er sich dieser (Neigung) entzieht, denn alle anderen Dinge können ihm (niemals) genug sein außer dieses (göttliche Gut), denn dieses trägt und zieht ihn immer in das Allerinnerste, ohne sein Wissen; es ist sein Ziel, wie alle Dinge an ihrem Ziel zu rasten. Wie es den Stein zur Erde (zieht) und das Feuer mit der Luft (aufflammt), so zieht es die Seele in Gott.“

Die Ursache dafür, dass es den Menschen zu Gott zieht, ist Gott selbst, denn „das rich Gotz das ist in úch“37 („das Reich Gottes ist in euch“). Tauler behauptet sogar kühn:

„Do enist noch enmag nieman vone gedencken noch verston wie offene und wie gereit und wie enpfenglich und wie túrstende Got ist und engegen loffende in eime ieglichen ogenblicke und in einre iegelicher stunde.“38

„Da ist niemand, der es zu denken noch zu verstehen vermag, wie offen und wie bereit und wie empfänglich und wie dürstend Gott ist und (wie er uns) entgegen läuft in einem jeglichen Augenblick und zu jeglicher Stunde (unseres Lebens).“

Für Tauler ist Gott immerzu auf der Suche nach dem Menschen.39 Provokativ behauptet er:

„Got enbegert noch enbedarff nút in aller der welte denne alleine eins dinges, des begert er also uznemende sere als aller sin flis do an gelinge, daz ist daz einige das er den edeln grunt den er in dem edeln geiste des menschen geleit hat, daz er in blos und bereit vinde, das er sins edeln goetllichen werkes do inne bekommen múge; wanne Got hat gantzen gewalt in himel und in erden, aber do an gebristet ime allein daz er sins aller wunnenclichsten werkes an dem menschen nút bekummen enmag.“40

„Gott begehrt und bedarf nichts in aller Welt als allein ein Ding, das begehrt er so sehr als ob er seinen ganzen Fleiß darauf verwendete, dass er das Einzige, das er in den edlen (Seelen)grund, den er in den edlen Geist des Menschen gelegt hat, ledig und bereit finde, damit er sein edles göttliches Werk darin vollbringen kann. Denn Gott hat alle Gewalt im Himmel und auf Erden, aber daran gebricht es ihm, dass er sein liebreiches Werk in dem Menschen nicht (ohne des Menschen Willen) zu wirken vermag.“

Gott ist „so not nach uns als ob alle sine selikeit an uns gelige“41 („so bedürftig nach uns, als ob alle Seligkeit an uns läge“).42 Mit dieser Behauptung will der Prediger zum einen die tiefe Verbundenheit zwischen Gott und Mensch unterstreichen, denn Gott ist der Ursprung des Menschen:

„Und sin wesen, alles das Got der vatter gemacht und geschaffen hat in himel und in erden mit aller siner wisheit und guete, das hat er alles dar umbe geton das er uns do mit wider ruoffe und lade in unsern ursprung und wider brechte in sich. Und alles ist dis ein luter ruoffen zuo unserm beginne.“43

„Und sein Wesen, alles, was Gott der Vater gemacht und geschaffen hat im Himmel und auf Erden mit all seiner Weisheit und Güte, das hat er alles darum getan, dass er uns damit wieder rufe und einlade in unseren Ursprung und (er uns) wieder in sich brächte. Und alles ist dies ein lauteres Rufen zu unserem Anfang.“

Ehe der Mensch geschaffen wurde, war er, wie Christus44, „eweklichen in Gotte in siner ungeschaffenheit. Do er in im was, do was der mensch Got in Gotte“45 („ewiglich in Gottes Ungeschaffenheit. Da er in ihm war, da war der Mensch Gott in Gott“).

Zur Beglaubigung der Vorstellung, dass der Mensch aus Gott in Gott zurückkehrt, verbindet Tauler neutestamentliche Theologie des Johannesevangeliums mit neuplatonischem Gedankengut46:

„Sant Johannes schribet: ‚alles das gemacht ist, das was in im ein leben.‘ Das selbe das der mensche nu ist in siner geschaffenheit, das ist er eweklich gewesen in Gotte in ungeschaffenheit, ein istig wesen mit ihm.“47

„Sankt Johannes schreibt: ‚Alles, was gemacht ist, das war in ihm ein Leben.‘ Dasselbe, was der Mensch nun in seiner Geschaffenheit ist, das ist er von Ewigkeit her gewesen in Gottes Ungeschaffenheit, ein einiges Wesen mit ihm.“

Zum anderen zeigt Tauler, dass es auch auf die Bereitschaft des Menschen ankommt, ob eine Rückkehr zu Gott Wirklichkeit wird:

„Wie gerne er uns húlfe ob wir wolten, und rette gerne mit uns als frúnt mit frúnde, ob wi iena zuo im wolten.“48

„Wie gerne hülfe er uns, wenn wir (nur) wollten, und wie gerne spräche er mit uns von Freund zu Freund, wenn wir nur zu ihm (kommen) wollten.“

Um zu Gott zu gelangen, muss der Mensch „ufston von allem dem daz Got nút enist“49 („aufstehen von all dem, was Gott nicht ist“), d.h. „von ime selber und von allen creaturen“50 („von sich selber und von allen Geschöpfen“). Dann aber, wenn Gott eine „guote gevolgige nature“51 („gute, fügsame [menschliche] Natur“) vorfindet, wird „die begerunge ie me wehsset“52 („das Begehren [nach Gott] immer mehr wachsen“) und der Mensch gelangt „hoeher úber sich selber“53 („über sich selbst hinaus“) in den göttlichen Ursprung.

Was wir hier bereits in Kürze gesagt haben, wollen wir nun ausführlich behandeln. Es ist bereits deutlich geworden, dass die Verbindung von Gott und Mensch von einer Dynamik des Aufeinanderzugehens geprägt ist. Gott und Mensch gehen einander entgegen.54 Oder mit Taulers Worten ausgedrückt: „‚abyssus abyssum invocat, das abgrúnde des inleitet des abgrúnde‘“55 („ein Abgrund ruft den andern in sich hinein“). Dabei ist es aber der göttliche Abgrund56, der die Voraussetzungen dafür schafft, dass der menschliche Abgrund überhaupt in den göttlichen zurückkehren kann. Eine dieser Voraussetzungen ist, dass Gott dem Menschen gewährt, auf den Ruf des göttlichen Grundes in Freiheit zu antworten. Der Mensch kann also eine positive, aber ebenso eine negative Antwort auf Gottes Ruf geben. Dazu gehört, dass nicht nur Gott, sondern auch der Mensch in sich selbst Vorbedingungen schaffen muss, um in den göttlichen Grund zurückkehren zu können.

Wenn bei Tauler von einer Rückkehr in den göttlichen Abgrund die Rede ist, meint er immer den irdischen Menschen; es geht nicht um das Leben nach dem Tod. In diesem Leben ist bereits eine Einung mit Gott möglich, wenn auch nur ein Vorgeschmack der endgültigen. Tauler will nun zeigen, wie der Mensch seine Beziehung zu Gott vertiefen kann, bei allen Schwierigkeiten, die das Leben mit sich bringt, um bereits zu Lebzeiten in Einheit mit dem göttlichen Ursprung zu leben. Nochmals sei daran erinnert, dass es nicht Taulers Absicht ist, eine theologischdogmatische Systematik zu entwerfen. In Taulers Predigten geht es um praktisch gelebte Theologie und Spiritualität, die anthropologisch ausgerichtet ist, also von der konkreten Situation des Menschen ausgeht. Von dorther können wir Tauler fragen: Warum ist es möglich, dass der Mensch zu seinen Lebzeiten bereits in seinen göttlichen Ursprung zurückkehren kann? Welche Bedingungen ergeben sich dafür von Gott her, und welche Voraussetzungen bestehen dafür im Menschen? Wir wollen mit der Frage beginnen: Auf welche Weise ruft Gott den Menschen, wie teilt er sich dem Menschen mit? Wie macht er es möglich, dass der Mensch seinen Ruf überhaupt hören kann? Von Seiten des Menschen geht es um die Frage, inwiefern, wie er Gott und was er vor allem von Gott in seinem Leben „hört“ bzw. „erfährt“57

16 Zur Botschaft der Grabplatte im Kreuzgang des ehemaligen Dominikanerklosters zu Straßburg vgl. Gnädinger 2004, 179f.; Dies. 2000, 81 – 84; Dies. 1993, 79 – 86. Abbildungen bei Gnädinger 1993, 81 und Ruh 1996, 483.

17 Vgl. Gnädinger 2004, 179.

18 Gnädinger 2000, 82.

19 V 38, 148,31f. Vgl. Ruh 1996, 478: „.Er ist ... ein Beweger und ‚Bekehrer‘ des Kirchenvolkes“; Gnädinger 2000, 88; Dies. 137ff.

20 Vgl. Gnädinger 2004, 203; Dies. 1993, 356; Rucker 2005, 16ff; zur Selbsterkenntnis bei Tauler vgl. Haas 1971; Ders. 1979, 265f.

21 V 12, 57,12. Vgl. Mieth 1969, 253.

22 V 12, 57,7f.

23 V 46, 202,15 (H 54).

24 V 49, 221,27 (H 55).

25 V 60e, 309,14f. (H 25).

26 V 12, 57,5f.

27 V 77, 416,28f. (H 72). Unter Wissen versteht Tauler kein intellektuelles Wissen, sondern – gemäß Proklos – ein Wissen, das jenseits der natürlichen Vernunft ist. Vgl. dieser Teil, drittes Kapitel, II, 2.1.

28 Vgl. V 12, 57,14f.: „Disen fúrsmag ... den hettent ouch vil lúte gerne und klagent das es in nút enwerde“ („Diesen Vorgeschmack ... hätten viele Leute gerne, und [sie] klagen, dass er ihnen nicht zuteil werde“).

29 V 12, 57,17ff. Übersetzung H 12, 84.

30 V 12, 57,13.

31 V 12, 57,13f. Übersetzung H 12, 84.

32 V 12, 57,24.

33 V 12, 57,22ff. Vgl. Eckhart, Predigt 6, Largier Bd. 1, 82, 27.

34 V 12, 57, 19f. Übersetzung H 12, 84.

35 V 12, 57,29 – 32.

36 V 6, 25,26 – 26,1. Vgl. u.a. V 10, 47,21f; V 20, 81,22ff.

37 V 52, 236,13 (H 57). Vgl. Lk 17,21. Hierzu mehr bei Taulers Lehre vom Seelengrund: Siehe dieser Teil, drittes Kapitel, II, 3.3.

38 V 27, 111,11 – 14.

39 In V 7 beschreibt Tauler in Anlehnung an Mt. 20, 1 – 16 Christus als Weinbergbauer, der sich immer wieder auf den Weg macht, um Arbeiter für seinen Weinberg, das Reich Gottes, zu suchen. In V 36 beschreibt Tauler Christus als den guten Hirten, der das verlorene Schaf – vier Arten von Sündern – sucht. In V 37 geht es um die Art und Weise, wie Gott den Menschen sucht – wirkend und leidend. Vgl. Eck 2006, 19f.; Rucker 2005, 13f.; Siehe auch Seite 476 – 479 in dieser Arbeit. Vgl. Eckhart in Haas 1995, 103: „Der Anteil der Kreaturen an Gott ist ihr Durst, ihr Suchen nach ihm“ (vgl. DW 2,537,1ff.).

40 V 5, 22,5 – 11. Vgl. Übersetzung H 5, 35.

41 V 53, 240,18f. (H 65).

42 Hier folgt Tauler Meister Eckhart. Vgl. u.a. Eckhart, Predigt 27, Largier Bd. 1, 308: „Alsô nôt ist gote ze unser vriuntschaft, daz er niht erbeiten enmac, biz daz wir in biten; er gât uns engegen und bitet uns, daz wir sîne vriunde sin, wan er begert vonuns, daz wir wellen, daz er uns vergebe“ („So nötig hat Gott unsere Freundschaft, dass er´s nicht erwarten kann, bis wir ihn bitten; er kommt uns entgegen und bittet uns, dass wir seine Freunde seien, denn er begehrt von uns, dass wir wollen, er möge uns vergeben“). Vgl. Eck 2004, 143ff.

43 V 53, 240,19 – 23 (H 65).

44 Vgl. u.a. V 20, 81,12ff.: „Wanne rehte also er ouch sprach: ‚ich gan zuo uwerme vatter und mime vatter‘ ... . Wir sint zu dem selben grunde herzugeflossen, und mit allem dem daz wir sint, so gehoerent wir rechte in das selbe ende und wider in den selben grunt“ („Denn mit Recht also sprach er auch: ‚Ich gehe zu eurem Vater und zu meinem Vater‘ ... . Wir sind aus demselben Grund herausgeflossen, und mit all dem, was wir sind, gehören wir recht in dasselbe Ziel und kehren in denselben Grund zurück“). Vgl. Joh 20, 17b: „Geh aber zu meinen Brüdern, und sag ihnen: Ich gehe hinauf, zu meinem und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott.“

45 V 61, 331,30f. (H 44).

46 Das neuplatonische Eine der Seele, das sich im tiefsten Inneren des Menschen befindet und die Rückschau des Menschen in seinen Ursprung verursacht, wurde Tauler über Berthold von Moosburgs Prokloskommentar vermittelt: Vgl. Sturlese 2007, 169 – 197. Siehe zweiter Teil, zweites Kapitel, III und dritter Teil, drittes Kapitel, II, 3.3. Tauler greift jedoch auch auf Meister Eckharts Lehre vom „zweifachen Sein“ der Geschöpfe zurück, derzufolge es ein Sein der Dinge gibt, insofern sie geschaffen sind und in Raum und Zeit existieren (das formale Sein), und ein Sein, das sie in ihrer Ursache besitzen (ursächliches, virtuelles Sein). Im ursächlichen Sein sind alle Geschöpfe – als göttliche Ideen – Gott in Gott. Vgl. Eckhart, LW 1. 238.2ff; Haas 1995, 95f.; Gnädinger 1993, 186f. Siehe hierzu die Ausführungen über Taulers Seelenlehre und Menschenbild in diesem Teil: Drittes Kapitel.

47 V 61, 331,32 – 332,1 (H 44). Vgl. Joh 1, 3f.: „Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.“ Dazu Gnädinger 1993, 18779: „Dabei liest Tauler die Johannes-Stelle mit der seiner Deutung entsprechenden wie seiner Intention entgegenkommenden Interpunktion.“ Anm. 79: „Im Vulgatatext lautet die Stelle Joh 1,3 – 4: ‚(3) Omnia per ipsum facta sunt: et sine ipso factum est nihil, quod factum est, (4) in ipso viat erat, et vita erat lux hominum ...‘. Tauler setzt einen Punkt nach nihil und zieht, nach seinem Textverständnis, das letzte Satzglied von Vers 3 mit dem ersten von Vers 4 zusammen. Daraus ergibt sich die Aussage: ‚Quod factum est, in ipso vita erat.‘ – Was geschaffen ist, war in ihm (in Gott) Leben. Auch Augustinus verstand die Stelle so, vgl. Tractatus in Iohannis Evangelium, I,16 und III,4 zu Joh 1,4.“

48 V 60b., 289,5f. (H 18)

49 V 5, 22,14f.

50 V 5, 22,15. Was Tauler genau darunter versteht, werden wir in diesem Teil behandeln.

51 V 60e, 309, 16 (H 25).

52 V 5, 22,18.

53 V 5, 22,18. Übersetzung H 5, 36.

54 Vgl. V 49, 222,16ff.: „Zwene transite, das sind zwene fúrgenge. Ein fúrgang der ist des geistes, das ist Got zuo uns, und der ander fúrgang der ist uns ze Gotte“ („Zweimal transite, das ist ein zweifacher Vorübergang. Ein Vorübergang, der des Geistes, ist der Gottes zu uns, und der andere Vorübergang ist der unsrige zu Gott“).

55 V 41, 176,7. Vgl. V 45, 201,3 – 7 (H 51); V 61, 331,16f. (H 44). Tauler zitiert nach Psalm 42, 8: „Flut ruft der Flut zu beim Tosen deiner Wasser “ („Abyssus abyssum invocat, in voce cataractarum tuarum“). Vgl. Gnädinger 1993, 181 – 191; Haas 1971, 150ff. Den Gedanken vom göttlichen Abgrund finden wir bei Augustinus. Dietrich hat ihn für seine Intellektspekulation übernommen und trinitarisch gedeutet. Tauler hat ihn von Dietrich übernommen, dann aber im Sinne des Proklos als „Unum“ gedeutet, in Vermittlung durch Berthold von Moosburg. Vgl. Sturlese 2007, 194ff.; Wyser 1964, 335 – 341. Siehe auch zweiter Teil, zweites Kapitel, III und dritter Teil, drittes Kapitel, II, 3.3.

56 Vgl. V 24, 101,30.

57 Zur Problematik der Erfahrung bei Tauler vgl. Wrede 1974.