Tauler beschreibt in seinen Predigten Gott als einen, der zugleich erfahrbar und nicht erfahrbar ist. Gott ist nah und fern zugleich.58 Diese Polarität zeigt sich auch in der Erfahrung der Menschen, auf die der Prediger immer wieder zu sprechen kommt59: So kann der Mensch auf seinem Weg zu Gott „die minne zeichen die uns Got wunderlichen bewiset in himel und in erden“60 („die Liebeszeichen, die uns Gott so wunderbar im Himmel und auf Erden gegeben hat“), mit seinen Sinnen erfahren. In der Seele des Menschen wird sogar ein Jubel, eine „jubilacio“61 ausgelöst; den Menschen erfüllt eine
„gros suessekeit und so grosse wollust ... in bevintlicher wise das die wollust durch gat geist und nature. Und die genuegde, der trost und das bevinden das gat unsprechlichen úber aller diser welte froeide.“62 „große Süßigkeit und so große Wonne ... in fühlbarer Weise, dass ihm diese Wonne durch Geist und Natur geht. Und diese Befriedigung, dieser Trost und dieses (Gott)empfinden überragen unaussprechlich alle Freuden dieser Welt.“
Doch der Mensch erfährt aber nicht nur Gottes Nähe im Jubel, sondern er kann auch seine Ferne spüren, indem ihm jegliche Freude, die Gott ihm einmal geschenkt hat, genommen wird63:
„Und al do wirt der mensche als gar ze mole zuo im selber gelossen das er von Gott zemole nút enweis, und kumet in alsolich getrenge das er nút enweis ob im ie recht wart und ob er einen Got habe oder nút habe.“64
„Und da wird der Mensch sich ganz und gar selbst überlassen, so dass er von Gott nichts mehr weiß, und er kommt in solch eine Bedrängnis, dass er nicht mehr weiß, ob er je auf dem rechten Weg war, ob es für ihn (überhaupt) einen Gott gebe oder nicht.“
Die Nähe Gottes, die der Mensch zu spüren bekommt, motiviert ihn, sich auf den Weg zu machen, um Gott zu suchen. Sie lässt den Suchenden erfahren, dass Gott in der Welt tatsächlich wirkt. Tauler betont jedoch, dass das, was der Mensch da auf sinnliche Weise erfährt, letztlich nicht der Wirklichkeit Gottes entspricht; all das sind sinnliche Hinweise, aber nicht Gott an sich.65 Das wahre Wesen Gottes entzieht sich allem menschlich-kreatürlichen Erfassungsvermögen. Dafür steht die Ferne und Andersheit Gottes. Mit diesem fernen und unfassbaren Gott aber soll der Mensch eins werden.66 Nicht das sinnliche Erfahren Gottes ist das Ziel des Menschseins, sondern die Einung mit dem nicht erfahrbaren Gott. Für Tauler ist die sinnliche Erfahrung Gottes, also der Jubel, kein besonderer Gnadenerweis, sondern kennzeichnet den Beginn des geistlichen Weges zurück in den göttlichen Ursprung.67 Das bedeutet: Je tiefer die Beziehung zu Gott wird und je mehr sich der Mensch mit Gott vereinigt, umso mehr wird er eins mit dem fernen, sich aller erfahrbaren Freude entzogenen Gott. In dieser Einung kann der Mensch sogar glauben, dass Gott ihn verlassen hat.68 Gottes nichterfahrbares Wesen aber füllt die Verlassenheit des Menschen, seine Leere, um ungehindert sein Heil in der Welt zu wirken. Durch das äußere Leid hindurch bricht das ganze Wesen Gottes durch, um vollkommen zum Segen für andere zu werden.69 Darum geht es Tauler. Auf diese Weise verwirklicht sich, was der Dominikaner als eine „sele vol Gotz und ein licham vol lidens“70 („Seele voll Gott und ein Leib voller Leid“) umschreibt.
Die Dynamik von Gottes Nähe und Ferne lässt sich auf das trinitarische Wesen Gottes zurückführen. Gott wirkt als Vater, Sohn und Geist in der Welt, doch in der Einheit von Vater, Sohn und Geist, in welcher Gott in sich ruht und sich selbst genießt, ist er der Welt unerkennbar enthoben.71 „Und aller creaturen lof und sunderlichen vernúnftigen creaturen, der zil und ende ist die heilige drivaltikeit“72 („Und aller Geschöpfe Lauf und besonders der vernünftigen Geschöpfe [gemeint ist der Mensch] Ziel und Ende ist die heilige Dreifaltigkeit“).
Das Leben des Christen und damit auch seine Rückkehr zu Gott werden also vom trinitarischen Leben Gottes bestimmt.73 Der Mensch kann Tauler zufolge Gott nur „durch Got, mit Gotte, in Got, Got durch Got“74 („durch Gott, mit Gott, in Gott, Gott durch Gott“) erkennen, d.h. also durch das Wesen des einen und dreifaltigen Gottes.
In seinen Ausführungen über das Wesen des einen trinitarischen Gottes unterscheidet Tauler zwischen dem Wirken und Genießen in Gott. Dabei liegt „das wúrken ... in den personen, das gebruchen git man dem einvaltigen wesende“75 („das Wirken ... in den [drei] Personen, das Genießen im einfachen Sein [Gottes]“), d.h. in dessen Einheit. Durch sein Wirken schenkt Gott dem Menschen seine Nähe, aufgrund seines sich selbst Genießens bleibt er ihm immer auch entzogen. Trinität und Einheit Gottes stehen also auch dafür, dass die Menschen Gott zugleich als ihnen nah und fern erfahren.76 Um aber mit diesem Gott in Verbundenheit, und auch in Einheit, zu leben, muss der Mensch ganz vom Leben des einen trinitarischen Gottes erfüllt sein. Der dreieinige Gott ist der schöpfende Grund all dessen, was besteht. Der Mensch und die Geschöpfe haben Anteil an der Trinität Gottes.77
Das dreieinige Leben Gottes wird bei Tauler zum Vorbild für das Leben des Menschen. Der Blick auf das Geheimnis Gottes eröffnet dem Menschen den Weg zurück in seinen geheimnisvollen Ursprung.78 Hier liegt für Tauler die Bedeutung der Einheit und Trinität Gottes. Und alles, was der Prediger theologisch beschreibt, wird bei ihm zur praktischen Hilfe auf dem Weg zu Gott.
Die Betrachtung der göttlichen Einheit und Trinität hat für den Christen nur den einen Sinn, nämlich dem Weg zu folgen, den Gott ihm durch sein Wesen selbst vorzeichnet. Der Weg des Menschen soll zum Nachbild und Abbild des trinitarischen Lebens werden.79
Der Ausgangspunkt für die Rückkehr des Menschen zu Gott ist für Tauler bereits im innertrinitarischen Leben Gottes grundgelegt80, in dem unaufhörlichen immanenten Wirken Gottes81, in welchem aus der Selbsterkenntnis des Vaters der Sohn gezeugt wird, der gemeinsam mit dem Vater den Heiligen Geist aushaucht:
„Der himelsche vatter nach der eigenschaft siner vatterheit so ist er ein luter wúrken. Alles das in ime ist, das ist wúrken, do er in dem bekentnisse sin selbes gebirt sinen geminten sun, und si beide geistend usser in beiden den heiligen geist in einem unsprechlichen umbevange.“82
„Der himmlische Vater ist nach der Eigenschaft seiner Vaterschaft ein lauteres Wirken. Alles das, was in ihm ist, das ist Wirken, wenn er in der Erkenntnis seiner selbst seinen geliebten Sohn gebiert, und beide hauchen aus sich den heiligen Geist in einer unaussprechlichen Umarmung.“
Tauler hält sich zunächst an die Trinitätslehre des Thomas von Aquin, der die Person des Vaters mit der Einheit Gottes verbindet83 und sein Sein als actus purus84, als reines Wirken bezeichnet.85 Das Wirken des Vaters besteht aus der Selbsterkenntnis, da Gott Erkennen und Intellekt ist.86 In der Selbsterkenntnis aber zeugt der Vater den Sohn. Das andere reine Wirken Gottes ist die Tätigkeit des Willens bzw. der Liebe, woraus der Heilige Geist hervorgeht.87 Tauler spricht im Anschluss an Richard von St. Viktor von einem „unsprechlichen umbevange“, von einer Liebesumarmung.88 Darüber hinaus besteht für Tauler das Wesen Gottes jedoch nicht nur aus dem reinen Wirken:
„So ist do ein stilles einvaltig gebruchen und ein einvaltig niessen sind goetlichen wesens.“89
„So ist (in Gott) ein stilles, einfaches Genießen und ein einfaches Zehren seines göttlichen Seins.“
Das sich selbst Genießen Gottes ist für Tauler Kennzeichen der „istikeit und einvaltikeit“90 („Wesenheit und Einfachheit“) Gottes, während er das Wirken mit den innergöttlichen trinitarischen Beziehungen in Verbindung bringt.91
Die immanente Dynamik des göttlichen Liebesvollzugs umschreibt Tauler auch im Sinne des Neuplatonikers Proklos als ein Ausfließen bzw. Ausgehen und Zurückfließen92:
„Wie der vatter gebirt sinen sun, der sun usgande und doch inne blibende (in eime bekentnisse sin selbes sprach der vatter sin ewig wort), und wie von dem bekentnisse das von im usget, usflússet ein unsprechliche minne, das do ist der heilig geist, und die usfliessenden wunder in fliessent in unsprechlicher bevellikeit ir selbes und in eime gebruchende ir selbes und in weselicher einikeit.“93
„Wie der Vater seinen Sohn gebiert, der Sohn (aus dem Vater) ausgeht und doch in ihm bleibt (in einer Erkenntnis seiner selbst sprach der Vater sein ewiges Wort), und wie von der Erkenntnis, die von ihm ausgeht, eine unaussprechliche Liebe ausfließt, die da ist der Heilige Geist, und die ausfließenden Wunder zurückfließen in unaussprechlichem Wohlgefallen ihrer selbst und in einem Genießen ihrer selbst in wesenhafter Einheit.“
Hier betont Tauler, dass Gott (der Vater) sich in einem Erkenntnisakt selbst erkennt und als Frucht dieser Erkenntnis das Wort (der Sohn) und die Liebe (der Heilige Geist) von ihm ausfließen und wieder in die Einheit zurückfließen.94 Tauler hebt die Einheit Gottes hervor, indem er die den einzelnen Personen zugesprochenen Attribute (Appropriationen), die Macht des Vaters (bei Tauler: Vermögen), die Weisheit des Sohnes und die Güte (bei Tauler: Liebe) des Heiligen Geistes95, allen göttlichen Personen gemeinsam zuspricht:
„So ist der vatter, das er sun ist in múgenheit, in wisheit und in minnen. Also ist der sun und der heilig geist als ein, und ist doch so gros unsprechlich underscheit an den personen, und das in einikeit der naturen usfliessende unbiltlichen.“96
„So ist der Vater, dass er Sohn ist in Vermögen, in Weisheit und in Liebe. Genauso ist der Sohn und der Heilige Geist ganz ein, und doch gibt es einen so großen, unaussprechlichen Unterschied in den Personen, obwohl sie in der Einheit (ihrer) Natur ausfließen auf unbildliche Weise.
Doch ist das Geheimnis der Einheit und Dreifaltigkeit mit dem natürlichen Verstand nicht zu fassen. Dabei beruft Tauler sich ausdrücklich auf Thomas:
„Hinnan ab moecht man wunderlich vil wort machen, und enist doch alles nút gesprochen nach verstonde wie die úber weseliche úber treffende einikeit in underscheide ist ... . Sant Thoman sprach och: ‚nieman ensol och dar úber griffen das die lerer gesprochen hant, die es mit lebende ervolget hant und disem mach gegangen sint, das si es von dem heiligen geiste habent.‘“97
„Hiervon könnte man wunderlich viele Worte machen und hätte doch nichts gesagt, wodurch wir mit dem Verstand (fassen) können, wie die überwesentliche, überschwengliche Einheit (Gottes) sich in (den Personen) unterscheidet... . Sankt Thomas sprach auch: ‚Niemand soll über das hinausgreifen, was jene Lehrer aussagten, die es erlebt haben und darauf aus waren, es vom Heiligen Geist zu empfangen.‘“
Tauler zitiert Thomas allerdings sehr frei. Die Aussagen des Aquinaten werden ganz seinem Predigtziel untergeordnet, seine Zuhörer sollen das „tispitieren“98 (Diskutieren“) über das Wesen Gottes unterlassen: So ist die Aussage „die es mit lebende ervolget hant“ („die es erlebt haben“) eine Ergänzung Taulers, die sich so nicht bei Thomas findet.99
Doch auch wenn man über die Einheit und Trinität Gottes nicht sprechen kann, so ist es Tauler zufolge jedoch möglich, sie zu erfahren100 – in der Schöpfung. Andererseits ist sie der Ermöglichungsgrund für die Rückkehr des Menschen in seinen göttlichen Ursprung101: „Alsus hat Got alle creaturen gemacht wirklich im selber gelich“102 („So hat Gott alle Geschöpfe wirkend gemacht, ihm selber gleich“).
In der Schöpfung finden sich Spuren des dreifaltigen Gottes103:
„Den himel, die sunne, die sternen und denne úber alle ding verre den engel, den menschen, ieklichs nach siner wise. Es enist niergent so klein bluemlin noch ein bletlin noch enkein gras sprúnglin, der grosse himel, die sternen, die sunne und mone, es enwúrke alles darin, und vor allen dingen Got mit im selber.“104
„Den Himmel, die Sonne, die Sterne und über allen Dingen weit den Engel, den Menschen, jegliches nach seiner Weise. Es ist nirgends ein noch so kleines Blümlein, Blättlein oder Grashälmlein, der große Himmel, die Sterne, die Sonne und der Mond, alles wirkt darin, und vor allen Dingen Gott durch sich selbst.“
Der Mensch jedoch nimmt in der Schöpfung aufgrund seiner Vernunft eine herausgehobene Stellung ein, die allerdings auch eine höhere Verantwortung in der Weise des Wirkens impliziert:
„Sollte denne der edel nach Gotte gebildet werde mensche nút wúrklich sin nach Gotte in Gotte gebilt an sinen kreften und ime gelich nach sinem wesende? Die edele creature die muos vil adellicher wirklich sin wan die unvernúnftigen creaturen, als der himel.“105
„Sollte da der edle, nach Gott gebildete, werte Mensch nicht wirkend sein, (da er) nach Gott, in Gott gebildet (ist) an seinen Kräften und ihm gleich (ist) nach seinem Sein? Das edle Geschöpf [der Mensch] muss in viel vornehmerer Weise wirkend sein als die unvernünftigen Geschöpfe, als der Himmel.“
Bis hierhin ist Tauler in seinen Ausführungen über das trinitarische Leben Gottes dem Denken des Thomas von Aquin gefolgt.106 Die Theologie des Traktates De Deo trino107, die Tauler während seiner Ausbildung kennengelernt hat, da Thomas seit 1309 in seinem Orden als maßgebliche theologische und philosophische Autorität galt108, ist das theologisch-dogmatische Grundgerüst. In der Frage, warum der Mensch in viel „vornehmerer Weise“ wirken muss als die unvernünftigen Geschöpfe – es geht dabei um die anthropologischen Vorgegebenheiten im Menschen bzw. um die Bedingung der Möglichkeit des Menschen zur Einung mit Gott – folgt Tauler Thomas indes nicht völlig, sondern orientiert sich an den Vertretern der deutschen Albertschule.109 Insgesamt aber gilt es zu beachten, dass Tauler zwar mit der Theologie und Philosophie seiner Zeit, vor allem mit der seines Ordens, gut vertraut ist, aber dass er sich keiner Richtung endgültig verpflichtet sieht. Er übernimmt das, was dem Ziel seiner Verkündigung nutzt, und zitiert es meistens aus dem Gedächtnis.
58 Vgl. Zekorn 1993, 32 – 41.
59 Vgl. Wrede 1974.
60 V 39, 160,7ff. (H 40).
61 V 39, 159,60 (H 40).Siehe auch dieser Teil, elftes Kapitel. Vgl. Gnädinger 1993, 160 – 165; Weilner 1961, 211ff.
62 V 38, 151,18 – 21.
63 Vgl. V 38, 151,23f: „Im alle die suessikeit und wollust wirt als gar ze mole benomen als es nie nút engewunne“ („Ihm alle Süßigkeit und Wonne wird ihm ganz und gar genommen, so als ob er sie nie gehabt hätte“); V 39, 161,14 (H 40): „Und in dem wege benimet im Got alles das er im ie gegab“ („Und auf diesem Wege nimmt ihm Gott alles, was er ihm je gab“). Vgl. Gnädinger 1993, 160 – 169. Siehe hierzu u.a. dieser Teil drei, elftes Kapitel, I, 2.
64 V 39, 161,15ff. (H 40).
65 Vgl. V 11, 54,20 – 28. Hier betont Tauler, dass Gott nicht in den niederen, den sinnlichen Kräften wohnen möchte. Vgl. V 60e, 305,29f. (H 25): „Sol Got in, so muos von not die creature us“ („Soll Gott [in den Menschen] hinein, so muss notwendigerweise das Geschöpfliche aus [dem Menschen] heraus“).
66 Gemäß der Lehre des Pseudo-Dionysios, demzufolge über Gott nichts gesagt werden kann. Vgl. V 54, 249,31f. (H 52); V 46, 204,1 – 10 (H 54) mit Verweis auf Pseudo-Dionysios. Vgl. Pseudo-Dionysius, Namen I,1, Suchla 1988, 21, PG 3, 585 – 588. Entsprechend auch Proclos, In Parmenidem V 27: Siehe Suchla 1988, 104. Vgl. Gnädinger 1993, 396; Ruh 1990, 31ff.; Ders. 1989, 55 – 59; Schlüter 1961, 127ff.. Zu Proklos: Siehe u.a. zweiter Teil, zweites Kapitel, II, 1.
67 Vgl. V 39, 159,31 – 35; 160,7 (H 40): Der Jubel ist der erste Grat eines „inwendigen ... lebens“. Vgl. Gnädinger 1993, 162f.
68 Tauler spricht von der „Arbeit der Nacht“ (V 63, 345,12 [H 42]) oder er gebraucht Ausdrücke aus der pseudo-dionysischen Theologie, wie z.B. göttliche Finsternis, überhelles Licht, weglose Wüste. Vgl. Gnädinger 1993, 395ff. Anknüpfungspunkte finden wir auch bei Meister Eckhart: Vgl. Haas 1995, 78ff.
69 Tauler spricht deshalb, wie Meister Eckhart, von einem „Durchbruch“: V 53, 248,29. 250,19 (H 65); V 55, 258,11 (H 64). Vgl. Haas 1995, 24ff.; Gnädinger 1993, 357.
70 V 54, 253,18 (H 52); vgl. H 50, 230,7f.: „Eine sele vol Gotz und ein nature vol lidens“
71 Vgl. V 28, 114,23f. ; V 60d, 298,22f. (H 29). Meister Eckhart spricht von der „Gottheit“ Gottes, sofern Gott nicht erfahrbar ist; er spricht von „Gott“, sofern er sinnlich (d.h. trinitarisch) erfahrbar ist. Siehe hierzu auch zweiter Teil, drittes Kapitel, II.
72 V 60d, 298,19ff. (H 29).
73 Vgl. Büchner2007, 85f; Gandlau 1993; Mieth 1969, 260 – 263.
74 V 61,329,25 (H 44).
75 V 39, 156,21f. (H 40). Vgl. V 60d,299,10 (H 29).
76 Vgl. Kirmsse 1930, 20ff. 90f.: Gebruchen: „Der göttliche Wille erstrebt nicht ein von ihm unabhängiges Gut; er ist überhaupt kein Willensvermögen, sondern identisch mit seinem Akte und Objekte“ (20). Wirken bedeutet aktiv sein (vgl. 90).
77 Vgl. Thomas, Sth. I, q. 45, a.7.
78 Tauler folgt hier Thomas, der lehrt, dass die Erkenntnis der göttlichen Trinität, die mit dem natürlichen Verstand nicht begriffen werden kann, für den Menschen notwendig ist, um zu einem korrekten Urteil über die Schöpfung und die Dinge zu gelangen. Vgl. Thomas, S.th. I, q. 32, a.1; q. 32, a 1 ad 3; te Velde 2005, 107.
79 Vgl. Mieth 1969, 261.
80 Vgl. Mieth 1969, 260. Thomas, S.th. I, qq. 27 – 43 (vgl. u.a. q. 33, a.3; q. 34, a.3; q. 37, a.2 ad 3; q. 43) zeigt in seinem Traktat, De Deo trino, dass man aus dem immanenten Leben Gottes auf das schöpferische Heilswirken schließen kann. Vgl. Emery 2005, 78f.
81 Vgl. Thomas, Sth. I, q.27, a.1.
82 V 39,156,23-26 (H 40).
83 Vgl. Thomas, Sth. I, q. 39, a.8. Vor Thomas hat dies bereits Augustinus getan (vgl. De Trin. IX 49).
84 Vgl. Thomas, Sth. I, q. 9, a.1; q. 42, a.4 ad. 2
85 Vgl. Emery 2005, 88; Greshake 1997, 115. 119.
86 Vgl. Thomas, Sth. I, q.14, a.3; q.27, a.3 und a.5; Eckhart, Quaestio I, Largier Bd. 2, 542,22 – 25: Gott ist Erkennen und Intellekt. Das Erkennen ist die Grundlage des göttlichen Seins. Siehe den zweiten Teil, drittes Kapitel, II.
87 Vgl. Thomas, Sth. I, q. 27, aa. 2-4. Thomas bestimmt – im Anschluss an Augustinus – das innergöttliche Leben als Beziehungsgeschehen (Relation) (vgl. Emery 2005, 89; Greshake 1997, 95 – 100. 111 – 126; Werbick 1995, 500 – 508). Der Gedanke von der Selbsterkenntnis Gottes ist neuplatonischen Ursprungs (vgl. Plotin, Enneade V 3). Die Seele des Menschen denkt sich selbst bzw. erkennt sich selbst in der abgestuften plotinischen Trias „hen – nous – psyché“ (Eine – Geist – Seele); sie erkennt sich selbst im Aufstieg zum Geist, der im göttlichen Einen gründet (vgl. Beierwaltes 1985; Ders. 2001). Der Philosoph Marius Victorinus (281/91-365)(vgl. Ziegenaus 1998, 427) nutzte als erster dieses neuplatonische Schema, um die christliche Trinitätslehre zu rekonstruieren (vgl. Kreuzer 2001, XVII; Augustinus, conf. VIII, 2, 3 – 5, CCL 27, 114ff.). Marius orientiert sich dabei allerdings weniger an Plotin, sondern am Neuplatoniker Porphyrius (232/33-304), der das Hen des Plotin nicht mit dem Einen, sondern mit dem Sein identifizierte. Das Sein versteht er als Bewegung (dynamis), das als Leben aus sich herausgeht und im Denken zu sich zurückkehrt. Diese Dynamik folgt also keinem Aufstiegsmodell, sondern einem Kreismotiv: ein ursprünglich Eines geht aus sich hervor, um in der Selbsterkenntnis zu sich zurückzukehren. Dies Kreismotiv wurde sodann von Proklos seine klassische Form gegeben und von den Proklianern der deutschen Albertschule und von Tauler übernommen (vgl. Kreuzer 2001, XVIII; Beierwaltes 1965).
88 Vgl. Richard, De Trin. III, Kap. XV, PL 196, Sp. 930; Greshake 1997, 105f.
89 V 39, 156, 28f. (H 40). Übersetzung H 40, 299.
90 V 39, 156, 27f.. „Istikeit“ ist eine Wortbildung, die von Meister Eckhart stammt: Vgl. Wyser 1958, 255. Zum Begriff und seiner Problematik im Werk Meister Eckharts: Vgl. Wyser 1958, 252 – 276.
91 Das mittelhochdeutsche Wort „gebrûchen“ bedeutet „gebrauchen“ und „genießen“. Tauler verwendet es in der Bedeutung von Genießen (vgl. Kirmsse 1930, 20). Augustinus spricht in trin. IX, 2,2, Kreuzer 2001, 52, CCL 50, 294f. vom Genießen („frui“) und bezeichnet es als Selbstliebe. In trin. X, 10,13, Kreuzer 2001, 116, CCL 50, 326f. unterscheidet er zwischen Gebrauchen („uti“) und Genießen („frui“), während Tauler, wie wir gesehen haben, an die Stelle des augustinischen Gebrauchen den actus purus des Thomas setzt. Für Augustinus ist das Genießen eine Form, in welcher eine Sache um ihrer selbst willen „gebraucht“ wird (vgl. Kreuzer 2001, 399). Den Aspekt des sich selbst Liebens finden wir auch bei Thomas in Comp. I, 45, wo er betont, dass Gott nicht nur sein Erkennen und Verstehen selbst ist, sondern dass er sich auch selbst vollkommen liebt. Mit anderen Worten Gott genießt sich selbst (vgl. Berger 2002, 113).
92 Das proklische Denken (vgl. Beierwaltes 1965), das einen „Höhepunkt des Neuplatonismus darstellt“ (Seckler 1964, 65) wurde Tauler von den Vertretern der „deutschen Albertschule“ vermittelt: Albertus Magnus hat als erster den Gedanken vom „fluxus“ (Ausfließen) der Welt aus Gott genauer betrachtet (vgl. Sturlese 2007, 3f.). Die neuplatonische Lehre von der Emanation aus Gott finden wir schließlich auch bei Alberts Schüler Ulrich von Straßburg (Sturlese 2007, 3ff.), bei Meister Eckhart (vgl. Expositio S. Evangelii, Largier II, 494, 18 – 22), und bei Berthold von Moosburg, durch den Tauler die Lehren des Proklos, vor allem die Lehre des Unum, genauer kennenlernte (vgl. Sturlese 2007, 11f., 137 – 154, 169 – 197; Siehe zweiter Teil, zweites und drittes Kapitel.
93 V 60d, 299,6 – 10 (H 29); vgl. V 16, 74,27; V 60d., 301, 27f. (H 29); V 78, 421,7f. (H 69); Kirmsse 1930, 26f.
94 Vgl. Thomas, Sth. I, q.34, a.3. Thomas betont hier des Weiteren, dass das Wort nicht nur Ausdruck des Vaters, sondern auch in Bezug auf die Schöpfung Ausdruck und Tat zugleich ist. Vgl. Emery 2005, 97.
95 Vgl. Thomas, Sth. I, q.39, a.7f.; q.45, a6 ad. 2. Vgl. Kasper 1995, 344f.
96 V 60d, 299,11 – 14 (H 29).
97 V 60d, 299,15ff..25ff. (H 29). Vgl. V 60d, 299,18 – 24 (H 29); V 2, 14,15f.; V 16, 74,30.
98 V 60d, 299,29 (H 29).
99 Vgl. Thomas, Sth. I, q.32, a1: „Ea quae fidei sunt, non sunt tentanda probari nisi per auctoritas.“ Vgl. Müller 1923, 410: „Während bei Thomas jede Spur einer ‚Erlebnistheologie‘ fehlt, spielen in der Mystik die ‚gelebten Christen‘ eine Rolle, und gerade hier dürfte die tiefste Abweichung der Mystik von der Scholastik liegen, denn dieses ‚mit lebende ervolgen‘ hat doch einen anderen Sinn als die patristisch-scholastische Anschauung, dass sittliche Läuterung Voraussetzung der religiösen Erkenntnis sei.“
100 Vgl. V 60d, 299,18 (H 29): „Hinnan ab ist besser ze bevinde wan ze sprechende“ („Das zu erfahren ist besser, als darüber zu sprechen“).
101 Auch hier hält sich Tauler an Thomas. Vgl. Thomas, Sth. I, q. 43; Emery 2005, 98; Krämer 2000.
102 V 39, 156,30 (H 40).
103 Vgl. Thomas, Sth. I, q.45, a.7; te Velde 2005, 109.
104 V 39, 156,30 – 157,2 (H 40).
105 V 39, 157,3 – 6 (H 40).
106 Besonders deutlich wird dies, wenn man Taulers Argumenten in V 60d, 299,3 – 300,17 (H 29) folgt.
107 Thomas, Sth. I, qq. 27 – 43.
108 Vgl. Gnädinger 1993, 376. 381.
109 Siehe zweiter Teil, zweites und drittes Kapitel.