II_Kapitel_19.tif

Der Engländer ließ sich dadurch keineswegs verunsichern und hob beide Hände in die Höhe, ballte die drei großen Finger zur Faust, wobei er die Daumen zwischen Zeige- und Mittelfinger [358] schob und die kleinen Finger ausgestreckt ließ; so hielt er sie Panurge hin, dann legte er sie zusammen, so dass der rechte Daumen den linken berührte und der linke kleine Finger den rechten.

Daraufhin hob Panurge, ohne ein Wort zu sagen, die Hände in die Höhe und machte folgende Zeichen: Er legte den Fingernagel des linken Zeigefingers auf den des linken Daumens, so dass so etwas wie ein Ring entstand, und ballte die Finger der Rechten zur Faust bis auf den Zeigefinger, den er mehrfach durch die beiden Finger der linken Hand hin- und herschob. Dann streckte er den Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand so weit wie möglich auseinander und bewegte sie auf Thaumastes zu. Dann legte er den Daumen der linken Hand auf den linken Augenwinkel, streckte die ganze Hand aus, so wie einen Vogelflügel oder eine Fischflosse, und bewegte sie graziös hin und her; das gleiche machte er mit der rechten an dem rechten Augenwinkel.

Da begann Thaumastes, bleich zu werden und zu zittern; er machte ihm nun folgendes Zeichen: Mit dem Mittelfinger der rechten Hand tippte er kräftig auf den Muskel unterhalb des Daumens, dann steckte er den Zeigefinger der rechten durch einen ebensolchen Ring der linken, aber von unten, und nicht von oben, wie Panurge es gemacht hatte.

Daraufhin schlug Panurge in die Hände und blies anschließend in die zusammengelegten Handflächen. Danach steckte er wieder und wieder den Zeigefinger der rechten Hand durch den Ring der linken, streckte sein Kinn hervor und beobachtete dabei aufmerksam Thaumastes.

Die Leute, die nichts von diesen Zeichen verstanden, verstanden aber sehr wohl, dass er damit Thaumastes wortlos fragte: »Was habt Ihr darauf zu sagen?«

[359] Nun, Thaumastes begann in der Tat, dicke Schweißperlen zu schwitzen, und machte den Eindruck eines Mannes, der in tiefer Kontemplation entrückt war. Dann fing er sich wieder, legte alle Fingernägel der linken Hand gegen die der rechten, öffnete die Finger in einem Halbkreis und hob so die Hände so hoch, wie er konnte.

Daraufhin legte Panurge augenblicklich den Daumen seiner rechten Hand unter den Unterkiefer und den kleinen Finger derselben in den mit der linken Hand gebildeten Ring und klapperte melodisch mit den Zähnen.

Thaumastes richtete sich mit großer Mühe auf, aber beim Aufstehen ließ er einen dicken Bäckerfurz, denn die Kleie kommt hinterdrein, seichte dann ordentlich Baumöl und stank wie alle Teufel. Die Anwesenden hielten sich alle die Nase zu, denn er schiss vor lauter Angst in die Hosen. Dann hob er die rechte Hand, krümmte sie so, dass alle Fingerspitzen beieinander waren, und legte die linke Hand flach auf die Brust.

Daraufhin zog Panurge an seinem langen Hosenlatz mit dem Quast, dehnte ihn auf eineinhalb Ellen und hielt ihn mit der linken Hand in die Höhe, mit der rechten entnahm er die Apfelsine und warf sie sieben Mal in die Luft; beim achten Mal hielt er sie in seiner Rechten versteckt und hielt sie ganz ruhig in die Höhe; dann begann er seinen schönen Hosenlatz hin- und herzuschwenken, gerade vor den Augen von Thaumastes.

Der wiederum begann die Backen aufzublasen wie ein Dudelsackpfeifer und pustete, als ob er eine Schweinsblase aufpusten würde.

Worauf Panurge einen Finger seiner linken Hand in den Hintern steckte und mit dem Mund Luft einsog, wie man Austern aus [360] der Schale schlürft oder geräuschvoll seine Suppe isst; dann öffnete er ein wenig seinen Mund, schlug mit der flachen rechten Hand darauf, so dass es laut und tief klang, als ob es aus der Tiefe des Zwerchfells über die Luftröhre käme, und das machte er sechzehn Mal.

Thaumastes keuchte immer noch wie ein Schwein.

Nun steckte Panurge den Zeigefinger seiner rechten Hand in den Mund und klemmte ihn fest mit den Backenmuskeln ein. Dann zog er ihn wieder heraus und machte dabei ein lautes Geräusch, ganz so, wie die kleinen Jungen die Rübenstückchen mit ihrem Holunderrohr schießen, und das machte er neun Mal.

Da rief Thaumastes aus: »Ha, meine Herren, das große Geheimnis! Er hat die Hand bis zum Ellenbogen drin!« Dann zog er einen Dolch, den er bei sich trug, und hielt ihn mit der Spitze nach unten.

Darauf nahm Panurge seinen langen Hosenlatz und klopfte damit, so heftig er konnte, gegen seine Schenkel; dann legte er beide Hände wie zu einem Kamm verschränkt auf den Kopf, streckte die Zunge, so weit er konnte, heraus und verdrehte die Augen wie eine sterbende Ziege.

»Ha«, sagte Thaumastes, »ich verstehe, aber was?« und machte folgendes Zeichen: Er drückte den Griff des Dolches gegen seine Brust und legte die flache Hand auf die Spitze, indem er die Fingerkuppen etwas nach innen bog.

Darauf neigte Panurge seinen Kopf nach links und steckte den Mittelfinger in das rechte Ohr, wobei er den Daumen nach oben hielt. Dann verschränkte er beide Arme vor der Brust, hustete fünfmal, und beim fünften Mal stampfte er mit dem rechten Fuß auf den Boden. Anschließend hob er den linken Arm, ballte alle [361] Finger zu einer Faust, hielt den Daumen auf seine Stirn und schlug mit der rechten Hand gegen seine Brust.

Thaumastes hingegen, so als sei er damit unzufrieden, legte den Daumen seiner linken Hand auf die Nasenspitze und schloss die übrigen Finger der Hand.

Panurge legte nunmehr die beiden Mittelfinger auf die Mundwinkel und zog sie so weit auseinander, wie er konnte, wobei er alle Zähne zeigte, und mit den Daumen zog er die Unterlider tief nach unten und zog so nach Ansicht der Anwesenden eine hässliche Fratze.

Zwanzigstes Kapitel

Wie Thaumastes über die Fähigkeiten und die Gelehrsamkeit von Panurge berichtet

Thaumastes stand auf, nahm seine Kappe ab und bedankte sich leise bei Panurge; dann sprach er mit erhobener Stimme zu den Anwesenden: »Meine Herren, ich möchte jetzt an dieser Stelle das Bibelwort zitieren Et ecce plus quam Salomon hic. Ihr habt hier vor euch einen unvergleichlichen Schatz in der Person des edlen Herrn Pantagruel, dessen Ruf mich aus dem tiefsten England hat hierherkommen lassen, um mit ihm über unlösbare Fragen zu reden, die meinen Geist beschäftigten, sowohl bezüglich der Magie, der Alchimie, der Kabbala, der Geomantie, der Astrologie als auch der Philosophie.

Nun aber bin ich erzürnt ob dieses Rufes, der ihm meiner Ansicht nach keineswegs gerecht wird, denn er trägt nur ein [362] Tausendstel dessen weiter, was in Wirklichkeit vorhanden ist. Ihr habt ja gesehen, wie allein schon sein Schüler mir Genüge getan hat und mir mehr mitgeteilt hat, als ich gefragt habe; darüber hinaus hat er mich auf andere problematische Punkte aufmerksam gemacht, deren Bedeutung man kaum abschätzen kann, und hat sie gleichzeitig gelöst. Aufgrund dessen kann ich euch versichern, dass er mir den wahren Brunnen und die Tiefe des Wissens eröffnet hat, ja selbst in einer Materie, von der ich annahm, dass ich niemals auf jemanden treffen würde, der auch nur ein Grundwissen davon hätte: Ich meine die Art und Weise, in der wir mit Zeichen unsere Argumente ausgetauscht haben, ohne auch nur ein Wort zu sprechen. Ich werde alles schriftlich niederlegen, was wir besprochen und entschieden haben, damit niemand annimmt, dass es sich um Scherze gehandelt hat, und ich werde das Geschriebene in den Druck geben, damit ein jeder daraus lernen kann, so wie ich gelernt habe. Davon ausgehend, könnt ihr ermessen, was angesichts der Großtat, die der Schüler vollbracht hat, erst der Meister hätte sagen können, denn: Non est discipulus super magistrum.

Gott sei immer und überall gepriesen, und ich danke euch ergebenst für die Ehre, die ihr durch eure Anwesenheit dem Disput erwiesen habt. Gott möge es euch ewig lohnen.«

Pantagruel fand für alle Anwesenden ähnliche Dankesworte, und als alle aufbrachen, nahm er Thaumastes zum Essen mit nach Hause, und ihr könnt mir glauben, sie tranken mit aufgeknöpftem Bauch – (denn zu jenen Zeiten knöpfte man den Bauch noch zu, wie heute die Kragen) –, bis sie sagten: »Ja, wo kommt Ihr denn her?«

Heilige Jungfrau, sie soffen wie die Löcher, die Flaschen kreisten, und sie schlugen richtig zu:

[363] »Korken raus!

Her damit!

Nun schütt schon ein, zum Teufel, schütt ein!«

Da war keiner, der nicht fünfundzwanzig oder dreißig Mud getrunken hätte, und wisst ihr wie? Sicut terra sine aqua, denn es war warm, und sie hatten sich richtig durstig geredet.

Was nun die Erklärung der von Thaumastes vorgebrachten Punkte angeht sowie die Bedeutung der Zeichen, die sie bei ihrer Diskussion verwendet hatten, so werde ich sie euch gemäß ihren eigenen Berichten vorlegen. Aber man hat mir erzählt, dass Thaumastes ein umfangreiches Buch darüber gemacht hat, das in London gedruckt worden ist, in dem er alles ausführlich darlegt, ohne etwas auszulassen. Deshalb nehme ich jetzt hier davon Abstand.

Einundzwanzigstes Kapitel

Wie sich Panurge in eine vornehme Dame von Paris verliebte

Durch den Erfolg, den Panurge in der Diskussion gegen den Engländer einheimste, begann er, sich in Paris einen Namen zu machen, und er wertete seinen Hosenlatz nachdrücklich auf, indem er ihn mit bunten Stoffecken nach italienischer Mode verzieren ließ. Die Leute lobten ihn in aller Öffentlichkeit, und es wurde ein Lied über ihn gemacht, das die Kinder auf der Straße sangen. Er war ein willkommener Gast in allen vornehmen Damenzirkeln, und all das bewirkte, dass er derart anmaßend wurde, dass er sich daranmachte, eine der ersten Damen der Stadt zu erobern.

Und in der Tat hielt er sich nicht mit den langen Vorreden oder [364] sonstigen Bekundungen auf, wie sie normalerweise die Fastenzeitverliebten, die sehnsüchtig Leidenden, die kein Fleisch anrühren, von sich geben, und so sagte er zu ihr eines Tages:

»Madame, es wäre für das ganze Gemeinwesen höchst nützlich, für Euch angenehm, für Eure Familie ehrenwert und für mich von dringlicher Notwendigkeit, wenn Ihr Euch von meinem Geschlecht belegen ließet, und glaubt mir, die Erfahrung wird es Euch belegen.«

Bei diesen Worten stieß ihn die Dame mehr als einhundert Meilen von sich und sagte: »Elender Narr, steht es Euch an, so mit mir zu reden? Wen glaubt Ihr vor Euch zu haben? Packt Euch, und kommt mir nie wieder unter die Augen, denn es fehlt nicht viel, und Ihr verliert Arme und Beine!«

»Nun«, antwortete er, »ob ich Arme oder Beine habe, ist mir ziemlich einerlei, Hauptsache, wir beide, Ihr und ich, wir machen eine kleine Lustveranstaltung und wippen wie die Weberschäfte, denn hier«, und er zeigte auf seinen Hosenlatz, »wohnt Johannes Jupiter, und der kann Euch einen Gassenhauer aufspielen, dass es Euch durch Mark und Bein geht. Der ist so flink und munter, so geschickt im Auffinden von Nebenschauplätzen und von kleinen Leistenbeulen in der Mausefalle, dass man nach ihm nur noch wischen muss.«

Worauf die Dame sagte: »Fort mit Euch, Ihr mieser Kerl, fort mit Euch! Wenn Ihr nur noch ein Wort sagt, rufe ich nach den Leuten und lasse Euch durchprügeln.«

»Ho«, sagte er, »Ihr seid nicht so böse, wie Ihr tut, nein, oder ich müsste mich gewaltig in Eurer Erscheinung getäuscht haben; denn eher würde die Erde zum Himmel hinaufsteigen und der Himmel in den Abgrund stürzen, eher würde die Welt auf dem [365] Kopf stehen, als es in einer solchen Schönheit und Anmut wie der Euren auch nur einen Tropfen Galle oder eine Winzigkeit an Bosheit gäbe. Man sagt ja immer noch – trotz aller Mühe, die man sich gegeben hat:

Hat man je eine schöne Frau gesehen,

die nicht auch widerspenstig wär?

Aber das sagt man nur von den Schönheiten aus dem Volk. Eure Schönheit ist so auffallend, so einzigartig, so himmlisch, dass ich glaube, Mutter Natur hat sie Euch beispielhaft verliehen, um uns zu zeigen, was sie vollbringen kann, wenn sie all ihr Vermögen und Können dazu verwendet.

Alles an Euch ist nur Honig, Zucker, nur himmlisches Manna. Euch hätte Paris den goldenen Apfel zuerkennen müssen, weder Venus noch Juno noch Minerva; denn weder besaß Juno so viel strahlende Schönheit, Minerva so viel Weisheit noch Venus so viel Anmut wie Ihr.

O ihr himmlischen Göttinnen und Götter, wie glücklich wird derjenige sein, dem Ihr die Gnade erweist, sie in die Arme nehmen zu können, sie zu küssen und sie zu lieben. Bei Gott, ich werde derjenige sein, ich seh es wohl, denn sie liebt mich schon inniglich, ich weiß es, denn die Feen haben mich dafür ausersehen. Um keine Zeit zu verlieren, lasst uns hoppelnwetzenbohnern.«

Er wollte sie in seine Arme nehmen, aber sie tat so, als wolle sie am Fenster die Nachbarn um Hilfe rufen.

Da machte sich Panurge augenblicklich davon und sagte zu ihr im Weggehen: »Madame, bitte wartet hier auf mich, Ihr braucht [366] Euch die Mühe nicht zu machen, ich werde sie selber herbeiholen.«

So ging er also davon, ohne sich einen sonderlichen Kopf zu machen wegen seiner Zurückweisung, und er machte auch kein besonders trauriges Gesicht.

Am nächsten Morgen war er zur Stunde ihres Kirchgangs in der Kirche.

Am Eingang reichte er ihr das Weihwasser, indem er sich tief vor ihr verbeugte; danach kniete er sich vertraulich an ihre Seite und sagte zu ihr: »Madame, Ihr müsst wissen, dass ich so in Euch verliebt bin, dass ich weder pinkeln noch kacken kann. Ich weiß nicht, wie Ihr dazu steht; wenn mir deshalb ein Unglück widerführe, was würde das für Euch bedeuten?«

»Lasst mich zufrieden«, sagte sie, »das ist mir völlig gleichgültig, lasst mich hier in Ruhe beten.«

»Aber«, sagte er, »macht einmal ein Wortspiel mit ›A Beaumont le Vicomte‹.«

»Kann ich nicht«, gab sie zurück.

»Das gibt: ›A beau con le vit monte‹«, sagte er. »Und betet jetzt, dass der Herrgott mir das gebe, was Euer edles Herz begehrt, und gebt mir bitte Euren Rosenkranz.«

»Hier habt Ihr ihn«, sagte sie, »und fallt mir nicht weiter auf die Nerven!«

Mit diesen Worten wollte sie ihren Rosenkranz losmachen, dessen große Perlen aus indischem Duftholz und üppig mit Gold verziert waren. Aber Panurge zog blitzschnell sein Messer hervor, schnitt ihn glatt ab und sackte ihn ein für den Trödelmarkt. Dann sagte er zu ihr: »Wollt Ihr mein Messer haben?«

»Nein, nein«, antwortete sie.

[367] »Aber, da wir gerade davon sprechen«, sagte er, »es steht Euch immer voll und ganz zur Verfügung, sozusagen mit Heft und Klinge.«

Die Dame war indes gar nicht glücklich über das Geschick ihres Rosenkranzes, denn er gehörte ja zu ihrem würdigen Auftritt in der Kirche, und sie dachte bei sich: »Dieser Schwätzer ist ja völlig durch den Wind, der kommt aus irgendeinem fremden Land; ich werde meinen Rosenkranz wohl nie wiedersehen. Was wird mein Mann wohl dazu sagen? Der wird bestimmt wütend auf mich sein, aber ich werde ihm sagen, dass ein Dieb ihn mir in der Kirche vom Band abgeschnitten hat. Das wird er mir umso eher glauben, als er den Rest des Bandes an meinem Gürtel sieht.«

Nach dem Mittagessen suchte Panurge sie auf, in seinem Ärmel eine dicke Geldbörse, gefüllt mit falschen Écus vom Gerichtshof und mit Spielmarken, und sagte zu ihr:

»Wer von beiden liebt den anderen mehr, Ihr mich oder ich Euch?«

Worauf sie antwortete: »Was mich angeht, so hasse ich Euch nicht, denn ich liebe alle Menschen, ganz so wie Gott es befiehlt.«

»Ja, genau«, sagte er, »seid Ihr denn nicht in mich verliebt?«

»Ich habe Euch schon mehrfach gesagt«, entgegnete sie, »dass Ihr mir nicht solche Reden halten sollt; wenn Ihr weiter so redet, dann werde ich Euch zeigen, dass ich nicht die Person bin, mit der Ihr so schändlich reden dürft. Macht Euch von dannen und gebt mir meinen Rosenkranz zurück, damit mein Mann mich nicht danach fragt.«

»Wie, Madame«, sagte er, »Euren Rosenkranz? Nichts da, bei meinem eiapopeia, aber ich gebe Euch gerne einen anderen. Hättet Ihr lieber einen aus Gold, fein emailliert, mit großen Kugeln oder [368] mit schönen Liebesknoten, oder lieber einen massiven, mit richtigen Goldklumpen? Oder wollt Ihr einen aus Ebenholz, aus dicken Hyazinthen, aus geschliffenem Granat mit feinen Türkisen verziert oder aus schönen Topasen mit dicken Diamanten, die auf achtundzwanzig Facetten geschliffen sind? Nein, nein, das ist nicht genug! Ich habe da einen Rosenkranz mit feinen Smaragden im Auge, die mit grauen rundgeschliffenen Bernsteinperlen verziert sind, und der als Schließe eine große Perle vom Persischen Golf hat, so groß wie eine Apfelsine. Der kostet nur fünfundzwanzigtausend Dukaten. Den möchte ich Euch zum Geschenk machen, denn schließlich habe ich ja genügend Kleingeld.«

Und während er dies sagte, klimperte er mit seinen Spielmarken, so als ob es Sonnentaler wären.

»Oder möchtet Ihr ein Festkleid aus dunkelviolettem Samt, in Scharlach eingefärbt, oder eines aus durchwirktem Satin oder dunkelrot? Oder möchtet Ihr Ketten, Goldschmuck, Haarbänder, Ringe? Ihr braucht nur Ja zu sagen, bis fünfzigtausend Dukaten spielt das für mich keine Rolle.«

Mit solchen Reden machte er ihr zwar den Mund wässrig, aber sie antwortete ihm: »Nein, vielen Dank, ich möchte nichts von Euch.«

»Bei Gott«, sagte er, »aber ich möchte etwas von Euch, und es kostet Euch auch nichts und nimmt Euch auch nichts weg. Schaut her« (und er zeigte dabei auf seinen großen Hosenlatz), »hier ist Meister Johann Lunte, der bittet um Quartier.«

Und dann wollte er sie in die Arme nehmen, aber sie fing wieder an zu schreien, wenn auch nicht so laut wie vorher. Daraufhin änderte Panurge sein Mienenspiel und seinen Ton und sagte zu ihr: »Ihr wollt mich also kein bisschen machen lassen? Scheiß was [369] drauf! So viel Gutes und so viel Ehre habt Ihr gar nicht verdient; ich werde Euch von den Hunden zureiten lassen.«

Nach diesen Worten machte er sich aus Angst vor Prügel im Schweinsgalopp davon, denn Prügel fürchtete er von Natur aus.

Zweiundzwanzigstes Kapitel

Wie Panurge der Pariser Dame einen Streich spielte, der ihr nicht zum Vorteil geriet

Nun, am darauffolgenden Tag stand das Fronleichnamsfest an, zu dem alle Frauen ihre schönsten Kleider anlegen. Unsere besagte Dame trug ein sehr schönes Kleid aus dunkelrotem Satin mit einem Oberkleid aus prächtigem weißen Samt.

Am Vorabend dieses Feiertags machte Panurge sich auf und suchte in allen Ecken der Stadt so lange, bis er eine läufige Hündin fand. Die nahm er mit seinem Gürtel an die Leine und brachte sie zu sich nach Hause auf sein Zimmer, wo er ihr noch am selben Tag und in der darauffolgenden Nacht aufs beste zu fressen gab. Am frühen Morgen tötete er sie und entnahm ihr das, worin die griechischen Zauberer bewandert sind, hackte es in so winzig kleine Teile, wie er nur konnte, und begab sich dorthin, wohin die Dame kommen musste, um sich der Prozession anzuschließen, so wie es bei diesem Fest der Brauch ist. Als sie in die Kirche eintrat, reichte Panurge ihr das Weihwasser und grüßte sie äußerst zuvorkommend. Nachdem sie ihre Gebete verrichtet hatte, setzte er sich neben sie auf die Kirchenbank und übergab ihr ein Ringelgedicht, das, von Hand geschrieben, wie folgt lautete:

[371] RINGELGEDICHT

Für diesmal, als ich Euch, o holde Schöne,

Mein Leid geklagt, da kamen schroffe Töne,

Ihr jagtet fort mich, ein für alle Mal;

Obwohl ich ohne Arglist, ganz loyal,

Euch nie gekränkt und nie gezeigt die Zähne.

Wenn Euch missfällt, wie ich vor Liebe stöhne,

Sagt mir, dass ich mich dran gewöhne:

»Mir aus den Augen, Ihr seid mir egal,

Für dieses Mal.«

Nicht unrecht ist’s, wenn ich erwähne,

Dass mir mein Herz entbrannt wie dürre Späne

Ob Euerer Schönheit, die mir wird zur Qual.

Drum bitt ich Euch eintausendmal:

Macht mir den Purzelbums, o Herrin, souveräne,

Für dieses Mal.