Absicherung, Vorsorge und Geldanlage

Geld kann Entscheidungsfreiheit geben, ebenso wie Handlungsmöglichkeiten. Wenn Sie frühzeitig anfangen, finanziell für Ihr Kind zu sorgen, können Sie ihm später einen Vorsprung im Leben verschaffen. Dabei geht es nicht darum, dass Ihr Kind mehr Geld hat als andere; es geht darum, dass es frei entscheiden kann, welches Leben es leben möchte. Das fängt mit der Absicherung gegen Risiken an und geht weiter mit dem Aufbau von Rücklagen, die dem Kind beispielsweise einen Wechsel der Ausbildung oder des Studiums ermöglichen, ohne dass es aus finanziellen Gründen dazu gezwungen ist, den einmal eingeschlagenen Weg zu Ende zu gehen. Vor allem aber geht es darum, dass das Kind das Wirtschafts- und Finanzsystem versteht, denn das Verständnis der Gegebenheiten bildet die Grundlage für qualifizierte Entscheidungen.

Ihr Wunsch, für Ihr Kind vorzusorgen, ist eine tolle Motivation. Allerdings sollten Sie in erster Linie für sich selbst sorgen: Ihre finanzielle Zuversicht, Ihre Absicherung und Altersvorsorge, Ihre persönliche Finanzplanung haben Vorrang. Damit leben Sie Ihrem Kind nicht nur ein gutes Geldverhalten vor, von dem es sich ganz automatisch vieles abschauen wird. Sie reduzieren auch ganz konkret die zukünftigen finanziellen Belastungen Ihres Kindes. Denn wenn Ihre Altersvorsorge nicht ausreicht, um Ihre Pflegekosten zu decken, wird Ihr Kind finanziell herangezogen. Im Jahr 2023 ist das der Fall, sobald Ihr Kind ein zu versteuerndes Jahresgehalt von mehr als 100000 € hat. Konkret heißt das, dass Ihr Kind die finanzielle Lücke schließen muss, die zwischen den Kosten des Pflegeheims, Ihrer Pflege- und Rentenversicherung und Ihrem eigenen Vermögen bleibt. Dagegen können Sie in der Situation nichts tun; Ihr Kind wird vom Staat herangezogen, ob Sie wollen oder nicht. Angesichts unserer alternden Gesellschaft und der Herausforderungen im Rentensystem möchten wir keine Prognose dazu abgeben, wie sich diese Verpflichtungen in der Zukunft entwickeln werden. Deshalb ist es so unglaublich wichtig, dass Sie Ihre eigene Vorsorge priorisieren. Wir sind uns sicher:

Ihr Kind will lieber seine Ausbildung selbst finanzieren als viele Jahre lang für Ihr Pflegeheim zahlen!

Vielleicht haben Sie jetzt den spontanen Impuls, die Bank Ihres Vertrauens anzurufen, um sofort einen Termin zu vereinbaren. Vor allem, wenn es um die nächste Generation geht, setzt bei vielen von uns der Beschützerinstinkt ein, und wir wollen lieber kein Risiko eingehen. Wenn Ihre Bank Sie in IHREM Interesse berät, spricht nichts dagegen. Denken Sie nur daran, was Sie im ersten Kapitel gelesen haben: Der Finanzsektor profitiert davon, wenn Sie denken, es sei kompliziert. Mit Ihrer Angst wird Geld verdient!

Trauen Sie sich zu, sich selbst um Ihr Geld zu kümmern – und auch um die finanzielle Zukunft Ihres Kindes! Es ist weniger kompliziert und weniger riskant, als Sie vielleicht denken. Und Sie sparen Gebühren, sodass am Ende mehr von Ihrem Geld übrig bleibt!

Zur Vorsorge für Sie selbst und für Ihr Kind zählen neben der finanziellen Vorsorge – Aufbau von Rücklagen und Vermögen für spätere Zeiten – auch wichtige Versicherungen. Diese beiden Bereiche sollten Sie nicht vermischen, denn sie haben sehr unterschiedliche Zielsetzungen.

Versicherung oder Vermögensaufbau?

Versicherungen sind dazu da, ein Risiko abzusichern: eine Krankheit, einen Verkehrsunfall, eine Fehlentscheidung.

Vermögensaufbau ist dazu da, Rücklagen aufzubauen, auf die Sie relativ flexibel zugreifen können: eine Immobilie, Börseninvestitionen oder auch einfach Ihr Erspartes auf dem Konto.

Ein großer Unterschied zwischen Versicherungen und Vermögensaufbau ist die Verfügbarkeit des eingezahlten Geldes: Eine Versicherung zahlt nur im Versicherungsfall. Wenn Sie krank werden, bezahlt die Krankenversicherung Ihre Behandlungskosten; wenn Sie gesund sind, haben Sie nichts davon, dass Sie regelmäßig in die Versicherung einzahlen, außer wahrscheinlich dem Gefühl der Sicherheit, wenn doch etwas passieren sollte. Dasselbe gilt für die Berufsunfähigkeitsversicherung oder Ihre Haftpflichtversicherung. Einerseits ist es bedauerlich, das Geld zu bezahlen, ohne die Gegenleistung – den Versicherungsanspruch – zu erhalten; andererseits ist es erstrebenswert, den Versicherungsanspruch nicht geltend machen zu müssen, wenn das bedeutet, dass Sie gesund und berufsfähig sind und keine Summen an Haftung für Schäden aufbringen müssen. Auch die Standardangebote zur Altersvorsorge sind Versicherungen, so zum Beispiel die gesetzliche Rentenversicherung und auch die klassische betriebliche Altersvorsorge. (Obwohl die gesetzliche und betriebliche Rente formell als Versicherungen gelten, behandeln wir sie im Abschnitt »Altersvorsorge« und nicht unter Versicherungen.)

Ihr Vermögen oder Ihre Rücklagen können Sie jederzeit verwenden. Es muss keine besondere Situation eintreten, beispielsweise das Erreichen eines gewissen Alters, und Sie müssen sich keiner Institution gegenüber rechtfertigen, um an Ihr Geld zu kommen. Ob Sie das Geld für neue Balkonpflanzen, die Ausbildung Ihrer Kinder oder Ihre eigenen Pflegekosten ausgeben, bleibt Ihnen selbst überlassen. Falls Sie vor Renteneintritt sterben sollten, geht Ihr Vermögen auf Ihre Erben über.

Das Problem bei Versicherungen ist: Jede Garantie kostet Geld. Sie bekommen also gesicherte, aber höchstwahrscheinlich niedrigere Zahlungen (z. B. im Verhältnis zu einer Kapitalentnahme aus einem Sparplan). Die Rentenversicherung zahlt bis an Ihr Lebensende; Ihren Lebensstandard werden Sie damit aber wahrscheinlich nicht halten können.

Der große Vorteil von Versicherungen ist: Sie sichern ein Risiko ab, das zu groß für Sie als Einzelperson ist. Wenn Sie mit 40 Jahren berufsunfähig werden, sichert die Berufsunfähigkeitsversicherung Sie gegen 27 Jahre Gehaltsverlust ab. Wenn Sie 150 Jahre alt werden, trägt die Rentenversicherung das Langlebigkeitsrisiko und zahlt bis an Ihr Lebensende.

Das Problem bei Vermögen ist: Sie müssen es aktiv selbst aufbauen, und es kann irgendwann aufgebraucht sein.

Der große Vorteil von Vermögen ist: Sie sind flexibel und selbstbestimmt. Wenn Sie mit 45 aufhören wollen zu arbeiten, müssen Sie nur berechnen, ob Ihr Vermögen dafür reicht, und können Ihren Plan dann in die Tat umsetzen, unabhängig von Ihrem Gesundheitszustand und Ihren Versicherungen. Wenn Sie sterben, können Sie Ihr Vermögen vererben (im Gegensatz zu Versicherungen, die nur teilweise übertragbar sind). Wenn Sie allerdings 150 Jahre alt werden, ist es jedoch sehr wahrscheinlich, dass Ihr Vermögen vorher aufgebraucht ist.

Eine gesunde Mischung aus Versicherungen und Vermögensaufbau ist also ratsam. Die Deutschen sind im Schnitt überversichert und unterinvestiert; wir haben also zu viele Versicherungen und kümmern uns zu wenig um den Vermögensaufbau. In diesem Kapitel erfahren Sie, welche Versicherungen Sie für sich und Ihr Kind brauchen und für welche Situationen Sie besser durch Rücklagen vorsorgen. In vielen Versicherungen sind Kinder automatisch inkludiert; manche erfordern eine besondere Anpassung, und wieder andere müssen Sie extra für Ihr Kind abschließen. Mit einer sinnvollen Absicherung und Vorsorge können Sie Ihr Kind auf stabile finanzielle Beine stellen und haben zudem vielfache Situationen, um mit ihm über Finanzen ins Gespräch zu kommen. Vielleicht hätten Sie selbst als jüngerer Mensch gern mehr von dem, was Sie in diesem Buch lesen, gewusst. Gerade Versicherungen können ein Dschungel sein, der undurchsichtig und komplex erscheint. Sie haben die Chance, mit Ihrem Kind gemeinsam zu lernen und ihm genau dieses Wissen frühzeitig zu vermitteln, das Ihnen selbst gefehlt hat.

Generell gilt: Lassen Sie die Finger von Kombi-Produkten aus Versicherung und Vermögensaufbau. Versicherungen haben den Zweck, Sie gegen ein Risiko abzusichern. Für den Vermögensaufbau gibt es andere Produkte. Eine Kombination – Versicherungen, die neben dem Versicherungsfall auch Vermögen aufbauen – lohnt sich selten. Ein Beispiel, in welchem es sich nicht lohnt, ist die klassische kapitalbildende Lebensversicherung, die entweder bei Erreichen eines bestimmten Alters zahlt oder für den Fall des Todes vorher. Verbraucherschützer raten prinzipiell von solchen Kombi-Produkten ab. Es mag einzelne Ausnahmen von dieser Regel geben, aber bei Kombi-Produkten lohnt es sich, besonders genau hinzuschauen und insbesondere die Kosten im Auge zu behalten.

Vorsorge durch Versicherungen

Wenn Sie ähnlich gestrickt sind wie die meisten Menschen, wollen Sie Ihrem Kind eine möglichst unbeschwerte Kindheit und eine sichere Zukunft ermöglichen. Sie wollen die Gefahren des Lebens von ihm so lange wie möglich fernhalten und ihm gleichzeitig die Fähigkeiten mitgeben, um das Leben selbstbestimmt und unerschrocken zu meistern.

Diese elterliche Achillesferse machen sich viele Versicherungen zunutze, indem sie mit ausgefuchsten, emotional aufgeladenen Erzählungen die erschreckendsten Bilder vor Ihren Augen lebendig werden lassen und Ihnen gleichzeitig die vermeintliche Lösung unterbreiten, wie Sie Ihre oder die Kinder in Ihrem Umfeld vor diesen Szenarien schützen können: Unterschreiben Sie einfach diese Versicherung und Ihrem Kind kann nichts passieren! Und schon haben Sie ein Potpourri an Versicherungen unterzeichnet, von der Ausbildungsversicherung über die Kinderunfallversicherung bis zur Reisegepäckversicherung. Einige der abgeschlossenen Versicherungen mögen sinnvoll sein, andere sind es sicherlich nicht.

Versicherungen zahlen nur dann, wenn der Versicherungsfall innerhalb der im Vertrag festgelegten Bedingungen liegt. Es ist daher wichtig, sorgfältig zu lesen und zu verstehen, was von einem Versicherungsvertrag genau abgedeckt wird, bevor Sie ihn abschließen. Das gilt insbesondere für das Kleingedruckte.

Kleiner Realitätscheck: Es gibt kein risikofreies Leben. Wenn Sie sich nicht aus Ihrer Wohnung herausbewegen, haben Sie aufgrund von Bewegungsmangel ein erhöhtes Gesundheitsrisiko; wenn Sie sich dagegen auf die Straße hinauswagen, haben Sie ein erhöhtes Risiko, in irgendeinen Unfall verwickelt zu werden. Gerade Kinder sind konstant neuen Risiken ausgesetzt: Wenn sie gerade lernen, auf eigenen Beinen zu laufen, haben sie ein immens hohes Risiko, zu stolpern, hinzufallen und sich vermutlich auch immer wieder dabei zu verletzen. Sie kämen aber nie auf die Idee, deswegen das Laufen nicht lernen zu wollen.

Sie betreiben also eigentlich kontinuierlich Risikoabwägungen: Wie wahrscheinlich ist es, dass ein bestimmtes Risiko eintritt, und was passiert dann? Kinder holen sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Beulen und blaue Flecken, wenn sie die Welt erkunden. Das Risiko ist also extrem hoch. Gleichzeitig ist die Gefahr sehr gering: Eine Beule verschwindet wieder, und selbst ein Knochenbruch verheilt. Das Risiko, dass ein Unfall passiert, ist sehr hoch; der damit verbundene Schaden aber wahrscheinlich niedrig.

Es ist also wichtig, herauszufinden, welche Versicherungen Sie wirklich benötigen, weil der Schaden im Ernstfall Ihre eigenen (finanziellen und anderen) Rücklagen übersteigen würde, und auf welche Versicherungen Sie besser verzichten und stattdessen Rücklagen aufbauen sollten.

Generell gilt: Eine Versicherung sollten Sie nur für existenzbedrohende Risiken abschließen; für alle kleineren Risiken sorgen Sie besser mit Rücklagen vor. Ihre Existenz wäre vermutlich bedroht, wenn Sie eine schwere Krankheit haben und nicht mehr in Ihrem Job arbeiten können oder wenn Sie Ihrer Nachbarin einen gesundheitlichen Schaden zufügen und lebenslang Schadensersatz zahlen müssen. Ein beschädigtes Ceranfeld ist dagegen ein Risiko, das zwar ärgerlich, aber selten existenzbedrohend ist.

In den nächsten Abschnitten finden Sie eine allgemeine Einordnung, welche Versicherungen in der Regel sinnvoll sind, auch schon in jungen Jahren. Wir zeigen Ihnen aber auch, auf welche Versicherungen Sie wahrscheinlich verzichten können. Dabei gilt immer: Alles ist abhängig von Ihrer individuellen Präferenz, Ihrer Lebenssituation, Ihren Bedürfnissen. Wir können hier eine allgemeine Orientierung geben; die Entscheidung liegt, wie immer, bei Ihnen. Wie wahrscheinlich ist es, dass ein bestimmtes Risiko Realität wird? Und falls der Fall eintritt, wie hoch ist dann der zu erwartende Schaden?

Die folgenden Versicherungen sind in Deutschland Pflicht:

Krankenversicherung

Die Krankenversicherung ist eine der wichtigsten und zudem verpflichtenden Versicherungen. Je nach Einkommen und beruflicher Situation können Sie zwischen der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung wählen. Wenn Sie verbeamtet, selbstständig oder freiberuflich tätig sind oder Ihr Einkommen oberhalb von 66600 € im Jahr liegt (Stand 2023), haben Sie die Wahl, sich freiwillig gesetzlich oder privat zu versichern.

Gesetzliche Krankenversicherung: Wenn Sie als Angestellte weniger als die Jahresarbeitsentgeltgrenze von 66600 € (Stand 2023) pro Jahr verdienen, sind Sie regulär über die gesetzliche Krankenversicherung pflichtversichert. Wenn Ihr Gehalt über dieser Grenze liegt, können Sie sich freiwillig gesetzlich krankenversichern.

Die gesetzliche Krankenversicherung hat den großen Vorteil der kostenlosen Kinder- und Familienversicherung. Solange Ihr Kind kein eigenes Einkommen hat, wie zum Beispiel während eines Studiums oder einer unbezahlten Ausbildung, können Sie es bis 25 Jahre kostenlos mitversichern. Auch Ihre Ehepartnerin oder -partner kann mitversichert werden, wenn er oder sie kein eigenes Einkommen hat. Das gilt allerdings nur für Ehen, nicht für Paare ohne Trauschein.

Bei der privaten Krankenversicherung zahlt dagegen jedes Familienmitglied einen eigenen Beitrag; auch jedes Kind.

Private Krankenversicherung: Wenn Sie verbeamtet oder selbstständig sind oder Ihr Gehalt über der Jahresarbeitsentgeltgrenze von 66600 € liegt, haben Sie die Wahl, wie Sie sich krankenversichern wollen. Vor allem für Beamte ist die private Krankenversicherung häufig relativ günstig, weil der Dienstherr über die Beihilfe einen Teil der Behandlungskosten mitträgt. Auch für Kinder und Ehepartnerin oder Ehepartner (hier mit Einkommensgrenzen je Bundesland variierend) gibt es Beihilfe.

Auch für junge und gesunde Menschen bietet die private Versicherung häufig verlockend niedrige Beiträge. Sie zahlen aber für jedes Kind einen zusätzlichen Beitrag! Und Sie sollten beachten, dass die Beiträge der privaten Krankenversicherung mit dem Alter steigen können; Sie sollten also sicher sein, immer genug Gehalt, Rente oder anderes Einkommen zu haben, um die Beiträge zahlen zu können.

KFZ-Haftpflichtversicherung

Wenn Sie ein Auto besitzen, dann ist eine KFZ -Haftpflichtversicherung eine vom Gesetzgeber vorgegebene Pflicht. Wenn Sie mit Ihrem Auto am Straßenverkehr teilnehmen, müssen Sie für Schäden, die Sie möglicherweise verursachen, versichert sein. Dazu zählen neben Personenschäden auch Schäden an Bäumen oder Leitplanken. Für Schäden an Ihrem eigenen Auto brauchen Sie eine Teil- oder Vollkaskoversicherung. Achten Sie darauf, dass auch Familienmitglieder versichert sind! In der Regel ist eine Ehe- oder Lebenspartnerin oder -partner mitversichert, ohne dass der Beitrag steigt. Jüngere Menschen und Fahranfängerinnen oder Fahranfänger treiben dagegen häufig die Beiträge in die Höhe.

Tipp:

Gerade bei Kfz-Versicherungen lohnt es sich, jährlich die Tarife zu überprüfen und gegebenenfalls bei Ihrer Versicherung nach einer Tarifumstellung zu fragen.

Neben den Pflichtversicherungen halten wir die folgenden Versicherungen für die meisten Menschen für äußerst sinnvoll. Prüfen Sie, ob diese Versicherungen auch für Sie und Ihre Lebenssituation geeignet sind.

Privathaftpflichtversicherung

Die private Haftpflichtversicherung ist immer sinnvoll, da jede Person gesetzlich dazu verpflichtet ist, für alle von ihr verursachten Schäden mit ihrem gesamten jetzigen und zukünftigen Privatvermögen aufzukommen. Und das kann sehr schnell sehr teuer werden! Stellen Sie sich vor, Ihr Blumentopf fällt auf den Kopf Ihrer Nachbarin, und Sie müssen lebenslang Schmerzensgeld bezahlen. Achten Sie darauf, dass die Versicherung mindestens für 10 Millionen Euro haftet; damit sind viele Schäden abgedeckt.

In der Privathaftpflicht sind auch Kinder mitversichert, sogar wenn sie volljährig sind oder zeitweise außerhalb Ihres Wohnsitzes leben. Erst wenn die Kinder mit der Berufsausbildung fertig oder verheiratet sind, benötigen sie eine eigene Privathaftpflichtversicherung. Sollten Sie Kinder unter sieben Jahren haben, achten Sie darauf, dass Ihre Haftpflichtversicherung eine Deliktunfähigkeitsklausel beinhaltet. Kinder unter sieben Jahren (im Straßenverkehr unter zehn Jahren) gelten als deliktunfähig, da sie noch nicht die volle Verantwortung für ihr Handeln tragen können. Richtet Ihr deliktunfähiges Kind einen Schaden an, zahlt die Privathaftpflichtversicherung normalerweise nicht. Eltern bezahlen solche Schäden oft aus eigener Tasche, um persönliche Beziehungen nicht unnötig zu belasten. Eine Deliktunfähigkeitsklausel kann solche Situationen vermeiden, da die private Haftpflichtversicherung dann doch haftet.

Berufsunfähigkeitsversicherung

Eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist für jede Person sinnvoll, die von ihrem Einkommen lebt; also die meisten von uns. Ein Unfall oder eine (schwere) Krankheit können Sie vermutlich in große finanzielle Schwierigkeiten bringen. Am besten schließen Sie diese Versicherung so früh wie möglich ab, um bei den Gesundheitsfragen möglichst gut abzuschneiden und auch von einem günstigen Eintrittsalter zu profitieren. Vorerkrankungen können zu höheren Kosten, Ausschlussklauseln oder gar zur Ablehnung führen. Für die Gesundheitsprüfung sind Diagnosen der letzten fünf bis zehn Jahre relevant.

Achtung: Auch eine Mutter-Kind-Kur (»Fanden Krankenhaus- oder Kuraufenthalte statt?«) kann zu einem »Malus« führen, wenn etwa die behandelnde Ärztin die Maßnahme mit physischer oder psychischer Überlastung begründet. Das ist ein weiterer Grund, die Berufsunfähigkeitsversicherung möglichst früh abzuschließen, bevor Sie die Kur oder eine andere Behandlung benötigen.

Tipp:

Sie können schon für Kinder ab zehn Jahren eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen. Die Beiträge sind aus zwei Gründen meistens extrem günstig: Durch die lange Laufzeit der Versicherung profitieren Sie vom Zinseszinseffekt. Sie müssen also weniger Geld einzahlen, da die Versicherung dieses Geld langfristig anlegen und vermehren kann. Außerdem haben jüngere Menschen in der Regel weniger Vorerkrankungen, also weniger Ausschlussklauseln oder Zusatzkosten. Mehr dazu lesen Sie im Kapitel »Ältere Kinder, neue Fragen«.

Hausratversicherung

Die Hausratversicherung erstattet Ihnen im Schadenfall Ihre Möbel, Elektrogeräte und alle anderen Gegenstände, die in Ihrem Haushalt enthalten sind. Sie greift bei Feuer, Wasserschäden oder Sturm, aber auch bei Einbruch, Vandalismus und Raub. Die Versicherungssumme sollte dem Wert Ihres Hausrats entsprechen; Sie müssen sie entsprechend regelmäßig anpassen. Da die Hausratversicherung preislich sehr überschaubar ist und Ihnen im Ernstfall gute Dienste leistet, gehört sie für uns zu den sinnvollen Versicherungen.

Tipp:

Über die Hausratversicherung ist auch Gepäck im Hotelzimmer versichert (Außenversicherung). Wenn Sie Kinder haben, die in einer eigenen Wohnung leben und gerade eine Ausbildung oder ein freiwilliges Jahr absolvieren, greift die Außenversicherung auch für deren Hausrat.

Es gibt Versicherungen, die nicht zwingend nötig sind, Sie aber besser schlafen lassen. Hier lohnt es sich, mit spitzem Stift durchzurechnen: Wie wahrscheinlich ist es, dass der Schadensfall eintritt, und wie hoch ist der entstehende Schaden? Wenn Ihnen in der Großstadt regelmäßig das Fahrrad gestohlen wird, kann es sich beispielsweise lohnen, das Fahrraddiebstahlrisiko über eine Hausratversicherung abzudecken, obwohl das Risiko nicht existenzbedrohend ist.

Risikolebensversicherung

Stellen Sie sich vor, Sie sterben und hinterlassen Ihren Partner und fünf Kinder. Nicht nur ist Ihre Familie von Trauer überwältigt; noch dazu ist Ihr Partner oder Ihre Partnerin jetzt alleinerziehend mit fünf Kindern. Um den Verlust Ihres Einkommens zu kompensieren, gibt es die Risikolebensversicherung.

Ihre Risikolebensversicherung zahlt, um Ihre Hinterbliebenen abzusichern, sofern Sie innerhalb der Laufzeit der Versicherung versterben. Sie lohnt sich eigentlich nur, wenn Sie Kinder haben oder wenn Sie Schulden haben, die abbezahlt werden müssen (beispielsweise ein Immobilienkredit). In einer emotional schwierigen Situation sichern Sie so Ihre Hinterbliebenen finanziell ab.

Als kleiner Tipp: Schließen Sie die Risikolebensversicherung über Kreuz ab. Damit sind Sie und Ihre Partnerin/Ihr Partner jeweils Versicherungsnehmende füreinander und können im Ernstfall Erbschaftsteuer sparen. 49

Rechtsschutzversicherung

Eine Rechtsschutzversicherung schützt Sie vor den finanziellen Konsequenzen, die durch rechtliche Auseinandersetzungen entstehen können. Das kann zum Beispiel ein Gerichtsverfahren, ein Streit mit einer Nachbarin oder ein Konflikt bei der Arbeit sein.

Wenn Sie oft rechtliche Unterstützung suchen oder sich wünschen oder befürchten, dass Sie in Zukunft welche brauchen könnten, ist eine Rechtsschutzversicherung eine gute Option. Manchmal reicht es schon, glaubwürdig mit Ihrer Anwältin zu drohen, um einen Streit zu beenden.

Eine Rechtsschutzversicherung kann unterschiedlich ausgestattet sein. Die meisten Versicherungen decken jedoch Gerichtsverfahren, Verwaltungsverfahren, außergerichtliche Auseinandersetzungen und Beratungen durch Anwälte ab. Für Selbstständige gehört eine Rechtsschutzversicherung zu den sehr sinnvollen Versicherungen, weil es deutlich öfters mal zu einem Rechtsstreit mit einer unzufriedenen Kundin oder Kunden kommen kann. Überprüfen Sie dabei genau, welchen Versicherungsbedarf Sie haben und welchen Schutz die Versicherung Ihnen geben kann.

Es gibt allerdings auch tendenziell überflüssige Versicherungen. Für die meisten Menschen lohnen sie sich nicht; vielleicht sind Sie aber genau die Ausnahme, für die sie eben doch sinnvoll sind.

Unfallversicherung

Eine Unfallversicherung greift, wenn Sie aufgrund eines Unfalls verletzt werden oder sterben. Diese Art von Versicherung deckt in der Regel medizinische Kosten, Krankenhausaufenthalte, Rehabilitation und gegebenenfalls Tod und Invalidität. Für die meisten Menschen ist es sinnvoller, das Geld, das die Unfallversicherung kostet, beiseitezulegen und zu investieren, denn die meisten Kosten werden ohnehin von der Krankenversicherung übernommen. Diese Rücklagen können Sie anzapfen, wenn Sie wirklich einen Unfall haben, den die normale Krankenversicherung nicht abdeckt. Falls Ihr Unfallrisiko besonders hoch ist – beispielsweise durch Extremsport – sieht die Lage anders aus, und eine Unfallversicherung kann sich für Sie lohnen.

Ausbildungsversicherung

Die Ausbildungsversicherung ist gerade für Eltern eine häufig gewählte Option, um die Zukunft der Kinder abzusichern. Eine Ausbildungsversicherung zahlt in der Ausbildung Ihrer Kinder einen monatlichen oder jährlichen Betrag. Dafür zahlen Sie vorher entsprechend hohe Beiträge. Klingt prinzipiell sinnvoll: Sie zwingen sich selbst, regelmäßig Geld für die Ausbildung Ihrer Kinder beiseitezulegen, um Ihre eigene zukünftige finanzielle Belastung zu reduzieren. Denn als Eltern sind Sie verpflichtet, Ihrem Kind die erste Ausbildung oder das Erststudium zu ermöglichen. Wenn Sie dazu finanziell nicht in der Lage sind, gibt es staatliche Unterstützungsmöglichkeiten wie Ausbildungs- oder Studien-BA föG.

Allerdings gehen Ausbildungsversicherungen mit hohen Kosten einher. Es ist also sinnvoller, Sie legen das Geld selbst beiseite und investieren es. Damit sparen Sie sich nicht nur die hohen Gebühren der Versicherung, sondern sind außerdem flexibel: Falls es im Zeitraum der Ausbildung Ihres Kindes finanziell eng wird, müssen Sie das zurückgelegte Geld nicht für die Ausbildung Ihres Kindes verwenden, sondern können es für das verwenden, was gerade notwendig ist. Wenn es um das Dach über dem Kopf oder das Brot auf dem Teller geht, ist es besser, Ihr Kind finanziert sich die Ausbildung selbst.

Weitere Versicherungen

Handyversicherung, Brillenversicherung, Reisegepäckversicherung … Es gibt sie wie Sand am Meer. Natürlich können manche dieser Versicherungen im Einzelfall sinnvoll sein; überprüfen Sie sie unbedingt in Bezug auf Ihre individuelle Situation. Für die meisten Menschen sind die Risiken, die sie abdecken, aber zu gering, als dass es sich lohnen würde, die Verantwortung aus der eigenen Hand und in die Versicherungsgemeinschaft zu geben.

Neutralität hat ihren Preis

Versicherungen sind eine knifflige Sache, bei der es häufig aufs Kleingedruckte ankommt. Wenn Sie unsicher sind, welche Versicherung für Sie sinnvoll ist, können Sie sich beraten lassen. Wichtig für eine Beratung ist dabei das Stichwort »unabhängig«. Diese drei unterschiedlichen Beratungsformen gibt es:

Versicherungsvertreterin: Eine Versicherungsvertreterin vertritt eine Versicherungsgesellschaft. Die empfohlenen Angebote stammen also nur von diesen Unternehmen. Die Vertreterin erhält eine Provision für jede verkaufte Versicherung; sie hat also tendenziell ein Interesse daran, Ihnen eine (möglichst teure) Versicherung zu verkaufen, und wird Sie vor diesem Hintergrund vermutlich nicht gänzlich unabhängig beraten.

Versicherungsmaklerin: Eine Versicherungsmaklerin oder ein Versicherungsmakler arbeitet unabhängig, ist also nicht an ein oder mehrere Versicherungsunternehmen gebunden. Sie bekommt aber, genauso wie die Versicherungsvertreterin, ebenfalls eine Provision bei Vertragsabschluss und könnte damit ein wirtschaftliches Interesse haben, Ihnen nicht unbedingt das beste, sondern das teuerste Angebot zu unterbreiten. Hier kommt es auf die Seriosität des Versicherungsmaklers an. Der Vorteil des Versicherungsmaklers ist, dass er Sie im Schadensfall unterstützt und gegenüber der Versicherungsgesellschaft vertritt, da er juristisch seinem Kunden, also Ihnen, verpflichtet ist.

Versicherungsberaterin: Die Versicherungsberaterin berät Sie als Einzige der hier aufgeführten Berufsvertreterinnen tatsächlich unabhängig und ganz in Ihrem Sinn. Sie verkauft Ihnen keine Versicherung, sondern bietet eine reine Beratungsleistung an. Ihren Lebensunterhalt verdient sie durch ein Honorar, das Sie ihr zahlen. Das ist zwar im ersten Moment schmerzhaft, lohnt sich aber in den meisten Fällen über die Laufzeit der Versicherung. Es gibt in Deutschland nur etwa 300 registrierte Versicherungsberaterinnen oder -berater. Sie finden Sie, gefiltert nach Ihrem Beratungsbedarf, über den Bundesverband der Versicherungsberater ( www.bvvb.de/ ).

Es ist wichtig und richtig, möglichst konkrete Pläne zu entwickeln und an deren Erfüllung zu arbeiten. Dabei sollten Sie im Hinterkopf behalten: Sie können Ihr Leben nicht komplett planen. Im Zweifelsfall kommt irgendetwas ganz anders, als Sie dachten. Bleiben Sie daher flexibel, auch mit Ihren Versicherungen.

»Life is what happens to us while we are busy making other plans.« Allen Saunders

Ihre Versicherungen sichern die größten Risiken ab, die Sie in den finanziellen Ruin treiben würden. Für alle anderen Herausforderungen – die Ausbildung Ihres Kindes, der nächste Autokauf – sollten Sie Rücklagen aufbauen, um darauf zurückgreifen zu können.

Altersvorsorge in Deutschland

Welche Emotionen löst das Wort Altersvorsorge bei Ihnen aus? Eher Vorfreude, positive Energie und Sorglosigkeit oder eher Sorgen, Stress und Unwohlsein? Schauen Sie sich gern die Glaubenssätze aus Kapitel 1 noch einmal an. Wenn es Ihnen ähnlich geht wie den meisten Menschen, dann ist das Gespräch über die Altersvorsorge ähnlich angenehm wie die Aussicht auf einen Zahnarztbesuch. Versuchen Sie es mit einem simplen Trick: Denken Sie nicht an Ihre AltersvorSORGE , sondern an Ihre Altersvorfreude . Worauf freuen Sie sich, wenn Sie an Ihren Ruhestand denken? Welche Träume haben Sie, die Sie sich spätestens dann erfüllen werden? Welche Vision Ihrer Zukunft haben Sie? Die Zeit nach Ihrer Erwerbstätigkeit ist kein schwarzes Loch, das möglichst wenig negativ sein soll; es ist ein weißes Blatt Papier, das Sie nach Ihrem Geschmack gestalten und bemalen können!

Denken Sie jetzt, Sie zahlen ja in die gesetzliche Rente ein, damit wird es schon reichen? »Die Rente ist sicher!« Dieser berühmt-berüchtigte Satz vom ehemaligen Bundesarbeitsminister Norbert Blüm hat sich in unser kollektives Gedächtnis gebrannt. Das Problem an dem Satz: Er war schon damals nicht ganz wahr. Mit diesem Trugschluss wollen wir in diesem Kapitel ein für alle Mal aufräumen. Die Rente mag zwar sicher sein; ausreichend ist sie aber schon lange nicht mehr.

Die Altersvorsorge in Deutschland beruht auf drei Säulen: Der Grundsicherung, der staatlich geförderten Altersvorsorge (die betriebliche Altersvorsorge und die Riester-Rente) und der privaten Vorsorge. Als sozialversicherungspflichtige Angestellte zahlen Sie automatisch in eine Grundsicherung, nämlich die gesetzliche Rentenversicherung, ein. Jeder Arbeitgeber in Deutschland ist zudem seit 2019 dazu verpflichtet, seinen Angestellten eine betriebliche Altersvorsorge anzubieten. Und die private Vorsorge beinhaltet alles, was Sie an zusätzlichem Vermögensaufbau betreiben: Immobilien, Börseninvestitionen, aber auch ein Bausparvertrag, eine private Rentenversicherung oder eine Lebensversicherung zählen dazu.

Abbildung 7: Drei Säulen der Altersvorsorge in Deutschland.

Stellen Sie sich Ihre Altersvorsorge wie einen dreibeinigen Hocker vor: Wenn ein Bein fehlt, kann der Hocker zwar vielleicht noch stehen, aber er wackelt. Wenn jedoch zwei Beine fehlen, wird er sicherlich umkippen.

Money Talk: Altersvorsorge

In Deutschland wird oft über die gesetzliche Rente geschimpft, weil sie so niedrig ist und den Menschen ihren bisherigen Lebensstandard nicht finanziert. Woher kommt die Überzeugung, dass der Staat für die Sicherung unseres Lebensstandards im Ruhestand verantwortlich ist? Ist sie gerechtfertigt? In anderen Ländern ist die finanzielle Eigenverantwortung für die Altersvorsorge (oder Altersvor FREUDE ) ganz selbstverständlich. Wie sehen Sie und Ihr Kind das?

Erste Säule: Die Grundsicherung

Die Grundsicherung soll Ihre grundlegenden Lebenshaltungskosten abdecken. Zu dieser ersten Säule zählen die gesetzliche Rente, aber auch die berufsständischen Versorgungswerke, die Beamtenpension und die Altersvorsorge der Künstlersozialkasse. Die meisten dieser Altersvorsorgeangebote sind verpflichtend; nur, wenn Sie selbstständig sind, haben Sie einigen Entscheidungsspielraum. Wir möchten, dass Sie wissen, mit welcher Grundsicherung Sie später rechnen können.

Es wird empfohlen, im Ruhestand etwa 60 bis 70 Prozent Ihres vorherigen Bruttogehalts zur Verfügung zu haben. Warum nicht 100 Prozent? Das liegt an verschiedenen Gründen:

Es ist natürlich nicht garantiert, dass Ihre Lebenshaltungskosten im Alter sinken. Deshalb empfehlen wir Ihnen, nicht zu knapp zu kalkulieren. Für eine freie Gestaltung Ihrer AltersvorFREUDE und Ihres Ruhestands ist es angenehm, ausreichend Geld zu haben.

Abbildung 8: Niveau der gesetzlichen Rentenversicherung (1970 – 2023) vor Steuern.

Wie Sie in Abbildung 8 sehen können, deckt die gesetzliche Rentenversicherung inzwischen weniger als 50 Prozent des durchschnittlichen Bruttogehalts ab. Die Lücke zwischen dem Bedarf im Alter und der Höhe der Rentenzahlungen wird also immer größer. Vielleicht sind Sie optimistisch und gehen davon aus, dass die Politik das System überarbeiten wird. Tatsächlich gibt es immer wieder Überlegungen in Richtung einer Aktienrente, Generationenkapital oder Ähnliches. Alle diese Bestrebungen haben aber zunächst lediglich das Ziel, das Rentenniveau zu sichern und die aktuell Einzahlenden zu entlasten. Konkrete, durchschlagende Neuerungen bleiben bislang aus. Und da die Höhe der gesetzlichen Rente seit 55 Jahren kontinuierlich sinkt, raten wir Ihnen davon ab, auf eine schnelle Verbesserung des Systems zu hoffen. Selbst Bundesfinanzminister Christian Lindner sagte im Interview mit dem Deutschen Aktieninstitut: »Allein wird das Generationenkapital die Herausforderungen bei der Altersvorsorge nicht lösen können. Der private Aufbau von Kapital bleibt unverzichtbar.« 51

Da diese Wahrheit bei vielen Menschen noch nicht vollständig angekommen ist, werden wir Ihnen im Folgenden die Funktionsweise und voraussichtliche Höhe Ihrer gesetzlichen Rente ausführlich erklären. Sie können sich über alle Aspekte der gesetzlichen Rente individuell bei der Deutschen Rentenversicherung informieren und auch beraten lassen. 52

Die gesetzliche Rente: Als Angestellte zahlen Sie und Ihr Arbeitgeber automatisch in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Damit sammeln Sie Entgeltpunkte (häufig als »Rentenpunkte« bezeichnet), die einen bestimmten Wert haben. Wenn Sie exakt das durchschnittliche deutsche Bruttogehalt verdienen, bekommen Sie einen Entgeltpunkt gutgeschrieben. Im Jahr 2023 liegt das Jahresbruttogehalt in Deutschland bei durchschnittlich 43142 €; ein Entgeltpunkt entspricht einem Rentenwert von 37,60 €.

Der Zeitpunkt Ihres Renteneintritts spielt natürlich auch eine große Rolle und ist abhängig von Ihrem Alter. Menschen, die 1957 geboren worden sind, können mit 65 Jahren und elf Monaten in Regelaltersrente gehen; für alle nachkommenden Jahrgänge wird das reguläre Renteneintrittsalter schrittweise angehoben, bis es für alle ab 1964 oder später geborenen Menschen bei 67 Jahren liegt. Wenn Sie früher in Rente gehen, bekommen Sie entsprechend niedrigere Rentenzahlungen, Sie müssen also Abschläge in Kauf nehmen. Ausnahmen sind schwerbehinderte Menschen, Bergleute und langjährig Beschäftigte mit 45 Einzahlungsjahren; diese Personengruppen können bereits vor ihrer Regelaltersgrenze abschlagsfrei ihre Rente beziehen.

Neben der Regelaltersrente (die »normale« Rente) gibt es die Witwenrente und die Erwerbsminderungsrente. Auch hierzu lohnt sich eine individuelle Beratung durch die Deutsche Rentenversicherung. Hier sehen Sie die Berechnung der gesetzlichen Rente übersichtlich dargestellt:

Abbildung 9: Zusammensetzung der gesetzlichen Rente.

Die durchschnittliche Rente in Deutschland belief sich 2022 auf folgende Zahlungen:

Die gesetzliche Rente ist nicht dazu da, Ihren Lebensstandard zu halten!

Die Deutsche Rentenversicherung rechnet gerne mit ihrem »Eckrentner«, einer Person, die ihrer Meinung nach repräsentativ ist. Dieser Eckrentner mit 45 Beitragsjahren, der in jedem seiner Einzahlungsjahre exakt das Durchschnittseinkommen verdient hat, erhält 2023 eine monatliche Rente in Höhe von 1692 € vor Steuern. Eine Person, die ihr Leben lang etwa 2370 € netto pro Monat verdient hat, bekommt 1451 € Nettorente. Damit liegt diese Person deutlich über der Durchschnittsrente, muss aber trotzdem im Ruhestand mit 1120 € weniger pro Monat auskommen als früher. Mit 1451 € Zahlungseingang kann man sicherlich leben; ihren früheren Lebensstandard kann diese Person damit aber nicht halten.

Einige wichtige Hinweise zur gesetzlichen Rentenversicherung

Die gesetzliche Rente ist nur als Grundsicherung gedacht; sie ist nicht dafür konzipiert, Ihnen im Ruhestand denselben Lebensstandard zu ermöglichen wie zu Zeiten Ihrer Erwerbstätigkeit, Ihnen schöne Reisen zu finanzieren oder Schenkungen an Ihre Nachkommen zu ermöglichen. Für alle diese Zwecke brauchen Sie die beiden anderen Säulen der Altersvorsorge.

Das ist genau der Grund, weshalb Sie bei Ihren Finanzen an erster Stelle stehen sollten: Wenn Sie sich auf die gesetzliche Rente verlassen, wird Ihr Kind später finanziell für Sie aufkommen müssen. Es wird es Ihnen danken, wenn Sie sich zuerst um sich selbst kümmern.

Money Talk: Finanzen sind wie Sauerstoff!

Häufig neigen gerade Eltern dazu, ihre Kinder stärker zu priorisieren als sich selbst. Schauen Sie gemeinsam mit Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner beziehungsweise Ihrem Umfeld, in welchen Bereichen Sie möglicherweise Ihre eigenen Grenzen überschreiten und ob Sie diese Prioritäten gegebenenfalls an der einen oder anderen Stelle überdenken wollen. Vielleicht hilft Ihnen dieses Bild als Ausgangspunkt für das Gespräch:

Mit Ihren Finanzen (wie mit allen Ihren Ressourcen) ist es wie mit der Sauerstoffmaske im Flugzeug: Zuerst sollten Sie Ihre eigene Sauerstoffversorgung sicherstellen; erst danach kümmern Sie sich um Ihre Mitreisenden. Wenn Sie sich erst um Ihre Nachbarn kümmern und dabei ohnmächtig werden, können Sie niemandem mehr helfen, sondern sind eine zusätzliche Belastung für das Rettungsteam. Wenn Sie dagegen sich erst die eigene Sauerstoffmaske aufsetzen, sind Sie versorgt und können sich dann auch um Ihre Mitreisenden kümmern.

Anders formuliert: Man kann nur aus einem vollen Krug gießen. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Krug gut gefüllt ist, und geben Sie nur den Überfluss ab – und auch das nur, wenn Sie es wollen.

Wenn Sie nicht sozialversicherungspflichtig angestellt sind, sondern verbeamtet, freiberuflich oder selbstständig tätig, zahlen Sie nicht automatisch in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Es gibt folgende Alternativen, um Ihre Basisversorgung sicherzustellen:

Geschlechterspezifische Rentenlücke

Es beginnt mit Ihnen! Diese Aussage haben Sie mittlerweile mehrfach in diesem Buch gelesen. Sie sind ein Vorbild für Ihr Kind; Sie sollten die oberste Priorität in Ihrer Finanzplanung sein. Es gibt noch einen weiteren Aspekt, bei dem Sie ein Vorbild für Ihr Kind sind: die Rollenverteilung in Ihrer Beziehung und deren finanzielle Auswirkungen.

In den meisten Beziehungen verändert sich die Aufgabenteilung spätestens mit der Familiengründung: Ein Elternteil übernimmt einen größeren Teil der unbezahlten Sorgearbeit, der andere Elternteil übernimmt den größeren Teil der bezahlten Erwerbstätigkeit. Prinzipiell spricht nichts gegen eine Aufgabenteilung, wenn beide Elternteile damit einverstanden sind. In Bezug auf die Altersvorsorge wird allerdings klar, dass die Person mit dem größeren Anteil unbezahlter Arbeit einen dreifachen finanziellen Nachteil haben wird: Alle drei Säulen der Altersvorsorge hängen vom Gehalt ab. Wenn Sie nun der Elternteil sind, der zu einem geringeren Anteil seiner Erwerbstätigkeit nachgeht, werden Sie:

Es gibt den Begriff der »Motherhood Penalty« – die finanzielle Bestrafung dafür, Mutter geworden zu sein. In Deutschland beläuft sich diese Strafe auf 60 Prozent: Selbst fünf Jahre nach Geburt des Kindes ist das Gehalt einer Mutter 60 Prozent niedriger als ihr Gehalt, bevor sie Mutter wurde. 55 Das Gehalt von Vätern ist dagegen höher als das Gehalt von Männern, die keine Kinder haben! 56 Kinder sind also für Männer finanziell lukrativ!

Entscheidende Weichen für Ihre berufliche (und damit finanzielle) Zukunft werden bereits in der Elternzeit gestellt. Die wenigsten Eltern teilen sich die Elternzeit paritätisch auf, sondern ein Elternteil, meistens die Mutter, nimmt längere Elternzeit. Laut Väterreport des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend nehmen Mütter von 2022 geborenen Kindern durchschnittlich 13,8 Monate Elternzeit, Väter dagegen 3,6 Monate. 57 In den meisten Fällen wird der Elternteil, der den größeren Teil der Elternzeit übernimmt, auch in den nächsten Jahren die Hauptverantwortung für das Kind übernehmen: 58 Wochenarbeitsstunden stärker reduzieren (natürlich nur im bezahlten Job; die unbezahlten Care-Arbeitsstunden werden dagegen ansteigen), mehr Urlaubstage für Schließtage der Kinderbetreuung aufwenden, mehr Kinderkranktage nehmen, weniger Abende für Fortbildungen, Dienstreisen oder spontane Überstunden zur Verfügung haben. Das führt zu deutlich reduzierten Karrierechancen in Teilzeit.

Dieser Elternteil wird aber auch seltener bei den Netzwerkveranstaltungen seiner Branche dabei sein. Er wird weniger Zeit für Kaffeepausen mit den Kollegen haben und nicht bis zum Ende des Team Meetings dabei sein, das mal wieder den vorgesehenen Zeitrahmen sprengt.

Das mag nach unwichtigen Kleinigkeiten aussehen. Häufig sind es aber diese Situationen, die den entscheidenden Vorteil mit sich bringen: Wer gilt als zuverlässig und belastbar? Wer wird als sympathisch wahrgenommen? Das ist vermutlich die Person, die auch mal länger sitzen bleibt und entspannt den Kaffee zu Ende trinkt. Diesen Luxus können Sie sich nur leisten, wenn Sie nicht jeden Tag ein Kind abholen oder aus anderen Gründen pünktlich das Büro verlassen müssen.

Entscheidend für Ihre finanzielle Zukunft ist nicht, ob Sie sechs, zwölf oder 24 Monate Elternzeit nehmen, entscheidend sind die vielen Jahre in Teilzeit und die daraus resultierenden Karriereverluste.

Leider hängen alle drei Säulen Ihrer Altersvorsorge direkt von Ihrem Gehalt ab: Je höher Ihr Gehalt, umso höher die automatischen Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung, umso höher die Einzahlung in die betriebliche Altersvorsorge und umso größer Ihre finanziellen Möglichkeiten, Geld zu sparen und privat vorzusorgen.

Deshalb ist es so wichtig, in Ihrer Beziehung über Geld zu sprechen, über Aufgabenteilung, über Verantwortung. Ein Kind hat häufig zwei Elternteile; beide haben eine Verantwortung gegenüber dem Kind, aber auch einander gegenüber. Wie Sie im Abschnitt zum »Ehevertrag« schon gelesen haben, ist diese Verantwortung sogar gesetzlich verankert (§ 1360 BGB ).

Beide Ehegatten sind verpflichtet, ihren Beitrag zum Familienwohlstand beizutragen. Wenn eine der Parteien die Haushaltsführung übernimmt, ist damit ihr Beitrag abgedeckt. Die andere Partei ist verpflichtet, ehelichen Unterhalt zu zahlen: »Die Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Geburt und besteht für mindestens drei Jahre nach der Geburt. Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.« (Bürgerliches Gesetzbuch § 1615 l)

Das heißt: Wenn Sie die Person sind, die mehr Haushaltspflichten übernimmt, dann ist Ihr Partner gesetzlich dazu verpflichtet, Ihnen einen finanziellen Ausgleich zu zahlen!

Money Talk: Wer zahlt für die Kinderbetreuung?

Besprechen Sie in Ihrer Beziehung, wer welche Verantwortung für Kinderbetreuung, Einkommen oder andere Aspekte des gemeinsamen Lebens übernimmt (Stichwort Mental Load). Gerade Kinderbetreuung ist ein häufiges Streitthema. Es ist nun mal so: Irgendjemand muss für die Kinderbetreuung aufkommen. Entweder trägt der Staat die Kosten, indem er Kinderbetreuung anbietet; oder Sie tragen die Kosten für externe Kinderbetreuung privat; oder aber Sie kümmern sich selbst um Ihr Kind und bezahlen faktisch mit Ihrem (entgangenen) Gehalt. Es ist aber nicht allein Ihr Kind, sondern es ist das Kind von Ihnen und dem zweiten Elternteil. Das heißt auch, es sollte nicht nur Ihr Gehalt sein, das für die Kinderbetreuung bezahlt, sondern das von beiden Elternteilen.

Bis heute ist messbar: Ein Kind ist für einen Mann ein Karrierebooster, für eine Frau ein Karrierehemmnis. 59 Dabei sind Kinder niemals das Problem! Das Problem ist ein System, das die Vereinbarkeit von Familie und Karriere immer noch erschwert und die (emotionale) Arbeit von Männern und Frauen unterschiedlich bewertet.

Das Buch Wie du erfolgreich wirst, ohne die Gefühle von Männern zu verletzen von Sarah Cooper zeigt mit messerscharfem Humor auf, wie unterschiedlich ähnliches Verhalten bewertet wird:

Ein Vater, der seine Tochter mit ins Büro bringen möchte, ist ein Familienmensch. Eine Mutter, die ihre Tochter mit ins Büro bringen möchte, ist unorganisiert.

Ein Mann, der vier Kinder hat, braucht eine Beförderung, damit er sich um seine Familie kümmern kann. Eine Frau, die vier Kinder hat, kann nicht befördert werden, weil sie sich um ihre Familie kümmern muss.

Die Zahlen der gesetzlichen Renten zeigen zweifelsfrei, dass Sie zusätzlich zur Grundsicherung vorsorgen müssen . Welche Optionen Sie haben, lesen Sie im Folgenden.

Zweite Säule: Die staatlich geförderte Altersvorsorge

Der Staat unterstützt Sie bei Ihrer Altersvorsorge. Neben der Grundsicherung gibt es die staatliche geförderte Altersvorsorge, die sich vor allem durch steuerliche Vorteile oder durch direkte staatliche Zuschüsse auszeichnet. Die Förderung kann auf zwei unterschiedliche Arten erfolgen:

Neben betrieblicher Altersvorsorge gehören vermögenswirksame Leistungen und Riester-Rente zur geförderten Altersvorsorge.

Betriebliche Altersvorsorge: Neben der Grundsicherung haben Angestellte ein Anrecht auf eine betriebliche Altersvorsorge. Die betriebliche Altersvorsorge bietet Angestellten die Möglichkeit, zusätzlich für den Ruhestand vorzusorgen. Es handelt sich um eine vom Arbeitgeber organisierte Altersvorsorge, bei der Teile des Gehalts in eine Vorsorge fließen, die im Ruhestand eine zusätzliche Rente einbringt. Der Vorteil: Es wird direkt aus dem Bruttogehalt gezahlt, also vor dem Abzug von Steuern und Sozialabgaben. Seit 2019 ist jeder Arbeitgeber dazu verpflichtet, eine betriebliche Altersvorsorge anzubieten. Falls Ihr Betrieb Ihnen davon noch nichts gesagt hat, könnte das eine freundliche Nachfrage wert sein, meistens in der Personalabteilung.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie die betriebliche Altersvorsorge durchgeführt werden kann. Allerdings haben Sie als Arbeitnehmerin hierauf keinen Einfluss. Das hängt damit zusammen, dass Ihre Arbeitgeberin dafür haftet, was sie Ihnen verspricht. Deshalb entscheidet sie auch allein, was sie Ihnen anbietet.

Die am weitesten verbreitete Form der betrieblichen Altersvorsorge ist die der Direktversicherung. Ihr Arbeitgeber wird in diesem Fall Versicherungsnehmer und Sie werden versicherte Person. Der Arbeitgeber führt die Beiträge ab; im Auszahlungszeitraum werden die Leistungen aber von der Versicherung direkt und ausschließlich an Sie ausbezahlt.

Die betriebliche Altersvorsorge hat verschiedene Vorteile:

Allerdings hat die betriebliche Altersvorsorge auch ihre Nachteile:

Jobwechsel: Was passiert mit der betrieblichen Altersvorsorge?

Sie wechseln öfters den Job? Die betriebliche Altersvorsorge sollte kein Hinderungsgrund sein! Es gibt eine gewisse Übertragungsmöglichkeit von betrieblichen Altersvorsorgen. Konkret gibt es die folgenden Möglichkeiten:

  • Mitnehmen: Sie nehmen den aktuellen Vertrag mit zur neuen Arbeitgeberin. Diese Mitnahme muss vom Arbeitgeber genehmigt werden.
  • Privat weiterführen: Sie führen den aktuellen Vertrag privat weiter. Das lohnt sich bei sehr attraktiven Garantien und/oder bei Altverträgen mit Konditionen, die neue Verträge in dem Ausmaß nicht mehr bieten.
  • Stilllegen: Sie legen den Vertrag still, zahlen also nicht weiter ein, bauen dadurch natürlich auch keine weiteren Ansprüche auf.
  • Kapitalübertragung: Sie übertragen das bereits eingezahlte Geld, das Kapital, zu einem neuen Vertrag beim neuen Arbeitgeber.
  • Neu abschließen: Sie führen den alten Vertrag weiter und schließen zusätzlich einen neuen ab. Achtung: Mehrere parallele Verträge sind meistens ungünstig, da laufende Verwaltungskosten und Abschlussgebühren Ihre Rendite schmälern. Es lohnt sich prinzipiell, Ihre Zahlungen in einem Vertrag zu bündeln.

Geschlechterspezifische Vorsorgelücke

Übrigens gibt es auch bei der betrieblichen Altersvorsorge eine geschlechterspezifische Vorsorgelücke: Laut Alterssicherungsbericht aus dem Jahr 2020 nimmt aktuell etwa jeder zweite männliche Angestellte, aber nur jede vierte weibliche Angestellte ihr Recht auf betriebliche Altersvorsorge in Anspruch. 60

Wenn Sie verbeamtet oder selbstständig sind, haben Sie keine betriebliche Altersvorsorge. Damit Ihr Altersvorsorgehocker nicht ins Wackeln gerät, sollten Sie also die anderen Säulen besonders solide aufbauen.

Vermögenswirksame Leistungen: Vermögenswirksame Leistungen sind freiwillige Leistungen des Arbeitgebers, die einzig dazu bestimmt sind, Vermögen für die Altersvorsorge aufzubauen. Sie können also nicht als Gehalt ausgezahlt werden. Als abhängig Beschäftigte können Sie bis zu 40 Euro im Monat von Ihrem Arbeitgeber erhalten. Verträge für vermögenswirksame Leistungen laufen in der Regel sieben Jahre. Die ersten sechs Jahre zahlen Sie in den Vertrag ein, das siebte ist ein Ruhejahr. Nach den sieben Jahren können Sie frei über das Geld verfügen. Sie können bereits nach dem sechsten Jahr einen neuen Vertrag beginnen, damit Sie im siebten Jahr nicht auf die Einzahlungen vom Arbeitgeber verzichten müssen.

Zusätzlich zum Arbeitgeber beteiligt sich auch der Staat an der Vermögensbildung. Abhängig von Ihrem Einkommen erhalten Sie die sogenannte Arbeitnehmersparzulage. Hierbei gilt: Je niedriger Ihr Einkommen ist, umso höher fällt die Zulage aus, die Sie bekommen. Ausschlaggebend dafür ist nicht Ihr Bruttoeinkommen, sondern Ihr zu versteuerndes Einkommen. Das macht vermögenswirksame Leistungen gerade für Familien mit Kindern attraktiv, bei denen das zu versteuernde Einkommen aufgrund der steuerlichen Freibeträge deutlich niedriger ist als das Bruttoeinkommen. Die genaue Höhe des zu versteuernden Einkommens können Sie Ihrem Steuerbescheid entnehmen. Die genaue Höhe Ihrer Arbeitnehmersparzulage können Sie beispielsweise bei Finanztip nachlesen. 61

Riester-Rente: Die Riester-Rente wurde 2002 eingeführt und galt lange Zeit als Vorzeigeprojekt und Erfolgsgeschichte. In den letzten Jahren fand jedoch eine deutliche Ernüchterung statt; die Neuabschlüsse von Riester wurden fast komplett eingestellt.

Die Riester-Rente kann attraktiv sein, weil sie Steuervorteile bietet: Sie zahlen mindestens 4 Prozent Ihres Bruttogehalts ein (mindestens 60 € pro Jahr) und können davon bis zu 2100 € steuerlich geltend machen. Für diese Einzahlung erhalten Sie

Die Riester-Rente ist in den letzten Jahren massiv in die Kritik geraten, weil die hohen Gebühren und niedrigen Zinsen bei den meisten Verträgen zu einem realen Verlust der Versicherten geführt haben.

Früher lohnte sich die Riester-Rente aufgrund der Förderung und deutlich höheren garantierten Zinsen für eine Vielzahl von Familien und auch gut verdienende Singles. Heute lohnt es sich am ehesten für Familien mit Kindern oder für Geringverdiener, weil sie von den staatlichen Zuschlägen profitieren. Generell gilt: Prüfen Sie mit spitzem Stift, welche Möglichkeiten der Altersvorsorge sich für Sie lohnen. Die Antworten können je nach Lebens- und Einkommenssituation unterschiedlich ausfallen.

Tipp: Riester-Vertrag checken lassen und nicht überstürzt kündigen!

Falls Sie eine Riester-Rente abgeschlossen haben und unsicher sind, ob das für Sie noch das richtige Produkt ist, lohnt es sich, diese Verträge von einer unabhängigen Stelle durchleuchten zu lassen. Solch eine Beratung bekommen Sie zum Beispiel bei den Verbraucherzentralen oder einer Honorarberatung. Wenn Sie mit Ihrem Riester-Vertrag unzufrieden sind, sollten Sie ihn nicht direkt kündigen. Denn sonst müssen Sie alle staatliche Unterstützung – die gezahlten Zulagen und die gesparten Steuern – zurückzahlen. Sie können den Vertrag beitragsfrei stellen oder zu einem anderen Anbieter wechseln.

Dritte Säule: Private Vorsorge

Neben der Grundsicherung und der staatlich geförderten Vorsorge geht es im nächsten Teil dieses Kapitels um die private Vorsorge. Diese dritte Säule ist der Bereich, in dem Sie die größte Entscheidungsfreiheit haben. Hier kommen wir wirklich in den Bereich der AltersvorFREUDE .

Wenn Sie an private Vorsorge, konkret ans Investieren, denken, kommen Ihnen vielleicht Vorbehalte wie: kein Geld, keine Zeit, kein Wissen. Das sind die häufigsten Sorgen, weshalb die meisten Menschen sich noch nicht mit ihren Finanzen beschäftigen. Das verstehen wir gut! Und wir sind froh, Ihnen diese Sorgen nehmen zu können: Sie brauchen nicht viel Geld; entscheidend ist, was Sie mit Ihrem Geld machen. So können Sie zum Beispiel schon mit nur einem Euro anfangen zu investieren. Außerdem kostet es Sie nicht mehr als drei Stunden pro Jahr, sich um Ihre Altersvorsorge zu kümmern, wenn die Struktur einmal steht. Und Sie müssen nicht täglich die Börsenkurse verfolgen; im Gegenteil, das wäre sogar kontraproduktiv! Wenn Sie sich einen Finanztag pro Jahr nehmen, sind Sie und Ihre Investitionen bestens aufgestellt!

»Wenn ich Zeit habe, mache ich Sport.« Schon mal versucht? Klappt nicht. »Ich trainiere dreimal pro Woche und laufe in acht Wochen einen Fünf-Kilometer-Lauf.« Das ist ein konkreter Plan mit einem Ziel, und damit hat er zumindest eine Chance, in die Realität umgesetzt zu werden.

Je konkreter die Ziele, umso höher die Wahrscheinlichkeit, sie zu erreichen. Die Herausforderung bei der Altersvorsorge ist die lange Planungszeit. Wer weiß schon, wie sich das Leben, das Steuersystem, die Altersvorsorgestruktur in den nächsten 30 Jahren entwickeln werden?

Sie haben zwei Perspektiven, mit denen Sie auf Ihre Investitionen und Ihren Vermögensaufbau schauen können:

  1. Was möchten Sie später haben?
  1. Wie viel können Sie heute erübrigen?

Wie viel Sie im Hier und Jetzt erübrigen können, wissen nur Sie. In Kapitel 3 haben Sie einige Tricks an die Hand bekommen, wie Sie den Überblick über Ihre Alltagsfinanzen behalten können.

Tipp :

Konzentrieren Sie sich mehr auf Ihre Einnahmen als auf Ihre Ausgaben. Irgendwann ist es leichter, 100 € im Monat mehr zu verdienen, als noch mal 100 € zu sparen. Gehaltsverhandlung, Weiterbildung, Stundenaufstockung, Jobwechsel … Das sind alles Möglichkeiten, Ihre Einnahmen zu erhöhen. Häufig konzentrieren wir uns auf das Sparpotenzial, weil das schneller geht. Mittel- und langfristig haben Ihre Einnahmen aber den deutlich größeren Hebel.

Auch die Frage, wie viel Sie später benötigen werden, können Sie relativ konkret beantworten; natürlich mit den Einschränkungen, die der lange Zeithorizont mit sich bringt. Gehen wir Schritt für Schritt an, wie Sie Ihren Investitionsbedarf berechnen.

Ihre Rentenlücke: Die Grundlage Ihrer Investitionsstrategie sollte Ihre Altersvorsorge sein. Durch Ihren Vermögensaufbau finanzieren Sie das, was Grundsicherung und staatlich geförderte Altersvorsorge nicht abdecken. Konkret schließen Sie Ihre Rentenlücke. Die Rentenlücke ist die Differenz zwischen dem, was Sie an Altersvorsorge bekommen werden, und dem, was Sie benötigen.

Altersvorsorge

Auszahlungswert (Beispiel)

Ihre Zahlen

Grundsicherung

800 €

Betriebliche Altersvorsorge

240 €

Riester-Rente

50 €

Private Lebensversicherung

90 €

Vorsorge gesamt

1.180 €

Ihr Bedarf

2.500 €

Ihre monatliche Rentenlücke

1.320 €

Tabelle 3: Ihre Rentenlücke.

Sie können diese Rentenlücke berechnen, natürlich mit allen Eventualitäten. Diese Online-Rechner können Ihnen helfen:

Kosten von Pflege in Deutschland: Die verpflichtende Pflegeversicherung wurde eingeführt, um die steigenden Pflegekosten zu decken. Sie übernimmt, abhängig vom Pflegegrad, einen Teil der Pflegekosten. Den Rest müssen Sie privat zahlen – entweder aus Ihrer Rente oder aus finanziellen Rücklagen, die Sie haben.

Die genaue Höhe der Pflegekosten lässt sich nicht bestimmen; sie ist abhängig von der Länge des stationären Aufenthalts, des Bundeslands und des jeweiligen Pflegeheims. Die durchschnittliche Eigenbeteiligung von Pflegebedürftigen (bereits nach Abzug der Zuzahlungen aus der Pflegeversicherung) betrug im Juli 2023 in Deutschland zwischen 1738 € und 2548 € pro Monat. Auffällig ist dabei der starke Anstieg im Vergleich zum Vorjahr: 2022 lag die Eigenbeteiligung noch zwischen 1573 € und 2200 €.

Durchschnittlich konnten Sie 2023 mit diesen Zuzahlungen aus der Pflegeversicherung rechnen:

Pflegegrad

monatlicher Leistungssatz

Pflegegrad 2

770 €

Pflegegrad 3

1262 €

Pflegegrad 4

1775 €

Pflegegrad 5

2005 €

Tabelle 4: Zuzahlung der Pflegeversicherung, abhängig vom Pflegegrad.

Altersvorsorge ist wie der Klimawandel: Wir wissen, dass wir frühzeitig handeln sollten, um schlimme Auswirkungen zu vermeiden. Gleichzeitig ist es noch so weit weg, dass die Handlungsmotivation nur schwer aufzubringen ist. Außerdem gibt es immer kurzfristige, wichtigere Themen. Wenn wir allerdings die Auswirkungen spüren – Wetterextreme oder die sich nähernde Rente  –, ist es zu spät für sanfte Anpassungen. Dann müssen wir sehr schnell sehr stark handeln und haben einen schmerzhafteren Weg, als wenn wir uns frühzeitig vorausschauend aufgestellt hätten.

Sparen ist gut, investieren ist besser! Die Deutschen, ein Volk der Sparer. Selbst Olaf Scholz, damals noch als Bundesfinanzminister, behauptet: »Ich lege mein Geld nur auf einem Sparbuch, also sogar auf dem Girokonto an, und da kriege ich, wie bei allen anderen, keine Zinsen. Ich mache das, was einem kein Anlageberater empfiehlt.« 62 Wenn Sie auch zu dieser Gruppe gehören, dann konzentrieren Sie sich auf den zweiten Teil von Scholz’ Aussage: Keine Anlageberaterin würde Ihnen das empfehlen. Und auch, wenn Anlageberater nicht immer nur Ihr Bestes verfolgen, sollten Sie in diesem Fall auf sie hören.

Sparen ist die notwendige Grundlage, um überhaupt am Ende des Monats Geld übrig zu haben. Wenn Sie aber Ihren Notgroschen angespart und weiterhin am Ende des Monats Geld übrig haben, dann sollten Sie dieses Geld nicht nur sparen, sondern unbedingt investieren. Wenn Sie Ihr Geld sparen, fällt es der Inflation anheim; Sie machen also garantierte Verluste. Wenn Sie Ihr Geld dagegen investieren, können Sie durchaus realistisch mit 6 Prozent Gewinn pro Jahr rechnen. Was das über 30 Jahre bedeutet, sehen Sie in Abbildungen 10 und 11.

Abbildung 10: Entwicklung von 10000 € über eine Laufzeit von 30 Jahren bei unterschiedlicher Rendite.

Abbildung 11: Entwicklung einer monatlichen Investition von 100 € über eine Laufzeit von 30 Jahren bei unterschiedlicher Rendite.

Lebensplanung ist die wichtigste Grundlage Ihrer Finanzstrategie! Dabei sollten Sie beachten:

Alles Geld, was Sie kurzfristig (in den nächsten fünf Jahren) benötigen, sollten Sie nicht investieren! Und alles Geld, was Sie langfristig (in den nächsten zehn Jahren) nicht benötigen, sollten Sie auf jeden Fall investieren!

Sie müssen sich also zunächst klar werden: Wie groß sollte der Notgroschen sein? Welche Ausgaben könnten (kurzfristig) auf Sie zukommen, die Sie nicht aus Ihrem normalen Gehalt bestreiten können?

Das magische Dreieck der Geldanlage: Bei unserer Geldanlage versuchen wir, idealerweise alle drei Ecken des magischen Dreiecks der Geldanlage abzudecken.

Abbildung 12: Das magische Dreieck der Geldanlage.

Das magische Dreieck hilft, die unterschiedlichen Anlageklassen nach Rendite, Sicherheit und Liquidität einzusortieren. Die Kombination der drei Ecken wäre die »eierlegende Wollmilchsau« – ein schöner Wunsch, der aber nicht in der Realität erfüllbar ist.

Geldanlage für verschiedene Zeiträume: Der wichtigste Faktor, um zu entscheiden, wie Sie Ihr Geld investieren wollen, ist Zeit. Je länger Sie Zeit haben, umso mehr Risiko können Sie eingehen. Wenn Sie Ihr Geld in zwei Jahren brauchen, um davon eine Zusatzausbildung zu bezahlen, können Sie keinen Börsencrash aushalten. Wenn Sie Ihr Geld aber erst in 30 Jahren für die Altersvorsorge nutzen wollen, können in der Zwischenzeit noch mehrere Börsencrashs stattfinden; Sie haben alle Zeit der Welt, um in Ruhe abzuwarten, bis sich die Börse wieder erholt hat.

Abbildung 13: Verschiedene Zeithorizonte für verschiedene Investitionsformen.

Girokonto: Das Girokonto ist für die meisten von Ihnen das Standardkonto, über das Ihre alltäglichen Zahlungen laufen: Gehalt, Miete usw. Sie können Überweisungen von diesem Konto tätigen (und empfangen) und jederzeit Ihr Geld am Geldautomaten abheben. Übrigens muss ein Überweisungsauftrag in der Regel innerhalb eines Arbeitstags ausgeführt werden.

Die Zinsen sind zurzeit immer noch niedrig, wenn auch steigend. Im Vergleich zur Inflation werden Sie auf dem Girokonto aber fast nie wirklich Gewinn erzielen.

Tagesgeldkonto: Das Tagesgeldkonto funktioniert ähnlich wie ein Girokonto. Allerdings können Sie vom Tagesgeldkonto keine Überweisungen tätigen und kein Geld direkt einzahlen. Das läuft über ein Referenzkonto, normalerweise ein verbundenes Girokonto.

Da beim Tagesgeldkonto die Liquidität etwas geringer ist als zum Beispiel beim Girokonto – Sie können ja nicht einfach eine Überweisung tätigen –, sind die Zinsen etwas höher als beim Girokonto. Allerdings sind auch beim Tagesgeldkonten die Zinsen meistens unter dem Inflationsniveau.

Das Tagesgeldkonto eignet sich hervorragend, um Ihren Notgroschen darauf zu »parken«. Dies hat zwei Gründe: Sie bekommen auf Ihrem Tagesgeldkonto höhere Zinsen als auf dem Girokonto. Das ist gut, da Ihr Notgroschen somit zumindest etwas weniger stark von der Inflation aufgefressen wird. Außerdem kommen Sie zwar im Notfall jederzeit an Ihren Notgroschen dran, haben ihn aber dennoch separat und nehmen ihn nicht, um Ihre laufenden Ausgaben zu decken (oder Urlaub zu buchen).

Festgeldkonto: Bei einem Festgeldkonto stellen Sie Ihr Geld für einen bestimmten Zeitraum (mindestens einen Monat) der Bank zur Verfügung. Während der Zeit können Sie dieses Geld nicht abheben. Das Festgeldkonto hat entweder eine festgelegte Laufzeit oder eine bestimmte Kündigungsfrist.

Da die Liquidität im Vergleich zum Girokonto geringer ist – Sie kommen nicht so schnell an Ihr Geld –, sind die Zinsen etwas höher. Das Festgeldkonto ist dennoch keine Geldanlage, sondern höchstens zur Überbrückung geeignet. Wenn Sie also wissen, dass Sie in zwei Jahren einen bestimmten Betrag benötigen (weil Sie z. B. eine Ausbildung finanzieren wollen oder einen Umbau Ihrer Immobilie), dann können Sie diesen Betrag für die Zeit auf ein Festgeldkonto legen. Für so eine kurze Zeitspanne ist es nicht empfehlenswert, Geld in Aktien zu investieren. Auf dem Festgeldkonto bekommen Sie immerhin etwas höhere Zinsen als auf dem Giro- oder Tagesgeldkonto.

Anleihe: Eine (Staats- oder Unternehmens-)Anleihe ist quasi ein Kredit, den Sie dem jeweiligen Staat oder Unternehmen geben, von dem Sie eine Anleihe kaufen. Es gibt eine festgelegte Laufzeit sowie eine ebenfalls festgelegte jährliche Zinszahlung. Am Ende der Laufzeit bekommen Sie Ihre Investition wieder ausbezahlt. Anleihen gelten als ziemlich sicher, da sie im Falle eines Unternehmenskonkurses vorrangig behandelt werden. Das heißt, dass eine Anleihe zurückbezahlt wird, sofern das Unternehmen die nötigen Mittel aufbringen kann; eine Aktie dagegen würde in so einem Fall komplett ausfallen.

Aktie: Wenn Sie die Aktie eines Unternehmens kaufen, kaufen Sie einen Anteil an diesem Unternehmen. Sie haben das Recht, bei der jährlichen Hauptversammlung Ihre Stimme bezüglich der zukünftigen Ausrichtung des Unternehmens abzugeben. Ihre Gewinne setzen sich aus zwei Aspekten zusammen:

Immobilien: Immobilien binden Ihr Geld für eine lange Laufzeit. Wenn Sie eine Immobilie nach kurzer Investitionszeit wieder verkaufen, zahlen Sie eine Spekulationssteuer auf den Gewinn.

Immobilien als Investition

Investieren in Immobilien kann eine attraktive Möglichkeit sein, um langfristig Vermögen aufzubauen. Dabei gibt es einige Vor- und Nachteile, die Sie beachten sollten.

Vorteile von Immobilieninvestitionen

  1. Fremdkapitalhebel: Einer der größten Vorteile beim Investieren in Immobilien ist der Einsatz von Fremdkapital, also Krediten. Sie können einen Teil des Kaufpreises über einen Kredit finanzieren. Dadurch können Sie mit vergleichsweise wenig Eigenkapital eine größere Immobilie erwerben, was Ihr Renditepotenzial erhöht. Wenn der Wert der Immobilie im Laufe der Zeit steigt, profitieren Sie von einem gehebelten Gewinn.
  2. Planbare Einnahmen: Einnahmen aus Mieteinnahmen sind oft vergleichsweise stabil und planbar. Mieter zahlen in der Regel monatlich, wodurch ein regelmäßiger Cashflow entsteht. Dies kann dazu beitragen, laufende Kosten wie Darlehensraten und Instandhaltungskosten zu decken.
  3. Langfristigkeit: Immobilieninvestitionen sind oft langfristig angelegt. Das kann ein Vorteil sein, da Immobilien idealerweise im Wert steigen, insbesondere über einen längeren Zeitraum. Sie können von langfristigen Wertsteigerungen profitieren.

Nachteile von Immobilieninvestitionen

  1. Hohe Einstiegsinvestition: Der Kauf einer Immobilie erfordert in der Regel eine erhebliche Einstiegsinvestition, einschließlich des Eigenkapitals und eventuell anfallender Nebenkosten wie Grunderwerbsteuer und Maklergebühren. Dies kann für viele Menschen eine finanzielle Herausforderung darstellen.
  2. Geld ist gebunden: Wenn Sie in Immobilien investieren, ist Ihr Kapital langfristig gebunden. Es kann schwierig sein, Ihr investiertes Geld schnell wieder verfügbar zu machen, falls Sie es benötigen sollten. Im Gegensatz zu Aktien oder Anleihen sind Immobilien weniger liquide.
  3. Nicht flexibel: Immobilieninvestitionen sind weniger flexibel als andere Formen der Geldanlage. Sie können nicht einfach einen Teil Ihrer Immobilie verkaufen, wenn Sie Geld benötigen. Der Verkauf einer Immobilie kann zeitaufwendig und kostenintensiv sein.

Gerade Eltern haben häufig das Bedürfnis, ihren Kindern ein Heim zu bieten und dieses Heim später auch vererben zu können. Das ist ein schöner Wunsch, dessen Erfüllung wir Ihnen aus vollem Herzen gönnen. Wir möchten Ihnen dazu drei Gedanken mitgeben:

Ein Eigenheim ist keine Investition: Laut einer Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Ipsos aus dem Jahr 2022 wollen 60 Prozent der Deutschen sich den Traum vom eigenen Haus verwirklichen, bei den 16- bis 24-Jährigen liegt dieser Anteil sogar bei 74 Prozent.

Und dabei lässt sich der Traum von den eigenen vier Wänden in Deutschland finanziell schwieriger realisieren als etwa in unseren Nachbarländern. Grund dafür sind unter anderem die hohen Kaufnebenkosten: Grunderwerbssteuer, Maklercourtage, Grundbucheintrag. Als größter Batzen schlägt die Grunderwerbssteuer mit 3,5 bis 6,5 Prozent des Kaufpreises zu Buche. Eine höhere Grunderwerbssteuer als in Deutschland erheben nur Luxemburg (6 – 9 Prozent) und Italien (2 – 9 Prozent) Die gesamten Kaufnebenkosten belaufen sich in der Regel auf 9 – 15 Prozent des Kaufpreises. Wer eine Immobilie für 400000 Euro erwirbt, zahlt also zwischen 36000 und 60000 Euro nur für die Nebenkosten …

Das selbst bewohnte Eigenheim ist – rein finanziell betrachtet – nicht die beste Investitionsform.

Betrachten wir langfristige historische Daten und vergleichen den Eigenheimbesitz mit anderen Anlageformen ähnlichen Risikoprofils, so führte der Kauf eines Eigenheims in den vergangenen 46 Jahren (Stand 2016) zu einem niedrigeren Endvermögen als eine Investition in Aktien und Anleihen. 63

Anders sieht es natürlich aus, wenn Sie eine Immobilie zur Vermietung kaufen. Dann kann es sich durchaus um eine kluge Investition handeln.

Vorsicht Klumpenrisiko! Außerdem kann eine Immobilie ein Klumpenrisiko darstellen. Wenn der Großteil Ihres Vermögens in einer einzigen Immobilie steckt (was bei den meisten von uns der Fall ist), wäre es extrem schmerzhaft, wenn mit dieser Immobilie etwas passiert. Demographischer Wandel, Klimawandel und andere Faktoren können dazu führen, dass ehemals attraktive Wohngegenden nicht mehr angesagt sind und deshalb der Wert Ihrer Immobilie fällt. Wenn dadurch der Großteil Ihres Vermögens schwindet, haben Sie möglicherweise ein Problem.

Ein Eigenheim lässt sich nicht aufteilen: Wenn Sie darüber nachdenken, Ihr Eigenheim irgendwann an die nächste Generation weiterzugeben, sollten Sie idealerweise so viele Immobilien besitzen, wie Sie Kinder haben. Ansonsten sollte Ihnen bewusst sein, dass Ihr Fokus auf diesem Aspekt gut durchdacht sein sollte. Wenn Ihr Erbe groß genug ist, können Sie die anderen Kinder auszahlen und für alle gut vorsorgen. Lesen Sie den Absatz »Erbschaft« in Kapitel »Ältere Kinder, neue Fragen« gut durch, um die Erbschaftsaspekte zu durchdenken.

Keine Angst vor der Börse

In Deutschland haben wir ein kollektives Trauma, was die Börse betrifft: Die Telekom-Aktie hat Anfang der 2000er-Jahre dafür gesorgt, dass viele Menschen in Deutschland sich erstmalig an die Börse getraut haben. Leider ist die Aktie damals abgestürzt, unüberlegtes Handeln und fehlende finanzielle Bildung haben vielen Neuaktionärinnen und Neuaktionären finanziell geschadet. Und die vorher schon dürftig ausgeprägte Aktionärskultur in Deutschland bekam einen weiteren Schlag: Das Vorurteil, die Börse sei ein Casino, hatte sich scheinbar bestätigt.

Dabei ist die Börse weder ein Casino noch Spekulation. Im Gegenteil: Sie ist eine gut regulierte Einrichtung, die seit über 400 Jahren existiert. Sie hat Fürstentümer zu Kaiserreichen und demokratischen Staaten werden sehen, Weltkriege überstanden und Währungsumstellungen miterlebt. Dennoch ist sie in Deutschland ein ungeliebtes Kind. Zu Unrecht, finden wir!

Die Börse funktioniert wie ein Supermarkt: Lebensmittelhersteller (nennen wir sie Landwirte) produzieren Mehl, Eier und Kartoffeln. Sie bringen diese Produkte in den Supermarkt und bekommen vom Supermarkt Geld. Wir Konsumentinnen gehen in den Supermarkt und kaufen dort alles, was wir brauchen (und manchmal ein bisschen mehr). Dafür bezahlen wir im Supermarkt. Unser Geld wird nach Abzug von Gebühren an die Landwirte weitergegeben. Die Landwirte sind froh, dass sie nur zu einem Händler gehen müssen und dort alle ihre Produkte verkaufen können. Wir Konsumentinnen sind froh, dass wir in einem Geschäft alle unsere Bedürfnisse befriedigen können. Der Aufwand, Produkte zu kaufen und zu verkaufen, wird durch den Supermarkt enorm erleichtert.

Im Prinzip funktioniert die Börse genauso mit dem Unterschied, dass es Unternehmen sind, die Unternehmensanteile (Aktien) verkaufen, und Investorinnen, die diese Aktien kaufen (vgl. Abbildung 14).

Abbildung 14: Funktionsweise der Börse.

Die Börse ist kein Casino; allerdings nur, wenn Sie die wichtigen Grundregeln befolgen:

Bei der Investition in Aktien sollten Sie von einem Investitionshorizont von mindestens zehn Jahren ausgehen. Das liegt vor allem an den Kursschwankungen, die es immer wieder geben kann. Da ist es gut, wenn Sie nicht genau in einem Crash verkaufen müssen, sondern problemlos noch ein paar Jahre warten können, bevor Sie Ihr Geld brauchen. Diesen Ansatz nennt man Buy-and-Hold: Einmal kaufen, langfristig behalten.

Die folgende Grafik verdeutlicht, wie wichtig es ist, in einer Krise nicht zu verkaufen, sondern investiert zu bleiben.

Abbildung 15: Die Bedeutung von »Buy & Hold«. (Female Finance Forum, 2022)

Eine günstigere Variante, wie Sie das Risiko von Einzelaktien reduzieren und mehr Diversifikation in Ihre Geldanlage bringen können, ist die Investition in einen Fonds. Dieser Fonds bündelt viele Aktien, und Sie kaufen einen Anteil an dem ganzen Fonds. Damit ist es für Sie nicht so kritisch, wenn ein einzelnes Unternehmen in Probleme gerät, da Sie auch Anteile an vielen anderen Unternehmen halten.

Fonds

Aktie

Durchschnittliche Performance

Performance kann fantastisch sein, kann aber auch null sein

Breite Risikostreuung

Risikostreuung ist teuer zu erkaufen

Minimaler Zeitaufwand für Sie

Zeitintensiv

Kostengünstig

Kostenintensiv

Keine Möglichkeit der Mitbestimmung

Möglichkeit, Ihr Stimmrecht auszuüben

Super, wenn Sie mit möglichst geringem Aufwand und niedrigen Kosten eine gute Rendite erwirtschaften wollen.

Super, wenn Sie Finanzen zu Ihrem neuen Hobby machen wollen UND Sie ein gutes Händchen haben.

Tabelle 5: Fonds vs. Aktie.

Hier sind zwei grundlegende Arten von Fonds zu unterscheiden:

Aktive Fonds: Bei einem aktiven Fonds sorgt ein Fondsmanager für die Auswahl der Wertpapiere und bestimmt das Verhältnis dieser zueinander. Aktiv gemanagte Fonds werden in der Regel nicht an der Börse gehandelt.

Passive Fonds/ ETF s: Beim passiven Management ist der Verlauf des Fonds an einen Basiswert gekoppelt. In der Regel ist ein solcher Basiswert ein Aktienindex wie zum Beispiel der DAX . Es gibt allerdings auch passiv gemanagte Fonds, die an andere Indizes wie einen Rentenindex oder den Goldpreis gekoppelt sind. Passiv gemanagte Fonds sind häufig an der Börse handelbar und gehören damit zu den börsengehandelten Fonds.

Aufgrund der deutlich höheren Kosten von aktiven Fonds empfehlen wir, in passive Fonds zu investieren. Hier bieten sich ETF s (Exchange Traded Funds = börsengehandelte Fonds) an, da sie kostengünstig agieren und sehr leicht zugänglich sind. Aber auch aktive Fonds haben ihre Daseinsberechtigung. So können sie (Stand 2023) beispielsweise in Sachen Nachhaltigkeit ihre passiven Kollegen teilweise noch übertreffen.

Bei ETF s haben Sie die Möglichkeit, entweder einmalig zu investieren oder regelmäßig per Sparplan (monatlich oder pro Quartal) einen bestimmten Betrag anzulegen. Dieser Sparplan funktioniert ähnlich wie ein Dauerauftrag, den Sie jederzeit anpassen, pausieren oder beenden können. Es ist oft sinnvoll, regelmäßig zu investieren, da Sie dadurch den Markt nicht »timen« müssen – Sie müssen nicht darauf warten, dass es günstig ist, sondern investieren einfach automatisch. Zudem können Sie so Ihren Sparbetrag direkt investieren, ohne ihn lange auf einem Konto zu parken, wo er an Wert verlieren könnte.

It’s not about timing the market, it’s about time in the market! (Es kommt nicht auf den perfekten Zeitpunkt an, sondern auf die Investitionsdauer!)

Im Jahr 2022 gab es weltweit 9537 verschiedene ETF s 64 , was die Auswahl nicht gerade einfach macht! Wir werden Ihnen Schritt für Schritt erklären, worauf Sie bei Ihrer Auswahl achten sollten, um schnell und unkompliziert zu Ihrem Wunsch-ETF zu gelangen.

Die meisten Informationen, über die wir sprechen, finden Sie in den sogenannten Factsheets. Factsheets fassen alle wesentlichen Informationen zu einem ETF übersichtlich zusammen. Sie finden diese beispielsweise auf https://extraetf.com/de/ oder www.justetf.de .

Die Wahl des Index: Als Erstes müssen Sie sich für einen Index entscheiden, in den Sie investieren möchten. Sollen es Aktien der wichtigsten Unternehmen der Industrieländer sein? Dann könnte ein ETF auf den MSCI World eine gute Wahl sein. Möchten Sie auch in Schwellenländer investieren? Dann sollten Sie Emerging Markets-ETF s in Betracht ziehen. Oder möchten Sie am liebsten in beides zusammen investieren? Dann könnte ein All Countries World-ETF (ACWI ) interessant sein. Im MSCI World bildet die USA mit circa 60 Prozent der Unternehmen ein absolutes Schwergewicht. Es handelt sich hierbei also um ein geographisches Klumpenrisiko, welches Ihnen bewusst sein sollte. Der MSCI ACWI bietet dagegen eine deutlich breitere Basis. Für eine ausreichende Risikostreuung sollten sowohl Industrie- als auch Schwellenländer in einem ausgewogenen Portfolio enthalten sein, beispielsweise über einen MSCI ACWI oder einen FTSE All World.

Index-Anbieter, die Big Player im ETF -Geschäft: Es gibt verschiedene Index-Anbieter, wobei die beiden größten MSCI und FTSE sind. Achten Sie darauf, dass Sie die Anbieter nicht mischen, wenn Sie mehr als einen ETF besparen möchten. Die Anbieter haben unterschiedliche Definitionen darüber, welche Länder als »Schwellenländer« (Emerging Markets) beziehungsweise »Industriestaaten« (World) gelten. Wenn Sie ETF s von beiden Anbietern mischen, könnte es passieren, dass Sie ein Land entweder komplett auslassen oder unabsichtlich übergewichten, da Sie doppelt darin investieren.

Die Größe (und das Alter) spielen eine Rolle! Achten Sie bei Ihrer ETF -Auswahl auch auf das Fondsvolumen und das Auflegungsdatum. ETF s mit einem größeren Fondsvolumen werden seltener geschlossen. Wenn ein ETF bereits lange existiert, sind die Chancen ebenfalls hoch, dass dies in Zukunft so bleibt. Wenn ein ETF geschlossen wird, stellt dies jedoch kein Risiko für Ihre Investitionen dar, da sie als Sondervermögen gelten. Es ist nur administrativer Aufwand, weil Sie einen neuen ETF auswählen müssen.

Auszahlen oder Reinvestieren? Wie soll Ihr Wunsch-ETF mit Erträgen umgehen? Als Investorin haben Sie Anspruch auf die Dividende, also den Unternehmensgewinn, der von den Unternehmen ausgezahlt wird. Möchten Sie, dass der ETF Ihnen diese Dividenden auszahlt, um sie beispielsweise als Taschengeld zu verwenden oder anderweitig zu investieren? Dann sind ausschüttende ETF s für Sie geeignet. Wenn der ETF jedoch Ihre Erträge direkt und ohne Kosten reinvestieren soll, sollten Sie bei Ihrer Auswahl thesaurierende ETF s bevorzugen. (Thesaurierend kommt vom griechischen »Thesaurus« = Schatzhaus, Tresor.) Unser Tipp: Um den Zinseszins-Effekt optimal zu nutzen und die Kosten gering zu halten (Kosten für die Reinvestition!), empfehlen wir im Sinne eines Buy-and-Hold-Ansatzes thesaurierende ETF s.

Replikationsmethode/Die Abbildung des Index: Eine weitere Entscheidung, die Sie auf dem Weg zu Ihrem Wunsch-ETF treffen müssen, betrifft die Art und Weise, wie der ETF den Index nachbilden soll. Soll der ETF genau die Aktien kaufen, die im Index enthalten sind (»physische Replikation«), oder kauft er andere Aktien und betreibt ein Tauschgeschäft (»swap-basierte« oder »synthetische Replikation«)? Nur eine Empfehlung: Wenn Sie nachhaltig investieren möchten, ist eine swap-basierte Replikation nicht sinnvoll, weil Swap-ETF s Nachhaltigkeitsstandards nicht erfüllen müssen.

Ein Herz für Nachhaltigkeit: Seit März 2021 sind die ETF -Anbieter dazu verpflichtet, ihre nachhaltigen Produkte entsprechend der von der EU entwickelten Klassifizierung für nachhaltige Investments auszuweisen. Wie und in welchem Ausmaß ein ETF nachhaltige Ziele erreichen möchte, geben ETF -Anbieter in ihren Factsheets an. Dort können Sie sich also darüber informieren, wie »grün« ein ETF wirklich ist.

Index, leicht erklärt: Lassen Sie uns den Zusammenhang zwischen Börse, Index, ETF usw. an einem anschaulichen Beispiel erklären. Nehmen wir an, Sie wollen für Ihre Familie eine große Schüssel Obstsalat auf den Tisch bringen. Die Protagonisten unserer Geschichte sind:

Um genug Obstsalat für Ihre Familie auf den Tisch zu stellen, können Sie die Zutaten einzeln kaufen und den Salat selbst zubereiten. Die Zutaten alle ganz kaufen zu müssen (z. B. eine ganze Ananas, eine ganze Wassermelone), kann möglicherweise dazu führen, dass Sie viel zu viel Obstsalat erhalten und aufpassen müssen, dass er Ihnen nicht verkommt; außerdem müssen Sie relativ viel Geld ausgeben, bis Sie alle Zutaten beisammenhaben.

Alternativ können Sie vorgefertigten Obstsalat in der Dose kaufen. Den gibt es in fast jedem Supermarkt. Es unterscheiden sich aber die angebotenen Marken je nachdem, ob Sie bei Aldi, Lidl, Rewe oder Alnatura einkaufen gehen. Sie können exakt die richtige Menge Obstsalat für die Anzahl Personen kaufen. Allerdings können Sie nicht selbst bestimmen, welche Zutaten im Obstsalat sind. Die genaue Zusammensetzung, also das Rezept des Obstsalats, wird vom jeweiligen Hersteller vorgegeben. Wenn Sie einfach irgendeinen Obstsalat essen wollen, können Sie in den nächstbesten Supermarkt gehen. Wenn Sie aber genau wissen, was Sie wollen (welche Marke, regional oder doch lieber tropisch, biozertifiziert oder nicht etc.), sollten Sie erst den Obstsalat auswählen und dann schauen, in welchem Supermarkt Sie diesen kaufen können.

Nun die Übersetzung auf die Börse: Sie können die Aktien einzeln kaufen, müssen dafür aber viel Geld ausgeben, so wie für die verschiedenen Obstsorten für den Obstsalat. Alternativ kaufen Sie einen ETF (Obstsalat in der Dose) für genau den Betrag, den Sie ausgeben wollen; mindestens 1 €. Fast jeder Supermarkt hat Obstsalat im Angebot; genauso werden Sie in (fast) jedem Depot einen ETF kaufen können. Wenn Sie aber das Depot von einem speziellen Anbieter oder mit einer speziellen Zusammensetzung (z. B. besonders nachhaltig) suchen, müssen Sie zuerst den ETF auswählen und dann schauen, in welchem Depot Sie diesen ETF finden.

Nachhaltigkeit an der Börse

Haben Sie Bedenken, dass nachhaltige ETF s schlechter abschneiden könnten als konventionelle? Dann kann Sie die folgende Abbildung sicher beruhigen.

Abbildung 16: Rendite eines nachhaltigen und eines konventionellen Aktienfonds.

Der ETF mit dem Zusatz SRI (Socially Responsible Investing, also sozial verantwortliches Investieren) schlägt den konventionellen ETF deutlich.

Dabei muss klar sein: Eine Geldanlage kann nur so gut sein wie die Unternehmen, in die Sie investieren. Und diese Unternehmen sind menschengemacht und Teil des kapitalistischen Systems. Genauso wie Ihr Konsum ein Stimmzettel für die jeweiligen Produkte ist, so ist es auch Ihre Geldanlage. Das große Problem der Nachhaltigkeit: Es gibt keine klare Definition. Wahrscheinlich haben Sie und wir schon unterschiedliche Meinungen, welche Gewichtung gelegt werden soll. Ein hoher CO 2-Ausstoß? Natürlich nicht! Kinderarbeit? Niemals! Faire Bezahlung und gute Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten? Auch wichtig. Die perfekte Investition und das perfekte Unternehmen gibt es nicht. Dennoch sind wir der Meinung: Wir müssen unser Geld investieren, damit es reicht. Es ist niemandem geholfen, wenn Sie sich die hochwertigen, nachhaltigen und langlebigen Produkte nicht leisten können, weil Sie Ihr Geld nicht investiert haben. Und es gibt nichts, was für die konventionelle anstelle von nachhaltiger Geldanlage spricht. Nein, die nachhaltige Geldanlage ist nicht perfekt; unsere Vermutung ist, dass Sie das auch nicht sind. Wir sind es definitiv nicht.

ESG : Die ESG -Kriterien sind ein wichtiger Aspekt, wenn es um nachhaltige Geldanlagen geht. »ESG « steht für Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance). Diese Kriterien werden verwendet, um zu bewerten, wie Unternehmen in diesen drei Bereichen agieren.

SRI : SRI steht für »Socially Responsible Investing«, also das sozial verantwortliche Investieren. Bei SRI -Investitionen geht es ebenfalls darum, Ihr Geld nicht nur auf finanziell rentable Weise zu investieren, sondern auch sicherzustellen, dass Ihre Investitionen im Einklang mit Ihren ethischen und sozialen Überzeugungen stehen. Das bedeutet, dass Unternehmen, die gegen Ihre Werte verstoßen oder in umstrittenen Branchen tätig sind, in der Regel ausgeschlossen werden.

Die SRI -Kriterien sind in der Regel strenger als die ESG -Kriterien und werden hauptsächlich vom Indexanbieter MSCI verwendet.

Durch die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien in Ihren Investitionsentscheidungen können Sie sicherstellen, dass Ihr Geld nicht nur Gewinne erzielt, sondern auch einen positiven Beitrag zur Umwelt und Gesellschaft leistet. Dieser Ansatz kann dazu beitragen, eine nachhaltige und verantwortungsvolle Geldanlagestrategie zu entwickeln, die Ihre Werte und Überzeugungen widerspiegelt.

Geldanlage für Kinder

Haben Sie vor, Ihrem Kind einen möglichst guten Start in sein (Erwachsenen-)Leben zu ermöglichen und ihm so einen finanziellen Vorsprung verschaffen? Hier kommen ein paar Tipps für die Geldanlage für die nächste Generation.

Denken Sie daran, auch das Geld Ihrer Kinder (nachhaltig) anzulegen. Besonders aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage, der Inflation und anderer Herausforderungen ist es ratsam, Geld nicht einfach auf dem Konto liegen zu lassen. Der große Vorteil bei Geldanlagen für Kinder liegt in der langen Zeitspanne, die für beeindruckende Erträge durch Zinseszinsen sorgt. Sie müssen sich in den nächsten 18 Jahren keine Gedanken über Kursschwankungen machen und können der Buy-and-Hold-Strategie folgen: Einmal investieren und dann langfristig behalten.

Selbst Geldgeschenke von Verwandten und Freunden können flexibel in ETF s investiert werden, um mehr daraus zu machen als aus dem zehnten Kuscheltier.

Wenn das Konto oder Depot auf den Namen Ihres Kindes läuft, haben Sie als Vormund bis zu seinem 18. Geburtstag Verfügungsgewalt über dieses Geld. Damit dürfen Sie das Geld ausschließlich für Ihr Kind ausgeben und nicht für Ihre eigenen Bedürfnisse verwenden. Diese Regelung kann Vor- und Nachteile haben. Einerseits erfordert sie finanzielle Disziplin, da das Geld nicht für persönliche Ausgaben zur Verfügung steht. Andererseits schränkt sie Ihre Flexibilität ein, selbst wenn es vielleicht für die gesamte Familie in bestimmten Situationen vorteilhafter wäre.

Darüber hinaus hat Ihr Kind mit 18 Jahren auf jeden Fall die volle Kontrolle über sein Geld. In diesem Alter sind viele Kinder bereits ausreichend bereit, um verantwortungsbewusst mit ihrem Geld umzugehen, während andere möglicherweise eher dazu neigen, es leichtfertig auszugeben und später bereuen, nicht sparsamer gewesen zu sein.

Wenn die Geldanlage auf den Namen Ihres Kindes läuft, kann zudem der steuerliche Freibetrag für Kapitalerträge ausgeschöpft werden (»Sparerpauschbetrag«). Jeder Mensch hat einen steuerlichen Freibetrag von 1000 € (Stand 2023); auch Ihr Kind. Den Freistellungsauftrag stellen Sie ganz einfach bei Ihrer Bank, im Normalfall online. Sie können die 1000 € auf verschiedene Konten oder Depots verteilen. 65 Dadurch können Sie mehr Gewinn aus der Geldanlage erzielen, ohne darauf Abgeltungssteuer zahlen zu müssen.

Sollten Sie für Ihr Kind mit Erträgen jenseits des Sparerpauschbetrags rechnen, können Sie eine Nichtveranlagungsbescheinigung beantragen. Diese gilt immer für drei Jahre und befreit auch ohne Steuererklärungspflicht von der Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge. Sie können Sie einfach bei Ihrem zuständigen Finanzamt stellen.

Allerdings könnte Ihr Kind bei zu hohem Vermögen möglicherweise kein BA föG 66 erhalten (Höhe des Vermögens des Kindes darf 15000 € nicht überschreiten) und aus der kostenfreien Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung ausscheiden (monatliches Einkommen des Kindes darf 4000 € nicht überschreiten). Da das erst der Fall ist, wenn das Kind auch wirklich ein entsprechend großes, eigenes Vermögen hat, kann man hinterfragen, ob BA föG in seiner eigentlichen Absicht dann überhaupt vonnöten ist.

Hier sehen Sie die Aspekte noch einmal zusammengefasst:

Ihr Name

Name Ihres Kindes

Ihr Kind hat erst Zugriff auf Geld, wenn Sie es ihm schenken.

Ihr Kind hat mit 18 Zugriff auf sein Geld; bis dahin verwalten Sie es in seinem Sinne.

Das Geld zählt zu Ihrem Vermögen, d. h., Sie zahlen Steuern.

Sie können den Steuerfreibetrag Ihres Kindes nutzen.

Sie können das Depot/Konto (auf Ihren Namen) allein eröffnen.

Beide Elternteile müssen bei Depot-/Kontoeröffnung unterzeichnen (bei gemeinsamem Sorgerecht).

Ihr Kind hat ggf. keinen Anspruch auf BA föG oder Sozialhilfe.

Ihr Kind fällt ggf. aus der kostenlosen Familienkrankenversicherung.

Tabelle 6: Geldanlage auf Ihren Namen oder den Namen des Kindes.

More Risk, more Fun? Geldanlage jenseits der Börse

Gerade im Gespräch mit Ihren Kindern kommen möglicherweise aktuelle, aufmerksamkeitsheischende Themen auf. Die Medien sind voll von Investitions- und Spekulationsmöglichkeiten. Lassen Sie uns versuchen, ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen.

Kryptowährungen

In den letzten Jahren kamen Sie kaum darum herum: Kryptowährungen dominieren die Medien und die Gespräche. Was ist dran am Hype um Bitcoin, Ethereum und Co?

Kryptowährungen sind digitale oder virtuelle Währungen, die auf der Blockchain-Technologie basieren. Eine Blockchain ist eine digitale Datenbank, in der die Daten in Blöcken zusammengefasst gespeichert werden. Das Besondere daran: Die Datenblöcke werden dezentral auf einer Vielzahl vernetzter Rechner kryptografisch verschlüsselt. Die Datenbank ist (in der Regel) komplett transparent und somit öffentlich einsehbar. Kryptowährungen bieten eine dezentrale Form des Finanzwesens und ermöglichen es Menschen, Transaktionen ohne die Beteiligung traditioneller Finanzinstitute durchzuführen. Sie versprechen Anonymität in einem regulierten Finanzmarkt.

Das Potenzial für hohe Renditen hat Kryptowährungen für viele Anleger attraktiv gemacht. Dennoch ist es wichtig, die damit verbundenen Risiken zu verstehen. Die extremen Preisschwankungen und die Unsicherheit bezüglich der Regulierung machen Kryptowährungen zu einem hochspekulativen Anlageinstrument. Sie eignen sich möglicherweise für kurzfristige Spekulationen, sind jedoch keine geeignete Option für die langfristige Altersvorsorge. Anleger sollten sich bewusst sein, dass sie bei Investitionen in Kryptowährungen ihr gesamtes Kapital verlieren können und daher äußerst vorsichtig sein. 67

Sie können mit Ihrem Kind besprechen, einen festgelegten, kleinen Betrag beiseitezulegen, den es in Kryptowährungen investieren kann. So kann es mit einem kleinem Budget Fehler machen und lernen, ohne seine Altersvorsorge zu verspielen.

Gold und andere Edelmetalle

Gold hat seit jeher eine besondere Anziehungskraft auf Menschen ausgeübt. Es wird nicht nur für Schmuck und Dekoration verwendet, sondern auch als eine Form der Investition.

Gold wird oft als »sicherer Hafen« betrachtet, insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit. Es hat sich historisch gesehen als werthaltiger Vermögenswert erwiesen, der in Krisenzeiten an Wert gewinnen kann. Viele Investoren nutzen Gold als Absicherung gegen Inflation und Währungsabwertung.

Obwohl Gold als sicherer Hafen gilt, ist es nicht immun gegen Volatilität. Der Goldpreis kann erheblichen Schwankungen unterliegen, und Investitionen in Gold bergen Risiken. In der Vergangenheit gab es Phasen, in denen der Goldpreis gefallen ist, was bedeutet, dass Verluste möglich sind.

Statistisch betrachtet lohnt sich der Kauf von Gold nicht, wenn man die Rendite mit der Entwicklung von Aktien vergleicht. Wenn Sie das Bedürfnis haben, Gold zu kaufen, dann belassen Sie es bei maximal 5 bis 10 Prozent Ihres investierten Vermögens.

Sneakers, Kunst, Oldtimer

In der Welt der Finanzen sind Sneakers, Kunst und Oldtimer aufgrund ihrer Popularität als alternative Investitionsmöglichkeiten auch für junge Menschen in den Fokus gerückt. Bevor Sie sich in diese Märkte stürzen, sollten Sie jedoch einige wichtige Überlegungen anstellen.

  1. Leidenschaft oder Investment? Sneakers, Kunst und Oldtimer sind oft mehr als nur Geldanlagen. Viele Menschen haben eine echte Leidenschaft für diese Sammlerstücke. Sie sammeln sie aus Liebe zu Design, Kunst oder Geschichte. Investieren Sie nur, wenn Sie wirkliches Interesse und Freude daran haben, da diese Märkte volatil sind und keine Gewinngarantien bieten.
  2. Expertise ist entscheidend Wenn Sie ernsthaft in diese Märkte investieren möchten, benötigen Sie ein tiefes Verständnis und Wissen. Experten kennen die Trends, Werte und Authentizität von Sammlerstücken. Ein oberflächliches Engagement kann riskant sein.
  3. Keine risikoarme Altersvorsorge Bedenken Sie, dass Investitionen in Sneakers, Kunst und Oldtimer nicht als risikoarme Altersvorsorge betrachtet werden sollten. Diese Märkte sind spekulativ und unsicher. Traditionelle Anlageformen sind zuverlässiger für Ihre finanzielle Zukunft.

In alternative Vermögenswerte zu investieren, kann eine aufregende Ergänzung zu Ihrem Portfolio sein, aber übertreiben Sie es nicht. Diese Regel sollte auch Ihr Kind befolgen: Als Ergänzung gerne, aber nicht als Hauptinvestition.

Beratung

Es spricht nichts dagegen, wenn Sie sich beraten lassen. Im Gegenteil: Nicht umsonst gibt es Expertinnen und Experten, denen wir vertrauen können. Wenn Sie ein gesundheitliches Problem haben, gehen Sie ja auch zur Ärztin oder zum Arzt Ihres Vertrauens.

Vermutlich holen Sie bei schwerwiegenden medizinischen Eingriffen eine zweite Meinung ein. Genauso sollten Sie das bei Ihren Finanzen auch handhaben: Lassen Sie sich beraten, aber holen Sie mehrere Meinungen ein und informieren Sie sich selbst (auch durch Bücher und Zeitschriften, Bekannte und im Freundeskreis) und treffen Sie dann Ihre eigene, fundierte Entscheidung.

Eine Bankberaterin verdient ihr Geld genauso wie eine Autoverkäuferin : indem sie Produkte verkauft. Wenn Sie in ein Autohaus gehen, wissen Sie, dass

  • Ihnen ein Auto angeboten wird (und keine tiefgreifende Analyse durchgeführt wird, ob Sie überhaupt ein Auto benötigen);
  • Ihnen ein Auto der jeweiligen Marke empfohlen wird;
  • Ihnen vermutlich ein Modell mit der etwas höherpreisigen Ausstattung vorgeführt wird.

Genauso verdient die Bankberaterin ihr Geld: indem sie Ihnen das für sie lukrativste, hauseigene Produkt verkauft. Und je höher dessen Wert, umso höher ihr Gewinn. Wenn Sie ein Auto kaufen, informieren Sie sich vermutlich, indem Sie verschiedene Informationen einholen und Angebote vergleichen. Genauso sollten Sie Ihre Finanzen angehen! Informieren Sie sich eigenständig, und wenn Sie sich beraten lassen, achten Sie stets auf Unabhängigkeit.

Unabhängige Beratung bekommen Sie beispielsweise bei den Verbraucherzentralen oder bei einer Honorarberatung. Gute Informationen bieten auch Stiftung Warentest und Finanztip. Achten Sie darauf, dass die Quelle, aus der Sie Ihre Informationen beziehen, unabhängig berät und auf Ihrer Seite ist.