Amsterdam entdecken
Amsterdam für Citybummler
Ein guter Start ist eine Grachtenrundfahrt, die beim Bahnhof {1}, Rokin –> oder Rijksmuseum {35} beginnen kann. Die einzelnen Unternehmen fahren mehr oder weniger die gleichen Routen und mit der ca. 75 Minuten dauernden Fahrt verschafft man sich einen guten Überblick über die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Die Innenstadt Amsterdams ist recht kompakt und daher gut zu Fuß zu bewältigen. Es gibt aber auch zahlreiche Fahrradverleihstellen, Busse und Straßenbahnen für weitere Strecken.
Der Bahnhof mit dem besonderen Gebäude von 1889 wird durch den Damrak – die roten Straßensteine wirken wie ein roter Teppich – mit dem Dam verbunden, wo das Nationaldenkmal und der Königspalast {18} stehen. Hier befindet sich die kommerzielle Innenstadt mit internationalen Geschäften und Ladenketten. Von Damrak, Kalverstraat und Rokin bis zum Muntplein bedeutet das Einkaufsrummel pur, aber von der Kalverstraat erreicht man für eine Atempause das Amsterdam Museum {20} und den Begijnhof {21}.
Am Muntplein beginnt der Blumenmarkt {24}, der mit seiner Farbenpracht immer sehenswerte Fotomotive liefert. Von hier geht es entweder zum Rembrandtplein {25}, der zu jeder Tageszeit voller Leben ist, oder über die Leidsestraat zum Leidseplein –>, der mit seinen Lokalen, Klubs, Theatern und Kinos ein prima Ausgangspunkt ist, um das Nachtleben zu erkunden.
Von hier ist es ein Katzensprung zum Vondelpark {51}. Als englischer Landschaftsgarten angelegt, zieht es die Leute zum Spazierengehen, Joggen und Picknicken hierher. Im Sommer locken die Freilichtbühne und das Lokal De Vondeltuin (–>).
Gar nicht weit davon entfernt liegt der Museumplein {34}, an dem sich das Rijksmuseum {35}, das Van Gogh Museum {36} und das Stedelijk Museum {37} befinden.
Natürlich sind die Grachten fester Bestandteil eines Amsterdambesuchs. Wer keine Lust hat, viele Kilometer zu laufen, konzentriert sich auf das Gebiet der Negen Straatjes (–>). Die kleinen Straßen verbinden die drei großen Grachten. Hier haben sich viele kleine Geschäfte niedergelassen, die Besonderes bieten. Kleine Restaurants und lunchrooms sorgen für das leibliche Wohl.
An der Prinsengracht, fast neben der Westerkerk, steht das Anne Frank Huis {33}, in dessen Versteck Anne Frank ihr Tagebuch schrieb. Hier beginnt mit dem Jordaanviertel auch eines der bekanntesten Viertel der Stadt, das zwar nicht ganz so romantisch ist wie in vielen Liedern besungen, aber lebendig, vielseitig und abwechslungsreich.
Amsterdam pur mit all seinen Schönheiten und Gegensätzen zeigt das Altstadtviertel: viele historische Gebäude, Geschäfte, Restaurants, Bars, Cafés und das Rotlichtviertel. Hier liegen die Wurzeln der Stadt, da um den Seehafen die erste Niederlassung zu wachsen begann.
Kurztrip nach Amsterdam
Anreisetag
Es tut gut, am Anreisetag die Beine noch etwas zu strecken und sich bei einem Spaziergang durch das Jordaanviertel, das für die Menschen hier stärker als viele andere Orte das Wesen Amsterdams verkörpert, ein wenig treiben zu lassen. In zahlreichen Liedern besungen und in Reimen beschrieben, ist es zweifellos eines der am stärksten romantisierten Viertel der Stadt. Der Stadtteil ist beliebt bei Studenten, Jungunternehmern und Künstlern. In den kleinen Geschäftsräumen blühen interessante Geschäfte, Cafés, Bars und Restaurants. Antiquitätenläden oder Galerien laden zum Stöbern ein.
Am Abend führt eine romantische Grachtenrundfahrt durch die Innenstadt. Danach bleibt noch genug Zeit, um sich in einem der zahlreichen Klubs ins Nachtleben zu stürzen.
2. Tag – Grachten und Alte Meister
Das Schöne an Amsterdam ist, dass man sich quasi bereits in einem Freiluftmuseum befindet, wenn man nur die Grachten entlangspaziert. Auf den folgenden Seiten findet man Vorschläge für Stadtspaziergänge, die an wichtigen historischen, architektonischen und kulturellen Stätten vorbeiführen. Die einzelnen Spaziergänge (oder Teile davon) können den Rahmen für einen halben Tag bilden, dann bleibt noch Zeit für gemütliche Pausen in einem Café oder Eetcafé.
Wer sich für Kunst und Kultur interessiert, sollte sich auf jeden Fall einen halben Tag für eines der großen Museen freihalten: das Rijksmuseum {35} für die Meister des 17. Jh., das Van Gogh Museum {36} mit Werken des gleichnamigen Künstlers und seiner Zeitgenossen oder das Amsterdam Museum {20} für einen Überblick über die Stadtgeschichte. Ist man mit Kindern unterwegs, bietet Nemo (–>), das Wissenschaftsmuseum, spannende Unterhaltung, weil es dort vieles anzufassen und auszuprobieren gibt. Der Zoo Artis (–>), Het Scheepvaartmuseum oder Madame Tussaud’s (–>) sind für Kinder ebenfalls interessant.
Möchte man den Abend mit einem kulturellen Programmpunkt beenden, informiert man sich im Internet im Last-Minute-Ticketshop (–>), wo die letzten Karten des jeweiligen Tages für Film, Tanz, Musik oder Kabarett (das Angebot ist immer eine Überraschung) zum halben Preis verkauft werden.
Ein Abendspaziergang im Vondelpark {51} lässt den Tag auf ruhige und angenehme Weise ausklingen.
An einem Abend seines Amsterdambesuchs sollte man sich unbedingt das Vergnügen einer indonesischen rijsttafel gönnen, bei der meist über 20 verschiedene kleinere Gerichte serviert werden, die die Geschmackspalette der indonesischen Küche ausschöpfen: eine Alternative zur holländischen Küche.
3. Tag – Bummeln und Radeln
Wer am dritten Tag noch genügend Energie verspürt, ein weiteres Museum zu besuchen, findet im Kapitel „Amsterdam für Kunst- und Museumsfreunde“ ab –> viele weitere Anregungen. Die Auswahl ist riesig, es ist für jeden Geschmack etwas dabei – vom historischen Grachtenhaus über moderne Kunst bis zu ergreifender Geschichte.
Außerdem sollte man noch etwas Zeit einplanen, um in ein paar Läden zu stöbern, damit man nicht ohne schöne Erinnerungsstücke wieder nach Hause fahren muss. Interessante Anregungen hierfür liefert das Kapitel „Amsterdam für Kauflustige“ ab –>, doch dies ist natürlich nur eine Auswahl des breit gefächerten Angebots. Man kann auch in den auf der Karte als Shoppingareale markierten Gegenden garantiert seine eigenen Favoriten finden.
Möchte man sich ein bisschen mehr bewegen, dann bietet eine Fahrradtour eine gute Gelegenheit, sich den holländischen Wind um die Nase wehen zu lassen. An verschiedenen Orten kann man sich Räder leihen und selbst losfahren (s. Tourvorschlag –>) oder an einer geführten Tour teilnehmen (–>). So kann man auch leicht die moderne und eigenwillige Architektur des östlichen Hafengebiets kennenlernen oder den Norden der Stadt erkunden, wo die neuen Kulturzentren wunderbare Gelegenheiten für eine Pause mit Blick aufs Wasser bieten. Der Verkehr in der Stadt ist für ungeübte Radler vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, aber in der Regel ist man hier Radfahrern gegenüber recht tolerant.
Stadterkundung vom Wasser aus (031am Abb.: bs)
Das gibt es nur in Amsterdam
> Oranje boven
Der nationale Feiertag anlässlich des Geburtstags des Königs ist eine der wichtigsten Festlichkeiten der Stadt. Grachten, Straßen, Brücken und Parks sind mit orangefarbenen Girlanden und Luftschlangen verziert und überfüllt mit unzähligen in Orange gekleideten Menschen, die feiern, singen und Trödel kaufen oder verkaufen (Freimarkt). Dabei werden auch jede Menge orange glasierte Donuts oder „Tompoucen“ (ein Blätterteig-Creme-Gebäck) und „Oranjebitter“ (Orangenlikör) vertilgt.
> Freiheit auf dem Wasser
Amsterdamer legen großen Wert darauf, ihr Leben selbst bestimmen zu können. Etwa 2500 Hausboote bieten ihren Bewohner die Möglichkeit, auf dem Wasser und doch in der Stadt zu wohnen und dabei das Gefühl der Freiheit zu erleben.
> Biertje
Überall in der Stadt findet man die typischen Kneipen, genannt „bruine cafés“, in denen man sich nach der Arbeit auf ein Gläschen Bier verabredet. Und wenn die Kneipe zu klein ist, dann steht oder sitzt man draußen, besonders wenn sich das Wochenende am Freitagnachmittag mit sonnigem Wetter ankündigt.
> Hollandse Nieuwe
Der neue Heringfang wird jedes Jahr ab Mitte Juni mit Sehnsucht erwartet. Dann haben sich die Fische im Frühjahr eine schöne Fettschicht angefressen und konnten genug reifen. Gegessen wird der Hering am liebsten sofort an einem der zahlreichen Fischstände in der Stadt. Dazu packt man den gesäuberten Fisch beim Schwanzende, zieht ihn durch die frischen Zwiebelchen, legt den Kopf in den Nacken und schiebt sich den Hering von oben genüßlich zwischen die Beißerchen.
> Salmiaksalzsensation
Lakritze ist in vielen Gebieten bekannt, doch muss man vielleicht in den Niederlanden geboren sein, um die besonders starken Varianten mit einfacher oder doppelter Salzladung und Salmiak schätzen zu wissen.
Stadttouren
Der Verlauf der hier beschriebenen Spaziergänge kann mittels unserer kostenlosen Web-App nachvollzogen werden.
Spaziergang 1: Den Ursprüngen der Stadt auf der Spur
Dauer: 30 Minunten (ohne Besuch der Sehenswürdigkeiten)
Tages-/Jahreszeit: zu jeder Jahreszeit möglich, Vormittag empfohlen im Zusammenhang mit den Aktivitäten im Rotlichtviertel
Startpunkt: Vorplatz Hauptbahnhof (Stationsplein), U-Bahn, Straßenbahn: 1, 2, 4, 5, 9, 13, 17, 24, 26
Endpunkt: Waterlooplein, U-Bahn
Die Altstadt lag früher direkt am Meer, doch heutzutage befinden sich vor diesem Stadtteil neuere Inseln. Auf einer davon befindet sich z. B. der Hauptbahnhof {1}, der 1889 nach einem Entwurf von P. J. H. Cuypers fertiggestellt wurde. Inzwischen nutzen etwa 295.000 Passagiere täglich den Bahnhof, da man aber zukünftig mit 330.000 Menschen rechnet, sind großangelegte Erweiterungsmaßnahmen nötig, die das Bahnhofsgelände bis etwa 2020 prägen werden.
Vom Bahnhof gelangt man über den Zeedijk zu den ältesten Grachten, die ursprünglich an den Hafen anschlossen. Weil es mit den Seeleuten gutes Geld zu verdienen gab, kamen auch die Freudenmädchen, um ihre Dienste in diesem Viertel anzubieten. Das Rotlichtviertel ist noch immer hier zu finden, auch wenn die Stadt Pläne gemacht hat, den Rotlichtbezirk auszudünnen. Der Vormittag eignet sich am besten für einen Spaziergang in dieser Gegend, da es hier dann am wenigsten geschäftig zugeht. Zahlreiche sehenswerte Gebäude sind in den alten Straßen erhalten geblieben.
Am Oudezijds Voorburgwal, den man z. B. über die Korte Niezel erreicht, bietet das Museum Ons’ Lieve Heer op Solder {4} anhand einer versteckten Kirche und eines noch original eingerichteten Kaufmannshauses Einblicke in das Leben der Katholiken, nachdem Amsterdam offiziell protestantisch geworden war.
Nur ein paar Schritte weiter macht die Oude Kerk (Alte Kirche) {5} auf dem Oudekerksplein ihrem Namen alle Ehre, gehört sie doch zu den ältesten Gebäuden der Stadt. Ihre Ursprünge können bis in das Jahr 1300 zurückverfolgt werden.
Über den Oudekennissteeg, den Molensteeg und den Zeedijk gelangt man weiter zum Waaggebouw {6}, das erst Teil der Stadtmauer, dann Stadtwaage für Schiffsanker und Kanonen und später Unterkunft der Zünfte war. Heute kann man auf der Terrasse der Brasserie die Sonnenstrahlen und einen Cappuccino genießen, während andere Leute auf dem Nieuwmarkt {7} und im chinesischen Viertel ihren Geschäften nachgehen.
Weiter auf dem Kloveniersburgwal führt der Weg am Kleinen und Großen Trippenhaus {8} vorbei zum Oostindisch Huis {9}. Die Vereenigde Oostindische Compagnie (VOC, ein Zusammenschluss konkurrierender Handelskompanien für den südostasiatischen Raum), die im 17. und 18. Jh. vielen Amsterdamern Reichtum bescherte, hat in diesem Viertel ihre Spuren hinterlassen.
Biegt man vom Kloveniersburgwal nach links in die Nieuwe Hoogstraat (Richtung Anthoniesbreestraat) ab, kommt man an einigen interessanten Geschäften vorbei. Auf der Route zum Waterlooplein mit dem Rembrandhuis {43} und dem Stadhuis {26} stößt man dann auch auf die erste nach der Reformation gebaute Kirche, die Zuiderkerk {12}. Hier werden noch einmal die Gegensätze zwischen der alten Stadt und der Umsetzung der Sanierungspläne der 1970er-Jahre deutlich.
Spaziergang 2: Weiter in die Geschichte eintauchen
Dauer: 1 Stunde (ohne Besuch der Sehenswürdigkeiten und Einkaufsbummel)
Tages-/Jahreszeit: zu jeder Tages- und Jahreszeit möglich
Startpunkt: Dam, Straßenbahn (Dam): 1, 2, 4, 5, 9, 13, 14, 17, 24
Endpunkt: Waterlooplein, U-Bahn
Ein gutes Gefühl für die Stadt vermittelt ein Spaziergang, der am Dam beginnt. Auf dem zentralen Platz dominieren die beeindruckenden Bauten der Nieuwe Kerk {17} und des Koninklijk Paleis {18} die Szene. Der erste Prunkbau wurde Gott gewidmet, der zweite, bei der Fertigstellung das größte öffentliche Gebäude des Landes, dem starken und selbstbewussten Bürgertum der Stadt.
Einen interessanten Kontrast zur Geschäftigkeit der Kalverstraat bildet der Begijnhof {21}, den man z. B. über den Begijnsteeg erreicht. Er ist eine beschaulich grüne Oase mit von Vorgärten gezierten kleinen Häuschen sowie einer Kirche und einer Kapelle. Das Museum, das direkt neben dem Begijnhof steht, ist das Amsterdam Museum {20}, das einen ausgezeichneten Überblick über die Stadtgeschichte bietet. Daran anschließend findet man in den Negen Straatjes (–>, neun kleine Verbindungsstraßen zwischen Heren-, Keizers- und Prinsengracht) Amsterdam im Kleinstformat: winzige Läden in alten Gebäuden mit einem vielfältigen Angebot von Schnickschnack bis zu Design-Juwelen an einem belebten Abschnitt der Grachten. Dazwischen gibt es eine ausreichende Auswahl an Restaurants, Bars und Cafés für erholsame Atempausen. Hier kann man sich einfach mal treiben lassen.
Bei einem Bummel über den Blumenmarkt {24} (erreichbar z. B. über die Straße Singel) kann man sich vor allem am Anfang und Ende des Markts an der Pracht der angebotenen Blumen erfreuen, die auch immer wieder ausgezeichnete Fotomotive bilden. Außerdem findet man hier viele kleine und große Souvenirs, die haltbarer und leichter zu transportieren sind als Schnittblumen und Tulpenzwiebeln.
Vom Blumenmarkt schlendert man in wenigen Minuten zu den Terrassen auf dem Rembrandtplein {25}, wo sich zahlreiche Gelegenheiten für eine leichte Mahlzeit zwischendurch bieten: Entweder in einem der Cafés oder Restaurants am Platz oder – wenn das Wetter sich anbietet – direkt auf dem Rasen mit leckeren Köstlichkeiten von Marqt (–>).
Über Amstelstraat und Blauwbrug gelangt man zur Stopera {26} (Muziektheater/Stadhuis), wo im selben Gebäude Oper und Rathaus untergebracht sind.
Hinter dem Rathaus wird am Waterlooplein der bekannteste Flohmarkt Amsterdams veranstaltet (–>), wo um Trödel, Kleidung, Schnickschnack und alles, was die fliegenden Händler sonst noch aufgetrieben haben, gefeilscht werden kann.
Spaziergang 3: Aus der Not eine Tugend gemacht
Dauer: 50 Minuten (ohne Besuch der Sehenswürdigkeiten und Einkaufsbummel)
Tages-/Jahreszeit: zu jeder Tages- und Jahreszeit möglich
Startpunkt: Westerkerk (Westermarkt), Straßenbahn: 13, 14, 17
Endpunkt: Vorplatz Hauptbahnhof (Stationsplein), U-Bahn, Straßenbahn: 1, 2, 4, 5, 9, 13, 17, 24, 26
Die Westerkerk {31} und das Anne Frank Huis {33} bilden einen guten Startpunkt für einen Spaziergang durch das Jordaanviertel. Geht man von hier nach links über die Leliesluis-Brücke, trifft man auch gleich auf zwei typische Dinge: das Tulpenmuseum (Amsterdam Tulip Museum, –>) und die Kneipe De 2 Zwaantjes (–>), wo das Herz-Schmerz-Liedgut ein Zuhause hat. An der Ecke Egelantiersgracht und Eerste Egelantiersdwarsstraat befindet sich das Café ’t Smalle (–>), das noch einige authentische Details aus seiner Gründungszeit aufweist. Folgt man der Eerste Egelantiersdwarsstraat, findet man dort den unscheinbaren Zugang zu einem der für den Jordaan typischen „hofjes“ (–>). Weiter auf derselben Straße trifft man an der Kreuzung mit der Westerstraat erneut auf eine typische Jordaankneipe, das Café Nol (–>). In der Westerstraat {40} gibt es dann diverse interessante Geschäfte wie die Moooi Gallery (–>) oder Cafés und Restaurants zu entdecken.
Über die Tweede Boomdwarsstraat und die Tweede Lindendwarsstraat kommt man zur Lindengracht, wo es nach rechts weitergeht. Bei den Hausnummern 149 bis 163 bietet das Suykerhofje erneut einen schönen Innenhof und gegenüber (Nr. 206–220) stehen die von Van der Pek entworfenen Wohn- und Geschäftshäuser, die einen Anfang machen sollten, um das Elend im Jordaan in den Griff zu bekommen (–>).
Von der Lindengracht über die Noorderkerkstraat wird man von der Noorderkerk (–>) empfangen, deren zugehöriger Platz von verschiedenen Cafés und Restaurants gesäumt wird. Über zwei Brücken kommt man zur Haarlemmerstraat, wo es unzählige Spezialgeschäfte gibt. Hier findet wirklich jeder etwas Interessantes.
Von der Haarlemmerstraat zweigt die Straße Herenmarkt ab, wo man auf das Westindisch Huis {38} – das Stammhaus der Westindische Compagnie – stößt, die in guten Zeiten viel zum Reichtum der Stadt beigetragen hat.
Die Brouwersgracht, die ihren Namen tatsächlich den in früheren Zeiten ansässigen Brauereien verdankt, gehört noch immer zu den Grachtenabschnitten mit vielen sehenswerten Häuserfassaden.
Über die Straße Singel und die Prins Hendrikkade gelangt man von hier zum Hauptbahnhof {1}.
Echte Jordaaner auf dem Johnny Jordaan Plein [E6]: Marco Alexander van Vliet und Hannie Pastoor würden nie im Leben aus ihrem Viertel wegziehen (127am Abb.: bs)
Fahrradtour durch Amsterdams Norden
Dauer: 45 Minuten reine Fahrzeit
Länge: 8,2 km ohne Fähren
Tages-/Jahreszeit: tagsüber, ganzjährig
Start- und Endpunkt: Hauptbahnhof {1}
Der nördlichste Punkt Amsterdams ist nicht mehr die Uferlinie entlang des Wasserarms IJ, an dem auch der Hauptbahnhof {1} steht, auch wenn sich hier vor langer Zeit die Brandung des offenen Meeres brach. Die Holländer haben der See nach und nach Land abgetrotzt – und auch heutzutage wird das noch praktiziert. Und so entstehen im Norden schon seit Jahrhunderten neue Stadtteile. Der größte Teil davon wurde lange Zeit nur industriell genutzt. In den letzten Jahren haben sich die Charaktere der verschiedenen Inseln aber stark verändert. Die Industrie zieht sich mehr und mehr zurück und es entstehen neue Wohngebiete. Somit kann die in der alten Stadt herrschende Wohnungsknappheit abgemildert werden. Mit den neuen Wohnvierteln entsteht zudem eine neue Infrastruktur. Im Kontrast dazu gibt es aber auch noch intakt gebliebene, historische Straßenzüge der Amsterdamse School aus dem frühen 20. Jh. und sogar alte Holzhäuser, die bis ins 17. Jh. zurückreichen.
Richtung Norden über das IJ geht es ganz problemlos mit einer Fähre. Die Buikersloter- und die Buiksloterwegveer-Fähre (901, 907) fahren vom Hauptbahnhof (CS) in ca. 5 Min. in den Norden. Alle Fähren sind gratis und auf Fahrradfahrer ausgerichtet.
Wer möchte, kann nach der Ankunft auf der Nordseite gleich nach links auf die IJpromenade abbiegen, die zum A’dam Toren (–>) und dem Eye Filminstituut (–>) führt. Ansonsten geht es hier geradeaus auf den Buiksloterweg (das Wasser zunächst auf der rechten Seite). Der Straße mit der Biegung nach links folgen. Sie geht über in die Ranonkelkade und führt dann (Teilstrecke: 650 m) direkt auf den Van der Pekplein. Hier, oberhalb des IJ, ist keine städtische Ungeduld mehr zu spüren. In den Restaurants und Cafés oder auf den Terrassen des halbrunden Platzes kann man in Ruhe kulinarische Köstlichkeiten genießen.
Mittwochs, freitags und samstags wird etwas weiter nördlich auf der Van der Pekstraat Markt gehalten. Am Samstag erweitert um einen Bio- und Bauernmarkt mit frischen Produkten aus der Region.
<1> Café Keppler, Van der Pekstraat 1, Tel. 7370838, www.cafekeppler.nl, Di.–Fr. 8–22, Sa./So. 9–22 Uhr. Einheimische kommen vor allem für den selbstgerösteten Kaffee hierher. Immerhin bietet das Keppler auch Kurse für (angehende) Baristas. Hauseigene Röstungen gibt’s in Einheiten zu 250 und 1000 g zum Mitnehmen.
<2> Cafe Modern €€€, Meidoornweg 2, Tel. 4940684, www.modernamsterdam.nl, Mo.–Sa. ab 18 Uhr. Das Café/Restaurant befindet sich in einem ehemaligen Bankgebäude gleich neben dem Van der Pekplein. Die alten Safes stehen noch im Keller. Man wählt aus jeweils drei Möglichkeiten sein Vier-Gänge-Menü zu 40 €.
<3> Dolzon, Van der Pekplein 15h, Tel. 0610839802, Di.–Fr. 8–18, Sa. 8.15–19 (auf dem Biomarkt in der Van der Pekstrat), So. 9–13 Uhr. Frisch gebackenes, herrliches Sauerteigbrot, Brötchen, Croissants und mehr.
<4> Fromagerie Abraham Kef, Van der Pekplein 1, www.abrahamkef.nl, Tel. 7370817, Laden: Mi.–Sa. 10–18, Probierstube: Mi./Do./So. 12–19, Fr./Sa. 12–21 Uhr. Käsespezialitäten, Laden und Bistro. Auf Vorbestellung kann man auch Käseplatten mit besonderen Käsesorten zu 25 € bzw. 35 € kosten.
<5> il Pecorino €€€, Van der Pekplein 11, Tel. 7377511, www.ilpecorino.nl, Mo.–Do. 16–23 (Pizza ab 16, sonstige warme Küche ab 17.30), Fr.–So. 12–23 (Pizza ab 13, sonstige warme Küche ab 17.30 Uhr), Pizza 8–16 €. Beliebte Pizzeria/Trattoria, Reservierung empfehlenswert.
<6> Stewart & Sally €, Van der Pekplein 3A, Tel. 3316136, www.stewartsally.nl, Mi./Do. 16–20, Fr.–So. 12–20 Uhr. Gesundes Slowfood: Eintopf und Salate.
Vom Van der Pekplein geradeaus die Van der Pekstraat entlang, biegt man beim Kreisverkehr rechts ins Mosveld ab. Hier befinden sich Läden für den täglichen Bedarf (Supermärkte, Bäckerei, Drogeriemarkt usw.). Die gerade Straße ändert ihren Namen in Varenweg. Bei der Verzweigung geht es links auf den Albatrospad, der dann gleich nach rechts abbiegt und über Wasser und Autobahn führt. Nach der Überführung führt der Weg nach rechts, dann geht es schnell hintereinander zweimal links auf einen Fahrradweg, parallel zur Autobahn. Beim Waddendijk rechts abbiegen.
Jetzt kommt man in die alten Gartenstädte und Notdörfer, die in den 1910er- und 1920er-Jahren im Architekturstil der Amsterdamse School angelegt wurden. Man folgt zunächst der Linkskurve des Waddendijk, doch in der Hälfte der Kurve biegt man nach rechts ab (Ringsloot). Am Ende des Weges geht es nach rechts auf den Nieuwe Purmerweg. Nach dem großen Platz rechts fährt man durch den Torbogen in die Beemsterstraat. Die Durchgänge zu beiden Seiten der Straße bilden eine Art Eingang in die jeweiligen Viertel: Modellarchitektur der Amsterdamse School.
Der Beemsterstraat folgt man bis ans Ende und dann biegt man nach rechts auf den Nieuwendammerdijk ab. Im 17. und 18. Jh. war der Hafen an diesem Deich ein wichtiger Anker- und Handelsplatz für Kaufmannsschiffe. Hier warteten sie auf ihre Ladung oder darauf, dass der Wind aus der richtigen Richtung blies. Viele der alten Kapitänshäuser und Teile der alten Schiffswerftgebäude sind noch erhalten, und so wähnt man sich auf dem Nieuwendammerdijk fast schon in einer andern Zeit. Vom Nieuwendammerdijk aus fuhr das erste holländische Schiff über den Ozean den Hudson River hinauf. Dies führte zur Gründung von Nieuw (Neu) Amsterdam. Nach dem Verkauf der Handelsniederlassung und des Ortes an die Engländer tauften letztere den Ort in New York um.
<7> Café ’t Sluisje, Nieuwendammerdijk 297, Tel. 6361712, www.hetsluisje.nl, Di.–So. 10–1, Fr. bis 2 Uhr. Schönes Café mit über 100-jähriger Geschichte, in dem auch kleinere Gerichte (bis abends) serviert werden. Das Bauwerk stammt aus dem Jahr 1565 und wurde als Kaffeehaus gebaut. Die Schleuse direkt neben dem Gebäude (daher der Name) stammt aus dem Jahr 1516 und ist eine der ältesten Amsterdams. Ideal für eine Pause drinnen oder draußen auf der großen Terrasse.
Weiter geht es auf dem Nieuwendammerdijk. Am Ende des Nieuwendammerdijk, wenn man die große Kreuzung überquert und sich etwas links hält, kann man sich zum Ende der Tour noch ein Eis gönnen.
<8> IJssalon IJskoud de beste, Meeuwenlaan 331, www.ijskoudde-beste.nl, Tel. 42022976, März–Okt. und um Weihnachten tgl. 10–22 Uhr, während des Ramadans bis 2 Uhr. Selbstgemachtes Eis am Rand des Noorderparks. Man kann sein Eis auf dem Plätzchen vor dem Eissalon, der kleinen Terrasse am Parkrand oder der Wiese genießen.
Von hier aus folgt man immerzu der Meeuwenlaan Richtung Süden (mit dem Rücken zum Eisladen nach rechts um die Ecke) bis zur Fähranlegestelle IJplein. Von dort geht es mit der Fähre (902) in ca. 5 Min. zurück zur Centraal Station.
Extratipp: Amsterdamse Bos
Ein schönes Ziel für eine Fahrradtour ist auch der Amsterdamse Bos (Amsterdamer Wald). Er ist das bei den Einheimischen beliebteste Naherholungsgebiet für Jung und Alt. In De Boswinkel (Di.–So. 10–17 Uhr) am Eingang des Parks bekommt man alle nötigen Infos und kann auch Fahrräder ausleihen. Es gibt Liegewiesen, Grillplätze, Badeseen und Spieleinseln speziell für Kinder, Cafés und Restaurants. Die wichtigsten Angebote: Stand Up Paddling, Kanu- und Tretbootverleih, der Bauernhof Meerzicht (Spezialität: Pfannkuchen), der Wald-Hochseilgarten Fun Forest und der Streichelbauernhof Ridammerhoeve (s. a. –>).
Außerdem steht auf dem Gelände Het Nationaal Dachaumonument zur Erinnerung an alle in den Konzentrationslagern Ermordeten.
Altstadt
Leben am Wasser
Das Leben in Amsterdam wurde schon von jeher vom Wasser geprägt. Einerseits schuf dieses Element die Lebensgrundlage für die Fischer, die sich ungefähr seit dem 12. Jh. an dieser Stelle angesiedelt hatten, andererseits drohte durch das Wasser auch immer Zerstörung, denn das Land war im wahrsten Sinne des Wortes „dem Wasser abgetrotzt“. Manche Straßennamen wie zum Beispiel Zeedijk („Seedeich“) erinnern noch daran, dass das Land nach und nach durch Deiche und Dämme dem Meer abgerungen worden war.
Auch heute noch bestimmt das Wasser die Struktur der Stadt. Wer könnte sich Amsterdam schon ohne seine berühmten Grachten vorstellen. Diese dienten ursprünglich als Abwassersystem und als Wasserwege zur Bevorratung der Stadt. Erst mit der Erfindung des Automobils entstand eine ernsthafte Konkurrenz, der viele Grachten zum Opfer fallen sollten: Sie wurden zugeschüttet, um Straßen anlegen zu können.
Entstehung der Altstadt
Die alte Innenstadt entstand am ehemaligen Hafengebiet (südlich und östlich des jetzigen Hauptbahnhofs {1}) und dehnte sich zunächst etwas stärker nach Süden und Südosten aus. Die ältesten Grachten, die ungefähr um das Jahr 1340 als Begrenzung der Stadt entstanden, sind Oudezijds Voorburgwal und Nieuwezijds Voorburgwal. Um das Jahr 1370 fand eine erneute Stadterweiterung statt. Die Grenze bildeten nun Zeedijk, Oudezijds Achterburgwal und Nieuwezijds Achterburgwal. Ungefähr um 1420 umschlossen Geldersekade, Kloveniersburgwal und Singel das Stadtgebiet. Die Lage der Straßen und der vielen kleinen, verwinkelten Gassen in diesem Gebiet geht zum Teil noch auf den mittelalterlichen Stadtplan zurück.
Die Straßennamen verweisen häufig auf eine alte Geschichte. Manchmal geben sie Auskunft darüber, wer früher in dieser Straße gewohnt oder gearbeitet hat, zum Beispiel erinnert Gebed zonder End („Gebet ohne Ende“) an die Zeit, in der sich in dieser Straße mehrere Klöster nebeneinander befanden. Einige Straßen sind nach Heiligen oder bekannten Personen benannt wie St. Olof oder Rusland (nach Wieden Ruus). Manche Namen geben aber auch die Form oder die Lage der Straße wieder, beispielsweise Hoogstraat („Hochstraße“) oder Oudezijds Armsteeg („Alte Armgasse“). Früher wurden Straßennamen nicht offiziell von der Stadt verliehen, sondern entstanden sozusagen im Volksmund. Traf eine Charakterisierung nicht mehr zu, dann wurde auch der Name geändert.
Goldene Zeiten
Verändert hat sich auch das Gesicht der Altstadt. Ursprünglich gab es sehr viele Klöster, diese wurden jedoch aufgelöst, nachdem die Stadt im Achtzigjährigen Krieg (1568–1648) protestantisch geworden war. Die begüterten Kaufleute, die anfangs in dieser Gegend gewohnt hatten, zogen im 17. Jh. an die Herengracht, an der sehr viel mehr Platz für große Gebäude (Wohnhaus und Lagerhallen) war. Danach bauten Handwerker und weniger Begüterte im alten Stadtteil ihre Häuser. Aus diesem Grund sind hier auch sehr unterschiedliche Baustile zu finden.
In den 1970er-Jahren sollte der Stadtteil weitgehend saniert werden. Die Baupläne, die noch aus den 1950er-Jahren stammten, sahen vor, das Gebiet in großem Stil abzureißen und wiederaufzubauen, um große Verkehrsadern durch die Stadt anzulegen. Nachdem man schon mit dem Bau begonnen hatte, wurde der Protest gegen den umfassenden Abriss jedoch so stark, dass eine vorsichtigere Politik eingeschlagen wurde. Deshalb konnten doch noch viele alte Gebäude erhalten werden. An manchen Stellen hatten die Abrissbirnen jedoch schon ganze Arbeit geleistet, ein weiterer Grund, weshalb in diesem Viertel die unterschiedlichsten Stile nebeneinander existieren. Man versuchte außerdem, alte Gebäude zu erhalten, indem man sie zum Beispiel der Universiteit van Amsterdam (UvA) zur Verfügung stellte.
Prostitution und Kriminalität
Eine Bedrohung für die Altstadt ist das Prostitutionsgewerbe, in dessen Schlepptau sich Drogenmissbrauch und Drogenhandel breitmachen. Die damit verbundene Kriminalität schränkt die Lebensqualität im Viertel stark ein. Die Prostitution hat in diesem Stadtteil allerdings eine lange Tradition. Im Hafenviertel arbeiteten Frauen schon immer in diesem Beruf. Polizei und Gemeindepolitiker bemühen sich nun, die Probleme, die vor allem durch die Drogenszene verursacht werden, einzudämmen. So wurde u. a. versucht, den Zeedijk wieder bewohnbar zu machen, obwohl dies in den 1970er-Jahren die berüchtigste Drogenzone Amsterdams war. Stadt und Geschäftsleute kauften Häuser auf, es wurde renoviert und Geschäfte wurden angesiedelt, sodass sich die Atmosphäre dort wesentlich verbessert hat.
Es entstand eine ganz eigenwillige Mischung, bei der der urholländische Fischhändler zwischen chinesischen Restaurants und Massagestuben liegt. Weitere Kneipen und Restaurants sind hinzugekommen und im Jahr 2000 wurde der buddhistische Fo Guang Shan He Hua Tempel, der größte im traditionellen Palaststil gebaute Tempel in Europa, eröffnet (www.ibps.nl).
Seit 2007 ist die Stadtverwaltung dazu übergegangen, Zimmervermietern und Erotikklubs die Lizenzen zu entziehen, um die Atmosphäre des gesamten Stadtviertels zu verändern. Man versucht, andere kleine Firmen und Künstler in diesem Viertel anzusiedeln, um dem gesamten Bereich eine bessere Ausstrahlung zu geben. Dies geschieht sehr zum Ärger der Erotikindustrie, die der Meinung ist, dass die größten Probleme durch Drogenkriminalität verursacht werden.
Der Rotlichtbezirk befindet sich heute zwischen Damrak und Oudezijds Achterburgwal und reicht im Süden etwa bis zur Oude Hoogstraat. Mit den Plänen der Stadtverwaltung soll der Prostitutionsbereich auf den Oudezijds Achterburgwal und seine Seitenstraßen beschränkt werden. In diesem Sektor liegen auch einige interessante alte Sehenswürdigkeiten. Am Vormittag kann man hier übrigens recht ungestört im Viertel spazieren gehen, der wirkliche Zirkus geht erst gegen Mittag los.
Das Rotlichtviertel
Durch „de rosse buurt“ oder „de walletjes“, wie das Viertel in Amsterdam genannt wird, pilgern alljährlich Tausende von Touristen, die von Gerüchten über die Freizügigkeit der Holländerinnen angezogen werden. Allerdings stehen vor allem ausländische Frauen (Südamerika, Afrika, Osteuropa) hinter den Fenstern, die teilweise durch Menschenhändler hierher verschleppt wurden oder mit schönen Versprechungen in den Westen gelockt wurden. Ihre missliche Lage unterscheidet sich nicht wesentlich von der Situation Prostituierter in früheren Jahrhunderten.
Zu allen Zeiten konnte man hier wie in jedem anderen Hafenviertel der Welt Prostituierte finden. In den letzten Jahren ist das Gebiet reichlich in Verruf geraten. Durch die Legalisierung des Prostitutionsgewerbes erhoffte man sich in den Niederlanden zu Beginn des 21. Jh. eine Verbesserung der Situation der Frauen. Es hat sich jedoch gezeigt, dass es fast unmöglich ist, legale Unternehmen im Prostitutionsgewerbe aufzubauen. Beispielsweise will keine einzige Bank durch Kredite damit in Verbindung gebracht werden, und so bleibt das Gewerbe ein Sumpf aus Abhängigkeiten und dunklen Geschäftspraktiken. Außerdem bietet dieser Ansatz keine Lösung für die Frauen, die durch Menschenhändler zur Prostitution gezwungen werden.
Die besondere Art der Prostituierten, sich in den Fenstern zu zeigen, geht auf die Tatsache zurück, dass Prostituierte geduldet wurden, solange sie sich nicht zu auffällig präsentierten. Also saßen die Mädchen hinter den Gardinen und wenn Männer vorbeikamen, tickten sie mit den Fingern und Ringen an die Scheiben, um auf sich aufmerksam zu machen. Nach und nach wurde diese Praxis immer lockerer gehandhabt und inzwischen sind die Gardinen weit geöffnet und lassen kaum etwas unverhüllt.
Außer den Prostituierten hat sich hier eine ganze Industrie niedergelassen, die ihren Kunden auch die außergewöhnlichsten erotischen Wünsche erfüllen möchte.
Achtung! Keine Prostituierte legt Wert darauf, fotografiert zu werden. Teilweise führen die Frauen ein Doppelleben und möchten daher nicht auf Fotos erkannt werden. Die No-Pictures-Aufkleber in den Fenstern sind absolut ernst gemeint und die Umstehenden schauen schon mal weg, wenn eine wild gewordene Dame oder ihr muskulöser Beschützer einem Touristen die Kamera entreißt. Ebenso wenig schätzt man es, wenn Touristen in großen Gruppen im Viertel auftauchen und die potentiellen Kunden verscheuchen.
Im Prostitutie Informatie Centrum (PIC; die Abkürzung ist auch ein informelles Wort für das männliche Geschlechtsteil) kann man Infos über das Prostitutionsgewerbe und Antworten auf all die Fragen erhalten, die man immer schon mal stellen wollte (für Gruppen auf Anfrage), oder eine Führung buchen. Außerdem findet man dort Souvenirs und Geschenkartikel. Da sich der Laden und das Infozentrum selbst finanzieren müssen, können das Tourangebot und die Öffnungszeiten wechseln.
> Enge Kerksteeg 3, www.pic-amsterdam.com
{1} Hauptbahnhof ** [J4]
Der Hauptbahnhof (Centraal Station) wurde vom Architekten P. J. H. Cuypers (1827–1921) entworfen, der einer berühmten Architektenfamilie aus der Stadt Limburg entstammte, obwohl derartig funktionelle Gebäude normalerweise von Ingenieuren konzipiert wurden. Der Hauptbahnhof hatte jedoch einen so hohen Stellenwert, dass ein „echter Architekt“ beauftragt wurde.
Der Bau des Hauptbahnhofs war recht umstritten. Der damalige Bürgermeister wollte Amsterdam den Anschluss an das Schienennetz und damit an den Fortschritt sichern. Gegner fanden jedoch, dass dieses Gebäude die Aussicht über das IJ (den Amsterdamer Fluss) behindert, denn für das 1889 fertiggestellte Gebäude war eigens eine kleine Insel angelegt worden. Dadurch wurde zudem der Zugang zur Hafenanlage und zu den Werften abgeschnitten.
Auch über den Baustil war man uneins. Für Cuypers musste eine Verbindung zwischen der Funktion und der Form des Gebäudes bestehen. Er bevorzugte den französischen, neogotischen Stil. Die Gotik war für ihn die rationale Bauweise, zudem ermöglichte sie eine ehrliche und handwerkliche Materialnutzung. Von Cuypers stammen auch noch einige andere Gebäude in Amsterdam wie das Rijksmuseum {35}, die Vondelkerk, die Dominicuskerk und einige Häuser in der Vondelstraat.
Ein wesentlicher Kritikpunkt an Cuypers’ Architektur bestand darin, dass man seine Bauweise zu sakral fand. Man kritisierte, das Rijksmuseum und der Hauptbahnhof ähnelten zu stark einem Priesterseminar oder Bischofspalast.
An vielen Stellen des Hauptbahnhofs sind Verzierungen und Deckengemälde zu entdecken und Originaldetails sind erhalten geblieben (beispielsweise in der Brasserie 1e Klas auf Gleis 2b).
Der Bahnhofsvorplatz ist einer der belebtesten Plätze in Amsterdam und ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Auf ihm spielen Straßenmusikanten und Kleinkünstler. Die kostenlose Fähre über das IJ legt hinter dem Bahnhof an.
Dem Haupteingang des Bahnhofs gegenüber steht das Noord-Zuidhollands Koffiehuis (Nord-Südholländisches Kaffeehaus). In diesem Gebäude ist jetzt die Touristeninformation –> untergebracht. Dort erhält man alle touristischen Informationen über Amsterdam und den Rest des Landes. Im unteren Teil des Gebäudes befindet sich ein Café mit einer Terrasse am Wasser, von der man bei einem Sonnenbad den vorbeifahrenden Rundfahrtbooten zuschauen kann.
Gleich neben dem Noord-Zuidhollands Koffiehuis steht ein Gebäude des städtischen Verkehrsverbunds GVB –>. Hier erhält man alle Arten von Fahrscheinen für den Stadtverkehr in Amsterdam.
Amsterdammertjes
Seit vielen Jahren prägen die Amsterdammertjes, die typischen, rotbraunen Abgrenzungspfähle, die viele als Phallussymbol betrachten, das Straßenbild der Stadt. Angebracht wurden sie, um den Straßenverkehr in die richtigen Bahnen zu leiten und das Parken auf dem Gehweg zu verhindern. Meist sind die Straßen gerade so breit, dass neben dem Parkstreifen noch eine Fahrbahn übrig bleibt, man aber auf keinen Fall in zweiter Reihe parken kann. Die Amsterdammertjes schützen aber vor allem die Fußgänger. Da die Stadt inzwischen rigoros gegen Verkehrssünder vorgeht und damit beschäftigt ist, die Straßen der Innenstadt neu zu gestalten, werden die bekannten Pfähle, die auch als Souvenirs oder Schokoladenriegel zu bekommen sind, in den nächsten Jahren wohl langsam aus dem Stadtbild verschwinden. Echte Amsterdammertjes kauft man an folgender Adresse:
<9> Materiaalbureau, Theemsweg 38, 1043 BJ Amsterdam, Tel. 14020. Mit ÖPNV etwas kompliziert: www.9292.nl
{2} Oudezijds Kolk * [J5]
In der kleinen Straße Oudezijds Kolk kann man noch sehr gut einige ehemalige Lagerhäuser und Speicherhallen (pakhuizen) sehen. Sie sind an den riesigen Fensterflügeln zu erkennen, durch die früher die Waren über eine Seilwinde am Dach ein- und ausgeladen wurden. In Amsterdam sind sehr viele dieser ehemaligen Lagerhäuser zu Wohn- oder Geschäftshäusern umgebaut worden. Interessant sind in dieser Straße die Häuser Nr. 13, 7, 5 und 3. Beim Haus Nr. 13, D’Blau Hoorn (1720), sind im Vergleich zu den folgenden Häusern aus dem 17. Jh. die Seitenfenster schon etwas höher. Beim Haus Nr. 7 kann man gut erkennen, dass die Ladefläche so hoch gebaut worden war, dass man leicht einen Karren beladen konnte. Das Haus Nr. 5, Malaga, ist das älteste datierte pakhuis in Amsterdam (1617). Nr. 3, D’Korendrager („Der Getreideträger“), stammt aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Extratipp: Grandiose Aussichten: der A’dam Toren
Neben dem Eye Film Instituut, früher der Hauptsitz von Shell, kann man heute von einer 100 m hohen Aussichtsplattform die gesamte Stadt und ihre Umgebung überblicken (bei gutem Wetter bis Utrecht, Almere und zum Meer). Fotos erläutern, was man gerade sieht – mit dem bloßen Auge oder durch die Fernrohre. Den Ausblick kann man auch eine Etage tiefer hinter Glas bestaunen. Schön sind auch die Lightshow, die im Lift gezeigt wird, der bis zum 21. Stock fährt, und ferner ein Modell sowie Bildschirme zu Stadt, Leuten und Land.
Man kann hier auch ein Foto auf einem Stahlträger in luftiger Höhe (Fotomontage) von sich machen lassen (digitaler Versand per E-Mail im Eintrittspreis enthalten, Ausdruck: 7,50 €).
Neben Büros beherbergt der Turm auch einen Nachtklub (Etage -1, Shelter), ein Hotel (0–7, Sir Adam) und ein Restaurant (19, Moon).
<10> [J2] A’dam Toren, Overhoeksplein 1, Tel. 2170599, www.adamlookout.com, tägl. 10–22 Uhr, Tickets ab 12,50 €, 4–12 J. 6,50 €, Familien ab 20 €, Fähre (gratis, rund um die Uhr) „Buiksloterwegveer“ vom Hinterausgang des Hauptbahnhofs (Fahrtzeit: ca. 5 Min.)
{3} Schreierstoren * [J4]
Am Ende der Straße Oudezijds Kolk stößt man rechts auf den Schreierstoren. Dieser Turm wurde 1484 als Teil der Befestigungsanlage der Stadt gebaut. Es gibt zwei unterschiedliche Erklärungen dafür, wie der Turm zu seinem Namen kam. Die erste und auch wahrscheinlichere Erklärung lautet, dass der Turm schräg in einem flachen Winkel (schrijlings in een scraye hoek) zur Stadtmauer stand. Eine zweite Erklärung im Gedenkstein des Turms besagt, dass hier die Frauen weinend und jammernd den Seeleuten nachgewunken haben. Damals fing das offene Meer direkt hinter dem Turm an. Heute befinden sich im Turm ein Pub/Café, das auch einen Cateringservice anbietet, sowie ein Geschäft für nautische Instrumente und Karten.
> Prins Hendrikkade 94/95, Tel. 4288291, www.schreierstoren.nl, U-Bahn (Centraal Station)
{4} Ons’ Lieve Heer op Solder *** [J5]
Am Oudezijds Voorburgwal 40 weht die Fahne des Museums Ons’ Lieve Heer op Solder, in dem eine versteckte Kirche, eine sogenannte schuilkerk, zu besichtigen ist. Die Stadt Amsterdam war im Achtzigjährigen Krieg protestantisch geworden. Grundsätzlich war es verboten, öffentlich einen anderen Glauben auszuüben, allerdings wurde anderen Religionen nichts in den Weg gelegt, solange die Glaubensausübung versteckt und hinter geschlossenen Türen stattfand. Noch immer gibt es einige Kirchen, die von außen nicht direkt als solche zu erkennen sind. Die Kapelle im Kaufmannshaus aus dem 17. Jahrhundert wurde mit den Jahren über die angrenzenden Häuser zu einer Kirche erweitert. Die Gottesdienste wurden im oberen Stockwerk gehalten, daher der Name Ons’ Lieve Heer op Solder („Unser Lieber Herr auf dem Speicher“). Der Priester konnte zur Not durch eine kleine Luke flüchten. Auch das eigentliche Kaufmannshaus mit seiner für das 17. Jh. typischen Einrichtung ist zu besichtigen. Um das Denkmal besser zu schützen, wurde das gesamte Gebäude Zug um Zug komplett renoviert. Zum Schluss wurde im gegenüberliegenden Eckhaus das neue Besucherzentrum mit einem Café und Museumsladen eröffnet.
> Oudezijds Voorburgwal 38, Tel. 6246604, www.opsolder.nl, Mo.–Sa. 10–18, So. 13–18, Feiertage 10–18 Uhr, 10 €, 5–18 Jahre 5 € inkl. deutscher Audio-Tour, Kombiticket, Straßenbahn 4, 9 (Dam), 24, U-Bahn (Nieuwmarkt oder Centraal Station)
{5} Oude Kerk *** [H5]
Die Kapelle, die hier ursprünglich stand, wurde zunächst in eine gotische Hallenkirche mit drei gleichen Schiffen umgebaut, dann jedoch auch aus Platzgründen ständig erweitert und ausgebaut. Es entstanden ein neuer Chor, mehrere Kapellen und das Südportal. Das heutige gotische Bauwerk hat die Form einer Kreuzkirche.
Schon damals gab es Sponsoren: So wurde die 1512 fertiggestellte „Hamburgerkapelle“ beispielsweise von Bierkaufleuten aus Hamburg gestiftet. Überhaupt diente die Kirche nicht nur der Gottesverehrung, sondern war gleichzeitig auch Treffpunkt für Händler und Handwerker und Zufluchtsort für Obdachlose. Hier wurden Geschäfte gemacht, Ideen ausgetauscht oder man flanierte während des Orgelspiels durch die Kirche. Deshalb trug die Kirche auch den Namen „das Wohnzimmer Amsterdams“.
Im 16. Jh. erhöhte man das Mittelschiff, weshalb die Konstruktion mit Holzbalken verstärkt werden musste. Diese Holzbauweise ist typisch für die Oude Kerk. Man entschied sich hierfür trotz der Brandgefahr (die Kirche überstand zwei verheerende Stadtbrände), da das Gebäude ansonsten zu schwer für den Boden geworden wäre.
In der Oude Kerk wurden viele berühmte Amsterdamer begraben (eine präzise Beschreibung aller Gräber findet sich unter www.gravenopinternet.nl), unter ihnen Saskia van Uylenburg (gestorben 1642, Grab C29 Weitkoperskapel), die erste Frau Rembrandts. Einmal im Jahr, am 9. März um 8.39 Uhr, fällt ein breiter Lichtstrahl auf ihr Grab. Mit diesem Lichtkuss, der Sonnenwende genannt wird, kündigt sich der Frühling an.
Ursprünglich katholisch, ging die Oude Kerk nach der Machtübernahme durch die Calvinisten in deren Besitz über. Durch den Bildersturm und die Neuerungen der Calvinisten veränderte sich das Aussehen der Kirche radikal. So wurden alle Zeichen des Katholizismus (Altäre, Gemälde, Kanzeln, Bildhauerwerke, Orgeln) in Kirchen und Kapellen entfernt, da nur noch die Verkündigung des Wortes im Vordergrund stehen sollte.
Lange Zeit stritten die Pfarrgemeinden der Oude Kerk und der Nieuwe Kerk {17} darüber, welche Kirche die wichtigste in Amsterdam sei. Nachdem aber auf dem Dam das heutige Koninklijke Paleis {18} als Rathaus direkt neben der Nieuwe Kerk gebaut wurde, war dieser Streit zu ihren Gunsten entschieden.
Besonderheiten der Oude Kerk sind die Gewölbegemälde und die Holzfiguren vom Ende des 15. Jh., die Maria-Kapelle mit ihren Glasmalereifenstern von 1555, die holzgeschnitzten Chorbänke und die Vater-Müller-Orgel von 1724.
> Oudekerksplein 23, Tel. 6258284, www.oudekerk.nl, Mo.–Sa. 10–18 Uhr, So. u. Feiertage 13–17.30 Uhr, 10 €, Kinder unter 13 Jahre gratis, Straßenbahn 4, 9, 24, 25 (Dam), U-Bahn (Nieuwmarkt oder Centraal Station)
{6} Waaggebouw ** [J6]
Das Waaggebouw (die Waage) aus dem Jahr 1488 gehörte ursprünglich als St. Antoniespoort („St. Antoniustor“) zur Stadtbefestigungsanlage. Nachdem die Stadtmauer jedoch wieder verschoben worden war, erhielt das Gebäude im Jahre 1618 andere Funktionen, unter anderem als Stadtwaage für Schweres wie Schiffsanker oder Kanonen.
Zudem bot das Gebäude Räumlichkeiten für verschiedene Zünfte. Jede Zunft hatte einen eigenen Eingang, der durch einen Fassadenstein verziert wurde. Diese Fassadensteine sind noch immer zu sehen. Schmiede und Steinmetze sind an ihren typischen Arbeitsgeräten zu erkennen.
Die Chirurgen hielten seit 1691 in ihrem Operationszimmer, dem Theatrum Anatomicum, öffentlich zugänglichen Unterricht ab. Von Rembrandt gibt es das bekannte Gemälde „De anatomische les van professor Tulp“. Die Anatomiestunde von Professor Tulp trug sich hier zu.
Die Maler schmückten ihren Fassadenstein mit dem Schutzheiligen St. Lucas.
1819 stellte die Waage ihre Funktion ein. Seither hat das Gebäude u. a. als Räumlichkeit für Museen gedient. Heute befindet sich hier das Restaurant und Café In de Waag.
> In de Waag, Nieuwmarkt 4, Tel. 4227772, www.indewaag.nl, tgl. 9–22.30 Uhr, U-Bahn (Nieuwmarkt)
{7} Nieuwmarkt * [J6]
Die Häuserfront Nieuwmarkt 8–20 bietet einen schönen Überblick über die unterschiedlichen Giebelformen in Amsterdam. Besonders hervorzuheben sind: Nr. 8 mit einem Glockengiebel vom Ende des 17. Jh., der mit Schmuckmotiven in Form von Blumengirlanden und gebogenen Giebeldreiecken versehen ist, Nr. 16 mit einem Halsengiebel (ebenfalls Ende des 17. Jh.), Nr. 18 mit einem Glockengiebel im Louis-XV.-Stil (Mitte des 18. Jh.) und auch das Doppelhaus Nr. 20–22 mit seinem Treppengiebel aus dem Jahr 1605.
Der Platz um die Waage wurde 1614 angelegt und entwickelte sich zu einem wichtigen und lebendigen Marktplatz. Damals war der Platz in Segmente für jedes Produkt, das dort verkauft wurde, unterteilt. Heute stehen hier noch täglich ein paar Marktleute und im Sommer findet sonntags ein Trödel- und Antikmarkt statt.
Bei den Sanierungsarbeiten in diesem Stadtteil sollte an dieser Stelle nach dem Willen der Stadtplaner eine breite Straße angelegt werden. Doch durch die vehementen Proteste der Anwohner konnte der Platz erhalten bleiben. Rund um den Platz findet man eine ganze Reihe von Kneipen und kleinen Restaurants, die alle im Sommer Stühle und Tische draußen stehen haben, sodass man immer ein Plätzchen finden kann, um etwas zu trinken oder zu essen.
Chinesisches Viertel
Zwischen Binnen Bantammerstraat und Geldersekade sowie am Zeedijk und Nieuwmarkt {7} stößt man auf unzählige chinesische Restaurants, die die angebotenen Gerichte im Schaufenster ausstellen. Die Düfte vermischen sich in diesen kleinen Läden mit dem Geruch verschiedenster exotischer Lebensmittel. Chinesische Ärzte und Heilpraktiker bieten Heilung von allen erdenklichen Qualen, und auch wer chinesische Drucksachen herstellen lassen möchte, ist hier richtig. Zahlreiche Händler haben alles im Angebot, was der chinesische Markt exportiert.
Die ersten Chinesen kamen zu Beginn des 20. Jh. als Arbeitskräfte mit den Passagierschiffen der großen Linien. In Amsterdam eröffneten Händler kleine Restaurants und Wäschereien. In den Krisenjahren hielten sie sich mit dem Verkauf von Erdnüssen über Wasser, da sie als Ausländer kein Recht auf Sozialleistungen hatten. Nach dem Krieg wurde die chinesische Küche immer beliebter und die chinesische Gemeinschaft konnte wachsen, wodurch das lebendige chinesische Viertel rund um den Nieuwmarkt entstand.
Die chinesische Gemeinschaft führt ein recht geschlossenes Leben, Kontakte mit der übrigen Bevölkerung beschränken sich häufig auf ein Minimum. Sicherlich tragen Kommunikationsschwierigkeiten dazu bei. Gerade ältere Chinesen haben große Schwierigkeiten mit der niederländischen Sprache, weshalb sie Begegnungen vermeiden und kaum auf Ämter gehen oder andere Dienste beanspruchen.
Ende Januar oder Anfang Februar wird das neue chinesische Jahr mit Drachentanz, Musik, Feuerwerk und Böllern begrüßt.
<11> [J5] Asia Station, Zeedijk 98– 100, Tel. 3032628, Facebook: asiastation. Trendige Gadgets, Wohnaccessoires, Kleidung und Schmuck aus Asien.
<12> [J5] Fo Guang Shan He Hua Tempel, Zeedijk 106–118, Tel. 4202357, www.ibps.nl, Di.–Sa. 12–17, So. 10–17 Uhr. Geistige Nahrung bietet eine Besichtigung des buddhistischen Fo Guang Shan He Hua Tempels auf dem Zeedijk.
{8} Trippenhuis und Het kleine Trippenhuis ** [J6]
Das Haus Nr. 26 auf dem Kloveniersburgwal trägt den Namen Kleines Trippenhaus. Das eigentliche Trippenhaus sieht man gegenüber auf der linken Straßenseite (Hausnummer 29). Die Gebrüder Louis und Hendrik Trip, die das Haus 1660 bis 1664 von Justus Vingboons zum Preis von 250.000 Gulden bauen ließen, besaßen in Schweden Eisen- und Kupferminen, Schmelzöfen und Gießereien.
Besonders auffällig sind die korinthischen Säulen an der Vorderfront des Trippenhauses. Ursprünglich war diese Form fürstlichen Palästen vorbehalten. Und so zeugt der Baustil von dem gewachsenen Selbstvertrauen des Bürgertums dieser Zeit. Man wollte seinen Reichtum zur Schau stellen, und zwar möglichst protzig, auch wenn man dafür ab und zu ein wenig schummeln musste. In Wahrheit handelt es sich bei diesem Gebäude nämlich um ein Doppelhaus, das hinter einer einzigen Fassade versteckt wurde, um dem Ganzen einen monumentaleren Charakter zu verleihen.
Die klassizistische Bildhauerkunst an Fassade und Giebel stellt dar, für wie wichtig man den Handel zur Erhaltung von Frieden und Wohlstand hielt. Die Schornsteine haben zum Beispiel die Form von Mörsern.
Das Kleine Trippenhaus wurde angeblich von einem der Brüder Trip gebaut. Man erzählt sich, dies sei geschehen, nachdem ein Bediensteter gesagt habe, ihm genüge schon ein Haus, das so breit wäre wie die Eingangstür zum Trippenhaus.
{9} Oostindisch Huis * [H6]
In der Oude Hoogstraat 24 gelangt man durch ein Tor in den Innenhof des Oostindisch Huis. 1602 wurde die Vereenigde Oostindische Compagnie (VOC) gegründet. Die Handelskompanie (eigentlich ein Zusammenschluss konkurrierender Handelskompanien) beherrschte mit dem Handelsmonopol für den südostasiatischen Raum den Markt für Gewürze (unter anderem Pfeffer), Porzellan, Zucker, Gummi und Opium. Im Niederländischen gibt es beispielsweise noch den Ausdruck peperduur (gepfefferte Preise), der aus dieser Zeit stammt. Handelsleute konnten sich in die Kompanie einkaufen und wurden dann anteilmäßig an den Gewinnen aus den Schiffsladungen beteiligt, falls die Frachter wohlbehalten wieder zurückkamen. Lange Zeit konnten in dieser und auch in anderen Handelsgesellschaften große Gewinne erwirtschaftet werden. Im Jahre 1798 musste die zu diesem Zeitpunkt bereits zahlungsunfähige Gesellschaft allerdings vom Staat übernommen werden.
Die Südseite (dem Tor gegenüber) entstand 1603. Auch ein Teil des Westflügels wurde schon zu dieser Zeit gebaut. 1633 wurde der Flügel schließlich an die Straße angeschlossen und auch die Front vollendet. Der ursprüngliche Ostflügel des Gebäudes wurde 1890 abgerissen.
> Oude Hoogstraat 24, Mo.–Do. 9–19.30, Fr. 9–17 Uhr, Straßenbahn 4, 9 (Dam), 24, U-Bahn (Nieuwmarkt)
Seemannsschicksale bei den Handelskompanien
Sich finanziell an einer Handelskompanie zu beteiligen, war eine Art Glücksspiel, denn nur ein Teil der Schiffe kam tatsächlich von einer Seereise in eine der damaligen Kolonien auch wieder zurück. Hatte man aufs richtige Schiff gesetzt, dann bedeutete dies Reichtum und Glück – jedenfalls für die Kaufleute. Für die Seeleute war die Fahrt jedoch die Hölle auf Erden und so mussten sie mit allen erdenklichen und teilweise fiesen Tricks zum Anheuern gebracht werden. Das leichteste Spiel hatte man mit verschuldeten Personen. Mit diesem Druckmittel konnte manch einer zur Seefahrt gezwungen werden. Ein Teil des Lohns wurde vorab ausbezahlt, womit eventuelle Schulden beglichen werden konnten.
Seeleute wurden aber auch regelrecht hereingelegt, etwa wenn sie von einer längeren Reise zurückgekommen waren. Man lockte sie in Gasthäuser und bediente sie so überschwänglich mit Speis und Trank, dass ihr Lohn in kürzester Zeit aufgebraucht war. Bevor sie sich versahen, hatten sie beim Gastwirt bereits wieder so hohe Schulden, dass ihnen nichts anderes übrig blieb, als erneut auf einem Handelsschiff anzuheuern. Die Seeleute wurden dabei im Suff zur Unterzeichnung der entsprechenden Verträge verleitet, und ehe sie wieder vollständig nüchtern waren, wurden sie auf die Schiffe verfrachtet, sodass sie sich bereits auf hoher See befanden, wenn sie wieder zu sich kamen.
Von allen Seeleuten, die auf große Fahrt nach Übersee gingen, kam nur etwa ein Drittel wieder zurück! Der Rest starb unterwegs entweder an Unterernährung oder an Krankheiten – oder ging mitsamt dem ganzen Schiff unter.
{10} Spinhuis * [H6]
Vom Kloveniersburgwal biegt der Spinhuissteeg ab. An dessen Ende (bei Nr. 1) steht das Eingangsportal zum ehemaligen Spinhuis („Spinnhaus“), das seit 1595 als Zucht- und Arbeitshaus für Bettlerinnen, Prostituierte und Diebinnen diente.
Die Darstellung über dem Eingang zeigt das Wappen mit der Jahreszahl 1645, eine Zuchtmeisterin in der Mitte, die eine Rute schwingt, links ist ein spinnendes Mädchen mit einer Katze (dem Sinnbild für die weibliche Libido) zu sehen und rechts ein Mädchen mit einem Netz. Darüber steht: „Erschrick nicht. Ich räche nicht das Böse, sondern zwinge zum Guten. Streng ist meine Hand, doch lieblich mein Gemüt.“ Die Frauen sollten durch Zucht und harte Arbeit in der Spinnerei und Weberei wieder zurück auf den Pfad der Tugend geführt werden.
Eine wichtige Einnahmequelle war im Übrigen das Eintrittsgeld, das man von Zuschauern, die das Haus als Attraktion besuchten, einnahm.
Im Jahr 1782 wurde diese Anstalt dann in das Nieuwe Werkhuis („Neues Arbeitshaus“) in der Roeterstraat verlegt.
> Spinhuissteeg 1, Straßenbahn 4 (Dam), 9, 24, U-Bahn (Nieuwmarkt)
{11} Oudemanhuispoort * [H7]
Am Ende der Binnengasthuisstraat stößt man wieder auf den Oude- zijds Achterburgwal. Gleich rechts gibt es einen Durchgang zur Mensa der Universität von Amsterdam (UvA), ein kleines Stückchen weiter findet man ein Tor, das ehemalige Gasthuispoort (die Krankenhauspforte), aus dem Jahr 1603. Auf dem Relief sind zwei Patienten zu sehen, die sich auf das Wappen von Amsterdam stützen. Der kleine Platz vor der Pforte wird De Bleyde Hoek („die frohe Ecke“) genannt.
Zwei Häuser weiter steht das Oudemanhuispoort. Von 1601 bis 1840 bildete es den Zugang zu einem Altenheim. Die Brille im Portal ist also ein Symbol für das Alter. Durch dieses Tor gelangt man in den Innenhof der Universität, die seit 1876 hier ansässig ist. Im überdachten Durchgang haben sich Händler mit antiquarischen Büchern angesiedelt. Während der Vorlesungszeit beleben die Studentinnen und Studenten das Gebäude.
{12} Zuiderkerk * [J6]
Die Zuiderkerk ist die erste Amsterdamer Kirche, die nach der Reformation gebaut wurde. Sie entstand in den Jahren 1603 bis 1611 unter dem Baumeister Hendrick de Keyser im holländischen Renaissancestil. Der Turm, dessen viereckiger Unterbau in einen achteckigen Teil übergeht, wurde 1614 fertiggestellt. Im Turm gibt es eine Glocke aus dem Jahr 1511, die Salvatorglocke aus der Oude Kerk {5} und zwei weitere Glocken aus dem Jahr 1659. 1929 wurde der letzte Gottesdienst in der Kirche abgehalten. Im Sommer ist es möglich, den Kirchturm hochzuklettern und vom 80 m hohen Turm den Blick über die Altstadt schweifen zu lassen.
Am Platz um die Kirche zeigt sich der Sanierungskahlschlag der 1970er-Jahre. Die neuen Gebäude zeigen keine harmonische Verbindung zu den alten Denkmälern.
Das Tor schräg gegenüber vom Kircheneingang, das früher den Eingang zum Friedhof bildete, zeigt einen Totenkopf und eine Tragbahre.
> Zuiderkerk, Zuiderkerkhof 72, www.zuiderkerkamsterdam.nl, Tel. 3080399, U-Bahn (Waterlooplein, Nieuwmarkt).
{13} Huis de Pinto * [J7]
Gegenüber dem oben erwähnten Tor sieht man das Pintohaus. Isaac de Pinto war ein wohlhabender portugiesisch-jüdischer Kaufmann im 17. Jh., der aus einem Geschlecht von Kaufleuten und Bankiers stammte. Zum Glück blieb sein reich ausgestaltetes Haus, das eines der wenigen klassizistischen Gebäude Amsterdams ist, erhalten, obwohl es einer Verbreiterung der Straße im Zuge der Stadtsanierung buchstäblich im Weg stand. Das Literatur- und Kulturzentrum bietet Ausstellungen, Lesungen, Filmvorführungen, Kurse und Konzerte. Zudem können Anwohner Bücher der OBA Centrale Bibliotheek –> bestellen bzw. zurückgeben und Zeitungen und Zeitschriften lesen. Im Inneren ist besonders das Deckengemälde im Lesesaal interessant.
> St. Antoniesbreestraat 69, www.huisdepinto.nl, Tel. 3700210, Mo.–Fr. 10.30–17.30, Sa. 13–17 Uhr, U-Bahn (Waterlooplein, Nieuwmarkt)
{14} Leprapforte * [J7]
Wo die Antonies Breestraat in die Jodenbreestraat übergeht, befindet sich ein kleiner Platz. Besonders interessant ist hier die Leprozenpoortje („Leprapforte“): ein kleines Portal aus dem Jahr 1610, durch das Leprakranke Zugang zum Pflegeheim bekamen. Unter dem Wappen sind ein leprakranker Mann und eine leprakranke Frau zu erkennen. Leprakranke durften sich wegen der Ansteckungsgefahr nicht innerhalb der Stadttore aufhalten und sich deshalb auch nicht im Krankenhaus innerhalb der Stadtmauer melden. Um Hilfe zu bekommen, mussten sie an dieser Pforte vorsprechen.
Innenstadt
In diesem Gebiet der Stadt sind die meisten Einkaufsmöglichkeiten geboten. Einerseits findet man hier die Filialen und Geschäfte der niederländischen Ketten und international bekannter Marken (Damrak, Rokin und Kalverstraat), andererseits bieten die kleinen Sträßchen zwischen den Grachten viele kleine und besondere Geschäfte.
Zusätzlich befinden sich in diesem Bereich eine Menge der Orte und Sehenswürdigkeiten, die man typischerweise mit Amsterdam verbindet. Die bekanntesten Grachten (Heren-, Keizers- und Prinsengracht), der zentrale Platz der Stadt (Dam), die wichtigsten Museen, der Blumenmarkt {24} sowie Rembrandtplein {25} und Leidseplein. Vom Hauptbahnhof aus strömen Besucher und Bewohner in die Innenstadt und es ist immer so viel los, dass man sich ab und zu fragt, ob denn hier eigentlich niemand arbeiten gehen muss.
Da in der Innenstadt viele Leute Geschäfte und Sehenswürdigkeiten besuchen, gibt es natürlich auch ausreichend Gelegenheit, sich mit einem schnellen Imbiss zwischendurch zu versorgen oder eine ausgiebige Mahlzeit zu genießen.
{15} Damrak und alter Binnenhafen * [H5]
Hier befand sich früher der alte Binnenhafen, als der Zugang zum Wasser noch nicht durch die Bahnhofsinsel versperrt wurde. Heute sind davon nur noch die Bootsstege der Rundfahrtschiffe übrig geblieben. Von den Bootsstegen blickt man auf die ursprünglichen Lagerhallen, die vom Wasser aus beladen wurden. An die alten Zeiten erinnern noch die Namen mancher Seitenstraßen, die darauf verweisen, was dort geladen und gelöscht wurde, zum Beispiel der Zoutsteeg („Salzgasse“), wo die Salzschiffe aus Curaçao oder Venezuela anlegten. Damals waren diese kleinen Straßen noch Wasserwege.
Die Straße endet auf dem Dam, einem zentralen Platz, an dem sich die Nieuwe Kerk {17} das Koninklijk Paleis {18} und das Nationaldenkmal befinden.
{16} Beurs van Berlage ** [H5]
Die von Berlage entworfene Beurs („Börse“) konnte 1903 in Dienst genommen werden. Das Gebäude war zu Beginn als architektonisches Werk nicht besonders geschätzt, denn es zeichnet sich vor allem durch seine Schlichtheit und Harmonie aus, wobei Material und Konstruktion sichtbar bleiben. Die Brunnen vor dem Gebäude (Pferdetränken) und die schmiedeeisernen Laternen gehören mit zum Gesamtentwurf. In den 1970er-Jahren beinah abgerissen, u. a. weil die Fundamente abgesackt waren, dient die Börse nach einer gründlichen Renovierung heute als Konzert-, Kultur- und Konferenzzentrum, das allerdings nur für geschlossene Gesellschaften oder im Rahmen einer Ausstellung zugänglich ist.
Im Grand Café sind besonders die aus Fliesen hergestellten Wandmosaike (Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft) von Jan Toorop beeindruckend.
> Börse: Damrak 243, Tel. 5304141, www.beursvanberlage.nl, Straßen- bahn (Dam) 4, 9, 24
> Grand Café: Beursplein 1, Tel. 5304146, www.beursvanberlage.nl, Mo.–Sa. 10–18 Uhr, So. 11–18 Uhr
Kleine Pause
<13> [H5] De Bakkerswinkel, Warmoesstraat 69, Tel. 4898000, www.debakkerswinkel.nl. Ein eetcafé, das zu einer Bäckereikette gehört. Geboten werden leckere Kuchen und kleine herzhafte Mahlzeiten.
<14> [H5] MetropolitanDeli, Warmoesstraat 135, Tel 3301955, www.metropolitandeli.nl. Süße Leckereien wie Pralinen, Schokolade, italienisches Eis und Gebäck für Schleckermäuler.
<15> [J5] ’Skek, Zeedijk 4–8, Tel. 4270551, www.skek.nl. Ein eetcafé, das von Studenten geführt wird, um Arbeitserfahrung zu sammeln. Gemischtes Publikum, saisonale, einfache Gerichte.
{17} Nieuwe Kerk ** [G5]
1408 erteilte der Bischof die Erlaubnis zum Bau einer weiteren Kirche, da die Oude Kerk {5} mit der rasant wachsenden Gemeinde vollkommen überlastet war. Ein Jahr später wurde die der heiligen Katharina geweihte Kirche in Gebrauch genommen. Im Volksmund erhielten die beiden Kirchen zur Unterscheidung danach die Namen Nieuwe Kerk (Neue Kirche) und Oude Kerk (Alte Kirche). Das spätgotische Bauwerk wurde dreimal von verheerenden Bränden heimgesucht, die im Inneren große Schäden anrichteten. Die reiche katholische Innenausstattung fiel zudem dem Bildersturm zum Opfer. Nach dem letzten Brand 1645 wurde mit umfangreichen Restaurierungsarbeiten begonnen und die Kirche erhielt ihre heutige Form und Ausstattung.
Das Gotteshaus diente schon immer als Kirche, Begräbnisstätte, kultureller Treffpunkt und Repräsentationsraum. Auch heute noch wird sie als Kirche sowie als Ausstellungs- und Kulturzentrum genutzt. Hier finden große und publikumswirksame Wechselausstellungen zu den unterschiedlichsten Themen statt. So war es möglich, das Gebäude nach umfangreichen Renovierungsarbeiten zwischen 1959 und 1980 für die Öffentlichkeit zu erhalten. Seit 1814 wurden alle Könige und Königinnen hier in ihr Amt eingesetzt.
Besondere Höhepunkte der Kirche sind die prunkvolle, holzgeschnitzte Kanzel von Albert Vinckenbrinck, die Hauptorgel (1655) mit einem Umbau von Jacob van Campen und steinernen Ornamenten von Artus Quellinus, das Prachtgrab von Admiral Michiel de Ruyter (1681), die Herrenbänke (verziertes Chorgestühl, das den Bürgern von Rang und Namen vorbehalten war) und das gelbkupferne Gitterwerk, das den Chorraum abtrennt.
> Dam, Tel. 6386909, http://nieuwekerk.nl, unregelmäßige Öffnungszeiten, Eintrittspreis für die Ausstellungen variiert, Straßenbahn 1, 2, 4, 5, 9, 14, 17, 24 (Dam)
Berlage – Erneuerung der Architektur
Der Architekt Hendrik Petrus Berlage sorgte für eine neue Blütezeit der Stadt. Er gab Amsterdam neue Impulse und prägte nachkommende Architektengenerationen wesentlich. Seine Börse {16} weckte internationales Interesse. Obwohl seine Bauten heute nicht mehr aus der Stadtentwicklung wegzudenken ist, war das Verhältnis zwischen dem Stadtrat und Berlage häufig recht gespannt.
Berlages Architektenlaufbahn begann 1881 bei einem Ingenieur, der sich auf Stadtplanung spezialisiert hatte. Hier erwarb er Kenntnisse, die in den 1890er-Jahren von großem Nutzen für ihn waren. In den darauffolgenden Jahren versuchte Berlage, sich als Architekt einen Namen zu machen, konnte sich zunächst allerdings nur halten, weil er über Beziehungen der Familie seiner Frau Aufträge erhielt. Bis Mitte der 1890er-Jahre entwarf er mehrere Probelokale („proeflokalen“) für den Spirituosenhersteller Bols und einige Gebäude für eine Versicherungsgesellschaft. In dieser Zeit erhielt er auch den Auftrag für die Börse, da er nach Meinung der sozialdemokratischen Stadtpolitiker deren Vorstellungen mit seinen radikalen Ideen am besten umsetzen konnte. Zwischen 1897 und 1899 entwickelte er auf Wunsch Henri Polaks auch den Hauptsitz des Niederländischen Diamantschleiferbundes.
Berlage grenzte sich mit seinen Ansichten zur niederländischen Architektur deutlich von der herrschenden Meinung ab. Er plädierte für einfache, klare Linien, deren Pracht sich durch Zurückhaltung von der Betriebsamkeit und Hektik auf den Straßen abheben sollte. Er war gegen die sogenannten Neo-Stile und fand, dass „ehrliche“ Materialnutzung und funktionale Dekoration wieder eine Verbindung zwischen Architektur und den angewandten Künsten herstellen sollten. Für das Bauvorhaben der Börse engagierte er deshalb auch bekannte Künstler für die Ausgestaltung und entwarf selbst die Inneneinrichtung. Es gibt etwa 650 Objekte wie Möbel, Lampen, Uhren, Teppiche, aber auch kleine Dinge wie Beschläge oder Türklinken, die von seiner Hand stammen.
Das Gebäude – das er im Übrigen so gestaltete, dass die Räume auch noch nutzbar waren, sollte der internationale Börsenhandel durch den Sozialismus abgeschafft werden – wurde ihm allerdings nicht in Dank abgenommen. Backstein, Beton und Metall wurden nicht mehr versteckt, sondern als Stilelement hervorgehoben, was recht ernüchternd gewirkt haben muss. Letztendlich durfte er, obwohl er inzwischen Stadtarchitekt geworden war, nur noch seine bereits begonnenen Projekte abschließen.
Berlage hatte zu allen Zeiten auch eine ganze Reihe von Plänen für verschiedenste Gebiete der Stadt entwickelt. Den konservativen Stadtpolitikern gingen diese jedoch häufig zu weit. Da sich seit 1905 auch die wirtschaftliche Situation verschlechterte, ging Berlage 1913 schließlich nach Den Haag. Unter dem Stadtratsmitglied Wibaut jedoch, der für den sozialen Wohnungsbau zuständig war, wurde in Amsterdam ab 1914 doch noch der von Berlage entworfene Plan Amsterdam-Zuid mit seinen Erweiterungen realisiert.
{18} Koninklijk Paleis ** [G6]
Der Königspalast auf dem Dam, der manchmal auch Paleis op de Dam genannt wird, wurde in den Jahren 1648 bis 1655 durch Jacob van Campen zunächst als Rathaus gebaut. Dazu mussten 13.659 Pfähle in den Boden geschlagen werden, um eine ausreichende Stabilität zu erreichen. Die verwendeten Steine waren ursprünglich strahlend weiß und das Gebäude muss zur damaligen Zeit außergewöhnlich eindrucksvoll gewesen sein. Mit diesem Palast sollte deutlich gemacht werden, welch wichtige Stellung die Stadt erreicht hatte, denn nach dem Ende des Achtzigjährigen Kriegs sah man mit viel Zuversicht in die Zukunft.
Auf der Fassade erkennt man eine Reihe von Seeungeheuern und allegorischen Figuren, die die Friedensgöttin verehren. Besonders beeindruckend war in der damaligen Zeit der Bürgersaal. Ludwig Napoleon, der Bruder des französischen Kaisers, machte das Gebäude im Jahre 1808 zu seiner Residenz und hinterließ eine einzigartige Sammlung von Möbeln im Empirestil. Inzwischen gehört der Koninklijk Paleis offiziell dem Staat, steht der königlichen Familie jedoch zur Verfügung und dient von Zeit zu Zeit repräsentativen Zwecken, etwa bei Staatsbesuchen, offiziellen Empfängen des Königs oder Preisverleihungen.
> Dam, Tel. 5226161, Besichtigungs- tage siehe www.paleisamsterdam.nl, ab 18 Jahren 10 €, Straßenbahn 1, 2, 4, 5, 9, 14, 17, 24 (Dam)
{19} Sint Luciënsteeg ** [G6]
Am Seitenausgang St. Luciënsteeg der Schuttersgalerij im Amsterdam Museum {20} hängt eine Sammlung von Fassadensteinen aus der ganzen Stadt. Fassadensteine sind eine Art Visitenkarte eines Gebäudes. Früher hatten die Häuser der Stadt nämlich keine Hausnummern, sondern waren nach dem Besitzer bzw. dessen Beruf, ihrer Bestimmung oder einem besonderen Merkmal benannt. Beispiele sind: der Kornträger, das Milchmädchen, die Standhaftigkeit, der Storch.
Hausnummern wurden erstmals nach 1795 verwendet. Der Dozent Van Swinden erhielt damals die Aufgabe, eine Volkszählung vorzunehmen. Zu diesem Zweck wurden in allen Straßen Schilder mit dem Straßennamen angebracht und die Häuser wurden fortlaufend nummeriert. An der einen Straßenseite begonnen, wurde auf dem Rückweg an der anderen Straßenseite weitergezählt, sodass sich die niedrigste und die höchste Nummer gegenüberlagen.
1852 entschied man sich jedoch für ein anderes System, bei dem jedem Wohnviertel eine Buchstabenkombination zugeteilt wurde, der die Nummer des Hauses folgte, wodurch in einer Straße zweimal die gleiche Hausnummer, allerdings dann mit unterschiedlicher Wohnviertelkennzeichnung, vorkommen konnte.
> St. Luciënsteeg, Straßenbahn 1, 2, 4, 5, 9, 14, 24 (Spui), www.gevelstenenvanamsterdam.nl
{20} Amsterdam Museum *** [G7]
Vom St. Luciënsteeg kommt man in die Kalverstraat, die heutzutage eine der wichtigsten Einkaufsstraßen der Stadt ist. Abends werden die Läden, da man Randalierer fürchtet, mit Metallrolläden verbarrikadiert. Wenn man nach 19 Uhr durch die Straße geht, wirkt sie wie ausgestorben. Wer sich nicht durch die Neonwerbung blenden lässt, wird feststellen, dass es auch in dieser Straße einige sehr schöne und interessante Hausfassaden gibt.
Durch einen zurückgesetzten Eingang in der Kalverstraat gelangt man zum ehemaligen Waisenhaus der Stadt, in dem heuzutage das Museum zur Stadtgeschichte, das Amsterdam Museum, eingerichtet ist. 1579 wurden die ehemaligen Klostergebäude zunächst als Waisenhaus genutzt und die für sich selbst sprechende Ausgestaltung des Eingangs sollte zu großzügigen Gaben in den Opferstock vor der Tür ermutigen. Betritt man hier die Anlage, so sieht man an der linken Seite den Innenhof für die Knaben und die kleinen Schränke, in denen sie ihre persönlichen Dinge aufbewahren konnten. Hinter dem folgenden Durchgang liegt der ehemalige Innenhof für die Mädchen mit dem Haupteingang zum Museum, dessen reichhaltige Sammlung von archäologischen Funden, Kunstwerken und Objekten die Amsterdamer Stadtgeschichte vom 13. bis zum 21. Jh. illustriert. Multimedia, Fotos und Filmmaterial geben Einblicke in die Schicksalsschläge, Erfolge und das alltägliche Leben der multikulturellen Amsterdamer Gesellschaft. Beispielhafte Biografien veranschaulichen gute und schwere Zeiten, dabei werden arme und reiche Bürger, Künstler, Regenten, Politiker, Querdenker und schillernde Figuren als Vertreter ihrer Zeit dargestellt.
Frei zugänglich sind der Innenhof des Waisenhauses und die Schuttersgalerij, in der u. a. große Gemälde von Schützengilden aus dem 17. Jh. hängen. Schützengilden waren eine Art Bürgerwacht, die in Krisensituationen zusammengetrommelt wurde. Da man seine Uniform selbst bezahlen musste, konnte es sich allerdings nicht jeder Bürger leisten, Mitglied einer Gilde zu sein. Das berühmteste Gemälde einer Schützengilde, die „Nachtwache“ von Rembrandt, ist im Rijksmuseum {35} zu besichtigen.
> Kalverstraat 92, Tel. 5231822, www.amsterdammuseum.nl, tgl. 10–17 Uhr, Eintritt 12,50 €, 5–18 J. 6,50 €, Kombiticket, Straßenbahn 1, 2, 4, 5, 9, 14, 24 (Spui)
Die Schützengilde bewacht noch immer das Amsterdam Museum (041am Abb.: bs)
{21} Begijnhof *** [G7]
Den Begijnhof erreicht man entweder über den Durchgang beim Amsterdam Museum {20} oder, wenn dieser geschlossen sein sollte, vom Spui {22} (durch das rote Haus gegenüber dem Maagdenhuis) aus. Diese Oase der Ruhe lädt mit ihren kleinen Gärten, der Wiese und den Bäumen zum Verweilen ein. Obwohl man sich mitten in der hektischen Innenstadt befindet, herrscht hier eine beschauliche Atmosphäre.
Gebaut wurde der Hof im 14. Jh. als Wohnmöglichkeit für Frauen, die ihr Leben dem Glauben widmen, aber nicht ins Kloster eintreten wollten. Sie konnten sich hier ein Haus kaufen. Auch die mittelalterliche Kirche, die die Beginen den englischen Protestanten überlassen mussten, und die katholische Kapelle aus dem 17. Jh. können besichtigt werden.
In diesem Innenhof steht außerdem ein Holzhaus aus dem Jahr 1475. Es gehört somit zu den ältesten Gebäuden Amsterdams und ist eines der wenigen erhaltenen Holzhäuser. Das Bauen mit Holz war nämlich 1521 nach einigen verheerenden Bränden verboten worden.
> Eingang Gedempte Begijnensloot oder Spui, www.nicolaas-parochie.nl, www.ercadam.nl (englische Kirche), täglich 9–17 Uhr, Eintritt frei. Abends ist die Kapelle zu Gottesdiensten nur über den Spui zu erreichen. Öffnungszeiten können sich ändern, da der Begijnhof in Privatbesitz ist. Straßenbahn 1, 2, 4, 5, 9, 14, 24 (Spui)
Extratipp: De Negen Straatjes [F6/F7]
Die neun kleinen Straßen, die Heren-, Keizers- und Prinsengracht miteinander verbinden, heißen Gasthuismolensteeg, Hartenstraat, Reestraat, Oude Spiegelstraat, Wolvenstraat, Berenstraat, Wijde Heisteeg, Huidenstraat und Runstraat. Diese neun Straßen vereinigen auf engstem Raum die schönen Seiten Amsterdams. Da die Ladenflächen viel zu klein für die großen Ketten sind, finden sich hier viele kleine und besondere Geschäfte für Kleidung, Schmuck, Lifestyleprodukte, Kosmetika und vieles mehr. Von billigem Krimskrams bis zu echten Sammlerstücken wird dem Besucher eine große Auswahl geboten. Außerdem gibt es Restaurants, Bars und Cafés, wodurch dieses Stück der Grachten beliebt und voller Leben ist.
{22} Spui * [G7]
Im 15. Jh. markierte der Platz Spui ein Stück der Stadtgrenze, allerdings wurde Amsterdam schon gegen Ende desselben Jahrhunderts an dieser Stelle erweitert. Lange war das Maagdenhuis (Nr. 21), das von 1783 bis 1787 gebaut wurde, das überragende Gebäude auf dem Platz. Bis 1953 befand sich an dieser Stelle das Waisenhaus für Mädchen. Bekannt wurde das Gebäude 1969: Im Mai dieses Jahres besetzten Studenten die Verwaltung der Universiteit van Amsterdam, die seit 1961 dort untergebracht war, um ihrer Forderung nach mehr Demokratie Nachdruck zu verleihen.
Eine ebenso aktive Geschichte hat das Standbild Het Lieverdje vor der Buchhandlung Athenaeum. Das Geschenk der Zigarettenfabrik Hunter wurde 1961 enthüllt. Im Frühjahr 1964 versuchte der grafische Künstler Aat Veldhoen an dieser Stelle mit Unterstützung von Robert-Jasper Grootveld, erotische Drucke zu verkaufen. Grootveld hatte ungefähr 1962 damit angefangen, magische Zusammenkünfte gegen das Rauchen durchzuführen, und für ihn war das Geschenk einer Zigarettenfabrik ein Symbol für die Verkommerzialisierung der Gesellschaft. Die Polizei beschlagnahmte einige der Drucke Aat Veldhoens als sittenwidrig. Von diesem Augenblick an wurde Het Lieverdje einer der Orte, an dem sich der Widerstand gegen die Obrigkeit formierte. Diese ließ sich durch die teilweise witzigen Aktionen der unterschiedlichen Bewegungen zu hartem Durchgreifen provozieren (Verhaftungen und auch Gefängnisstrafen), sodass aus recht harmlosen Einzelaktionen ein regelrechter Aufruhr entstand. Die Niederlande befanden sich nunmehr mitten in der Studentenrevolte.
Provos und Krakers
In den 1960er-Jahren entstanden in Amsterdam wie in anderen Städten Europas Aktionsgruppen, die sich für eine Demokratisierung der Gesellschaft einsetzten. Studenten und Provos protestierten beispielsweise bei der Hochzeit von Kronprinzessin Beatrix mit dem Slogan: „Ohne Haus kein Claus“.
Die sogenannten Provos (abgeleitet von „provozieren“) waren eigentlich nur eine recht kleine Gruppe, die aber mit ihrer Kritik einen Nerv der Zeit berührten und sich im richtigen Moment in Szene zu setzen wussten. So konnten sie die Polizei immer wieder zu einer übertrieben strengen und scharfen Vorgehensweise provozieren, wodurch sie Medienaufmerksamkeit und Sympathie seitens der Bevölkerung gewinnen konnten.
Die Provos fühlten sich als moralische Instanz der Nation gegen ein unkritisches Konsumverhalten und eine fortschrittsfeindliche Haltung. Heute stehen viele der damals provokativen Ideen wie autofreie Innenstädte, Kampf gegen die Umweltverschmutzung, kostenlose Kinderbetreuung und medizinische Versorgung sowie Probleme durch Immobilienspekulanten wieder ganz oben auf der politischen Agenda.
Aus Wohnraumnot gründeten Mitglieder der Provos das „Buro de Kraker“, worauf eine flächendeckende Hausbesetzerszene entstand. Hausbesetzerbüros informierten darüber, ob es sinnvoll sei, ein bestimmtes Haus zu besetzen. Besetzungen wurden durch die Stadtverwaltungen geduldet, wenn Gebäude mindestens ein Jahr ohne konkrete Pläne für eine erneute Ingebrauchnahme leer standen. Ende 2009 wurde ein Gesetz verabschiedet, das Hausbesetzungen unter Strafe stellt.
Regelmäßig führten Räumungen in Amsterdam zu größeren Krawallen, bei denen die Polizei mit großem Aufgebot anrückte, um die Besetzer zu entfernen, die sich in den Häusern verschanzt hatten. 1980 erreichte die Bewegung dann ihren traurigen Höhepunkt, als der Hausbesetzer Hans Kok in einer Zelle an einer Tablettenvergiftung starb. Dieses Ereignis führte zu erneuter Gewalt.
In den letzten Jahren verliefen Hausbesetzungen und Räumungen weitgehend ohne Krawalle und Gewalt. Immobilienspekulation ist immer noch ein heißes Eisen in der Stadt, weshalb die Hausbesetzerszene lebendig und aktiv bleibt. Immobilieneigentümer schützen sich inzwischen mit „Anti-Hausbesetzungsbewohnern“, denen sie die Objekte für relativ geringe Preise vermieten. Die Mieter verzichten aber auf die normalen Mietrechte.
{23} Munttoren * [G8]
Der Rokin war bis zum 16. Jh. eine Wasserstraße. An der Westseite standen die Häuser mit ihrer Rückseite direkt am Wasser, während die Ostseite noch nicht bebaut war. Ein Großteil der früheren Gracht ist inzwischen zugeschüttet und eine breite Straße ist entstanden.
Schon früh erstreckte sich hier das Finanzzentrum der Stadt. Bis vor Kurzem befanden sich Einrichtungen wie die Optionsbörse, das Auktionshaus Sotheby’s sowie verschiedene Banken auf dem Rokin. Die Straße mündet auf den Muntplein, was eigentlich kein Platz, sondern eine breite Brücke über die Amstel ist.
Der Münzturm (Munttoren) aus dem Jahr 1620 war ursprünglich Teil der Stadtbefestigung. Den Namen Münzturm erhielt er, da seit 1672 in einem Gebäude neben diesem Turm Gold- und Silbermünzen geprägt wurden. Zu dieser Zeit dominierte der Turm das Gebiet, doch durch die Bebauung am Singel und an der Vijzelstraat kann der Turm inzwischen nicht mehr die Silhouette bestimmen.
Im Turm befindet sich ein Glockenspiel der Gebrüder Hemony, das jede Viertelstunde automatisch aktiviert wird. Samstags (14 Uhr) wird das Glockenspiel auch live gespielt.
{24} Blumenmarkt * [G8]
Touristen werden angelockt durch die Blumen in prächtigen Formen und Farben, die beliebte Fotomotive darstellen. Die besten Verkaufsstände befinden sich jeweils am Anfang und am Ende des Marktes. Dazwischen werden vor allem Souvenirs verkauft. Blumenzwiebeln, Pflanzen und Accessoires sind gern gekaufte Mitbringsel. In den Niederlanden gehören Blumen zum Grundbedarf eines jeden Haushalts. Die Verkaufsstände liegen im Wasser, aber tagsüber werden die Waren so ausgestellt, dass sich die Verkaufsfläche auf das Doppelte oder Dreifache vergrößert.
> Singel, Mo.–Sa. 9–17.30 Uhr, So. 11–17.30 Uhr, Straßenbahn 1, 2, 5 (Herengracht), 4, 9, 14, 24 (Muntplein)
{25} Rembrandtplein *** [H8]
Nach der Stadterweiterung 1662 lag der Platz innerhalb der Stadtmauern und man nutzte ihn als Marktplatz, wodurch auch der alte Name „Buttermarkt“ entstand. Der Platz machte zur damaligen Zeit einen monumentalen Eindruck, weil nicht alles drumherum zugebaut war, und es gab unterschiedliche Pläne, was mit der freien Fläche geschehen sollte – zum Beispiel sollte eine enorme Kirche gebaut werden. 1876 wurde das Standbild von Rembrandt in die Mitte des Platzes gestellt, wodurch er seinen endgültigen Namen erhielt. Um das Standbild herum hat man eine Rasenfläche angelegt. Nach und nach kamen die großen Hotels und Cafés am Rand hinzu.
In den 1920er-Jahren war das Café Schiller Treffpunkt für Künstler. Der Platz ist bis heute einer der wichtigsten Hotspots, wenn man ausgehen und sich amüsieren möchte.
Rembrandt van Rijn, der gefeierte Porträtmaler (067am Abb.: bs)
Extratipp: Amsterdamer Traumfabrik – Tuschinski-Theater
Dieses Kino gehört sicherlich zu den außergewöhnlichsten in Amsterdam. Der Auftraggeber, Abraham Tuschinski, wollte seine Gäste in eine andere Welt entführen und dafür war ihm nur das Beste gut genug. Bei der Eröffnung 1921 erregte die extravagante Inneneinrichtung dann auch einiges Aufsehen. Wollteppiche, elektrische Lampen, unterschiedliche Marmorsorten, bleigefasste Fenster, Kunstgegenstände und die Kombination unterschiedlicher Stile wie Jugendstil, Art déco und Amsterdamse School fielen ins Auge.
<16> [H8] Tuschinski-Theater, Reguliersbreestraat 26–34, aktuelles Programm und Spezialangebote (Filmklassiker, Sitzplätze in einer Loge oder auf dem Balkon, Führungen) online unter www.tuschinski.nl und an der Kasse, Straßenbahn 4, 9, 14, 24 (Muntplein), 4, 9, 14 (Rembrandtplein)
{26} Muziektheater/ Stadhuis ** [J7]
Die Kurzform für das zweifach genutzte Gebäude lautet Stopera (von stadhuis en opera bzw. – für die Gegner des Baus – stop de opera, also „Stoppt die Oper“). Entworfen wurde das multifunktionale Bauwerk von Wilhelm Holzbauer und Cees van Dam. Als es 1987 in Gebrauch genommen wurde, gehört es sicherlich zu den umstrittensten Bauten der Stadt.
Seit Louis Napoleon das bisherige Rathaus auf dem Dam im Jahre 1808 für sich gefordert hatte, war der Stadtrat an verschiedenen Orten untergebracht. Mehrmals wurden Pläne gemacht und Architektenwettbewerbe ausgeschrieben. Aus Geldmangel oder wegen Uneinigkeiten über den Ort wurde nie eine Entscheidung getroffen, bis 1969 Wilhelm Holzbauer beauftragt wurde. 1971 entstand zudem die Idee, ein neues Opernhaus zu bauen, für dessen Bau jedoch auch das Geld fehlte.
1979 machte Holzbauer schließlich den Vorschlag, beides in einem Gebäude unterzubringen, sodass die Räumlichkeiten teilweise doppelt genutzt werden konnten. Er konnte den Stadtrat letztendlich mit der erwarteten Ersparnis von 80 Milionen Gulden überzeugen. 1981 wurden die Pläne bewilligt.
Das Opernhaus bietet großartige Aufführungen und im Rathaus befinden sich ein Informationszentrum der Stadt sowie der Normalnull-Punkt des Wasserspiegels. Ein Bronzeknopf zeigt exakt an, wie hoch das Normaal Amsterdams Peil (NAP) liegt. In den meisten europäischen Ländern werden Höhenangaben auf diesen Normalnull-Punkt bezogen. Zwei der drei zur Schau gestellten Wassersäulen geben den aktuellen Wasserstand von IJmuiden und Vlissingen wieder. Der Wasserstand der dritten Säule kann bis auf beinahe 5 m steigen, zeigt aber den Höchstwasserstand während der Flutkatastrophe in Zeeland (1953) an.
> Waterlooplein 22, www.operaballet.nl, U-Bahn (Waterlooplein). Bis Mitte 2018 wird die sogenannte Passage im Stadhuis umgebaut, weshalb Teile des Gebäudes (z. B. die NAP-Ausstellung) nicht zugänglich sind.
Extratipp: Für’s Fotoalbum
Die Brücke vom Thorbeckeplein über die Herengracht heißt „Brücke der 15 Brücken“, denn überquert man die Brücke über die Herengracht, dann sieht man nach vorne und links jeweils 6 und nach rechts 2 Brücken. Und zu diesen 14 kommt ja auch noch die, auf der man gerade steht.
Amsterdams Grachten und ihre besonderen Gebäude
Wer an Amsterdam denkt, denkt an Grachten. Sie bestimmen zu einem Großteil das Gesicht der Stadt. Die drei größten und wichtigsten Grachten (Heren-, Keizers- und Prinsengracht) umschließen in drei Halbkreisen die Innenstadt. Die erste und wichtigste Gracht, die Herengracht, an der auch die schönsten Gebäude zu finden sind, haben die durch den Handel zu Reichtum gekommenen Bürger der Stadt sich selbst gewidmet. Denn die bedeutendsten Bürger in Amsterdam nannten sich „heren“ (Herren), um sich deutlich vom Adel abzusetzen. Die zweite Gracht ist nach Kaiser Maximilian I. benannt, der die Stadt unter seinen persönlichen Schutz stellte, daher durfte man im Stadtwappen die kaiserliche Krone tragen. Die geringste Affinität hatte man zum Hause Oranien, weshalb deren Prinzen erst an dritter Stelle standen.
In den 1960er- und 1970er-Jahre gab es Pläne, die meisten Grachten zuzuschütten. In der Altstadt und im Jordaanviertel wurden tatsächlich verschiedene Grachten zugeschüttet, doch glücklicherweise besann man sich rechtzeitig und die meisten der schönen Grachten blieben erhalten.
An den Grachten sind viele besondere Gebäude zu bestaunen wie das Bartolottihaus (Herengracht 168), das um 1617 für den Bierbrauer und Händler Willem van den Heuvel gebaut wurde, der zu seiner Zeit einer der reichsten Amsterdamer war und seinen Namen entsprechend der damaligen Mode ins Italienische übertrug. Das Haus Herengracht 380–382 wird wegen seiner Überfülle an Bildhauerarbeiten auch „der Palast“ genannt. Beim Gebäude Herengracht 390–392 sind an den gegenüberliegenden Seiten der Halsengiebel in holländischem Klassizismus der Herr und die Dames des Hauses mit einem Seil verbunden in der traditionellen Kleidung des 17. Jh. zu sehen. Die Legende besagt, dass bei Nr. 392 das Seil weggehackt wurde, als die Ehe zerbrochen war. In Herengracht Nr. 502 befindet sich die Dienstwohnung des Bürgermeisters. Das Haus mit den Köpfen (Keizersgracht 123) lockt den Betrachter mit dem prächtig verzierten Renaissancegiebel und den Götterbildnissen von Apollo, Ceres, Mars, Minerva, Bacchus und Diana.
Das Haus mit der Goldkette (Keizersgracht 268) erhielt die Kette einer Erzählung zufolge, weil ein Kapitän aus Geldmangel wieder zur See musste. Er schwor, eine Goldkette mitzubringen, wenn das Glück ihm hold sein sollte, und eine Eisenkette, sollte dies nicht der Fall sein. Eine zweite Geschichte erzählt von einem Tuchhändler, der um 1615 mehrere Ballen Tuch auf die Reise schickte, von denen allerdings nur einer (mit einer Eisenkette versehen) in Amsterdam ankam. Eine dritte Legende will es, dass ein Dienstmädchen entlassen wurde, weil sie verdächtigt wurde, eine goldene Kette gestohlen zu haben. Nach einer Reparatur der Dachrinne, wurde das gute Stück aber wiedergefunden. Tatsache ist jedenfalls, dass die Kette bereits 1643 an dem Haus hing, weil hier ein Goldschmied wohnte.
{27} Magere Brug *** [J9]
Diese Brücke, die die Kerkstraat mit der Nieuwe Kerkstraat verbindet, ist eines der berühmtesten Fotomotive der Stadt. Die Holzbrücke wurde 1672 über die Amstel gebaut und kann noch mit der Hand bedient werden, wobei sie dann nach oben aufklappt. Während der Saison ist die Brücke nachts beleuchtet.
Es gibt mehrere Erklärungsversuche dafür, wie die Bezeichnung „mager“ entstanden sein soll. Demnach soll die Brücke nach den Schwestern Mager benannt sein. Diese ließen die Brücke angeblich bauen, um sich leichter besuchen zu können, da sie zu beiden Seiten der Amstel wohnten. Weniger romantisch ist die Erklärung, dass die Brücke einst so schmal war, dass zwei Leute kaum aneinander vorbei passten. Inzwischen wurde die Brücke verbreitert, sodass dies nun keinerlei Schwierigkeiten mehr bereitet.
Die Legende besagt, dass Paare, die sich auf der Magere Brug küssen, für immer zusammenbleiben werden (126am Abb.: bs)
{28} Gouden Bocht * [G8]
Gouden Bocht („Goldene Kurve“) heißt das Stück Herengracht zwischen Leidsestraat/Koningsplein und Vijzelstraat, da die Häuser hier besonders groß sind und zudem reich gestaltet.
Im 17. Jh. entstand eine Finanzelite, die nicht mehr selbst im Warenhandel tätig war und sich daher von den eigentlichen Kaufleuten absetzen wollte. Der neu erreichte Status sollte mit Häusern aristokratischer Ausmaße dargestellt werden. Geld konnte jetzt in Amsterdam in luxuriösen Gebäuden und Grundstücken angelegt werden. Wer ausreichende Reichtümer erwirtschaftet hatte, erstand hier nicht ein, sondern zwei Grundstücke. Wobei an der Vorderseite die großartigen Herrenhäuser entstanden und auf dem dahinterliegenden Grundstück, das von der Keizersgracht aus erreichbar war, Kutschhäuser, Stallungen und kleinere Wohngebäude. Aus diesem Grund ist dieses Stück der Keizersgracht weniger attraktiv.
Das einheitlichste Bild ergibt sich an der Südseite der Herengracht (also bei den geraden Nummern), denn hier konnte man erst ab 1664 mit dem Bau beginnen und große monumentale Gebäude errichten, während an der Nordseite bereits Gebäude standen. Das teuerste Grundstück, weil es die Mittelachse dieses Teilstückes bildet, lag dort, wo heute das Haus Nr. 450 steht.
Die unterschiedlichen Gebäude signalisieren einen neuen Baustil in Amsterdam: Üppige Ausschmückungen an den Häuserwänden waren aus der Mode geraten, stattdessen bestimmten gerade Linien und glatte Flächen das Bild. Man strebte nach Symmetrie im Bau, der Treppenaufgang wurde daher in die Mitte gesetzt, mit zwei Treppen in beide Richtungen und einem zentralen Eingang. Dadurch konnte man auch eine ungerade Zahl von Fenstern einsetzen. Man verwendete vor allem verschiedene Sorten Naturstein, die häufig von sehr weit her importiert werden mussten. Die Inneneinrichtung war oft prunkvoll.
{29} Bijbels Museum ** [F7]
Mithilfe von Modellen von Ausgrabungsfunden und Tempelanlagen aus Ägypten und dem Mittleren Osten lässt man in dem prächtigen Grachtenhaus die Zeit des Alten Testaments lebendig werden. Ausführlich wird auf die Bibelübersetzung eingegangen, die beim Zustandekommen einer einheitlichen niederländischen Sprache eine wesentliche Rolle gespielt hat. Im Eintrittspreis ist ein Audioguide (auf Englisch) enthalten.
Der Fassadenstein des Museums, in dem ein Stück krummes Holz zu sehen ist, verweist auf den ersten Bewohner Jacob Cromhout (Krummholz), der dieses Symbol anbringen ließ. Die vier Cromhout-Häuser, die zwischen 1660 und 1662 entstanden, wurden von Philip Vingboons im Stil des holländischen Klassizismus entworfen.
Im Bibelmuseum sind noch Teile des Originalinterieurs zu besichtigen, etwa die zwei Küchen aus dem 17. Jh., die reich verzierte Holztreppe und Deckengemälde von Jacob de Wit sowie der Garten.
> Herengracht 366, Tel. 6242436, http://bijbelsmuseum.nl, Di.–So. 11–17 Uhr, 8,50 €, 5–18 J. 4,25 €, Kombiticket, Straßenbahn 1, 2, 5 (Spui)
{30} De Bazel * [G8]
An der Ecke von Keizersgracht und Vijzelstraat drängt sich unübersehbar das Bürogebäude der Nederlandsche Handel-Maatschappij („Niederländische Handelsgesellschaft“) ins Bild, das im Jahr 1926 fertiggestellt wurde. Der Architekt De Bazel machte bei seinem Entwurf von einem ausgeklügelten Proportionensystem Gebrauch und entwarf nicht nur das Gebäude selbst, sondern auch zahlreiche Elemente der Inneneinrichtung und der Arbeitsmaterialien, wovon vieles erhalten geblieben ist.
Im Gebäude befindet sich das Stadtarchiv, dessen Schatzkammer mit alten Drucken und dessen Filmsaal mit einer durchlaufenden Show alter Filme über die Stadt frei zugänglich ist. Ein Buchladen bietet zahlreiche besondere Bücher und Karten zur Stadtgeschichte. Café De Bazel sorgt für das leibliche Wohl der Besucher und das Catering in den Konferenzräumen.
> Vijzelstraat 32, Führungen: Tel. 2511 511, www.amsterdam.nl/stadsarchief, Di.–Fr. 10–17, Sa./So. 12–17 Uhr, Café: Tel. 3376589, www.cafedebazel. amsterdam, Mo.–Fr. 7.30–18, Sa./So. 10.30–17 Uhr, Straßenbahn 4 (Keizersgracht)
Amsterdamer Wohnhäuser
An den Fenstern kann man erkennen, dass die Räume in den meisten Häusern nach oben hin niedriger werden. Früher wohnten nämlich oben die Angestellten oder man benutzte die Räumlichkeiten als Lager, weshalb man es nicht für nötig hielt, diese Räume ebenso hoch zu bauen wie die anderen oder zahlreiche Fenster einzusetzen. Die Berechnung der Steuern nach der Zahl der Fenster und der Breite der Häuser führte u. a. dazu, dass die Gebäude recht schmal, dafür aber sehr tief sind.
Typisch für die Amsterdamer Häuser sind zudem die Flaschenzüge an der Spitze der Giebel. Da die Treppenaufgänge in den Häusern meistens sehr schmal und steil ausfallen, mussten und müssen Möbel und Waren über Flaschenzüge in die oberen Stockwerke befördert werden. Daher stehen die Häuserfronten leicht vornübergebeugt, sodass die Lasten nicht gegen die Wand schlagen.
Ein weiteres typisches Merkmal Amsterdams sind die Treppenaufgänge, die außen an die Eingangstüren angebaut sind. Vielfach bieten sie einen doppelseitigen Aufgang zur eigentlichen Eingangstür und zusätzlich einen Zugang zum ausgebauten Keller oder Souterrain. Natürlich konnte man mit der Größe der Treppe den eigenen Reichtum zur Schau stellen, weshalb immer mehr Raum von den Bürgersteigen abgezwackt wurde, also von Grund und Boden, der rechtlich Eigentum der Stadt war. Daher wurde im Zuge der Stadterweiterungen im 17. Jh. rechtlich festgelegt, wie breit eine solche Treppe sein durfte.
{31} Westerkerk ** [F5]
Hendrick de Keyser ist der Architekt der 1630 fertiggestellten Westerkerk, deren 85 m hoher Turm (Westertoren) weithin sichtbar ist. Die Krone, die über dorischen, ionischen und korinthischen Säulen schwebt, stellt die Krone von Kaiser Maximilian von Österreich dar, der der Stadt Amsterdam im Jahr 1489 das Recht verlieh, die Krone im Stadtwappen zu führen. Dies bedeutete, dass die Stadt von nun an unter kaiserlichem Schutz stand. 2006–2007 wurden der Turm und die Kuppel in leuchtenden Originalfarben restauriert.
Die Kirche ist in der Stadt das eindrücklichste Beispiel für die holländische Renaissance. Im Inneren bestimmen Kreuzgewölbe aus Holz und Stein sowie große Fenster das Aussehen. Eine Besonderheit sind die von Gerard de Lairesse bemalten Flügel der Orgel. 1669 wurde Rembrandt hier in einem Armengrab beerdigt.
> Ecke Prinsengracht/Rozengracht, www.westerkerk.nl, Mo.–Sa. 11–16 Uhr (im Sommer), Gruppen auch nach Vereinbarung, Glockenspiel dienstags 12–13 Uhr, Lunchkonzert Mai–Okt. freitags 13 Uhr, Eintritt frei, Straßenbahn 13, 14, 17 (Westermarkt). Die Besteigung des Westertoren wird mit einem beeindruckenden Rundumblick über die Innenstadt belohnt. Die Treppen sind ziemlich steil. Da nur jeweils kleine Gruppen teilnehmen können, kommt man am besten früh, um Tickets zu kaufen, Apr.–Okt. 10–20 Uhr, 8 €, www.westertorenamsterdam.nl.
{32} Homomonument * [F5]
Das Denkmal von Karin Daan bei der Westerkerk wurde 1987 eingeweiht. Die drei übereinandergelegten rosa Dreiecke, die bis ins Wasser der Keizersgracht hineinreichen, erinnern an die Verfolgung und Unterdrückung von Schwulen und Lesben. In der Nazizeit mussten schwule und lesbische Häftlinge der Konzentrationslager rosa Dreiecke tragen. Das Denkmal macht deutlich, dass auch heute noch Diskriminierung stattfindet.
> Gleich daneben steht der Pink-Point-Kiosk mit Souvenirs, Ansichtskarten und Infomaterial zum Homomonument und über die Gay-Szene Amsterdams. Tgl. 10.30–18 Uhr, www.facebook.com/PinkPointAmsterdam, Straßenbahn 13, 14, 17 (Westermarkt).
{33} Anne Frank Huis *** [F5]
Der Aufgang zum Versteck auf dem Dachboden war hinter einem Bücherschrank verborgen, doch im August 1944 wurde der Schlupfwinkel verraten. Das Tagebuch, das Anne Frank in dieser Zeit führte, ist erhalten geblieben und weltberühmt geworden.
1957 ging das Haus durch eine Schenkung an die Anne-Frank-Stiftung über, die hier seither ein Museum und Info-Zentrum unterhält. Außer dem Versteck zeigt das Museum Ausstellungen rund um die Themen Faschismus, Rassismus und Krieg.
> Prinsengracht 267, Tel. 5567105, www.annefrank.org, Nov.–März tgl. 9–19 Uhr, Sa. bis 21 Uhr, Apr.–Okt. tgl. 9–22 Uhr, Eintritt 9 €, 10–17 J. 4,50 €, Straßenbahn 13, 14, 17 (Westermarkt)
> Zwischen 9 und 15.30 Uhr erhält man nur Einlass, wenn man ein Online-Ticket erworben hat (0,50 € Zuschlag), das für ein bestimmtes Datum und und eine genaue Uhrzeit ausgestellt wird. Nach dieser Zeit kann man Karten an der Museumskasse kaufen, man muss allerdings mit langen Wartezeiten rechnen.
Im Sommer ist ein Großteil des Platzes mit Stühlen und Tischen übersät, an denen man sich einen Drink genehmigen oder auch etwas essen kann. Das ganze Jahr über findet man hier Straßenmusikanten, Kleinkünstler und Pantomimen, die mit ihren Darbietungen das Publikum erfreuen.
Auch zum Ausgehen ist dieser Platz ein guter Startpunkt. Dort befinden sich verschiedene Kinos, das Stadttheater (Stadschouwburg), das Kasino, verschiedene Hotels und jede Menge Restaurants, Grand Cafés, Eetcafés, Bars und Kneipen.
{34} Museumplein ** [E11]
Die Gestaltung des Platzes, an dem das Rijksmuseum {35}, das Van Gogh Museum {36} und das Stedelijk Museum {37} liegen, ist bereits seit 1885 ein strittiges Thema. Die Stadt hätte den Raum schon immer gern für eine intensive Bebauung mit Wohnhäusern genutzt, konnte sich damit allerdings nie gegen die Proteste der Bürger durchsetzen. Nach dem Zweiten Weltkrieg befand sich der Platz in einem erbärmlichen Zustand, da er wegen des langen und strengen Hungerwinters vollständig abgeholzt worden war. 1951 wurde er deshalb neu gestaltet. Es wurden Bäume gepflanzt, die Museumstraat, die unter dem Rijksmuseum hindurchführte, sollte den Autoverkehr zügig in die Innenstadt leiten und an verschiedenen Stellen befanden sich Bushaltestellen. Auf dem Platz wurde auch das Ehrenmal für die Opfer des Konzentrationslagers Ravensbrück eingerichtet, an dem in jedem Jahr eine Gedenkfeier von Überlebenden und Angehörigen stattfindet.
Anfang der 1990er-Jahre machte man sich erneut Gedanken über die Gestaltung des Platzes. Zwar diente er für Großveranstaltungen, aber außer zu diesen Gelegenheiten wurde er recht wenig genutzt. Die wichtigsten Argumente für die Neugestaltung waren, dass es ein Park werden sollte, den die Anwohner gern nutzen, zudem sollte das ganze Gebiet einheitlicher gestaltet werden. Die Zweiteilung des Platzes durch die Museumstraat wurde aufgehoben. Der Platz blieb offen und großräumig. Eine Tiefgarage wurde angelegt und das Van Gogh Museum {36} erhielt einen Erweiterungsbau. Für Jugendliche stehen einige Sportfelder zur Verfügung. Optisch wird die Längsachse durch eine Linie aus Lichtern verstärkt. An der Ostseite befinden sich ein Lichtkreis und eine Art Blumengarten. Die Blumen sind in langen Betonkästen angepflanzt und dazwischen gibt es Sitzgelegenheiten.
{35} Rijksmuseum *** [F10]
Unübersehbar beherrscht das Rijksmuseum, das zwischen 1877 und 1885 nach einem Entwurf von P. J. H. Cuypers (von ihm stammt auch der Hauptbahnhof {1}) fertiggestellt wurde, den Museumplein.
Der Grundriss des Rijksmuseum besteht aus zwei Quadraten, die jeweils einen Innenhof umschließen. Verbunden sind die beiden Quadrate in der Mitte durch einen überdachten Zwischengang.
Als Vorgabe war Cuypers auferlegt worden, dass das Gebäude den Inhalt der Gemäldekollektion aus dem 16. und 17. Jh. widerspiegeln sollte. Er konnte die Stadtväter davon überzeugen, dass eine gotische Konstruktion mit Verzierungen aus der Renaissance die beste Lösung sei. Sein Entwurf war allerdings recht umstritten, da vielen Protestanten der Entwurf „zu katholisch“ war (man behauptete, das Museum ähnelte einem Bischofspalast). Dies schien vielen unpassend für ein Nationaldenkmal einer protestantischen Nation.
Mit der Neueröffnung im April 2013 erstrahlt das Gebäude nach langjährigen Bauarbeiten in neuem Glanz – oder besser gesagt in altem Glanz, denn wo möglich wurde der von Cuypers ursprünglich konzipierte Zustand wiederhergestellt. Das Museum ist so wieder bestens für einen großen Publikumsandrang gerüstet.
In 80 Sälen werden die Besucher durch die niederländische Kunst und Geschichte seit dem späten Mittelalter geführt. Dabei ist neben Gemälden, von denen einige wie „Die Nachtwache“ zu den Klassikern des 17. Jh. gehören, und weiteren Werken von Rembrandt, Vermeer, Hals oder Steen auch genügend Raum für die besonderen Sammlungen wie asiatische Kunst, Delfter Keramik, Porzellan, Silber, Juwelen und Glas.
> Museumplein/Museumstraat 1, Tel. 6747000, www.rijksmuseum.nl, geöffnet: tgl. 9–17 Uhr, Eintritt 17,50 €, Kinder bis einschl. 18 J. frei, Straßenbahn 2, 5 (Rijksmuseum), 7, 10 (Spiegelgracht), 3, 12 (Museumplein)
Mithilfe wissenschaftlicher Studien wurde das speziell zusammengemischte Grau ausgewählt, das die Originalfarben der Gemälde am besten zur Geltung bringt (066am Abb.: ib)
{36} Van Gogh Museum *** [E11]
1973 wurde das von Gerrit Rietveld entworfene Gebäude eröffnet und die Sammlung von 200 Gemälden, ca. 500 Zeichnungen und Skizzen sowie Briefen hat sich zu einem der beliebtesten Museen der Stadt entwickelt. Daher wurde 1999 ein Erweiterungsbau von Kisho Kurokawa der Öffentlichkeit übergeben, sodass die Werke Van Goghs und anderer Künstler des 19. Jh. wie beispielsweise Toulouse-Lautrec, Gauguin, Monet, Bernard und Montecelli noch mehr zu ihrem Recht kommen. Freitagabends wird ein gratis Sonderprogramm geboten, wobei es am ersten Freitag des Monats noch etwas spektakulärer ausfällt: Lesungen, Workshops, spezielle Führungen, Auftritte von Bands, Musikern, DJs oder VJs und eine Cocktailbar bieten einen schönen Auftakt zum Wochenende.
> Museumplein 6, Tel. 5705200, www.vangoghmuseum.nl, Mo.–Do. 9–17, Frühjahr und Herbst bis 18, im Sommer bis 19 Uhr, Fr. jeweils bis 22 Uhr, Eintritt 17 €, unter 18 Jahren frei, Straßenbahn 2, 5 (Van Baerlestraat), 3, 12 (Museumplein)
{37} Stedelijk Museum *** [E11]
Seit der Wiedereröffnung im Jahr 2012 ist es das größte Museum für moderne, zeitgenössische Kunst der Niederlande.
Das alte Backsteingebäude aus dem Jahr 1895 hat mit dem futuristischen Anbau einen neuen Gebäudeflügel erhalten. Das Museum ist nun dank der Renovierung wieder fit für einen modernen Museumsbetrieb. Mit dem Anbau verdoppelte sich die vorhandene Ausstellungsfläche, die neben Klassikern der modernen Kunst auch angepasster Kunst, Design, Industriedesign, Schmuck, Kunstdrucken, Werbeplakaten und Videoinstallationen Raum gibt.
Das Museum hat durch oft aufsehenerregende, experimentelle Ausstellungen sowie eine konsequente Ankaufspolitik auch international für Aufsehen gesorgt und bietet den Besuchern ein Rahmenprogramm aus Workshops, Führungen, Vorführungen und Lesungen.
Der Museumsladen hat neben Souvenirs und Kunstbüchern auch hochpreisige Designartikel und Schmuck im Angebot.
> Museumplein 10, Tel. 5732911, www.stedelijk.nl, tgl. 10–18 Uhr, Fr. bis 22 Uhr, Eintritt über 18 Jahre 17,50 €, Zuschläge für besondere Ausstellungen möglich; Straßenbahn 2, 5 (Van Baerlestraat), 3, 12 (Museumplein)
Jordaan
Jordaanschnulzen
In unendlich vielen smartlappen, herzzerreißenden Schnulzen, wobei die Sängerin oder der Sänger möglichst viel Herzschmerz und Vibrato in die Stimme legt, wird der Stadtteil Jordaan und das besondere Zusammengehörigkeitsgefühl seiner Bewohner besungen. Auch junge Niederländer haben ein ungebrochenes Verhältnis zu diesen Heimatschnulzen und so hört man in einigen der typischen braunen Cafés (bruine cafés, vor allem im Jordaanviertel, –>) solche Lieder nicht nur aus dem Lautsprecher, sondern auch aus den gut geschmierten Kehlen der Kneipenbesucher oder vielleicht sogar der Stars selbst. Dann kommt genau die Atmosphäre auf, die einen Kneipenbesuch in Amsterdam zu einem unvergesslichen Erlebnis werden lässt.
> www.jordaaninfo.nl, www.jordaanweb.nl (beide niederländisch und englisch)
Namensgebung
Ursprünglich hieß das Viertel Het nieuwe Werk („Die neue Arbeit“), bereits im 18. Jh. kam aber die Bezeichnung Jordaan auf – woher weiß niemand so recht. Entweder stammt der Name von den nach Amsterdam geflüchteten französischen Hugenotten: Da viele Straßen nach Blumen benannt waren, nannten sie dieses Gebiet jardin („Garten“). Dieses Wort wurde schließlich im Lauf der Zeit durch die Amsterdamer Mundart verballhornt zu Jordaan. Oder: Die bibelfeste Bevölkerung der drei alten Grachten empfand dieses Gebiet als das Ende des geordneten Stadtlebens und hielt alles, was sich hinter der Prinsengracht abspielte, für so anarchisch und chaotisch, dass dieses Leben ihrer nicht würdig war. Wenn jemand in dieses Viertel ging, dann sprachen sie davon, dass jemand über den Jordan ging, eine niederländische Umschreibung (mit jüdisch-christlichen Wurzeln), mit der man andeutet, dass jemand gestorben ist. So gab der Name Jordaan also die deutliche Trennung der Klassen an, das Diesseits der Bürgerlichen und das Jenseits der ausgestoßenen Arbeiter und Handwerker.
De Palingoproer („der Aalaufstand“)
Das Aalziehen war von jeher ein Brauch, mit dem sich die Bewohner im Jordaanviertel amüsierten. Dazu wurde ein lebendiger Aal mit Seife eingerieben und an einem Seil befestigt, das über die Gracht gespannt wurde. Männer versuchten nun aus fahrenden Booten heraus, ein möglichst großes Stück des zappelnden, glitschigen Aals zu erhaschen.
Im Juli 1886 verlustierten sich mal wieder einige Menschen damit, obwohl dies bereits seit einiger Zeit verboten war. Ein herbeigeeilter Polizist befahl den Beteiligten daher auch aufzuhören. Da sich aber niemand um diese Anweisung kümmerte, forderte er Verstärkung an und schnitt das Seil über der Lindengracht durch. Dieses traf einen der Umstehenden am Kopf, woraufhin der Polizist angegriffen und von den Umstehenden verprügelt wurde. Da jetzt aber auch die Verstärkung anrückte, entwickelte sich eine regelrechte Straßenschlacht, die die Armee erst nach zwei langen Tagen beenden konnte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte es bereits 26 Tote und einige Hundert Verletzte gegeben.
Entstehung des Viertels
Zu Beginn des 17. Jh. wurde die Stadt nach Westen hin erweitert und so lag der Stadtteil Jordaan von nun an innerhalb der Stadtmauern. Ein Blick auf die Karte macht deutlich, dass hier von vornherein eine andere Schicht gewohnt haben muss als an den vornehmen Grachten, denn im Gegensatz zu dort herrschte im Stadtteil Jordaan städtebauliche Anarchie. Da man nicht genug Geld hatte und Raum schaffen musste für unterschiedliche Gewerbebetriebe, die niemand mitten in der Stadt haben wollte (etwa stinkende Gerbereien), wurden hier die Bauvorschriften recht großzügig interpretiert.
Die Investoren versuchten mit einem Minimum an Investitionen ein Maximum an Gewinn herauszuziehen. Also wurden billige, schlechte Häuser möglichst dicht aneinander gebaut, sodass man viel Wohnraum zu vermieten hatte. Berüchtigt war das Gebiet dafür, dass man hier Häuser „Rücken an Rücken“ errichtete und jede Menge Kellerwohnungen schuf. Im 17. und 18. Jh. waren diese noch bewohnbar und sogar gesucht. Da sich der Grundwasserspiegel mit der Zeit jedoch anhob, konnte man ein Durchdringen des Wassers eine Zeit lang nur verhindern, indem man den Boden ständig erhöhte. Da auch die Straßen erhöht werden mussten, lagen die Kellerwohnungen bald buchstäblich im Dunkeln.
Mit der Industrialisierung im 19. Jh. wurde die Armut noch schlimmer. Die brandgefährdeten, stinkenden, lärmenden, mit ungesunden Stoffen hantierenden Betriebe, das Fehlen von Wasserleitungen und vor allem einer Kanalisation, das fast stillstehende Wasser in den Grachten und die große Bevölkerungsdichte führten dazu, dass Kinder buchstäblich zwischen den Ratten spielten, sich Krankheiten verbreiteten und viele die Situation nur im Suff ertragen konnten. Aus gesundheitlichen Gründen wurden einige der stinkenden, verschmutzten Grachten zugeschüttet. Der Zusammenhalt der Menschen und die gezelligheid des Viertels, die so gern besungen werden, haben in diesen erbärmlichen Umständen ihren Ursprung. Die Menschen lebten durch die beengten Verhältnisse auf der Straße ohne Privatsphäre. Ein gemeinsames Schicksal und ein von Unbill durchtränktes Leben führten zu einem starken Zusammengehörigkeitsgefühl und „Familieninstinkt“. Mit Musik und Festivitäten versuchte man den Zuständen zu trotzen und das Leben so angenehm (gezellig) wie möglich zu machen.
Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jh. interessierten sich aufgeschlossene Bürger für die Situation der Armen, da man einen Aufruhr befürchtete und der heruntergekommenen Arbeiterschaft die Zivilisation bringen wollte.
Mehrere philantropische Baugesellschaften entstanden, die auch der mittellosen Bevölkerung menschenwürdigen Wohnraum bieten wollten: Häuser mit Licht von zwei Seiten, eine Wasserpumpe im Innenhof, Möglichkeiten, um Wäsche zu trocknen und Toiletten (und nicht nur ein Eimer in der Küche), um den Gesundheitszustand der Bevölkerung zu heben. Obwohl die Gesellschaften keinen Gewinn abwerfen mussten, konnten sich nur wenige Arbeiter derartige Wohnungen leisten.
Seit dem Zweiten Weltkrieg hat sich das Viertel drastisch verändert. Nach einigem Hin und Her entschlossen sich die Stadtväter, das Gebiet unter Beibehaltung seines ursprünglichen Charakters zu renovieren und zu sanieren. Wieder zogen die Arbeiter und ursprünglichen Bewohner weg. Es kamen Intellektuelle, Künstler, Lebenskünstler und „Freaks“. Heute hat das Jordanviertel nur noch etwa ein Fünftel (!) der Einwohnerzahl wie noch vor rund 100 Jahren. Das echte Jordaan-Gefühl ist mit der Zeit verloren gegangen, es bleibt die verklärende Erinnerung in Liedern und Geschichten.
Gold und Sklaven
Mit der Gründung der Westindischen Compagnie (WIC) 1621 sollten der transatlantische Handel gesichert und die Vormachtstellung der Spanier und Portugiesen in diesem Gebiet gebrochen werden. Von Nordamerika wurden hauptsächlich Pelze importiert und über Mittel- und Südamerika Gold, Elfenbein, Salz und Zucker eingeführt. Um den Zucker auf den Plantagen in Brasilien und Surinam verarbeiten zu können, sorgte die WIC für einen regen Handel mit Sklaven aus Afrika – hauptsächlich aus Ghana, Benin, Togo und Nigeria.
Dabei ging man nicht sehr zimperlich vor, der Profit stand im Vordergrund. Dass viele Sklaven auf der Überfahrt sterben würden, war einkalkuliert. Der Handel war lukrativ und die WIC hatte bis 1730 das Monopol auf den Sklavenhandel. Die Compagnie handelte seit ihrem Bestehen mit etwa 300.000 Sklaven. Dabei nahmen die Teilhaber in Amsterdam eine prominente Rolle ein. Ein nicht unwesentlicher Teil des Reichtums der Stadt gründet sich auf den Sklavenhandel.
Nachdem die WIC 1674 finanziell bankrott gegangen war, gab es aufgrund der anhaltend großen Nachfrage nach Produkten aus Südamerika noch einmal einen Neustart. Letztendlich wurde die Compagnie 1792 wegen erneuter großer Finanzprobleme aufgelöst.
Sehenswertes
Im Stadtteil Jordaan gibt es viele nette kleine Straßen mit einer ganzen Reihe von Spezialgeschäften, dazwischen liegen Kneipen, Cafés und Restaurants. Alte Häuser stehen zwischen Neubauten. Fassadensteine, interessante Häuserfronten und Häusergiebel sind zu entdecken. Wenn man nur ganz wenig Zeit hat, kann man am Noordermarkt beginnen, ein Stück die Westerstraat {40} entlangspazieren und dann über die 2e Anjeliersdwarsstraat, 2e Tuindwarsstraat und 2e Egelantiersdwarsstraat zurückgehen.
Angrenzend an das Jordaanviertel bieten sich Haarlemmerstraat und Haarlemmerdijk mit vielen Läden für einen Einkaufsbummel an.
{38} Westindisch Huis * [G3]
Die Brouwersgracht, die ihren Namen den vielen ehemaligen Brauereien verdankt, die dort ansässig waren, gehört mit den alten Häusern noch immer zu den schönsten Grachtenstücken der Stadt. Bier war durch den Gärungsprozess wesentlich gesünder als Wasser, hatte damals allerdings auch einen viel geringeren Alkoholgehalt als heutige Biersorten.
An der Ecke Brouwersgracht/Herengracht steht auf dem Herenmarkt das Westindisch Huis, das Stammsitz der Westindischen Compagnie war. 1621 gegründet, lief über diese Gesellschaft der Handel mit Westindien, dem heutigen Surinam und den Antillen. 1624 beschloss man bei der Compagnie, auf der Insel Manhattan im Hudson River den Handelsposten Neu Amsterdam zu gründen, der sich zum heutigen New York, entwickeln sollte. Übrig geblieben sind dort noch einige Namen von Stadtteilen wie Harlem oder Brooklyn, die von Orten in der Nähe Amsterdams (Haarlem, Breukelen) abgeleitet sind. Im Innenhof des Hauses (Herenmarkt 93/99, vor dem Spielplatz rechts in die Straße abbiegen) steht ein Brunnen mit einem Standbild des ersten Gouverneurs von Neu Amsterdam: Peter Stuyvesant. Der Hof ist Privatbesitz und daher nur manchmal offen.
Extratipp: Hofkonzerte
In den verschiedenen Innenhöfen im Jordan werden im Sommer kleine Hofkonzerte veranstaltet.
> www.jordaanweb.nl, „hofjes“ und dann „hofjesconcerten“ anklicken (auf Niederländisch)
Sozialer Wohnungsbau anno dazumal
Eine Art der Sozialfürsorge waren die „hofjes“ (wörtlich „Höfchen“). Reiche Leute bauten eine Reihe von kleinen Häusern um einen Innenhof, die Armen und Alten frei als Wohnraum zur Verfügung gestellt wurden. Manchmal waren an diese Unterkunft Bedingungen geknüpft. Teilweise bauten begüterte Bürger diese Wohnungen auch als Altersruhesitz für ihre ehemaligen Bediensteten. Der Kauf von „hofjes“ im Jordaanviertel war beliebt, da die Grundstückspreise sehr günstig waren.
In der Willemsstraat, Palmstraat und Goudsbloemstraat bauten philanthropische Wohnungsbaugesellschaften Arbeiterwohnungen.
Nach 1880 stellte die Stadt etwas mehr Geld zur Verfügung, sodass die Wohnsituation auch für die Ärmsten der Armen verbessert werden konnte. Die Gestaltung des Wohnraums war am tatsächlichen Leben und den Bedürfnissen der Menschen orientiert (Gouds- bloemstraat 125–139). Allerdings waren auch diese Wohnungen für die meisten ehemaligen Mieter zu teuer.
Johanna ter Meulen gründete die „Bouwmaatschappij Oud Amsterdam“ und sorgte dafür, dass neue, gute Arbeiterwohnungen gebaut und zweckgerichtet genutzt wurden. Außerdem unterhielt sie eine Beratungsstelle für die Anwohner. Heute würde man sie wohl als Sozialarbeiterin bezeichnen. Ihr Büro lag in der Anjelierstraat 149.
In der Lindengracht (206–220) entwarf der Architekt Van der Pek Häuser, die gleichzeitig als Geschäft und Lagerhalle genutzt werden konnten. Diese waren teurer und daher vielfältiger ausgestaltet. In Reliefs und Schriftzügen sind verschiedene Baugewerbe abgebildet. Diesen Häusern gegenüber (bei Nr. 149–163) liegt das Suykerhofje, das nach seinem Stifter Pieter Jansz. Suykerhoff benannt ist. In der entgegengesetzten Richtung, bei Nr. 94–110, ist das Lindenhofje aus dem Jahr 1614 zu sehen.
{39} Palmgracht ** [E3]
In der Palmgracht sind noch zwei Reihen hofjes („Höfchen“) erhalten geblieben: das Bossche Hofje (Nr. 20–26) und das Raepenhofje (Nr. 28–38), die beide aus dem Jahr 1648 stammen und einen gemeinschaftlichen Innenhof umschließen. Normalerweise kann man sich die Höfe unter Rücksichtnahme auf die Bewohner auch von innen ansehen.
Ein paar typische braune Kneipen ohne großen Schnickschnack, wo die locals noch kurz ein Bier trinken gehen:
<17> [E5] Café Chris, Bloemstraat 42, Tel. 6245942, www.cafechris.nl. Die älteste Kneipe im Jordaan, denn hierher kamen bereits die Bauarbeiter des Westertoren, der 1638 fertiggestellt wurde.
<18> [E4] Café Nol, Westerstraat 109, Tel. 6245380, www.cafenol-amsterdam.nl, Das rot aussgestattete Café wurde 1966 gegründet und bleibt dem niederländischen Liedgut verschrieben.
<19> [F3] Café Papeneiland, Prinsengracht 2, Tel. 6241989, http://papeneiland.nl, Das Gebäude stammt aus dem 17. Jahrhundert. Die Stelle gehört zu den meistfotografierten der Stadt, weil man viele schöne Grachtenhäuser aufs Foto bekommt.
<20> [E6] Café Rooie Nelis, Laurierstraat 101, http://caferooienelis.com, Tel. 6244167. Seit 1937 ein Familienbetrieb. Tief im Viertel verwurzelt.
<21> [E4] Café ’t Smalle, Egelantiersgracht 12, Tel. 6239617, http://t-smalle.nl. Hier begann die Schnapsbrennerlaufbahn von Pieter Hoppe. Hoppe-Jenever ist auch heute noch ein Begriff. Beliebte Terrasse am Wasser.
{40} Westerstraat ** [E4]
Die Westerstraat, eigentlich eine zugeschüttete Gracht, endet im Osten auf dem Noordermarkt. Umsäumt von schönen alten Gebäuden und Café- und Restaurantterrassen bildet die Noorderkerk den Mittelpunkt des Platzes. An Markttagen (montagvormittags u. Sa.) herrscht hier lebendiges Treiben, denn die Verkaufsstände ziehen sich vom Platz bis in die Westerstraat. Die Kirche wurde 1620–1623 nach einem Entwurf von Hendrick de Keyser gebaut, dessen Werk nach Hendricks Tod von seinem Sohn Pieter vollendet wurde. De Keyser sah sich in der Tradition des Mittelalters, weshalb er die Form eines griechischen Kreuzes als Grundriss wählte und die Kirche mit klassischen Ornamenten und Verzierungen ausstattete.
Bei Haus Nr. 9 ist noch ein Trinkwasseranschluss der Stadt zu entdecken. Da das Grachtenwasser für den Verzehr unbrauchbar war, musste das gesamte Frischwasser mit Booten herangeführt werden. Aus Furcht vor Belagerungen legte die Stadt mehrere Frischwasserreservoirs an.
> Noorderkerk, Noordermarkt 48, geöffnet (falls nicht anders besetzt) Mo. 10.30–12.30 (außer Juli–Aug.), Sa. 11–13 Uhr, Eintritt frei, Klavier- (Mo.) u. Orgelmusik (Sa.), www.noorderkerk.org
Kurz und knapp: Johnny Jordaan
Wo die zugeschüttete Elandsgracht auf die Prinsengracht stößt, wurde ein Teil als Johnny Jordaanplein eingerichtet. Johnny (ausgesprochen als „Schonnie“) Jordaan (1924–1989) war die Verkörperung des Jordaanliedes schlechthin. Aufgewachsen und geprägt von schwierigen und erbärmlichen Verhältnissen, verlieh er in seinen Liedern der armen Bevölkerung eine Stimme. Das sogenannte Amsterdamer Lebenslied besingt die einfachen Leute, die sich durchkämpfen müssen, kleine Gauner, treue Freunde, Nachbarn, die zusammenhalten. Anfangs weigerten sich fast alle Radiosender, seine Platten zu spielen, da ihnen der Kulturgehalt zu niedrig erschien. Rau, doch kitschig und mit viel Vibrato gesungen, prägen seine Interpretationen auch heute noch das Genre, das sich einer treuen Hörerschaft sicher sein kann.
{41} Egelantiersstraat ** [F4]
Von der Westerstraat führt die 1e Anjeliersdwarsstraat über die 1e Tuindwarsstraat in die 1e Egelantiersdwarsstraat, wo man (recht unscheinbar) den Zugang zum Claes Claesz. Anslo Hofje, das einem Tuchhändler aus Norwegen gehörte, findet.
An der Egelantiersstraat Nr. 52 ist im Giebel eine Hand zu sehen, die mit einer Feder schreibt. Der Fassadenstein ist die Kopie eines Werks von Cornelis Anthonisz (gestorben 1554), der so berühmt war, dass er von Kaiser Karl V. den Auftrag erhielt, Amsterdam zu malen. Dieses sehr detaillierte Gemälde der Stadt hängt heute im Amsterdam Museum {20}. Den Fassadenstein mit der schreibenden Hand gab im 17. Jh. ein Lehrer namens Wient in Auftrag. Er war Eigentümer dieses Hauses und verdiente mit dem Schreiben und Vorlesen von Schriftstücken sein Geld.
{42} Bloemgracht * [E5]
Die 2e Leliedwarsstraat, in der bei Nr. 17 ein Haus in holländischem Renaissancestil von Berlage steht, führt zur Bloemgracht. Die Bloemgracht und die Rozengracht gehörten im 17. und 18. Jh. zu den angeseheneren Adressen im Stadtteil Jordaan. In der Bloemgracht Nr. 87–91 stehen aus dieser Zeit noch die Häuser Stadtmann, Landmann und Seemann, die von der Stiftung Hendrik de Keyser renoviert und unter strengen Auflagen wieder vermietet wurden. Die Klappen an den unteren Fenstern dienten früher als Verkaufstheke.
Entrepotdok
Als Amsterdam noch wichtiger Umschlaghafen war, konnte man es sich leisten, auf Güter, die hier nur umgeschlagen wurden, zweimal Zoll zu erheben: Händler mussten Einfuhr- und auch Ausfuhrrechte bezahlen.
Als sich im 19. Jh. die Handelsposition verschlechterte, konnte man keine doppelte Verzollung mehr fordern. Daher richtete man sogenannte „rijksentrepots“ (staatliche Zwischenlagerhallen) ein. Für die Güter musste erst dann Zoll bezahlt werden, wenn man sie importieren wollte. Dazu wurden 1827 die Lagerhallen an der Rapenburgergracht als „entrepots“ ausgewiesen. Ende des 19. Jh. konnten große Schiffe wegen der Bahnhofsinsel nicht mehr länger am Entrepotdok anlegen. Die Zwischenlager wurden verlegt. Die Lagerhallen am Entrepotdok verfielen, bis die Wohnungsbaugesellschaft 1981 den Umbau zu Wohnraum in Auftrag gab. Da in den tiefen Hallen schlechte Lichtverhältnisse herrschten, entschied man sich, aus der Mitte ein Stück herauszunehmen, sodass ein Innenhof entstand. Damit konnten die Grundform und die Außenfassaden in ihrer ursprünglichen Form erhalten bleiben.
Ehemaliges Judenviertel
Genau genommen existiert das jüdische Viertel nicht mehr, denn während der Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg wurden beinahe alle Amsterdamer Juden in Konzentrationslager abtransportiert und nur ein sehr kleiner Teil überlebte. Nach dem Wiederaufbau sind nur Spuren der reichen und vielfältigen jüdischen Kultur übrig geblieben. Das ehemalige Judenviertel erstreckt sich zwischen Oude Schans und Amstel im Westen über die Sarphatistraat im Süden und Osten und die Prins Hendrikkade, Kattenburgergracht und Wittenburgergracht.
{43} Rembrandthuis *** [J7]
Es finden Wechselausstellungen über seinen Lehrmeister, seine Zeitgenossen und Schüler statt. Im Nachbarhaus (Nr. 2) wohnte von 1627 bis 1647 der Kunsthändler Hendrick Uylenburgh, dessen Tochter Saskia Rembrandt später heiratete. Im Rembrandthaus wurde der gemeinsame Sohn Titus geboren und Saskia starb hier. Durch Rembrandt weiß man, dass es einen regen Austausch zwischen jüdischen und christlichen Künstlern gab. Er porträtierte z. B. die Bewohner des Viertels und fertigte Radierungen zu jüdischen Büchern an.
> Jodenbreestraat 4–6, Tel. 5200400, www.rembrandthuis.nl, tgl. 10–18 Uhr, Eintritt 13 €, 6–17 J. 4 €, Straßenbahn 9, 14 (Mr. Visserplein), U-Bahn (Waterlooplein)
{44} Diamantschleiferei Gassan Diamonds BV. * [K7]
Eine Besichtigung wert ist die Diamantschleiferei Gassan Diamonds BV. Diese hat ihren Sitz in einem Gebäude, das zwischen 1876 und 1878 für die Gebrüder Boas gebaut worden war. Die Fassade wurde absichtlich so verziert, dass nicht direkt der Eindruck einer Fabrik geweckt wird. Der Bau ist zudem auffallend breit, aber nicht sehr tief, da Tageslicht für die Schleifarbeiten von größter Wichtigkeit ist. Das Unternehmen bot mehreren Hundert Diamantschleifern einen gut bezahlten Arbeitsplatz und sicherte somit das Überleben vieler jüdischer Familien.
Bereits Ende des 19. Jh. war man dazu übergegangen, nicht mehr selbst Rohdiamanten einzukaufen und später die geschliffenen Edelsteine wieder zu verkaufen, sondern Arbeitsplätze und Geräte zu vermieten. Die Weltwirtschaftskrise führte letztendlich zum Zerfall des Unternehmens und andere Industrien fanden hier Platz. Die Fabrik wurde schließlich von den deutschen Besatzern liquidiert.
1989 übernahm die Firma Gassan Diamonds BV. das Gebäude und gestaltete es um. Mit dem Unternehmen, das 1945 von Samuel Gassan gegründet worden war, der das Diamantschleifen übrigens noch im Boas-Gebäude gelernt hatte, kehrte das Diamanthandwerk wieder hierher zurück.
Gassan Diamonds BV. bietet sowohl für Einzelpersonen als auch für Gruppen gratis Führungen an (auch auf Deutsch). An deren Ende hat man natürlich auch die Gelegenheit, Steine zu erwerben. Größere Gruppen sollten sich bereits vorher anmelden.
> Nieuwe Uilenburgerstraat 173–175, Tel. 6225333, www.gassan.com, Straßenbahn 9, 14 (Mr. Visserplein), U-Bahn (Waterlooplein)
> Führungen von 9 bis 17 Uhr. Anmeldung an der Rezeption.
Juden in Amsterdam
Erste jüdische Einwanderer kamen um das Jahr 1600 als Flüchtlinge aus Portugal nach Amsterdam. Bei der Besetzung Antwerpens durch die Spanier verließ der größte Teil der (jüdischen) Einwohner die Stadt Richtung Amsterdam, da die Besatzer die Bevölkerung zwangen, zum katholischen Glauben überzutreten.
Viele jüdische Kaufleute kamen also nach Amsterdam und verhalfen der Stadt zu Wohlstand und Ansehen. Zwar hatte man bei der Union von Utrecht (1579) beschlossen, dass niemand wegen seines Glaubens verfolgt werden durfte, aber auch hier bestanden starke Vorbehalte gegen Juden. Letztendlich jedoch siegte der Handelsgeist, denn die portugiesischen Juden konnten mit ihrem Reichtum und ihren Handelskontakten in die ganze Welt dazu beitragen, Amsterdam einen wichtigen Platz auf dem Weltmarkt zu sichern.
Die meisten portugiesischen Juden hatten einen hohen Bildungsstand, waren in Kultur und Kunst bewandert, beherrschten mehrere Sprachen, unterhielten geschäftliche Kontakte nach Venedig, Saloniki, Konstantinopel und Amerika und fielen in ihrer nichtjüdischen Umgebung gar nicht weiter auf.
Außerdem lebte in Amsterdam auch eine sehr viel größere, ebenfalls im 17. Jahrhundert zugewanderte Gruppe aschkenasischer Juden aus Mittel- und Osteuropa (Polen, Litauen, Deutschland), die im Gegensatz zu den Portugiesen sehr arm waren. Ein weiterer Unterschied war, dass die portugiesischen Juden durch die Vertreibung und Scheinübertritte zum Katholizismus mit der hebräischen Sprache und den jüdischen Gebräuchen nicht so gut vertraut waren wie die aschkenasischen Juden, deren Umgangs- sprache Jiddisch war. Innerhalb der jüdischen Gemeinde besaßen die Reichen großen Einfluss. Doch auch sie besaßen keine Bürgerrechte, weshalb sie nach außen hin auf die Förderung durch andere Amsterdamer angewiesen waren, um Zugang zu wichtigen Personen und Instanzen zu erhalten.
Die reichen Juden profitierten wie die übrigen Amsterdamer im 17. Jh. vom Aufschwung der Stadt. Während der daran anschließenden wirtschaftlichen Flaute zehrte ganz Amsterdam über ein Jahrhundert lang von den Reichtümern, die man im „Goldenen Jahrhundert“ angesammelt hatte. Die armen Juden blieben im Gegensatz dazu auch während der Blütezeit arm und lebten jahrhundertelang am Rande des Existenzminimums.
Obwohl in Amsterdam relative Glaubensfreiheit herrschte und die Juden nicht gezwungen waren, in einem Getto zu leben oder Erkennungszeichen zu tragen, waren sie auch hier bei ihren wirtschaftlichen Betätigungen Einschränkungen unterworfen. Sie konnten nicht Mitglied einer Zunft werden und durften keinen Laden besitzen. Übrig blieben daher der Straßenhandel und nicht geregelte Tätigkeiten wie die Diamantverarbeitung, die Seide, Tabak und Zucker verarbeitende Industrie und das Druckhandwerk, da man in Amsterdam in der Herstellung hebräischer Bücher keine Konkurrenz fürchtete.
Des Weiteren hatten Juden keine Bürgerrechte. Diese konnten zwar einzelnen Personen verliehen werden, aber die Bürgerrechte wurden nicht in die nächste Generation vererbt. Erst 1796 wurden Juden diese Rechte zuerkannt.
Beide jüdischen Gemeinden hatten Selbstverwaltungsorgane, die juristische Befugnisse über die eigene Gemeinde hatten. Die Armensorge war eine der Hauptaufgaben dieser Organe. Für die jüdischen Bewohner bedeutete dies, dass sie ihren eigenen Regeln und Gesetzen entsprechend leben und weiterhin ihre eigene Sprache sprechen konnten. Auch zogen es die meisten Juden vor, in Gebieten zu leben, in denen auch andere Juden wohnten.
{45} Portugiesische Synagoge * [K7]
Auf dem Mr. Visserplein, der nach Louis Ernst Visser, dem Präsidenten des Hohen Rates während der Besatzungszeit, benannt ist, befindet sich direkt gegenüber der Jodenbreestraat (Haus Nr. 3) die portugiesische Synagoge aus dem Jahr 1675, die bei ihrem Bau die größte Synagoge der Welt war.
Das Bauwerk von Elias Bouwman dominierte damals mit seiner Größe die Umgebung. Es ist eine langgezogene Version der hochdeutschen Synagoge (die heute Teil des Gebäudekomplexes des Joods Historisch Museum ist), die derselbe Architekt entworfen hatte. Die Länge des Gebäudes wird durch die Bänke betont, die in Längsrichtung stehen, und durch die Frauengalerie, die ebenfalls in Längsrichtung verläuft. Das Originalinventar ist größtenteils erhalten geblieben. In der Holzarche (ca. 1670) werden die Gesetzesrollen bewahrt, wovon die älteste aus dem Jahr 1602 stammt. Beleuchtet wird die Synagoge mit über 1000 Kerzen auf Kupferkronleuchtern.
Zum Gebäudekomplex gehört noch ein Seminar, das über eine reichhaltige Bibliothek verfügt, die aufgrund ihrer Kollektion an Sephardica (Literatur der sephardischen Juden) eine der wichtigsten jüdischen Bibliotheken der Welt wurde. Ein weiterer Raum des Seminars wird im Winter als Synagoge genutzt, da es in der großen Synagoge zu kalt ist.
> Mr. Visserplein 3, Tel. 5310380, www.portugesesynagoge.nl, So.��Do. 10–16 (Jan./Dez.), 10–17 (Febr.–Nov.), Fr. 10–14 (Jan./Febr./Nov./Dez.), 10–16 (März/Apr./Sept./Okt.), 10–17 Uhr (Mai–Aug.), Sa. und an jüdischen Feiertagen geschl., Kombiticket Joods Historisch Museum, Synagoge, Hollandsche Schouwburg 15 €, 13–17 J. 7,50 €, 6– 12 J. 3,75 €, Straßenbahn 9, 14 (Mr. Visserplein), U-Bahn (Waterlooplein)
Der Pakt mit dem Teufel
Die Rolle des ehemaligen Jüdischen Rates (1941–1943) ist bis heute heftig umstritten. Die Nazis waren dazu übergegangen, alle jüdischen Angelegenheiten durch diesen Rat regeln zu lassen. Der Rat musste beispielsweise für die Durchführung von Judengesetzen, Bestimmungen und Regelungen sorgen. Die Mitglieder hofften, durch ihre Mitarbeit größeres Unglück verhindern zu können. In Wahrheit hatte man jedoch überhaupt keinen Handlungsspielraum. Es war ein besonders zynischer Schachzug der Deutschen, die Mitglieder des Rates zu Kollaborateuren der Judenvernichtung zu machen.
{46} Joods Historisch Museum *** [K8]
Das Museum ist im aschkenasischen Synagogenkomplex untergebracht. Da die große Synagoge von 1671 schon bald zu klein war, wurde 1686 die offene Synagoge angebaut. Um 1700 wurde die dritte Synagoge in einer Reihe von Häusern an der Nieuwe Amstelstraat eingeweiht und 1730 wurde die neue Synagoge (1752 noch einmal erweitert) in Gebrauch genommen. Zwischen der großen und der neuen Synagoge befand sich auch ein rituelles Bad.
Im Museum werden Aspekte des jüdischen Lebens in den Niederlanden wie Religion, Geschichte und Verfolgung beleuchtet. Dabei werden außer Malereien, Fotos und religiösen Gegenständen auch Dinge des täglichen Bedarfs gezeigt. Viel Raum erhält auch die Wiedergabe persönlicher Erlebnisse, z. B. während der Besatzung im Zweiten Weltkrieg. Auf der Suche nach der jüdischen Kultur in Amsterdam darf ein Besuch des Museums daher nicht fehlen.
> Nieuwe Amstelstraat 1, Tel. 5310380, www.jhm.nl, täglich 11–17 Uhr, Kombiticket Joods Historisch Museum, Synagoge, Hollandsche Schouwburg 15 €, 13–17 J. 7,50 €, 6–12 J. 3,75 €, Straßenbahn 9, 14 (Mr. Visserplein), U-Bahn (Waterlooplein)
{47} Denkmal des Dockarbeiters * [K8]
Der Jonas Daniel Meijerplein ist nach dem ersten jüdischen Juristen benannt, der als Anwalt bei Gericht zugelassen wurde. Mitten auf dem Platz, an der Seitenwand der Portugiesischen Synagoge {45}, steht das Denkmal des Dockarbeiters, das an den Streik der Arbeiter von 1941 erinnert. Jedes Jahr findet hier am 25. Februar eine Gedächtnisfeier statt.
Februarstreik – Aufruhr gegen die Nazis
Bei einer Razzia am 22. Februar 1941 nahmen die deutschen Besatzer in den Judenvierteln 425 Geiseln fest, weil bei einer Schlägerei zwischen nationalsozialistischen und jüdischen Jugendlichen am 11. Februar 1941 einer der Nazis so stark verwundet worden war, dass er wenig später im Krankenhaus starb.
Daraufhin organisierten die (inzwischen illegalen) Kommunisten einen Streik der Straßenbahnschaffner in der Hoffnung, dass sich weitere Gruppierungen dem Streik anschließen würden. Man forderte die Freilassung der Geiseln und streikte für bessere Arbeitsbedingungen. Die Streikwelle entwickelte sich zu einem Generalstreik. Das Gefühl, als Einheit den Besatzern gegenüberzustehen, erfasste den größten Teil der Amsterdamer Bevölkerung.
Die Deutschen waren von dem Massenstreik vollständig überrumpelt, fassten sich jedoch schnell und verhängten sofort den Ausnahmezustand. Patrouillen der SS, eine nächtliche Ausgangssperre und die Unterbeschussnahme der Demonstranten sorgten dafür, dass der Streik nach zwei Tagen niedergeschlagen war. Vier Streikende wurden erschossen, 22 zu Gefängnisstrafen verurteilt. Die jüdischen Geiseln wurden ins KZ Mauthausen geschickt und die Stadt Amsterdam musste ein Sühnegeld von 50 Millionen Gulden an die Deutschen bezahlen. Der Streik war der einzige Generalstreik in einem von den Nazis besetzten Gebiet.
{48} Henri Polaklaan ** [L7]
Der wichtigste Bau hier ist das Gewerkschaftshaus der Diamantarbeitergewerkschaft ANDB (Nr. 9). Der Vorsitzende Polak gab bei Berlage den Entwurf in Auftrag. Der Turm als Symbol der Kraft der organisierten Arbeiterklasse und die große Freitreppe, die den Arbeiter im eigentlichen und im übertragenen Sinne erhöht, sollten dem neuen Bewusstsein der Arbeiterklasse Ausdruck verleihen. Der Vorstandsraum, früher das Büro Henri Polaks, ist ein Geschenk jugendlicher Mitglieder, die damit ihrer Dankbarkeit dafür Ausdruck verleihen wollten, dass mithilfe des Vorstands 1911 der achtstündige Arbeitstag eingeführt worden war. Heute befindet sich hier das Vakbondsmuseum (Gewerkschaftsmuseum).
Kurz und knapp: Henri Polak
Die Henri Polaklaan ist nach dem Vorsitzenden des Algemene Nederlandse Diamantwerkersbond (ANDB) benannt. Der Sozialist Polak hatte sich innerhalb der niederländischen Gewerkschaften besonders verdient gemacht. Sozialismus sollte erreicht werden, indem die Situation der Arbeiter verbessert wurde. Klassenbewuste, solidarische Sozialisten wollte er erziehen, die auch an Kunst und Wissenschaft interessiert warren. Der ANDB regelte eine Art Kranken- und Unfallversicherung, Stipendien und Ferienheime. Bildung und Erziehung waren die höchsten Ziele. Durch die Gewerkschaftsaktivitäten konnten viele Juden zum ersten Mal die Kultur außerhalb ihres eigenen Gettos kennenlernen, was zur Vermischung und Integration verschiedener Kulturen beitrug.
{49} Plantage Kerklaan ** [L7]
In dieser Straße liegt der Haupteingang zum Zoologischen Garten Artis (–>). Das Hauptgebäude und die Bibliothek stehen an der Plantage Middenlaan. Daneben folgen (Nr. 47–49) ein Holz- und ein Backsteinhaus, die noch vor 1858 errichtet wurden und daher einen Eindruck von der Zeit vermitteln, als dies noch eine Gartenkolonie war und die Straße 60 cm tiefer lag. Noch ein Stück weiter (Nr. 53) steht das Aquarium von Artis, dessen für die damalige Zeit (1881) sehr fortgeschrittene Ausrüstung verschiedensten Aquarien der Welt als Beispiel diente.
Bei Nr. 36 in der Plantage Kerklaan befand sich während des Zweiten Weltkriegs das Einwohnermeldeamt. Unter anderem die akkurate Administration machte es für die NS-Besatzer einfach, die jüdische Bevölkerung aufzuspüren. Aus diesem Grunde versuchte am 27. März 1943 eine als Polizisten verkleidete Widerstandsgruppe, die Registratur durch einen Brandanschlag zu vernichten. Der Versuch misslang allerdings, da die dicht aufeinandergepackten Papierstapel das Feuer erstickten, bevor es sich richtig ausbreiten konnte. Einige der hinzugerufenen Feuerwehrleute fühlten sich solidarisch, aber auch der ansehnliche Wasserschaden, den sie mit den Löscharbeiten verursachten, konnte die registrierten Daten nicht zerstören. Zwölf Mitglieder der Widerstandsgruppe wurden festgenommen und hingerichtet. Eine Gedenktafel erinnert an die mutige Tat.
{50} Hollandsche Schouwburg ** [L8]
In der Hollandsche Schouwburg (dem Holländischen Theater) mussten sich die Juden versammeln, woraufhin sie in Gruppen in die Konzentrationslager abtransportiert wurden. Teilweise verbrachten die Menschen nicht nur Stunden oder Tage, sondern sogar Wochen in diesem dafür völlig ungeeigneten Gebäude, bis sie weitertransportiert wurden. Die Kinder wurden in einem Kindergarten gegenüber gesammelt. Etwa 600 Kinder konnten gerettet werden, denn Helfer schmuggelten sie über die Hintergärten in die reformiert protestantische Grundschule zwei Häuser weiter. Von dort aus nahmen weitere Helfer die Kinder in Wäschekörben, Rucksäcken oder Milchkannen mit hinaus und brachte sie zu Familien in Limburg und Friesland, wo sie den Krieg überlebten.
> Plantage Middenlaan 24, Tel. 5310310, www.hollandscheschouwburg.nl. Mahnmal u. Ausstellungsräume sind tgl. 11 bis 17 Uhr geöffnet, Kombiticket Joods Historisch Museum, Synagoge, Hollandsche Schouwburg 15 €, 13–17 J. 7,50 €, 6–12 J. 3,75 €, Straßenbahn 9, 14 (Artis)
Südlich der Innenstadt
{51} Vondelpark *** [D10]
Mitte des 19. Jh. gründeten reiche Bürger eine Stiftung, um einen Park als Naherholungsgebiet anzulegen. Zunächst wurde ein Stück Land mit Spenden aufgekauft. Nachdem der erste Teil im Stil eines englischen Landschaftsgartens angelegt worden war, konnte man durch weitere Spenden und den Verkauf von Grundstücken eine Erweiterung angrenzend an den Park finanzieren.
Heutzutage bevölkern alljährlich 10 Millionen Besucher den Park zum Joggen, Picknicken und Spazierengehen. Angelockt werden sie durch den duftenden Rosengarten, Schatten spendende Bäume, die Teiche, das Blaue Teehaus mit seiner riesigen Terrasse oder der Freilichtbühne des Openluchttheaters.
> Haupteingang gegenüber dem Max Euweplein
Kleine Pause
Am südwestlichen Ende des Vondelparks gibt es eine Gartenwirtschaft umgeben von schönen großen Bäumen und in geschützter Lage. Man kann zwar auch drinnen sitzen, aber die meisten wollen natürlich die Sonne genießen.
<22> De Vondeltuin, Vondelpark 7, Tel. 0627565576, http://vondeltuin.nl, tgl. ab 10 Uhr, Mitte Okt.–Febr. geschlossen
{52} Bierbrauerei Heineken * [G11]
Eines der interessanten Gebäude in diesen südlichen Stadtvierteln ist der Komplex der Bierbrauerei Heineken an der Stadhouderskade 78. Mitte des 19. Jahrhunderts baute man hier eine Anlage, um bayerisches Bier zu brauen. Weil der Betrieb stetig expandierte, musste man schon bald umziehen. Seither werden in diesem Gebäude Führungen zur Geschichte der Brauerei und des Bierbrauens angeboten.
> Stadhouderskade 78, Tel. 5239435, www.heinekenexperience.com, Mo.–Do. 10.30–19.30 Uhr (Einlass bis 17.30 Uhr), Fr.–So. 10.30–21 Uhr (Einlass bis 19 Uhr), Eintritt 18 €, 12– 17 J. 14,50 €, bei Kauf im Internet 16 € bzw. 12,50 €, Straßenbahn 24 (Stadhouderskade)
{53} Albert-Cuyp- Markt *** [H11]
Hier ist immer etwas los und man bekommt gewöhnliche und außergewöhnliche Dinge, nach denen man schon lange auf der Suche war – oder von denen man nicht wusste, dass man sie braucht. Zudem siedeln sich in den letzten Jahren hier immer mehr kleine Restaurants, Cafés und Bars an, was diesem Gebiet eine noch größere Anziehungskraft verleiht. Das Stadtviertel De Pijp ist bei jungen Familien beliebt, auch viele türkische und marokkanische Familien leben hier, wodurch eine bunte Mischung unterschiedlichster Kulturen entsteht. Das Viertel zieht aber auch Studenten, kreative Köpfe und Künstler an, was zu einer noch größeren Vielfalt des Stadtteils beiträgt. Der Markt spiegelt die multikulturelle Gesellschaft im Kleinen. Hier gibt es typisch Holländisches wie eingelegte Heringe, Blumen, Käse, aber auch exotische Früchte und Gewürze, Stoffe und Kosmetikartikel.
> Albert Cuypstraat, www.albertcuypmarkt.nl, Mo.–Sa. 9–17 Uhr, Straßenbahn 4 (Stadhouderskade), 24 (Albert Cuypstraat), 3, 12 (Ferdinand Bolstraat oder van Woustraat)