Kapitel 26

Gewichtige Gründe, Teil II – und noch ’n Vorteil

Die Vorteile des Dickseins sind vielleicht nicht besonders zahlreich, daher ist es durchaus gerechtfertigt, die wenigen Lichtblicke in unserem adipösen Dasein mit einem zusätzlichen Kapitel angemessen zu würdigen. Denn es gibt tatsächlich noch einen weiteren, wirklich nennenswerten Punkt, mit dem Dicke im großen Spiel des Lebens punkten können: der Zeitfaktor.

Also, nicht dass Sie jetzt denken, Dicke altern langsamer, dem ist leider nicht so, nein, vielmehr ist es so, dass der natürliche Lauf der Dinge für Dauer-Dicke oftmals ein bisschen gnädiger verläuft als für die schlanken Zeitgenossen aus vergangenen Jugendtagen. Wenn wir es angesichts unserer miesen Blutwerte, der überlasteten Gelenke und der härter arbeitenden Herzkammern überhaupt erst mal geschafft haben, das Rentenalter zu erreichen, dann können wir manchmal die Früchte unser lebenslangen Extrakilos in Form von altem Bildmaterial ernten.

Eine perfekte Gelegenheit dafür sind zum Beispiel Klassentreffen mit den alten Recken aus längst vergangenen Schultagen. Wer kennt nicht die fies grinsenden Gesichter der ehemaligen Mitschüler, wenn man sich nach dreißig Jahren mal wieder gemeinsam die alten Jugendbilder anschaut? »Boah … war der da noch schlank« oder »Mei, ist die aber fett geworden« sind die typischen Standardsprüche. Andersherum: Wer jedoch schon in jüngeren Jahren eher rundlich glänzte, der legt im Alter viel moderater zu als die ganzen Obersportler und Modelschicksen – zumindest sieht man den Mehrwert nicht so deutlich. Wir waren schon damals rundlich und haben lediglich den Durchmesser vergrößert, die Topathleten von damals halten indes im Alter in den seltensten Fällen ihre jugendlichen Idealmaße, was dann beim Vergleich vorher/nachher sprichwörtlich viel mehr ins Gewicht fällt.

Mit ein bisschen gutem Willen kann man dann selbst so ungastliche Kommentare wie: »Hey, du bist ja noch genauso dick wie damals« zu einem wohlklingenden »Du hast dich ja kaum verändert« umdeuten, um dann mit einem breiten Grinsen zu kontern: »Tja mein Lieber, dafür hast Du Dich ja definitiv eher zum Nachteil verändert, du warst früher ja deutlich schlanker!« Alles eben eine Frage der Sichtweise, nicht wahr? Fakt ist: Die sportlichen Topfiguren aus unserer Jugend haben im Alter viel eher unter körperlichen Verfallserscheinungen zu leiden als unsereins. Ich halte das für eine verdiente, wenn auch etwas späte Genugtuung von Mutter Natur. Bis dahin tröstet mich der Gedanke, dass ich für ein attraktiveres Erscheinungsbild einfach nur ein bisschen abnehmen muss, während der stets gutaussehende Teenage Hero seinen Sex-Appeal bereits in den frühen Jugendjahren verfeuert hat – bleibt nur die zentrale Frage, wie und wann ich das mit dem »einfach ein bisschen abnehmen« endlich hinbekomme …

Mein Praxistipp Nr.15:

Mein Tipp für alle Jugendlichen mit zu viel Eigenmasse lautet also: Fotografiert einfach jeden, der euch in der Schule, an der Uni oder im Sportverein mit seinem vor jugendlicher Kraft strotzenden Adoniskörper neidisch macht. Sammelt jeden Schnappschuss der ach so sportlich aussehenden Klassenkameraden. Die Rache kommt in dreißig Jahren – zugegebenermaßen etwas spät, aber immer noch besser als nie. Und sie schmeckt richtig süß.