Kapitel 2: Theorie und Praxis

Es gibt einige – teilweise auch theoretische – Grundlagen, die beim Ausreizen der Fähigkeiten elektronischer Bauteile von großer Hilfe sein können. Ich habe jedoch nicht die Absicht, Sie unnötig damit zu belasten. Kehren Sie einfach zu diesem Kapitel zurück, wenn Sie feststellen, dass Sie es brauchen könnten. Doch vor aller Theorie wollen wir die verschiedenen Bauteile, die wir verwenden werden, eingehender betrachten.

2.1  Zusammenstellen einer Ausrüstung für Einsteiger

In Kapitel 1 habe ich einige Werkzeuge vorgestellt und ein wenig gelötet. Das einzige »Gerät«, das gebaut wurde, führte einen gebrauchten Lüfter der Wiederverwertung zu und nutzte ein Standardnetzteil sowie einen einfachen Schalter.

Einige Bauteile werden Sie immer wieder benötigen. Ich empfehle Ihnen, sich ein Einsteigersortiment zu beschaffen, damit Sie über einen gewissen Vorrat an elementaren Bauteilen verfügen. SparkFun vertreibt beispielsweise ein derartiges Einsteigersortiment (siehe Anhang, Code K1), das allerdings keine Widerstände enthält. Sie müssen also zusätzlich ein Widerstandssortiment erwerben (K2). Sobald Sie sich diese Bauteile beschafft haben, sind schätzungsweise 80% Ihres Bedarfs gedeckt. Keines der Einsteigersortimente der verschiedenen Anbieter enthält alles, was Sie zum Durcharbeiten dieses Buches benötigen. Mit den meisten davon sind Sie aber sehr gut bedient.

2.1.1  Erforderliche Bauteile und Werkzeuge

Das Einsteigersortiment von SparkFun enthält die nachstehend aufgelisteten Bauteile. Die im Buch verwendeten Komponenten sind mit einem Sternchen * gekennzeichnet. Falls Sie das Sortiment eines anderen Anbieters kaufen möchten, sollten Sie darauf achten, dass möglichst viele dieser Bauteile enthalten sind. Im Anhang finden Sie eine Liste weiterer im Buch verwendeter Bauteile.

Anzahl

Objekt

Anzahl

Objekt

10

0,1 F-Kondensator*

3

20-Pin-Stifteiste*

5

100 F-Kondensator*

3

Minischalter*

5

10 F-Kondensator*

2

Taster*

5

1 F-Kondensator

1

10k -Trimpoti*

5

10nF-Kondensator

2

LM358-Operationsverstärker

5

1nF-Kondensator

2

3,3V-Spannungsregler

5

100pF-Kondensator

2

5V-Spannungsregler*

5

10pF-Kondensator

1

Timer-Baustein 555*

5

1N4148-Diode

1

Grüne LED*

5

1N4001-Diode*

1

Gelbe LED*

5

2N3906-PNP-Transistor

1

Rote LED*

5

2N3904-NPN-Transistor*

1

7-Segment-LED-Baustein

3

20-Pin-Buchsenleiste

1

Mini-Fotozelle*

Das Widerstandssortiment von SparkFun (K2) enthält folgende Widerstände:

0 , 1,5 , 4,7 , 10 , 47 , 110 , 220 , 330 , 470 , 680 1k , 2,2k , 3,3k , 4,7k , 10k , 22k , 47k , 100k , 330k , 1M

2.2  Identifizieren elektronischer Bauteile

Was haben wir da eigentlich gerade gekauft? Lassen Sie uns die verschiedenen Bausteine der Reihe nach untersuchen. Was leisten die Bauteile? Betrachten wir als Erstes Widerstände.

2.2.1  Widerstände

Abbildung 2.1 zeigt einige Widerstän de, die es in allen möglichen Größen gibt, um den sehr unterschiedlichen Leistungsanforderungen gerecht zu werden. Hochleistungswiderstä nde müssen schon aus physikalischen Gründen ziemlich groß sein, um die entstehende Wärme abzuleiten. Da Bauteile, die richtig heiß werden, grundsätzlich unerwünscht sind, werden wir weitgehend darauf verzichten. Wir können fast immer die 0,25-Watt-Widerstände der Einsteigersortimente verwenden, die für unsere Zwecke im Allgemeinen bestens geeignet sind.

Nun besitzt ein Widerstand nicht nur eine beschränkte Leistungsaufnahme, sondern natürlich auch den eigentlichen »Widerstand«. Wie der Name schon sagt, widersetzt er sich dem Fließen eines Stroms. Ein Widerstand mit hohem Nennwert gestattet also nur das Fließen eines geringen Stroms. Ein Widerstand mit geringem Nennwert hingegen erlaubt das Fließen eines größeren Stroms.

Widerstände sind die am häufigsten verwendeten Bauteile. Da sie sehr oft zum Einsatz kommen, werden sie im Abschnitt 2.3 später in diesem Kapitel noch ausführlich behandelt.

Abb. 2.1:   Widerstände

Widerstände besitzen kleine farbige Ringe, die über ihren Widerstandswert Auskunft geben. Sie können erlernen, die Farbkodieru ng zu entschlüsseln (mehr dazu in Kürze), oder diese Mühsal umgehen, indem Sie die Widerstände in Beuteln oder in den Fächern eines Sortimentskastens aufbewahren, die mit den Widerstandswer ten beschriftet sind. Im Zweifel können Sie das Multimeter verwenden, um einen Widerstands wert zu überprüfen. Im Anhang (Abschnitt 11.5.5 ) finden Sie außerdem Links zu Programmen, mit denen Sie Widerstands werte ermitteln können.

Es gehört allerdings zur Geek-Kultur, die Farbkodierung von Widerständen zu kennen. Jeder Farbe ist gemäß der nachstehenden Tabelle ein Wert zugeordnet:

Farbe

Wert

Schwarz

0

Braun

1

Rot

2

Orange

3

Gelb

4

Grün

5

Blau

6

Violett

7

Grau

8

Weiß

9

Gold

1/10

Silber

1/100

Die Farben Gold und Silber repräsentieren nicht nur die Bruchteile 1/10 bzw. 1/100, sondern geben außerdem an, wie genau der Widerstand dem angegebenen Wert entspricht (Toleranz). Gold bedeutet eine Toleranz von ±5% und Silber ±10%.

Üblicherweise gibt es eine Gruppe von drei dieser Farbringe an einem Ende des Widerstands, gefolgt von einer kleinen Lücke und einem einzelnen Ring am anderen Ende des Widerstands. Der einzelne Ring zeigt die Toleranz des Widerstands an. Da bei keinem der Projekte in diesem Buch besonders genaue Widerstände erforderlich sind, spielt die Toleranz bei der Auswahl von Widerständen hier keine Rolle.

Abbildung 2.2 zeigt die Anordnung der Farbringe. Der erste Ring gibt die erste Stelle des Widerstandswerts an, der zweite Ring die zweite, und der dritte Ring den Wert des »Multiplikators«, also wie viele Nullen den ersten beiden Stellen hinzuzufügen sind.

Abb. 2.2:   Farbkodierung von Widerständen

Ein Beispiel: Bei einem 270 -Widerstand (270 Ohm) lautet die erste Stelle 2 (Rot), die zweite Stelle 7 (Violett), und es muss eine Null hinzugefügt werden (Braun). In gleicher Weise ergeben sich für einen 10k -Widerstand (10.000 Ohm) die Farbringe Braun, Schwarz und Orange (1, 0, 000).

Neben Widerständen mit festen Werten gibt es auch veränderliche Widerstände, die auch als Potenziometer oder kurz Poti bezeichnet werden. Diese sind beispielsweise zur Lautstärkeregelung praktisch, wobei ein drehbarer Knopf den Widerstand variiert und dadurch den Lautstärkepegel steuert (»Trimmpoti «).

2.2.2  Kondensatoren

Beim Hacken elektronischer Geräte werden Sie gelegentlich auch Kondensatoren benötigen. Glücklicherweise müssen Sie nicht allzu viel über deren Funktionsweise wissen. Kondensatoren werden häufig dazu verwendet, Instabilitäten eines Schaltkreises zu beheben oder unerwünschte Störsignale zu unterdrücken. Der Einsatz der Komponente wird dann oft mit Begriffen wie »Stützkondensator« oder »Glättungskondensator« umschrieben. Es gibt einige einfache Regeln dafür, ob ein Kondensator benötigt wird, auf die in den folgenden Abschnitten hingewiesen wird.

Für Wissensdurstige: Kondensatoren speichern Ladungen, grob vereinfacht ausgedrückt ähnlich einer Batterie, jedoch nur sehr geringe Ladungsmengen. Das Laden und Entladen eines Kondensators geht dabei oft äußerst schnell vor sich.

Abbildung 2.3 zeigt eine Auswahl verschiedener Kondensatoren. Wenn Sie den zweiten Kondensator von links genau betrachten, können Sie vielleicht die Zahl 103 erkennen. Dabei handelt es sich um eine Beschreibung der Kapazit ät des Kondensators in Picofarad (siehe unten).

Die Einheit der Kapazität lautet Farad (F), allerdings wäre ein 1F-Kondensator als ein Gigant zu betrachten, der eine enorme Ladungsmenge speichert. Solche Ungetüme gibt es zwar tatsächlich, aber die Kapazität gängiger Kondensatoren bemisst sich in sehr kleinen Bruchteilen der Einheit wie Nanofarad (1nF = 1/1.000.000.000F) oder Mikrofarad​​ (1 F = 1/1.000.000F). Hin und wieder werden Ihnen auch Kondensatoren mit Kapazitäten im Bereich von Picofarad (1pF = 1/1.000.000.000.000F) begegnen.

Abb. 2.3:   Kondensatoren

Zurück zur »103«! Ähnlich wie bei Widerständen bedeutet dies eine 10 und nachfolgend 3 Nullen (in der Einheit pF), in diesem Fall also 10.000pF oder 10nF.

Größere Kondensatoren wie diejenigen auf der rechten Seite der Abbildung 2.3 heißen Elektrolytkondensator en oder kurz El kos . Die Kapazität bewegt sich gewöhnlich im F-Bereich und ist auf der Seite des Bausteins angegeben. Elektrolytkondensatoren besitzen außerdem einen Plus- und einen Minuspol. Beim Anschluss muss also, im Gegensatz zu den meisten anderen Kondensat oren, die Polarität beachtet werden.

Abbildung 2.4 zeigt einen großen Elko mit einer Kapazität von 1.000 F. Im unteren Bereich der Abbildung ist die deutliche Markierung des Minuspols erkennbar. Falls eines der Anschlussbeinchen des Kondensators länger als das andere ist, handelt es sich dabei normalerweise um den Pluspol.

Abb. 2.4:   Elektrolytkondensator

Auf dem Kondensator in Abbildung 2.4 ist außerdem eine Spannung (200V) angegeben. Dabei handelt es sich um die zulässige Höchstspannung. Wenn Sie also eine Spannung von mehr als 200V anlegen, wird er beschädigt oder zerstört. Große Elektrolytkondensatoren stehen im Ruf, auf spektakuläre Weise auszufallen, indem sie regelrecht zerplatzen und dabei eine klebrige Masse absondern.

2.2.3  Dioden

Hin und wieder werden Sie auch Dioden benötigen. Dioden sind eine Art »Einbahnstraßenventil« und lassen Strom nur in einer Richtung passieren. Sie werden daher häufig zum Schutz empfindlicher Bauteile vor versehentlichen Umkehrspannungen eingesetzt, die solche Bausteine beschädigen könnten.

Dioden (Abbildung 2.5 ) sind an einem Ende mit einem Ring markiert. Dieses Ende wird als Anode bezeichnet, das andere Ende heißt Kathode. In Kürze werden Sie noch einiges mehr über Dioden erfahren.

Abb. 2.5:   Eine Auswahl verschiedener Dioden

Wie bei Widerständen können physisch größere Dioden höhere Leistungsaufnahmen verkraften, bevor sie zu heiß werden und ihren Geist aufgeben. In 90% aller Fälle werden Sie eine der beiden Dioden auf der linken Seite der Abbildung 2.5 verwenden.

2.2.4  LEDs

Leuchtende LEDs sind einfach ein schöner Anblick. Abbildung 2.6 zeigt eine Reihe verschiedene Exemplare.

LEDs sind ein wenig empfindlich, Sie sollten sie daher nicht direkt an einer Batterie anschließen. Verwenden Sie stattdessen einen Widerstand, um den durch die LED fließenden Strom zu begrenzen. Falls Sie das nicht tun, wird die LED voraussichtlich umgehend das Zeitliche segnen.

Sie werden später noch erfahren, wie Sie für eine bestimmte LED einen geeigneten Widerstandswert ermitteln können.

Abb. 2.6:   Leuchtdioden

LEDS besitzen wie herkömmliche Dioden einen positiven und einen negativen Anschluss (Anode und Kathode). Das längere der beiden Anschlussbeinchen ist die Anode. Normalerweise ist das Gehäuse der LED außerdem auf der Kathodenseite ein wenig abgeflacht.

Neben den einfachen LEDs gibt es fertige Bausteine, in denen mehrere LEDs auf kompliziertere Weise angeordnet sind. Abbildung 2.7 zeigt einige interessant aussehende LED-Bausteine. Es handelt sich hier (von links nach rechts) um eine Ultraviolett-LED, eine zweifarbige L ED, die sowohl rot als auch grün leuchtet, eine Hochleistungs-RGB-LED (Rot-Grün-Blau), die durch geeignete Ansteuerung Licht beliebiger Farbe erzeugt, eine 7-Segment-LED-Anzeige und schließlich eine LED-Balkendiagrammanzeige.

Abb. 2.7:   Weitere LEDs

Hierbei handelt es sich nur um eine kleine Auswahl der verfügbaren LED-Typen. Es steht eine Vielzahl weiterer zur Auswahl. Einige dieser etwas exotischeren LEDs werden wir uns in den folgenden Abschnitten noch genauer ansehen.

2.2.5  Transistoren

Zwar finden Transistoren in Audioverstärkern Verwendung und werden auch für viele andere Zwecke eingesetzt, aus Sicht des Elektronikhackers ist ein Transistor jedoch vornehmlich ein Schalter. Im Gegensatz zu einem Schalter, bei dem ein Hebel umgelegt wird, handelt es sich hier um einen Schalter, der durch einen kleinen Strom angesteuert wird, aber einen großen Strom ein- oder ausschaltet.

Grob ausgedrückt legt die physische Größe eines Transistors (Abbildung 2.8 ) fest, wie groß die Stromstärke werden darf, die der Transistor noch schalten kann, bevor er in Rauch aufgeht.

Abb. 2.8:   Transistoren

Die beiden Transistoren auf der rechten Seite der Abbildung 2.8 sind ziemlich spezialisierte Modelle, die für das Schalten großer Ströme ausgelegt sind.

Die allgemeine Regel für Bauteile lautet: Sieht es hässlich aus und besitzt es drei Beine, handelt es sich vermutlich um irgendeine Art von Transistor.

2.2.6  Integrierte Schaltkreise (ICs)

Ein integrierter Schaltkreis (engl. Integrated Circuit , IC ) oder ein »Chip« besteht aus einer großen Menge von Transistoren und anderer Komponenten auf einem Halbleiterträgermaterial, meist Silizium. Die Aufgaben verschiedener ICs sind von enormer Bandbreite. Es gibt beispielsweise Mikrocontroller (ein Mini-Computer), komplette Audioverstärker, Computerarbeitsspeicher oder Tausende anderer Möglichkeiten.

ICs können einem das Leben sehr erleichtern, denn wie heißt es so schön: »Dafür gibt es einen Chip!« Und tatsächlich, wenn Sie ein bestimmtes Ziel vor Augen haben, stehen die Chancen nicht schlecht, dass es bereits einen Chip gibt, der die Aufgabe erfüllt. Sollte das nicht der Fall sein, gibt es jedoch wahrscheinlich einen geeigneten Allzweck-Chip, und das ist dann schon die halbe Miete.

ICs besitzen eine gewisse Ähnlichkeit mit Insekten (Abbildung 2.9 ).

Abb. 2.9:   Integrierte Schaltkreise (ICs)

2.2.7  Sonstiges

Es gibt noch sehr viele andere Bauteile, von denen einige sehr geläufig sind, etwa Batterien und Schalter. Andere sind weniger geläufig, beispielsweise Potenziometer (veränderliche Widerstände, die z.B. zur Lautstärkeregelung verwendet werden), Fototransistoren, Inkrementalgeber (Sensoren zur Erfassung von Lageveränderungen), lichtempfindliche Widerstände (Fotowiderstände) usw. Diese Bauteile werden erläutert, sobald Sie Ihnen im weiteren Verlauf des Buches begegnen.

2.2.8  SMD-Bauteile

Kommen wir zum Thema SMDs (engl. Surface Mounted Devices , oberflächenmontierte Bauteile). Dabei handelt es sich im Grunde genommen um ganz normale Widerstände, Transistoren, Kondensatoren, ICs usw., allerdings in winzigen Gehäusen, die für das Auflöten auf die Oberfläche von Leiterplatten durch Roboter ausgelegt sind.

Abbildung 2.10 zeigt einige SMD-Bauteile. Anhand des Streichholzes können Sie erkennen, wie klein diese Komponenten tatsächlich sind. Es ist durchaus möglich, SMD-Bauteile selbst zu verlöten, Sie benötigen dafür jedoch eine sehr ruhige Hand und einen hochwertigen Lötkolben. Von einer gehörigen Portion Geduld mal ganz zu schweigen. Sie müssen außerdem über die Möglichkeit verfügen, Leiterplatten anzufertigen, denn SMD-Bauteile lassen sich nicht ohne Weiteres auf Steckplatinen verwenden.

Abb. 2.10:   SMD-Bauteile

Wir beschränken uns im Buch weitestgehend auf die konventionelle Durchsteckmontage (engl. Through-Hole-Technology , THT ) und bedrahtete Bauteile. Wenn Ihre Erfahrung allmählich wächst und Sie SMDs verwenden möchten, sollten Sie sich jedenfalls nicht scheuen, es auszuprobieren.

2.3  Strom, Widerstand und Spannung

Spannung , Strom und Widerstand sind drei Eigenschaften, die für nahezu alle Belange der Elektronik von entscheidender Bedeutung sind. Sie sind eng miteinander verknüpft, und wenn Ihnen die Beziehung zwischen diesen Größen geläufig ist, sind Sie ein wahrlich verständiger Hacker.

Nehmen Sie sich bitte die Zeit, diese wenigen Seiten Theorie zu lesen und zu verstehen. Sobald Ihnen die Zusammenhänge klar sind, werden Ihnen plötzlich wie von allein viele weitere Dinge einleuchten.

2.3.1  Strom

Das Schwierige an Elektronen ist, dass man sie nicht sehen kann. Sie müssen sich daher vorstellen , wie sie funktionieren. Ich stelle mir Elektronen immer als kleine Kugeln vor, die durch eine Röhre fließen. Ein Physiker, der das liest, wird nun vermutlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen oder das Buch vor Entrüstung auf den Boden schleudern. Aber mir hilft diese Vorstellung tatsächlich.

Jedes Elektron besitzt eine Ladung, die für jedes Elektron gleich groß ist. Viele Elektronen bedeuten also viel Ladung, wenige Elektronen repräsentieren nur wenig Ladung.

Der Strom wird gemessen, vergleichbar mit der Bewegung des Wassers in einem Fluss, indem man zählt, wie viele Ladungen in einer Sekunde an einem festen Punkt vorbeifließen (Abbildung 2.11 ).

Abb. 2.11:   Strom

2.3.2  Widerstand

Die Aufgabe eines Widerstands ist es, dem Fließen eines Stroms einen Widerstand zu bieten. Wenn Sie sich wieder einen Fluss vorstellen, entspräche dies einer Verengung des Flussbetts (Abbildung 2.12 ).

Abb. 2.12:   Ein Widerstand

Der Widerstand reduziert die Anzahl der Ladungen, die an einem bestimmten Punkt vorbeifließen. Es spielt dabei keine Rolle, wo Sie eine Messung vornehmen (Punkt A, B, oder C), denn vom Widerstand »flussaufwärts« gesehen müssen die Ladungen warten, bevor sie durch den Widerstand fließen können. Daher fließen pro Zeiteinheit weniger Ladungen an Punkt A vorbei. Innerhalb des Widerstands (Punkt B) wird der Ladungsfluss durch das verengte Flussbett eingeschränkt.

Die Analogie zu einer Geschwindigkeit trifft für Elektronen eigentlich nicht zu, der entscheidende Punkt ist jedoch, dass der Strom an allen Messpunkten gleich ist.

Und stellen Sie sich nun einmal vor, was passiert, wenn ein Widerstand den Strom durch eine LED zu sehr begrenzt.

2.3.3  Spannung

Der noch fehlende Teil der Gleichung (die in Kürze folgt) ist die Spannung. Wenn wir die Analogie zum fließenden Wasser in einem Fluss beibehalten, entspricht die Spannung dem Höhenunterschied zwischen zwei Punkten des Flusses, die eine bestimmte Strecke voneinander entfernt sind (Abbildung 2.13 ).

Ein Fluss, der rapide an Höhe verliert, fließt schnell und rauschend. Ein nur ganz sachte abfallender Fluss hingegen fließt entsprechend gemächlich vor sich hin.

Diese Analogie hilft zu verstehen, dass Spannungen stets relativ sind. Es spielt keine Rolle, ob der Fluss von 3.000 Metern Höhe auf 1.500 Meter abfällt oder von 1.500 Metern auf 0 Meter. Der Höhenunterschied ist identisch, und Gleiches gilt für die Fließgeschwindigkeit.

Abb. 2.13:   Spannung

2.3.4  Das ohmsche Gesetz

Lassen Sie uns einen Moment lang über den Zusammenhang zwischen Strom, Spannung und Widerstand nachdenken, bevor wir uns den mathematischen Aspekten widmen.

Es folgen zwei kleine Rätsel. Stellen Sie sich fließendes Wasser in einem Fluss vor, wenn es Ihnen hilft.

  1. Wenn die Spannung steigt, wird der Strom dann (a) ansteigen oder (b) absinken?

  2. Wenn der Widerstand steigt, wird der Strom dann (a) ansteigen oder (b) absinken?

Haben Sie richtig auf (a) und (b) getippt? Wenn Sie dieses Zusammenspiel als Gleichung aufschreiben, ergibt sich das ohmsche Gesetz. Es lautet:

I = V / R

I bezeichnet den Strom, V die Spannung und R den Widerstand. (Im deutschen Sprachraum wird die Spannung eigentlich mit dem Buchstaben »U« bezeichnet, aber da die meisten Datenblätter in englischer Sprache vorliegen, bleiben wir beim V.)

Der Strom, der durch einen Widerstand bzw. ein mit dem Widerstand verbundenes Kabel fließt, ergibt sich also aus der Spannung über dem Widerstand geteilt durch den Wert des Widerstands.

Die Einheit des Widerstands ist (Abkürzung für Ohm ), die des elektrischen Stroms A (Abkürzung für Ampere ) und die der Spannung V (Abkürzung für Volt ).

Bei einer Spannung von 10V an einem 100 -Widerstand ergibt sich also ein Strom von:

10V / 100 = 0,1A

Der Bequemlichkeit halber verwenden wir meistens mA (1/1000 Ampere). 0,1A entspricht somit 100mA.

Das soll fürs Erste reichen, was das ohmsche Gesetz betrifft. Wir werden ihm später erneut begegnen. Das ohmsche Gesetz ist wohl die nützlichste einzelne Formel, die man hinsichtlich der Elektronik wissen muss. Im nächsten Abschnitt werfen wir einen Blick auf die einzige andere wirklich wichtige Formel, nämlich die der elektrischen Leistung.

2.4  Leistung

Bei der Leistung geht es um Energie und Zeit. In gewisser Weise verhält es sich ein wenig wie beim Strom. Aber statt der Ladung, die an einem Fixpunkt vorbeifließt, beschreibt die Leistung den Energiebetrag, der pro Sekunde beim Durchfließen eines Objekts, das dem Strom einen Widerstand entgegensetzt (wie ein normaler Widerstand), in Wärme umgewandelt wird. Den Wasser führenden Fluss können Sie nun getrost vergessen; in diesem Fall ist die Analogie nicht mehr hilfreich.

Wenn das Fließen eines Stromes begrenzt wird, entsteht dabei Wärme. Die Menge dieser Wärme ergibt sich aus dem Produkt der Spannung über dem Widerstand und dem fließenden Strom. Die Einheit der Leistung ist das Watt (W). Als Formel sieht das so aus:

P = I × V

Im vorhergehenden Beispiel betrug die Spannung über dem 100 -Widerstand 10V. Der resultierende Strom durch den Widerstand ist also 100mA und erzeugt 0,1A × 10V = 1W Leistung. Angesichts der Tatsache, dass wir 250mW-Widerstände (0,25 Watt) verwenden, werden die Widerstände heiß werden und früher oder später durchbrennen.

Falls Ihnen der Strom nicht bekannt ist, wohl aber der Widerstand, ist die folgende Formel nützlich:

P = V2 / R

Anders ausgedrückt: Die Leistung ergibt sich aus dem Quadrat der Spannung geteilt durch den Widerstand. Für das vorherige Beispiel gilt also:

P = 10V × 10V / 100 = 1W

Das ist beruhigenderweise das gleiche Ergebnis wie zuvor.

Die Belastbarkeit der meisten Bauteile ist auf diese Weise beschränkt. Bei der Auswahl von Widerständen, Transistoren, Dioden usw. lohnt es also, kurz die am Bauteil anliegende Spannung mit dem zu erwartenden Strom zu multiplizieren. Wählen Sie dann ein Bauteil, dessen Belastbarkeit deutlich über der errechneten Leistung liegt.

Die Leistung ist das am besten geeignete Maß für den Stromverbrauch. Es handelt sich ja um die pro Sekunde erforderliche elektrische Energie. Im Gegensatz zum Strom ist diese Energie für mit 230V-Netzspannung und mit Niederspannung betriebene Geräte vergleichbar. Es ist durchaus wünschenswert zu wissen, wie viel (oder wie wenig) elektrische Energie ein Gerät verbraucht. In Tabelle 2.1 sind einige in einem typischen Haushalt vorhandene Geräte und deren Energieverbrau ch aufgeführt.

Nun wissen Sie endlich, warum es keine batteriebetriebenen elektrischen Wasserkocher gibt!

Gerät

Leistungsaufnahme

Batteriebetriebenes UKW-Radio (leise)

20mW

Batteriebetriebenes UKW-Radio (laut)

500mW

Arduino Uno Mikrocontroller-Platine (9 Volt)

200mW

WLAN-Router

10W

Kompaktleuchtstofflampe (»Energiesparlampe«)

15W

Glühbirne

60W

LCD-TV mit 40-Zoll/102cm-Bilddiagonale

200W

Elektrischer Wasserkocher

3.000W (3kW)

Tabelle 2.1:   Leistungsaufnahme gängiger Geräte

2.5  Lesen eines Schaltplans

Beim Hacken elektronischer Geräte ist es oft erforderlich, im Internet zu surfen und nach Leuten zu suchen, die schon Dinge gebastelt haben, die Sie nachbauen oder an Ihre Bedürfnisse anpassen möchten. Dabei werden Sie häufig auf Schaltpläne stoßen, denen Sie entnehmen können, wie dabei vorzugehen ist. Sie müssen also in der Lage sein, diese Schaltpläne zu lesen, um tatsächlich ein echtes Stück Elektronik anzufertigen.

Auf den ersten Blick sind Schaltpläne manchmal etwas verwirrend, sie gehorchen jedoch einigen einfachen Regeln und verwenden nicht selten immer wieder dieselben Symbole und Muster. Es muss viel weniger erlernt werden, als Sie vielleicht denken.

Anhand der Abbildung 2.14 möchte ich einige dieser Regeln, oder genau genommen Konventionen, näher erläutern, denn manchmal wird auch gegen diese Konventionen verstoßen.

Abb. 2.14:   Ein einfacher Schaltplan

Allein der Anblick der Abbildung 2.14 dürfte schon erklären, warum man von einem elektrischen Schaltkreis spricht. Es handelt sich ja tatsächlich um eine Art Schleife. Der Strom fließt von der Batterie durch den Schalter (sofern dieser geschlossen ist), dann durch den Widerstand (R1) und die LED (D1) und schließlich zurück in die Batterie. Die einfachen Linien des Schaltplans können Sie sich als perfekte Leitungen ohne jeglichen Widerstand vorstellen.

2.5.1  Erste Regel für Schaltpläne: Positive Spannungen gehören nach oben

Eine Konvention, der die meisten Leute beim Zeichnen von Schaltplänen folgen, ist es, höhere Spannungen am oberen Ende des Schaltplans zu platzieren. Der 9V-Pluspol der Batterie auf der linken Seite des Schaltplans befindet sich daher oben, während sich 0V bzw. GND (Masse ) am unteren Ende befindet.

Beachten Sie, dass der Widerstand R1 oberhalb der Diode (D1) gezeichnet wird. Stellen Sie sich das wie folgt vor: Zunächst geht ein Teil der Spannung am Widerstand verloren, dann geht ein weiterer Teil der verbleibenden Spannung an der Diode verloren, bis diese dann schließlich den negativen Anschluss der Batterie erreicht.

2.5.2  Zweite Regel für Schaltpläne: Ablauf von links nach rechts

Die Elektronik wurde von abendländischen Kulturen erfunden, die von links nach rechts schreiben. Sie lesen von links nach rechts und sind es gewohnt, dass die meisten Abläufe in einer Richtung von links nach rechts stattfinden. In der Elektronik ist dies nicht anders. Es ist daher üblich, mit der Stromquelle (Batterie oder Netzteil) auf der linken Seite des Schaltplans anzufangen und sich dann von links nach rechts durch den Schaltplan durchzuarbeiten.

Aus diesem Grund folgt der Batterie der Schalter, der den Stromfluss steuert, dann der Widerstand und schließlich die LED.

2.5.3  Bezeichnungen und Werte

Es ist üblich, alle Komponenten in einem Schaltplan zu benennen. Die Batterie heißt B1, der Schalter S1, der Widerstand R1 und die LED D1. Wenn Sie eine Schaltung gemäß Schaltplan auf einer Steckplatine (oder schließlich auf einer Leiterplatte) aufbauen, ist somit klar, welches Bauteil auf der Steckplatine (oder der Leiterplatte) einem Bauteil des Schaltplans entspricht.

Darüber hinaus ist es üblich, die Werte der verschiedenen Bauteile anzugeben (sofern dies angebracht ist). So steht im Schaltplan neben dem Widerstand R1 auch dessen Wert von 270 . Die anderen Bauteile bedürfen keiner weiteren Kennzeichnung.

2.5.4  Schaltzeichen

In Tabelle 2.1 sind die am häufigsten verwendeten Schaltzeich en aufgeführt. Die Liste ist alles andere als vollständig, im weiteren Verlauf des Buches werden aber noch weitere Schaltzeichen erläutert.

Es gibt bei den Schaltzeichen zwei Stilrichtungen: eine amerikanische und eine europäische. Glücklicherweise sind diese einander so ähnlich, dass es keine Schwierigkeiten bereitet, die jeweiligen Symbole zu erkennen.

In diesem Buch wird vorwiegend, aber nicht ausschließlich, die amerikanische Stilrichtung verwendet.

Symbol

(USA)

Symbol

(Europa)

Bild

Bauteil

Verwendung

Widerstand

Elektrischem Strom einen Widerstand bieten

Kondensator

Temporäres Speichern von Ladung

Elektrolytkondensator (gepolt)

 

Transistor (bipolar NPN)

Mittels eines kleinen Stroms einen großen Strom schalten

Transistor (MOSFET N-Kanal)

Mittels eines sehr kleinen Stroms einen großen Strom schalten

Diode

Verhindert, dass Strom in der falschen Richtung fließt

LED

Statusanzeige, Beleuchtung

Batterie

Stromversorgung

Schalter

Ein- und Ausschalten

Tabelle 2.2:  Schaltzeichen

2.6  Zusammenfassung

Im nächsten Kapitel werden wir einen sehr viel pragmatischeren Blick auf einfache Hacks werfen und die Fähigkeit, elektronische Schaltungen aufzubauen, deutlich verfeinern. Unter anderem kommt erstmals die Steckplatine zum Einsatz, und das Löten beschränkt sich nicht mehr auf das Verbinden von Kabelenden.

Wir werden also die Steckplatine verwenden, um elektronische Schaltungen möglichst schnell zum Laufen zu bringen.