In diesem Kapitel werden wir einen Blick auf das Auseinandernehmen und Wiederzusammenbauen verschiedener Geräte werfen. In einigen Fällen geht es auch nur darum, Bauteile zur Wiederverwendung zu erlangen.
Eine Menge Unterhaltungselektronik wandert in der heutigen Wegwerfgesellschaft direkt auf die Müllhalde, wenn sie nicht mehr funktioniert. Rein wirtschaftlich betrachtet lohnt es sich einfach nicht, jemanden für die Reparatur der Geräte zu bezahlen. Das heißt aber nicht, dass es nicht lohnt, selbst eine Reparatur wenigstens zu versuchen . Auch wenn die Reparatur fehlschlägt, lassen sich meistens noch durchaus brauchbare Komponenten zur Verwendung in eigenen Projekten wiedergewinnen.
Arbeiten Sie NIEMALS an einem Gerät, das an der Steckdose angeschlossen ist. Ich lege den Stecker des fraglichen Geräts immer direkt vor mir ab, sodass ich ihn im Auge habe und mir sicher sein kann, dass er nicht mit der Steckdose verbunden ist. Laut VDE (Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.) kommen jedes Jahr allein in Deutschland etwa 100 Menschen durch Stromschlag ums Leben. Nehmen Sie das Thema also ernst!
In einigen Geräten, etwa in Schaltnetzteilen , sind Kondensatoren hoher Kapazität verbaut, die auch Stunden nach dem Abziehen des Netzsteckers noch geladen sind und nur darauf warten, dass irgendein argloser Finger den Stromkreis schließt.
Wenn es sich nicht um einen sehr kleinen Kondensator handelt, sollte man ihn auch keinesfalls entladen, indem man ihn mit einem Schraubendreher kurzschließt. Ein großer Kondensator hoher Spannung kann in Sekundenbruchteilen enorme Ladungsmengen liefern und dabei die Spitze des Schraubendrehers schmelzen und glühende Metallstückchen umherschleudern. Es sind schon Menschen durch derart explodierende Kondensatoren erblindet, also unterlassen Sie das Kurzschließen besser.
Abbildung 10.1
zeigt, wie ein Kondensat
or sicher entladen wird. Die Beinchen eines 100
-Widerstand sind so zurechtgebogen, dass Sie die Kontakte des Kondensators miteinander verbinden können. Halten Sie dann den Widerstand mit einer Zange einige Sekunden an die Kondensatoranschlüsse. Sie können nun den höchsten Messbereich Ihres Multimeters verwenden, um zu überprüfen, ob die Spannung des Kondensators auf ein ungefährliches Maß (von vielleicht 50V) zurückgegangen ist. Wenn Sie einen Widerstand mit hoher Leistungsaufnahme verwenden: Umso besser! Ist die Belastbarkeit des Widerstands zu gering, kann er kaputtgehen, allerdings nicht so spektakulär wie ein Kondensator, der auf gefährliche Art entladen wird.
Zu den Geräten, die schmerzvolle oder manchmal sogar tödliche Stromschläge austeilen können, gehören unter anderem:
ältere Fernseher oder Monitore mit Bildröhre
Schaltnetzteile
Blitzgeräte und Einwegkameras mit Blitz
Es heißt oft »Jeder Dummkopf kann etwas auseinandernehmen. Es wieder zusammenzubauen, ist eine völlig andere Sache.« Denken Sie also bitte daran, dass beim Auseinandernehmen eines Geräts normalerweise die Garantie verloren geht.
Beachten Sie einige einfache Regeln, um Probleme zu vermeiden:
Achten Sie auf einen aufgeräumten Arbeitsplatz, der viel Platz bietet.
Legen Sie entfernte Schrauben in der gleichen Anordnung ab, in der sie sich im Gerät befunden haben. Manchmal sind die Schrauben auch von verschiedener Größe. Wenn die Gefahr besteht, dass die Schrauben auf der Arbeitsfläche durcheinandergeraten oder herunterfallen, können Sie eine Styroporplatte (oder etwas Vergleichbares) verwenden, in die Sie die Schrauben hineindrücken.
Achten Sie nach Entnahme der Schrauben beim Öffnen des Geräts auf kleine Plastikteile wie Drucktaster, die herausfallen könnten. Belassen Sie diese Teile möglichst an ihrem Platz, bevor Sie sie gezielt entfernen.
Wenn die Sache kompliziert wirkt, sollten Sie eine Skizze anfertigen oder das Gerät fotografieren. (Ich mache beim Reparieren meistens einen Haufen Fotos, wenn ein Gerät viele mechanische Bauteile besitzt, wie etwa ein Haartrockner.)
Versuchen Sie möglichst, beim Entfernen der Komponenten keine größere Kraft auszuüben. Halten Sie Ausschau nach Halteklammern oder Stellen, an denen Bauteile eingerastet sind.
Wenn alle Stränge reißen, können Sie versuchen, das Gehäuse mit einer Handsäge aufzuschneiden (ich musste schon darauf zurückgreifen). Später können Sie die Teile dann wieder verkleben.
Das bei einem nicht mehr funktionierenden Gerät am leichtesten zu behebende Problem ist eine defekte Sicherung , denn diese lässt sich leicht überprüfen und gegebenenfalls ersetzen. Eine Sicherung ist im Grunde genommen nur ein Draht, der dafür ausgelegt ist, beim Überschreiten eines bestimmten Stroms durchzubrennen. Dadurch werden wertvollere Bauteile geschützt, und möglicherweise wird sogar der Ausbruch eines Feuers verhindert.
Manche Sicherungen sind durchsichtig, sodass auf einen Blick erkennbar ist, ob der Draht noch intakt oder durchgebrannt ist. Der Wert einer Sicherung bemisst sich in Ampere. Im Allgemeinen findet sich irgendwo auf der Sicherung eine Angabe in A oder mA zum maximalen Strom, den sie verkraftet. Es gibt außerdem sogenannte flinke und träge Sicherungen . Wie Sie sich denken können, wird dadurch festgelegt, wie schnell die Sicherung auf einen zu hohen Strom reagiert.
In Großbritannien sind Netzstecker mit eingebautem Sicherungshalter verbreitet (Abbildung 10.2 a). Solche Sicherungshalter für Sicherungen dieser Form (Abbildung 10.2 b) findet man auch auf Leiterplatten. Abbildung 10.2 c zeigt den Sicherun gshalter im Multimeter des Autors.
Sie haben Ihr Multimeter inzwischen schon so oft im Durchgangsprüfer-Modus verwendet, dass Sie wohl erraten können, wie man das Funktionieren einer Sicherung überprüft (Abbildung 10.3 ).
Wenn eine Sicherung durchgebrannt ist, gibt es dafür meistens eine klare Ursache. Allerdings brennen Sicherungen gelegentlich auch aus anderen Gründen durch, etwa bei Spannungsspitzen im Stromnetz oder beim Einschalten eines besonders stromhungrigen Geräts wie einer Heizspirale. Wenn es keine offensichtlichen Zeichen für einen Defekt des Geräts gibt (etwa nicht mehr verbundene Drähte oder Verkohlungen), sollten Sie versuchen, die Sicherung zu ersetzen.
Falls die neue Sicherung sofort wieder durchbrennt, lohnt es nicht, es mit einer weiteren Sicherung zu probieren. Suchen Sie lieber nach der Ursache des Problems.
Eine weitere häufige Ursache für nicht mehr funktionierende Geräte sind erschöpfte Batterien. Eine einfache Spannungsmessung gibt Ihnen schnell Auskunft, ob die Batterie tatsächlich leer ist.
Wenn bei einer Batterie
mit einer Nennspannung von 1,5V (Typ AA oder AAA) oder einer 9V-Blockbatterie weniger als 1,2V bzw. 8V angezeigt werden, ist es wohl an der Zeit, sie wegzuwerfen. Allerdings kann die angezeigte Spannung einer unbelasteten Batterie ein wenig irreführend sein. Verwenden Sie einen 100
-Widerstand als Testlast
, um sich ein genaueres Bild zu machen. Abbildung 10.4
zeigt ein Multimeter und den Widerstand beim Überprüfen des Batteriezustands.
Wenn Sie in einem Haartrockner, einem Heizlüfter oder einem ähnlichen Gerät eine defekte Heizspirale vermuten, können Sie diese durch eine Widerstandsmessung überprüfen. Führen Sie die Messung aber – wie bei allen anderen Geräten auch – nur durch, wenn das Gerät vollständig vom Stromnetz getrennt ist.
Vor der Messung sollten Sie überschlagen, wie groß der Widerstandswert in etwa sein sollte. Wenn es sich beispielsweise um einen 2kW-Heizlüfter mit einer Spannung von 230V handelt, ergibt sich aus P = V2 / R durch Umformen:
R = V2
/ P = 230V × 230V / 2000W
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Es ist eigentlich immer eine gute Idee, vor einer Messung erst einmal abzuschätzen, welcher Messwert zu erwarten ist, denn wenn man zuerst misst, ist es nur allzu leicht, sich selbst einzureden, dass man genau das gemessen hat, was zu erwarten war. Ich gebe zerknirscht zu, dass ich schon einmal eine verdächtige Heizspirale für intakt hielt, denn der gemessene Widerstandswert betrug einige Hundert Ohm. Schließlich dämmerte es mir, dass eine Glühlampe mit der Heizspirale parallel geschaltet und die Heizspirale selbst tatsächlich defekt war.
Wenn auf einer Leiterplatte plötzlich etwas nicht mehr funktioniert, ist oft ein durchgebranntes Bauteil die Ursache. Manchmal führt dies zu einer sichtbaren Verkohlung in der Umgebung des betroffenen Bauteils. Widerstände und Kondensatoren sind hier häufig die Übeltäter.
Widerstände lassen sich leicht mit einem auf den entsprechenden Messbereich eingestellten Multimeter testen. Das Resultat kann zwar irreführend sein, aber Sie können Widerstände oft testen, ohne sie auszubauen, denn meistens sucht man nach einem offenen Stromkreis, einem sehr hohen Widerstand oder gelegentlich auch nach einem Kurzschluss (0
).
Falls Ihr Multimeter über einen Messbereich für Kapazitäten verfügt, können Sie auch Kondensatoren überprüfen.
Manchmal ist es gar nicht so einfach, ein bestimmtes Bauteil überhaupt zu identifizieren. Meistens findet sich aber doch irgendeine Beschriftung auf dem Gehäuse. Ein Vergrößerungsglas ist hier oft hilfreich. Stattdessen kann man auch mit der Digitalkamera ein Foto schießen und in dieses hineinzoomen, um Details zu erkennen. Wenn Sie irgendeine Kennzeichnung entdeckt haben, geben Sie diese in eine Suchmaschine Ihrer Wahl ein.
Bipolare Transistoren können ebenfalls überprüft werden. Im Abschnitt Überprüfen eines Transistors mit dem Multimeter in Kapitel 11 wird das genauer erläutert.
Beim Entlöten gibt es so einige Kniffe. Nicht selten muss man Lötzinn hinzufügen , um das vorhandene überhaupt zum Fließen zu bewegen. Ich persönlich finde es ganz probat, das Lötzinn nach und nach mit der Lötspitze aufzunehmen, die ich dann beständig mit dem Lötschwamm wieder davon befreie.
Entlötlitze (siehe im Anhang Code T13) funktioniert ebenfalls sehr gut. Abbildung 10.5 zeigt die einzelnen Schritte beim Entfernen des Lötzinns vom Anschluss eines Bauteils, das danach wieder entnommen werden kann.
Entlötlitze (Abbildung 10.5 a) ist als Meterware oder auf kleinen Rollen erhältlich, Sie brauchen aber auch nur wenig davon. Es handelt sich um ein Geflecht aus sehr feinen Drähten, die mit einem Flussmittel beschichtet sind, das es dem Lötzinn erleichtert, von der Leiterplatte oder der Lötstreifenrasterplatine abzufließen.
Abbildung 10.5 b zeigt die Lötstelle (gelb eingekreist), die es zu entlöten gilt. Drücken Sie die Entlötlitze mit der Lötspitze Ihres Lötkolbens auf die Lötstelle (Abbildung 10.5 c). Sie können dann spüren, wie das Lötzinnkügelchen schmilzt und von der Entlötlitze regelrecht aufgesaugt wird. Entfernen Sie die Entlötlitze, solange die Lötstelle noch heiß ist. Sie sollten nun eine saubere Lötstelle vorfinden, deren Lötzinn sich nun in der Entlötlitze befindet (Abbildung 10.5 d).
Schneiden Sie das mit Lötzinn vollgesaugte Stück der Entlötlitze ab und werfen Sie es weg. Unter Umständen müssen Sie dieses Vorgehen mehrere Male wiederholen, bis genügend Lötzinn entfernt ist, um das Bauteil entnehmen zu können.
Das Einlöten des Ersatzbauteils ist nicht weiter kompliziert, Sie müssen sich lediglich vergewissern, dass dessen Ausrichtung oder Polung stimmt. An dieser Stelle könnte sich das vorherige Fotografieren der Leiterplatte als nützlich erweisen.
Defekte Unterhaltungselektronik stellt eine ausgezeichnete Quelle für Bauteile dar. Seien Sie aber ruhig etwas wählerisch, denn bei manchen Bauteilen lohnt sich deren Rettung überhaupt nicht. Widerstände beispielsweise sind so billig, dass es die Mühe nicht wert ist, diese auszulöten.
Ich halte bei der »Plünderung« defekter Geräte insbesondere nach folgenden Bauteilen Ausschau:
Alle Arten von Motoren
Steckverbinder
Schaltdraht
LED-Siebensegmentanzeigen
Lautsprecher
Schalter
Große Transistoren und Dioden
Große oder ungewöhnliche Kondensatoren
Schrauben mit Mutter
Abbildung 10.6 zeigt das Innere eines Videorekorders, dessen interessantere Bauteile mit einem Kommentar versehen sind.
Die einfachste Methode, um schnell mehrere Bauteile zu entnehmen, ist es, deren Anschlüsse einfach mit einem Seitenschneider zu durchtrennen. Das gilt auch für große Elektrolytkondensatoren oder andere Bauteile, sofern die verbliebenen Anschlüsse noch lang genug sind, um verwendbar zu sein. Ansonsten müssen Sie solche Bauteile entlöten.
Alle von Ihnen gebastelten Geräte verlangen nach irgendeiner Stromversorgung. Manchmal sind Batterien dafür gut geeignet, aber oft ist es wünschenswert, stattdessen das Stromnetz zu verwenden.
Angesichts der Tatsache, dass in vielen Schubladen veraltete Mobiltelefone und ihre Ladegeräte vor sich hin schlummern, erscheint es sinnvoll, solch einem Ladegerät neues Leben einzuhauchen. Wenn es sich um nicht allzu alte Mobiltelefone handelt, könnten deren Ladegeräte sehr wohl bereits über einen Standardstecker wie Mini-USB oder Micro-USB verfügen. Ladegeräte älterer Telefone besitzen hingegen proprietäre Stecker, die nur vom jeweiligen Hersteller verwendet werden.
Was sollte uns also davon abhalten, an solch einem Ladegerät einen Standardstecker anzuschließen, oder sogar die blanken Drähte mit einer Lüsterklemme zu verbinden?
Abbildung 10.7 zeigt die zum Anschluss eines 2,1mm-Hohlstecke rs an das Kabel des Ladegeräts erforderlichen Schritte.
Das Ladegerät in Form eines Steckernetzteils wird direkt mit einer Steckdose verbunden. Den Steckertyp dieses Ladegeräts gibt es schon lange nicht mehr (Abbildung 10.7 a). Der Aufkleber auf dem Ladegerät besagt, dass es 700mA bei einer Spannung von 5V liefern kann. Vergewissern Sie sich, dass das Ladegerät vom Stromnetz getrennt ist, schneiden Sie dann den alten Stecker ab und entfernen Sie die Isolierung an den Kabelenden. Es sollten zwei Leitungen vorhanden sein. Falls eine schwarz und die andere rot ist, ist für gewöhnlich die rote positiv und die schwarze negativ. Bei diesem Ladegerät sind die Leitungen jedoch rot und gelb. Eigentlich spielt die Farbe der Kabel keine Rolle, denn Sie sollten ohnehin ein Multimeter verwenden, um die Polarität festzustellen (Abbildung 10.7 b).
Denken Sie daran, das Kunststoffgehäuse des Hohlsteckers auf das Kabel zu schieben, bevor Sie anfangen zu löten!
Nun können Sie den Hohlstecker (siehe im Anhang Code H11) anlöten. Im Großen und Ganzen entspricht dies der Vorgehensweise im Abschnitt Löten an Audiosteckern in Kapitel 9 . Abbildung 10.7 c zeigt den zum Löten vorbereiteten und Abbildung 10.7 d den gebrauchsfertigen Hohlstecker.
In diesem Kapitel haben Sie erfahren, wie sich die Schätze heben lassen, die in ausrangierter oder defekter Unterhaltungselektronik verborgen liegen. Außerdem haben wir einen kurzen Blick auf das Überprüfen und die Reparatur nicht mehr funktionierender Geräte geworfen.
Wenn Sie mehr über die Reparatur elektronischer Geräte erfahren möchten, kann ich das Buch How to Diagnose and Fix Everything Electronic von Michael Geier empfehlen.