5 Daten verfälschen und vernichten

Jeder, der mehr Privatsphäre möchte, muss ein bisschen Datenfälschung betreiben. Das ist der Schlüssel, wenn Sie sich vor Leuten verstecken wollen, die entschlossen sind, Sie zu finden, ob Sie nun ins Ausland fliehen oder sich nur dort, wo Sie sind, sicherer fühlen möchten. Sun Tzu, der antike chinesische Militärstratege, schrieb in Die Kunst des Krieges: »Wenn du dich und den Feind kennst, brauchst du den Ausgang von hundert Schlachten nicht zu fürchten.« Dieser Gedanke steckt auch hinter der Verfälschung persönlicher Daten: Wenn Sie Ihre offenen Flanken kennen und sich überlegen, wie ein Verfolger sie ausnutzen könnte, sind Sie in der Lage, dem Angriff zuvorzukommen.

In den nächsten Kapiteln möchte ich Ihnen zeigen, wie Sie persönliche Daten verschleiern oder ganz vor neugierigen Blicken verbergen können. Ihr »Fälschungsauftrag« ist, wenn Sie dabei mitspielen, einfach:

Identifizieren und vernichten Sie alles, was es da draußen über Sie gibt.

Der erste Schritt besteht darin, alle Daten, die ein Zielfahnder über Sie aufspüren könnte, zu lokalisieren – das ist mit »identifizieren« gemeint. Dazu gehören aktuelle und alte Datensätze und Informationen. Das heißt, Sie müssen Kontakt zum jeweiligen Kundendienst aufnehmen und ihn belügen. Erzählen Sie den Leuten, dass die über Sie gespeicherten Daten fehlerhaft sind und »berichtigt« werden müssen. Löschen Sie danach, falls Ihnen diese Option zur Verfügung steht, das gesamte Konto. So entstellen und beseitigen Sie persönliche Daten.

Das Ziel besteht darin, jeden, der in Ihren Daten herumschnüffelt, zu verwirren, in die Irre zu führen und auf falsche Fährten zu locken. Im Idealfall lässt sich Ihr Verfolger auf diese Weise ausschalten. Schlimmstenfalls wird er an anderen Stellen weitergraben, wird sich mit Schwindeleien und Vorwänden bemühen, woanders an Ihre persönliche Daten zu gelangen und auf diesem Weg an Ihren Aufenthaltsort heranzukommen, doch solche Recherchen kosten Zeit. Mit etwas Glück wird dem Auftraggeber des Detektivs schließlich entweder das Geld oder die Geduld ausgehen.

Die meisten Privatdetektive und Personenfahnder halten sich an die Gesetze, aber einige, die ich kennengelernt habe, brechen sie auch. Sie beginnen damit, an den offenkundigen Stellen nach Ihnen zu forschen: mit Suchmaschinen, in Internetdatenbanken, bei Telefongesellschaften und Versorgungsunternehmen. Wenn sie sich wohl damit fühlen, gegen Gesetze zu verstoßen, beschaffen sie sich Ihre Bankdaten. Vielleicht haben sie einen Kumpel bei der Polizei, der das Vorstrafenregister und das Register der Fahrzeughalter überprüft. Mit den so erbeuteten Informationen arbeiten sie dann eine lange Liste lokaler

Der Duselfaktor

Wann immer mich reine Spekulation zu einer Zielperson geführt hat, nannte ich das den »Duselfaktor«. Einmal zum Beispiel wurde ich angeheuert, um einen Mann aufzuspüren, der einem Geldverleiher eine große Summe schuldete. Er war verschwunden, ohne eine Nachsende-Adresse oder neue Telefonnummer zu hinterlassen. Es schien, als habe er sich in Luft aufgelöst. Wo immer ich nach ihm suchte, geriet ich in eine Sackgasse.

   Ich fragte meinen Auftraggeber, ob er nicht noch mehr über den Kerl wisse. Das Einzige, was ihm einfiel, war die Vorliebe des verschwundenen Schuldners für aufgemotzte Autos aus den Sechzigern, sogenannte »Muscle-Cars«.

   Daraufhin rief ich bei Muscle-Car-Zeitschriften an, um herauszufinden, wer für sie den Abonnementdienst abwickelte. Als ich eine Liste von Kontakten beisammenhatte, rief ich jeden Abonnementdienst an, gab mich für den verschollenen Schuldner aus und tat so, als wollte ich überprüfen, ob die Zeitschrift auch wirklich zu meiner neuen Adresse geschickt würde. Zehn Anrufe später hatte ich einen Volltreffer und bekam seine neue Adresse in Georgia heraus.

Geschäfte und Dienstleister ab in der Hoffnung, dort irgendwo ein Kundenkonto mit Ihrem Namen zu finden. Sie strengen ihre Fantasie an, um zu ermitteln, wo Sie sich wohl verstecken könnten.

Ihre Aufgabe ist es jetzt, Ihre eigene Fantasie zu benutzen, um die Züge Ihres Verfolgers vorherzusehen, und dabei werde ich Ihnen behilflich sein.

Beginnen Sie, dort nach sich zu suchen, wo ich selbst anfangen würde: im Internet. Nehmen Sie einen Laptop, aber nutzen Sie nicht Ihren heimischen Internetanschluss, sondern einen ungesicherten öffentlichen WLAN-Hotspot. Sollte es nämlich einem Verfolger gelingen, sich in Ihr Notebook zu hacken, wird er auf diese Weise nichts davon ahnen, dass Sie ihn erwartet haben.

In den USA, dem Land der besten Suchmaschinen für diese Arbeit, geht man auf Zabasearch (www.zabasearch.com), das »Gelobte Land« der Personenfahnder und Kopfgeldjäger. Hier findet man alte Daten, die Gold wert sind, wenn man eine Person aufzuspüren versucht, da die Menschen dorthin zurückzukehren pflegen, wo sie Verwandte und Freunde haben. Manchmal listet Zabasearch sogar Ihre unveröffentlichten Mobilfunk- und Festnetznummern auf. Zaba ist eine derart umfassende Suchmaschine, dass viele Organisationen sie am liebsten verbieten lassen würden.

Geben Sie, wenn Sie in Deutschland wohnen, Ihren Namen in die auf Personensuche.de gelisteten Personen-, Adress-, Telefon- und anderen Suchmaschinen ein und gehen Sie die Trefferlisten durch. Versuchen Sie es zunächst mit landesweiten Suchen und engen dann das Gebiet auf Ihr Bundesland und Ihre Stadt ein.

Mit etwas Glück findet man eine aktuelle oder alte Adresse, vielleicht auch beides. Womöglich taucht sogar irgendwo das Geburtsdatum auf. Unter Umständen werden Sie auf eine Liste von Verwandten stoßen. Ganz schön unheimlich, nicht wahr?

Gute Anlaufstellen für die Adressensuche sind in Deutschland die Einwohnermeldeämter. Gegen eine Gebühr erteilen sie Auskunft über die Wohnadresse einer Person, allerdings müssen Sie dazu deren Wohnort kennen, weil Deutschland kein zentrales Einwohnermelderegister hat. Gehen Sie hierfür zum Beispiel auf Adressermittlung.de oder Einwohnermeldeamt24.

Als Amerikaner in den USA werden Sie auf Zaba über den Sozialversicherungs-Link mit Ihrer Sozialversicherungsnummer[3] und Ihrem Nachnamen zu einer weiteren großen Suchmaschine weitergeleitet, Intelius (www.intelius.com), ein Unternehmen, das öffentlich zugängliche personenbezogene Behördendaten verkauft. Für einen Dollar erhält man hier schon entscheidende Informationen, für etwa fünfzig Dollar ein umfassendes Dossier.

Die Möglichkeit einer derart weitgehenden Recherche detaillierter personenbezogener Daten wildfremder Menschen gibt es in Deutschland aus Datenschutzgründen nicht. Auch kostenpflichtige Suchmaschinen spucken oft nicht mehr aus, als eine einfache Google-Suche erbringen würde. Denken Sie dabei daran, Ihren Namen in Anführungsstriche zu setzen und mit verschiedenen Zusatzinformationen die Trefferlisten zu variieren und einzugrenzen, und vergessen Sie die sozialen Netzwerke nicht, die sich umfassender durchsuchen lassen, wenn Sie dort angemeldet sind.

Detekteien, die auf Personensuchen spezialisiert sind, finden womöglich mehr heraus, indem sie Bekannte und Freunde kontaktieren, sie verlangen allerdings auch saftige Honorare. Aber bedenken Sie: Wenn Ihr Verfolger bei der Suche nach Ihnen nicht knausert, sollten Sie es auch nicht tun. Stellen Sie fest, aus welchen Quellen die Informationen und Daten stammen, die Suchmaschinen oder Privatermittler aufspüren, und schauen Sie dann, was davon Sie beseitigen können.

Verfälschen Sie die über Sie gespeicherten persönlichen Daten auf allen Plattformen und Webseiten, bei denen Sie registriert sind, und löschen Sie anschließend nach Möglichkeit diese Konten ganz.[4]

Amerikanische Internetportale wie Zabasearch und Intelius, die mit wenigen Klicks und gegen eine geringe Gebühr erschöpfende Auskünfte über gesuchte Personen geben, haben in Europa bislang (zum Glück) nicht ihresgleichen. Aber selbstverständlich können alle gängigen Datenbanken und Suchmaschinen persönliche Informationen über Sie zutage fördern. Suchen Sie daher Ihren eigenen Namen über Google, Yasni, Yahoo, Bing, Metager und andere Suchmaschinen:

Überprüfen Sie jede Online-Datenbank und jedes Telefonbuch im Internet nach den Daten, die dort über Sie abrufbar sind.

Ich benutzte in den USA meist die folgenden Suchmaschinen: Google Phonebook (mittlerweile abgeschaltet), Yahoo People Search, WhitePages.com, Superpages.com, Addresses.com, Any Who.com, BirthDatabase.com. In Deutschland wären es vielleicht Yasni, DasTelefonbuch.de, 11880.com und GoYellow.de sowie für die internationale Suche Ixquick.com gewesen. Über www.Adressermittlung.de lassen sich Personen in Deutschland und Österreich finden, auch die Melderegister sind sehr gute Anlaufstellen (siehe oben). Mit Glück ermittelt man Handynummern über soziale Netzwerke wie Facebook, Xing und LinkedIn. Weitere einschlägige Suchmaschinen sind auf Personensuche.de gelistet.

Sie sollten sich die Mühe machen, Ihren Namen in sämtliche dieser Suchmaschinen einzugeben. Notieren Sie sich die Namen der Webseiten, auf denen Ihre Daten öffentlich eingesehen werden können. Benutzen Sie dazu Papier und Stift, und vernichten Sie die Zettel, sobald Sie mit der Arbeit fertig sind. Auf diese Weise sind Sie auf der sicheren Seite, sollte jemand Ihren Computer hacken und Daten von Ihrer Festplatte stehlen oder klonen.

Sobald Sie Online-Telefonbücher und Datenbanken durchforstet haben, um festzustellen, wo Sie verzeichnet sind, suchen Sie diese Plattformen auf, um zu erfahren, wie Sie diese Informationen löschen können. Leider kann ich Ihnen keine spezifischen Hinweise geben, wie Sie Ihren Namen aus diesen Seiten tilgen können, da die einschlägigen Bestimmungen und Verfahrensweisen einem ständigen Wandel unterliegen. Generell wird es eine gute Idee sein, den Link zu den häufig gestellten Fragen (FAQ) aufzurufen, denn eine der dort am häufigsten auftauchenden Fragen ist normalerweise ebenjene nach der Vorgehensweise, Daten zu entfernen. Falls Sie keine FAQ-Liste finden, suchen Sie den Kontakt-Link, um eine E-Mail zu schreiben oder anzurufen. Führt auch das zu nichts, googeln Sie nach Informationen, wie man einen Namen aus der Suchmaschine X oder Y entfernt.

Entfernen Sie Ihren Namen und/oder Ihre Telefonnummer aus allen Online-Telefonbüchern, in denen Sie gelistet sind.

Wenn Sie Google bitten, Ihre Telefonnummer aus den Suchergebnissen zu löschen, wird das Unternehmen Sie auffordern, sich direkt an den Anbieter zu wenden, dessen Ergebnisse die Suchmaschine listet, um Ihren Namen vollständig aus dem Register zu streichen. Gleiches gilt für die Entfernung eines Firmennamens.

Wenn Google oder irgendeine andere Webseite einwilligt, Ihre Daten zu entfernen, überprüfen Sie unbedingt, ob die Änderungen auch durchgeführt wurden. Nur weil eine Kundenbetreuerin Ihnen versichert, dass sie die Änderungen vorgenommen hat, heißt das noch lange nicht, dass sie es auch tatsächlich getan hat. Ich habe allzu oft erlebt, dass Leute aufgeflogen sind, weil sie es versäumt hatten, bei der Datenlöschung auf Nummer sicher zu gehen. Sorgen Sie dafür, dass Ihnen nicht das Gleiche passiert!

Als Nächstes sollten Sie sich die Standardsuchmaschinen Google, Yahoo, Bing, Metager, Ask.com, und was es sonst noch geben mag, vornehmen. Suchen Sie nach verschiedenen Variationen Ihres Namens, Wohnortes und Arbeitsplatzes:

Marie A. Schmidt

Marie Schmidt

MA Schmidt

Marie UND Schmidt

»Marie Schmidt«

Marie Schmidt Berlin

Marie Schmidt SAP SE

Jagen Sie als Nächstes auch Ihre E-Mail-Adresse durch die Suchmaschinen. Wenn sie »Marie.Schmidt@falscheadresse.com« lautet, versuchen Sie folgende Kombinationen:

Marie.Schmidt

Marie.Schmidt AT falscheadresse

(Marie.Schmidt) (falscheadresse)

Marie (PUNKT) Schmidt (AT) falscheadresse (Punkt) com

Richten Sie einen »Google Alert« für all diese Suchbegriffe ein, das ist ein Benachrichtigungsdienst der Suchmaschine, der Sie jedes Mal, wenn ein spezifischer Terminus im Netz gesucht wird, verständigt. So können Sie sichergehen, dass niemand Ihre Informationen wieder hinzufügt, nachdem Sie diese aufgespürt und verfälscht oder gelöscht haben.

Wenn Sie bei irgendeiner dieser Suchen einen Treffer erzielen, schreiben Sie sich die Internetadresse (URL) auf, wo die Daten gespeichert sind. Woher hat die Seite Ihre Informationen? Stammen sie vielleicht aus Ihrem Blog, einem Eintrag, den Sie in einem Gästebuch hinterlassen, oder einem Online-Profil, das Sie irgendwo angelegt haben? Die Chancen stehen gut, dass Sie sich selbst kompromittiert haben, indem Sie Ihren Namen in sozialen Netzwerken hinterlassen haben, daher sollte mein nächster Rat auf der Hand liegen:

Löschen Sie all Ihre Seiten in sozialen Netzwerken.

Beseitigen Sie diese Seiten, so schnell Sie können. Aber bevor Sie auf »Konto löschen« klicken, sorgen Sie dafür, dass Sie all Ihre Fotos vernichten, alle Namensmarkierungen aus den Fotos löschen lassen, die andere von Ihnen gemacht haben, und Freunde bitten, all Ihre Fotos zu tilgen oder zumindest alle Links zu Ihrer Seite zu beseitigen. Sie möchten nicht, dass ein Schnüffler herausfindet, wer Ihre Freunde sind, weil er sich sofort daranmachen würde, ihnen in irgendeiner Weise Informationen über Sie zu entlocken.

Seien Sie kein Narr

Meine Kollegen und ich spürten Leute an den entlegensten Orten auf, in Alaska und Belize, aber auch zum Beispiel in Frankreich und Deutschland, und das gelang uns, weil ihre Freunde und Verwandten es nicht lassen konnten, Facebook-Fotos von dem großartigen Leben zu posten, das die Abgetauchten führten. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Freunde umsichtiger sind. Noch besser: Seien Sie kein Narr und halten Sie Ihre Fotos grundsätzlich privat.

Blättern Sie zum Kapitel »Des Schnüfflers beste Freunde«, zurück und fragen Sie sich, ob Sie in irgendeinem der dort aufgelisteten Netzwerke oder in noch anderen vertreten sind. Falls ja, löschen Sie Ihr Konto umgehend! Wir kommen weiter unten noch einmal darauf zurück, wie Sie sicher durch soziale Netzwerke navigieren, wenn Sie es unbedingt wollen, aber fürs Erste müssen Sie, wie ich fürchte, all Ihre Verbindungen dort kappen.

Sobald Sie Ihren Namen aus so vielen Suchmaschinen, sozialen Netzwerken und anderen Internetregistern wie möglich entfernt haben, fängt der eigentliche Spaß an, denn jetzt beginnen wir mit dem Verdrehen und Verfälschen und Verwirren. Ich weiß, durch Google-Trefferlisten zu scrollen kann ziemlich langweilig sein – daher bin ich mir sicher, Sie sind froh, dass nun der Zeitpunkt gekommen ist, zum Telefon zu greifen und zu lügen, was das Zeug hält.

Wie in den vorangegangenen Kapiteln erwähnt, stehen einem Personenfahnder zahlreiche Wege zur Verfügung, Sie aufzuspüren, ohne einen Computer zu benutzen. Hier eine kleine Liste, wo er anrufen könnte, wenn er nach Ihnen sucht:

Haben Sie Konten bei irgendeinem dieser Unternehmen und Institutionen? Wenn die Antwort Ja lautet, müssen Sie einige Anrufe tätigen, ein paar kleine Flunkereien erzählen und dann Ihre Konten löschen, falls Sie können. (Gewöhnen Sie sich an die Idee, Ihre Zeitschriften am Kiosk zu kaufen und Ihre DVDs aus dem Automaten zu leihen, falls Sie in einer Großstadt leben.) Leider können Sie nicht einfach anrufen und um Löschung Ihres Kontos bitten, vielmehr sind die Schwindeleien, die diesem Schritt vorausgehen, ein unerlässlicher Bestandteil des Spiels. Zu viele Unternehmen behalten nämlich Ihre Daten, für den Fall, dass Sie irgendwann zurückkommen, und einem wirklich cleveren Schnüffler könnte es gelingen, diese Informationen aufzuspüren. Vor der Löschung müssen Sie daher jedes Unternehmen, das Daten über Sie besitzt, anrufen und diese Daten ein klein wenig verändern und auf diese Weise nutzlos machen, falls ein Verfolger an sie herankommen sollte.

Wir sind zu einer Gesellschaft geworden, die sich immer stärker vernetzt und alle möglichen Verbindungen erzeugt. Ob das örtliche Kaufhaus, eine App, die man sich aufs Handy lädt, oder ein soziales Medium: Sie alle wollen sich mit uns verbinden. In der Welt des spurlosen Verschwindens sind Verbindungen gefährlich und können dazu führen, dass wir auffliegen.

Wenn Sie Ihr Verschwinden planen und bereits untergetaucht sind, müssen Sie sich über Verbindungen Gedanken machen. Wenn Sie Zug A nehmen, wie lässt sich daraus eine Verbindung ableiten, die zu Ihrer Entdeckung führt? Wenn Sie von Berlin nach München ziehen, hinterlassen Sie da an irgendeiner Stelle Informationen über diese Verbindung? Wenn Sie eine Prepaid-SIM-Karte kaufen, ist damit eine Verbindung zu Ihrer Identität verbunden? Selbst wenn Sie keinen Ausweis vorzeigen, gibt es eine Überwachungskamera in dem Geschäft. Am anschaulichsten wird die Gefahr solcher Verbindungen durch die Kebab-Geschichte.

Stellen Sie sich vor, es ist Freitagabend und ein Teenager begeht in einem Jugendklub den Fehler, das Mädchen des Pausenhofschlägers zum Tanz aufzufordern. Der Schläger findet es heraus und der Junge kann sich auf eine böse Packung gefasst machen. In den folgenden Tagen jagt der Schläger den Jungen, doch der weicht ihm immer wieder geschickt aus.

In der nächsten Woche liefert der Teenager mit seinem Fahrrad Kebab aus. Als er vor einer Wohnungstür steht, wird ihm klar, dass dort der Schläger wohnt. Er weiß, wenn er jetzt klopft und der Typ zu Hause ist, bekommt er etwas auf die Mütze. Liefert er das Essen dagegen nicht aus, verliert er seinen Job. Die Frage ist, wie kann der Junge seinen Auftrag erledigen, ohne sich eine Tracht Prügel einzufangen? Oder: Wie kann er sein Ziel erreichen, ohne dabei in Erscheinung zu treten?

Der Junge, ein kluges Köpfchen, geht zur Straßenecke, spricht einen anderen jungen Kerl an und sagt ihm, wenn er den Döner ausliefert, kann er das Trinkgeld behalten. Der willigt ein. So kann der Junge den Auftrag erfüllen und der Kloppe aus dem Weg gehen. Nach demselben Muster können Sie vermeiden, eine Verbindung in Form einer nachzuverfolgenden digitalen Spur zu hinterlassen, indem Sie jemand anders für Sie eine E-Mail schicken oder einen Anruf von einem Handy tätigen lassen. In dem Fall hat der Helfer den Fußabdruck hinterlassen.

So einfach das klingt, nur so können Sie es vermeiden, digitale Fußabdrücke zu hinterlassen und Verbindungen zu erzeugen. Denken Sie an das moderne Leben, die digitale Überwachung, die Ortung von Funktelefonen, die Videokameras an öffentlichen und privaten Plätzen. Unsere Welt ist mit Überwachungssystemen überzogen, die ständig unsere Daten abschöpfen. Sie als verschwundene Person müssen überdenken, wie Sie sich in einer solchen Gesellschaft bewegen, wie Sie kommunizieren und wie Sie Ihr alltägliches Leben organisieren. Bis zu einem gewissen Maß ist das Verschwinden etwas für überlegt handelnde Menschen.

Viele Menschen überstürzen ihren Abgang und denken die einzelnen Schritte nicht durch. Das kann ihnen zum Verhängnis werden. Spurlos zu verschwinden ist mehr, als von A nach B zu gelangen. Es geht darum, sich in Herrn oder Frau Anonymus zu verwandeln. Sie lösen sich in Luft auf und werden gewissermaßen zu einer virtuellen Existenz, einer, die allem Physischen nach Möglichkeit aus dem Weg geht und es um jeden Preis vermeidet, Verbindungen zu erzeugen.

Meine Strategie des Verschwindens konzentriert sich auf die Kontrolle und Kappung von Verbindungen. Denken Sie an die Knöpfe, die Sie drücken – »Enter«, »Senden«, »Anmelden«, »Abmelden«, »Zum Einkaufswagen hinzufügen« – und jeden anderen Knopf, den man anklickt, jedes Textfeld, in das man etwas hineintippt, sei es auf dem Computer oder Smartphone. All dies verbindet uns mit etwas, und alle Verbindungen hinterlassen eine digitale Spur. Alle digitalen Spuren können zu unserer Entdeckung führen.

Die Wörter »Guthaben« oder »Prepaid« und »Barzahlung« suggerieren Anonymität. Es stimmt jedoch nur zum Teil, dass Prepaid und Bargeld die Identität des Nutzers verbergen. Wenn Sie mit einer Prepaid-SIM-Karte telefonieren, ist Ihre Identität in vielen Ländern der Telefongesellschaft unbekannt. (In Deutschland sind die Anbieter von Prepaid-SIM-Karten gehalten, die Personalien der Käufer zu prüfen und festzuhalten.) Doch wenn Sie verschiedene Geschäfte betreten haben, um ein Billighandy und eine Prepaid-SIM-Karte zu kaufen, wurden Sie, selbst wenn Sie mit einem falschen Ausweis unterwegs waren, von Überwachungskameras gefilmt, können also mit dem Handy in Verbindung gebracht werden. So anonym sind Bargeld und Vorauskasse also auch nicht. Sie müssen lernen, Verbindungen zu meiden.

Die Kebab-Geschichte lehrt uns, dass es am besten ist, andere die Verbindungen herstellen zu lassen. Warum selbst in einen Laden mit Überwachungskameras gehen, wenn man auch jemand damit beauftragen kann? Auf diese Weise verhindern Sie eine direkte Verbindung. Ab heute sollten Sie strategisch vorgehen und denken wie der Kebab-Junge.

Eitelkeit macht verwundbar

Was die Hortung und Speicherung Ihrer Daten betrifft, gehören Fitness- und Bräunungsstudios zu den schlimmsten Übeltätern. Eine Freundin von mir, die sich gern im Solarium brutzeln lässt, erzählte mir, ihr Studio habe sie neulich gebeten, ihren Fingerabdruck scannen zu lassen, um den Missbrauch ihres Kundenkontos durch andere sicher auszuschließen. Ihren Fingerabdruck! Die internationalen und die meisten nationalen Strafverfolgungsbehörden verlangen von rechtschaffenen Bürgern nicht die Hinterlegung ihrer Fingerabdrücke, aber ein Solarium sehr wohl? Da stimmt doch etwas nicht.

   Die meisten Fitnessstudios bestehen heute auf einem Foto des Mitglieds, das immer erscheint, wenn man die Mitgliedskarte einscannt. Dies soll, wie bei den Solarien, sicherstellen, dass niemand sonst Ihr Konto benutzt. Aber damit erleichtern Sie es zum Beispiel einem Stalker, Sie zu finden.

   Da die Speicherung von Fotos und Fingerabdrücken an solchen Orten bald allgegenwärtig sein wird, rate ich dazu, sie ganz zu meiden. Sie wollen trainieren? Kaufen Sie ein paar Laufschuhe und gehen Sie joggen. Sie wollen braun werden? Legen Sie sich in die Sonne – oder, noch besser, lassen Sie es gleich ganz sein. (Haben Sie noch nie etwas von Hautkrebs gehört?)

Sagen wir, Ihr Name ist Hans Henecke und Sie möchten abtauchen. Ihre Kontaktinformation lautet:

Hans H. Henecke

Hobrechtstraße 10

12043 Berlin

Rufen Sie alle Dienstleister an, die Ihre Kontaktinformationen haben, und erklären Sie ihnen:

HANS: Hallo, Hans Henecke hier, ich hätte eine Frage zu meinem Konto.

SERVICE: Gern, Herr Henecke, womit kann ich dienen?

HANS: Ich glaube, mein Name ist bei Ihnen falsch gespeichert. Er lautet Hähneke, H-Ä-H-N-E-K-E.

SERVICE: Oh, gut, ich korrigiere das.

Ein paar Tage später rufen Sie abermals an und sagen:

HANS: Hallo, Hans Hähneke. Ich habe eine Frage zu meinem Konto.

Überprüfen Sie nun die Änderung der Schreibung und geben Sie an, dass sich Ihre Berufsbezeichnung geändert hat. Sie können die Bezeichnung ändern, aber ändern Sie nicht den Beruf – wenn ein Personenfahnder auf diese Information stößt, wird er eine Finte wittern und aufhören, in dieser Richtung weiterzusuchen.

Frisieren Sie die Daten, überprüfen Sie die Änderung und wiederholen Sie das Prozedere bei allen anderen Firmen, die Ihre Daten haben, aber achten Sie darauf, Ihren Namen jedes Mal anders zu buchstabieren: Hansi Hernecke, Hans Herricke, Hennes Hährnicke. Sie müssen das tun, denn wenn ein Zielfahnder glaubt, dass Sie und »Hans Hähneke« (oder »Hernecke«) ein und dieselbe Person sind, könnte er annehmen, dass es sich um einen Aliasnamen handelt, und anfangen, Sie unter diesem Namen zu suchen. Seien Sie unausrechenbar.

In manchen Ländern, wie Großbritannien, hat jeder Bürger eine einzige Sozialversicherungsnummer, in Deutschland werden aus Datenschutzgründen unterschiedliche Nummern für die Kranken- und die Rentenversicherung verwendet. Die für alle Bürger vorgeschriebene Sozialversicherungsnummer in den USA wird nicht nur vom Sozialversicherungssystem benutzt, sondern auch von Behörden und Privatfirmen, zum Beispiel Banken und Versorgungsunternehmen, denn es gibt hier keine nationale Personalausweispflicht, und so behilft man sich oft mit dem Führerschein und/oder der Sozialversicherungsnummer als unverwechselbaren Personenkennzeichen.

Eine falsche Sozialversicherungsnummer anzugeben ist in den Vereinigten Staaten verboten – ein Gesetz, an das man sich besser halten sollte. Unverwechselbare Personenkennzeichen dieser Art dürfen Sie natürlich auch in anderen Ländern nicht verändern. Aber wenn ein Stalker hinter Ihnen her ist und Sie um Ihr Leben fürchten, reift in Ihnen vielleicht doch der Entschluss, alles Erdenkliche und Notwendige zu unternehmen, um am Leben zu bleiben. Ralph Waldo Emerson hat einmal gesagt, dass gute Menschen die Gesetze nicht allzu streng befolgen sollten. So werden Sie vielleicht Firmen, die Ihre Sozialversicherungsnummer oder ein anderes eindeutiges Personenkennzeichen gespeichert haben, anrufen wollen und erklären:

HANS: Hallo, Hans Henecke. Ich habe eine Frage zu meinem Konto.

KUNDENMITARBEITER: Womit kann ich Ihnen dienen?

HANS: Ich glaube, eine Ziffer meiner Rentenversicherungsnummer bei Ihnen ist falsch.

MITARBEITER: Gut, dann ändern wir das.

Warum sollte es überhaupt notwendig sein, gegen das Gesetz zu verstoßen? Nun, wie gesagt, gewiefte Schnüffler bekommen so ziemlich jede Information heraus, die sie suchen.

Sobald Sie Ihre elementaren Personenkennzeichen verändert haben – Ihren Namen, Ihre Berufsbezeichnung, Ihre Kranken- und Rentenversicherungsnummer, falls Sie so weit gehen wollen –, ist es an der Zeit, jedes Unternehmen abermals zu kontaktieren und Ihre Postadresse und Telefonnummer zu ändern. Wenn Sie das Opfer eines Stalkers oder einer Stalkerin sind, schlage ich vor, dass Sie als neue Kontaktinformation das örtliche Polizeirevier angeben, damit ein anständiger Privatdetektiv seinen Auftraggeber mit unangenehmen Fragen konfrontiert und seine Nachforschungen hoffentlich einstellt.

Wenn Sie kein Opfer sind, gibt es keinen Grund, die Polizei hineinzuziehen. Wählen Sie ein zufälliges Postfach in einer anderen Stadt, rufen Sie dann den Kundenservice aller Firmen an, die Ihre Daten haben, und bitten Sie darum, die Adresse zu ändern. Ihr Verfolger wird seine Zeit damit verbringen, herauszufinden, wem das Postfach gehört, und in eine Sackgasse laufen. Bleiben Sie auch hier wieder realistisch, damit Ihr Verfolger nicht Lunte riecht. Wenn Sie in München in einer Wohnwagensiedlung hausen, wählen Sie kein Postfach in Bogenhausen oder Schwabing.

Notieren Sie alle neuen Daten, die Sie diesen Firmen gegeben haben, damit Sie nicht vergessen, wie Sie in Zukunft auf Ihre Kundenkonten zugreifen können. Nutzen Sie dazu Stift und Papier.

Nun müssen Sie nur noch eine letzte Tat vollbringen:

Rufen Sie diese Firmen an und löschen Sie so viele Registrierungen und Konten wie möglich.

Kündigen Sie Ihren Mobilfunkvertrag und wechseln Sie zu einem Prepaid-Handy. Machen Sie dasselbe mit Ihren Kreditkarten: Wechseln Sie zu Guthabenkarten. Bestellen Sie Netflix und Ihre Zeitschriften ab. Auf diese Weise kappen Sie die Verknüpfung zwischen diesen Diensten und Ihren Kontaktinformationen, und selbst wenn ein Verfolger so brillant ist, die alten Abo-Daten aufzuspüren, werden diese nun sowieso falsch sein.

Wenn Sie ein Vertragskonto nicht kündigen können – sagen wir, Ihren Stromvertrag (Sie verlassen Ihre Wohnung nicht und können schließlich schlecht im Dunkeln leben) –, müssen Sie immer daran denken, dass Sie dem Versorger neue Kontaktinformationen gegeben haben, und sich daran gewöhnen, jeden Monat dort anzurufen und zu fragen, wie viel Geld Sie schulden. Schließlich haben Sie ja die mit dem Konto verbundene Adresse geändert, das heißt, Ihre Rechnungen werden jetzt ins Blaue verschickt – und ich rate Ihnen nicht zur Online-Bezahlung der Rechnungen, weil ein Ermittler die IP-Adresse herausfinden könnte, die Sie verwenden, um Sie auf diese Weise zu lokalisieren. Über das Telefon zu bezahlen ist ein Kinderspiel; rufen Sie einfach die Servicenummer an, fragen Sie, wie viel Sie schuldig sind, und geben Sie eine Guthabenkreditkarte an oder schicken eine Zahlungsanweisung.

Ja, das alles ist kompliziert und ein wenig mühselig. Aber ich jedenfalls finde, dass der Schutz der Privatsphäre es wert ist. Wenn Sie mir zustimmen und wie die meisten Menschen in der Vergangenheit bei der Preisgabe persönlicher Informationen unvorsichtig waren, werden Sie eine Menge »Desinformationsanrufe« tätigen müssen.

Vielleicht sind Sie nun überwältigt, weil es so viele Orte gibt, wo Sie Ihre Daten hinterlassen haben, dass Sie sich wahrscheinlich gar nicht an alle erinnern. Aber seien Sie beruhigt: Ich bin hier, um Ihrem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen. Im nächsten Kapitel stellen wir sicher, dass Sie alle Schlupflöcher gestopft haben.

Handelt es sich hier um Identitätsbetrug?

Nein. Absichtlich kleine Fehler in Ihre Daten einzuschmuggeln ist nicht dasselbe, wie ein völlig neues Konto unter falschem Namen zu eröffnen. Sie täuschen und betrügen niemanden; Sie gefährden nicht die Kreditinformationen oder den Ruf einer anderen Person, indem Sie deren gestohlene Daten verwenden. Sie sind noch immer als Sie selbst unterwegs – nur mit einer Reihe zusätzlicher Tippfehler in Ihren Daten.

   Ich empfehle Ihnen nicht, sich jemals unter einer falschen Identität zu verstecken, es sei denn, Sie befinden sich in einem Zeugenschutzprogramm und tun dies in voller Abstimmung mit den staatlichen Behörden. Es ist zu einfach für die Polizei, Identitätsbetrug und Identitätsdiebstahl aufzudecken, und die Strafen dafür lohnen das hohe Risiko nicht.