Kapitel 12

Ein bisschen Pflege tut dem Akku gut

IN DIESEM KAPITEL

  • Wie schont man den Akku am besten?
  • Was hat es mit dem Balancieren der Akkuzellen auf sich?

Die chemische Zusammensetzung von Batteriezellen ist nicht von unendlicher Dauer. Lithium-Ionen-Akkus haben leider ein Problem mit hohen Temperaturen sowie langen Zeiträumen mit nahezu leerem oder randvollem Akku. Das schädigt auf Dauer die chemischen Strukturen in den Zellen, im Besonderen die Grafitgitter. Je öfter diese Situationen vorkommen, desto mehr und schneller verliert der Akku an Kapazität und Leistung.

Akkus mögen weder Hitze noch Gedrängel in den Zellen

Keine Angst! Um größere Schäden am Akku zu vermeiden, hält die Software Ihrer Bordelektronik schon wirksame Maßnahmen vor. Sie können mit Ihrem Verhalten allerdings die Lebensdauer Ihres Akkus erhöhen und den Abfall der Leistungsfähigkeit verzögern, indem Sie Folgendes tun:

  • Lassen Sie Ihren Wagen nur so kurz wie möglich mit vollem oder leerem Akku stehen. Bei längeren Standzeiten – zum Beispiel während des Urlaubs – hinterlassen Sie ihn möglichst mit einem Akkustand von 50 Prozent.
  • Versuchen Sie, mit dem Ladestand stets zwischen 20 und 80 Prozent zu bleiben (der Netto-Akku-Kapazität, den Sicherheitspuffer des Herstellers nicht mitberechnet), optimal wären sogar 30 bis 70 Prozent. Bei den meisten Autos lassen sich Maximalwerte für AC-Ladungen einprogrammieren. Laden Sie nur bis auf 100 Prozent, wenn Sie dies für Langstrecken benötigen, um die nächste Ladesäule sicher zu erreichen.
  • Starten Sie den Ladevorgang nicht abends, wenn Sie nach Hause kommen, sondern so spät wie möglich, dass die Zeit reicht, den Akku bis zur nächsten Fahrt am Morgen auf den gewünschten Ladestand zu bringen. In der Regel lassen sich geplante Abfahrtzeiten und gewünschte Füllstände im Auto programmieren – dann übernimmt der Bordcomputer den nächtlichen Ladestart für Sie. Vorteil im Winter: Sie starten dann auch mit einem durch das Laden vorgewärmten Akku.
  • Laden Sie, wann immer es geht, so langsam wie möglich mit geringer Leistung. Nutzen Sie Schnelllader möglichst nur auf Langstrecken zum Zwischenladen.
  • Legen Sie auf Langstrecken lieber einen Ladestopp mehr ein, statt auf möglichst großen Distanzen den Akku immer von 100 auf nahezu 0 leer zu fahren. Im Übrigen geht das Laden unter 70 bis 80 Prozent auch schneller. Siehe auch Kapitel 16 »So fährt man möglichst weit und schnell«, Abschnitt »Am schnellsten von A über B und C nach D«.
  • Auch wenn dieser Tipp nicht mehr zum Laden, sondern schon zum Fahren gehört: Vermeiden Sie es, im Kaltzustand des Akkus – also gleich nach dem Start – »Vollstrom« zu geben. Auch ein Überhitzen ist nicht gut – zum Beispiel unter Dauerlast auf der Autobahn. Aber davor sollte die Bordelektronik den Akku schützen und ihn entsprechend kühlen beziehungsweise die Leistung reduzieren.

»Wer oft zu schnell seine Batterie lädt beziehungsweise entlädt, mindert deren Lebenserwartung.«

Martin Winter, Batterieforscher in Münster

Auch Akkus müssen das Balancieren trainieren

Nach mehreren Tausend Kilometern kann es vorkommen, dass der Akku scheinbar mehr an Kapazität verliert, als zu erwarten wäre. Das kann daran liegen, dass nicht mehr alle Zellen gleich voll geladen sind, wie es eigentlich sein soll. Sprich: Eine Zelle ist zu 100 Prozent gefüllt, andere aber nur zu 95 oder 90 Prozent. Das ist nichts Ungewöhnliches, denn die vielen Zellen sind nicht alle identisch: Es gibt durch die Herstellungsprozesse ganz leichte Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung und Kapazität. Werden nun alle Zellen beim Laden und Entladen aber immer gleich gefordert, vergrößern sich die Differenzen mit jedem Ladezyklus.1 Das muss man sich in etwa vorstellen, wie in Abbildung 12.1 zu sehen ist.

Abbildung 12.1: Nach etlichen Ladezyklen können die Akkuzellen unterschiedlich stark geladen sein.

Quelle: Silberstein

Manche Bordcomputer melden dann 100 Prozent für das Gesamtsystem, obwohl noch nicht alle Zellen randvoll sind – orientiert am Höchststand der schwächsten Zelle. Andere verharren in der Anzeige bei 95 Prozent und der Akku nimmt keinen Strom mehr auf – damit die schwächsten Zellen nicht überladen und geschädigt werden.

Beim Fahren und Entladen bleiben diese Verschiebungen bestehen – man nennt sie auch Zellendrift (drift, englisch: Verschiebung, Spannungsabweichungen zwischen den Zellen). Wenn der Bordcomputer meint, der Akku ist bei 0 Prozent, dann gibt es immer noch Zellen, die bei 5 und mehr Prozent liegen – eben die, die zuvor bei der angeblichen Vollladung an der 100er-Grenze waren. Auch hier verweigert der Bordcomputer eine weitere Entladung, um die schwachen Zellen zu schützen. Tatsächlich hat der Fahrer aber nur 90 bis 95 Prozent der eigentlich verfügbaren Kapazität nutzen können. Die schwächsten Zellen beeinflussen also die Gesamtkapazität, und das im Laufe der Zeit immer mehr.

Um dieses Problem zu beheben, sollten die Akkuzellen ab und zu ausbalanciert (lateinisch ins Gleichgewicht bringen), sprich: alle Zellen wieder auf denselben Level gebracht werden. Das Batteriemanagementsystem startet diesen Prozess in der Regel ganz automatisch, nämlich dann, wenn die Zellendrift einen bestimmten Wert überschreitet. Wie tut es das? Es setzt den Ladevorgang einfach dann ganz vorsichtig mit geringen Strömen fort, wenn der Akku eigentlich schon voll gewesen ist, der Ladestecker von der Ladestation aber längere Zeit nicht abgezogen wird. Geladen wird dann so lange, bis auch die schwächsten Zellen wieder beim Maximum sind.

Bei Batteriemanagementsystemen mit sogenanntem aktiven Balancing können dabei Ströme von kapazitätsreichen, starken Zellen in schwächere umleiten. Solche mit passivem Balancing beladen einfach alle Zellen der Akkupacks weiter, wobei überschüssige Energie bei den bereits vollen Zellen zu ihrem Schutz über einen Widerstand in Wärme umgewandelt wird – der hat quasi die Funktion eines Überdruckventils.

Die Bedingungen, wann ein Batteriemanagementsystem ein Balancing startet, sind von Modell zu Modell unterschiedlich. In Internetforen wird fleißig darüber diskutiert, wie man es manuell auslösen kann. Beim VW E-Golf heißt es zum Beispiel, der Wagen müsse weniger als 30 Prozent Füllstand haben, wenigstens eine halbe Stunde parken, dann mit Wechselstrom (AC) an Typ 2 voll aufgeladen werden und mit eingestecktem Ladekabel weitere 30 Minuten stehen.

images Auch wenn es ratsam ist, den Ladezustand zur Schonung des Akkus stets zwischen maximal 20 und 80 Prozent zu halten (siehe in diesem Kapitel im Abschnitt »Akkus mögen weder Hitze noch Gedrängel in den Zellen«), sollten Sie ihn dennoch für das Balancing auch ab und zu mal vollladen lassen und danach länger mit eingestecktem Ladekabel stehen lassen. Wie oft sollte das geschehen? Die Empfehlungen von eingefleischten E-Mobilisten reichen von alle drei Monate bis zu einem Jahr – aber das hängt natürlich auch von den Laufleistungen Ihres Fahrzeugs ab. Wenn Sie ohnehin für Langstrecken ab und zu bis 100 Prozent laden, brauchen Sie sich gar keine Gedanken darüber zu machen. Die Hersteller geben meistens auch an, dass die Batteriemanagementsysteme das Balancing automatisch übernehmen, ohne dass der Besitzer etwas davon merkt. Deshalb verzichten sie ganz auf Handlungsempfehlungen. Aber das System muss natürlich auch die Gelegenheit dazu bekommen.

Notiz

  1. 1   Eine ausführliche, aber leicht verständliche Erklärung gibt es im Internet unter: www.elektroautomobil.com/newsbeitrag/die-richtige-balance/