»Mein erstes Unternehmen habe ich mit 200 Dollar gestartet … Mit diesen 200 Dollar habe ich weitaus mehr über das Geschäftsleben gelernt als durch einen MBA, für den man sich verschulden muss.«
KEVIN KELLY
TW: @kevin2kelly
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KEVIN KELLY ist »oberster Zauberer« beim Wired -Magazin, das er im Jahr 1993 mitgegründet hat. Ebenfalls mitgegründet hat er die All Species Foundation, eine wohltätige Organisation mit dem Ziel, jede auf der Erde lebende Art zu katalogisieren und zu identifizieren, und das Rosetta Project, das ein Archiv aller dokumentierten menschlichen Sprachen aufbaut. In seiner übrigen Zeit schreibt er Bestseller-Bücher und sitzt im Rat der Long Now Foundation, wo er sich mit der Wiederbelebung und Wiederherstellung von ausgestorbenen Arten beschäftigt, darunter des Wollmammuts. Er könnte der »interessanteste Mann der Welt« in der realen Welt sein. Sein neuestes Buch heißt The Inevitable: Understanding the 12 Technological Forces That Will Shape Our Future .
Welches Buch (welche Bücher) verschenkst du am liebsten? Warum? Welche ein bis drei Bücher haben dein Leben am stärksten beeinflusst?
Hier sind die Bücher, die mein Verhalten geprägt, mein Denken verändert und meinen Lebensweg beeinflusst haben. Diese Bücher waren Hebel für mich (und andere). Ich nenne sie in der Reihenfolge, in der sie in mein Leben gekommen sind.
Childhood’s End von Arthur C. Clarke: Als einem Jungen, der ohne Fernseher in einer langweiligen Vorstadt in den 50er- und frühen 60er-Jahren aufwuchs, hat Science-Fiction mir ein Universum eröffnet. Ich verschlang alles an Science-Fiction, was unsere öffentliche Bücherei zu bieten hatte. Vor allem die Geschichten von Arthur C. Clarke haben in mir ein lebenslanges Interesse an Wissenschaft und tiefen Respekt für die Kraft der Fantasie geweckt. Diese Geschichte von der Singularität ist mir immer als etwas erschienen, auf das man sich vorbereiten sollte.
The Whole Earth Catalogue von Stewart Brand (Seite 355 ): Als ich 17 Jahre alt war, gab mir dieser dicke Katalog die Freiheit, meine eigenen Ideen zu haben, meine eigenen Werkzeuge herzustellen und unerschrocken meiner Liebe zur Kunst und zur Wissenschaft zu folgen. Ich habe ihn benutzt, um mein eigenes Leben zu erfinden. Jahrzehnte später hatte ich beim Catalogue meinen ersten richtigen Job.
The Fountainhead von Ayn Rand: Ich wurde bei den Abschlussprüfungen nach meinem ersten Jahr auf dem College dazu verführt, dieses übertriebene Manifest für die Eigenständigkeit zu lesen. Am Ende des Buches beschloss ich, die Uni abzubrechen. Ich bin nie zurückgekehrt. Das war die beste Entscheidung meines Lebens.
Leaves of Grass von Walt Whitman: Als ich diese klassische poetische Ode an Amerika und die Möglichkeiten (»Ich bin vielfach«) gelesen habe, drehte ich durch, und ich wurde von einem unwiderstehlichen Drang zum Reisen erfasst. Ich legte das Buch weg und kaufte ein Ticket nach Asien. Dort bin acht Jahre lang immer wieder herumgereist. Das war meine Universität.
The Story of My Experiments with Truth von Mahatma Gandhi: Diese Gandhi-Autobiografie hat mich merkwürdigerweise zu Jesus geführt. Gandhis Haltung der radikalen Ehrlichkeit hat mich dazu gebracht, dasselbe zu versuchen. Das war der Auftakt zu meiner spirituellen Erweckung.
Die Bibel : Sie komplett zu lesen, von Anfang bis Ende, hat alle Erwartungen zerstört, die ich an einen so grundlegenden Text hatte. Sie war merkwürdiger, fremder, verstörender und kraftvoller, als mir beigebracht wurde, zu glauben. Ich habe sie anschließend noch mehrere Male gelesen, und jedes Mal schafft sie es, mich zu verstören, auf gute und auf schlechte Arten.
Gödel, Escher, Bach von Douglas R. Hofstadter: Als ich es las, war ich begeistert und beeindruckt von der Brillanz des Buches, aber erst einmal hat es mein Leben nicht verändert. Mit den Jahren aber stellte ich fest, dass ich mich immer wieder mit seinen Erkenntnissen beschäftigte, und jedes Mal kam ich ihnen auf einer tieferen Ebene näher. Inzwischen sehe ich diese Erkenntnisse als meine eigenen Gedanken, und ich habe festgestellt, dass ich die Welt durch eine ähnliche Brille betrachte.
The Ultimate Resource von Julian Simon: ein weiteres Buch, bei dem es eine Weile dauerte, bis ich seinen Einfluss erkannt habe. Simons erhellende Erkenntnis ist, dass Geist und Intelligenz jegliche physischen Beschränkungen überwinden können und deshalb die einzige knappe Ressource sind. Diese Erkenntnis ist zu einer großen Idee für mich geworden, in deren Kontext ich vieles von dem sehe, das ich heute beobachte.
Finite and Infinite Games von James P. Carse: Dieses kleine, kurze Buch hat mir ein Vokabular gegeben, mit dem ich über den Sinn des Lebens nachdenken kann – nicht nur meines Lebens, sondern allen Lebens! Es hat mir einen mathematischen Rahmen für meine eigene Spiritualität geliefert. Wie es darin heißt, besteht das Spiel darin, das Spiel für immer am Laufen zu halten, alle Kreaturen dazu zu bringen, unendliche Spiele zu spielen statt endliche (mit Gewinnern und Verlierern) und zu verstehen, dass es nur ein unendliches Spiel gibt.
Welche Anschaffung von maximal 100 Dollar hat für dein Leben in den letzten sechs Monaten (oder in letzter Zeit) die größte positive Auswirkung gehabt?
Ich habe vor kurzem ein Team/Familienabo für 1Password abgeschlossen, eine Software für Passwort-Management. Jetzt ist es total sicher, einfach und problemlos, mit meiner ganzen Familie und den Leuten, mit denen ich eng zusammenarbeite, ein gutes Passwort-System zu teilen. Wir können ohne Sicherheitsbedenken geeignete Passwörter gemeinsam nutzen.
Was ist das beste oder lohnendste Investment, das du je getätigt hast (in Form von Geld, Zeit, Energie etc.)?
Mein erstes Unternehmen habe ich mit 200 Dollar gestartet. Ich habe eine Anzeige hinten im Rolling Stone -Magazin gekauft, in der ich den Versand eines Katalogs mit Budget-Reiseführern für 1 Dollar anbot. Weder den Katalog noch die Bücher darin gab es vorher. Wenn ich nicht genügend Bestellungen bekommen hätte, hätte ich das ganze Geld zurückgezahlt, aber letztlich hat alles funktioniert. Mit diesen 200 Dollar habe ich weitaus mehr über das Geschäftsleben gelernt als durch ein BWL-Studium, für das man sich verschulden muss.
Wozu kannst du heute leichter Nein sagen als vor fünf Jahren?
Immer wenn ich versuche, zu entscheiden, ob ich eine Einladung annehme, tue ich einfach so, als würde sie für morgen früh anstehen. Es ist leicht, Ja zu sagen, wenn etwas erst in sechs Monaten passiert. Aber um mich dazu zu bringen, gleich morgen früh hinzugehen, muss es schon superfantastisch sein.
Welche Überzeugungen, Verhaltensweisen oder Gewohnheiten, die du dir in den letzten fünf Jahren angeeignet hast, haben dein Leben am meisten verbessert?
Ich versuche, nicht an Sachen zu arbeiten, die auch jemand anderes machen könnte, selbst wenn es mir Spaß macht und ich gut dafür bezahlt würde. Ich versuche, meine besten Ideen weiterzugeben, in der Hoffnung, dass jemand sie umsetzt, denn wenn das passiert, bedeutet es, dass ich nicht der Einzige war, der dazu in der Lage war. Aus demselben Grund ermutige ich auch Konkurrenten. Am Ende bleiben für mich die Projekte, die nur ich umsetzen kann, und das macht sie besonders und wertvoll.
Welchen Rat würdest du einem intelligenten, motivierten Studenten für den Einstieg in die »echte Welt« geben? Welchen Rat sollte er ignorieren?
Versuche nicht, deine Leidenschaft zu finden. Eigne dir stattdessen eine Fähigkeit oder Wissen an, das andere wertvoll finden. Am Anfang spielt fast keine Rolle, was das ist. Du musst es nicht lieben, du musst nur der Beste darin sein. Wenn du es beherrschst, wirst du mit neuen Gelegenheiten belohnt, die dir die Chance geben, dich von den Aufgaben, die du nicht magst, wegzubewegen und hin zu den Aufgaben, die dir Spaß machen. Wenn du dein Können immer weiter optimierst, wirst du irgendwann zu deiner Leidenschaft kommen.