6.4 Beispiel 3: Luft-Wasser-Wärmepumpe in saniertem Bestandsgebäude
Ausgangspunkt für dieses Beispiel ist ein Reihenendhaus mit dem Baujahr 1984 (siehe Abbildung 6.12). Das Gebäude, das von den Eltern übernommen wurde, wird immer noch von der ursprünglichen Gasheizung beheizt. Auch die übrige Bausubstanz entspricht weitgehend dem Baujahr. Die anstehenden altersbedingten Sanierungen an der Fassade und dem Dach dienen der Familie als Anlass, eine umfassende energetische Sanierung durchzuführen. Dabei ist geplant, die Fassade zu dämmen, das Dach zu erneuern und zusätzlich zu dämmen.
Abbildung 6.12 Das Haus vor Beginn der Sanierung
Außerdem soll eine dezentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung eingebaut werden, die an der sanierten Fassade durch die quadratischen Luftaus- und Luftzulässe zu erkennen ist (siehe Abbildung 6.13). Die Heizungsanlage soll gleichzeitig von Gas auf eine Wärmepumpe umgestellt werden. An der Fußbodenheizung im Erdgeschoss und an den Heizkörpern in den restlichen Stockwerken wurde nichts verändert. Insgesamt finden alle Bauarbeiten an der Gebäudefassade und im Keller statt, sodass die Familie während der Umbauarbeiten im Haus wohnen bleiben konnte.
Für die Dämmung der Fassade und des Dachs werden Holzfaserdämmplatten verwendet. Neben einem geringeren CO₂-Fußabdruck im Vergleich zu erdölbasierten Dämmmaterialien (z. B. Styropor) bieten sie insbesondere im Dachgeschoss einen verbesserten Schutz vor Überhitzung im Sommer sowie eine sehr gute Schalldämmung, was die Lärmbelastung durch die angrenzende, stark befahrene Straße erheblich reduziert. Darüber hinaus hat die optische Aufwertung des Gebäudes durch die Hinzufügung von Holzelementen an der Fassade stattgefunden.
Abbildung 6.13 Die quadratischen Luftauslässe und -zulässe ermöglichen eine Wohnraumbelüftung mit Wärmerückgewinnung.
Abbildung 6.14 Das sanierte Dach mit PV-Anlage
Die Überzeugung der vierköpfigen Familie, sich nachhaltig mit Energie versorgen zu wollen, spiegelt sich auch in den Photovoltaikanlagen auf dem Nord- und Süddach des Gebäudes (siehe Abbildung 6.14) und in der Nutzung eines Elektroautos wieder.
Bei allen getroffenen Entscheidungen spielte die Wirtschaftlichkeit natürlich eine wichtige Rolle. Hierbei war jedoch insbesondere die Bereitschaft vorhanden, hohe Investitionskosten für das ganzheitliche Energiekonzept zu akzeptieren. Es ist verständlich, dass diese Investitionsbereitschaft nicht immer gegeben ist, insbesondere wenn Kosten von 100.000 € und mehr im Spiel sind. Andererseits zeigt gerade der Blick auf die Lebenszykluskosten, dass über mehrere Jahre oder sogar Jahrzehnte hinweg eine ähnlich hohe Summe an Energiekosten anfallen kann, insbesondere wenn Gebäude nicht energetisch auf den aktuellen Stand gebracht werden.
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Eckdaten Reihenendhaus |
---|---|
Baujahr |
1984 |
Wärmeschutzniveau |
2017 saniert, ganzheitliche Wärmedämmung und Lüftungsanlage |
Wohnfläche |
145 m² |
Art der Nutzung |
4-köpfige Familie |
Besonderheiten |
Elektroauto |
Jahr des Heizungstausches |
2017 |
Anlagenart |
Luft-Wasser-Wärmepumpe |
Wärmeverteilung |
Fußbodenheizung und Heizkörper |
Systemtemperaturen |
50 °C Vorlauftemperatur |
Ergänzende Maßnahmen |
Dämmung von Fassade und Dach, Einbau Lüftungsanlage, Photovoltaikanlage mit Batteriespeicher |
Wärmeverbrauch vor Heizungstausch |
27.000 kWh |
Tabelle 6.6 Steckbrief
Effizienz und Wirtschaftlichkeit
Die Kosten für die Anlage liegen, bezogen auf das Jahr 2017, eher über dem Durchschnitt einer üblichen Wärmepumpeninstallation (siehe Tabelle 6.7). Dies ist teilweise mit dem hohen Aufwand für die Erneuerung des Stromzählerkastens zu erklären. Dieser Eingriff war notwendig, da neben der Wärmepumpe auch eine Wallbox für das E-Auto, eine Photovoltaikanlage, ein Batteriespeicher und die Lüftungsanlage an den Verteilerkasten angeschlossen werden mussten und der alte Verteilerkasten nicht genügend Anschlussmöglichkeiten hergab.
Material und Montage |
Kosten |
---|---|
Zählerkasten und Elektroinstallation |
4.500 € |
Wärmepumpe |
17.350 € |
Montage |
17.000 € |
Gesamtkosten |
38.850 € |
Förderung (Stand 2023) |
–13.600 € |
Eigenanteil |
25.250 € |
Tabelle 6.7 Investitionskosten des Heizungssystems
Zur Bewertung der Anlageneffizienz stehen der Gesamtstrombedarf des Gebäudes in Höhe von etwa 12.000 kWh und eine Jahresarbeitszahl von 3,3 zur Verfügung, die aus der Steuerung der Wärmepumpe abgelesen werden kann. Es wird angenommen, dass etwa 3.500 kWh Strom für den Haushalt und weitere 3.000 kWh für das Laden des Elektroautos benötigt werden. Die verbleibenden 5.500 kWh entfallen auf die Nutzung der Wärmepumpe. In Kombination mit der Jahresarbeitszahl von 3,3 ergibt sich somit ein geschätzter Gesamtwärmebedarf für die Beheizung des Gebäudes und die Bereitstellung von Trinkwarmwasser von etwa 18.200 kWh.
Abbildung 6.15 Die Luftwärmepumpe wurde straßenseitig platziert.
Mit einer Jahresarbeitszahl von 3,3 weist die Wärmepumpe angesichts der eingestellten Systemtemperatur von 50 °C für die Heizkörper einen guten Wert auf. Dem Stromverbrauch von ca. 12.000 kWh für Heizung, Haushalt und E-Auto steht ein Stromertrag von ca. 5.300 kWh durch die PV-Anlage gegenüber. Mehr als 70 % davon kann direkt verbraucht werden, der Rest wird gegen eine kleine Vergütung in das öffentliche Netz eingespeist. Insgesamt ergeben sich damit erstaunlich niedrige Energiekosten von ca. 195 € pro Monat (siehe Tabelle 6.8). Ohne E-Auto würden diese sogar auf 120 € pro Monat sinken.
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Wärmebedarf und Betriebskosten |
---|---|
Wärmebedarf pro Jahr |
ca. 18.200 kWh |
Jahresarbeitszahl Wärmepumpe |
3,3 |
Stromverbrauch Heizung und Brauchwasser |
ca. 5.500 kWh |
Stromverbrauch Haushalt |
ca. 3.500 kWh |
Stromverbrauch E-Auto |
ca. 3.000 kWh |
PV-Ertrag Eigennutzung (72 %) |
ca. 3.700 kWh |
PV-Ertrag Einspeisung (28 %) |
ca. 1.600 kWh |
Gesamtenergiekosten |
ca. 2.300 €/Jahr |
Gesamtenergiekosten |
ca. 195 €/Monat |
Gesamtenergiekosten ohne E-Auto |
ca. 120 €/Monat |
Tabelle 6.8 Betriebsdaten
Lebenszykluskosten
Auch in diesem Beispiel erfolgt wieder ein Vergleich zu einer konventionellen Gasheizung. Es werden dabei alle Energiekosten des Haushalts kumuliert betrachtet, also der Haushaltsstrom, das Laden des E-Autos und der Betrieb der Wärmepumpe. Sowohl in der Variante Gasheizung als auch bei der Wärmepumpe werden die Kosten einer 6 kWp PV-Anlage inkl. 5 kWh Batteriespeicher in Höhe von 20.000 € angenommen.
Für die Wärmepumpe wird eine Förderung in Höhe von 35 % angenommen, was dem aktuell gültigen Förderprogramm des BAFA für eine Wärmepumpe mit Austauschbonus einer mehr als 20 Jahre alten Gasheizung entspricht. Die Mehrkosten der Wärmepumpe im Vergleich zur Gasheizung belaufen sich damit auf ca. 10.000 €. Bei den aktuellen Energiepreisen von 9 ct/kWh für Erdgas und 30 ct/kWh für Strom schneidet die Wärmepumpe ab dem 19. Betriebsjahr besser ab. Sollte der Gaspreis auf 12 ct/kWh steigen, wären die Mehrkosten bereits nach ca. 9 Jahren amortisiert (siehe Abbildung 6.16).
Abbildung 6.16
Lebenszykluskosten Wärmepumpe versus Gasheizung
Auch die laufenden Energiekosten der Wärmepumpe betragen mit 195 € pro Monat deutlich weniger als bei der Gasheizung mit 235 €. Gerade bei steigenden Energiekosten ist dies ein großer Vorteil, da eine prozentuale Preiserhöhung bei insgesamt niedrigen Kosten deutlich geringer spürbar ist als bei hohen Energiekosten.
PV-Eigenverbrauch versus Autarkie
Dank des vorhandenen Batteriespeichers und des Ladens des Elektroautos weist die PV-Anlage in diesem Beispiel eine überdurchschnittlich hohe Eigenverbrauchsquote von 72 % auf. Ohne Batteriespeicher und Elektroauto liegt dieser Wert normalerweise im Bereich von 20 bis 25 %. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Eigenverbrauch nicht mit Autarkie gleichzusetzen ist. Obwohl 72 % des erzeugten Stroms selbst genutzt werden, reicht dies lediglich aus, um 33 % des Stromverbrauchs zu decken. Die Autarkie liegt also bei 33 %, was bedeutet, dass weiterhin zwei Drittel des benötigten Stroms aus dem öffentlichen Stromnetz bezogen werden müssen.
Ein höherer Autarkiegrad ist bei einer typischen Kombination aus Wärmepumpenheizung und PV-Anlage leider kaum zu erzielen. Die Wärmepumpe benötigt offensichtlich gerade im Winter besonders viel Strom, die Photovoltaikanlage erzeugt aber dann wenig Strom. Besonders gut ist dies in den Monaten Januar, Februar und November und Dezember zu erkennen (siehe Abbildung 6.17).
Abbildung 6.17 Stromverbrauch und PV-Ertrag nach Monaten
Im Sommer erzeugt die PV-Anlage hingegen mehr Strom, als notwendig ist. (Wegen des Elektroautos ist der Überschuss etwas kleiner als in anderen Häusern.) Es gibt aktuell leider keine wirtschaftlich sinnvolle Möglichkeit, den Überschussstrom des Sommers bis zum Winter zu speichern. Batteriespeicher besitzen in der Regel Speicherkapazitäten, die den Stromverbrauch nur für einen oder wenige Tage decken können. Ist eine Wärmepumpe in Betrieb oder wird ein Elektroauto geladen, so reicht die Kapazität nur für wenige Stunden aus.
PV-Selbstversorgung
Wird ein Einfamilienhaus durch eine Wärmepumpe beheizt, können die Stromkosten durch die Installation einer Photovoltaikanlage reduziert werden. In der Regel wird die Anlage sogar erst dann zu anderen Heizungssystemen konkurrenzfähig, wenn der Strom aus einer Photovoltaikanlage genutzt werden kann. Durch die saisonale Schwankung bei der Erzeugung von Photovoltaikanlagen ist eine Abdeckung des Strombedarfs im Winter grundsätzlich begrenzt. Da Wärmepumpen (bzw. Heizungsanlagen im Allgemeinen) besonders in der kalten Jahreszeit betrieben werden, erschwert dies die Versorgung durch Photovoltaikstrom zusätzlich.
Als Richtgröße kann man davon ausgehen, dass in etwa 20 % des Strombedarfs für eine Wärmepumpe durch eine Photovoltaikanlage gedeckt werden kann. Dementsprechend müssen weiterhin 80 % des Stroms aus dem öffentlichen Stromnetz entnommen werden.
Batteriespeicher können hier nur bedingt Abhilfe schaffen. Sie können den Strombedarf einer Wärmepumpe nur für wenige Stunden abdecken. Hinzu kommt, dass im Winter häufig gar nicht genug PV-Strom erzeugt wird, um die Batterie aufzuladen. Sinnvoller ist es, wenn Sie die Wärmepumpe so einstellen, dass sie dann arbeitet, wenn die Photovoltaikanlage Strom erzeugt. Auf einfache Art und Weise kann dies durch feste Zeitsteuerungen geschehen. Für die meisten Wärmepumpen kann die Trinkwarmwassererwärmung abhängig von der Uhrzeit eingestellt werden.
Erfolgt die Aufwärmung des Trinkwasserspeichers bevorzugt zwischen 09:00 und 15:00 Uhr, so können Sie davon ausgehen, dass Sie den Photovoltaikstrom gut nutzen. Zusätzlich positiv wirkt sich dabei aus, dass tagsüber auch die Lufttemperatur höher ist und damit die Effizienz der Wärmepumpe zu diesen Zeiten höher ist.
Anlagenoptimierung
Der Wärmebedarf wurde durch die Dämmung des Gebäudes und den Einbau einer Lüftungsanlage bereits weitgehend reduziert. Auch eine Photovoltaikanlage mit Batteriespeicher ist bereits vorhanden.
Einen Ansatz zur Optimierung bietet möglicherweise die eingestellte Vorlauftemperatur für die Heizkörper. Nach den umfangreichen Maßnahmen an der Gebäudehülle wäre eine noch etwas geringere Temperatur denkbar. Hier sollte ein systematisches Absenken der Systemtemperatur Erkenntnisse bringen, in welchen Räumen die gewünschte Temperatur dann nicht mehr erreicht wird. Dort kann der Austausch von Heizkörpern oder der Einsatz von Infrarotheizungen für eine Verbesserung des Komforts sorgen.
In jedem Fall sollte auch geprüft werden, ob der hydraulische Abgleich korrekt durchgeführt wurde. Insbesondere in dem am schlechtesten beheizten Raum sollte die Temperatur des Heizkörpers mit denen der anderen Räumen verglichen werden, um eine Unterversorgung auszuschließen.
Zusammenfassung
Auch in diesem Beispiel zeigt sich, dass eine Wärmepumpe über ihren Lebenszyklus hinweg ähnliche Kosten verursacht wie die weitverbreitete Gasheizung. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die möglichen Gaspreissteigerungen aufgrund der CO₂-Besteuerung nicht berücksichtigt wurden. Zudem verringert sich die Abhängigkeit von Energiezukäufen und damit von Preissteigerungen durch die teilweise Eigenversorgung der Wärmepumpe aus der Photovoltaikanlage.