8.2    Stromspeicher

Bis jetzt bin ich vom Einsatz einer PV-Anlage ohne Stromspeicher ausgegangen. Ein Speicher verbessert den Eigennutzungsgrad Ihrer Anlage erheblich: Sie laden tagsüber bei Sonnenschein den Akkumulator voll und versorgen mit diesem das Haus am Abend, in der Nacht und am Morgen mit Strom.

Im Sommerhalbjahr funktioniert das blendend. Bei einer richtigen Dimensionierung des Speichers sind Sie von Anfang April bis Mitte Oktober weitgehend autark, brauchen also wenig und an vielen Tagen gar keinen Strom von Ihrem Stromversorger (siehe Abbildung 8.5).

Im Winterhalbjahr ist der Nutzen des Speichers deutlich geringer ausgeprägt, weil Ihre PV-Anlage oft nicht einmal genug Strom produziert, um den unmittelbaren Verbrauch abzudecken. Aber es gibt auch im Winter Zeitfenster, wo der Stromverbrauch kleiner ist als die PV-Produktion. In dieser Zeit wird der Akku teilweise aufgeladen und kann Ihren Haushalt in der Folge eine Weile mit Strom versorgen.

Insofern wäre die Verwendung eines Speichers naheliegend, wenn es nicht gewichtige Gegenargumente gäbe:

Mit einem Stromspeicher sind Sie im Sommer vollkommen autark von Ihrem externen Stromversorger. Grüne Flächen: Versorgung des Haushalts mit Strom aus dem Akku. Grüne Linie: Akkuinhalt in Prozent. Gelbe Flächen: Strom, der direkt von der PV-Anlage kommt. Gelbe Linie: Leistung der PV-Stromerzeugung in Watt.

Abbildung 8.5     Mit einem Stromspeicher sind Sie im Sommer vollkommen autark von Ihrem externen Stromversorger. Grüne Flächen: Versorgung des Haushalts mit Strom aus dem Akku. Grüne Linie: Akkuinhalt in Prozent. Gelbe Flächen: Strom, der direkt von der PV-Anlage kommt. Gelbe Linie: Leistung der PV-Stromerzeugung in Watt.

Akkumulatortechnik

Bei den 2023 handelsüblichen PV-Speichern handelt es sich zumeist um Lithium-Eisenphosphat-Akkus (auch LFP-Akkus oder LiFePO4-Akkus, siehe Abbildung 8.6). Im Vergleich zu den Lithium-Ionen-Akkus, die Sie von Ihrem Smartphone kennen und die auch in vielen E-Autos verwendet werden, weisen LFP-Akkus einige Vorteile auf:

Natürlich gibt es auch einen Nachteil: Die Energiedichte ist etwas geringer als bei anderen LiIon-Akkus, d. h., die Akkus sind voluminöser und schwerer als LiIon-Akkus mit der gleichen Kapazität. Im Keller oder Technikraum stört das kaum, wohl aber im E-Auto oder Smartphone.

Hybridwechselrichter mit 11-kWh-LFP-Batteriespeicher

Abbildung 8.6     Hybridwechselrichter mit 11-kWh-LFP-Batteriespeicher

Zukunftshoffnung Natrium-Ionen-Akkus

Die aktuell spannendste Neuentwicklung in der Akku-Branche sind Natrium-Ionen-Akkus (im Englischen Sodium-ion Batteries). Es gibt diverse technische Varianten. Akkus mit organischem Elektrolyt haben in ihrer Bauweise und bei der Produktion starke Ähnlichkeiten mit dem etablierten Lithium-Ionen-Speicher, lassen sich also großtechnisch gut herstellen. Natrium-Ionen-Akkus funktionieren auch bei niedrigen Temperaturen gut. Das ermöglicht die Aufstellung der Akkus im Carport oder in einem unbeheizten Abstellraum.

Der große Vorteil von Natrium besteht darin, dass dieser Rohstoff in unbegrenzten Mengen sowohl in der Erdhülle als auch im Meereswasser verfügbar ist. Seine Gewinnung aus Natriumchlorid (Kochsalz) ist einfach, kostengünstig und mit viel geringeren Umweltbelastungen als bei Lithium möglich.

Langfristig sollten Natrium-Ionen-Akkus deutlich billiger als LFP-Akkus sein. Das ist allerdings Zukunftsmusik. Aktuell (im Herbst/Winter 2023) können Sie noch keine PV-Stromspeicher auf Natrium-Ionen-Basis kaufen. Die Produktionskapazitäten sind noch sehr begrenzt und für günstige E-Autos reserviert.

Hybridwechselrichter

Sobald ein Speicher ins Spiel kommt, wird das gesamte Strom-Management wesentlich komplexer (siehe Abbildung 8.7). Der Wechselrichter muss nun entscheiden, wann der Akku geladen bzw. entladen wird, wann Strom vom EVU genutzt bzw. zum EVU eingespeist wird, wann optionale Nutzer bedient werden (z. B. Warmwasser erhitzen oder E-Auto laden).

Der Hybridwechselrichter steuert die Be- und Entladung
des Batteriespeichers und des Elektroautos. Gleichstrom: blau; Wechselstrom: orange; Steuerung: grün gepunktet

Abbildung 8.7     Der Hybridwechselrichter steuert die Be- und Entladung
des Batteriespeichers und des Elektroautos. Gleichstrom: blau; Wechselstrom: orange; Steuerung: grün gepunktet

Eine Grundvoraussetzung dafür ist, dass der Wechselrichter weiß, wie viel Strom im Haushalt aktuell verbraucht wird. Dazu muss der Wechselrichter mit einem Strommessgerät verbunden werden. Da das Smart Meter Ihres EVUs diese Daten nicht an den Wechselrichter weitergeben kann, muss ein eigenes, zum Wechselrichter passendes Messgerät eingebaut werden. Letztlich wird aus dem Wechselrichter die Kommandozentrale für das gesamte Strom-Management im Haushalt. Für Wechselrichter mit diesen Zusatzfunktionen hat sich der Begriff »Hybridwechselrichter« etabliert.

Stromspeicher-Inspektion

Nicht jeder Hybridwechselrichter kommt mit jedem Akku zurecht! Im Datenblatt des Hybridwechselrichters finden Sie normalerweise eine Liste von kompatiblen Akkumodellen.

Die Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin testet einmal jährlich verschiedene Speicher samt Wechselrichtern. Die Lektüre der gerade aktuellen »Stromspeicher-Inspektion« zeigt, welche Kombinationen aus Wechselrichter und Speicher besonders gut funktionieren:

https://solar.htw-berlin.de/themen/stromspeicher-inspektion

Die richtige Größe

Weil Speicher aktuell sehr teuer sind, der Strompreis tendenziell aber eher stagniert, sollten Sie den Speicher knapp dimensionieren. Ein guter Richtwert sind 50 bis 75 % des Tagesenergiebedarfs. Damit können Sie an einem sonnigen Tag tagsüber den Akku aufladen und Ihr Haus abends und in der Nacht vollständig mit eigenem Strom versorgen.

Nehmen wir an, laut Jahresabrechnung haben Sie im vergangenen Jahr 8000 kWh Strom verbraucht. 8000 kWh / 365 Tage ergibt 22 kWh pro Tag. Nach der obigen Formel liegt eine zweckmäßige Speichergröße zwischen 10 und 15 kWh.

Wenn Sie mit einer Wärmepumpe heizen, verteilt sich der Strombedarf allerdings nicht gleichmäßig über das ganze Jahr: Sie brauchen im Winter mehr Strom als im Sommer. Ein großer Stromspeicher hilft Ihnen im Winter aber nicht nennenswert, weil Ihre PV-Anlage in dieser Jahreszeit relativ wenig Strom produziert. Nehmen wir an, der Stromverbrauch beträgt ca. 3000 kWh für das Sommerhalbjahr und 5000 kWh für das Winterhalbjahr: Dann sollten Sie als Bemessungsgrundlage das Sommerhalbjahr verwenden. 3000 kWh / 182 Tage ergibt einen täglichen Strombedarf von ca. 16 kWh im Sommer. Eine Speichergröße von 10 kWh wäre demnach genau richtig.

Eine vollständige Autarkie vom Stromnetz können Sie auch mit einem großen Speicher nicht erreichen. Dazu bräuchten Sie eine PV-Anlage, die über mehrere Tage gerechnet selbst Ende Dezember genug Strom liefert, um Ihr Haus mit Strom zu versorgen. Die Speichergröße müsste ein Mehrfaches des Tagesstrombedarfs im Winter betragen. Diese Bedingungen sind nur zu erfüllen, wenn sowohl Ihre Dachfläche als auch Ihr Budget nahezu grenzenlos sind. Wirtschaftlich lohnt es sich sowieso nicht.

Sowohl aus ökologischer als auch aus ökonomischer Sicht kann man ganz gegen den Einsatz eines Speichers argumentieren. Mit dem für den Speicher eingesparten Geld können Sie die restliche PV-Anlage wesentlich größer dimensionieren. Im Photovoltaikforum, der wohl besten Seite zum Erfahrungsaustausch unter PV-Profis, werden Sie viele Befürworter dieses Denkansatzes finden:

https://www.photovoltaikforum.com

Für das öffentliche Stromnetz, das sich mit der Aufnahme des in der Mittagszeit produzierten PV-Stroms immer schwerer tut, sind Speicher dagegen vorteilhaft. Jeder Speicher glättet den Stromfluss etwas und macht es für die Betreiber einfacher, das Netz an den stark wechselnden Strombedarf bzw. -überschuss anzupassen.

Hinterfragen Sie die Speichergröße!

Aus Sicht der PV-Fachfirma ist ein großer Speicher immer vorteilhaft. Im Gegensatz zur restlichen PV-Anlage ist die Installation des Speichers mit minimalem Arbeitsaufwand verbunden. Ein großer Speicher steigert auf jeden Fall die Auftragsspanne.

Dessen ungeachtet gibt es natürlich auch Argumente für einen etwas größeren Speicher: etwa dessen mit der Zeit sinkende Kapazität, einen in Zukunft vielleicht steigenden Stromverbrauch in Ihrem Haushalt etc.

Notstromfunktion

Eine PV-Anlage mit Speicher kann bei entsprechender Installation auch zur Notstromversorgung dienen. Ich bin diesbezüglich aber sehr skeptisch eingestellt. Die Notstromfunktion setzt einen einigermaßen vollen Akku voraus. Sie wissen aber nicht im Voraus, wann es zu einem Stromausfall oder gar zu einem längeren Blackout kommt. Sollte das im Winter passieren, ist Ihr Akku vermutlich leer, die Notstromfunktion also wirkungslos.

Eine mögliche Gegenmaßnahme bestünde darin, eine Entladegrenze für die Batterie für den normalen Betrieb festzulegen, z. B. bei 30 oder 35 Prozent. Soweit es in der Weboberfläche Ihres Wechselrichters überhaupt eine derartige Einstellmöglichkeit gibt, bringen Sie damit aber das Batteriemanagement durcheinander und reduzieren die Effizienz des Gesamtsystems.

Kurz und gut, betrachten Sie die Versprechungen bezüglich einer unterbrechungsfreien Stromversorgung auch bei einem längeren Stromausfall mit einer ordentlichen Portion Skepsis!

Das E-Auto als PV-Speicher?

Falls Sie schon ein E-Auto besitzen oder an eine Anschaffung in den nächsten Jahren denken, kommt noch eine Variante ins Spiel: Wäre es nicht denkbar, den riesigen Akku des Autos als PV-Speicher zu verwenden? Langfristig ist zu erwarten, dass sich dieses Konzept durchsetzt. Es gibt allerdings noch große Einschränkungen.

Auch wenn das bidirektionale Laden mittlerweile standardisiert ist, wird es wohl noch einige Jahre brauchen, bis diese Technik massentauglich ist.