Heiraten Partner, die Kinder aus früheren Beziehungen haben, sollten sie rechtlich vorsorgen. Um sich und die Kinder optimal abzusichern, sind Ehevertrag und Testament ein Muss.
Petra Hoesch und Wolfgang Peil (38 und 42 Jahre alt) wohnen seit vier Jahren mit ihrer Patchworkfamilie unter einem Dach. Petra hat aus ihrer früheren Ehe mit Thomas zwei Kinder, Sven (13) und Verena (10). Wolfgang war noch nicht verheiratet. Aus einer früheren Beziehung mit Birgit hat er einen Sohn namens Tobias (12). Während Petras Kinder bei ihr leben und nur die Wochenenden und Urlaube mit ihrem Vater verbringen, lebt Tobias überwiegend bei seiner Mutter, die am selben Ort wohnt. Da die Kinder sehr gut miteinander klarkommen, übernachtet er gern auch mal unter der Woche bei seinem Vater. Morgens fährt er dann von dort aus mit dem Bus zur Schule.
Wolfgang ist als Rechtsanwalt selbstständig, Petra ist angestellte Steuerfachgehilfin. Als Petra und er sich vor fünf Jahren entschlossen zusammenzuziehen, kaufte Wolfgang ein Haus und baute es aufwendig um. Auf dem Haus lastet ein Hypothekenkredit in Höhe von 150 000 Euro. Die Raten für den Kredit zahlt Wolfgang allein ab.
Obwohl Petra sich nach ihrer Scheidung eigentlich entschlossen hatte, nie wieder zu heiraten, hat sie ihre Meinung nun geändert. Um aber auf keinen Fall erneut Gefahr zu laufen, jahrelang mit ihrem Ex über Scheidungsfolgen zu streiten, wie sie es bei ihrer Trennung von Thomas erlebt hat, will sie nun auf Nummer sicher gehen. Sie möchte in einem umfassenden Ehevertrag alle Folgen für den Scheidungsfall regeln. Wolfgang ist damit einverstanden. Sein wichtigstes Anliegen ist, Petra und die drei Kinder für den Fall abzusichern, dass ihm etwas zustößt. Er will sicherstellen, dass Petra in dem Haus wohnen bleiben kann, bis die Kinder die Schule beendet haben. Seine Eltern, die neben Wolfgang noch eine Tochter namens Sabine haben, waren zunächst wenig begeistert, dass Wolfgang eine Frau mit zwei Kindern heiraten möchte. Sie mögen Petra und ihre Kinder zwar gern, haben aber den Wunsch, dass ihr Enkel Tobias eines Tages ihr Vermögen erbt, falls Wolfgang, den sie neben Sabine als Erben eingesetzt haben, etwas zustoßen sollte.
Wolfgang ist privat krankenversichert und zahlt zur Altersvorsorge Beiträge in das berufsständische Versorgungswerk. Außerdem leistet er Beiträge zu einer Kapitallebensversicherung, die er vor 15 Jahren abgeschlossen hat. Petra arbeitet Teilzeit und ist in der gesetzlichen Krankenkasse pflichtversichert. Für das Haus unterhält Wolfgang eine Gebäude- und Hausratversicherung. Außerdem besteht eine Haftpflichtversicherung für die Patchworkfamilie.
Die folgenden Fragen sollten sich Petra und Wolfgang vor der Heirat stellen:
Im Prinzip nichts. Das Sorgerecht für die Kinder behalten grundsätzlich weiter die jeweiligen Eltern. Wenn Petra und Wolfgang heiraten, bleibt es also dabei, dass Petra und ihr Exmann Thomas sich das Sorgerecht für Sven und Verena teilen, Wolfgang und seine Expartnerin Birgit das Sorgerecht für Tobias. Es besteht jedoch die Möglichkeit, abweichende Regelungen über das Sorgerecht zu treffen. Denkbar wäre zum Beispiel, dass Petras Exmann das Sorgerecht für die Kinder allein auf Petra überträgt. Allerdings sind solche Überlegungen aus der Sicht der Kinder nur ratsam, wenn das Verhältnis zum Vater zerrüttet wäre und er überhaupt kein Interesse mehr an seinen Kindern hätte. Andernfalls ist es meist das Beste für die Kinder, Kontakt zu beiden Elternteilen zu halten. Dasselbe gilt auch für Wolfgangs und Birgits Sohn Tobias.
Nur die leiblichen Eltern sind den Kindern gegenüber unterhaltspflichtig. Daran ändert die Heirat nichts. Für Petras Kinder Sven und Verena muss weiter deren Vater Thomas Unterhalt zahlen und nicht ihr Ehemann Wolfgang. Petra muss auch nicht mit für den Unterhalt von Wolfgangs Sohn Tobias aufkommen, wenn er bei ihnen wohnt.
Etwas anderes gilt nur, wenn der Ehegatte das Kind seines Partners adoptiert. Dann greifen dieselben Unterhaltspflichten wie bei leiblichen Kindern.
Wenn Tobias gerade bei seinem Vater Wolfgang ist, dort krank wird und nicht zur Schule gehen kann, ist es für Petra nicht möglich, einfach eine Entschuldigung zuschreiben, falls sein Vater auf Geschäftsreise ist. Sie müsste dann versuchen, Tobias’ Mutter Birgit zu erreichen, und sie um die erforderliche Unterschrift bitten. Das ist umständlich und unpraktisch. Für diesen und ähnliche Fälle könnten Tobias’ Eltern, Wolfgang und Birgit, Petra bevollmächtigen, dass sie Entscheidungen (Entschuldigungen für die Schule, Arztbesuche etc.) ausnahmsweise an ihrer Stelle treffen kann, falls sie nicht erreichbar sind.
Petra und Wolfgang haben viele Optionen: 1) Jeder behält seinen bisherigen Namen. 2) Sie verständigen sich auf einen gemeinsamen Namen. 3) Petra stellt Wolfgangs Namen voran oder hängt ihn an, also Petra Hoesch-Peil oder Petra Peil-Hoesch, wobei Wolfgang seinen Namen beibehält. 4) Petra behält ihren Namen, Wolfgang stellt ihren Namen voran oder hängt ihn an. Der Nachname der Kinder ändert sich durch die Heirat nicht. Daher spricht viel dafür, dass Petra ihren bisherigen Namen nicht komplett aufgibt, damit sie mit ihren Kindern eine gewisse Namensidentität behält.
62 Prozent der Männer bestehen bei der Hochzeit auf ihren Nachnamen. Bei den Frauen hält nur rund jede fünfte an ihrem Familiennamen fest.
Hauptgründe für Frauen, den Namen des Mannes anzunehmen, sind: einheitliche Namensgebung der Kinder, Vereinfachung von Amtsangelegenheiten und der Wunsch nach emotionaler Verbundenheit mit dem Partner.
Stadtmenschen fällt es schwerer, sich vom Familiennamen zu trennen. 45 Prozent der Großstädter bestehen auf ihren eigenen Nachnamen. Auf dem Land und in Kleinstädten sind es nur 35 Prozent.
Nein, durch die Heirat wird Petra nicht automatisch zum Haftungsschuldner für Kredite, die Wolfgang vorher allein aufgenommen hat. Gleiches würde übrigens gelten, wenn Wolfgang sich erst nach der Heirat entschieden hätte, das Haus zu kaufen. Auch in diesem Fall wäre Petra nicht automatisch verpflichtet, die Schulden mit abzutragen. Es sei denn, sie hätte den Kreditvertrag mit unterschrieben. Auch nach der Heirat bleibt es grundsätzlich dabei: Deine Schulden sind deine Schulden, meine Schulden sind meine Schulden. Ausgenommen sind nur Geschäfte des täglichen Lebens (siehe „Folgen bei den Finanzen“, S. 39). Dazu zählt aber nicht die Kreditaufnahme zur Finanzierung eines Hauses.
Das wäre sicherlich eine Überlegung wert, zumal das Familienheim oder Anteile daran zwischen Ehegatten steuerfrei übertragen werden können. Wolfgang sollte jedoch am besten auf Nummer sicher gehen und sich im Schenkungsvertrag ein Rückforderungsrecht für den Fall der Scheidung vorbehalten. Die Übertragung des hälftigen Eigentumsanteils ändert im Übrigen nichts daran, dass Wolfgang weiterhin allein zur Tilgung des Kredits nebst Zinsen verpflichtet ist. Wenn die Bank als Gläubigerin im Grundbuch steht, wird diese allerdings einer Übertragung auf Petra zustimmen müssen und vermutlich wenig begeistert sein.
Patchworkfamilien sollten sorgfältig prüfen, ob das gesetzliche Erbrecht in ihrem Sinne ist. Falls Wolfgang oder Petra ohne Testament sterben und im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, würde der jeweils überlebende Partner die Hälfte des Vermögens erben, die andere Hälfte die leiblichen Kinder. Im Fall von Wolfgangs Tod ginge demnach die Hälfte seines Vermögens an Petra, die andere Hälfte an seinen Sohn Tobias. Falls Petra sterben sollte, würde Wolfgang die eine Hälfte ihres Vermögens erben, die andere Hälfte Sven und Verena zu gleichen Teilen, also je ein Viertel. Die Kinder des Partners aus einer früheren Beziehung gehen also nach der gesetzlichen Erbfolge immer leer aus. Falls Wolfgang und Petra auch sie mit bedenken wollen, müssten sie dies ausdrücklich in einem Testament oder Erbvertrag so regeln.
Streitanfällig ist es, wenn wie hier bei Wolfgang und Petra der Ehepartner und die Kinder aus einer früheren Beziehung eine Erbengemeinschaft bilden, vor allem, wenn die Kinder noch minderjährig sind. Falls Wolfgang kurz nach der Heirat sterben würde, würde Tobias als noch minderjähriger Erbe bis zu seiner Volljährigkeit von seiner Mutter Birgit vertreten werden. Dies gilt auch bezüglich seines Anteils an der Erbengemeinschaft mit Petra. Petra und Birgit müssten also alle Fragen, die das Haus und Wolfgangs Nachlass betreffen, gemeinsam klären. Um das zu verhindern, kann Wolfgang in einem Testament oder Erbvertrag festlegen, dass zum Beispiel Petra als seine Ehefrau das Erbe für Sohn Tobias bis zu dessen Volljährigkeit verwaltet. Tobias’ Mutter Birgit hätte dann kein Mitspracherecht.
Er könnte ihr bereits zu Lebzeiten ein lebenslanges Wohn- oder Nießbrauchrecht an dem Haus einräumen und sich dabei ein Rückforderungsrecht für den Scheidungsfall vorbehalten. Ein solcher Schenkungsvertrag muss notariell beurkundet werden. Da das Haus noch nicht schuldenfrei ist, müsste Wolfgang Gespräche mit den Grundschuldgläubigern führen. Es ist nicht zu erwarten, dass sie ohne Weiteres mit der Belastung der Immobilie durch ein Nießbrauchrecht einverstanden sind. Denn Nutzungsrechte wie Wohn- oder Nießbrauchrecht führen in jedem Fall zu einer Werteinbuße der Immobilie. Natürlich hat Wolfgang auch die Möglichkeit, Petra als Alleinerbin einzusetzen, sodass ihr das Haus im Falle seines Todes automatisch gehört. Außerdem hat er die Wahl, ihr von Todes wegen ein lebenslanges Wohn- oder Nießbrauchrecht an dem Haus einzuräumen. Bei allen diesen Varianten hätte Petra das Recht, das Haus nach Wolfgangs Tod weiter für sich zu nutzen.
In einem notariellen Ehevertrag können Wolfgang und Petra im Prinzip alles regeln, was sie sich für den Trennungsfall an gegenseitigen Leistungen zubilligen wollen, an Unterhalt im Scheidungsfall, bei der Aufteilung der Rentenanwartschaften und beim Vermögensausgleich. Sie haben die Wahl, in einem Ehevertrag einen vom gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft abweichenden Güterstand zu wählen, zum Beispiel die modifizierte Zugewinngemeinschaft. Dadurch könnte Wolfgang sicherstellen, dass Petra an Wertsteigerungen, die sein Haus während der Ehe erfährt, nicht teilhat. Zulässig sind auch Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich. Wolfgang und Petra könnten per Ehevertrag beispielsweise auf den Ausgleich verzichten, sodass Wolfgang die Anwartschaften aus seinem Versorgungswerk für sich allein erhält. Möglich wäre es auch, dass er und Petra sich darauf verständigen, dass Petra im Trennungsfall das Haus bekommt und sich dort weiter um die Kinder kümmert, während Wolfgang auszieht. Auch die Modalitäten für den nachehelichen Unterhalt lassen sich in einem Ehevertrag festzurren. Eine Vereinbarung über den Trennungsunterhalt ist hingegen im Regelfall nicht zulässig. Dasselbe gilt beim Unterhalt für die Kinder.
Um ausgewogene Regelungen zu treffen, die im Zweifel auch vor Gericht Bestand haben, sollten sich beide Partner ausführlich beraten lassen, bevor sie einen Ehevertrag beim Notar besiegeln lassen. Ratsam ist, einen Anwalt aufzusuchen, der im Familienrecht versiert ist. Das Geld ist in jedem Fall gut angelegt, denn ist der Ehevertrag einmal abgeschlossen, lässt er sich ohne die Mitwirkung des Partners nicht wieder aus der Welt schaffen. Einzelheiten zum Ehevertrag siehe „Heirat in einer Patchworkfamilie“, S. 160.
In ihrem Testament oder in einem Erbvertrag könnten sie regeln, dass ihr Vermögen ausschließlich an ihren Enkel Tobias geht und nicht teilweise an Petra oder deren Kinder. Eine Variante wäre, dass sie Wolfgang in ihrem Testament lediglich als Vorerben einsetzen, Tobias als Nacherben. Im Fall von Wolfgangs Tod würde Tobias dann automatisch an die Stelle seines Vaters treten und als Nacherbe das Vermögen seiner Großeltern erhalten. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, dass sie ihren Sohn Wolfgang übergehen und Tobias als ihren Erben einsetzen. Zu beachten ist, dass Wolfgang dann jedoch ein Pflichtteil zusteht.
Wolfgang und Petra profitieren in jedem Fall vom günstigen Splittingtarif, wenn sie in der Steuererklärung Zusammenveranlagung wählen, statt einzeln ihre Erklärungen abzugeben. Denn Wolfgang verdient als Anwalt weit mehr als Petra, was zu einem Vorteil bei der Besteuerung führt. Was das Kindergeld beziehungsweise die Kinderfreibeträge für die drei Kinder angeht, gilt folgender Grundsatz: Das Kindergeld bekommt derjenige Elternteil ausgezahlt, bei dem das Kind sich überwiegend aufhält. Hält sich das die Waage, müssen die Eltern sich über die Auszahlung verständigen.
Dieselben Grundsätze gelten bei den Kinderfreibeträgen. Sie kommen zum Tragen, wenn der Steuervorteil durch sie höher ist als das Kindergeld.
Petra und Wolfgangs Sohn Tobias sind über den Hinterbliebenenschutz im Versorgungswerk der Rechtsanwälte abgesichert. Sie bekommen im Falle von Wolfgangs Tod eine kleine Rente. Nicht über Wolfgang abgesichert sind hingegen Petras Kinder Sven und Verena aus ihrer Ehe mit Thomas. Sie sind über den Hinterbliebenenschutz ihres leiblichen Vaters abgesichert. Falls Wolfgang und Petra mehr Schutz für ihre Patchworkfamilie wünschen, könnten sie zum Beispiel durch den Abschluss einer Risikolebensversicherung vorsorgen, in der sie die drei Kinder als Bezugsberechtigte einsetzen. Wenn Wolfgang Petra als Bezugsberechtigte seiner schon bestehenden Lebensversicherung einsetzt, erhält sie im Fall von Wolfgangs Tod die Auszahlung aus der Police. Am besten schließt Wolfgang darüber hinaus eine Restschuldversicherung ab. Die Restschuldversicherung ist eine Sonderform der Risikolebensversicherung, die wichtig ist, wenn Hauskredite zurückzuzahlen sind. Die Versicherung übernimmt die Abzahlung des Kredits, falls der Versicherungsnehmer stirbt. Die Versicherungssumme bleibt nicht konstant, sondern sinkt mit der Restschuld für das Haus.
Bei Hausrat- und privater Haftpflichtversicherung bleibt alles beim Alten, da die Patchworkfamilie bereits vorher zusammenlebte. Wenn nach der Heirat eine Police gekündigt werden soll, ist es ratsam, zuvor Kontakt mit dem Versicherer aufzunehmen und abzuklären, ob tatsächlich alle Mitglieder der Patchworkfamilie in der verbleibenden mitversichert sind. Auch bei den Krankenversicherungen ändert sind nichts. Wolfgang und Tobias bleiben weiter privat versichert, Petra und ihre Kinder gesetzlich.