Folgen eines Diabetes Typ 2 verhindern

Eine konsequente Behandlung schützt: Daher kommen die schlimmen Folgen eines Diabetes heutzutage nur noch sehr selten vor.

image Ist der Blutzucker schlecht eingestellt, kann das zu Schäden an den Blutgefäßen und Nerven führen. Die Augen, Nieren und Füße sind besonders betroffen. Folgeerkrankungen treten aber erst auf, wenn über viele Jahre hinweg der Diabetes unbehandelt bleibt und Ihr Blutzucker deutlich zu hoch ist. Sie müssen sich also keine Gedanken machen, wenn Ihr Blutzucker mal für ein paar Tage etwas höher liegt als sonst. Davon treten keine Augen- oder Nierenschäden ein. Gefährlich wird es, wenn die Werte über lange Zeit Ihr persönliches Ziel für den Langzeitblutzucker HbA1c übersteigen.

Folgeschäden des Diabetes – bekommt das jeder?

Die Antwort auf diese Frage ist tatsächlich leicht und macht Mut: nein! Vorsorge- und Kontrolluntersuchungen helfen Ihnen und Ihrem Diabetesteam, frühzeitig geringfügige Schäden zu erkennen und damit schwere Komplikationen, wie Erblindung, Dialyse und Amputationen, zu vermeiden. Dabei unterstützen ein gut eingestellter Blutzucker und Blutdruck sowie der Verzicht auf Tabak.

Folgeerkrankungen durch den Diabetes sind heutzutage viel seltener also noch vor 20 Jahren. Etwa jeder Vierte (25 Prozent) entwickelt im Laufe der Erkrankung eine Nervenschädigung an den Füßen (Neuropathie). Das bedeutet aber auch, dass drei von vier Patienten nichts haben. Eine Amputation ist noch viel seltener. Statistisch gesehen bekommen weniger als ein Prozent der Betroffenen einen Zeh, Fuß oder Unterschenkel amputiert. 99 von 100 Diabetespatienten erleiden nie eine Amputation.

Eine Nierenschädigung (Nephropathie, siehe S. 62) oder Augenerkrankung (Retinopathie) tritt etwa bei jedem Zehnten auf. Neun von zehn Patienten mit Diabetes Typ 2 werden nie mit diesen Erkrankungen konfrontiert. Dialyse und Erblindung sind also ebenso wie die Amputation extrem seltene Ereignisse.

Die Augen schützen

Schäden am Auge bedeuten nicht zwangsläufig, dass Sie blind werden. Ihr Augenarzt kann kleinste Veränderungen an der Netzhaut feststellen, die Sie überhaupt nicht bemerken. Eine diabetische Retinopathie (= Schäden an der Netzhaut durch den Diabetes) entwickelt sich schleichend. Die gute Nachricht ist, dass Sie diesen Prozess jederzeit positiv beeinflussen können. Was können Sie tun?

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Regelmäßig kontrollieren

Der Besuch beim Augenarzt gehört für Sie zum Vorsorgeprogramm. So können Schäden an den Augen frühzeitig entdeckt werden.

imageUntersuchungen beim Augenarzt alle ein bis zwei Jahre (bei bestehenden Schäden am Auge wird der Augenarzt Sie häufiger bestellen),

imagean einer Diabetesschulung teilnehmen, damit Sie lernen, Ihren Zucker selbst zu kontrollieren,

imagenicht rauchen und

imagefür einen gut eingestellten Blutdruck sorgen.

Der Augenarzt untersucht Ihren Augenhintergrund mit einem besonderen Mikroskop. Dafür bekommen Sie Augentropfen zur Erweiterung der Pupillen in beide Augen. Aktiv am Straßenverkehr sollten Sie danach nicht teilnehmen. Außerdem überprüft der Augenarzt Ihre Sehschärfe.

Suchen Sie bitte bei folgenden Störungen sofort einen Augenarzt auf: Probleme beim Lesen, verschwommen sehen, gestörtes Farbsehen, Schleier oder Rußregen vor den Augen.

Schäden an der Netzhaut (Retina) können mit einem Laser oder Medikamenten behandelt werden – in vielen Fällen mit guten Erfolgen. Nicht immer ist jedoch eine sofortige Behandlung notwendig, zum Beispiel bei sehr kleinen Veränderungen der Netzhaut. Der Besuch bei einem Augenarzt kann hier Sicherheit geben.

Auf die Nieren achten

Ihre Nieren sind das Hauptfilterorgan des Körpers und für die Entgiftung des Blutes zuständig. Deswegen sollten Sie auf Ihre Nieren gut aufpassen. Sie können sich Ihre Nieren wie einen Filter vorstellen. Das Blut durchfließt die Nieren, wobei die Schadstoffe aus dem Blut über den Urin aus dem Körper geleitet werden. Gute Stoffe, wie beispielsweise Eiweiß (Albumin), bleiben im Körper, sie passen nicht durch die Poren des Filters. Zu hoher Blutzucker und Blutdruck über längere Zeit schädigen den Filter. Die Poren des Filters werden langsam immer größer. Jetzt werden nicht nur die Schadstoffe, sondern auch die guten Stoffe heraustransportiert. Das Bluteiweiß lässt sich nun im Urin nachweisen und kann ein Hinweis für eine Nierenschädigung sein. Je nachdem wie viel Eiweiß im Urin ist, spricht man von Mikroalbuminurie (wenig Eiweiß im Urin) oder Makroalbuminurie (viel Eiweiß im Urin). Durch Diabetes geschädigte Nieren nennt man „Diabetische Nephropathie“.

Ihr Diabetesteam bzw. Hausarzt untersucht mindestens einmal jährlich Ihren Urin auf Eiweiß. Außerdem können bestimmte Nierenwerte (GFR und Kreatinin) im Blut bestimmt werden. Bei auffälligen Werten erhalten Sie eine Überweisung zu einem Nierenspezialisten (Nephrologe). Hier folgen weitere Untersuchungen und ein Ultraschall der Nieren.

Spuren von Eiweiß im Urin bedeuten nicht zwangsläufig, dass Ihre Nieren geschädigt sind. Auch bei einem Infekt oder einer Blasenentzündung kann für die Dauer der Erkrankung Eiweiß im Urin zu finden sein. Bei ungewöhnlichen Werten sollte man den Test für den Nachweis von Eiweiß also unbedingt wiederholen.

Dass Ihre Nieren nicht mehr richtig arbeiten, bemerken Sie zunächst nicht. Dieser Prozess ist schleichend und bereitet keine Schmerzen. Bei fortschreitender Nierenschädigung steigt der Kreatininwert an.

imageSo achten Sie auf Ihre Nieren

Rauchen Sie nicht, es schädigt die kleinen Gefäße der Nieren. Wichtig ist außerdem ein gut eingestellter Blutzucker und Blutdruck. Insbesondere ein erhöhter Blutdruck kann die Nieren rasch schädigen. Verordnet Ihnen Ihr Arzt ein Blutdruckmedikament, sollten Sie es wie verordnet einnehmen. In einer Blutdruckschulung erlernen Sie die Blutdruckselbstmessung, sodass Sie zu Hause messen können.

Wenn die Nieren ihren Dienst ganz einstellen, hilft eine Nierenersatztherapie. Der Kreatininwert ist dann meist über das Fünffache erhöht. Dazu gehört die Blutwäsche (Dialyse) und die Transplantation einer neuen Niere. Das passiert zum Glück heutzutage nur sehr selten.

Auf die Füße schauen

Ein erhöhter Blutzucker über viele Jahre kann dazu führen, dass die Nervenfasern, insbesondere an den Füßen beeinträchtigt sind oder zerstört werden. Mit der Folge, dass Reize nicht mehr richtig zum Gehirn weitergeleitet werden. In der Fachsprache spricht man von „Peripherer diabetischer Neuropathie“ (Nervenstörung).

Erhöhte Blutzuckerwerte sind jedoch nicht die einzige Ursache für eine Nervenstörung an den Füßen. Auch ein Vitamin B12-Mangel, ein stark erhöhter Alkoholkonsum oder eine Krebstherapie können dafür verantwortlich sein. Tritt die Nervenstörung nur in einem Fuß auf, ist eine andere Ursache wahrscheinlicher, zum Beispiel Beschwerden der Wirbelsäule. Es gibt verschiedene Instrumente, um eine Neuropathie festzustellen, wie die Stimmgabel oder das Monofilament. Die Ärztin testet Ihre Muskelreflexe (Achillessehnenreflex) mit einem Reflexhammer und stellt Fragen zu Beschwerden oder Schmerzen in den Füßen. Wenn bei Ihnen keine Nervenstörung vorliegt, wird die Fußuntersuchung einmal jährlich gemacht, ansonsten häufiger.

Checkliste

Zeit für Ihre Füße

Bei Empfindungsstörungen oder Taubheit in den Füßen ist die richtige Fußpflege wichtig. Ansonsten können sich Verletzungen zu (größeren) Wunden entwickeln, weil die Betroffenen keine Schmerzen fühlen.

imageFüße täglich auf Verletzungen, Druckstellen, Hautveränderungen, Blasen und Wunden untersuchen … auch an der Fußsohle!

imageEin Teleskopspiegel oder Ihr Partner helfen bei der Untersuchung.

imageSchuhe sollten nicht drücken oder stören. Kaufen Sie Ihre Schuhe am Nachmittag oder Abend, da die Füße im Laufe des Tages anschwellen. Auch Strümpfe sollten nicht einschneiden.

imageFußbäder dürfen nicht zu heiß sein (maximal 37 Grad), da Sie Verbrennungen nicht spüren. Auch Wärmflaschen können zu Verbrennungen führen.

imageEine runde Feile oder Bimsstein zum Kürzen der Nägel verwenden. Scheren und Hornhauthobel stellen eine große Verletzungsgefahr dar.

imageWenn Sie Probleme mit der Fußpflege haben: Bei Vorliegen einer Neuropathie können Sie ein Rezept für eine medizinische Fußpflege bekommen.

Die ersten Anzeichen, dass etwas nicht stimmt, sind Kribbeln oder ein taubes Gefühl an den Füßen. Sie können auch Kälte und Wärme an den Füßen nicht mehr richtig wahrnehmen. Ist das bei Ihnen der Fall, sollten Sie mit einem Arzt sprechen.

Nervenschädigungen sind leider nicht heilbar, lassen sich aber oft lindern. Auch Sie selbst können eine Menge tun, um schlimmere Folgen zu verhindern. Schlecht ist übermäßiger Alkoholkonsum sowie Rauchen. Und natürlich hilft den Füßen eine gute Blutzuckereinstellung. Verursachen geschädigte Nerven Schmerzen in den Füßen, können Medikamente helfen.

Treten bei Ihnen trotz größter Vorsicht eine Verletzung oder Wunde auf, sollten Sie sofort (!) einen Arzt aufsuchen. Wenn Sie ein paar Tage warten, kann sich die Wunde weiter vergrößern. Druck auf die Wunde müssen Sie unbedingt vermeiden. Bitte nicht auftreten, wenn sich die Wunde auf der Unterseite des Fußes befindet! Sie haben dann ein „Diabetisches Fußsyndrom“ und brauchen sofort eine Behandlung. Wird die Wunde nicht behandelt, muss im schlimmsten Fall der Fuß amputiert werden. Durch Diabetes verursachte Amputationen von Zehen, Füßen oder Unterschenkeln sind heutzutage aber sehr selten (siehe Kapitel „Folgen eines Diabetes Typ 2 verhindern“, S. 61).

Bei einem schlecht eingestellten Diabetes leiden jedoch nicht nur die Nerven in den Füßen. Auch die Nerven der inneren Organe können betroffen sein (man spricht hier von einer „autonomen Neuropathie“). Das führt unter anderem zu Magenentleerungsstörungen, unregelmäßigem Stuhlgang, Erektionsstörungen, Schwindel oder Blasenproblemen.

Bei Durchblutungsstörungen beachten

Nicht nur die kleinen Gefäße in den Augen oder Nieren können bei Diabetes geschädigt sein (Mikroangiopathie), sondern auch die großen Blutgefäße (Makroangiopathie). Die Durchblutungsstörungen liegen meistens schon vor Auftreten des Diabetes vor. So ist es fraglich, ob sie allein durch schlechte Blutzuckerwerte entstehen. In jedem Fall sollten Sie alles tun, um Durchblutungsstörungen, Herzinfarkte und Schlaganfälle zu verhindern!

Bei einer Durchblutungsstörung, auch periphere arterielle Verschlusskrankheit, kurz pAVK genannt, sind die Blutgefäße (Arterien) in den Beinen oder seltener in den Armen verengt. Dadurch kommt weniger Sauerstoff über das Blut in die Füße oder Hände. Bei längeren Gehstrecken schmerzen einem die Beine.

Die Betroffenen müssen eine Weile stehen bleiben, bis der Schmerz nachlässt. Deswegen hat sich der Begriff „Schaufensterkrankheit“ eingebürgert.

Schreitet die Erkrankung weiter fort, können auch Schmerzen in Ruhe auftreten. Blasse und kalte Haut an den Füßen und Händen sowie schlecht heilende Wunden sind weitere Anzeichen.

imageEine Frage des Alters

Etwa 3 bis 10 Prozent der Erwachsenen haben eine pAVK. Sie ist zwar nicht heilbar, aber aufhaltbar. Dafür muss ein Arzt die Diagnose stellen. Bei der Untersuchung fragt er nach Ihren Beschwerden und tastet den Puls an den Füßen. Außerdem misst er den Blutdruck an den Beinen. Diese Untersuchung wird mindestens einmal jährlich durchgeführt. Eine Doppleruntersuchung der Gefäße in beiden Beinen führt ein Gefäßspezialist (Angiologe) durch.

Neben dem Alter und erblichen Vorbelastungen schadet vor allem ein ungesunder Lebensstil dem fragilen Gefäßsystem. Dazu gehört Rauchen, weil Tabak die Gefäße weiter schädigt und einen Herzinfarkt oder Schlaganfall verursachen kann. Ein Gehtraining sollte bei angioneuropathischem diabetischen Fuß mit Ulcera nicht bzw. nur mit äußerster Vorsicht durchgeführt werden, da das wichtigste Therapieprinzip die Entlastung des Fußes ist

Medikamente, wie Statine und Blutverdünner, werden verordnet, um das Risiko für andere Gefäßkomplikationen, wie einen Herzinfarkt oder Schlaganfall, zu senken. Bei starken Beschwerden, also Schmerzen nicht nur bei Belastung, sondern auch in Ruhe, hilft eine Operation. Dabei werden mithilfe eines Ballons und/oder eines Stents (Gefäßstütze) enge Gefäßstellen gedehnt. Wenn damit der Blutfluss in Gang gesetzt ist, fallen auch längere Spaziergänge wieder leichter.

Die Folgeschäden eines Diabetes sind zwar nicht zu unterschätzen, werden Sie aber nicht mehr schrecken. Denn Sie haben jetzt erfahren, was Sie tun können. Je mehr Sie Ihren Diabetes verstehen, desto stärker wird das Gefühl, wieder mehr Kontrolle in Ihrem Leben zu gewinnen. Nicht der Diabetes soll vorgeben, was zu tun ist, sondern Sie geben die Richtung vor. Und Sie wissen, was Sie erreichen wollen – ein gutes Leben. Dafür lohnen sich alle Mühen.