1Oxford English Dictionary, 3. Aufl., unter dem Stichwort »Mutual«, 〈https://www.oed.com/view/Entry/12 4381〉.
2Kant, Kritik der Urteilskraft, S. 21 (B XXXIVf.).
3Douglas Burnham, An Introduction to Kant's »Critique of Judgement«, Edinburgh 2000, S. 31.
4Heidegger, »Der Ursprung des Kunstwerks«, S. 34.
5Walter Benjamin, »Über den Begriff der Geschichte« (1955), in: ders., Kritische Gesamtausgabe, Bd. 19: Werke und Nachlaß. Hrsg. v. Gérard Raulet, Berlin 2010, S. 85 (Fragment VI).
6Genauso wie Tod ist und bleibt Leben ein kniffliges, undefinierbares Wort. Eugene Thacker hat das so formuliert: »Leben ist das, was das Lebendige verständlich macht, aber an sich nicht gedacht werden kann, es existiert nicht, ist selber nicht lebendig.« Zitiert in Wolfe, Before the 434Law, S. 57. In seinem Buch Am Anfang war … Neues vom Urknall und der Evolution des Kosmos (Aus dem Englischen von Hilmar W. Duerbeck, Basel, Boston, Berlin 1995 [1994]) merkt der Wissenschaftsautor und ausgebildete Astrophysiker John Gribbin in einem Kapitel mit dem Titel »Das Leben« an: »Der Begriff ›Leben‹ ist so schwer zu definieren wie der Begriff ›Zeit‹. Wir wissen alle, was Zeit ist, bis zu dem Augenblick, wo uns jemand bittet, sie zu erklären. Mit dem Leben ist es genauso« (S. 61). Der Chemiker Addy Pross hat ein Buch über das Thema geschrieben, dessen Untertitel als Antwort auf die Frage fungiert, die sein Titel aufwirft: What Is Life? How Chemistry Becomes Biology, Oxford 2014. Siehe auch die Ausführungen auf S. 3 und über Abiogenese und biologische Evolution in Kap. 8. Über die Undenkbarkeit des Lebens hat der analytische Philosoph Michael Thompson Betrachtungen angestellt in seinem Buch Leben und Handeln. Grundstrukturen der Praxis und des praktischen Denkens. Aus dem Amerikanischen von Matthias Haase, Berlin 2011, Kap. 2: »Ist der Begriff des Lebens definierbar?«.
7Ich habe von der Erörterung vieler dieser Punkte mit Frédéric Worms profitiert. Siehe sein Buch Pour un humanisme vital.
8Annie Cohen-Solal, Sartre, 1905-1980. Aus dem Französischen von Eva Groepler, Reinbek bei Hamburg 1988 [1985], S. 166-169, 170 und 181.
9Die einzige Ausnahme von dieser Feststellung, die ich kenne, ist der Aufsatz, in dem meine Kollegin Martha Nussbaum Tagores Überlegungen mit denen von Auguste Comte und John Stuart Mill vergleicht. Siehe Martha Nussbaum, »Reinventing Civil Religion. Comte, Mill, Tagore«, in: Victorian Studies 54, Nr. 1 (Herbst 2011), S. 7-34; vgl. auch dies., Politische Emotionen. Warum Liebe für Gerechtigkeit wichtig ist. Aus dem Amerikanischen von Ilse Utz, Berlin 2014 [2013], S. 90-169. Ein wichtiger Unterschied zwischen Comte und Tagore dürfte meines Erachtens darin bestehen, dass Tagore sich nie über eine Formalisierung von Religion Gedanken gemacht hat, nicht einmal im zivilen Sinne.
10Trotz all ihrer theoretischen Verflechtungen und internen Differenzen ist diese Literatur vom Motiv der »Besonderheit des Menschen« durchdrungen, wobei die meisten Argumentationen mit den Voraussetzungen der zeitgenössischen Biologie beginnen und dann einen »konstrastiven Vergleich« zwischen Menschen und Tieren vornehmen, der für ihre weitere Entwicklung zentral ist. Siehe die hervorragenden Ausführungen in Joachim Fischer, »Der Identitätskern der philosophischen Anthropologie (Scheler, Plessner, Gehlen)«, in: Hans-Peter Krüger, Gesa Lindemann (Hg.), Philosophische Anthropologie im 21. Jahrhundert, Berlin 2006, S. 63-82, hier 70. Fischer schreibt: »Schelers Schlüsselbegriffe für die ›Stellung des Menschen im Kosmos‹ sind ›Neinsagenkönner‹, 435›Weltoffenheit‹ und die Möglichkeit, dass etwas für dieses Lebewesen ein ›Gegenstand-Sein‹ hat« (ebd., S. 71). Man beachte die umfassenden Ähnlichkeiten mit Tagores Argumentation. Diesen Literaturhinweis verdanke ich Hannes Bajohr.
11Tagore, Die Religion des Menschen, S. 71.
12Ebd., S. 13-50.
13Ebd., S. 13f.
14Ebd., S. 15.
15Robin Dunbar, Human Evolution. Our Brains and Behavior, New York 2016, S. 115. Siehe außerdem, S. 98: »[…] spätestens vor etwa vier Millionen Jahren gab es eine eigene Abstammungslinie von zweifüßigen Affen in Afrika, deren Konzentration auf Ost- und Südafrika gut belegt ist.« Siehe auch die Ausführungen in dem Abschnitt mit dem Titel »Two legs are good«, in Lewis, Maslin, The Human Planet, S. 82-88.
16Tagore, Die Religion des Menschen, S. 36.
17Ebd. A. d. Ü.: Übersetzung leicht modifiziert.
18Ebd., S. 36f.
19Ebd., S. 37.
20Ebd., S. 69, m. Herv.
21Ebd., S. 63.
22Ebd., S. 16.
23Ebd., S. 37.
24Rabindranath Tagore, »Lecture 1, Man«, in: The English Writings of Rabindranath Tagore, Bd. 3: Miscellany, hrgs. v. Sisir Kumar Das, Neu-Delhi 1999, S. 194.
25Rabindranath Thakur [Tagore], »Amar jagat« [Meine Welt], in: ders., Sanchay, Bd. 12 von Rabindra rachanabali [Die gesammelten Werke von Rabindranath], Jubliäumsedition zum 100. Geburtstag, Kalkutta 1961, S. 565.
26Tagore, Die Religion des Menschen, S. 14.
27Martin Hägglund, This Life. Secular Faith and Spiritual Freedom, New York 2019, S. 173, m. Herv.
28Ebd.
29William James, Die Vielfalt religiöser Erfahrung. Eine Studie über die menschliche Natur. Aus dem Englischen von Eilert Herms und Christian Stahlhut, Frankfurt/M., Leipzig 1997 [1902], S. 63f.
30Martin Buber, Ich und Du (1923), Stuttgart 2013.
31Bede Griffiths, The Golden String, London 1979, S. 9, zitiert in Charles Taylor, Ein säkulares Zeitalter. Aus dem Englischen von Joachim Schulte, Frankfurt/M. 2009 [2007], S. 19.
32Søren Kierkegaard, Die Tagebücher. Eine Auswahl. Hrsg. u. übersetzt von Hayo Gerdes, Düsseldorf, Köln 1980, S. 36f., m. Herv.
33436Emmanuel Levinas, Jenseits des Seins oder anders als Sein geschieht. Aus dem Französischen von Thomas Wiemer, Freiburg 32011 [1974].
34Siehe die Ausführungen im vorigen Kapitel.
35Edward Burtynsky, Jennifer Baichwal, Nick de Pencier, Anthropocene, Göttingen 2018, S. 21.
36Siehe 〈https://ia800207.us.archive.org/20/items/OnBeingTheRightSize-J. B. S.Haldane/rightsize.pdf〉. [A. d. Ü.: In der von Albin Heßler übersetzten deutschen Fassung »Über die richtige Größe der Lebewesen«, in: Mathematiklehrer 2 (1981), S. 8-10, weicht lediglich der Schlussabsatz vom englischen Original ab.]
37[Georges-Louis Leclerc de Buffon,] Epochen der Natur. Übersetzt aus dem Französischen des Herrn Grafen von Buffon, Zweyter Band, St. Petersburg 1781, S. 135. Eugene Thacker zeigt, wie vielfältig, umfassend und komplex die theologische Literatur über Geschöpflichkeit im Mittelalter ist. Ich verwende das Wort im minimalistischen Sinne und lasse die theologische Frage nach der Beziehung zwischen dem Geschöpf und seinem Schöpfer außer Acht. »Das Geschöpf ist einzigartig«, schreibt Thacker, »weil sich zwar der übernatürliche Ursprung seines Wesens darlegen lässt, seine Existenz sich aber im Bereich der Natur vollzieht. Und diese Existenz kann man nur als ›Leben‹ bezeichnen.« Eugene Thacker, After Life, Chicago 2010, S. 106.
38Thacker, After Life, S. xv.
39Siehe die Ausführungen in Marcia Bjornerud, Zeitbewusstheit. Geologisches Denken und wie es helfen könnte, die Welt zu retten. Aus dem Amerikanischen von Dirk Höfer, Berlin 2020 [2018], S. 23f.
40Keith, A Case for Climate Engineering.
41Ebd., S. xvif.
42Edward O. Wilson, Des Lebens ganze Fülle. Eine Liebeserklärung an die Wunder der Natur. Aus dem Englischen von Thorsten Schmidt, München 2001 [1994], S. 380f.
43Wolfe, Before the Law, S. 59f.
44Glikson, Groves, Climate, Fire and Human Evolution, S. 194, m. Herv. Zur Frage der Ehrfurcht vor der Terra als Mutterfigur in der europäischen Geschichte, siehe die Ausführungen in Philip John Usher, Exterranean. Extraction in the Humanist Anthropocene, New York 2019, Kap. 1.
45Bjornerud, Zeitbewusstheit, S. 183, 185 und 186, m. Herv.
46Broecker, Kunzig, Fixing Climate, S. 100.
47Edward O. Wilson, Die Hälfte der Erde. Ein Planet kämpft um sein Leben. Aus dem Englischen von Elsbeth Ranke, München 2016 [2016], S. 100 und 210.
48Heidegger, »Bauen Wohnen Denken«, S. 150f.
49437Dunbar, Human Evolution, S. 125f.
50Was die Dingo-Geschichte anbelangt, siehe Rose, Dingo Makes Us Human.
51Was ich als Denken aus einer Minderheitsposition heraus beschrieben habe, ist zum Beispiel von Faisal Devji in The Impossible Indian. Gandhi and the Temptation of Violence, Cambridge, Mass., 2012, ausgearbeitet worden.
52Karl Jaspers, Die geistige Situation der Zeit, Berlin ⁴1932 [1931], S. 5. Dabei kommen einem Paul Valérys berühmte zwei Briefe über Die Krise des Geistes (La crise de l'esprit) von 1919 in den Sinn. Siehe Edward J. Hundert, »Oswald Spengler. History and Metaphor – The Decline and the West«, in: Mosaic. An Interdisciplinary Critical Journal 1, Nr. 1 (Oktober 1967), S. 103-107.
53Jaspers, Die geistige Situation der Zeit, S. 6.
54Ebd., S. 7f.
55Ebd., S. 8.
56Ebd., S. 9.
57Ebd., S. 9-13.
58Ein Paradebeispiel dafür ist Jaspers' eigenes Buch Die Atombombe und die Zukunft des Menschen. Politisches Bewußtsein in unserer Zeit, München 1958.
59Jaspers, Die Atombombe und die Zukunft des Menschen, S. 32.
60Ebd., S. 307.
61Glikson, Groves, Climate, Fire and Human Evolution, S. 194, m. Herv.
62Oxford English Dictionary, 3. Aufl., unter dem Stichwort »reverence«, 〈https://www.oed.com/view/Entry/164755#eid25518919〉; Etymological Dictionary of Latin, hrsg. v. Michiel de Vann, Leiden 2010, unter dem Stichwort »vereor«, 〈https://dictionaries.brillonline.com/search#dictionary=latin&id=la1800〉.
63Siehe die Ausführungen in Rudolf Otto, Das Heilige. Über das Irrationale in der Idee des Göttlichen und sein Verhältnis zum Rationalen (1917), München 2004, Kap. 4 und 5 sowie S. 22f. und 28. Ich danke David Lamberth und Charles Hallisey, dass sie mich ermuntert haben, Otto zu lesen. Otto übersetzt »tremendum mysterium« mit »schauervolles Geheimnis« (S. 29).
64John Locke, Über die Regierung (The Second Treatise of Government, 1690). Aus dem Englischen von Dorothee Tidow, Stuttgart 1974, S. 26 (Kap. V, »Das Eigentum«, Abschn. 33).
65Hugo Grotius, Von der Freiheit des Meeres (1609). Übersetzt von Richard Boschan, Leipzig 1919, S. 72. Siehe auch die Ausführungen von Davor Vides, »Meere im Anthropozän – und die Regeln des Holozäns«. Übers. v. Susanne Darabas, in: Nina Möllers, Christian Schwägerl, Hel438muth Trischler (Hg.), Willkommen im Anthropozän. Unsere Verantwortung für die Zukunft der Erde, München 2015, S. 56-59.
66Carl von Linné, Vollständiges Natursystem. Nach der 12. lat. Ausgabe übersetzt von Philipp Müller, 1. Theil: Von den säugenden Tieren, Nürnberg 1773, S. 57 und 61. Siehe auch Jeffrey H. Schwartz, »What Constitutes Homo sapiens? Morphology versus Received Wisdom«, in: Journal of Anthropological Sciences 94 (2016), S. 1-16; Bernard Wood, Mark Collard, »The Meaning of Homo«, in: Ludus vitalis 9, Nr. 15 (2001), S. 63-74.
67Siehe den Verweis auf Kant in Kapitel 6 und Kant, »Mutmaßlicher Anfang der Menschengeschichte«, S. 77. Über die Ursprünge des Gedankens von der »überreichlichen Fülle« in Europa, siehe Fredrik Albritton Jonsson, »The Origins of Cornucopianism. A Preliminary Genealogy«, in: Critical Historical Studies 1, Nr. 1 (2014), S. 1-18.
68Siehe die Ausführungen zum »Multinaturalismus« in de Castro, Cannibal Metaphysics, S. 65-75, sowie das Kapitel »Der wiederhergestellte Animismus« in Descola, Jenseits von Natur und Kultur, S. 197-218.
69Max Horkheimer, Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente (1944), Frankfurt/M. 1969, S. 7.
70Annu Jalais, Forest of Tigers. People, Politics, and the Environment in the Sundarbans, Neu-Delhi 2010, sowie Vijaya Raghavan, Feeding a Thousand Souls. Women, Ritual, and Ecology in India – An Exploration of the Kōlam, New York 2019, Kap. 9 und 10. Zu beachten ist, dass die Furcht vor wilden Tieren ironischerweise heute in bestimmten Teilen der indischen Großstädte zurückkehrt, in die es die durch die Umweltkrise und die sich ausweitenden menschlichen Ansiedlungen ihrer Lebensräume beraubten Affen, Leoparden, Elefanten, ja sogar Nashörner auf der Suche nach Nahrung und Wasser drängt.
71In Bezug auf die Unterscheidung von Wildem und Domestiziertem merkt Descola an, es sei »zweifelhaft, daß d[ies]er Gegensatz […] in der Periode vor dem neolithischen Übergang einen Sinn haben konnte, das heißt während des größten Teils der Geschichte der Menschheit.« Descola, Jenseits von Natur und Kultur, S. 64f.
72Thomas Hobbes, Vom Bürger. Dritte Abteilung der Elemente der Philosophie (1642, 2. Aufl. 1647). Übersetzt von Lothar R. Waas, Hamburg 2017, S. 144f.
73Ebd., S. 145.
74Hobbes, Leviathan, S. 37f.
75Ebd., S. 38.
76Ebd., S. 37.
77Ebd., S. 22.
78In einer überzeugenden neueren Erörterung von Gandhis Ethik hat 439Ajay Skaria erklärt, was Gandhi mit »Furchtlosigkeit« gemeint hat, als er den Kampf seines Volkes um Befreiung aus der Kolonialherrschaft anführte. »Das gujaratische Wort abhay, das er [Gandhi] sowohl mit Mut als auch mit Furchtlosigkeit übersetzte, ist ein entscheidender Begriff in Gandhis Vokabular«, schreibt Skaria. Er diente nicht zur Begründung einer von Menschen dominierten Ordnung: »Er bezeichnete eine andere Art von Mut – keinen physischen, sondern moralischen Mut. Moralischer Mut heißt in erster Linie, sich selbst zu hinterfragen und darüber nachzudenken, ob das eigene Handeln richtig oder falsch ist. […] In sich gepalten zu sein, bedeutet ein Bewusstsein zu entwickeln, fähig zu werden, mit sich selbst ein unendliches Gespräch über das Richtige und das Falsche zu führen, angefangen mit der Richtigkeit oder Falschheit des eigenen Handelns.« Ajay Skaria, »Gandhi and the Cowardice of Hindutva«, in: Wire (India), 2. Oktober 2019, 〈https://thewire.in/history/gandhi-and-the-cowardice-of-hindutva〉.
79Diese Position wird nicht nur von Befürworter:innenn der Geoengineering-Option vertreten. Sie hat weitere Kreise gezogen. Man begegnet ihr zum Beispiel in Texten über Tierrechte und Tierwohl, die geschrieben wurden, bevor die globale Erwärmung als maßgebliche und unvermeidbare Frage galt. Siehe Nussbaums – auf Artistoteles' Theorie des Staunens gründende – Erörterung von Gerechtigkeitsfragen in Bezug auf Tiere in Martha C. Nussbaum, Die Grenzen der Gerechtigkeit. Behinderung, Nationalität und Spezieszugehörigkeit. Aus dem Amerikanischen von Robin Celikates und Eva Engels, Berlin 2010 [2006], S. 471-478.
80Roy Scranton, Learning to Die in the Anthropocene. Reflections on the End of a Civilization, San Francisco 2015.