Sie verübten an den Indios unerhörte Grausamkeiten, sie schnitten Nasen, Arme und Beine und den Frauen die Brüste ab, banden ihnen Kalebassen an die Füße und warfen sie in tiefe Lagunen; den Kindern versetzte man Degenstöße, weil sie nicht so schnell wie die Mütter liefen, und wenn man sie in Halseisen mitführte und sie krank wurden oder nicht so schnell wie die anderen liefen, schlug man ihnen die Köpfe ab, damit man nicht halten musste, um sie loszumachen. Und mit einer derartigen Behandlung holten sie viele gefangene Frauen und Männer zu ihrem Dienst zusammen.165
Diego de Landa beschreibt hier die Misshandlung und Ausbeutung der Maya durch die spanischen Eroberer, obwohl er selbst nicht zimperlich war, wenn es darum ging, die »heidnischen« bzw. indianischen Kulte zu bekämpfen.166 Schon 1502 findet der erste Kontakt zwischen Europäern und Maya statt: Kolumbus trifft auf seiner vierten Entdeckungsfahrt vor der Küste von Honduras auf ein Handelsboot mit Maya-Indianern.167 Aber erst 195 Jahre später, im Jahr 1697, wird Tayasal, die letzte bis dahin von den Spaniern unabhängige Maya-Stadt erobert. Dies sind die Eckdaten der spanischen Entdeckung und Eroberung des Maya-Gebietes. Dessen Eroberung dauerte länger als bei den Azteken und ihrer Hauptstadt Tenochtitlán, da es sich im Fall der Maya um eine Reihe autonomer Stadtstaaten handelte. Den Spaniern zugute kam vor allem die Unterstützung durch indianische Gruppen. Wie auch bei der Eroberung der Azteken, deren Feinde die Spanier unterstützten, gab es auch solche Maya, die auf die Seite der Spanier wechselten, um gegen ihre Konkurrenten vorzugehen. So wurde die relativ schnelle Eroberung Guatemalas durch Pedro de Alvarado aufgrund der Unterstützung der Kaqchikel ermöglicht, die mit den K’iche’ verfeindet waren. Die Eroberung von Yukatan durch Montejo wurde durch die Unterstützung der Dynastie der Tutul Xiu von Maní erleichtert, die darin eine Möglichkeit sahen, gegen ihre Feinde, die Dynastie der Cocom von Sotuta vorzugehen. Ferner trugen die von den Spaniern eingeschleppten Krankheiten zur erfolgreichen spanischen Eroberung bei. So wurde ungefähr ein Drittel der Maya-Bevölkerung Opfer einer Reihe von Epidemien wie den Pocken – nicht selten bereits bevor die Eroberer eintrafen. So forderte die erste Pockenepidemie ihren Tribut schon kurz nach der Landung von spanischen Schiffbrüchigen 1511.
Die ersten Entdeckungs- und Erkundungsfahrten – wie die von Kolumbus (1502), Juan de Valdivia (1511), Francisco Hernández de Cordoba (1517), Juan de Grijalva (1518) und Hernán Cortés (1519) – hatten noch keine Eroberungen zur Folge. Denn Gerüchte, weiter westlich gebe es Länder mit viel mehr Gold, veranlassten die Spanier, weiterzuziehen und zunächst 1521 die Aztekenhauptstadt Tenochtitlan zu erobern. Pedro de Alvarado konnte danach 1523/24 die Kaqchikel, K’iche’, Mam und Tzutujil in Chiapas bzw. Guatemala und 1530 die Chortí erobern. 1524 unternahm Cristóbal de Olid eine Schiffsfahrt nach Honduras und Hernán Cortés folgte ihm zu Lande quer durchs Maya-Land bis Tayasal, allerdings ohne langfristige Eroberungserfolge. Die Kekchí und Pokomam in der Verapaz-Region wurden 1542–47 durch die Dominikanermönche »befriedet«, nachdem die spanischen Eroberungsversuche in den Jahren 1529 bis 1537 erfolglos geblieben waren. Für die Eroberung Yukatans durch Francisco de Montejo und seinen Sohn waren drei Eroberungszüge von 1527 bis 1547 notwendig. Die erste Expedition von der Insel Cozumel aus scheiterte am erfolgreichen Widerstand der Maya. Die zweite Expedition im Westen Yukatans war zwar in den Jahren 1531 bis 1533 anfänglich zunächst erfolgreich, musste aber 1535 ebenfalls abgebrochen werden. Viele Soldaten desertierten, weil sie von Francisco Pizarro und der Eroberung des Inka-Reiches gehört hatten. Erst im dritten Eroberungszug ab 1540 gelang es den Spaniern, nach und nach in Yukatan Fuß zu fassen. Vor allem aufgrund diverser Widerstandbewegungen der Maya wurde Yukatan erst 1547 endgültig unterworfen. Und erst mit dem Sieg der Spanier 1697 über die letzte noch unabhängige Mayastadt Tayasal war die Eroberung des Maya-Gebietes abgeschlossen. Allerdings kam es auch in der Kolonialzeit immer wieder zu Aufständen der Maya. Im Folgenden wird ein detaillierter Überblick der Eroberungsgeschichte gegeben.
1511 erlitt eine Expedition unter Leitung von Juan de Valdivia vor der Küste Jamaikas Schiffbruch. Zwei Wochen lang trieben zwölf Überlebende in einem Rettungsboot umher, bis sie an der Küste Yukatans landeten. Sie fielen in die Hände eines Maya-Herrschers, der Valdivia, wie Diego de Landa berichtet,
»und weitere vier seinen Götzen opferte, und hierauf bewirtete er die Seinen (mit) deren (Fleisch); Aguilar, Guerrero und fünf oder sechs andere ließ er am Leben, um sie zu mästen; diese entkamen aus der Gefangenschaft und flohen in ein Waldgebiet. Und sie gerieten zu einem anderen Häuptling, der mit dem ersten verfeindet und barmherziger war und sich ihrer als Sklaven bediente; der Nachfolger dieses Häuptlings behandelte sie mit großer Freundlichkeit, doch aus Herzeleid starben sie alle, nur Géronimo de Aguilar und Gonzalo Guerrero blieben übrig […].«168
Nachdem der Geistliche Aguilar die Leitung des Harems seines neuen Herrn abgelehnt hatte, übernahm er die Verwaltung am Hof des Herrschers. Cortés traf 1519 auf Aguilar, der sich ihm anschloss und als Dolmetscher wertvolle Dienste leistete. Guerrero machte Karriere bei einem Maya-Häuptling namens Nachancán in Chetumal. Dieser
»übertrug ihm die Kriegsangelegenheiten, was Guerrero sehr gut erledigte, denn mehrmals besiegte er die Feinde seines Herrn und lehrte die Indios den Kampf, indem er ihnen zeigte, (wie) man Schanzen und Bollwerke anlegt; dadurch und weil er sich wie ein Indio benahm, erwarb er großes Ansehen, und sie verheirateten ihn mit einer sehr vornehmen Frau, mit der er Kinder hatte; deshalb versuchte er niemals, sich zu retten, wie Aguilar es getan hatte, vielmehr schnitt er sich Zeichnungen in die Haut, ließ sich das Haar wachsen und durchbohrte sich die Ohren, damit er Ohrringe wie die Indios tragen konnte, und man darf glauben, dass er wie sie zum Götzendiener wurde.«169
Guerrero ist der einzige Spanier, der buchstäblich zum Maya-Indianer wurde und als solcher sogar im Kampf gegen die spanischen Eroberer starb. 1517 umschiffte Francisco Hernández de Córdoba die Küste von Yukatan bis Champotón. Er gilt als der Entdecker der Halbinsel. Er landete auf der Insel Cabo Catoche an der äußersten Spitze Yukatans, ca. 50 km von Cancún entfernt. Die ersten Begegnungen mit den Maya waren erheblich erschwert durch die Sprachschwierigkeiten und daraus folgende Missverständnisse. So soll auch der Name »Yukatan« auf einem Missverständnis beruhen: Als die Spanier einen Maya nach dem Namen des Landes fragten, antwortete dieser »Ich verstehe deine Sprache nicht« (yuk ak katán). Die Spanier wurden in einem Gefecht mit den Maya von Campoton besiegt. Zwei Drittel der Mannschaft Córdobas starben, er selbst musste schwer verwundet den Rückzug antreten. Obwohl bei dieser Expedition kein Land erobert und so gut wie kein Gold erbeutet wurde, verbreitete sich schnell das Gerücht von einem neuen, an Gold reichen Land.
Diego de Velázquez, Gouverneur von Kuba, veranlasste daher ein Jahr später eine erneute Erkundungsfahrt, die sein Neffe Juan de Grijalva (1490–1527) durchführte. Dieser landete am 5. Mai 1518 zunächst auf der Insel Cozumel und fuhr dann die Golfküste von Tabasco bis zum Río Pánuco entlang. Die Indianer von Cozumel empfingen die Spanier freundlich. Nicht zuletzt deswegen wurde die Insel zum Ausgangspunkt bzw. zur Zwischenstation der späteren spanischen Eroberungszüge in Yukatan. Während seiner Expedition erhielt Grijalva von einem Gesandten des Aztekenherrschers Moctezuma II. Geschenke. Moctezuma hoffte, dass er die Spanier auf diese Weise befriedigen und zur Rückkehr bewegen könne. Er bewirkte aber genau das Gegenteil und förderte mit seiner Sendung nur noch stärker die Erwartungen der Spanier auf Reichtum. So startete als nächstes Hernán Cortés zu seiner Fahrt in Richtung Yukatan.
Hernán Cortés (1485–1547), im spanischen Medellín (Extremadura) als Sohn des Offiziers Martín Cortés de Monroy geboren, kam 1504 aus Spanien auf die westindische Insel Hispaniola, wo er als Großgrundbesitzer einen gewissen Reichtum erlangte. Als Diego Velázquez 1511 Kuba eroberte und Statthalter wurde, war Cortés dabei. Zwischen ihnen entwickelte sich eine – nicht immer ungetrübte – Freundschaft. Als die Nachrichten von Grijalvas Entdeckungen in Yukatan nach Kuba gelangten, plante Velázquez die Fortsetzung dieser Expedition und ernannte Cortés zum »Generalkapitän« dieses Projektes. Auf eigene Kosten begann Cortés mit der Ausrüstung einer Flotte. Diese war noch nicht ganz abgeschlossen, als Velázquez gegenüber Cortés misstrauisch wurde und sich entschloss, den Oberbefehl des Unternehmens jemanden anderen zu übertragen. Bei Nacht und Nebel verschwand Cortés heimlich mit seiner Flotte und segelte am 18. Februar 1519 Richtung Mexiko. Er führte mit sich 11 Schiffe, 116 Seeleute, 553 Soldaten und 32 Indianer, 10 schwere Geschütze und 16 Pferde. Zu den Teilnehmern gehörten die späteren Eroberer des Maya-Gebietes Pedro de Alvarado, Gonzalo de Sandoval, Cristóbal de Olid und Alonso de Ávila sowie Bernal Díaz del Castillo, der spätere Chronist dieser Eroberungszüge.
Cortés erreichte zunächst die Insel Cozumel nahe Yukatan, wo er den bereits erwähnten, unter den Maya-Indianern lebenden Gerónimo de Aguilar aufnahm, der ihm vor allem als Dolmetscher diente. Am 4. März 1519 ging die Fahrt weiter zur Mündung des Rio de Tabasco (Río Grijalva), wo Cortés und seine Mannschaft ein Gefecht mit einer Überzahl von Chontal-Maya siegreich überstanden – wohl nicht zuletzt aufgrund des Überraschungsmomentes durch die für die Indianer unbekannte Erscheinung von Pferd und Reiter. Tabscoob, der oberste Anführer der besiegten Maya, schenkte Cortés 20 Sklavinnen, darunter Marina (in Nahuatl bzw. aztektisch: »Malintzin« bzw. »Malinche«), die als Dolmetscherin und Geliebte des Cortés in die Geschichte einging.
Marina wurde in Coatzacoalcos geboren. Ihr Vater starb früh, die Mutter heiratete wieder und gebar einen Sohn, den sie zum alleinigen Erben machen wollte. Um Marina loszuwerden, verkaufte sie diese an Maya-Kaufleute aus Xicalanco, diese wiederum verkauften sie an Tabscoob, den Halach Huinik bzw. Herrscher im Gebiet von Tabasco, der sie dann später an Cortés übergab. Marina, die sowohl Maya als auch Nahuatl sprach, wurde für Cortés zur Dolmetscherin und Vermittlerin zwischen Spaniern und Indianern sowie seine Geliebte, die ihm 1522 einen Sohn, Martín Cortés, gebar. Bei den folgenden Zusammentreffen zwischen Spaniern und Azteken während der Eroberung übersetzte der oben erwähnte Gerónimo de Aguilar die Reden des Cortés ins Maya und Malinche übersetzte sie wiederum vom Maya ins Aztekische.
Am 21. April 1519 landete Cortés an der Golfküste, wo er wenig später Veracruz (Villa Rica de Vera Cruz) als erste spanische Stadt im neuendeckten Land gründete. Von hier aus unternahm er seinen Eroberungszug ins Land der Azteken. Am 8. November zogen die Spanier in Tenochtitlán, der Hauptstadt der Azteken, ein. Nach schweren und erbitterten Kämpfen gelang den Spaniern schließlich am 13. August 1521 mit der Gefangennahme von Cuauthémoc, dem letzten Aztekenherrscher, die endgültige Eroberung von Tenochtitlán. Da sich aber der Wunsch nach Reichtum durch Gold nicht erfüllt hatte, unternahmen Cortés und seine Gefährten weitere Erkundungs- und Eroberungszüge, unter anderem Richtung Süden ins Maya-Gebiet. Diese werden im Folgenden kurz dargestellt, jeweils mit einigen biografischen Angaben zu den Hauptakteuren.
Pedro de Alvarado (um 1479–1541) war nicht nur der Eroberer Guatemalas, sondern auch an der Eroberung Kubas und der Hauptstadt der Azteken beteiligt. Ferner spielte er eine Rolle bei der Eroberung des Inkareiches sowie im Mixton-Krieg in Nordmexiko. Geboren im spanischen Badajoz kam er 1510 mit seinen Brüdern auf die Insel Hispaniola, nahm 1511 an der Eroberung Kubas und 1518 als Kommandant eines der vier Schiffe an der erwähnten Expedition von Juan de Grijalva teil. 1519 brach Alvarado – ebenfalls wieder als Kommandant eines von insgesamt elf Schiffen – mit Hernán Cortés zur Eroberung Mexikos bzw. des Aztekenreiches auf. Alvarado war es gewesen, der 600 unbewaffnete Azteken auf einem Fest niedermetzeln ließ – während Cortés von Tenochtitlán nach Veracruz unterwegs war –, was die Belagerung der Spanier in der Aztekenhauptstadt zur Folge hatte. Nachdem Alvarado 1524 Guatemala erobert hatte und er dort zum Gouverneur erhoben wurde, brach er 1533 in Richtung Peru auf, um den noch nicht eroberten nördlichen Teil des Inkareiches zu erobern. Unter schweren Mühsalen und Verlusten erreichte er 1534 Quito, wo ihm Sebastián de Belalcázar zuvorgekommen war und die Stadt bereits erobert hatte. Im Zuge des Mixton-Krieges wurde er 1540 nach Guadalajara im heutigen mexikanischen Bundesstaat Jalisco geschickt, um den Aufstand zu beenden. Dabei stürzte er im Kampf vom Pferd und starb wenig später an den Folgen. Das Leben Alvarados kann als Paradebeispiel für die Biografie eines Konquistadors gelten. Seine Witwe, Beatriz de Cueva, kann – neben Malinche – als Ausnahme für die aktive, wenn auch kurze Rolle einer Frau in der Eroberungsgeschichte gelten. Sie gab ihrer Trauer über den Tod ihres Mannes dadurch Ausdruck, dass sie nicht nur schwarze Kleidung trug, sondern auch gleich den ganzen Gouverneurspalast der Hauptstadt schwarz streichen ließ und alle Dokumente mit »die Unglückliche« (»la sin fortuna«) unterschrieb. Sie konnte sich am 9. September 1541 gegen die Konkurrenz der Freunde und Gefährten ihres verstorbenen Mannes als Gouverneurin von Guatemala durchsetzen. Aber schneller als durch ihre Widersacher wurde ihre Amtsführung zwei Tage später durch die Überschwemmung der Stadt am 11. September des Jahres beendet, bei der sie den Tod fand.
Aber zurück ins Jahr 1523, in dem Alvarado und sein Vetter Gonzalo de Sandoval (1497–1527) auf Befehl des Cortés mit einem Heer von 120 Reitern, 300 Fußsoldaten und 300 Indianern von Tlaxcala und Cholula einen Eroberungszug nach Chiapas starten. Unterstützt wurden die Spanier außerdem von den dort ansässigen Kaqchikel, die mit ihrem Nachbarvolk, den K’iche’, verfeindet waren. Nachdem die Spanier das Fürstentum Xuchiltepec an der Küste Guatemalas erobert und dann im Hochland die K’iche’-Stadt Xelajú (heute Quetzaltenango) eingenommen hatten, schickten die K’iche’-Herrscher von ihrer Hauptstadt Q’umarkaj aus ein Heer von 10 000 Indianern unter dem Befehl des Heerführers Tecun Uman den Spanier entgegen. Auf der Ebene vor der Stadt Xelajú kam es im Februar 1524 zur Schlacht, aus der die Spanier siegreich hervorhingen. Nicht nur Tecun Uman, sondern die meisten K’iche’-Krieger wurde getötet. Einer Legende nach soll sich, als Tecun Uman durch die Lanze Alvarados den Tod fand, ein Quetzal-Vogel, sein way bzw. Schutzgeist, auf seiner Leiche niedergelassen und so durch das vergossene Blut seine typische rote Brust erhalten haben. Obwohl über Tecun Uman nicht viel bekannt ist, gilt er seit 1960 offiziell als Nationalheld Guatemalas und sein Todestag am 20. Februar als Gedenktag. Sogar eine Stadt, Ciudad Tecun Uman, ist nach ihm benannt. Iximché, die Hauptstadt der Kaqchikel, konnten die Spanier 1524 ohne Widerstand einnehmen, zumal sich die Kaqchikel weiterhin Hilfe von den Spaniern gegen ein weiteres Nachbarvolk, die Tzutuhiles am Atitlán-See, erhofften. Nach erbittertem Kampf gelang es den Spaniern schließlich, Tziquinhá, die Hauptstadt der Tzutuhiles, einzunehmen. Danach eroberte Alvarado die Stadt Izcuintlán (heute Excuintla), in der aus Zentralmexiko eingewanderte Pipiles lebten. Alvarado drang bis El Salvador vor und hatte somit den gesamten Südwesten des Maya-Gebietes erobert. Er kehrte nach Iximché zurück und gründete dort 1524 die erste Hauptstadt des neu eroberten Gebietes: Santiago de los Caballeros de Guatemala. Kämpften die Kaqchikel zunächst aufseiten der Spanier, änderte sich dies, sobald ihre spanischen Verbündeten von ihnen zu hohe Tribute verlangten. Es kam zu Aufständen, und erst 1530 ergaben sich die Kaqchikel schließlich den Spaniern. Ähnlich weigerten sich die Tzotziles, den Spaniern Tribut zu zahlen. Die Spanier konnten mit einer Strafexpedition die Orte Zinacantán und Chamula in Chiapas zunächst besetzen, mussten dann allerdings nach einem Aufstand der Indios den Rückzug antreten. Erst nach einer weiteren Expedition unter Diego de Mazariegos in den Jahren 1527/28 konnte das Gebiet endgültig erobert werden.
Alvarado gilt als einer der grausamsten Eroberer. Bestätigt wird dies dadurch, dass er sich zweimal – 1527 und 1536 – aus diesem Grund vor Gericht verantworten musste. Das bedeutet, dass sein Vorgehen gegen die Indios sogar das damals übliche Maß an Grausamkeit erheblich überschritten hatte. Über ihn berichtet Bartolomé de las Casas: »Er und seine Brüder haben zusammen mit den übrigen in fünfzehn oder sechzehn Jahren, nämlich vom Jahre 1524 bis zum Jahre 1540, mehr als vier oder fünf Millionen Menschen umgebracht. Und heute töten und vernichten sie jene, die noch am Leben bleiben. Und so werden sie auch die übrigen ermorden.«170 Las Casas schildert ferner einen entsprechenden Vor-fall, der sich während des Eroberungszuges Alvarados ereignete: Die K’iche’-Maya empfingen die Spanier freundlich und bedienten sie »mit allem was man hatte, insbesondere gab man ihnen reichlich zu essen und alles, was man sonst noch anbieten konnte.«171 Doch am nächsten Tag nahm Alvarado »sie alle gefangen und gebot ihnen, sie sollten ihm soundso viele Traglasten Gold abliefern. Sie antworteten, sie hätten kein Gold, weil es in diesem Land keins gebe. Sogleich befahl er, sie bei lebendigem Leib zu verbrennen, ohne dass sie etwas anderes verschuldet hätten oder er ihnen einen anderen Prozess gemacht und sie abgeurteilt hätte«172.
Mit der Eroberung von Chiapas und Guatemala war aber längst nicht das ganze Maya-Gebiet unter spanische Herrschaft gebracht. Die Eroberung ging weiter mit den Expeditionen von Hernán Cortés nach Honduras und der beiden Montejos in Yukatan.
Cristóbal de Olid (1487–1524) hatte als treuer Gefolgsmann von Cortés an der Eroberung Tenochtitláns teilgenommen. So vertraute ihm Cortés auch die Leitung einer Expedition nach Higueras (Honduras) an, kurz nachdem Alvarado nach Chiapas aufgebrochen war. Dort sollte er die Grenzen des Herrschaftsgebietes von Cortés gegen die aus Panama vordringenden Spanier absichern. Anfang 1924 segelte Olid zuerst nach Kuba zur Ergänzung der Expeditionsausrüstung. Dabei gelang es Velázquez, dem Gouverneur von Kuba und Gegenspieler von Cortés, Olid für sich zu gewinnen. Olid segelte nach Honduras, gründete am Río Ulúa die Siedlung Triunfo de la Cruz und entschied sich, Alleinherrscher von Honduras zu werden. Allerdings erfuhr er dabei Gegenwind von zwei Seiten: Zum einen hatte der Spanier Gil González de Dávila zur gleichen Zeit von Santo Domingo kommend das Gebiet um die Bucht Amatique und den Río Dulce erobert, und die Stadt San Gil de Buenavista gegründet. Zum anderen hatte Cortés inzwischen von der Untreue Olids erfahren und ihm Francisco de las Casas hinterhergeschickt, um seine Ansprüche zu sichern. Olid gelang es, sowohl Dávila als auch Las Casas samt ihren Leuten gefangenzunehmen. Dabei machte er allerdings den Fehler, seine Gegenspieler nicht sofort zu töten. Diesen gelang es nach einer erfolgreichen Verschwörung, Olid ihrerseits festnehmen. Las Casas ließ ihn daraufhin enthaupten. Las Casas wurde nun wiederum von seinen Gegnern (bzw. denen des Cortés) festgenommen und wegen Mordes an Olid angeklagt. Nur mit einem Gnadengesuch an Kaiser Karl V. gelang es ihm letztendlich, als freier Mann aus der Sache herauszukommen.
Inzwischen, im Oktober 1524, war Cortés höchstpersönlich mit ca. 100 Reitern und 40 Fußsoldaten, 3000 indianischen Kriegern, einem Geistlichen und zwei Franziskanermönchen sowie Pferden und Schweinen als Proviant nach Honduras aufgebrochen. Sein Ziel war nicht nur, seine Ansprüche auf Honduras zu sichern, sondern auch das Gold, das er sich dort erhoffte, sowie die Entdeckung einer Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik. Cortés und seine Mannschaft waren die ersten Europäer, die das gesamte Maya-Gebiet vom Norden nach Süden durchquerten.
Cortés nahm den letzten Azteken-Herrscher Cuauhtémoc auf diesen Marsch als Gefangenen mit, um jedes Risikos eines Aufstandes in Tenochtitlán während seiner Abwesenheit auszuschließen. In Itzamkanac, der Hauptstadt der Putunes-Maya, wurde Cuauhtémoc und mit ihm der Häuptling Tlacopans von Cortés wegen einer angeblichen Verschwörung kurzerhand zum Tode verurteilt und erhängt, wie Díaz del Castillo berichtet.
»In diesen Tagen meldeten der frühere Oberbefehlshaber von Cuauhtémoc und anderen Kaziken, dass Cuauhtémoc und seine Vertrauten, die bei unserem Korps standen, beschlossen hätten, uns zu überfallen, umzubringen und dann nach Mexiko zurückzukehren, und das ganze Land gegen die Spanier aufzurufen. […] Die Geständnisse mehrerer Kaziken bestätigten die Meldung. […] Daraufhin ließ Cortes den Cuauhtémoc und seinen Vetter, den Fürsten von Tlacopan, ohne weitere Untersuchung aufhängen. […] Sie starben unschuldig.«173
Zu den Kaziken, die Cuauhtémoc verrieten, gehörte auch der Maya-Herrscher Paxbolonacha. Ein weiteres Beispiel dafür, wie Zwistigkeiten und Intrigen unter den diversen indianischen Gruppen und Parteien mit einem wesentlichen Anteil zum Erfolg der spanischen Eroberung beitrugen.
Der Marsch wurde immer mühseliger und qualvoller. Die Spanier mussten sich ihren Weg durch unwegsamen Dschungel bahnen und litten unter dem feuchtheißen Klima, den verschiedensten Insekten wie Moskitos sowie diversen Krankheiten wie Malaria – und nicht zuletzt immer mehr unter Hunger. Obwohl Cortés und seine Leute eine ganze Herde von Schweinen als Proviant mitgeführt hatten und in den Ortschaften, durch die sie kamen, ihre Vorräte aufstockten, reichten diese letztlich nicht mehr aus. Von Itzamkanac gelangten die Spanier nach Tayasal (heute Flores), einer Inselstadt der Itzá im Petén-Itzá-See, wo Cortés mit dem dortigen Herrscher Kan Ek’ zusammentraf. Die Einwohner von Tayasal ließen sich schnell zum Christentum bekehren. Allerdings zeigte sich schon in diesem Fall, wie schnell sich Christentum und indianische Religion vermischten: Cortés ließ ein am Fuß verletztes Pferd in Tayasal zurück, von dem die Itzá stark beeindruckt waren. Sie brachten ihm Blumen und Speisen dar, aber das Pferd starb bald darauf. 1618, fast hundert Jahre später, kamen zwei Franziskaner nach Tayasal und fanden ein in Stein gemeißeltes Pferd vor, das die Indios als Gottheit verehrten.
Im Mai 1525 erreichten Cortés und seine Truppe die bereits von Spaniern eroberte und besiedelte Stadt Nito an der Mündung des Río Dulce. Die spanischen Siedler dort litten Hunger. Rettung brachte erst ein Schiff aus Kuba. Danach segelte Cortés nach der außerhalb des Maya-Gebietes liegenden, nicht lange zuvor gegründeten spanischen Stadt Trujillo174 (Honduras), wo er ein Jahr blieb und eine Expedition nach Nicaragua plante. Dazu kam es aber nicht mehr. Cortés kehrte stattdessen nach Tenochtitlán zurück, wo er inzwischen für tot erklärt worden war, um dort seine Besitzansprüche geltend zu machen.
Die Halbinsel Yukatan war der Teil des Maya-Gebietes, in dem die Spanier zwar 1511 zuerst landeten, der aber erst 1646 vollständig durch Francisco de Montejo und seinen Sohn erobert wurde. Francisco de Montejo (um 1479 – 1553) stammte aus dem spanischen Salamanca. Ana de León gebar ihm 1508 in Sevilla einen Sohn, der den gleichen Namen wie sein Vater erhielt. Um sie zu unterscheiden, nannte man den Vater Montejo den Älteren oder »el Adelantado«175 und den Sohn »el Mozo« bzw. »den Jüngeren«. Nicht nur der Sohn, sondern auch ein Neffe von Montejo dem Älteren, ebenfalls Francisco de Montejo mit Namen, war an der Eroberung von Yukatan beteiligt.
Montejo der Ältere kam 1514 nach Santo Domingo (Hispaniola), wo er als Kapitän und Geschäftspartner an der Expedition des Juan de Grijalva 1518 teilnahm. 1519 schloss er sich der Expedition des Cortés an, nahm dann aber selbst nicht an der Eroberung von Tenochtitlán teil. Denn als enger Vertrauter des Cortés reiste er im selben Jahr nach Spanien, um gegenüber Karl V. dessen Interessen zu vertreten. Dabei war er so erfolgreich, dass Karl V. Montejo später, am 8. Dezember 1526, zum Adelantado und Generalkapitän ernannte mit dem Auftrag, Yukatan zu erobern. 1535 erhielt er zudem den Rang des Gouverneurs von Honduras.
1527 verließ Montejo mit einer Mannschaft von 400 Soldaten und 350 Pferden Spanien, landete auf der Insel Cozumel und setzte ein paar Tage später zu der Maya-Siedlung Xelha am gegenüberliegenden Ufer über. Hier gründete er die erste spanische Stadt in Yukatan, die er nach seiner Geburtsstadt Salamanca de Xelha nannte. Diese Stadtgründung sowie die weiteren Eroberungen des Gebietes um Xelha erfolgten ohne großen indianischen Widerstand, denn die Spanier hatten einen Freund und Helfer in Ah Naum Pat gefunden, dem Herrscher von Cozumel. So konnte Montejo weiter nach Norden vordringen und einige weitere indianische Herrscher als ergebene Untertanen gewinnen. Erst bei Chauaca und Ake stießen die Spanier auf Widerstand der Maya. Es kam zu einer ersten Schlacht, in denen die Spanier eine große Anzahl von Maya töteten. Nachdem Montejo so den Nordosten Yukatans erobert hatte, kehrte er auf dem Seeweg über Chetumal zum Ausgangspunkt seiner Expedition zurück. Allerdings hatten die zurückgebliebenen Spanier die Stadt Salamanca de Xelha wegen der ungünstigen Lage inzwischen aufgegeben und stattdessen Salamanca de Xamanha gegründet. Montejo brach nach Neuspanien auf und ließ Alonso de Ávila als Statthalter zurück. Damit endet die erste Phase der Eroberung Yukatans. Für Montejo war der ganze Feldzug, von dem er sich Gold und Reichtum erhofft hatte, kein Erfolg gewesen. Aber auch die Rückkehr nach Neuspanien war für ihn frustrierend, denn er erhielt nur das Amt des Verwalters von Tabasco. Und das war schon einem anderen zugesagt worden. In Tabasco gründete Montejo zwei weitere Städte namens Salamanca: Salamanca de Xicalanco und Salamanca Itzamkanac. Dann kehrte der ursprünglich ernannte Verwalter nach Tabasco zurück und sperrte Montejo ins Gefängnis. Nach seiner Haftentlassung brach Montejo zusammen mit seinem Sohn und 500 Söldnern zu einer erneuten Expedition nach Yukatan auf.
Das war der Beginn der zweiten Phase der Eroberung von Yukatan, die von 1531 bis 1534 erfolgte. Von Süden her zog Montejo in das Gebiet des heutigen mexikanischen Bundesstaates Campeche und gründete dort die heutige Hauptstadt Salamanca de Campeche, die fünfte Stadt mit diesem Namen. Von hier brachen dann Montejo der Jüngere und sein inzwischen hinzugekommener gleichnamiger Vetter zur Eroberung des Nordens von Yukatan auf. Unterwegs trafen sie auf Angehörige der damals mächtigsten Maya-Dynastie der Tutul Xiu, und konnten unter ihrem Schutz die Expedition fortführen. 1532 gelang es Montejo dem Jüngeren, Chichén Itzá zunächst ohne Widerstand einzunehmen. Er musste die Stadt aber nach einer Belagerung durch die Maya 1533 wieder verlassen. Montejo der Ältere konnte zwar 1534 etliche Provinzen wie Campeche oder Champotón erobern, musste sich dann aber 1534 aus Yukatan zurückziehen. Denn viele seiner Soldaten hatten sich inzwischen Francisco Pizarro auf seinem Eroberungszug ins Inka-Reich angeschlossen, weil sie sich dort mehr Reichtum erhofften. Die übriggebliebenen 300 Mann aus Montejos Truppe waren nicht stark genug, um den Widerstand der Maya vollkommen zu brechen. Erschwerend kam für die Spanier hinzu, dass sie nicht gegen ein einheitliches Reich bzw. eine zentrale Macht kämpften, sondern gegen viele einzelne, autonome Fürstentümer und weit zerstreute Ortschaften der Maya. Da die bisherigen Expeditionen in Yukatan nicht den erwünschten Erfolg gebracht hatten, übertrug Montejo der Ältere seine Eroberungsvollmachten an seinen Sohn und versuchte nun sein Glück in Honduras, wo er 1535 zum Gouverneur ernannt wurde. Allerdings musste er diesen Posten schon zwei Jahre später wieder aufgeben, da er im Konkurrenzkampf mit Pedro de Alvarado den Kürzeren zog.
Die dritte und letzte Phase der Eroberung Yukatans, 1535 bis 1547, erfolgte unter Montejo d. J. 1535 hatte der Franziskanermönch Jacobo de Testera mit Gefolge zuerst versucht, die Maya-Champotón friedlich zu missionieren, indem er ihnen versprach, spanische Soldaten von ihrem Gebiet fernzuhalten. Aber dieses Versprechen konnte er letztlich nicht halten, und so musste der Franziskaner seine Unternehmung 1537 aufgeben. Im Auftrag von Montejo d. J. war der Hauptmann Lorenzo de Godoy mit Soldaten erschienen, um Champotón zu erobern und Tribut von den Maya zu erheben. Diese wehrten sich dagegen allerdings zunächst erfolgreich. Erst 1540 gaben die Maya ihren Widerstand auf, als Montejo d. J. ihnen versprach, auf Tributleistungen zu verzichten. Von Campeche aus drang Montejo d. J. nach Norden vor und gründete an der Stelle der dortigen Maya-Stadt Tiho am 6. Januar 1542 Mérida, heute die Hauptstadt des mexikanischen Bundesstaates Yukatan. Die Eroberung Nordyukatans gelang den Spaniern nicht zuletzt mit tatkräftiger Hilfe der Xiu-Dynastie, die dies gerne zum Anlass nahm, gegen ihre Feinde, die Cocom-Dynastie und deren damalige Hauptstadt Sotuta vorzugehen. Die Cocom lehnten, letztlich erfolglos, eine Unterwerfung durch die Spanier ab. Vom Norden aus konnten die Spanier in blutigen Schlachten von 1542 bis 1545 den Osten Yukatans erobern. Doch die dortigen Maya gaben sich noch nicht geschlagen: Von Ende 1546 bis März 1547 führten sie einen Aufstand durch, in dem sie nach dem Prinzip der verbrannten Erde ihre eigenen Felder zerstörten, um so den Spaniern die Lebensgrundlage zu nehmen. Aber letztlich verhinderte das nicht den Sieg der Spanier, die die Eroberung Yukatans abschließen konnten.
Die spanische Eroberung des Maya-Gebietes wurde aber erst im 17. Jh. endgültig abgeschlossen, als zunächst die Lakandonen unterworfen und 1697 Tayasal als letzte Maya-Stadt der Itzá von den Spaniern besiegt wird. Diese bis dahin noch nicht vollständig unterworfenen Maya-Stämme im Petén, im Grenzgebiet zwischen Guatemala und Mexiko, sollten im Zuge eines Straßenbauprojektes endgültig unterworfen werden. Das Projekt begann der Gouverneur von Yukatan Martín de Ursua y Arizmendi 1695 in die Tat umzusetzen. Im Fall der Lakandonen trafen die Spanier auf wenig Widerstand und siedelten sie 1712 ins Hochland von Guatemala um. Die Mehrzahl verstarb dabei an von den Spaniern eingeschleppten Krankheiten.
Mehr Widerstand erfuhren diese durch die Itzá von Tayasal (heute Flores), einer auf einer Insel im Peten-Itzá-See gelegenen Stadt im Norden von Guatemala. Dort herrschte Kan Ek’, ein Nachfahre des gleichnamigen Herrschers, den Cortés während seines Zuges nach Honduras getroffen hatte.176 Zu dieser Zeit hielten sich auch Franziskanermönche zwecks Mission dort auf. Diese beriefen sich auf Prophezeiungen des Chilam Balam177 von einem Herrschaftswechsel und propagierten diese, um so die Christianisierung der Itzá auf friedliche Weise durchzusetzen. Aufgrund dieser Prophezeiungen hatte sich Kan Ek’ entschlossen, Christ zu werden, und wandte sich diesbezüglich an den Gouverneur Martín de Ursua y Arizmendi. Der Gouverneur verstand dies jedoch als Unterwerfung und befahl dem Leiter des Straßenbauprojektes, Tayasal einzunehmen. Aber die Mehrheit von Kan Ek’s Untertanen war nicht zur Unterwerfung unter spanische Herrschaft bereit. Es kam zu einem Aufstand gegen Kan Ek’, der gezwungen wurde, die Spanier kriegerisch zu empfangen, als diese am 18. Januar 1696 am Seeufer eintrafen. Die Spanier mussten sich unverrichteter Dinge zurückziehen. Am 27. Januar 1697 brach Martín de Ursua höchstpersönlich mit 235 Soldaten und 120 Indianern von Campeche zu einem Eroberungszug auf. Er traf am 1. März am Seeufer ein und errichtete dort ein Lager. Ursua war bestrebt, Tayasal möglichst friedlich und ohne Blutvergießen einzunehmen. Am 10. März erschien eine Gruppe ranghoher Itzá, um mit den Spaniern zu verhandeln. Ursua bestand auf einem Treffen mit Kan Ek’ persönlich, das zwei Tage später stattfinden sollte. Aber Kan Ek’ erschien nicht. Ursua brach daraufhin per Schiff mit seinem Trupp nach Tayasal auf, mit der ausdrücklichen Anweisung, sich den Itzá gegenüber friedlich zu nähern.
Doch die Itzá empfingen die Spanier mit einem Pfeilhagel und schlossen sie mit ihren Kanus ein. Trotzdem hatten die Spanier den Kampf schnell gewonnen, töteten die meisten der Itzá und besetzten am 13. März 1697 die letzte bis dahin noch nicht eroberte Stadt der Maya. Kan Ek’ wurde gefangengenommen und die Itzá ins Hochland von Guatemala umgesiedelt, wo viele von ihnen dem ungewohnten Klima und Krankheiten zum Opfer fielen.
Das Ziel der Konquistadoren und Kolonisten war persönlicher Gewinn und Bereicherung. Dies versuchten sie auf Kosten der Indianer zu erreichen. Die spanische Krone war ebenso darauf bedacht, ihren Anteil aus den Kolonialgebieten zu erhalten und versuchte aus diesem Grund, eine zu starke Ausbeutung der Länder und der Indianer durch die Kolonisten zu verhindern.
Nur eine einzige Gruppe von Spaniern setzte sich für eine humane Behandlung der Indios ein: die Ordensgeistlichen bzw. die Orden der Franziskaner und Dominikaner. Aus diesen zwei Orden gingen zwei bedeutende Missionare der Maya hervor: Der Franziskanermönch Diego de Landa, der einen gewaltsamen Missionskurs verfolgte, und der Dominikanermönch Bartolomé de las Casas, der einen friedlichen Missionskurs vertrat und zum berühmtesten Verteidiger der Indios wurde. Im Unterschied zu den Ordensgeistlichen standen die weltlichen Geistlichen – mit denen die wichtigsten Kirchenämter besetzt waren – auf der Seite der spanischen Kolonisten und waren ebenso wie diese der persönlichen Bereicherung auf Kosten der Indios nicht abgeneigt. Im Laufe der Kolonialzeit verfügte die Kirche dann schließlich über einen großen Anteil am Grundbesitz des Landes.
Das Missionsgebiet der Franziskaner war Yukatan, das der Dominikaner Guatemala und Chiapas. Wie bereits erwähnt, begann der französische Franziskaner Jacobo de Testera 1535 in Yukatan erstmalig bei den Maya von Champotón zu missionieren. Seine Arbeit wurde aber bereits nach zwei Jahren beendet, als Lorenzo de Godoy mit einer Truppe Soldaten erschien und sich die Franziskaner nach einer Auseinandersetzung mit diesem zurückzogen. Erst 1545 erfolgte wieder eine längerfristige franziskanische Mission in Yukatan. Dem Dominikanermönch Bartolomé de las Casas (1484–1566), in Sevilla geboren und Sohn eines Marinesoldaten, der 1492 zur Mannschaft des Kolumbus gehört hatte, wurde sein Einsatz für die Indianer nicht in die Wiege gelegt. Ganz im Gegenteil: Las Casas hatte zunächst selbst von 1502 bis 1512 auf der Insel Hispaniola eine Encomienda178, vollzog dann aber nach einer Adventspredigt des Dominkanerpaters Antón Montesinos 1514 eine völlige Kehrtwende: 1522 trat er in den Dominikanerorden ein und kämpfte 50 Jahre lang gegen Missbrauch, Gewalt, Ausbeutung und Versklavung der Indios, kurz gegen jede Ungerechtigkeit ihnen gegenüber. Für Las Casas war den Spaniern die Herrschaft über Westindien einzig und allein zum Zwecke der Bekehrung der Indios zum Christentum durch die Päpstliche Bulle von 1493 übertragen worden. In unzähligen Petitionen und Streitschriften setzte er sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln für die Menschenrechte und Menschenwürde der Indianer ein.179
1537 baute Las Casas ein einzigartiges Missionswerk im Norden von Guatemala auf: In dem aufgrund der indianischen Widerstände Tezulutlán (»Kriegsland«) genannten Gebiet errichtete er ein Missionsreservat, in dem die K’iche’ und Q’eqchi friedlich zum Christentum bekehrt und vor Übergriffen der Spanier geschützt werden sollten. Dieses »Kriegsland« taufte Las Casas in »Verapaz« (»wahrer Frieden«) um und so heißt dieses Gebiet heute noch. 1540 reiste er nach Spanien, um Karl V. von seinem Missionswerk zu berichten und zu überzeugen. Dieser veranlasste, dass Las Casas 1543 zum ersten Bischof von Chiapas ernannt wurde. Zu seiner Diözese gehörten der heutige mexikanische Bundesstaat Chiapas, die Halbinsel Yukatan sowie der Norden Guatemalas mit dem Missionswerk Verapaz. Der bischöfliche Amtssitz war die Ciudad Real de los Llanos de Chiapas, die heute nach ihm benannte Stadt San Cristóbal de las Casas.
Ein Ergebnis des unermüdlichen Kampfes Las Casas’ waren die »Neuen Gesetze« (Nuevas Leyes) von Burgos, die Karl V. am 20. November 1542 erließ. Diese Gesetze hatten den Schutz der Indios zum Ziel, sie schränkten zum Beispiel Encomienda sowie Zwangsarbeit ein, und verboten Sklaverei und Ausschreitungen gegen die Indios. Die Umsetzung dieser Gesetze in die Tat war die andere Seite der Medaille, die sich nämlich als äußerst schwierig herausstellte. In Juan Ginés de Sepúlveda, dem persönlichen Berater Karls V., hatte Las Casas einen scharfen Gegner. Sepúlveda verfasste eine Schrift (Democrates Alter), die sich gegen Las Casas richtete und in der er versuchte, die Eroberung und Versklavung der Indianer, die er mit Affen verglich, zu rechtfertigen. Auch bei den spanischen Siedlern stießen die Neuen Gesetze auf heftigsten Widerstand, sodass Karl V. sie teilweise rückgängig machte. Verleumdet und sogar mit dem Tod bedroht, kehrte Las Casas 1547 frustriert nach Spanien zurück und gab sein Bischofsamt auf. Trotzdem setzte er bis zu seinem Tod 1566 in Madrid unermüdlich seinen Einsatz für die Indianer fort.
Das Missionswerk in Verapaz war inzwischen im Norden ins Gebiet der Chol-Maya hinein erweitert worden, fand aber 1555 durch eine Revolte ebendieser Chol ein dramatisches Ende, bei dem zwei Dominikaner-Mönche – die vermitteln wollten – getötet wurden. Die Folgen waren einerseits eine spanische Strafexpedition, bei der die Anführer des Aufstandes hingerichtet wurden, und andererseits ein Beschluss des Dominikanerordens, dass die Chol-Maya nur mit Gewalt zum Christentum bekehrt werden könnten. Der Franziskanermönch Diego de Landa180 (1524–1579) war als übereifriger Missionar bestrebt, mit aller Strenge gegen die insgeheim noch ausgeübten indianischen Kulte vorzugehen. Dabei schreckte er nicht davor zurück, Indianer zu foltern, nur um mehr Informationen darüber zu erhalten, wo und von wem die heidnischen Kulte noch praktiziert wurden. Allein 1562 starben 157 Indianer an den Folgen der von Landa durchgeführten oder veranlassten Foltern, nicht zu reden von denen, die die Folter als Krüppel überlebten. Höhepunkt des missionarischen Eifers von Landa war ein Autodafé181 in Maní am 12. Juli 1562. Die beschuldigten Indios wurden ausgepeitscht, 27 Maya-Codices verbrannt und an die 5000 Götterbilder zerstört. Landa selbst berichtet darüber:
»Als die Leute in der Religion unterrichtet und die jungen Männer mit Nutzen belehrt waren, wie wir gesagt haben, wurden sie von den Priestern verführt, die sie in ihrem Götzendienst hatten, und auch von den Häuptlingen, so dass sie abermals Götzen anbeteten und Opfer brachten, die nicht nur aus Räucherwerk, sondern aus Menschenblut bestanden; hierüber stellten die Mönche eine kirchliche Untersuchung an und baten den Oberrichter um Hilfe, sie setzten viele gefangen und führten Prozesse gegen sie durch; und es wurde ein Autodafé abgehalten, bei dem sie viele auf Schaugerüste stellten, ihnen die Büßermütze aufsetzten, sie auspeitschten, sie kahlschoren und einigen für eine gewisse Zeit das Büßerhemd anzogen; andere, die vom Teufel getäuscht wurden, erhängten sich aus Trübsinn, und gemeinsam zeigten alle große Reue und den Willen, gute Christen zu werden.«182
Die Widersacher Landas machten Meldung von diesem Autodafé. Der zuständige Bischof Francisco de Toral warf Landa vor, dass er nicht die inquisitorische Vollmacht zur Veranstaltung eines Autodafés gehabt hätte, diese käme nur ihm als Bischof zu. 1563 musste sich Landa dementsprechend in einem Prozess in Spanien für sein Vergehen verantworten. Um sich besser verteidigen zu können, beschrieb er in seinem Bericht aus Yukatan 1566 ausführlich die Kultur und Religion bzw. den »Götzendienst« der Maya von Yukatan. 1569 wurde Landa mit der Begründung freigesprochen, dass dem Franziskanerorden 1522 von Papst Hadrian VI. die bischöfliche Vollmacht eines Autodafés verliehen worden war und Landa somit nicht unrechtmäßig gehandelt habe. Dieser wurde 1572 zum Bischof von Yukatan ernannt und übte dieses Amt bis zu seinem Tod 1579 aus.
Landa zerstörte auf der einen Seite viele Codices und Kunstwerke der Maya, auf der anderen Seite verdanken wir seinem Bericht aus Yukatan wesentliche Informationen über die postklassische Maya-Kultur und nicht zuletzt die Grundlage für die Entzifferung der Maya-Schrift. Einerseits ging er rigoros und gewaltsam gegen Indios vor, die – obwohl christlich missioniert – ihrem alten Glauben treublieben, andererseits verurteilte er die Ausbeutung und Misshandlung der zum Christentum übergetretenen Indios durch die spanischen Eroberer und Kolonisten.183
Letztlich erreichten die Konquistadoren mit der Eroberung des Maya-Gebietes – im Vergleich zu Mexiko oder Peru – nicht ihr erhofftes Ziel, nämlich Reichtum an Gold. Allerdings glichen die Eroberer und die späteren Kolonisten dieses Manko durch die Arbeitskraft der Maya aus. Für die Spanier erwies sich dabei vor allem die Institution der Encomienda als ideales Mittel zur Ausbeutung der Indianer. Ziel und Zweck der Encomienda (vom spanischen Wort encomendar = »treuhänderisch verwalten«) war ursprünglich der, einem Spanier die Verantwortung für die christliche Unterweisung der Indianer eines bestimmten Gebietes zu übertragen, wofür er als Gegenleistung Tribut und – wenn dies nicht möglich war – Dienstleistungen erhalten sollte. Diesem Ziel wurde die Institution aber nie gerecht, sie wurde vielmehr von Anfang an zur Bereicherung an Land und Arbeitskraft der Indianer missbraucht.
Das System der Encomienda blieb – wenn auch in eingeschränkter Form – bis ins 18. Jh. bestehen. Der Eroberer Pedro de Alvarado zum Beispiel besaß die größte Encomienda in Guatemala, und Bernal Díaz del Castillo erhielt die Stadt Chamula in Chiapas als Encomienda. Als er diese 1532 verlor und nach Guatemala umsiedelte, standen ihm dort immer noch 600 Indianer als Arbeitskräfte und Tributpflichtige zur Verfügung, sodass er ohne wirtschaftliche Sorgen seine Eroberung von Mexiko niederschreiben konnte. 1548 gab es insgesamt 84 Encomenderos (= Besitzer einer Encomienda) in Guatemala, die sich die gesamten indianischen Arbeitskräfte teilten, 1626 allerdings nur noch 43. Grund für diesen Rückgang war einerseits, dass die Bevölkerungszahl der Indianer aufgrund der Ausbeutung und vor allem durch Krankheiten deutlich zurückging. Andererseits bestätigte die spanische Krone nicht immer die notwendige Bewilligung zur Vererbung der Encomienda an seine Nachkommen nach dem Tod des Encomendero, da die Krone selbst indianische Arbeitskräfte für den Ausbau der Infrastruktur benötigte. Die von den städtischen Zentren weit abgelegenen Dörfer blieben weitgehend von den Repressalien des Encomienda-Systems verschont. Neben der durch die Encomienda legitimierten Zwangsarbeit existierte von Anfang an auch Sklaverei.
Schließlich wurde 1720, in Yukatan allerdings erst 1785, die Institution der Encomienda von der des Repartimiento abgelöst. Dabei wurden einem Spanier direkt indianische Arbeiter zugeteilt, die er bar bezahlen musste – in der Praxis aber ebenfalls eine Form der Zwangsarbeit. 1601 wurde die Zwangsarbeit verboten, mit Ausnahme der Arbeit in den Bergwerken. Die Spanier mussten sich jetzt sozusagen auf dem freien Arbeitsmarkt nach Arbeitern umsehen, was aber für sie zu teuer geworden wäre. Sie lösten dieses Problem mit der Peonaje, der Schuldknechtschaft, die das Repartimiento ersetzte und bis ins 20. Jh. praktiziert wurde. Hatte man einmal indianische Arbeiter mit Vorschusszahlungen angeworben, die sie abzuarbeiten hatten, genügten ein paar Tricks wie die Verpflichtung zum Kauf der lebensnotwendigen Sachen beim Großgrundbesitzer zum mehrfach überhöhten Preis, sodass die Indianer lebenslang verschuldet blieben und somit nie mehr aus dem Arbeitsverhältnis herauskamen. Der Großgrundbesitzer, der Hacendado oder Patrón, trat nun an die Stelle des Encomendero und übte die Herrschaft über die für ihn arbeitenden Indianer aus. So hatte man einen Weg gefunden, die offiziell abgeschaffte Sklaverei fortzuführen. Der deutsche Schriftsteller B. Traven beschreibt in seinen Romanen, vor allem dem Caoba-Zyklus184 durchaus nicht fiktive Situationen, sondern leider harte Realitä – nämlich die Brutalität, mit der Maya-Indianer im Dschungel zum Arbeitsdienst in den Mahagoni-Holzfäller-Camps gezwungen wurden. Travens Romane beschreiben die Zustände in den 1930er-Jahren, die er selbst als Arbeiter in diesen Arbeitslagern erlebt hatte. Die Tribute, die die Indianer an die Encomenderos zu entrichten hatten, waren zum Beispiel Mais, Hühner, Honig oder Wolldecken. Schon früh wurde Brasilholz als Exportprodukt entdeckt, sodass der Handel damit schon 1566 zum Monopol der spanischen Krone erklärt wurde. Im Laufe der Zeit wurde Kaffee zum Exportschlager, daneben Zucker, Baumwolle, Tabak, Kautschuk und Bananen. Der Anbau dieser von den Spaniern eingeführten Produkte sowie die Viehwirtschaft schränkten die Möglichkeit der Maya für einen ertragreichen Anbau der heimischen Produkte wie Mais und Bohnen als eigene Nahrungsgrundlage immer weiter ein.
Nicht nur Eroberung, Arbeitsdienst, Sklaverei, Tributverpflichtung und Hungersnöte führten zum drastischen Rückgang der indianischen Bevölkerung; sondern auch Krankheiten, vor allem Epidemien, hatten als unsichtbare Helfer der Spanier einen wesentlichen Anteil. Pocken, Typhus, Gelbfieber oder Masern – gegen diese von den Spaniern aus Europa eingeschleppten Krankheiten waren die Indios nicht immun, und so waren selbst Masern für sie tödlich. Von den Indianern wiederum »erbten« die Europäer die Syphilis, gegen die zwar die Indianer, aber nicht die Spanier immun waren. Zudem verfielen viele Indianer angesichts der desolaten Lebensverhältnisse dem Alkoholismus.
Die von den Spaniern eroberten Gebiete der Neuen Welt wurden zu Kolonien Spaniens, die aus zwei großen Gebieten bestanden: Neuspanien und Neukastilien. Neuspanien umfasste die Gebiete der heutigen Staaten Mexiko, Guatemala, Belize, El Salvador, Honduras, Nicaragua, Costa Rica und Panama, sowie im Norden große Teile der heutigen USA, nämlich den ganzen Südwesten, Kalifornien und Florida. Neukastilien bestand aus dem ehemaligen Gebiet des Inka-Reiches in Südamerika und grenzte im Norden (Panama) an Neuspanien.
Ein solch großes Kolonialgebiet musste verwaltet werden. Zu diesem Zweck wurde 1503 in Spanien die Casa de Contratación (»Haus des Handels«) gegründet, eine Institution zur Verwaltung aller Handelsangelegenheiten der Kolonialgebiete Spaniens. 1524 wurde der Consejo de las Indias (»Indienrat«) gegründet, der alle Angelegenheiten in Übersee (also auch die Casa de Contratación) kontrollierte. Der Indienrat richtete in den spanischen Kolonialgebieten lokale Behörden ein, die Audiencias, die die Gerichts- und Verwaltungsaufgaben sowie den im Namen bzw. in Vertretung des spanischen Königs regierenden Vizekönig kontrollierten. 1528 wurde die Audiencia von Mexiko gegründet, zu der im Maya-Gebiet Tabasco, Yukatan und Chiapas gehörten. 1544 erfolgte die Gründung der Audiencia de los Confines, später Audiencia von Guatemala genannt, die das Gebiet der heutigen Staaten Guatemala, El Salvador, Honduras, Nicaragua und Costa Rica umfasste. Aus der Audiencia von Guatemala wurde 1568 das bis zur Unabhängigkeit 1821 bestehende Generalkapitanat Guatemala (Capitanía General de Guatemala). Zu diesem gehörten die heutigen Staaten Guatemala, Belize, Honduras, El Salvador, Nicaragua, Costa Rica und der mexikanische Bundesstaat Chiapas.
Buchstäblich wechselhaft war die Geschichte der Hauptstadt von Guatemala: Die erste Hauptstadt wurde 1524 von Alvarado in der Nähe von Iximché gegründet. Aber schon 1527 verlegte man sie ins zentrale Hochland von Guatemala und gab ihr den Namen Santiago de Goathemala. Nachdem diese 1541 durch eine Schlammlawine zerstört worden war, wurde 1543 die dritte Hauptstadt mit dem Namen Muy Noble y Muy Leal Ciudad de Santiago de los Caballeros de Goathemala, das heutige Antigua Guatemala, gegründet, das 1570 zum Sitz der Audiencia von Guatemala wurde. Nach mehreren Erdbeben, Vulkanausbrüchen und Überschwemmungen wurde die Stadt 1773 durch ein erneutes schweres Erdbeben so stark zerstört, dass die Hauptstadt schließlich an den heutigen Ort von Guatemala-Stadt verlegt wurde.
Seit der spanischen Eroberung nahmen die Indios die unterste Stufe der gesellschaftlichen Hierarchie ein. Allerdings beließen die Spanier einen Teil der indianischen Adelselite in der Selbstverwaltung der indianischen Gemeinden. Diese waren von Tribut und Encomienda-Diensten befreit und nicht selten an der Ausbeutung ihrer eigenen Ethnie beteiligt. Der Gouverneur einer solchen Gemeinde oder Provinz war der »Kazike« (in der Maya-Sprache batab), der auch als »Bürgermeister« einer Provinzhauptstadt oder Cabecera (wie diese spanische Verwaltungseinheit genannt wurde) fungierte. Die Cabeceras waren die Zentren der indianischen Lokalregierungen. Diesen untergeordnet waren die Estancias, die kleineren Orte. Die den spanischen Behörden unterstellten Kaziken waren für die lokale Verwaltung ihrer Cabecera zuständig, vor allem für die Steuerabgaben an die Encomenderos, aber auch für Wasserversorgung, Straßen, Märkte u. a. mehr.
Die Spanier praktizierten eine Trennung von Weißen und Indianern aus machtpolitischen Gründen, nämlich um ihre Vormachtstellung als Minderheit zu halten und zu festigen. Schon die Konquistadoren hatten während oder sehr bald nach ihren Eroberungszügen indianische Konkubinen, ohne aber mit diesen eine feste Verbindung einzugehen. Im Laufe der Kolonialzeit ging aus den Verbindungen der Spanier mit Indianerinnen die Mestizenbevölkerung hervor, die heute die Mehrheit der Bevölkerung bildet. Bis heute fehlt dem Mestizen eine eigene Identität, er ist weder Spanier noch Indianer bzw. beides zugleich. Man unterschied in der Kolonialzeit gesellschaftlich Weiße bzw. Spanier, Indianer und Mestizen. Die Weißen bildeten die Elite, waren aber eine Minderheit. Bei den Weißen handelte es sich entweder um Kreolen, die in Neuspanien geborenen Spanier, oder die »Peninsularen«, die in Spanien geborenen Weißen. Bei den Mestizen unterschied man diverse »Kasten«. Mit »Kaste« bezeichnete man die Herkunft des Mestizen und den Grad seiner Mestizaje (»Vermischung«). In Guatemala ist der Ausdruck Ladino für die Weißen geläufig, der die dem spanischen way of life angepassten Indianer einschließt.
165Diego de Landa 2017, 46.
166Dazu s. S. 221.
167s. S. 136.
168Diego de Landa 2017, 12 f.
169Ebd., 13.
170Bartolomé de las Casas 2006, 76.
171Ebd., 70.
172Ebd.
173Bernal Dìaz del Castillo 2017, 524 f.
174An diesem Ort hatte Kolumbus auf seiner vierten Reise am 14. August 1502 erstmals amerikanisches Festland betreten.
175Ein Adelantado war ein Beamter der spanischen Krone mit Richter- und Regierungskompetenzen.
176s. S. 213.
177s. S. 167 ff.
178s. S. 223.
179s. S. 44 f.
180Vgl. S. 42 f.
181Ein Autodafé ist die Verkündigung und Vollstreckung des Urteils eines Inquisitionsprozesses, bei dem die Verurteilten zur Strafe ausgepeitscht wurden oder oft den Tod durch Verbrennung fanden. Bücher und Schriften mit häretischem Inhalt wurden ebenfalls verbrannt. Ein Inquisitionsprozess wurde gegen Häretiker (nicht gegen Nicht-Christen bzw. »Heiden«) geführt, d. h. Personen, die vom christlichen Glauben abgefallen waren. Die von Landa verurteilten Indios waren also zuvor offiziell zum Christentum bekehrt bzw. getauft worden. Ihnen wurde vorgeworfen, insgeheim aber doch noch ihre »heidnischen« Kulte auszuüben und somit vom Christentum abgefallen zu sein.
182Diego de Landa 2017, 53.
183s. S. 42 f.
184Der Karren (1931), Regierung (1931), Der Marsch ins Reich der Caoba (1933), Die Troza (1936), Die Rebellion der Gehenkten (1936), Ein General kommt aus dem Dschungel (1940).