In Davos flog die Welt in die Luft. So geschehen vor einigen Jahren während des alljährlichen Weltwirtschaftsforums in den schneebedeckten Schweizer Alpen. In einem kleinen Raum fern der Augen und Ohren der Weltpresse hatte ich 45 Führungskräfte aus Politik und Wirtschaft versammelt. Diese Männer und Frauen hatten in den schwierigsten Konflikten der Welt verhandelt, doch auf das, was sie nun erwartete, waren sie nicht vorbereitet – eine Verhandlung der sonderbarsten Art, die weit über die Flure des Forums hinausreichen und unser aller Leben betreffen sollte.1
Das Ganze begann recht harmlos. Während die Teilnehmer den Raum betraten, erhielten sie einen Schal mit einer bestimmten Farbe und wurden zu einem von sechs Tischen geführt. Ich sah zu, wie der Direktor eines globalen Konzerns Platz nahm, gefolgt von einer stellvertretenden Ministerpräsidentin, die den Direktor mit einem diplomatischen Kopfnicken begrüßte. Ein bekannter Universitätspräsident setzte sich neben einen Sicherheitsexperten, während an einem der Nachbartische eine Künstlerin mit einem Professor plauderte. Im Hintergrund spielte leise Musik, die Stimmung war gelöst.
Um Punkt ein Uhr hörte die Musik auf und ich trat in die Mitte des Raums. »Herzlich willkommen!«, sagte ich ein wenig nervös, als ich in die illustre Runde blickte, die mich erwartungsvoll ansah. »Es ist mir eine Ehre, Sie heute hier begrüßen zu dürfen.«
Während auf einem Bildschirm hinter mir das Wort »Stämme« aufschien, begann ich mit meiner Einführung. »Unsere Welt verwandelt sich immer mehr in eine Welt der Stämme. Dank des Zusammenwirkens der weltweiten Vernetzung und der neuen Technologien können wir mit immer mehr Menschen in Kontakt treten. Doch diese Vernetzung, die aufkeimende globale Gemeinschaft, bedroht grundlegende Aspekte unserer Identität. Daher ist es nur verständlich, dass wir uns in den Schutz und die Gemeinschaft von Stämmen zurückziehen.«2
Die Gruppe schien interessiert. Ich fuhr fort. »Jeder von uns gehört zu einer ganzen Vielzahl von Stämmen. Ein Stamm ist eine Gruppe von Menschen, mit denen wir bestimmte Dinge gemeinsam haben, zum Beispiel die Religion, die ethnische Herkunft oder auch nur den Arbeitgeber. Wir spüren eine Verwandtschaft mit den übrigen Angehörigen des Stammes, und wir laden den Stamm emotional auf. So kann sich auch eine religiöse Gemeinschaft oder eine Nation anfühlen wie ein Stamm, genau wie eine Familie oder ein Weltkonzern. Stämme sind allgegenwärtig.
Heute wollen wir uns ansehen, welche Macht diese Stämme haben. Sie und die anderen an Ihrem Tisch bekommen die Gelegenheit, sich kennen zu lernen und einen eigenen Stamm zu gründen. Sie haben fünfzig Minuten, um ein paar nicht ganz einfache Fragen zu beantworten, mit denen Sie die zentralen Eigenschaften Ihres Stammes festlegen. Bitte beantworten Sie diese Fragen durch Konsens, nicht durch Abstimmung. Und bleiben Sie dabei Ihren persönlichen Werten treu.«
Die Teilnehmer schienen die Anweisungen verstanden zu haben, bis ich das Arbeitsblatt mit den Fragen austeilte. Die Hand des Professors schoss in die Luft. »Diese Fragen sollen wir durch Konsens entscheiden? In fünfzig Minuten? Soll das ein Witz sein?«
Er war zu Recht entrüstet, denn die Teilnehmer sollten ethisch ausgesprochen kontroverse Fragen beantworten, zum Beispiel »Steht Ihr Stamm für die Todesstrafe?« oder »Befürwortet Ihr Stamm die Abtreibung?« oder »Was sind die drei wichtigsten Werte Ihres Stammes?«
»Ich habe dieses Experiment schon Dutzende Male durchgeführt«, erklärte ich dem Professor. »Ich versichere Ihnen, es hat noch jedes Mal geklappt. Geben Sie Ihr Bestes, und achten Sie darauf, alle Fragen innerhalb der vorgegeben Zeit zu beantworten.« Er nickte widerstrebend, und die Teilnehmer machten sich an die Arbeit. Ein Stamm brachte fast eine halbe Stunde damit zu, seine Werte zu benennen und nach ihrer Wichtigkeit zu ordnen, ein anderer blieb bei der Diskussion um die Todesstrafe stecken. Die Angehörigen eines Stammes in der Ecke lachten und scherzten wie Freunde in einer Kneipe, während sich der Stamm am Nachbartisch konzentriert in die Aufgabe vertiefte.
Nach fünfzig Minuten wurde es plötzlich stockdunkel im Raum. Bedrohliche Musik setzte ein, eine Orgel dröhnte. »Was ist los?«, flüsterte ein 85-jähriger Banker. Dann wandte er erschrocken den Kopf um, als jemand laut an eine Seitentür hämmerte. Es krachte, und alle Anwesenden verstummten und warteten angespannt auf das, was da kommen würde. Ein Alien mit hellgrüner Haut und riesigen Fliegenaugen stürmte in den Raum. Er schlängelte sich durch die Tische hindurch, vorbei am entsetzten Banker, und strich dem Professor mit seinen langen grünen Tentakeln durchs Haar. »Ihr lächerlichen Erdlinge«, höhnte der Alien mit dröhnender Stimme. »Ich bin gekommen, um euren Planeten zu zerstören!«
»Aber ich gebe euch eine Chance, die Erde vor der völligen Zerstörung zu retten«, rief er. »Ihr müsst einen eurer sechs Stämme als den einen auswählen, dem ihr alle angehören wollt. Alle müssen die Eigenschaften dieses einen Stammes annehmen. Ihr könnt keine der Eigenschaften des Stammes ändern. Ihr habt drei Verhandlungsrunden. Wenn ihr zu keinem Ergebnis kommt, wird Eure Welt ZERSTÖRT!« Das Wesen breitete die Arme aus und lief mit einem schrillen Lachen aus dem Raum.
Die Lichter gingen wieder an und alle blickten verwirrt um sich. Einige kicherten, dann steckten die Teilnehmer an den Tischen die Köpfe zusammen, um ihre Strategie für die anstehenden Verhandlungen zu besprechen.
In der Mitte des Raums standen sechs Barhocker, einen für jeden Abgesandten eines Stammes. Ich läutete die erste Runde ein, und jeder Stamm schickte einen Teilnehmer in die Verhandlung. Die erste Runde verlief recht freundschaftlich, die sechs Stämme wollten sich zunächst einmal mit den Eigenschaften der anderen vertraut machen.
Nach einigen Minuten sagte der Direktor eines Unternehmens mit Sitz in Dubai: »Wir sollten uns auf ein Verfahren einigen. Wie wollen wir hier eine Entscheidung treffen?« Das war eine vernünftige Frage, wie sie die meisten Verhandlungslehrbücher empfehlen. Doch der Direktor wurde vom Zeitschriftenherausgeber aus dem Fröhlichen Stamm übertönt, der sich genötigt sah, Werbung für seinen eigenen Stamm zu machen und klagte: »Warum hört niemand unserem Stamm zu?«
»Sie bekommen schon noch die Gelegenheit«, versicherte ein Vertreter des Kosmopolitischen Stammes. Doch bis zum Ende der Runde kam es nicht mehr dazu.
In der zweiten Runde stieg die emotionale Temperatur im Raum. Jetzt waren die Delegierten entschlossen, die Welt zu retten. Der charismatische Sprecher des Regenbogen-Stammes, ein elegant gekleideter Manager, verkündete: »Wir glauben an alle Farben, Geschlechter und Ethnien. Kommt zu uns! Wir nehmen euch alle auf!« Er breitete die Arme aus, und zwei Stämme folgten seinem Aufruf sofort. Ein Banker verschränkte die Arme, starrte den Abgeordneten des Regenbogen-Stammes an und beschwerte sich: »Wenn wir alle gleich sind, warum schließt ihr euch dann nicht unserem Stamm an!«
In der dritten Runde kam Hektik auf. Die neuen Abgeordneten, fünf Männer und eine Frau, stritten sich, ob Menschlichkeit als zentraler Wert wichtiger war als Mitgefühl. Die Männer überschrien die Frau, die derart wütend wurde, dass sie auf ihren Stuhl stieg und mit feuerrotem Kopf schrie: »Das ist doch nur wieder ein Fall von männlichem Imponiergehabe! Schließt euch alle meinem Stamm an!« Nur ein Stamm folgte ihrem Aufruf.
Wenigen Augenblicke später flog die Welt in die Luft.
Wir würden es uns zu leicht machen, wenn wir uns einreden würden, dass die Dynamik dieses Stammesexperiments nur für die Teilnehmer in Davos zutrifft: Sie und ich haben genau dieselben Instinkte. In den vergangenen zwei Jahrzehnten habe ich dieses Experiment Dutzende Male mit Jura-, Wirtschafts-, Psychologie- und Politikstudenten durchgeführt, aber auch mit Entscheidungsträgern aus Unternehmen und Politik aus aller Welt. Nur in einigen wenigen Fällen3 ist die Welt am Ende nicht in die Luft geflogen. Der Stammesdynamik zu entrinnen, scheint derart unmöglich zu sein, dass die Teilnehmer ihr eigentliches Ziel, nämlich die Rettung der Welt, vollkommen aus den Augen verlieren, nur um eine Identität zu schützen, die sie in noch nicht einmal einer Stunde erfunden hatten.
Im Laufe meiner Forschung bin ich zu dem Schluss gekommen, dass in diesem Stammesexperiment dieselbe emotionale Dynamik wirksam wird wie in echten Konflikten. Denken Sie nur daran, wie schnell die Welt von streitenden Ehepaaren, konkurrierenden Abteilungen oder rivalisierenden Gruppen in die Luft fliegt. Und wenn es heute auf unserem Planeten um gemeinsame Probleme wie Sicherheit, Klimawandel und Welthandel geht, bringt dieses tief verwurzelte Stammesdenken zunehmend die gesamte Menschheit in Gefahr.
Aber wer in dieser Dynamik gefangen ist, bemerkt sie oft gar nicht. Nach dem Stammesexperiment in Davos kam ein Rabbiner auf mich zu und bekannte beschämt: »Meine Eltern und ich wären beinahe im Holocaust ermordet worden. Ich habe mir geschworen, ›nie wieder‹. Und hier akzeptiere ich ohne jeden Widerspruch die Zwänge des Experiments, bis es zu spät ist.«
Ein Wissenschaftler merkte an: »Ich wollte einigend wirken oder mich zum Demagogen aufschwingen und die Spielregeln durchbrechen. Aber ich habe nichts davon getan und die Geschichte und die Menschheit enttäuscht.«
Dieses Buch bietet einen Schlüssel zur Lösung emotional aufgeladener Konflikte.4 In Davos hätte sich die Welt retten lassen, wenn die Teilnehmer die entscheidenden Dimensionen jeder Konfliktlösung einbezogen hätten: Vernunft, Emotion und Identität.1 Viele Wissenschaftler betrachten diese Dimensionen unabhängig voneinander, doch die Hirnforschung zeigt, dass sie miteinander zusammenhängen.5 Nur wenn wir uns um alle drei kümmern, können wir hoffen, in emotional aufgeladenen Konflikten eine befriedigende Lösung zu finden.6
Die erste Dimension des Konflikts betrachtet den Menschen als rationalen Akteur und basiert auf einem Verhaltensmodell, das auch unter dem Stichwort Homo economicus bekannt ist. Dieses Modell geht davon aus, dass unser zentrales Interesse die möglichst effiziente Befriedigung unserer Bedürfnisse ist. Wenn wir die Interessen der anderen Seite dabei gleich mit berücksichtigen können, umso besser. Aus dieser Vorstellung ergibt sich eine Verhandlungsmethode, die auf eine Gewinnmaximierung für alle Beteiligten zielt oder zumindest die Interessen einer Seite befriedigt, ohne die der anderen zu beeinträchtigen.
Dieses Modell wirkt auf den ersten Blick attraktiv, doch der Weltuntergang von Davos zeigt seine Grenzen auf. Die Teilnehmer des Stammesexperiments hatten nicht nur alle Instrumente der Vernunft zur Verfügung, sie konnten auch auf einen außergewöhnlichen Erfahrungsschatz aus der Krisenbewältigung zurückgreifen. Diese Instrumente versuchten sie zu nutzen, etwa als der Manager aus Dubai vorschlug, sich auf ein Verhandlungsverfahren zu einigen. Die Teilnehmer hatten zudem einen starken Anreiz, die Welt zu retten und die Demütigung eines Scheiterns zu vermeiden. Doch obwohl der rationale Ansatz so aussichtsreich erschien, flog ihnen am Ende die Welt um die Ohren; mehr noch, mit ihrem Verhalten verschuldeten sie dieses Ergebnis sogar noch.
Eine neue Forschergeneration beschäftigt sich mit einer zweiten Dimension der Konfliktlösung: den Emotionen. Wir treffen nicht nur rationale Entscheidungen. Jenseits der Vernunft liegen die Emotionen, die auf unser Verhalten und unser Denken einwirken. Mit anderen Worten sind wir auch ein Homo emoticus7, ein emotionaler Mensch. Dieser Vorstellung zufolge können Emotionen die Lösung eines Konflikts erleichtern – vorausgesetzt, wir hören auf sie. So wie uns der Hunger auf die Notwendigkeit der Nahrungsaufnahme aufmerksam macht, weisen uns Emotionen auf unbefriedigte psychische Bedürfnisse hin. Frustration deutet beispielsweise auf ein Hindernis hin, Schuldgefühle veranlassen uns, Fehlverhalten zu korrigieren. Emotionen sind Botschafter und teilen uns mit, wann sich eine Situation zu unseren Gunsten entwickelt. Es liegt an uns, diese Signale zu nutzen und unser Verhalten entsprechend anzupassen.
Emotionen können einer Konfliktlösung jedoch auch im Wege stehen. In Davos versuchten die Teilnehmer mit emotionalen Appellen, die anderen in ihren Stamm zu holen, doch sie scheiterten. Wut, Stolz und Ärger vertieften die Gräben zwischen den Stämmen so sehr, dass die Verhandlungen in einer Sackgasse endeten.8 Nach dem Weltuntergang fragte ich die Teilnehmer: »Wie viele von Ihnen waren der Ansicht, dass sich andere in diesem Experiment irrational verhalten haben?« Fast alle hoben die Hand. Eine stellvertretende Ministerpräsidentin sprach für viele Teilnehmer, als sie sagte: »Wir leben in einer Welt der Stämme. Wenn wir nicht konstruktiv mit unseren Emotionen umgehen, dann sind wir verloren.«
Um zu verstehen, warum in Davos die Welt unterging, und warum sie unserem eigenen Leben untergehen kann, müssen wir über die Vernunft und sogar über die Emotionen hinausblicken und uns dem Bereich der Identität zuwenden. Für diese dritte Dimension des menschlichen Verhaltens steht ein Modell, das ich als Homo identicus bezeichnen würde, und das darauf basiert, dass wir Menschen Sinn in unserer Existenz suchen.
Ein emotional aufgeladener Konflikt ist deshalb »aufgeladen«, weil er elementare Aspekte unserer Identität angeht: Wer sind wir? Was ist uns wichtig? Was ist der Sinn unseres Lebens? Mit anderen Worten bedroht uns dieser Konflikt in unserem Daseinsgrund.
Im Mittelpunkt von emotional aufgeladenen Konflikten stehen meist Unterschiede wie Religion, Politik, Loyalität gegenüber der Familie und so weiter, aber im Grunde sind wir Menschen in der Lage, zu fast jedem Aspekt unseres Lebens eine starke Identifikation zu entwickeln und ihn mit tiefer Bedeutung aufzuladen. Auch hier ist das Experiment von Davos lehrreich: Fünfzig Minuten reichten den Teilnehmern schon aus, um sich zu einer neuen und künstlichen Identität zu bekennen und dieser sogar die Welt zu opfern. Wie viel schwerer werden dann erst kooperative Verhandlungen in der wirklichen Welt, in der fest verwurzelte Überzeugungen und Werte bedroht scheinen? Wie soll zum Beispiel ein Weltkonzern mit den kulturellen Unterschieden seiner chinesischen, deutschen, südafrikanischen und lateinamerikanischen Mitarbeiter umgehen, die jeweils in ihren Heimatländern sitzen und versuchen, die Kultur des Unternehmens mit der ihres Landes in Einklang zu bringen? Wie sollte eine kenianische Vermittlerin der Vereinten Nationen möglichst produktiv in einem politischen Konflikt zwischen Muslimen und Juden in Jerusalem wirken? Konflikte wie diese lassen sich nur dann lösen, wenn wir uns der Dimension der Identität bewusst werden.
Homo identicus umfasst nicht nur unsere Identität als Einzelpersonen, sondern auch den Raum zwischen uns und den anderen. Wie sieht unsere Beziehung aus? Wenn zwei Ehepartner unablässig streiten, dann ist dieser Raum voller Spannung; wenn Freunde das bemerken, fragen sie: »Was geht zwischen den beiden vor?« Dieser Raum kann kalt und abweisend oder warm und einladend sein, und die emotionale Dynamik kann zwei Menschen trennen oder einander näher bringen. Im Weltall ist der Raum zwischen zwei Sternen nicht leer, sondern hier wirkt die Anziehung, die ihre Beziehung bestimmt.9 Ganz ähnlich bestimmt der emotionale Raum zwischen uns und anderen eine Beziehung als Freundschaft oder Feindschaft, Liebe oder Verrat.
Dieses Buch bietet eine wirkungsvolle Methode zum Umgang mit den komplexen Spielarten von Identität. Fakten können wir mit einiger Sicherheit kennen, aber uns selbst kennen wir nie ganz. Am nächsten kommen wir uns in der Selbstreflexion. Je mehr wir nachdenken, umso mehr wissen wir über uns selbst.10 Während Sie dieses Buch lesen, denken Sie also darüber nach, welche Rolle die Identität in Ihren schwierigsten Konflikten spielt. Sie werden unsichtbare Kräfte entdecken, die zerstörerische Beziehungen nähren, aber auch solche, die Lösungen ermöglichen.
Im Experiment von Davos strauchelten die Teilnehmer in diesem Prozess. Nach dem Untergang der Welt verstummten sie. »Wie geht es Ihnen?«, fragte ich. Alle wirkten niedergeschlagen, bis auf einen: den Professor. Er stand auf und zeigte mit hochrotem Kopf auf mich. »Das ist Ihre Schuld!«, rief er. »Sie haben uns eine Falle gestellt, damit wir die Welt in den Untergang führen – mit den ganzen Fragen, die wir beantworten sollten, und dem knappen Zeitrahmen.« Er schüttelte den Kopf und wiederholte: »Das ist alles Ihre Schuld!« Er setzte sich wieder hin und starrte mich mit verschränkten Armen an.
Ich hatte erwartet, dass mir im Falle eines Weltuntergangs jemand die Schuld geben würde. Ich war schließlich eine einfache Zielscheibe – in vielerlei Hinsicht war das auch gerechtfertigt. Trotzdem überraschte mich der Zorn des Professors. Alle Augen waren nun auf mich gerichtet.
»Sie haben Recht«, erwiderte ich. »Ich habe alles getan, um das Experiment so aufzubauen, dass die Welt untergeht. Ich habe Ihnen Fragen vorgelegt, in denen Sie fast unmöglich eine Einigung finden konnten. Ich habe Ihre Verhandlungszeit begrenzt. Der Alien hat verlangt, dass Sie sich für einen Stamm entscheiden. Ja, Sie haben Recht.«
Der Blick des Professors wurde milde, als ich meine Verantwortung eingestand.
»Aber«, fuhr ich langsamer fort. »Am Ende hatten Sie die Wahl. Sie hätten eine Einigung finden können. Sie hätten sich den Spielregeln widersetzen können. Aber das haben Sie nicht getan. Sie … hatten … die Wahl.«
Der Professor nickte, noch immer rot. Ich hatte den Finger in die Wunde gelegt, die er nicht sehen wollte: Er und die anderen Teilnehmer hatten es in der Hand gehabt, die Welt zu retten, und sie waren gescheitert. Sie hatten sich selbst in einer engen Definition der Identität eingesperrt und die Welt in Flammen aufgehen lassen. Ihr Konflikt war nie unvermeidlich gewesen, auch wenn es sich so angefühlt hatte.