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KOMMUNIKATION
Der 11. September. Communication in progress. Artwork by Weissraum. Schlechtes Timing. Generalprobe in Miami Beach. Live at the ICA. UK-Blitz-Tournee. Das Netz: Fluch und Segen der Musikindustrie. A Life in Pictures. Der Ruf. Gastprofessur Auditive Mediengestaltung. Muzak. Unterwegs. New releases out now! Florian Schneider, Ex-Kraftwerk. Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft.
Der 11. September
Anfang September besuchte mich mein Kollege Dave Anderson in Hamburg. Während unserer Gigs in Schweden hatte ich mit ihm verabredet, ein paar Tage mit mir im Studio zu arbeiten. Es lag an den sommerlichen Temperaturen, dass wir zur Einstimmung eine Fahrradtour zur Pony-Waldschänke im nahe gelegenen Naturschutzgebiet Klövensteen machten. Über uns der blaue Hamburger Himmel. Ein perfekter, aber relativ bedeutungsloser Tag. Was sich am nächsten Tag – dem 11. September 2001 – in New York City ereignete, sollte jedoch die Welt verändern. Am Nachmittag betraten Dave und ich das Studio. Wie immer schaltete ich den Fernseher ohne Ton an. Der brennende Nordturm des World Trade Center war zu sehen. Als wir den Ton laut stellten, wurde von einem Flugzeugunglück in New York berichtet. Kurze Zeit später erlebten wir live, wie eine zweite Maschine in den Südturm einschlug. An Musik war nicht mehr im Entferntesten zu denken. Wie gelähmt blieben wir den Rest des Tages vor dem Fernsehgerät sitzen. Verfolgten, wie tausende Menschen
starben. Live. Alle TV-Kanäle waren 24 Stunden lang auf Sendung. Natürlich berichtete das Fernsehen schon immer live, aber vielleicht wird der 11. September einmal in die Medientheorie eingehen als der Tag, an dem die Live-Übertragung eine neue Dimension erreichte. Nach und nach kamen das ganze Ausmaß und der Kontext der Ereignisse ans Licht, die in unser kollektives Gedächtnis unter dem Begriff 9/11 abgespeichert werden würden. Ich denke, die Tragweite der apokalyptischen Bilder war so gewaltig, dass sich nur so die tiefe Irritation und Verstörung, die das Ereignis bei vielen Menschen auslöste, erklären lässt.
Communication in progress
Auch ich war von der neuen visuellen Dimension beeinflusst. Als ich im Nachhall von 9/11 damit begann, die Musik für mein neues Album zu schreiben, kreisten meine Gedanken um die Begriffe akustische und visuelle Kommunikation. Klang war mein Ausgangspunkt, aber durch die aktuellen Ereignisse gewannen die Bilder der elektronischen Medien für mich immer mehr an Bedeutung. Denn sie bestimmen maßgeblich unsere Sicht auf die Welt. Es gab allerdings noch einen anderen, ganz profanen Grund, ein Album zu produzieren: Ich brauchte Repertoire für mein Live-Programm.
Damals suchte ich nach einer Ouvertüre, einen »Corporate Identity«-Song, der mich – ähnlich wie »Sgt. Pepper’s« oder »Die Roboter« – in kurzen Worten dem Publikum vorstellt und dabei die wesentlichen audiovisuellen Eigenschaften der Performance zusammenfasst. Ich nannte den Song »I’m The Message« und benutzte eine selbstreferenzielle Telegramm-Sprache: »Schau mich an – Ich bin die Botschaft – In Bild und Ton – Hier und jetzt – Hör mir zu – Ich bin die Botschaft – In Bild und Ton – Hier und jetzt«
.
Bei
Esperanto
hatte ich damit begonnen, das Phänomen der Medienkultur zu betrachten – jetzt fuhr ich damit fort. Susan Sontags Essay
Über Fotografie
aus dem Jahr 1977 wurde der Einstieg und Kompass für »The Camera« und dessen Extension »Camera Obscura.« Susan Sontag gab mir eine neue Sicht auf das Medium Fotografie. Beispielsweise weist sie darauf hin, dass die Welt durch Fotografien »zu einer Aneinanderreihung beziehungsloser, freischwebender Partikel und Geschichte, vergangene und gegenwärtige, zu einem Bündel von Anekdoten und
faits divers
«
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(Ereignissen) wird. Der Bass ist natürlich eine Adaption des Roboter-Riffs, das ich für das gelungenste Minimoog-Riff aller Zeiten halte.
Für »Reality« fand ich eine Formel für Schlagzeug und Bass, die wie ein Motor funktioniert: einsteigen, einschalten, abfahren. In den Lyrics beziehe ich mich wieder auf Susan Sontag, die feststellt, dass die Kamera die Realität atomisiert.
»Electronic Apeman« beschreibt uns Menschen am Anfang des digitalen Zeitalters. Fast unbemerkt hat für uns die Zunkunft begonnen, in der wir, so scheint es, zunehmend die Orientierung verlieren. In einer der letzten Sequenzen von Kubricks 2001: A Space Odyssee
singt der Bordcomputer HAL 9000 ein triviales Kinderlied. Dabei wird sein System nach und nach abgeschaltet. Das lässt ihn in ein frühes Stadium seiner Programmierung – vielleicht vergleichbar mit der Kindheit – zurückfallen. Auf die Stimmung dieser Filmsequenz versuche ich einzugehen. In meinem Song macht die Technik selbst – in Form einer Computerstimme – dem elektronischen Affenmenschen Mut und fordert ihn ein wenig naiv auf, sich zusammenzureißen. Am Schluss singen HAL und Apeman gemeinsam einen Kanon im Metrum des 19. Jahrhunderts, dem Dreiviertel-Takt.
Als ich im November von Bernard Sumner zu einem New-Order-Konzert in Berlin eingeladen wurde, überlegte ich nicht lange. 1986 wollten Ralf und ich nicht die ganze Nacht im New
Yorker 1018 Club warten, bis die Band aufkreuzte, aber natürlich sah jetzt alles ganz anders aus. Wir trafen uns zum Dinner und fuhren dann gemeinsam in die ausverkaufte Columbia-Halle. Die Atmosphäre backstage erlebte ich als eine Mischung aus Intelligenz, Emotion und Nonsens. Im Grunde das Milieu, das gute Popmusik möglich macht. Eigentlich vermisste ich es doch sehr, mit einer Band unterwegs zu sein. New Order hatten gerade ihr Album Get Ready
herausgebracht, und als sie bei diesem Gig »Crystal« spielten, dachte ich: Alles klar, cool, so geht das! Wieder in Hamburg in meinem Studio schrieb ich einen weiteren Song für mein neues Album: »Life.«
Irgendwann nach dem Release von Communication
telefonierte ich mit Bernard, der sich gerade mit New Order in den Real World Studios aufhielt. Sie hätten sich gerade »Life« reingezogen, sagte er, dabei wäre Peter Hook aufgefallen, wie ähnlich meine Stimme der von Bernard ist. Ob unsere Stimmen eine ähnliche Klangfarbe haben, kann ich nicht sagen. Man hört sich selbst ja durch einen psychologischen Filter. Tatsache ist: Ich kann meine Stimme nicht verändern, ich bin ja kein Stimmenimitator. Aber unser Stimmumfang ist ähnlich und Bernards unverkennbar mühelose Art zu singen ist mir seit vielen Jahren vertraut. Außerdem haben wir einen großen musikalischen Konsens. Schließlich kennen wir uns schon eine Ewigkeit und wurden nicht ohne Grund Freunde.
Diese freundschaftliche Zuneigung bedeutet natürlich auch, dass wir uns hin und wieder auf den Arm nehmen. So berichtete Bernard in Interviews einmal von angeblichen fluffy bits
, die er auf meiner Unterwäsche gesehen haben will. Seine Beobachtungen stammten wohl aus der Zeit, als wir uns mit der Electronic-Gang in Manchester, Bath und London herumtrieben. Für mich steht fest: Bernard hat damit das Phänomen der »alternativen Fakten« um Jahre antizipiert. Ich arbeite weiter daran, die Untiefen des britischen Humors zu erforschen
.
Der Begriff »Cyberspace« begegnete mir Mitte der Achtzigerjahre im Roman Neuromancer
von William Gibson zum ersten Mal. Das Buch dreht sich, ganz allgemein gesprochen, um die Hauptfigur Case
– heute würde man ihn einen Hacker nennen –, der sich in einen gigantischen Datenraum einloggt, den der Autor Cyberspace
nennt. Eine Matrix, eine Welt aus Daten, die Menschen mit ihrem Intellekt und ihrer Imagination aufsuchen können, nicht jedoch mit ihrem biologischen Körper. Jahre später wurde dann 1991 auf einer Computer-Show in Boston eine neue Technologie mit der Bezeichnung Virtual Reality
demonstriert. Mit speziell konstruierter Computer-Kleidung konnte man in den Cyberspace reisen. Man schnallt sich einen Fernsehschirm wie eine Taucherbrille direkt vor die Augen, schlüpft in einen Datenhandschuh, gleitet quasi durch den TV-Monitor und befindet sich in einer interaktiven virtuellen 3-D-Umgebung, einer künstlichen Welt.
Natürlich gab es in den Achtzigern den Disney-Film Tron
und die Fernsehserie Max Headroom
, aber das sind lediglich Simulationen einer computermedialen Simulation. Anfang der Neunziger war die Virtual Reality
offensichtlich Realität geworden. Aber im Grunde existieren Parallel- oder Scheinwelten schon seit ewigen Zeiten als Orte der Sehnsucht in unserer Vorstellung: So erleben wir nachts in unseren Träumen, wie die Grenzen von Raum und Zeit verschwinden, Naturgesetze und Logik ihre Bedeutung verlieren. In der Mythologie und den Weltreligionen wird ein solcher Ort als das Paradies – Elysium, Nirwana, Dschanna – definiert, an dem sich die Unsterblichen aufhalten. Aber auch durch künstliche Paradiese, ausgelöst von Drogen, gelangen wir in eine andere Welt. Als Kind bastelte ich mir meine eigenen »Räume« in den Schubladen einer Kommode in meinem Kinderzimmer, in die ich gelegentlich verschwunden bin – heute wird dieser Vorgang mit dem Begriff »Immersion« beschrieben. Bücher, Theater, Filme – alle Medien bringen uns vorrübergehend in die
Welt unserer Fantasie, wenn wir uns in sie versenken. Und weil auch Musik ein Katalysator für unsere Imagination ist, passt der Titel »Cyberspace« – obwohl er zunächst nach Science-Fiction klingt – auf dieses Album.
Einen Dada-Text schreiben, der nur Begriffe miteinander verbindet, die mir gerade durch den Kopf schießen, wollte ich schon lange. Kein Plan, nur Zufall und Willkür. Etwa so, als würde ich in Worte fassen, was ich beim Zappen durch die Fernsehkanäle im Bruchteil einer Sekunde erkenne. Der ganze Track »Interview« orientiert sich an einem Sequenzer-Riff, das direkt aus einer Disco der Siebzigerjahre zu kommen scheint. Eine Modulation in eine andere Tonart habe ich mir geschenkt oder einfach vergessen.
Das Szenario von »Ultraviolet«: Ein Mann sitzt in seinem Apartment apathisch vor dem Fernseher und führt ein Selbstgespräch. Es ist nicht klar, wie lange er sich dort schon aufhält. Irgendwann in den letzten Tagen hat er American Psycho
von Bret Easton Ellis gelesen und darüber seine Balance verloren. Es ist fast überflüssig zu erwähnen, dass ich dafür die Metapher »ultraviolettes Licht« verwende. Scheinbar fühlt sich die Figur vom Fernsehprogramm für dumm verkauft. Plötzlich fällt ihm ein – wie dem Protagonisten von American Psycho
–, dass er noch ein paar Kassetten in die Videothek zurückbringen muss. Ja, um die Jahrtausendwende gab es noch an jeder Ecke Videotheken, denen wegen ihrer Porno-Abteilung immer etwas Schmuddeliges anhaftete. Soweit es mir möglich war, vermied ich auch bei diesem Track formelle Symmetrie. Instrumente werden ein- und ausgeschaltet. Es geht um Motorik und den labilen Bewusstseinszustand eines Typen in irgendeiner Großstadt, der sich ein neues Leben wünscht, es aber lediglich mit einer Farbsequenz beschreiben kann.
Beim Epilog des Albums – »Another Reality« – versuche ich, das Metrum nicht spürbar werden zu lassen und einen Zustand
der Schwerelosigkeit zu erzeugen. Das erweist sich in der Praxis ungemein schwierig und zäh. Diese Nummer zu komponieren und produzieren dauerte erstaunlich lange. Während der Arbeit an diesem Album tauchte ich immer mehr in die visuelle Musik ein, und über diese abstrakten, rhythmischen Filmexperimente gelangte ich zum Erzählkino. Ich fragte mich: Wie werden eigentlich Filme gemacht? Ein Zitat von Jean-Luc Godard kreiste damals lange Zeit wie ein Mantra in meinen Gedanken: »Der Film ist die Wahrheit 24 mal in der Sekunde.«
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So kam es zu dem Aphorismus »Every second you can see, twenty-four pictures of reality«, den ich mit den Phonemen aus meiner »Neusprech-Sammlung« montierte.
Irgendwann im Sommer 2002 hatte ich sechzehn Tracks gebastelt und zehn für das Album ausgesucht, die ich mit Mathias Black produzierte. Von dem Vorschuss des Labels konnte ich mir für die Produktion Equipment kaufen, auch ein digitales Mischpult. Mathias’ technisches Konzept vereinte alle Vorteile der digitalen Produktion mit den Möglichkeiten analoger Instrumente und Signalverarbeitung. Computer und Mischpult wurden digital miteinander verknüpft. Auf diese Weise war alles, was wir programmierten, reproduzierbar. Zusätzlich wurden Synthesizer, Outboardequipment und meine Stimme über die analogen Kanäle des Mixers ins Set-up integriert. Mathias brachte sein analoges Equipment mit nach Hamburg, und bald glich mein Studio der Komandozentrale eines Unterseeboots. In jenen Tagen entwickelten wir Arbeitsabläufe und Klänge, die wir heute noch nutzen.
So ein Studiotag dauerte damals von Mittag bis Mitternacht und ging extrem schnell rum. Als ich mich dann nach oben ins Schlafzimmer verabschiedete, blieb Mathias meistens noch ein bis zwei Stunden am Computer sitzen und bastelte weiter. Einschließlich Mastering verbrachten wir beide zwischen August 2002 und Januar 2003 in fünf Sessions über zwei Monate
in meinem Kontrollraum mit erheblichem Gegenwind aus den Lautsprechern.
Artwork by Weissraum
Auf dem Cover stellte ich mir Piktogramme vor. Die Aufgabe der schwarzweißen Symbole ist es, Information zu vermitteln, und deshalb sind sie geradezu prädestiniert für das Konzept des Albums. Ich lieh mir einige Bücher zu diesem Thema aus und landete sofort bei den Piktogrammen, die Otl Aicher für die Olympiade 1972 entworfen hatte. Als ich die Symbole der sportlichen Disziplinen des Wettkampfs ausgebreitet vor mir liegen sah, wirkten sie auf mich wie ein Film. Im Geist sprang ich von einem Wettkampf zum nächsten. Das war’s, genau deshalb wollte ich die Piktogramme! Mit der Mengenrabattkarte eines Copycenters stellte ich aus Hunderten von Piktogrammen ein Archiv zusammen, aus dem ich mit Papiermesser, Schere, Fixogum und beträchtlichem Zeitaufwand vier auswählte, die irgendwie zusammenpassten und darüber hinaus eine vage Geschichte erzählen: Fußgänger – Telefon – Fotoapparat – Flugzeug.
Ich glaube, mit dieser »fixen Idee« überraschte ich mein damaliges Label, aber sein Chef Sascha Basler hatte offenbar Vertrauen. Jedenfalls brachte er mich mit Lucas Buchholz und Bernd Brink zusammen. Die beiden betreiben bis heute in Hamburg eine Agentur für visuelle Kommunikation mit dem programmatischen Namen weissraum.de(sign)°. Schon bei unserem ersten Meeting kamen wir gut miteinander klar. Ausgehend von den vier ersten Piktogrammen entwickelte sich ein lebhafter Austausch von Ideen, der dann zu dem bekannten Design des Albums und aller begleitenden Medien in ihren unterschiedlichen Ausformungen führte.
Unser Label, das übrigens in der Zwischenzeit zu Sony Music
gewechselt war und sich nun Home Records nannte, beschloss, »I’m The Message« als Single auszukoppeln. Für das Promo-Video wollten wir einen Animationsfilm produzieren. Aber wie sollte das Storyboard aussehen? Ich starrte mit einem Becher Kaffee in der Hand auf die Demoversion des Albumcovers, die ich gut sichtbar auf meiner Kommode aufgebaut hatte. Es war wie bei diesen geheimnisvollen Bildern, in denen sich ein anderes Bild verbirgt und das man nur, wenn überhaupt, nach langem Hinschauen erkennt. Plötzlich sah ich in den vier Piktogrammen das Storyboard vor mir. Ausgehend vom Fußgänger entwickelte ich die Story im Uhrzeigersinn. Im Film sollte er die Rolle eines Reporters übernehmen, der einen Anruf (Telefon) seiner Redaktion erhält. Sein Chefredakteur beauftragt ihn, von einem Fußballspiel in England (Flugzeug) eine Bildreportage (Fotoapparat) zu machen.
Ich breitete alle Kopien mit den unzähligen Piktogrammen – Auto, Rolltreppe, das Informations-Symbol usw. – vor mir aus und malte das Storyboard. Als ich fertig war, faxte ich die drei Seiten an das Label und schlug vor, die Jungs von Weissraum mit der Umsetzung meiner Idee zu beauftragen. Gesagt, getan, Lucas und Bernd führten Regie und produzierten den piktografischen Animationsfilm mit der Hilfe von Florian Bruchhaeuser, der die Bilder animierte. Von ihrem fertigen Produkt waren wir alle restlos begeistert. Die Gestaltung passte einfach perfekt zu meinem Album, aber auch zu Lucas und Bernd, und so war es nicht verwunderlich, dass sie dafür den Red Dot Award erhielten und für die gesamte künstlerische Arbeit an dem Album mit vielen Auszeichnungen geehrt wurden. Seit dieser Zeit arbeiten wir drei immer wieder zusammen. Zugegeben: Manchmal empfinde ich unser Miteinander wie einen Wettbewerb um die beste Idee, den nächsten Schritt, eine neue Perspektive. Aber genau aus diesem Grund ist unser Gedankenaustausch immer spannend und fruchtbar.
Schlechtes Timin
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Wir planten gerade den Release von Communication
für den 8. September 2003, als das Gerücht kolportiert wurde, dass Kraftwerk im August ein neues Album veröffentlichen würden: Tour de France Soundtracks
. Noch mal »Tour de France«? Da war doch was! Vor einiger Zeit hatte mich die Justiziarin meines Musikverlags informiert, es gäbe die Anfrage von Sony Music Publishing – der Verlag, der die Kraftwerk-Copyrights administrierte –, ob ich einer Textänderung des Titels »Tour de France« zustimmen würde. Ich fragte zurück, ob ich mal hören könnte, worum es eigentlich geht. Außerdem gab ich zu verstehen, dass ich es schätzen würde, wenn sich Ralf oder Florian mit mir in Verbindung setzten, um mit mir die Dinge auf dem kurzen Dienstweg persönlich zu besprechen. Daraufhin hörte ich nichts mehr von Sony Music Publishing. Geändert wurde der Text nicht, wie ich später feststellte.
Unser Label versuchte natürlich, den anstehenden Release von Communication
zu verschieben. Denn uns allen war klar: Wenn Tour de France Soundtracks
am 4. August veröffentlicht wird, können wir für den Release von Communication
am 8. September redaktionelle Beiträge in den Medien vergessen. Über das Bartos-Album würde niemand mehr berichten. Aber Sony Music konnte oder wollte das nicht.
Wie wir es vorausgesehen hatten, berichteten die Printmedien alle über das neue Kraftwerk-Album und zeigten kein großes Interesse an Communication.
Aber wir gaben nicht auf. Maxime Schmitt hatte sich in den Siebzigerjahren großartige Releaseparties für die Produkte meiner ehemaligen Band ausgedacht. Die Fahrt mit dem Schein-Orient-Express nach Reims, die Soirée Rouge auf dem Tour Montparnasse sind mir noch gut in Erinnerung. Wir überlegten, wie und wo wir eine coole und spektakuläre Release-Party veranstalten könnten. Da fiel mir ein, wie
Johnny Marr irgendwann einmal ein Venue in London erwähnt hatte, das für solche Events hervvorragend geeignet sei – das Institut of Contempory Arts, ICA. Die 1947 gegründete Institution direkt am Trafalgar Square hat ein verdientes Renommee als Zentrum der britischen Avantgarde und interdiziplinären Kunstszene. Hier hatten Gilbert & George erstmals ihre Singing Sculptures
präsentiert, hier feierte Damien Hirst mit einer Solo-Ausstellung Premiere, und Musiker wie Kate Bush oder Laurie Anderson stellten ihre Projekte vor.
Wir überlegten mit unserem Label, dort das Album der Öffentlichkeit zu präsentieren – natürlich live on stage
. Es müsste doch im Rahmen unserer Möglichkeiten liegen, einige Journalisten einfliegen zu lassen. Das war natürlich ambitioniert, aber zum Glück hatte Home Records damals Gefallen an solchen Mätzchen und machte das nötige Kleingeld locker. Gemeinsam legten wir los, die Release-Party zu organisieren.
Generalprobe in Miami Beach
Mitten in den Vorbereitungen für das Record-Release-Konzert in London bekamen wir ein Booking für einen Gig im Mai auf dem Magical Maydaze Festival in Miami, USA. Meine Band bestand damals aus Dave Anderson – Keyboards, Karsten Binar – VJ, Mathias Black – Technical Director, Uwe Kanka – Technician, und mir. Der Booker unserer Agentur Karsten Jahnke, Thomas Köster, fungierte als unser Tourmanager. Ich wusste, das kriegen wir hin. Trotzdem bat ich Bettina, sie möge mich begleiten.
So landeten wir Mitte Mai in Miami. Gerade als wir unser Gepäck vom Band holten, wurde ein hochmotivierter Drogen-Beagle auf uns aufmerksam, sprang förmlich auf meine Reisetasche und versuchte sie wie wild zu öffnen. Die Folgen waren absehbar: Wie in einer US-Fernsehserie machten wir plötzlich
Bekanntschaft mit Drogenfahndern und Police Officers, die uns knappe Anweisungen gaben. Uns war sofort klar: Die meinen das ernst. Nicht nur, dass wir uns alle gründlich durchsuchen lassen mussten, auch das Gepäck wurde komplett ein- und ausgepackt und zur Sicherheit noch zum Röntgen gebracht. Was sich im Nachhinein vielleicht amüsant anhört, war in Wirklichkeit nicht ohne. Während wir gecheckt wurden, fiel mir ein, dass ich in meiner Reisetasche vor unserem Trip nach Florida mehrere Tüten Hundetrockenfutter transportiert hatte, als Bettina und ich mit unserer neuen Mitbewohnerin Winnie, einem schwarzen Berger de Pyrénées Hirtenhund, in den Urlaub flogen. Das hatte anscheinend den Sniffing Dog irritiert. Vielleicht hatte er einfach nur Hunger. Jedenfalls überstanden wir auch mit Hilfe dieser Erklärung die ausgiebige Polizeikontrolle.
Der Gig auf dem Festival war okay und wichtig als Generalprobe für unseren ICA-Auftritt. Mehr als das Konzert ist mir die fantastisch-bizarre Hip-Hop Convention, in die wir unvermittelt hineingerieten, in Erinnerung geblieben. Natürlich wussten wir im Vorfeld nichts davon, aber genau in dieser Woche traf sich die Crème de la Crème der Hip-Hop-Szene nebst Fans und Freunden rund um den Ocean Drive und feierte ab. Jeder Zentimeter auf den Straßen und Bürgersteigen war mit riesgen Hummer-Fahrzeugen zugeparkt, die von halbnackten Ladies aufreizend dekoriert waren, Musik dröhnte Tag und Nacht aus allen Ecken und Enden. Der Strand schien ein einziger Club zu sein, voll mit den Insignien der Hip-Hop-Kultur. Bettina drehte eines Mittags völlig durch, als ein feuerroter Ferrari vor dem Portal unseres Hotels anhielt und mehrere Frauen einlud: Auf dem Nummernschild das Wort Wyclef. Ja, so sieht das Fahrzeug eines Superstars aus, definitiv: Wyclef Jean hatte ein paar Jahre davor mit The Fugees und dem Album The Score
kräftig abgeräumt und arbeitete nun schon länger solo.
Es war eine spektakuläre Woche! In meiner Erinnerung
gleicht unser Aufenthalt im Sunshine State einer surrealen Episode der Sopranos
, in der wir nach exzessivem Baden im lauwarmen Atlantic bei 40 Grad im Schatten in einer klimatisierten Stretchlimo mit verspiegelten Scheiben langsam durch das Art Déco-Viertel von South Beach rollen.
Live at the ICA
Auch in London war es ziemlich heiß, als wir am 22. Juli im ICA unser Set aufbauten. Die Videobeamer und Leinwände wurden von einer Firma in London installiert und funktionierten zum Glück ohne Probleme. Das ist immer die halbe Miete! Wir synchronisierten damals Bild und Ton manuell, dadurch war zwar alles nicht perfekt auf den Punkt, aber dafür organisch. Auf der Bühne hinter uns hing das Triptychon aus drei großen Leinwänden, vor denen unsere Keyboards angeordnet waren. Dave Anderson linksaußen: Er spielte die meisten Melodien auf seinem Keyboard und übernahm die Vocoder-Parts. Auf der rechten Seite befand sich Karsten Binar, der drei VHS-Recorder, einen Laptop und eine Kamera live koordinierte. Ich stand mit meinen Keyboards in der Mitte. Damals trug ich ein Headset, In-Ear-Monitore kamen erst später. Mathias war als Technischer Leiter unserer Produktion verantwortlich für den Sound. Er brachte die nötige Erfahrung und Ruhe in den Aufbau und den Soundcheck, unterstützt von seinem Freund Uwe Kanka, der auch das Equipment nach London gefahren hatte. Die Arbeitsatmosphäre war konzentriert und gleichzeitig locker.
Zugegeben: Ich war nervös. Wie würde meine neue Musik ankommen? Aber die Frage, wie die Fans auf meine Interpretation der Kraftwerk-Songs reagieren würden, war mindestens genauso brisant.
Doors open at 7:30 pm. Alan McGee – einer der Gründer des
Independent-Labels Creation Records – legte vor unserer Show ein sehr spezielles DJ-Set auf. Einfach so. »She Said« von Revolver
blieb mir im Gedächtnis. Das war eine coole Geste von ihm. Hey, thank’s a lot, Alan!
Langsam füllte sich das ICA, dann ging es endlich los: »The Camera«. Während das Minimoog-Riff den Raum erfüllte und das Publikum uns lautstark empfing, klinkten wir uns in die Anlage ein. Beim ersten Akkord und dem Einsetzen des Schlagzeugs legte der Applaus noch mal gefühlte 20 Dezibel zu.
Als ich ins Publikum schaute, sah ich Dutzende Kraftwerk- und Elektric-Music-T-Shirts. Obwohl wir nicht viel Zeit für die Promotion gehabt hatten, war das Venue brechend voll. Nach den »Lalas« am Ende des Songs und dem Fade-out versanken wir im Applaus. Aber weiter! Wir hielten uns an die Running Order von Communication
, und unser zweiter Track war »I’m The Message«. Welt-Premiere! Karsten spielte den Film des rasenden Sportreporters direkt vom Laptop aus ab. Beste männliche Hauprolle: das Piktogramm, Oskar-verdächtig.
Als wir mit »15 Minutes Of Fame« den dritten Track starteten, konnten sich einige »Geeks« nicht zurückhalten und veranstalteten spontan einen Air-Synth-Wettbewerb, jedenfalls sah es für mich so aus. Der Rhythmus, die Motorik, der Groove ging allen ins Blut. Bewegung kam in die Körper, überall Begeisterung. Das übertrug sich natürlich auf uns, wir wurden locker. Nach »Reality« und »Electronic Apeman«, die ich mit Testcards und Piktogrammen visualisiert hatte, trug uns eine Welle der Zustimmung. Dann kam »Life« an die Reihe. Ich blendete alles um mich herum aus und konzentrierte mich auf die Vocals. Erst der tosende Applaus nach dem letzten »I have to get on with my life« brachte mich wieder in die Realität zurück. Mittlerweile hatten wir etwa die Hälfte der geplanten 60 Minuten hinter uns gebracht. Nach jedem Track reagierte das Londoner Publikum mit Applaus, zustimmenden Pfiffen und Jubel
.
Aber was würde bei der zweiten Hälfte des Sets passieren? Das letzte Mal war ich vor sagenhaften 22 Jahren 1981 mit Kraftwerk in Großbritannien aufgetreten. Wie würden die Fans auf meine Versionen unseres Repertoires reagieren? Werden sie mir, dem Aussteiger, die Elektro-Klassiker überhaupt abnehmen? Wir spielten »Computer World«, »The Model«, »Trans-Europe Express«, »The Telephone Call« und als Zugabe »Tour de France«, was einige als eine ironische Anspielung auf das aktuelle Kraftwerk-Album verstanden. Nach einer guten Stunde beendeten wir den Showcase unter frenetischem Beifall. Offenkundig hatten wir das Londoner Publikum im ICA mit unserer Performance überzeugt. Ein großartiges Gefühl!
Die unmittelbare Berichterstattung im Internet gab es damals noch nicht lange. Ich wunderte mich, dass ich nach der Eingabe in die Suchmaschine auf zig Seiten landete, die über unseren Showcase berichteten und mir Aufschluss darüber gaben, wie wir bei den Fans in London angekommen waren. In irgendeinem Blog las ich: »Bartos war so lebendig, so liebenswert, er war in Kontakt mit dem Publikum und gab jedem Einzelnen eine eigene Show. Alles war so mühelos.«
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Klar, die Meinung eines Einzelnen, aber es gab viele solcher Einzelstimmen. Negative Berichterstattung? Fehlanzeige. Auch der altehrwürdige
Guardian
berichtete von der fast schon hysterischen Reaktion auf unsere Performance: Ein Mitarbeiter des ICA hatte ihnen erzählt, dass sich rund 200 Leute für die Gästeliste angemeldet hätten, obwohl es eigentlich nur wenige Gästetickets gab. Und dass manche enttäuschte Fans sogar Geld geschickt hätten, um ein Konzertposter zu bekommen.
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Dieses erste Feedback, die positive Resonanz des Publikums und der Presse war für mich wichtig. Ich dachte, wenn die Londoner mein Konzert verstehen, würden es die Menschen überall tun.
Tour de France Soundtracks
von Kraftwerk erreichte im August 2003 in Großbritannien den 21. Platz, in Deutschland
sogar den 1. Platz der Charts. Etwas merkwürdig fühlte sich das schon an. Denn immerhin hatte ich in dem Originaltrack »Tour de France« meine Finger drin gehabt, und nun war er der Titelsong des Albums. Für meine eigene Veröffentlichung sah es dagegen düster aus: Communication
chartete in Deutschland am 22. September 2003 auf Platz 85. Tour de France Soundtracks
fiel in dieser Woche auf Platz 76.
Der Kraftwerk-Release hatte die redaktionellen Strecken in den Medien besetzt, aber ich versuchte so gut, wie es eben ging, für mein eigenes Album
Communication
zu werben. Einige Berichte kamen doch noch zustande:
Die Welt
begriff meine vermeintlichen Zitate aktueller Bands als »große Geste«
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, die
Süddeutsche
portraitierte mich als »Romantiker«
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und
Spiegel Online
fand, man müsse mich »mit jedem neuen Album wieder neu erklären«.
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Und auch die vereinzelten Berichte in der britischen Presse fielen positiv aus.
UK-Blitz-Tournee
Nach dem sensationellen Empfang im ICA wollte eine britische Konzertagentur eine umfangreiche Europatournee auf die Beine stellen. Zuerst jedoch sollten wir im Oktober in Manchester, Glasgow und London spielen. Für diesen England-Trip musste ich das Line-up aus Termingründen etwas variierten, und nun begleitete mich Rick McPhail statt Karsten Binar als Video-Operator. Thomas Köster hatte mich mit dem Amerikaner Rick bekannt gemacht. Vielleicht hatte er einfach Lust auf unseren kleinen Medien-Zirkus. Denn eigentlich ist er Gitarrist der deutschen Band Tocotronic. Seine lässige Art brachte eine gewisse Pop-Komponente in unsere Gruppe und lockerte die Stimmung immer wieder auf.
Ich war damals ein Fan der britischen Band Client, die im
Wesentlichen aus Kate Holms und Sarah Blackwood bestand. Mit ihrem Elektrosound und den schnittigen Uniformen – ein Hybrid aus einem Stewardessen-Kostüm der Aeroflot und der Kleidung der DDR-Volkspolizei – machten sie ziemlich was los. Als sie mich fragten, ob sie als Vorgruppe bei unseren Gigs aufreten könnten, freute ich mich sehr. Und in der Tat funktionierte ihre Performance ziemlich gut vor unserem Set.
Meine einzige Erinnerung an den Gig in Manchester besteht darin, dass der Laden fast leer war. Und dass ich das Bed & Breakfast, in das man uns gesteckt hatte, mitten in der Nacht verließ und in einem vertrauenswürdigeren Hotel eincheckte – weil mir das Bett nicht geheuer war und der Nachtportier sich in einem äußerst alterierten Zustand befand. Im King Tut’s in Glasgow empfing uns das schottische Publikum dagegen mit einer Emotionalität, die mich total beeindruckte. Ich glaube, uns alle. Der kleine Club war brechend voll, das Publikum stand fast auf der Bühne, aber die Wärme und Freude, die es uns entgegenbrachte, überwältigte uns. Auch der Gig in der University of London war gut besucht. Abgesehen von der Niederlage im Bed & Breakfast in Manchester, hatten wir eine gute Zeit im Vereinigten Königreich. Die durchschnittlich verkauften Tickets blieben aber weit hinter dem zurück, was ich mir erhofft hatte. Offenkundig wurden auch die Erwartungen der Agentur enttäuscht. Denn im Anschluss an unsere drei Gigs sagte sie unsere geplante Europa-Tournee kommentarlos ab.
Das Netz: Fluch und Segen der Musikindustrie
Das war das erste Mal, dass uns eine Agentur wortlos fallen gelassen hatte, und es traf mich ziemlich hart. Denn wenn man mit einem neuen Album keine Gigs spielt, kommt es erst mal zu einer Vollbremsung. Ich zog also die Handbremse an, schaltete die
Warnblinkanlage ein und stieg aus dem Tourbus. Gut, ich kümmerte mich um eine neue Agentur. Aber im Februar 2004 erreichte uns eine weitere Hiobsbotschaft: Unser Label Home Records verlässt Sony – vielleicht könnte man auch sagen: wurde von Sony verlassen – und würde das nächste Karl Bartos-Album nicht realisieren können. Es fehlten schlicht die finanziellen Mittel.
In dieser Zeit befand sich die Musikindustrie wieder einmal in einem Umbruch. Noch ein paar Jahre vorher waren die Milliarden nur so aus dem Fenster geworfen worden. 1999 war das Jahr, in dem das Music-Business seinen Peak erreicht hatte: 26,6 Milliarden Dollar
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setzte die Branche weltweit um, alles war gut. Und dann kam das MP3-Format, und die Fassade der Musikindustrie begann zu bröckeln. Anfang der Neunzigerjahre im Erlanger Fraunhofer-Institut von zwei Informatikern entwickelt, begeisterte das praktische Musikkompressionsformat zuerst jüngere Hörer. Denn es machte möglich, Musik-Daten von Tonträgern kleinzurechnen und ins Internet zu stellen. Dort wurde dann kräftig getauscht – und die Musikindustrie blieb geschäftlich außen vor.
Tatsächlich war sie die erste Kulturbranche, die durch das Netz ins Wanken gebracht wurde. Und zwar aus Hochmut: Denn natürlich konnten die Musikbosse sich nicht vorstellen, dass ihr Geschäftsmodell aus der Mode kommen könnte: Dass Musikhörer auf das haptische Erleben des Auflegens einer Vinyl-Platte nicht verzichten wollten oder auf das Durchblättern eines aufwendig gestalteten CD-Booklets. Dass teuer produzierte Musikvideos fast exklusiv nur in einigen wenigen Musiksendern laufen sollten. Und dass das alles von den satten Einnahmen aus Tonträgerverkäufen finanziert würde. So verpassten sie es, gemeinsam an einem legalen System zu arbeiten und selbst legale, nutzerfreundliche Download-Möglichkeiten anzubieten. Deshalb konnten die illegalen Sharing-Portale abräumen. Musik untereinander zu tauschen, sie also kostenlos zu bekommen,
war nicht nur ein kleines Vergnügen für Taschengeld-klamme Teenager, sondern schlicht normaler Umgang mit dem Medium Musik quer durch alle Generationen und Schichten geworden.
Als ich in diesen Jahren interne Statistiken über die Anzahl von illegalen Downloads meines Albums Communication
in die Hände bekam, musste ich schon schlucken: Die sechsstelligen Download-Zahlen standen in keiner Relation zu den Verkäufen der üblichen Tonträgerformate CD oder Vinyl – und spiegelten sich natürlich nicht auf meinem oder dem Konto meines Labels wider.
Der in Schockstarre verfallenen Musikindustrie half es auch wenig, dass bereits 2001 Apple-Chef Steve Jobs mit iTunes den ersten kommerziellen Download-Shop eröffnete: Hier kann jeder gegen relativ kleines Geld Einzeltitel oder ganze Alben herunterladen. Die Branche brauchte mehr als zehn Jahre, um sich auf die technologischen Entwicklungen einzustellen. Sie büßte in dieser Zeit fast die Hälfte ihres weltweiten Umsatzes ein: Ein Erdrutsch von 23,8 Milliarden US-Dollar im Jahr 1999 auf 14,3 Milliarden in 2014.
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Erst 2015 war der Trend gestoppt: Denn die Umsätze sowohl in Deutschland als auch weltweit zogen – wenn auch minimal – wieder an, inzwischen auf 15 Milliarden US-Dollar im Jahr 2016. Der Grund: Das Internet! Die Technologie, die einst der Musikbranche den Hals brach, sorgte nun wieder für steigende Umsätze. Und zwar durch Streaming, Music on demand, Flatrate-Tarife. Zuhause, unterwegs, auf dem Computer oder dem Smartphone. Überall und immer.
Ganz klar sind die Plattenfirmen die Nutznießer des Streaming-Booms. Nicht nur, dass sie die Gelder für die Nutzungsrechte kassieren, darüber hinaus rechnen sie gegenüber den Künstlern nach altem Schema ab – obwohl beim Streaming viele Kosten wie die Produktion von physischen Tonträgern, deren Lagerhaltung und Vertrieb und selbst die GEMA-Gebühren wegfallen.
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Ein Künstler erhält zum Beispiel von Spotify pro Stream weniger als einen Cent. Man kann sich ausrechnen, wie viele Abrufe nötig wären, um auch nur ansatzweise etwas davon zu haben.
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In den meisten Fällen ist jedoch nicht der Künstler der Klient von Spotify, sondern seine Plattenfirma, die wiederum zu dem Prozentsatz an den Künstler abrechnet, der irgendwann vertraglich vereinbart wurde – und bei den meisten der 30 Millionen Songs auf Spotify war das vor der Zeit von Downloads und Streamings. Dann bekommt der Künstler nur noch einen Teil des ohnehin geringen Betrags. Da erscheint der Begriff »Plattenmillionär« plötzlich in einem ganz anderen Licht.
Zurück ins Jahr 2004: Illegale Downloads, kein Budget für ein neues Album, keine Tour – die Krise der Musikindustrie hatte mich voll erwischt. Meine Stimmung war auf dem Nullpunkt. Ich fragte mich: Lohnte sich die ganze Energie, die ich in meine musikalische Arbeit steckte, überhaupt? Auf der anderen Seite: Was wäre die Alternative? Das ist es doch, was ich immer machen wollte. Also weitermachen, lernen, mit dem Wandel umzugehen, auch wenn es erst mal irritierend ist.
Und wirklich: Langsam kam das Geschäft wieder ins Rollen. Ich wirkte als einer der Protagonisten bei einem Image-Film für die Telekom mit, hielt einen Vortrag auf der Promax in Rom – einer Konferenz für Firmen im Fernseh- und Videoproduktionsbereich –, eine neue Konzertagentur aus Frankfurt organisierte für uns Gigs in Moskau und St. Petersburg; ich gehörte mit der sagenhaften Künstlerin Pipilotti Rist zur Jury der Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen, und wir spielten auf dem Wave-Gotik-Treffen in Leipzig vor einem ausschließlich in Schwarz gekleideten Publikum. Ich bemühte mich damals darum, möglichst viele Kontakte in alle Richtungen herzustellen. Es ging weiter.
A Life in Picture
s
Im Sommer 2006 meldete sich der Berliner Regisseur Hasko Baumann wieder einmal bei mir. Ich hatte den grimmepreistragenden Erfinder der ARTE-Serie »Durch die Nacht mit …« vor ein paar Jahren kennengelernt, als er mit mir und dem französischen Musiker Benjamin Biolay in Paris eine Folge drehte. Jetzt fragte er mich: »Kennst du Jean Giraud«? Ich musste passen. »Moebius vielleicht?«, bohrte er weiter. Negativ. Dann brachte er das Comic Magazin Métal Hurlant
ins Spiel und plötzlich war ich im wahrsten Sinne des Wortes im Bilde. In Emils Atelier auf der Berger Allee flogen immer einige Ausgaben von Métal Hurlant
herum. Als er dann noch erwähnte, dass Giraud Drehbücher und Konzepte für zahlreiche Science Fiction- und Fantasie-Filme wie Alien, Tron, The Abyss
, und The Fifth Element
geschrieben hatte, fiel bei mir endgültig der Groschen. Der französische Künstler und Autor war einer der berühmtesten und einflussreichsten Comic-Zeichner und -Autoren überhaupt. Schließlich kam Hasko auf den Punkt: »Ich drehe eine Dokumentation über Giraud, die nächstes Jahr auf Arte gesendet werden soll, und wollte dich fragen, ob du nicht Lust hast, einen Soundtrack dafür zu schreiben.«
Dramaturgische Musik wollte ich schon immer komponieren, und Moebius war eine wahre Legende. Natürlich hatte ich Lust. Was die Organisation betrifft, gab es allerdings ein kleines Problem: Hasko musste den Film natürlich erst noch drehen. Wie sollte ich denn starten? Um in einen Workflow zu kommen, besprachen wir zunächst die Anfangssequenz. Für den Vorspann schlug Hasko vor, ich solle mich an »I’m The Message« orientieren. Also bastelte ich einen ähnlichen Rhythmustrack und ließ mir eine Melodie einfallen, die zur Stimmung passte. Sobald Hasko wieder ein paar Szenen gedreht hatte, stellte er mir Film-Sequenzen auf seinen Server, um mir Anmutungen zu
geben. Telefonisch tauschen wir uns über passende Musik aus. Das klappte gut.
Im Oktober und November komponierte und produziere ich die Musik. Als ich den fertigen 70-minütigen Film zum ersten Mal sah, war ich erstaunt, wie souverän Hasko meine Musik zum Bild geschnitten und synchronisiert hatte. Die Premiere fand im Januar 2007 im Cinestar Berlin
am Potsdamer Platz statt. Inzwischen wurde Haskos Dokumentation Moebius Redux – A Life in Pictures
auf vielen, internationalen Festivals gezeigt und läuft seitdem regelmäßig überall auf der Welt im Fernsehen.
Der Ruf
Eine akademische Tätigkeit an einer Musikhochschule oder Universität war mir während der Zeit bei Kraftwerk und in den Jahren danach nie in den Sinn gekommen. Zwar erhielt ich hin und wieder Angebote, auch aus Düsseldorf, aber immer war ich gerade mit etwas anderem beschäftigt.
Doch ich war an neuen Zusammenhängen interessiert, und so folgte ich im Sommer 2001 einer Einladung von Dr. Holger Schulze, an der Gesprächsreihe SoundXchange der UdK (Universität der Künste) Berlin teilzunehmen. Dort wurde diskutiert, wie das Angebot in einem Studiengang zu Sound Studies aussehen könnte. Ziemlich exakt ein Jahr später überraschte man mich mit dem Angebot einer Gastprofessur bei Sound Studies. Ich freute mich natürlich riesig, aber es passte damals zeitlich nicht, weil ich das Album Communication
produzierte. Wohl oder übel musste ich ablehnen. Trotzdem hielt ich den Kontakt. Als sich Sound Studies im Oktober 2003 in einem Symposion erstmals der Öffentlichkeit vorstellte, fuhr ich nach Berlin, um mir alle Vorträge anzuhören. Dort bemühte man sich um mich und zeigte Interesse, mich als Dozenten zu gewinnen
.
Und tatsächlich: 2004 erhielt ich den Ruf an die UdK Berlin für eine Gastprofessur für Auditive Mediengestaltung. Jetzt passte es perfekt. Zum ersten Mal trafen sich die Gastprofessoren am 10. Juni 2004 zu einem Colloquium. Was die Lehre angeht, war ich als Gastprofessor unabhängig. Mein Interesse hatte sich in der letzten Zeit von der Musik auf die visuelle Musik der Club-Kultur verlagert. Auch die abstrakten Filme der Zwanzigerjahre beeindruckten mich nachhaltig. Meine eigenen cineastischen Experimente, die ich in meinem Studio und im öffentlichen Raum filmte, waren spannend, und ich wurde langsam besser darin, Loops für unsere Live-Show zu gestalten.
Allerdings fühlte ich mich in der visuellen Kommunikation nicht ausreichend qualifiziert, um sie zur Grundlage meines pädagogischen Konzepts zu machen. So ist es aus der heutigen Sicht ganz natürlich, dass ich mich damals für die virtuelle Klangwelt des Films zu interessieren begann, um damit mein Curriculum zu erweitern. Zunächst dachte ich natürlich vor allen Dingen an das sogenannte »Scoring«, die Filmmusik. Ich recherchierte weiter und schon bald versank ich bis über beide Ohren in den Artikeln und Lectures von Walter Murch.
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Besonders beeindruckt hat mich ein Beispiel von Murch aus dem Film Der Pate
, den ich auch zu meinen Lieblingsfilmen zähle. An einer Sequenz aus Francis Ford Coppolas Meisterwerk erklärt Murch exemplarisch, wie ein Sound, dessen Quelle unsichtbar ist und bleibt, die Stimmung, Haltung, Emotion einer Figur zum Ausdruck bringt. In seinem Beispiel geht es nicht etwa um traditionelle Filmmusik, sondern um ein kreischendes metallisches Geräusch, das zunächst im Hintergrund zu hören ist, bevor Michael Corleone den »Türken« Solozzo und den korrupten Polizisten McCluskey in einem italienischen Restaurant erschießt und McCluskeys Kopf mit dem Gesicht nach vorne eindrucksvoll auf seinen Teller mit Kalbfleisch fällt – laut Solozzo das beste in der Stadt
.
Obwohl der Zuschauer die Klangquelle nicht sieht, ordnet er sie im Unterbewustsein einer Hochbahn zu, die um eine Kurve fährt. Denn die Location liegt in der Bronx. Im Laufe des Gesprächs wird das Geräusch immer lauter und spiegelt Michaels seelischen Zustand, kurz bevor er seinen ersten Mord begeht. Murch weist darauf hin, wie wirkungsvoll sich die Sequenz aus der Distanz zwischen dem, was wir sehen und hören, aufbaut. Michaels ruhiges, fast teilnahmsloses Gesicht, das keine Emotion erkennen lässt, und das ständig lauter werdende Kreischen der Bahn erzeugt eine immer größer werdende Spannung, die sich mit den Pistolenschüssen, die Solozzo und McCluskey töten, entlädt. Als ich mir die Filmsequenz mit Walter Murchs Analyse im Kopf wieder anschaute, hörte und erkannte ich plötzlich das, was ich bisher unbewusst wahrgenommen hatte, als gestaltete akustische Ebene, als Sound-Design.
Was mich in dieser Film-Klangwelt fasziniert, ist die Kreativität und Klugheit, mit der dort gearbeitet wird. Denn was wir beim Film hören, beeinflusst unsere Wahrnehmung der Handlung, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Diese neue Perspektive lässt mich Filme völlig neu erleben und bewerten. Die Konvergenz von Bild und Ton wurde zum wichtigsten Thema für mich. Ich wollte alles über die Filmkunst lernen, mehr über die Entwicklung und Konzeption von Filmen bzw. Film-Sound erfahren. Im Lauf der Zeit las ich neben den Texten von Walter Murch und Michel Chion die Bücher von Claudia Gorbman, Barbara Flückinger, Jörg Lensing und anderen Autoren. Und natürlich landete ich auch irgendwann bei Sergej Eisensteins Panzerkreuzer Potemkin
(1925). Mein »fundiertes Halbwissen« und vor allen Dingen meine eigenen praktischen Anwendungen halfen mir, mein Curriculum an der UdK – Auditive Mediengestaltung – zu erweitern, ihm einen zusätzlichen Inhalt zu geben. Dieser neue Input veränderte in einer Rückkopplung meine Wahrnehmung von Musik generell. Es war, ich erinnere
mich genau, als ob ich noch ein komplett neues Kapitel meiner Klangbiografie aufschlug. Aber das Wichtigste war: Die virtuelle Klangwelt des Films würde mir spannende Möglichkeiten für meine Arbeit bei Sound Studies eröffnen.
Gastprofessur Auditive Mediengestaltung
Jedesmal, wenn der Zug auf seinem Weg von Hamburg nach Berlin in Spandau hielt, dachte ich unweigerlich an den Nürnberger Prozess und die Verurteilten, die hier im Kriegsverbrechergefängnis ihre langen Haftstrafen verbüßten. Nach dem Tod Rudolf Heß’ wurde das Gebäude 1987 abgerissen, aber der Ortsname bleibt für mich wohl für immer mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs verknüpft. Der Bahnhof Zoo im Ortsteil Charlottenburg war die Endstation meiner Reise. Ich machte mich auf den Weg in Richtung Kurfürstendamm, überquerte die Prachtstraße am Kranzlereck und ging weiter zur Lietzenburger Straße zum Gebäude der Universität der Künste Berlin. Im April 2006 begann der offizielle Studienbetrieb des Masterstudiengangs »Sound Studies – Akustische Kommunikation«. Und ich konnte ihn als Gastprofessor mitgestalten.
Als ich Mathias fragte, ob er Lust hätte, als Dozent bei Sound Studies mitzuwirken, sagte er zu. Gemeinsam konzipierten wir das endgültige Curriculum für die Auditive Mediengestaltung.
Die ersten Eignungstests, an denen ich als Mitglied des Lehrkörpers teilnahm, waren spannend und lehrreich. Wenn ich mich recht erinnere, bewarben sich fast hundert Menschen auf einen der raren Studienplätze. In der ersten Runde sollten die Probanden ihre Eindrücke eines Soundwalk, der sie über den Kurfürstendamm und um die Gedächtniskirche führte, zu Papier bringen. Aus den Aufzeichnungen und einem anschließenden Gespräch erfuhren wir, wie weit ihre Wahrnehmung von Klang
entwickelt war. Das größte Problem für uns bestand darin, dass wir uns am Ende für 30 Bewerber entscheiden mussten. Die Tests dauerten eine ganze Woche, dann aber hatten wir den ersten Jahrgang des Studiengangs zusammen.
Ich hatte die Idee, am ersten Studientag mit allen Studierenden eine Orchesterprobe von Sir Simon Rattle in der Berliner Philharmonie am Potsdamer Platz zu besuchen und mich danach mit ihnen draußen auf den Rasen zu setzen und über das Erlebte zu sprechen. Um über Musik ins Gespräch zu kommen, schauten wir uns einige Partituren an. Wir brachten die Notenschrift in Beziehung zur Timeline eines Computers und unterhielten uns über die Klangfarben der Instrumente des Orchesters. Nicht nur für die Studierenden, auch für mich war es ein besonderer Tag, und ich musste an mein Probespiel 1974 denken, als ich noch jung war und mein ganzes Leben vor mir lag. Ich hatte das Gefühl, ein Kreis habe sich geschlossen.
Es war irgendwann im Wintersemester 2008/2009. Den ganzen Tag hatte ich in Raum 318 unterrichtet. Jetzt war ich allein. Mir brummte der Kopf. Automatisch schaltete ich eine Hälfte der grellen Deckenbeleuchtung aus und sah aus dem Fenster. Draußen war es bereits dunkel geworden. In der Ferne drehte sich der leuchtende Mercedes-Stern auf dem Dach des Europa-Centers.
Eigentlich wollte ich schnell zum Bahnhof Zoo, um die nächste mögliche Verbindung nach Hamburg zu erwischen. Aber da rauschte Holger Schulze – Prof. Dr. Studiengangsleiter – ins Zimmer. Im Schlepptau hatte er einen jungen Mann – schätzungsweise Anfang dreißig, kurz rasierte Haare, leger gekleidet –, den er mir als Sascha Wild aus Frankfurt vorstellte. Sascha könne im Rahmen eines Lehrauftrags meinen Fachbereich Auditive Mediengestaltung sinnvoll ergänzen, schlug er vor. Er wäre ein exzellenter Musiker und sehr versiert, was die digitale Signalverarbeitung betrifft. Er hatte recht, ich konnte Unterstützung gebrauchen. Vor mir stand nun Sascha. Mein Brummen
im Kopf wurde stärker, ich war müde und konnte kaum noch sprechen. Wir unterhielten uns aber doch noch irgendwie und dann machte ich mich auf den Weg in Richtung Kudamm, Gedächtniskirche, Bahnhof Zoo.
Wenn ich die ungünstigen Umstände unserer ersten Begegnung in Betracht ziehe, ist es erstaunlich, wie gut wir uns verstanden. Sascha hatte sein Diplom als Instrumentalpädagoge im Bereich Jazz absolviert, spielte Schlagzeug und Klavier, war absolut top im Umgang mit elektronischen Medien und kannte sich mit Popmusik aus. Außerdem komponierte und produzierte er Theater- und Bühnenmusik, Filmmusik und verstand auch etwas von Sound-Design. Obwohl Sascha damals noch sehr jung war, erfüllte er seinen Lehrauftrag eindrucksvoll. Doch darauf sollte sich unsere Zusammenarbeit nicht beschränken – wie sich noch zeigen wird.
An der UdK lernte ich wirklich viele Menschen mit herausragenden Fähigkeiten kennen, die mich mit ihrer Kreativität und Motivation beeindruckten. Diese Zeit erweiterte meinen Horizont ungemein. Aber nach einigen Jahren nervte mich nicht nur das ewige Pendeln zwischen Hamburg und Berlin, sondern ich merkte, dasss mir etwas Entscheidendes fehlte. Denn eigentlich beschäftigte ich mich nur noch damit, Dinge zu veranschaulichen, Zusammenhänge aufzuzeigen, zu sagen wer, wann, wo, was gemacht hat. Mein Kopf war voll mit Geschichte und Theorie. Ich vermisste das Musikmachen, ganz eindeutig. Ich vermisste es, bei null anzufangen, mich allein vor ein leeres Blatt Papier, an ein Klavier oder einen leeren Bildschirm zu setzen und neue Musik zu erfinden. Im Sommersemester 2008 hielt ich das Seminar The Abbey Road Recording Sessions
und im folgenden Jahr beendete ich meine Gastprofessur an der UdK Berlin.
Muza
k
Meine vielen Zugfahrten nach Berlin und zurück nutzte ich, um mich auf den Unterricht vorzubereiten. Meistens las ich mehrere Bücher gleichzeitig, klebte Unmengen »gelbe Zettel« auf die Seiten und kritzelte sie mit meinen Anmerkungen voll. Während dieser Bahnfahrten schrieb ich auch die ersten Skizzen für dieses Buch. Unterwegs hatte ich immer etwas zu tun. Störend war dabei, dass die anderen Fahrgäste im Großraum-Waggon offenbar nichts lieber taten, als zu telefonieren: Bundestagsabgeordnete sprachen mit ihren Parteifreunden, Anwälte mit ihren Kollegen oder Mandanten, Geschäftsleute hatten ihr Büro in den Waggon verlegt und ließen sich von ihren Sekretärinnen Termine für den nächsten Tag geben, Werber erklärten irgendjemandem eine Kampagne. Großeltern teilten ihren Enkeln mit, dass sie bald bei ihnen sind, Ehepartner erfuhren, was es abends zu essen gibt, Liebende sendeten sich innige Grüße, und Freundinnen schütteten sich stundenlang das Herz aus. Alle Personen sprachen meistens völlig frei, ungezwungen und ohne Rücksicht auf ihre Umgebung.
Das erstaunlichste Erlebnis hatte ich mit einer Richterin. Obwohl ich keinen Meter von ihr entfernt saß, erklärte sie ihrem Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung diverse Einzelheiten einer Gerichsverhandlung, die offenkundig nicht in die Öffentlichkeit gehörten. Sie diktierte auch noch einen Brief inklusive Aktenzeichen. Als sie kein Ende fand, begann ich, in gleicher Lautstärke aus Barry Truax’ Acoustic Communication
vorzulesen. Plötzlich schien sie mich wahrzunehmen, nahm ihre Tasche und den Mantel und verließ, ohne ihren Monolog zu unterbrechen, ziemlich verärgert das Abteil. Ich zog aus diesen unsäglichen Situationen meine Konsequenzen und ließ mir schon bald beim Hörgeräteakustiker Ohrstöpsel anfertigen, um mich halbwegs von der Kakophonie in den Eisenbahnwaggons abzuschirmen
.
Neben der Telefonitis fiel mir auch auf, dass sich im öffentlichen Raum immer mehr Menschen mit On- oder In-Ear-Kopfhörern befanden. Sie entkoppelten sich von der akustischen Realität und gestalteten unabhängig von Ort und Zeit ihren individuellen Soundtrack zur Umwelt. Das war zwar eine freiwillige Maßnahme, aber auf merkwürdige Weise erinnerte mich das an die sogenannte »Fahrstuhlmusik«, die ich zum ersten Mal auf unserer ersten Amerikatournee gehört hatte. Damals wurde gerade »Muzak« im Englischen zu einem Begriff für die sogenannte Hintergrundmusik in Kaufhäusern, Hotels, Flughäfen und Aufzügen. Viele Jahrzehnte arbeitete die Firma Muzak daran, das Verhalten von Menschen – beispielsweise Belegschaften oder Kunden – durch Musikeinspielungen zu manipulieren. Die eigentliche Gefahr dieser Berieselung besteht darin, dass wir zwar etwas hören, aber nichts wahrnehmen. Der akustische Müll verstopft lediglich unser Nervensystem. Im Gegensatz dazu bedeutet richtiges Hören, das Geschehen aufmerksam und denkend zu verfolgen.
Heute ist Musik allgegenwärtig. Egal ob im öffentlichen Raum, Supermarkt, Taxi, Flugzeug, Restaurant oder der Telefon-Warteschleife des Zahnarztes: Ständig sind wir Musik ausgesetzt, ob wir wollen oder nicht. Wir können es uns nicht aussuchen. Was sich über diese permanente akustische Umweltverschmutzung kommuniziert, ist die Botschaft, dass Musik eine Nebensache ist. So nebensächlich, dass man sie heute sogar auf den Streaming-Portalen (fast) umsonst bekommen kann.
Man kann Streaming verteufeln oder sich auch damit arrangieren, weil es einfach die nächste Entwicklungsstufe des Musikkonsums ist. Nicht unterschätzen jedoch sollten wir die Tatsache, dass Streaming das Verständnis von Popmusik verändert. Streaming hat einen Einfluss darauf, wie wir Musik hören und Musik verstehen. Und dadurch verändert sich wiederum die Musik: Es gibt neue Kritierien dafür, was erfolgreich wird und was nicht
.
Denn Streaming-Portale nehmen dem Hörer die Entscheidung ab: Sie kuratieren den »Soundtrack deines Lebens.« Ihr Ziel: »Die richtige Musik für jeden Augenblick zu finden – auf deinem Handy, Computer, Tablet und anderen Geräten« (Spotify). Musik zum Träumen, zum Verlieben, gegen Liebeskummer und für den Sport. Diesen Job übernehmen meist Algorithmen, die aus gesammelten Daten Stimmungen filtern. Dass Menschen, vielleicht sogar Musiker, solche Empfehlungslisten zusammenstellen, bleibt eher die Ausnahme. Kuratierte Musik ist abgestimmt auf den Einzelnen und dessen »individuelle Bedürfnisse«, und der Einzelne hört sie dann isoliert über Kopfhörer. Dass Popmusik immer mit einem Gemeinschaftserleben von Menschen verbunden war, tritt heute mehr und mehr in den Hintergrund. Musik im Zeitalter des Streamings ist nicht mehr das Medium, das mich in Bezug zu einer Idee setzt, mir Identität gibt, Ausdruck meines Lebens und meiner Generation ist, so wie es Popmusik seit den Zeiten des Rock ’n’ Roll in den Fünfzigerjahren war. Scheinbar ist Musik im digitalen Zeitalter zu einem wertlosen Beiprodukt geworden. In einem Soundkosmos, in dem ich alle Musik dieser Welt wahllos und damit sinnlos hören kann, verliert Musik an Bedeutung, sie wird beliebig. Sie wird Muzak.
Man kann dazu stehen, wie man will, aber ich denke, es war mit Sicherheit nicht dieses Geschäftsmodell, das Musik zu einem bedeutsamen Bestandteil menschlicher Kultur machte.
Unterwegs
Während meiner Lehrtätigkeit an der UdK Berlin lief unser Live-Geschäft langsam an. Wir spielten auf dem Roskilde Festival in Dänemark, und wie es sich gehört, versank ich bis zu den Knöcheln im Matsch. Ein weiteres Booking auf dem Arvika Festival in Schweden wurde kurzfristig von den Veranstaltern abgesagt:
Sie hatten auch Kraftwerk engagiert, und anscheinend ging beides nicht zusammen … Die Schweden zahlten aber trotzdem fair das vereinbarte Honorar. Wir flogen nach Bogota in Kolumbien, wo wir uns eine Woche in einem James-Bond-mäßigen Hotel bei tropischen Temperaturen an einem Wahnsinns-Pool herumtrieben, wurden im Frankfurter Opernhaus »Das Model«-spielend in einem Fahrstuhl auf die Bühne gebracht und traten nachts unter freiem Himmel bei Vollmond auf Teneriffa auf. Irgendwann gastierten wir auch auf einem Festival in Caracas, Venezuela, auf dem Roberto unfreiwillig Bekanntschaft mit Ecstacy machte, das man ihm heimlich in die Cola getan hatte. Seine Bühnenshow war jedenfalls beeindruckend. Wir kamen ganz gut rum mit unseren »Fahrgeschäften«.
Eine Deutschland-Tour führte uns auch nach Berlin ins Haus des Rundfunks. Der historische Große Sendesaal war fast ausverkauft. Eine besondere Herausforderung bestand für mich darin, dass alle meine Kollegen von der UdK anwesend waren. Außerdem, so wurde mir berichtet, saß vorne in der ersten Reihe der Konzertagent meiner ehemaligen Düsseldorfer Kollegen. Mittlerweile war Kraftwerk nämlich zu einer Tourband mutiert. Ob ihnen der Kontakt mit dem Publikum fehlte, die Nähe der Fans? Schwer zu sagen. Der Umsatz von Tonträgern hatte sich beträchtlich reduziert, und nur mit Live-Konzerten konnte der Verlust dieser einst üppig sprudelden Einnahmequelle kompensiert werden. Alle Bands gingen wieder tingeln. Dass auch Ralf und Florian plötzlich eine unbändige Lust entwickelten, live zu spielen, entbehrte nicht einer gewissen Ironie.
Im Sommer 2005 traten wir im Programm des audiovisuellen Festivals Optronica in London auf. Die virtuose VJ-Performance des Duos Addictive TV inspirierte mich dazu, bei Live-Auftritten künftig die visuelle Ebene selbst in die Hand zu nehmen. Denn in der musikalisch-abstrakten Bildsprache lag ein wesentlich größeres Improvisationspotenzial als in den musikalischen Arrangements.
Ich beschloss, die Position an den Keyboards aufzugeben und nur noch auf der visuelle Ebene zu operieren. Mit den Film-Clips live zu improvisieren war neu und aufregend und zweifellos die intuitive und lustvolle Seite der Arbeit mit visuellen Medien. Aber ich lernte auch die andere Seite kennen, die Vorbereitung der Visuals, die immer mehr Zeit in Anspruch nahm. Kontinuierlich erweiterte ich mein Filmarchiv, lernte autodidaktisch die Funktionen der Film-Edit- und Schnittprogramme, die für die Gestaltung der visuellen Ebene nötig sind. Und langsam wurde ich auch etwas geschickter in der Anwendung.
Um flexibel auf Booking-Anfragen reagieren zu können, hatte ich neben der audiovisuellen Live-Show mit Roberto ein DJ/VJ-Set auf die Beine gestellt, mit dem wir in der Welt herumtingelten. Ökonomisch unschlagbar. Nach ein paar Gigs fanden wir heraus, dass die Leute von mir entweder meine eigene Musik oder »meine« Kraftwerk-Songs hören wollten und nicht ein kuratiertes Programm meiner Liebligstracks der elektronischen Tanzmusik. Also veränderte ich das Repertoire in diese Richtung.
Roberto übernahm den DJ-Part, und ich feuerte live die Filme ab und sang oder sprach live zu einigen Songs. Im Laufe der Zeit baute ich das Set-up aus und Mathias löste Roberto ab. Zu Mathias’ Aufgaben auf der Bühne gehörten Tonregie, pardon, das DJing, das Mischen der unterschiedlichen Quellen – mittlerweile benutzten wir mehrere Laptops und HD-Recorder – und die Live-Vocoder-Stimmen. Um die Arbeitsabläufe unterwegs zu optimieren, erweiterten wir unser Team mit dem Toningenieur Sven Mouhcine zum Trio. Auf diese Weise waren wir sicher, immer einen guten Sound zu haben.
Mit diesem Trio reisten wir in der zweiten Hälfte der 2000er-Jahre kreuz und quer durch die Welt. Unsere Bookings führten uns nach Österreich, Skandinavien, Großbritannien, Luxemburg, Polen, Ungarn, Russland, Italien – natürlich arbeiteten wir
gelegentlich auch in Deutschland. Wir machten eine Minitour durch Brasilien und Asien, wo wir über Bangkok nach Japan reisten und dort in Osaka, Tokyo und Ibaraki spielten. Meistens beschränkten wir uns auf Handgepäck, in dem sich unsere Laptops, HD-Recorder, DI-Boxen, Kabel und das Nötigste für persönliche Bedürfnisse befanden. Ich erinnere mich an endlose Stunden, die wir in Flughäfen und Hotels verbrachten. Und dann noch die unvermeidbaren Sicherheitschecks, bei denen ich immer wieder meinen Koffer auspackte, auf das Förderband legte, regelmäßig herausgewunken wurde, um einen speziellen fensterlosen Raum zur intensiven Kontrolle aller elektronischen Teile aufzusuchen. Die Welt war ja noch nie ein einfacher Ort gewesen, aber nach dem 11. September 2001 wurde vor allem das Reisen immer mühsamer. Zumindest für jemanden wie mich, der jede Menge elektronischen Kram in Plastiktüten mit sich führte.
Irgendwann wurde ich zwangläufig ein sogennanter »Frequent Traveller« und durfte mich in den VIP Lounges der Flughäfen aufhalten, Ginger Ale und Kaffee schlürfen. In dieser Zeit wurde mir auf einmal klar, dass im englischen Verb »travelling«, reisen, das französische »travailler«, arbeiten, steckt.
New releases out now!
Im Juni 2005 erschien ein Live-Doppelalbum von Kraftwerk mit dem Titel Minimum-Maximum.
Neben allen gängigen Formaten auch als DVD. Darauf befinden sich – so ist es jedenfalls auf dem Medium zu lesen – im Jahr 2004 aufgezeichnete Gigs. Es gehört sicher nicht zu meinen dringlichsten Aufgaben, den Inhalt dieser Veröffentlichung zu kommentieren. Aber es versteht sich von selbst, dass ich mich über den unerwarteten Output freute. Denn als Miturheber war ich ja bei zehn Tracks beteiligt. Allerdings wurde meine Freude stark abgeschwächt, als ich aus gut
informierten Kreisen erfuhr, das Album wäre nicht gerade ein Bestseller.
Eine Single der britischen Band Coldplay spielte dagegen kommerziell in einer anderen Liga. Offensichtlich hatte die Band mit der Hookline von »Computerliebe« experimentiert, dabei herausgekommen war ihr Song »Talk«. Ein perfektes Beispiel dafür, wie Popmusik entsteht. Überrascht von der Veröffentlichung im Dezember 2005 wurde ich nicht. Denn Coldplay hatten ganz offiziell über die Musikverlage unser Einverständnis eingeholt. Der Song gefiel mir, und ich freute mich, dass der Deal zustande gekommen war. Auf diese Weise wurde die Melodie, die mir vor vielen Jahren auf einem Klavier im Pavillon der Musikschule Krefeld eingefallen war, ein kleiner Teil einer neuen Komposition von sieben Co-Autoren: Guy Berryman, Jonny Buckland, Will Champion, Chris Martin, Ralf Hütter, Emil Schult und Karl Bartos.
Das Coldplay-Album X & Y
hielt sich weltweit von 2005 bis 2008 in den Charts und erreichte mehrfachen Gold- und Platin-Status. Allein in Großbritannien 9 mal Platin, Irland 8 mal Platin, Kanada 5 mal Platin, Australien 6 mal Platin, USA 3 mal Platin, Deutschland 3 mal Platin und so weiter und so weiter …
Florian Schneider, Ex-Kraftwerk
Hin und wieder müssen Bettina und ich einfach wieder in unsere alte Heimat ins Rheinland fahren. Im November 2008 machten wir uns auf den Weg nach Düsseldorf, um dort alte Freunde zu treffen: Wolfgang und seine Frau Zuhal, Bodo Staiger und schließlich Joachim Dehmann, dessen Werkstatt sich immer noch auf der Mintropstraße, direkt gegenüber dem Kling Klang Studio befand. Im Innenhof sah alles genauso aus wie früher. Nachdem ich den Motor ausgeschaltet hatte, blieben wir noch
sitzen und sprachen über ein paar logistische Dinge, denn am nächsten Tag wollten wir zurück nach Hambug fahren.
Plötzlich klopfte jemand an das Fenster unseres Autos. Ich sah durch mein Seitenfenster und traute meinen Augen nicht: Da stand Florian. Er machte ein Zeichen mit seiner Hand und grinste. Mit strahlend blauen Augen sah er mich an. Spontan schlug er vor, in einem Café auf der Graf-Adolf-Straße einen Kaffee trinken zu gehen. Als wir dort beieinandersaßen, blickte Florian beschwingt zu uns herüber und verkündete, er wäre bei Kraftwerk ausgestiegen. Er war gut gelaunt, aufgeräumt und kommunikativ. Wir unterhielten uns eine Weile. Ralf hatte die Räume auf der Mintropstraße verlassen, einen Neuanfang gemacht und sich außerhalb Düsseldorfs ein Studio gebaut.
Schließlich sprachen wir über unsere Erfahrungen, die wir während unserer Professuren – er zwei Jahre am ZKM in Karlsruhe, ich fünf Jahre an der UdK – gemacht hatten. Obwohl Florian die Oberfläche der Ereignisse nicht verließ und nichts wirklich von sich preisgab, ging mir auf der Rückfahrt nach Hamburg unser Gespräch immer wieder durch den Kopf. Mir wurde wieder klar, wie wichtig die Verbindung von Ralf und Florian für beide gewesen war. Wie würden sie sich wohl als Einzelkünstler definieren?
Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft
Ein Jahr später kam das bis dahin letzte Kraftwerk-Produkt Der Katalog
auf den Markt: die lang hinausgeschobene Wiederveröffentlichung der acht Studioalben von Autobahn
bis Tour de France Soundtracks
auf Vinyl und CD. Kurioserweise wiederholte Kraftwerk diese Katalog
-Idee 2017 – diesmal jedoch aufgepeppt mit den 3-D-Animationsfilmen und sogenannten Live-Aufnahmen der letzten Konzerte
.
Aber zurück zum ersten Katalog
von 2009: Durch das Remastern und die Neuverpackung der alten Tonträger war ein »neues« Produkt entstanden, das von den Fans und Medien positiv aufgenommen wurde. Auch ich gehörte zu den Käufern der Box. Wieder wurden die Credits aus dem Blickwinkel von Ralf und Florian geschrieben. Jedenfalls lassen sich ihre Namen und vielfältigen Funktionen kaum übersehen. Das Erscheinen von Der Katalog
weckte in mir den Wunsch, die Deutung meiner Vergangenheit nicht allein meinen früheren Kollegen zu überlassen und die Entstehungsgeschichte unserer Musik aus meiner Perspektive zu erzählen. Und zwar in einer Art Reisebericht durch die Zeit mit den verschiedenen Stationen, Inhalten, Menschen und Emotionen. »Unpersonen« sollte es darin nicht geben.
Das wäre die klassische Herangehensweise von Memoiren, aber mir ging es noch um eine weitere Ebene: Während meiner Jahre an der UdK hatte ich oft über meine Klangbiografie nachgedacht. Damals stellte ich mir einen Text vor, der mich in meiner musikalischen Entwicklung porträtiert. Darin würde ich über die Musik berichten, der ich im Laufe meines Lebens begegnete, und versuchen, meine Gedanken über Klang in Worte zu fassen. Denn naturgemäß lässt sich selbst mein Aphorismus »Musik als Träger von Ideen« mit einer Tonfolge nicht ausdrücken. Jetzt nahm dieser noch vage Plan langsam Gestalt an.