Yogi Bhajan wurde am 26. August 1929 als Harbhajan Singh Puri in Kot Harkan, im damaligen Indien und heutigen Pakistan als Sohn eines Arztes geboren. Seine Familie lebte in der Tradition der Sikhs. Er interessierte sich sehr früh für medizinische Fragen und natürliche Heilweisen und studierte von klein auf Yoga. Im Alter von sieben Jahren gab man ihn zur Ausbildung zu Sant Hazara Singh, einem spirituellen Lehrer, der ihn neun Jahre später zum Meister des Kundalini-Yoga erklärte.
Während der Teilungskriege, als Indien sich in ungeheurem Aufruhr befand und sein Dorf 1947 zu einem Teil von Pakistan wurde, übernahm Harbhajan Singh Puri die Verantwortung, mehr als tausend Menschen durch das Kriegsgebiet in die Sicherheit nach Delhi zu führen. Nachdem sich seine Familie dort angesiedelt hatte, besuchte er die Punjab-Universität, an der er sein Studium mit dem Masters Degree in Wirtschaftswissenschaften abschloss. Er war dort zugleich als hervorragender Redner und erfolgreicher Sportler bekannt. Anschließend war er als Offizier in der Verwaltung Indiens tätig. Seit 1953 war er mit Dr. Bibiji Inderjit Kaur verheiratet, mit der er drei Kinder und eine Reihe Enkel hatte.
Neben seiner Tätigkeit im Staatsdienst erweiterte Yogi Bhajan seinen spirituellen Erfahrungshorizont und verbrachte einige Jahre mit Karma-Yoga im Goldenen Tempel in Amritsar/Nordindien, dem wichtigsten Tempel der Sikhs.
1968 wurde er von der Universität Toronto nach Kanada eingeladen, um einen Vortrag über Yoga zu halten. Als er im Dezember desselben Jahres in die USA kam, stellte Yogi Bhajan seine Mission sehr klar dar: »Ich bin gekommen, um Lehrer auszubilden, und nicht, um Schüler zu sammeln.« Er begann, Kundalini-Yoga zu unterrichten, und wurde in der damaligen Hippiebewegung einer der gefragtesten Yogameister. Inzwischen gibt es weltweit mehrere tausend Kundalini-Yoga-Lehrer, die sich auf Yogi Bhajan beziehen. In Los Angeles entstand auf seine Initiative hin die »3HO«, das ist die »Healthy, Happy, Holy Organization«, die seitdem weltweit seine Lehren verbreitet und bewahrt. Die 3HO-Stiftung fördert bewusstes Leben in vielen Staaten der Welt und ist als eine »Non-Government-Organization« anerkannt. Sie hat einen beratenden Status beim Ökonomischen und Sozialen Rat der Vereinten Nationen.
Seit 1969 lehrte Yogi Bhajan unermüdlich seine Botschaft der Hoffnung und Inspiration, um Menschen in allen Lebenssituationen zu erreichen. Er beriet Politiker und Manager, religiöse Führer und Prominente sowie einfache Suchende. Bekannte Leitsätze von Yogi Bhajan sind: »Wenn du Gott nicht in allem sehen kannst, kannst du ihn überhaupt nicht sehen«, und: »Was immer dir widerfährt, es ist ein Geschenk Gottes.«
Yogi Bhajan setzte sich sehr für die Achtung und die Würde der Frauen ein. 1970 initiierte er die »Gnade-Gottes-Bewegung der Frauen von Amerika« (GGMWA= Grace of God Movement of the Women of America). In seinen Vorlesungen und seit 1974 während eines jährlichen Sommercamps für Frauen forderte er sie auf, ihre unabhängige Rolle als Frau anzunehmen, und bestärkte sie darin, sich ihrer einzigartigen Identität bewusst zu werden und sich selbstbewusst auszudrücken. Er lehrte sie, in Würde und Kraft sich selbst und die Welt verantwortlich zu führen, zu erhöhen und zu heilen. 1971 ehrten ihn die Führer seiner eigenen Sikh-Glaubensgemeinschaft mit dem Titel »Siri Singh Sahib« und übertrugen ihm die Rolle des obersten religiösen und administrativen Führers des Sikh-Dharma in der westlichen Hemisphäre. Sein kompromissloser Aufruf, einander mit Offenheit und Liebe zu begegnen und aus dem selbstbegrenzenden Konzept des Separatismus auszubrechen, galt allen Zeitgenossen. Er war Mitglied im Weltparlament der Religionen und Co-Präsident und Gastgeber von »Unity«-Konferenzen, Konferenzen zur Einheit der Menschen.
Der Dalai Lama und Yogi Bhajan
1980 erlangte Yogi Bhajan den akademischen Doktorgrad. Das Thema seiner Dissertation lautete Communication: Liberation or Condemnation (»Kommunikation: Befreiung oder Verdammnis?«). Er gründete neunzehn Unternehmen, zu denen unter anderem Sicherheitsdienste, Beratungsdienste und ein Versandunternehmen von Naturkostprodukten gehören. Bekannt sind vor allem seine »Golden-Temple«-Teeprodukte. 1983 gründete er den internationalen Friedensgebetstag, dessen Gastgeber er alljährlich im Juni in Espanola, New Mexico (USA), war. 1995 wurde er mit dem Courage of Conscience Award des Multi-Faith-Retreat-Zentrums »The Peace Abbey« in Sherborn, Massachusetts, geehrt.97
Yogi Bhajan war Poet, Seher, Dozent, Heiler, Künstler, Philosoph, religiöser Führer, Autor von mehr als dreißig Büchern und sogar ein hervorragender Koch. Vor allem aber war er ein spiritueller Lehrer und – ein »Mahan Tantric«, ein Meister des weißen Tantra, bei dem sich weißgekleidete Männer und Frauen in langen Reihen gegenübersitzen und meditieren. Yogi Bhajan starb am 6. Oktober 2004 in Espanola.
