Selvarajan Yesudian wurde am 25. Februar 1916 als Sohn eines indischen Arztes in Sholinghur, Tamil Nadu (Südindien) geboren. Er war ein kränklicher Junge und durchlebte fast alle schweren Kinderkrankheiten und auch andere gravierende Erkrankungen. Durch die Begegnung mit seinem Meister, der ihn Yoga lehrte, änderte sich sein Leben, und aus dem schwachen Jungen wurde ein kräftiger Mann.
Im Jahre 1936 reiste er nach Ungarn, um Medizin zu studieren. In Budapest lernte er die Künstlerin Elisabeth Haich (1897–1994) kennen, die ein Faible für Mystik und Esoterik hatte und Ende der dreißiger Jahre die erste Yogaschule in Budapest gründete. Yesudian begann, mit ihr zusammen Vorträge und Kurse über Yoga zu geben. Zusammen veröffentlichten sie ein erstes gemeinsames Buch, Sport und Yoga (deutsche Ausgabe 1949)118, das sofort ein Bestseller wurde. Bis heute wurden davon über vier Millionen Exemplare in über zwanzig Sprachen verkauft. Während des Zweiten Weltkriegs und der ersten Jahre der ungarischen Revolution stand Yesudian seinen Schülern und Freunden unerschütterlich bei und unterstützte sie. In den Wirren der russischen Besatzung wurde ein weiteres Wirken unmöglich, und so flüchtete er zusammen mit Elisabeth Haich 1948. Beide planten, über die Schweiz in die USA auszuwandern.
In Zürich wurden sie jedoch von Freunden gebeten zu bleiben. Sie ließen sich dort nieder und bauten die international bekannte Yogaschule Yesudian/Haich auf. Weitere Yogaschulen entstanden in St. Gallen und Bern; im sonnigen Tessin der Schweiz entstand die Yogaschule in Ponte-Tresa. In zahlreichen Vorträgen, Yogastunden, Beratungen und durch seine Bücher gab Selvarajan Yesudian seine Erfahrungen an Zehntausende von Menschen weiter.
Der Yogaunterricht gemäß Yesudian ist durch folgende Grundsätze geprägt:
1. einen klar strukturierten Aufbau der Yogastunde;
2. die Ausführung der Übungen mit geschlossenen Augen;
3. Konzentration und Bewusstseinslenkung;
4. Verstärkung der positiven Wirkung durch Befehle;
5. entspannte Ausführung der Übungen, ohne Forcierung;
6. ruhige Stimmführung des Lehrenden;
7. ein Yogaprogramm zum Üben zu Hause.
Folgende Reihenfolge strukturiert die Unterrichtsstunden: kurze Versenkung in gerader Sitzhaltung, ein kurzer Vortrag zur Philosophie bzw. zu den Intentionen und Hintergründen des Yoga, Atemübung mit vollständiger Yogaatmung, Prānāyāma im Sitzen; Āsana-Praxis, bei der die Atmung den Rhythmus der Übungen bestimmt, Regeneration, Meditation und Tiefenentspannung.
1990 übergab Selvarajan Yesudian seine Yogaschule in St. Gallen an seinen langjährigen Mitarbeiter und Freund Rolf Heim, der seither zusammen mit seiner Frau Susy und seinem Sohn Rolf Victor die Schule weiterführt. Am 26. Oktober 1998 starb Selvarajan Yesudian in Zürich.