Relativität ist ein einfaches Konzept. Es besagt, dass die fundamentalen Gesetze der Physik unabhängig von unserem Bewegungszustand immer dieselben sind.
Für den speziellen Fall, dass Beobachter sich mit konstanter Geschwindigkeit bewegen, fällt es leicht, diese Aussage zu akzeptieren. Wir stellen uns einen Mann zu Hause in einem Sessel vor und eine Frau in einem Flugzeug, das gleichmäßig am Himmel entlanggleitet. Beide können sie eine Tasse Kaffee trinken, einen Ball hochspringen lassen, eine Taschenlampe anknipsen oder einen Muffin in einer Mikrowelle erwärmen, wobei zur Beschreibung jener Vorgänge jeweils dieselben physikalischen Gesetze Anwendung finden.
Wer von beiden sich »im Ruhezustand« befindet und wer »in Bewegung«, lässt sich dabei nicht bestimmen. Der Mann im Sessel könnte sich als im Ruhezustand einschätzen, das Flugzeug aber in Bewegung. Und die Frau im Flugzeug sich als im Ruhezustand, während die Erde vorbeigleitet. Es gibt keine Versuchsanordnung, mit der sich beweisen ließe, wer von beiden im Recht wäre.
Tatsächlich gibt es in diesem Fall kein absolutes Rechthaben. Es lässt sich lediglich feststellen, dass jede der beiden Personen sich relativ zur anderen bewegt. Und natürlich bewegen sich beide sehr schnell relativ zu anderen Planeten, Sternen und Galaxien. 1
Die spezielle Relativitätstheorie , die Einstein 1905 entwickelte, gilt nur für diesen speziellen Fall (daher der Name): eine Situation, in der sich die Beobachter mit konstanter Geschwindigkeit – gleichförmig, nämlich entlang gerader Linien und mit gleichbleibendem Tempo – relativ zueinander bewegen, wenn also sogenannte »inertiale Bezugsysteme « vorliegen. 2
Für eine Person, die beschleunigt , die Richtung ändert, rotiert, in die Bremsen tritt oder in anderer Weise willkürlich ihren Bewegungszustand ändert, ist es schon schwieriger, zu argumentieren, sie würde sich nicht in irgendeiner Form in absoluter Bewegung befinden. Für solch eine Person würden schließlich Kaffeetassen überschwappen und Bälle in unterschiedliche Richtungen davonrollen, was bei Menschen in gleichförmig dahingleitenden Zügen, Flugzeugen oder auf Planeten nicht passiert. Wie wir sehen werden, brauchte Einstein noch mehr als zehn Jahre, um seine allgemeine Relativitätstheorie zu entwickeln, in der er versuchte, den Relativitätsbegriff auch auf diese Arten beschleunigter Bewegung anzuwenden. 3
Mit der Geschichte der Relativität beginnen wir am besten im Jahr 1632, als Galilei das Prinzip formulierte, demzufolge die Gesetze der Bewegung und Mechanik (die Gesetze des Elektromagnetismus waren noch nicht entdeckt) in allen Bezugsystemen mit konstanter Geschwindigkeit gleich sind. In seinem Dialog über die beiden hauptsächlichen Weltsysteme versuchte Galilei die kopernikanische Idee zu verteidigen, dass die Erde nicht bewegungslos im Mittelpunkt verharrt, während alles um sie herum in Bewegung ist. Skeptiker wendeten ein, wir müssten es doch spüren, wenn die Erde sich bewegte. Galilei widerlegte diesen Einwand mit einem Gedankenexperiment von wunderbarer Klarheit, in dem er seine Leser in die Kabine eines gleichförmig dahinsegelnden Schiffes versetzte:
Schließt Euch in Gesellschaft eines Freundes in einen möglichst großen Raum unter dem Deck eines großen Schiffes ein. Verschafft Euch dort Mücken, Schmetterlinge und ähnliches fliegendes Getier; sorgt auch für ein Gefäß mit Wasser und kleinen Fischen darin; hängt ferner oben einen kleinen Eimer auf, welcher tropfenweise Wasser in ein zweites enghalsiges darunter gestelltes Gefäß träufeln läßt. Beobachtet nun sorgfältig, solange das Schiff stille steht, wie die fliegenden Tierchen mit der nämlichen Geschwindigkeit nach allen Seiten des Zimmers fliegen. Man wird sehen, wie die Fische ohne irgendwelchen Unterschied nach allen Richtungen schwimmen; die fallenden Tropfen werden alle in das untergestellte Gefäß fließen. Wenn Ihr Euerem Gefährten einen Gegenstand zuwerft, so braucht Ihr nicht kräftiger nach der einen als nach der anderen Richtung zu werfen, vorausgesetzt, daß es sich um gleiche Entfernungen handelt. Wenn Ihr, wie man sagt, mit gleichen Füßen einen Sprung macht, werdet Ihr nach jeder Richtung hin gleichweit gelangen. Achtet darauf, Euch aller dieser Dinge sorgfältig zu vergewissern, wiewohl kein Zweifel obwaltet, daß bei ruhendem Schiffe alles sich so verhält. Nun laßt das Schiff mit jeder beliebigen Geschwindigkeit sich bewegen: Ihr werdet – wenn nur die Bewegung gleichförmig ist und nicht hier- und dorthin schwankend – bei allen genannten Erscheinungen nicht die geringste Veränderung eintreten sehen. Aus keiner derselben werdet Ihr entnehmen können, ob das Schiff fährt oder stille steht. 4
Es gibt keine bessere Beschreibung für das Prinzip der Relativität für Systeme, die sich mit konstanter Geschwindigkeit relativ zueinander bewegen.
Im Inneren von Galileis Schiff kann man sich mühelos unterhalten, weil die Luft, die die Schallwellen trägt, sich gleichförmig mit den Leuten in der Kabine mitbewegt. Das Gleiche gilt für den Fall, dass einer von Galileis Passagieren einen Kieselstein in eine Schale mit Wasser fallen lässt. Die kleinen Wellen breiten sich auf die gleiche Weise aus, wie wenn die Schale am Ufer stünde, denn das Wasser, das die Wellen trägt, bewegt sich gleichförmig mit der Schale und allen anderen Objekten in der Kabine mit.
Schall- und Wasserwellen lassen sich durch die klassische Mechanik leicht erklären. Sie sind einfach eine Störung, die sich in einem Medium ausbreitet. Daher kann Schall sich nicht durch ein Vakuum bewegen. Aber Materie wie Luft, Wasser oder Metall kann er durchqueren. Beispielsweise breiten sich Schallwellen durch Luft von Raumtemperatur als schwingende Störung aus, die die Luft verdichtet und verdünnt, mit einer Geschwindigkeit von 1236 Kilometern pro Stunde.
Tief im Inneren von Galileis Schiff verhalten sich Schall- und Wasserwellen, wie sie es an Land tun, weil sich die Luft in der Kammer und das Wasser in den Schüsseln mit derselben Geschwindigkeit bewegen wie die Passagiere. Doch stellen wir uns jetzt vor, wir gehen an Deck und blicken auf das Meer oder messen die Schallwellen des Signalhorns eines anderen Schiffs. Die Geschwindigkeit, mit der diese Wellen bei Ihnen eintreffen, richtet sich nach Ihrer Geschwindigkeit relativ zum Medium (dem Wasser oder der Luft), in dem sich die Wellen fortpflanzen.
Mit anderen Worten, die Geschwindigkeit, mit der die Meereswellen Sie erreichen, hängt davon ab, wie schnell Sie sich auf die Wellenquelle zu- oder von ihr fortbewegen. Die Geschwindigkeit, die eine Schallwelle relativ zu Ihnen aufweist, hängt entsprechend von Ihrer Geschwindigkeit relativ zur Luft ab, in der sich die Schallwelle ausbreitet.
Diese relativen Geschwindigkeiten addieren sich. Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich in Ruhe im Meer, während die Wellen mit 15 Stundenkilometern heranrollen. Springen Sie nun auf einen Jetski und fahren mit 65 Stundenkilometern direkt in die Wellen hinein, sehen Sie sie (relativ zu Ihnen selbst) mit 80 Stundenkilometern auf Sie zurasen und an Ihnen vorbeizischen. Malen Sie sich entsprechend aus, die Schallwellen kämen von einem fernen Schiffshorn und liefen durch die stille Luft mit rund 1235 Stundenkilometern auf das Ufer zu. Wenn Sie jetzt auf Ihren Jetski springen und mit 65 Stundenkilometern auf jenes Horn zufahren, kommen die Schallwellen mit einer Geschwindigkeit (relativ zu Ihnen) von etwa 1300 Stundenkilometern auf Sie zu und an Ihnen vorbei.
All das führt zu der Frage, über die Einstein seit seinem 16. Lebensjahr nachgrübelte, seit er sich vorgestellt hatte, er reite neben einem Lichtstrahl her: Verhält sich Licht dann genauso?
Newton ging davon aus, Licht sei letztlich ein Strom emittierter Teilchen. Doch zu Einsteins Zeit vertraten die meisten Forscher die Konkurrenztheorie, die Newtons Zeitgenosse Christiaan Huygens aufgestellt hatte – dass Licht als Welle zu betrachten sei.
Ende des 19. Jahrhunderts war die Wellentheorie durch eine Vielfalt von Experimenten bestätigt worden. Beispielsweise hatte Thomas Young einen berühmten Versuch vorgenommen – der heute zum Lehrplan der Sekundarstufe gehört – und dabei gezeigt, dass Licht, das durch zwei Spalten tritt, ein Interferenzmuster erzeugt, welches dem des Wassers gleicht, wenn Wasserwellen sich durch zwei Spalten hindurch ausbreiten. Stets verhält es sich so, dass sich die aus jeder Spalte heraustretenden Wellenkämme und -täler an einigen Stellen gegenseitig verstärken und an anderen aufheben.
James Clerk Maxwell trug zur Etablierung dieser Wellentheorie bei, als es ihm gelang, eine Verbindung zwischen Licht, Elektrizität und Magnetismus herzustellen. Er entwickelte Gleichungen, die das Verhalten von elektrischen und magnetischen Feldern beschrieben und die, kombiniert, elektromagnetische Felder vorhersagten. Wie Maxwell herausfand, mussten diese elektromagnetischen Wellen sich mit einer bestimmten Geschwindigkeit ausbreiten: ungefähr 300.000 Kilometern in der Sekunde. 5 Das war die Geschwindigkeit , die man bereits in Experimenten für das Licht gemessen hatte. Offensichtlich handelte es sich um mehr als einen bloßen Zufall. 6
Es wurde klar, dass Licht die sichtbare Manifestation eines ganzen Spektrums elektromagnetischer Wellen ist. Dazu gehören AM -Funksignale (mit einer Wellenlänge von um die 300 Metern), FM -Funksignale (3 Meter) und Mikrowellen (3 Zentimeter). Mit immer kürzer werdenden Wellenlängen (und einer entsprechenden Erhöhung der Frequenz ) gelangen wir zum Spektrum des sichtbaren Lichts, das von Rot (78 Millionstel Zentimeter) bis Violett (38 Millionstel Zentimeter) reicht. Noch kürzere Wellenlängen ergeben UV -Strahlen, Röntgenstrahlen und Gammastrahlen. Wenn hier von »Licht« die Rede ist, sind alle elektromagnetischen Wellen gemeint und nicht nur diejenigen, die für unser Auge sichtbar sind.
Das wirft einige Fragen auf: Was war das für ein Medium, in dem sich diese Wellen ausbreiteten? Und relativ zu wem oder was wurde ihre Geschwindigkeit von 300.000 Stundenkilometern gemessen?
Die Antwort schien zu lauten, dass Lichtwellen Störungen eines unsichtbaren Mediums waren, das Äther genannt wurde, und dass ihre Geschwindigkeit relativ zu diesem Äther war. Mit anderen Worten, der Äther war für Lichtwellen etwas Ähnliches wie die Luft für Schallwellen . »Es schien unzweifelhaft, daß das Licht als Schwingungsvorgang eines den Weltraum erfüllenden, elastischen, trägen Mediums gedeutet werden müsse«, schrieb Einstein später. 7
Unglücklicherweise musste der Äther viele verwirrende Eigenschaften aufweisen. Er musste, da das Licht ferner Sterne die Erde erreichen konnte, das gesamte bekannte Universum durchdringen und so hauchzart, ja ätherisch sein, dass er sich nicht auf Planeten und Federn auswirkte, die ihn durchquerten. Anderseits musste er so starr sein, dass die Schwingungen der Wellen ihn mit rasender Geschwindigkeit durchqueren konnten.
All das führte Ende des 19. Jahrhunderts zur großen Ätherjagd . Wenn das Licht tatsächlich eine Welle war, die sich durch den Äther bewegte, folgte daraus, dass die Wellen einen Beobachter rascher passieren sollten, wenn er sich durch den Äther auf die Lichtquelle zubewegte. Mit allen möglichen Geräten und Experimenten versuchten Forscher, solche Unterschiede nachzuweisen.
Dabei legten sie ihren Experimenten eine Vielzahl von Annahmen über das mögliche Verhalten des Äthers zugrunde. Etwa dass er bewegungslos sei und die Erde ihn ungehindert durchquere. Dass die Erde einen Teil des Äthers mit sich ziehe, ähnlich wie sie ihre eigene Atmosphäre mitführt. Sie zogen sogar die unwahrscheinliche Möglichkeit in Betracht, dass die Erde das einzige Objekt sei, das sich relativ zum Äther in Ruhe befinde, während sich alles andere – einschließlich der anderen Planeten, der Sonne und der Sterne – um sie drehe, vermutlich einschließlich des armen Kopernikus in seinem Grab.
Einige Versuche, von denen Einstein später sagte, sie seien »für die spezielle Relativitätstheorie fundamental[e] Experimente« 8 gewesen, führte der französische Physiker Hippolyte Fizeau durch, der die Lichtgeschwindigkeit in einem bewegten Medium messen wollte. Er teilte einen Lichtstrahl mithilfe eines halb versilberten Winkelspiegels, der einen Teil des Strahls durch fließendes Wasser in Richtung der Strömung schickte und den anderen Teil gegen die Strömung. Anschließend wurde der Strahl wieder vereinigt. Wenn das Licht für eine der beiden Routen länger brauchte als für die andere, wären die Berge und Täler der einen Wellen nicht mehr synchron mit Bergen und Tälern der anderen. Das würden die Experimentatoren am Interferenzmuster erkennen können, das bei der Wiedervereinigung der Wellen auftritt.
Ein anderes und weit berühmteres Experiment führten Albert Michelson und Edward Morley 1887 in Cleveland durch. Sie bauten eine Vorrichtung, die einen Lichtstrahl auf ähnliche Weise spaltete, und ließen die Teilstrahlen zwei unterschiedliche Routen laufen, an deren Ende sich jeweils ein Spiegel befand, welcher das Licht zurückreflektierte. Die eine Route verlief direkt in Richtung der Erdbewegung, die andere senkrecht dazu. Auch hier wurden die beiden Teilstrahlen anschließend wieder zusammengeführt und das Interferenzmuster analysiert, um zu sehen, ob der Weg, der gegen den vermeintlichen Ätherwind verlief, länger brauchte.
Egal, wer suchte, wie er suchte oder von welchen Annahmen über die rätselhafte Substanz er ausging, niemand konnte sie entdecken. Gleich, welche Richtung eingeschlagen wurde, die beobachtete Lichtgeschwindigkeit war immer exakt dieselbe.
Etwas hilflos versuchten die Forscher nun zu erklären, warum der Äther zwar existierte, aber in keinem ihrer Experimente nachzuweisen war. Insbesondere stellten Anfang der 1890er-Jahre der Holländer Hendrik Lorentz – die kosmopolitische Vaterfigur der theoretischen Physik – und, unabhängig von ihm, der irische Physiker George Fitzgerald die Hypothese auf, dass feste Körper sich etwas zusammenzogen, wenn sie sich durch den Äther bewegten. Diese Lorentz -Fitzgerald -Kontraktion würde bei Bewegung durch den Äther alles verkürzen, auch die Messvorrichtung, die Michelson und Morley verwendeten, und zwar um den exakten Betrag, der dafür sorgte, dass die Auswirkungen des Äthers auf das Licht unentdeckt blieben.
Einstein nannte diese Sachlage »sehr betrübend«. Die Forscher sähen sich außerstande, den Elektromagnetismus mithilfe von Newtons »mechanischer Naturauffassung« zu erklären, und diese Entwicklung führe »zu einem auf die Dauer unerträglichen Dualismus«. 9
»Eine neue Idee kommt plötzlich und auf ziemlich intuitive Weise«, schrieb Einstein einmal. »Aber«, so beeilte er sich hinzuzufügen, »Intuition ist nichts als das Ergebnis früherer geistiger Erfahrung.« 10
Bei der Entdeckung der speziellen Relativitätstheorie half Einstein eine Intuition, die auf einem Jahrzehnt geistiger wie persönlicher Erfahrung beruhte. 11 Am wichtigsten und offensichtlichsten dürfte wohl sein tiefes Verständnis und Wissen auf dem Gebiet der theoretischen Physik gewesen sein. Sehr hilfreich war auch seine Fähigkeit, sich Gedankenexperimente bildhaft vor Augen zu führen, wozu wohl seine Zeit in Aarau beigetragen hat. Weitere Faktoren waren seine philosophischen Grundlagen: Von Hume und Mach hatte er die Skepsis übernommen, die sich gegen nicht beobachtbare Dinge richtete. Verstärkt wurde diese Skepsis durch seine rebellische Natur, die ihn veranlasste, Autorität infrage zu stellen.
Ein weiterer Teil dieser Mischung – der wahrscheinlich seine Fähigkeit verstärkte, physikalische Situationen zu visualisieren und sich sofort mit dem Kern von Problemen zu befassen – war der technische Hintergrund seines Lebens: die Zeit, die er bei seinem Onkel Jakob verbracht hatte, um die beweglichen Spulen und Magneten in Generatoren zu verbessern; die Arbeit in einem Patentamt , das mit Anmeldungen neuer Methoden zur Koordination von Uhren überschwemmt wurde; der Chef, der ihn aufforderte, seiner Skepsis freien Lauf zu lassen; die Tatsache, dass er in Bern in der Nähe des Uhrenturms und des Bahnhofs und genau gegenüber vom Telegrafenamt wohnte, nachdem Europa begonnen hatte, in seinen Zeitzonen die Uhren mithilfe elektrischer Signale zu synchronisieren ; und sein Freund Michele Besso , der nicht nur ein geduldiger Resonanzboden für ihn war, sondern auch im Patentamt arbeitete und elektromechanische Erfindungen prüfte. 12
Welche Bedeutung man diesen Einflüssen im Einzelnen beimisst, ist natürlich eine Frage des persönlichen Urteils. Schließlich wusste selbst Einstein nicht genau, wie sich dieser Prozess entfaltete. »Es lässt sich nicht leicht beschreiben, wie ich zur Relativitätstheorie gelangt bin«, sagte er. »Es gibt so viele verborgene und komplexe Faktoren, die mein Denken bestimmt haben.« 13
Mit einiger Sicherheit können wir allerdings das Ereignis benennen, das für Einstein zum wichtigsten Ausgangspunkt wurde. Wiederholt hat er berichtet, dass sein Weg zur Relativitätstheorie mit einem Gedankenexperiment begann, als er 16 Jahre alt war und sich vorstellte, wie es wohl wäre, mit Lichtgeschwindigkeit neben einem Lichtstrahl herzureiten. Dabei sei er auf ein »Paradoxon« gestoßen, das ihn die folgenden zehn Jahre beschäftigt habe:
Wenn ich einem Lichtstrahl nacheile mit der Geschwindigkeit c (Lichtgeschwindigkeit im Vakuum ), so sollte ich einen solchen Lichtstrahl als ruhendes, räumlich oszillatorisches, elektromagnetisches Feld wahrnehmen. So etwas scheint es aber nicht zu geben, weder auf Grund der Erfahrung noch gemäß den Maxwellschen Gleichungen. Intuitiv klar schien es mir von vornherein, daß von einem solchen Beobachter aus beurteilt, alles sich nach denselben Gesetzen abspielen müsse wie für einen relativ zur Erde ruhenden Beobachter. Denn wie sollte der erste Beobachter wissen, bzw. konstatieren können, daß er sich im Zustand rascher, gleichförmiger Bewegung befindet? Man sieht, daß in diesem Paradoxon der Keim zur speziellen Relativitätstheorie schon enthalten ist. 14
Dieses Gedankenexperiment stellt die Äthertheorie der Lichtwellen nicht unbedingt infrage. Ein Äther -Theoretiker könnte sich einen gefrorenen Lichtstrahl denken. Aber die Vorstellung, dass die Gesetze der Optik dem Relativitätsprinzip gehorchen sollten, vertrug sich nicht mit Einsteins Intuition. Mit anderen Worten, Maxwells Gleichungen, aus denen sich ja der Wert der Lichtgeschwindigkeit ergibt, sollten für alle Beobachter mit konstanter Geschwindigkeit gleich sein. Der Nachdruck, mit dem Einstein diesen Punkt betonte, legt den Gedanken nahe, dass sich sein Instinkt gegen die Idee eines gefrorenen Lichtstrahls – oder einer gefrorenen elektromagnetischen Welle – sträubte. 15
Außerdem lässt das Gedankenexperiment darauf schließen, dass er einen Konflikt wahrnahm zwischen Newtons Gesetzen der Mechanik und der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit in Maxwells Gleichungen. All das versetzte ihn in »einen Zustand seelischer Anspannung«, den er als zutiefst beunruhigend empfand. »Ganz zu Anfang, als die spezielle Relativitätstheorie in mir zu keimen begann, suchten mich alle möglichen nervösen Konflikte heim«, erinnerte er sich später. »Als junger Mensch verfiel ich oft in einen Zustand der Verwirrung.« 16
Darüber hinaus gab es eine spezifischere »Asymmetrie«, die ihn zu beunruhigen begann. Wenn sich ein Magnet relativ zu einer Drahtspule bewegt, wird ein elektrischer Strom erzeugt. Wie Einstein aus seinen Experimenten mit den Generatoren der Familie wusste, ist die Stärke des elektrischen Stroms exakt dieselbe, egal, ob sich der Magnet bewegt, während die Spule in Ruhe zu sein scheint, oder die Spule sich bewegt, während der Magnet in Ruhe zu sein scheint. Außerdem hatte er 1894 die Einführung in die Maxwell ’sche Theorie der Elektricität , ein Buch von August Föppl , studiert. In dem Abschnitt »Die Elektrodynamik bewegter Leiter« wird dort infrage gestellt, dass es im Falle einer Induktion irgendeinen Unterschied ausmacht, ob es heißt, der Magnet oder die Leiterspule sei in Bewegung. 17
Später schrieb Einstein: »Nach der Maxwell -Lorentz’schen Theorie ist aber die theoretische Deutung des Phänomens in beiden Fällen eine sehr verschiedene.« Im ersten Fall besagt Faradays Induktionsgesetz , dass die Bewegung des Magneten durch den Äther ein elektrisches Feld erzeugt. Im zweiten Fall entsteht – nach dem Lorentz’schen Kraftgesetz – ein Strom, wenn sich die Leiterspule durch das Magnetfeld bewegt. »Der Gedanke, dass es sich hier um zwei wesensverschiedene Fälle handle, war mir aber unerträglich«, sagte Einstein. 18
Jahrelang rang Einstein mit dem Konzept des Äthers , das theoretisch in diesen Induktionstheorien den Begriff »in Ruhe« bestimmte. 1899, als Student am Züricher Polytechnikum , hatte er in einem Brief an Mileva Marić geschrieben: »Die Einführung des Namens ›Äther ‹ in die elektrischen Theorien hat zur Vorstellung eines Mediums geführt, von dessen Bewegung man sprechen könne, ohne daß man, wie ich glaube, mit dieser Aussage einen physikalischen Sinn verbinden kann.« 19 Doch im selben Monat suchte er während der Ferien in Aarau mit einem Lehrer seiner ehemaligen Schule nach Methoden, den Äther zu entdecken. »Mir [ist] eine gute Idee gekommen zur Untersuchung, welchen Einfluß die Relativbewegung der Körper gegen den Lichtäther auf die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes in durchsichtigen Körpern hat«, teilte er Marić mit.
Professor Weber erklärte Einstein, dass sein Ansatz unpraktisch sei. Darauf las Einstein, wahrscheinlich auf Webers Vorschlag hin, einen Aufsatz von Wilhelm Wien , in dem dieser beschrieb, dass dreizehn Experimente zur Entdeckung des Äthers – unter anderem auch die Versuche von Michelson -Morley und von Fizeau – ergebnislos geblieben seien. 20 Außerdem erfuhr er von dem Michelson -Morley -Experiment, als er irgendwann vor 1905 Lorentz’ Buch Versuch einer Theorie der electrischen und optischen Erscheinungen in bewegten Körpern las. Dort erörterte Lorentz mehrere gescheiterte Versuche zum Nachweis des Äthers , um im Fortgang seine Kontraktionstheorie darzulegen. 21
Bei den Ergebnissen von Michelson und Morley – die keine Anhaltspunkte für die Existenz des Äthers zeigten und keinen Geschwindigkeitsunterschied erkennen ließen, egal, in welche Richtung sich der Beobachter bewegte – stellt sich also die Frage, wie sie Einstein beeinflussten, als er seine Ideen über die Relativitätstheorie ausbrütete. Nach seinen Aussagen nicht im Mindesten. Manchmal meinte er sich sogar (irrtümlicherweise) zu erinnern, er habe vor 1905 von diesem Experiment überhaupt nichts gewusst. Die widersprüchlichen Aussagen, die Einstein während der nächsten fünfzig Jahre über den Einfluss von Michelson und Morley äußerte, sind insofern nützlich, als sie uns daran erinnern, welche Vorsicht man walten lassen muss, wenn man sich als Historiker auf verblassende Erinnerungen von Beteiligten stützt. 22
Einsteins Spur der unterschiedlichen Aussagen beginnt mit einer Rede, die er 1922 im japanischen Kioto hielt, als er erklärte, Michelsons misslungener Versuch, den Äther zu entdecken, sei »der erste Schritt gewesen, der mich zu dem Prinzip der speziellen Relativität geführt hat, wie wir sie nennen«. In einem Toast bei einem Dinner in Pasadena zu Ehren von Michelson äußerte Einstein sich anerkennend, aber auch ein wenig vorsichtig: »Sie entdeckten einen kardinalen Fehler in der Äthertheorie des Lichts, den sie damals aufwies, und regten damit Lorentz und Fitzgerald zu Überlegungen an, aus denen sich die spezielle Relativitätstheorie entwickelte.« 23
Einstein beschrieb seinen Gedankenprozess in einer Reihe von Gesprächen mit Max Wertheimer , dem Pionier der Gestaltpsychologie , der später die Michelson -Morley -Ergebnisse als »entscheidend« für Einsteins Denken bezeichnete. Doch Arthur I. Miller hat nachgewiesen, dass Wertheimer bei dieser Behauptung wahrscheinlich von dem Wunsch bestimmt war, mit Einsteins Geschichte die Thesen der Gestaltpsychologie zu illustrieren. 24
Weitere Verwirrung stiftete Einstein in dieser Frage während seiner letzten Lebensjahre durch eine Reihe von Äußerungen, die er gegenüber dem Physiker Robert Shankland von sich gab. Zunächst erklärte er, er habe Michelson -Morley nach 1905 gelesen, dann sagte er, er habe vor 1905 in Lorentz’ Buch von den Experimenten erfahren, und schließlich fügte er hinzu: »Vermutlich nahm ich einfach an, dass es wahr sei.« 25
Diese letzte Version ist die wichtigste, weil Einstein sie am häufigsten erwähnte. Als er ernsthaft an der Relativitätstheorie zu arbeiten begann, ging er einfach davon aus, dass es nicht notwendig sei, alle Äther -Drift-Experimente zu prüfen, weil er annahm, dass alle Versuche, den Äther nachzuweisen, zum Scheitern verurteilt seien. 26 Für ihn lag die Bedeutung dieser Experimentalergebnisse einfach darin, dass sie bestätigten, wovon er bereits überzeugt war: dass sich Galileis Relativitätsprinzip auch auf Lichtwellen anwenden ließ. 27
Das mag erklären, warum er den Experimenten in seiner Arbeit aus dem Jahr 1905 so wenig Beachtung schenkte. Nicht ein einziges Mal erwähnte er das Michelson -Morley -Experiment darin namentlich. Gleiches gilt für das Fizeau -Experiment in bewegtem Wasser. Stattdessen gestattete er sich kurz nach der Erörterung der Bewegungen von Magnet und Spule nur eine kurze allgemeine Erwähnung der »mißlungenen Versuche, eine Bewegung der Erde relativ zum ›Lichtmedium‹ zu konstatieren«.
Einige wissenschaftliche Theorien beruhen in erster Linie auf Induktion : Man analysiert eine Vielzahl von Experimentalergebnissen und sucht dann nach Theorien, die das empirische Muster erklären. Andere hängen stärker von der Deduktion ab: Sie beginnen mit eleganten Prinzipien und Postulaten, die zu diesem Zwecke gewissermaßen heiliggesprochen wurden, und deduzieren dann aus diesen die Konsequenzen. In gewissem Maße mischen alle Wissenschaftler diese Ansätze. Einstein hatte einen guten Instinkt für Experimentalergebnisse, und er schuf mit diesen Erkenntnissen bestimmte Fixpunkte, auf denen er dann eine Theorie aufbauen konnte. 28 Doch seine Vorliebe gehörte dem deduktiven Verfahren. 29
Wir erinnern uns, wie er in der Arbeit über die Brown’sche Bewegung etwas eigenartig, aber zutreffend, die Bedeutung von Experimentaldaten für seine Überlegungen herunterspielte, die im Wesentlichen eine theoretische Deduktion waren. Eine ähnliche Situation haben wir bei der Relativitätstheorie . Was er bei der Brown’schen Bewegung nur angedeutet hatte, sagte er jetzt explizit zur Relativität und Michelson -Morley : »Ich war von der Gültigkeit des Prinzips weitgehend überzeugt, bevor ich dieses Experiment und seine Ergebnisse kannte.«
Tatsächlich beginnen alle drei epochalen Arbeiten aus dem Jahr 1905 mit der Versicherung, dass er deduktiv vorzugehen gedenke. Jeweils beginnt er mit einem Hinweis auf einige Ungereimtheiten, die durch einander widersprechende Theorien und nicht durch unerklärte Experimentaldaten zustande kämen. Dann postuliert er großartige Theorien, während er gleichzeitig die Bedeutung von Daten herunterspielt, egal, ob es sich um Brown’sche Bewegung , Schwarzkörperstrahlung oder Lichtgeschwindigkeit handelt. 30
1919 beschrieb er in dem Zeitungsartikel »Induktion und Deduktion in der Physik« seine Vorliebe für den letzteren Ansatz:
Die einfachste Vorstellung, die man sich von der Entstehung einer Erfahrungswissenschaft bilden kann, ist die nach der induktiven Methode. Einzeltatsachen werden so gewählt und gruppiert, dass der gesetzmäßige Zusammenhang zwischen denselben klar hervortritt. (…) Die großen Fortschritte wissenschaftlicher Erkenntnis [sind jedoch] nur zum kleinen Teil auf diese Weise entstanden. (…) Die wahrhaft großen Fortschritte der Naturerkenntnis sind auf einem der Induktion fast diametral entgegengesetzten Wege entstanden. Intuitive Erfassung des Wesentlichen eines großen Tatsachenkomplexes führt den Forscher zur Aufstellung eines hypothetischen Grundgesetzes oder mehrerer solcher. Aus dem Grundgesetz (…) zieht er (…) die Folgerung. 31
Die Präferenz für diese Methode sollte noch stärker werden. »Je tiefer wir eindringen und je umfassender die Theorien werden«, wird er gegen Ende seines Lebens erklären, »desto weniger empirisches Wissen ist erforderlich, um diese Theorien zu bestimmen.« 32
Zu Beginn des Jahres 1905 hatte Einstein begonnen, bei seinem Versuch, die Elektrodynamik zu erklären, stärker auf die Deduktion als auf die Induktion zu setzen. »Nach und nach verzweifelte ich an der Möglichkeit, die wahren Gesetze durch auf bekannte Tatsachen sich stützende konstruktive Bemühungen herauszufinden«, schrieb er später. »Je länger und verzweifelter ich mich bemühte, desto mehr kam ich zu der Überzeugung, daß nur die Auffindung eines allgemeinen formalen Prinzips uns zu gesicherten Ergebnissen führen könnte.« 33
Nun, da Einstein sich entschlossen hatte, seine Theorie von oben nach unten zu entwickeln, das heißt, indem er sie aus den großen Postulaten ableitete, musste er eine Entscheidung treffen: Mit welchen Postulaten – welchen Grundannahmen über ein allgemeines Prinzip – sollte er beginnen? 34
Sein eines Postulat war das Relativitätsprinzip, nach dem alle fundamentalen Gesetze der Physik, auch Maxwells Gleichungen für elektromagnetische Wellen , für alle Beobachter, die sich mit konstanter Geschwindigkeit relativ zueinander bewegen, gleich sind. Genauer gesagt sind sie für alle Inertialsysteme gleich, also gleich für einen relativ zur Erde ruhenden Beobachter und für jemanden, der mit gleichförmiger Geschwindigkeit in einem Zug oder einem Raumschiff unterwegs ist. Den Glauben an dieses Postulat hegte er, seit er angefangen hatte, über das Gedankenexperiment mit dem Ritt neben einem Lichtstrahl nachzudenken: »Intuitiv klar schien es mir von vornherein, daß von einem solchen Beobachter aus beurteilt, alles sich nach denselben Gesetzen abspielen müsse wie für einen relativ zur Erde ruhenden Beobachter.«
Für ein zweites Postulat, das die Lichtgeschwindigkeit einbezog, hatte Einstein an dieser Stelle im Prinzip zwei Optionen:
Er konnte sich an eine Emissionstheorie halten, nach der das Licht von seiner Quelle abgeschossen wird wie Teilchen von einer Kanone. Dazu wäre kein Äther erforderlich. Die Lichtteilchen könnten durch die Leere jagen. Ihre Geschwindigkeit wäre relativ zur Quelle bestimmt. Raste diese Quelle auf Sie zu, würden die Emissionen Sie mit größerer Geschwindigkeit erreichen, als wenn die Quelle sich von Ihnen entfernte. (Stellen Sie sich einen Baseballspieler vor, der seinen Ball mit einer Geschwindigkeit von 160 Stundenkilometern werfen könnte. Würfe er den Ball auf Sie zu und befände er sich dabei in einem Auto, das in Ihre Richtung raste, käme der Ball schneller auf Sie zu, als würde er von einem Auto aus geworfen, das davonraste.) Mit anderen Worten, das Licht würde von einem Stern mit 300.000 Kilometern pro Sekunde emittiert werden; doch bewegte sich der Stern mit 10.000 Kilometern pro Sekunde auf die Erde zu, betrüge die Geschwindigkeit relativ zu einem Beobachter auf der Erde 310.000 Kilometer pro Sekunde.
Alternativ konnte Einstein postulieren, dass die Lichtgeschwindigkeit konstant 300.000 Kilometer pro Sekunde betrage, unabhängig von der emittierenden Quelle – ein Postulat, das eher in Einklang mit der Wellentheorie stand. Wir können das analog zu Schallwellen verstehen: Der Sirenenton eines Löschfahrzeugs erreicht Sie stets mit der gleichen Geschwindigkeit, egal, ob das Gefährt davonrast oder ob es steht. In beiden Fällen bewegt sich der Schall mit rund 1235 Stundenkilometern durch die Luft. 35
Eine Zeit lang setzte Einstein auf die Emissionstheorie . Dieser Ansatz war besonders vielversprechend, wenn man davon ausging, dass das Licht sich wie ein Strom von Quanten verhielt. Und wie im vorhergehenden Kapitel berichtet, hatten es ihm im März 1905, als er sich mit der Relativitätstheorie beschäftigte, die Lichtquanten besonders angetan. 36
Doch es gab Probleme mit diesem Ansatz. Es sah so aus, als müsse er dann die Maxwell’schen Gleichungen und die Wellentheorie aufgeben. Hing die Geschwindigkeit einer Lichtwelle von der Geschwindigkeit der sie emittierenden Quelle ab, dann müsste sich diese Information in irgendeiner Form in der Art und Weise niederschlagen, wie sich die Welle ausbreitete. Doch die Experimente und Maxwells Gleichungen ließen nicht darauf schließen. 37
Einstein versuchte, Maxwells Gleichungen so zu verändern, dass sie mit einer Emissionstheorie vereinbar waren, wurde aber zunehmend frustriert. »Diese Theorie setzt voraus, dass Lichtwellen von unterschiedlicher Ausbreitungsgeschwindigkeit überall und in jeder gewählten Richtung möglich sein müssten«, schrieb er später. »Es dürfte unmöglich sein, eine vernünftige elektromagnetische Theorie aufzustellen, die das fertigbrächte.« 38
Überdies war es den Forschern nicht gelungen, irgendeinen Hinweis darauf zu finden, dass die Geschwindigkeit des Lichts von seiner Quelle abhängt. Von welchem Stern das Licht auch kommt, es trifft mit der gleichen Geschwindigkeit auf der Erde ein. 39
Je länger Einstein über die Emissionstheorie nachdachte, desto mehr Probleme ergaben sich. Wie er seinem Freund Paul Ehrenfest berichtete, sei es schwer herauszufinden, was geschähe, wenn das Licht einer »bewegten« Quelle von einem ruhenden Schirm gebrochen oder reflektiert würde. Außerdem könnte bei einer beschleunigenden Quelle das Licht in sich selbst zurückfallen.
Daher verwarf Einstein die Emissionstheorie zugunsten des Postulats, dass die Geschwindigkeit eines Lichtstrahls konstant sei, egal, wie schnell sich die Quelle bewege. Er war der Überzeugung, »dass jedes Licht durch Frequenz und Intensität allein definiert sei, ganz unabhängig davon, ob es von einer bewegten oder von einer ruhenden Lichtquelle kommt«. 40
Jetzt hatte Einstein zwei Postulate: »das Relativitätsprinzip« und dieses neue, das er das »Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit « nannte. Von Letzterem sagte er, »daß sich das Licht im leeren Raume stets mit einer bestimmten, vom Bewegungszustande des emittierenden Körpers unabhängigen Geschwindigkeit v fortpflanze«. 41 Wenn Sie beispielsweise die Geschwindigkeit des Lichts anhand der Scheinwerfer eines Zugs messen, wird sie konstant 300.000 Kilometer pro Sekunde betragen, egal, ob der Zug auf Sie zurast oder sich von Ihnen entfernt.
Leider scheint sich das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit nicht so einfach mit dem Relativitätsprinzip vereinbaren zu lassen. Warum nicht? Um das vermeintliche Dilemma zu erklären, verwendete Einstein später das folgende Gedankenexperiment.
Stellen Sie sich vor, »ein Lichtstrahl wird an einem Bahndamm entlanggeschickt«, sagte er. Ein Mann, der auf dem Bahndamm steht, misst eine Geschwindigkeit von 300.000 Kilometern pro Sekunde, wenn das Licht an ihm vorbeifliegt. Aber nun stellen Sie sich eine Frau vor, die in einem sehr schnellen Eisenbahnwaggon sitzt, der sich mit einer Geschwindigkeit von 2000 Kilometern pro Sekunde von der Lichtquelle entfernt. Man könnte annehmen, sie sollte beobachten, dass der Lichtstrahl lediglich mit 298.000 Kilometern pro Sekunde an ihr vorbeizischt. »Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtstrahles relativ zum Wagen ergibt sich also als kleiner als c «, schrieb Einstein. »Dies Ergebnis verstößt aber gegen das (…) Relativitätsprinzip«, fügte er hinzu. »Das Gesetz der Lichtausbreitung im Vakuum müßte nämlich nach dem Relativitätsprinzip wie jedes andere allgemeine Naturgesetz für den Eisenbahnwagen als Bezugskörper gleich lauten wie für das Geleise als Bezugskörper.« Mit anderen Worten, Maxwells Gleichungen, die bestimmen, mit welcher Geschwindigkeit das Licht sich ausbreitet, sollten im fahrenden Waggon genauso gelten wie auf dem Bahndamm. Es sollte kein Experiment geben, einschließlich der Messung der Lichtgeschwindigkeit , das entscheiden könnte, welches Inertialsystem »ruht« und welches sich mit einer konstanten Geschwindigkeit bewegt. 42
Das ist ein seltsames Ergebnis. Eine Frau, die auf die Quelle des Lichtstrahls zu- oder von ihr wegführe, müsste den Strahl mit der gleichen Geschwindigkeit an sich vorbeizischen sehen wie ein Beobachter, der unbeweglich auf dem Bahndamm stünde. Die Geschwindigkeit der Frau relativ zum Zug, dessen Scheinwerfer das Licht aussenden, würde unterschiedlich sein, je nachdem, ob sie ihm entgegen- oder vor ihm wegliefe. Aber ihre Geschwindigkeit relativ zum Lichtstrahl bliebe gleich. All das, meinte Einstein, mache die beiden Postulate anscheinend unvereinbar. Als er später in einem Vortrag erklärte, wie er zu dieser Theorie gekommen sei, sagte er: »Die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ist nicht mit dem Gesetz der Addition der Geschwindigkeiten vereinbar. Infolgedessen hatte ich fast ein Jahr mit müßigen Überlegungen verbracht.« 43
Kombiniert man die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit mit dem Relativitätsprinzip, ergibt sich, dass ein Beobachter bei einer Messung der Lichtgeschwindigkeit zu dem gleichen Ergebnis käme, egal, ob sich die Quelle auf ihn zu- oder von ihm wegbewegte oder nichts von beidem täte. Die Lichtgeschwindigkeit bleibt gleich, unabhängig davon, wie sich Beobachter und Quelle bewegen.
Das war der Stand der Dinge Anfang Mai 1905. Einstein hatte sich für das Relativitätsprinzip entschieden und es in den Rang eines Postulats erhoben. Dann, ein wenig zögerlich, hatte er als weiteres Postulat anerkannt, dass die Geschwindigkeit des Lichts unabhängig von der Bewegung ihrer Quelle ist. Nun kämpfte er mit dem scheinbaren Dilemma, dass ein Beobachter, der auf dem Gleis dem Licht eines heranbrausenden Zugs entgegenläuft, den Strahl mit der gleichen Geschwindigkeit auf sich zukommen sieht wie den Strahl, der von einem davonfahrenden Zug kommt – oder wie ein Beobachter ihn sieht, der still auf dem Bahndamm steht.
»Im Hinblick auf dies Dilemma erscheint es unerläßlich, entweder das Relativitätsprinzip oder das einfache Gesetz der Fortpflanzung des Lichtes im Vakuum aufzugeben«, schrieb Einstein. 44
Dann geschah etwas Wunderbares. Während Albert Einstein mit einem Freund sprach, verhalf ihm sein Vorstellungsvermögen zu einem der gewaltigsten Sprünge, die jemals in der Geschichte der Physik verzeichnet wurden.
Wie Einstein sich später erinnerte, war es ein schöner Tag in Bern , als er Michele Besso abholte, seinen besten Freund, diesen brillanten, aber antriebslosen Ingenieur, dem er zu einer Stelle am Schweizer Patentamt verholfen hatte. Oft gingen sie gemeinsam zur Arbeit, und bei einer dieser Gelegenheiten erzählte Einstein seinem Freund von dem Dilemma, das ihn quälte.
»Ich gebe es auf«, sagte Einstein irgendwann. Doch noch während sie darüber sprachen, änderte er seine Meinung: »Plötzlich begriff ich, wo der Schlüssel zu dem Problem lag.« Als er Besso am folgenden Tag sah, war er sehr aufgeregt. Statt einer Begrüßung erklärte er unvermittelt: »Ich danke dir, das Problem habe ich vollständig gelöst.« 45
Nur fünf Wochen vergingen zwischen diesem Aha-Erlebnis und dem Tag, an dem Einstein seine berühmteste Abhandlung abschickte – »Zur Elektrodynamik bewegter Körper« . Sie enthielt keine Literaturverweise, keinen einzigen Hinweis auf die Arbeiten von Kollegen und keine Danksagung, abgesehen von dem liebenswürdigen letzten Satz: »Zum Schlusse bemerke ich, daß mir beim Arbeiten an dem hier behandelten Probleme mein Freund und Kollege M. Besso treu zur Seite stand und daß ich demselben manche wertvolle Anregung verdanke.«
Welche Erkenntnis also wurde ihm zuteil, als er mit Besso sprach? »Meine Lösung war eine Analyse des Begriffs der Zeit«, sagte Einstein. »Die Zeit kann nicht absolut definiert werden, und es gibt eine nicht aufhebbare Beziehung zwischen Zeit und Signalgeschwindigkeit.«
Genauer, der entscheidende Gedanke lautete, dass zwei Ereignisse, die einem Beobachter gleichzeitig erscheinen, einem anderen Beobachter, der sich rasch bewegt, nicht gleichzeitig erscheinen. Und man kann in solch einer Situation nicht einfach behaupten, einer der Beobachter habe recht, der andere nicht. Es gibt keine vom Beobachter unabhängige Beurteilung, ob zwei Ereignisse gleichzeitig stattfinden.
Diese Idee hat Einstein später durch ein Gedankenexperiment mit fahrenden Zügen erklärt. Nehmen wir an, ein Bahndamm würde an zwei Orten, A und B, die einigermaßen weit voneinander entfernt sind, von je einem Blitz getroffen. Was bedeutet es, wenn wir sagen, die beiden Blitze schlagen gleichzeitig ein?
Einstein erkannte, dass hier eine operationale Definition erforderlich war, die sich konkret anwenden ließ und die Lichtgeschwindigkeit würde berücksichtigen müssen. Seine Antwort: Wir definieren die beiden Blitzeinschläge als gleichzeitig , wenn wir genau auf halbem Weg zwischen ihnen stehen und das Licht von jedem der beiden uns exakt zur gleichen Zeit erreicht.
Doch schauen wir jetzt, wie das Ereignis für einen Fahrgast aussieht, der sich rasch auf dem Bahndamm entlangbewegt. In einem Buch, das Einstein 1916 in allgemein verständlicher Form schrieb, verwendete er die folgende Zeichnung, in der der Zug durch die lange Linie oben dargestellt ist:
Aus: Albert Einstein, Über die spezielle und die allgemeine Relativitätstheorie, Braunschweig 1916
Nehmen wir an, dass (von der Person auf dem Bahndamm aus gesehen) exakt zu dem Zeitpunkt, da die Blitze an den Punkten A und B einschlagen, sich ein Fahrgast im Mittelpunkt des Zugs, M’, befindet und gerade an dem Beobachter vorbeifährt, der neben dem Gleis im Mittelpunkt, M, steht. Befindet sich der Zug relativ zum Bahndamm (»Fahrdamm«) in Ruhe, erblickt der Fahrgast im Inneren die Blitze gleichzeitig , genauso wie der Beobachter auf dem Bahndamm.
Doch wenn der Zug relativ zum Bahndamm nach rechts fährt, bewegt sich der Beobachter im Inneren weiter nach rechts, während die Lichtsignale unterwegs sind. Deshalb hat sich seine Position zu dem Zeitpunkt, da das Licht ankommt, etwas nach rechts verschoben. So sieht er das Licht vom Blitzeinschlag an Ort B, bevor er das Licht vom Einschlag an Ort A sieht. Daher wird er behaupten, der Blitz in A habe vor dem Blitz in B eingeschlagen. Folglich seien die Blitzeinschläge nicht gleichzeitig .
Wir kommen also zu einem wichtigen Ergebnis: Ereignisse, welche im Hinblick auf den Bahndamm gleichzeitig sind, sind im Hinblick auf den Zug nicht gleichzeitig und umgekehrt. Nach dem Relativitätsprinzip lässt sich unmöglich sagen, dass der Bahndamm »in Ruhe« und der Zug »in Bewegung« sei. Wir können nur feststellen, dass sie sich relativ zueinander in Bewegung befinden. Daher gibt es keine einzig »richtige« Antwort. Es lässt sich unter keinen Umständen behaupten, zwei Ereignisse, gleich welcher Art, seien »absolut« oder »wirklich« simultan. 46
Das ist eine so einfache wie radikale Erkenntnis. Sie bedeutet, dass es keine absolute Zeit gibt, sondern dass alle bewegten Bezugsysteme ihre eigene relative Zeit haben. Obwohl Einstein nicht behauptete, dieser Sprung sei so »revolutionär« wie der, der ihm bei den Lichtquanten gelang, hat er tatsächlich die Naturwissenschaft verwandelt. »Das bedeutete eine Veränderung in den Fundamenten der Physik; eine ganz unerwartete und radikale Veränderung, zu der es des ganzen Mutes eines jungen und revolutionären Genies bedurfte«, schrieb Werner Heisenberg , der später mit seiner Unschärferelation , dem Prinzip der Quantenunbestimmtheit , einen ähnlichen Umbruch einleitete. 47
In der Arbeit aus dem Jahr 1905 verwendete Einstein ein eingängiges Bild, bei dem wir ihn förmlich sehen, wie sein Auge sinnend den Zügen folgt, die in den Berner Bahnhof einfahren, vorbei an den Reihen von Uhren, die alle mit der Uhr oben an der Spitze des berühmten Turms synchronisiert sind. »Wir haben zu berücksichtigen, daß alle unsere Urteile, in welchen die Zeit eine Rolle spielt, immer Urteile über gleichzeitige Ereignisse sind«, schrieb er. »Wenn ich z. B. sage: ›Jener Zug kommt hier um 7 Uhr an‹, so heißt dies etwa: ›Das Zeigen des kleinen Zeigers meiner Uhr auf 7 und das Ankommen des Zuges sind gleichzeitige Ereignisse.‹« Für die Gleichzeitigkeit räumlich voneinander entfernter Ereignisse kommen Beobachter, die sich relativ zueinander rasch bewegen, allerdings bezüglich der Gleichzeitigkeit zu unterschiedlichen Einschätzungen.
Der Begriff einer absoluten Zeit – die es »wirklich« gibt und die unabhängig von jeder Beobachtung verstreicht – war ein Grundpfeiler der Physik, seit Newton sie 216 Jahre zuvor zu einer Prämisse seiner Principia gemacht hatte. Das Gleiche galt für den absoluten Raum . »Die absolute, wahre und mathematische Zeit verfließt an sich und vermöge ihrer Natur gleichförmig, und ohne Beziehung auf irgendeinen äußern Gegenstand«, so heißt es in einem berühmten Abschnitt der Principia . »Der absolute Raum bleibt vermöge seiner Natur und ohne Beziehung auf einen äußern Gegenstand stets gleich und unbeweglich.«
Doch selbst Newton schien es Unbehagen zu bereiten, dass diese Begriffe der direkten Beobachtung nicht zugänglich waren. Die absolute Zeit lasse sich nicht wahrnehmen, räumte er ein. Um sich aus dem Dilemma zu befreien, berief er sich auf die Gegenwart Gottes . »Der wahre Gott (…) währt stets fort und ist überall gegenwärtig, er existiert stets und überall, er macht den Raum und die Dauer aus.« 48
Ernst Mach , dessen Bücher Einstein und die beiden anderen Mitglieder der Akademie Olympia beeinflusst hatten, tat Newtons Begriff der absoluten Zeit als »müßigen metaphysischen Begriff« ab. Newton habe damit gegen seine erklärte Absicht verstoßen, nur belegbare Fakten zu untersuchen. 49
Auf die Schwäche des Newton ’schen Begriffs der absoluten Zeit verwies auch Henri Poincaré , ein weiterer Favorit der Akademie Olympia , in seinem Buch Wissenschaft und Hypothese . »Wir haben nicht nur keinerlei direkte Anschauung von der Gleichheit zweier Zeiten, sondern wir haben nicht einmal diejenige von der Gleichzeitigkeit zweier Ereignisse, welche auf verschiedenen Schauplätzen vor sich gehen«, schrieb er. 50
Es hat also den Anschein, als hätten Mach und Poincaré einige der Voraussetzungen für Einsteins großen Durchbruch geliefert. Aber er sagte später, er verdanke dem schottischen Philosophen David Hume viel mehr, denn der habe ihn die Skepsis gegenüber rein gedanklichen, von empirischen Beobachtungen losgelösten Konstrukten gelehrt.
Bedenkt man, wie oft er in seinen Gedankenexperimenten fahrende Züge und ferne Uhren verwendet, liegt die Vermutung nahe, dass ihm bei der Visualisierung und Formulierung seiner Überlegungen die Züge, die an Berns Glockenturm vorbeifuhren, und die Reihen der synchronisierten Uhren auf den Bahnsteigen eine gewisse Hilfe waren. Tatsächlich wird berichtet, man habe ihn gesehen, wie er seine Theorie erläutert habe, indem er auf die synchronisierten Uhren von Bern und die in der Ferne sichtbare nicht synchronisierte Kirchturmuhr der Ortschaft Muri gedeutet (oder sie zumindest erwähnt) habe. 51 Mit seinem Buch Einsteins Uhren, Poincarés Karten liefert Peter Galison eine aufschlussreiche Studie über das technische Ethos der Zeit. Die Synchronisation von Uhren lag damals in der Luft. 1890 hatte Bern ein städtisches Zeitnetzwerk aus elektrisch synchronisierten Uhren geschaffen. Ein Jahrzehnt später, etwa zu der Zeit, als Einstein nach Bern kam, gelang es der Stadt, das Netz noch einmal zu verbessern, und es wurde zu einer Schweizer Passion, die Uhren der eigenen Stadt mit denen anderer genau abzustimmen.
Außerdem gehörte es zu Einsteins Hauptaufgaben im Patentamt , zusammen mit Besso elektromagnetische Geräte zu beurteilen. Darunter war eine Flut von Patentanträgen , die die Synchronisierung von Uhren mithilfe elektrischer Signale betrafen. Nach Galison wurden in Bern zwischen 1901 und 1904 achtundzwanzig solche Patente erteilt.
Eines von ihnen hatte beispielsweise die Bezeichnung »Installation mit Zentraluhr, um die Zeit synchron an mehreren Orten anzuzeigen, ausgestattet mit Glocken für automatisches Läuten zu festgelegten Zeiten«. Ein ähnlicher Antrag wurde am 25. April eingereicht, nur drei Wochen bevor Einstein das richtungweisende Gespräch mit Besso hatte. Das Patent betraf eine Uhr mit einem elektromagnetisch gesteuerten Pendel, das durch ein elektromagnetisches Signal mit dem einer anderen Uhr koordiniert werden konnte. Allen diesen Erfindungen war gemeinsam, dass sie Signale verwendeten, die sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegten. 52
Allerdings sollten wir uns davor hüten, den technologischen Hintergrund des Patentamtes in seinen Auswirkungen auf Einsteins Ideen zu überschätzen. Zwar benutzt Einstein Uhren, um seine Theorie zu beschreiben, doch ihm geht es um die Schwierigkeiten, die Beobachter in relativer Bewegung haben, wenn sie versuchen, ihre Uhren mithilfe von Lichtsignalen zu synchronisieren – ein Problem, das für die Patentbewerber keine Rolle spielte. 53 Trotzdem ist es interessant, dass es in den beiden ersten Abschnitten seiner Arbeit über die Relativitätstheorie fast ausschließlich, sehr praktisch und detailgenau (ganz anders als in den Schriften von, sagen wir, Lorentz oder Maxwell ) um zwei reale technische Phänomene geht, mit denen wir bestens vertraut sind. Er schreibt über die Erzeugung »elektrische[r] Ströme von derselben Größe« infolge der »Gleichheit der Relativbewegung« von Leitern und Magneten und die Verwendung eines »Lichtstrahls«, um sicherzugehen, dass zwei Uhren »synchron« laufen.
Einstein selbst hat gesagt, die Zeit im Patentamt habe ihn dazu angeregt, »die physikalischen Verzweigungen theoretischer Begriffe zu erkennen«. 54 Und Alexander Moszkowski , der 1921 ein Buch aus Gesprächen mit Einstein zusammenstellte, hielt fest: »Für ihn besteht ein sicherer Zusammenhang zwischen den Kenntnissen, die er sich am Patentamt erwarb, und den theoretischen Ergebnissen, die in nämlicher Zeit als Proben seiner Denkschärfe ans Tageslicht traten.« 55
Schauen wir uns nun an, wie Einstein das alles in dem berühmten Artikel formulierte, der bei den Annalen der Physik am 30. Juni 1905 einging. Ungeachtet seiner enormen Bedeutung handelt es sich möglicherweise um einen der beherztesten und unterhaltsamsten Artikel der gesamten Wissenschaftsgeschichte. Die meisten Erkenntnisse werden durch Wörter und anschauliche Gedankenexperimente mitgeteilt anstatt in Form komplizierter Gleichungen. Zwar kommt ein wenig Mathematik vor, aber nichts, was ein guter Abiturient nicht verstehen könnte. »Die ganze Arbeit ist ein einziger Beleg dafür, wie außerordentlich wirksam sich mit einer einfachen Sprache tiefe und machtvolle Ideen vermitteln lassen«, schreibt der Wissenschaftsautor Dennis Overbye . 56
Die Arbeit beginnt mit den »Asymmetrien«, die darin liegen, dass ein Magnet in einem Leiter einen elektrischen Strom induziert, wenn sich die beiden relativ zueinander bewegen, dass es aber seit Faraday zwei deutlich verschiedene theoretische Erklärungen für den erzeugten Strom gab, je nachdem, ob man den Magnet oder den Leiter als in Bewegung befindlich betrachtet. 57 »Das beobachtbare Phänomen hängt hier nur ab von der Relativbewegung von Leiter und Magnet«, schreibt Einstein, »während nach der üblichen Auffassung die beiden Fälle, daß der eine oder der andere dieser Körper der bewegte sei, streng voneinander zu trennen sind.« 58
Der Unterschied zwischen den beiden Fällen beruht auf der von den meisten Forschern vertretenen Ansicht, dass es so etwas wie einen Ruhezustand relativ zum Äther gebe. Doch das Beispiel von Magnet und Leiter sowie jegliche Beobachtung des Lichtes »führen zu der Vermutung, daß dem Begriffe der absoluten Ruhe nicht nur in der Mechanik, sondern auch in der Elektrodynamik keine Eigenschaften der Erscheinungen entsprechen«. Das veranlasste Einstein, das Prinzip der Relativität »zu einer Voraussetzung [zu] erheben«, ein Postulat, nach dem für alle Bezugsysteme, die sich mit konstanter Geschwindigkeit relativ zueinander bewegen, die gleichen Gesetze der Mechanik und Elektrodynamik gelten.
Danach formulierte Einstein das andere Postulat, auf dem seine Theorie beruhte: die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit unabhängig »vom Bewegungszustande des emittierenden Körpers«. Mit einem beiläufigen »überflüssig« tat der rebellische Patentbeamte das sakrosankte wissenschaftliche Dogma zweier Forschungsgenerationen ab: »Die Einführung eines ›Lichtäthers ‹ wird sich insofern als überflüssig erweisen, als nach der zu entwickelnden Auffassung [kein] mit besonderen Eigenschaften ausgestatteter, absolut ruhender Raum eingeführt (…) wird.«
Mithilfe dieser beiden Postulate erklärte Einstein den großen begrifflichen Schritt, den er in seinem Gespräch mit Besso vollzogen hatte. Denn daraus folgte, »daß zwei Ereignisse, welche, von einem Koordinatensystem aus betrachtet, gleichzeitig sind, von einem relativ zu diesem System bewegten System aus betrachtet, nicht mehr als gleichzeitige Ereignisse aufzufassen sind«. Mit anderen Worten, es gibt keine absolute Gleichzeitigkeit .
In Sätzen, die so einfach wie eingängig sind, zeigte Einstein, dass die Zeit selbst sich nur bestimmen lässt, indem man auf gleichzeitige Ereignisse verweist, etwa dass der kleine Zeiger einer Uhr auf der 7 steht, wenn ein Zug eintrifft. Die offensichtliche und doch erstaunliche Schlussfolgerung: Wenn es keine absolute Gleichzeitigkeit gibt, gibt es auch keine »reale« oder absolute Zeit . Später schrieb er: »Es gibt in der Welt kein überall hörbares Tik-Tak, das wir als Zeit betrachten könnten.« 59
Außerdem wurde durch diese Feststellung auch die andere Annahme aufgehoben, die Newton am Anfang seiner Principia aufstellte. Einstein zeigte, dass, wenn die Zeit relativ ist, auch Raum und Entfernung es sind: »Legt nämlich der Mann im Wagen in einer Zeiteinheit – vom Zuge aus gemessen – die Strecke w zurück, so braucht diese Strecke – vom Bahndamm aus gemessen – nicht auch gleich w zu sein.« 60
Einstein erklärte das, indem er uns einen Stab vorzustellen bat, der eine bestimmte Länge hat, wenn er sich relativ zum Beobachter in Ruhe befindet. Gehen wir nun davon aus, der Stab bewege sich. Wie lang ist er?
Eine Möglichkeit bestünde darin, dass wir uns mit der gleichen Geschwindigkeit neben ihm bewegen und ihm dabei einen Maßstab anlegen. Aber wie lang wäre der Stab, würde er von jemandem gemessen, der sich nicht mit ihm bewegt? In diesem Fall könnte man mithilfe zweier synchronisierter ruhender Uhren die genauen Positionen der beiden Enden des Stabes zu einem bestimmten Augenblick ermitteln und dann die Entfernung zwischen den beiden Punkten mit einem ruhenden Maßstab messen. Wie Einstein zeigt, würden diese Methoden zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.
Warum? Weil die beiden ruhenden Uhren von einem ruhenden Beobachter synchronisiert wurden. Doch was geschieht, wenn ein Beobachter, der sich genauso schnell wie der Maßstab bewegt, versucht, diese Uhren zu synchronisieren ? Er würde sie anders synchronisieren , weil er Gleichzeitigkeit anders wahrnähme. Dazu Einstein: »Mit dem bewegten Stabe bewegte Beobachter würden also die beiden Uhren nicht synchron gehend finden, während im ruhenden System befindliche Beobachter die Uhren als synchron laufend erklären würden.«
Eine andere Konsequenz der speziellen Relativitätstheorie ergibt, dass für einen auf dem Bahnsteig stehenden Mann die Zeit in einem vorbeirasenden Zug langsamer vergeht. Wir denken uns, dass sich im Zug eine »Uhr« befindet, die aus einem Spiegel am Fußboden und einem Spiegel an der Decke sowie einem Lichtstrahl besteht, der zwischen ihnen hin- und hergeworfen wird. Aus Sicht einer Frau im Zug läuft das Licht senkrecht hinauf und hinunter. Aber für einen Mann, der auf dem Bahnsteig steht, scheint das Licht auf dem Boden loszulaufen, sich dann aber diagonal zu bewegen, um an den Deckenspiegel zu gelangen, der ja ein Stück zur Seite gerückt ist, bevor das Licht dort angekommen ist. Für beide Beobachter ist die Lichtgeschwindigkeit gleich (das ist Einsteins wichtiges Postulat). Für den Mann auf der Plattform ist die Entfernung, die das Licht zurücklegen muss, länger als für die Frau im Zug. Folglich verstreicht aus Sicht des Mannes auf dem Bahnsteig die Zeit in dem schnell fahrenden Zug langsamer. 61
Wir können uns das auch mithilfe von Galileis Schiff vergegenwärtigen. Denken wir uns einen Lichtstrahl, der von der Mastspitze senkrecht auf das Deck gelenkt wird. Für einen Beobachter auf dem Schiff ist der Lichtstrahl genauso lang wie der Mast. Doch für einen Beobachter an Land beschreibt der Lichtstrahl eine Diagonale, gebildet von der Länge des Mastes plus der Entfernung (es handelt sich um ein schnelles Schiff), die das Schiff zurückgelegt hat, während das Licht von der Spitze bis zum Fuß des Mastes unterwegs war. Für beide Beobachter ist die Geschwindigkeit des Lichts gleich. Für den Beobachter an Land legte es einen weiteren Weg zurück, bevor es das Deck erreichte. Mit anderen Worten, ein und derselbe Vorgang (ein Lichtstrahl wird von der Mastspitze zum Deck geschickt) nahm für einen Beobachter an Land mehr Zeit in Anspruch als für einen Beobachter auf dem Schiff. 62
Dieses Phänomen, die sogenannte Zeitdilatation , führt zu dem bekannten Zwillingsparadox . Wenn ein Mann auf einer Rampe steht und zusieht, wie seine Zwillingsschwester in einem Raumschiff davonfliegt, das große Entfernungen nahe der Lichtgeschwindigkeit zurücklegt, wird sie bei ihrer Rückkehr jünger sein als er. Doch da Bewegung relativ ist, scheint das ein Paradox zu sein. Die Schwester im Raumschiff könnte denken, ihr Bruder auf der Erde absolviere eine schnelle Reise, und daher erwarten, dass er weniger gealtert sei.
Könnten beide jünger zurückkehren als der jeweils andere Zwilling ? Natürlich nicht. Das Phänomen funktioniert nicht in beide Richtungen. Da das Raumschiff nicht mit konstanter Geschwindigkeit reist, sondern eine Kehrtwendung vollziehen muss, ist es die Zwillingsschwester im Raumschiff – nicht der Bruder auf der Erde –, die langsamer altert.
Das Phänomen konnte experimentell verifiziert werden, sogar mit Testuhren in Verkehrsflugzeugen. Aber im normalen Leben ist das praktisch bedeutungslos, weil unsere Bewegung relativ zu irgendeinem Beobachter niemals in die Nähe der Lichtgeschwindigkeit kommt. Tatsächlich würden Sie, falls Sie fast Ihr ganzes Leben in einem Verkehrsflugzeug verbrächten, bei Ihrer Rückkehr auf die Erde gerade einmal 0,00005 Sekunden langsamer gealtert sein als Ihr Zwillingsbruder auf der Erde, ein Effekt, der wahrscheinlich mehr als aufgehoben wäre durch die lebenslange Verpflegung mit dem, was Fluggesellschaften Essen nennen. 63
Die spezielle Relativität manifestiert sich noch auf viele andere merkwürdige Arten. Erinnern wir uns noch einmal an die Lichtuhr im Zug. Was geschieht, wenn sich die Geschwindigkeit des Zuges relativ zum Beobachter auf dem Bahnsteig der Lichtgeschwindigkeit annähert? Ein Lichtstrahl im Zug bräuchte dann fast ewig, um am Fußboden reflektiert zu werden, an die Decke zu gelangen und wieder den Fußboden zu erreichen. Für den Beobachter auf dem Bahnsteig stünde die Zeit im Zug fast still.
Nähert sich ein Objekt der Lichtgeschwindigkeit , nimmt auch seine scheinbare Masse zu. Newtons Gesetz, dass Kraft gleich Masse mal Beschleunigung ist, bleibt gültig, aber wenn die scheinbare Masse zunimmt, wird mehr und mehr Kraft immer weniger und weniger Beschleunigung erzeugen. Es gibt keine Möglichkeit, genügend Kraft aufzubringen, um auch nur einen Kieselstein über die Lichtgeschwindigkeit hinaus zu beschleunigen . Die Lichtgeschwindigkeit ist die ultimative Geschwindigkeitsbegrenzung des Universums . Nach Einsteins Theorie können sich kein Teilchen und keine Information schneller bewegen.
Bei all dem Gerede darüber, dass Entfernung und Dauer abhängig von der Bewegung des Beobachters relativ sind, mag der eine oder die andere sich fragen: Welcher Beobachter hat dann »recht«? Wessen Uhr zeigt die »tatsächliche« Zeit an, die verstrichen ist? Wessen Vorstellung von Gleichzeitigkeit ist »richtig«?
Nach der speziellen Relativitätstheorie sind alle Inertialsysteme gleichberechtigt. Es geht nicht darum, ob Stäbe tatsächlich schrumpfen oder ob die Zeit sich wirklich verlangsamt; wir wissen lediglich, dass Beobachter in verschiedenen Bewegungszuständen die Dinge verschieden messen. Und jetzt, da wir den Äther als »überflüssig« zu den Akten gelegt haben, gibt es kein hervorgehobenes Bezugsystem mehr, das den anderen vorzuziehen wäre.
Eine der verständlichsten Erklärungen dessen, was er in dieser Arbeit vorgelegt hatte, lieferte Einstein in einem Brief an Solovine , seinen Kollegen in der Akademie Olympia :
Inhalt und Methode der Relativitätstheorie läßt sich (…) in wenigen Worten charakterisieren. Im Gegensatz zu der seit dem Altertum bekannten Tatsache, daß Bewegung nur als relative Bewegung wahrnehmbar ist, war die Physik auf den Begriff der absoluten Bewegung gegründet. Die Optik hatte vorausgesetzt, daß es in der Welt einen vor allen ausgezeichneten Bewegungszustand gebe, nämlich denjenigen des Lichtäthers . Auf den Lichtäther wären alle Bewegungen körperlicher Objekte zu beziehen; der Lichtäther selbst erscheint so als eine Verkörperung des an sich leeren Begriffs der absoluten Ruhe. (…) Nachdem aber die Bemühungen gescheitert waren, den durch den hypothetischen Lichtäther bevorzugten Bewegungszustand durch physikalische Versuche aufzufinden, lag es nahe, das Problem umzukehren. Das tat die Relativitätstheorie in systematischer Weise. Sie setzte voraus, dass es physikalisch bevorzugte Bewegungszustände in der Natur nicht gebe, und fragte nach den Folgerungen, welche [daraus] gezogen werden können.
Einstein erklärte Solovine , dass man auf Begriffe verzichten müsse, die keine »Verknüpfung mit (…) Erfahrungstatsachen« aufweisen, wie etwa »absolute Gleichzeitigkeit « und »absolute Geschwindigkeit«. 64
Es gilt allerdings unbedingt festzuhalten, dass die Relativitätstheorie nicht bedeutet, »alles sei relativ«, alles sei subjektiv.
Stattdessen bedeutet sie, dass Messungen der Zeit, einschließlich Dauer und Gleichzeitigkeit , abhängig von der Bewegung der Beobachter relativ sein können. Gleiches gilt für räumliche Messungen, etwa Entfernungen und Längen.
Doch es gibt eine Vereinigung der beiden, die wir Raumzeit nennen und die in allen Inertialsystemen invariant bleibt. Und es gibt die Lichtgeschwindigkeit als invariante Größe.
Tatsächlich hat Einstein kurz erwogen, seine Schöpfung Invarianztheorie zu nennen, aber die Bezeichnung hat sich nicht durchgesetzt. 1906 benutzte Max Planck den Ausdruck Relativtheorie , und 1907 bezeichnete Einstein sie in einem Briefwechsel mit seinem Freund Paul Ehrenfest als Relativitätstheorie .
Um zu begreifen, warum Einstein von Invarianz sprach, statt alles als relativ zu bezeichnen, können wir uns überlegen, wie weit ein Lichtstrahl in einem bestimmten Zeitraum kommt. Diese Entfernung ist die Lichtgeschwindigkeit multipliziert mit der Zeit, die der Lichtstrahl braucht. Wenn wir auf einem Bahnsteig stehen und die Lichtausbreitung in einem vorbeirasenden Zug beobachten, erscheint uns die verstrichene Zeit kürzer (die Zeit scheint im bewegten Zug langsamer zu vergehen). Aber es gibt eine Beziehung zwischen zwei Größen – eine Beziehung zwischen den Messungen des Raums und der Zeit –, die unabhängig von unserem Bezugsystem invariant bleibt. 65
Hermann Minkowski , Einsteins ehemaliger Mathematikprofessor am Züricher Polytechnikum , entwickelte eine kompliziertere Methode zum Verständnis dieses Vorgangs. Auf Einsteins Arbeit Bezug nehmend, äußerte Minkowski sein Erstaunen darüber, dass jeder Student, der Probleme habe, eines Tages komme und seine viel zu nachsichtigen Professoren um Hilfe bitte. »Sie [die Relativitätstheorie ] war für mich eine gewaltige Überraschung. Denn früher war Einstein ein richtiger Faulpelz«, erzählte Minkowski dem Physiker Max Born . »Um die Mathematik hat er sich überhaupt nicht gekümmert.« 66
Minkowski beschloss, die Theorie mit einer formalen mathematischen Struktur auszustatten. Sein Ansatz war derselbe, den der Zeitreisende auf der ersten Seite der Zeitmaschine unterbreitet, dieses großartigen, 1895 veröffentlichten Romans von H. G. Wells : »Es gibt tatsächlich vier Dimensionen; drei, die wir die Ebenen des Raumes nennen, und eine vierte, die Zeit.« Minkowski wies allen Ereignissen mathematische Koordinaten in vier Dimensionen zu, wobei die Zeit die vierte Dimension war. So blieben die mathematischen Beziehungen zwischen den Ereignissen auch bei Umwandlungen invariant .
Dramatisch verkündete Minkowski seinen neuen mathematischen Ansatz 1908 in einer Vorlesung, die mit den Worten begann: »Die Anschauungen über Raum und Zeit, die ich Ihnen entwickeln möchte, sind auf experimentell physikalischem Boden erwachsen. Darin liegt ihre Stärke«, sagte er. »Ihre Tendenz ist eine radikale. Von Stund’ an sollen Raum für sich und Zeit für sich völlig zu Schatten herabsinken, und nur noch eine Art Union der beiden soll Selbständigkeit bewahren.« 67
Einstein, der noch immer keine besondere Vorliebe für die Mathematik hatte, bezeichnete Minkowskis Arbeit einmal als »überflüssige Gelehrsamkeit« und scherzte: »Seit die Mathematiker sich der Relativitätstheorie bemächtigt haben, versteh ich sie selbst nicht mehr.« Tatsächlich aber bewunderte er später Minkowskis handwerkliches Geschick und widmete ihm 1916 einen Abschnitt in seinem populärwissenschaftlichen Buch über die Relativitätstheorie .
Was hätte das für eine wundervolle Zusammenarbeit werden können! Doch Ende 1908 wurde Minkowski mit einer tödlichen Bauchfellentzündung ins Krankenhaus eingeliefert. Er soll gesagt haben: »Wie schade, dass ich zu einer Zeit sterben muss, wo sich die Relativität gerade entwickelt.« 68
Ein weiteres Mal stellt sich die Frage, warum Einstein eine neue Theorie entdeckte und seine Zeitgenossen nicht. Sowohl Lorentz wie Poincaré hatten bereits viele Elemente der Einstein’schen Theorie entdeckt. Poincaré hatte sogar infrage gestellt, dass die Zeit absolut sei.
Aber weder Lorentz noch Poincaré hatten den Sprung wirklich gewagt: dass man keinen Äther zu postulieren braucht, dass es keine absolute Ruhe gibt, dass Zeit, abhängig von einem bewegten Beobachter, relativ ist und dass Gleiches für den Raum gilt. Beide Männer bemühten sich, meint der Physiker Kip Thorne , »um eine Korrektur unserer Raum- und Zeitvorstellungen, doch bewegten sie sich dabei durch einen Nebel falscher Auffassungen, die ihnen von der Newtonschen Physik aufgedrängt wurden«.
Einstein sei dagegen in der Lage gewesen, Newtons Missverständnisse auszuräumen. »Seine Überzeugung, dass das Universum nach einfachen und schönen Prinzipien aufgebaut sei, und seine Bereitschaft, sich von dieser Überzeugung leiten zu lassen, auch wenn dies die Zerstörung der Grundlagen der Newtonschen Physik bedeutete, führten ihn mit beispielloser Klarheit zu seiner neuen Beschreibung von Raum und Zeit.« 69
Poincaré stellte nie den Zusammenhang zwischen der Relativität der Gleichzeitigkeit und der Relativität der Zeit her. Stattdessen »hielt er an der Schwelle« zur vollständigen Erkenntnis inne, die ihm gezeigt hätte, welche weitverzweigten Konsequenzen seine Ideen über die lokale Zeit hatten. Warum zögerte er? Trotz seiner interessanten Einsichten war er in seiner physikalischen Einstellung zu traditionalistisch, um jenen rebellischen Impuls zu verspüren, der dem unbekannten Patentbeamten so selbstverständlich war. 70 »Doch im entscheidenden Moment verließ ihn der Mut, und er hielt an seinen hergebrachten Vorstellungen und den vertrauten Ideen von Raum und Zeit fest«, sagte Banesh Hoffmann von Poincaré . »Dies kann nur den überraschen, der den Mut unterschätzt, mit dem Einstein sein Prinzip der Relativität als Aktion formulierte, mit dem er beharrlich daran festhielt und so (…) unsere Vorstellung von Raum und Zeit völlig umgestaltete.« 71
Diesen Unterschied zwischen Poincarés Grenzen und Einsteins Kühnheit erklärt Freeman Dyson , theoretischer Physiker und einer der Nachfolger Einsteins am Institute for Advanced Study in Princeton , sehr einleuchtend:
Der entscheidende Unterschied zwischen Poincaré und Einstein lag darin, dass Poincaré von seinem Temperament her konservativ und Einstein von seinem Temperament her revolutionär war. Als Poincaré nach einer neuen Theorie des Elektromagnetismus suchte, versuchte er, so viel wie möglich von der alten zu bewahren. Er hatte eine Vorliebe für den Äther und wollte seinen Glauben an ihn nicht aufgeben, auch als seine eigene Theorie zeigte, dass er nicht zu beobachten war. Seine Version der Relativitätstheorie war Flickwerk. Der neue, von der Bewegung des Beobachters abhängige Begriff der lokalen Zeit saß als Flicken auf dem alten Gewebe von absoluter Zeit und absolutem Raum , das durch einen starren und unbeweglichen Äther definiert wurde. Dagegen sah Einstein das alte Gewebe als hinderlich und überflüssig an und entledigte sich seiner mit Begeisterung. Seine Version der Theorie war eleganter. Es gab weder absolute Zeit noch absoluten Raum oder Äther . All die komplizierten Erklärungen von elektrischen und magnetischen Kräften als elastischen Spannungen im Äther konnten zusammen mit den berühmten alten Professoren, die noch immer an sie glaubten, auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen werden. 72
Infolgedessen formulierte Poincaré ein Relativitätsprinzip, das eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Einsteins hatte, aber auch einen grundlegenden Unterschied aufwies. Poincaré behielt die Existenz des Äthers bei, und die Lichtgeschwindigkeit war für ihn nur dann konstant, wenn sie von jemandem gemessen wurde, der sich relativ zum Äther in Ruhe befand. 73
Noch überraschender und aufschlussreich ist der Umstand, dass Lorentz und Poincaré den Sprung auch dann noch nicht wagten, nachdem sie Einsteins Arbeit gelesen hatten. Lorentz hielt noch immer am Äther und seinem »ruhenden« Bezugsystem fest. 1913 sagte Lorentz in einer Vorlesung, die er 1920 in seinem Buch Das Relativitätsprinzip veröffentlichte: »Nach Einstein ist es sinnlos, über Bewegung relativ zum Äther zu sprechen. Genauso bestreitet er die Existenz absoluter Gleichzeitigkeit . (…) Soweit es den Dozenten selbst betrifft, so findet dieser eine gewisse Befriedigung in den älteren Ansichten, dass der Äther zumindest etwas Substanz hat, dass Raum und Zeit streng getrennt werden können, dass man ohne weitere Einschränkungen über Gleichzeitigkeit sprechen kann.« 74
Poincaré scheint übrigens die Bedeutung von Einsteins Entdeckung nie ganz begriffen zu haben. Selbst 1909 beharrte er darauf, dass die Relativitätstheorie noch ein drittes Postulat erfordere, nämlich: »Ein bewegter Körper erleidet eine Verformung in Richtung seiner Ortsverlagerung.« Doch wie Einstein zeigte, ist die Kontraktion von Stäben keine separate Hypothese, die eine reale Verformung betrifft, sondern eine Konsequenz, die sich ergibt, wenn man Einsteins Relativitätstheorie akzeptiert.
Bis zu seinem Tod im Jahr 1912 hat Poincaré weder die Idee des Äthers noch die der absoluten Ruhe ganz aufgegeben. Stattdessen sprach er sich für »das Relativitätsprinzip im Lorentz’schen Sinne« aus. Die Grundlagen von Einsteins Theorie hat er nie wirklich verstanden oder akzeptiert. »Unbeirrbar hielt Poincaré an der Auffassung fest, dass es in der Welt der Wahrnehmungen eine Absolutheit der Gleichzeitigkeit gebe«, schreibt der Wissenschaftshistoriker Arthur I. Miller dazu. 75
»Wie glücklich und stolz werde ich sein, wenn wir beide zusammen unsere Arbeit über die Relativbewegung siegreich zu Ende geführt haben!«, hatte Einstein im Jahr 1901 an Mileva Marić geschrieben. 76 Jetzt hatte er die Arbeit abgeschlossen, und Einstein war so erschöpft, als er im Juni endlich eine Fassung beendet hatte, dass »danach sein Körper streikte. Er lag zwei Wochen im Bett. Mileva sah den Artikel wieder und wieder durch.« 77
Dann taten sie etwas Ungewöhnliches: Sie feierten zusammen. Sobald er die vier Arbeiten abgeschlossen hatte, die er Conrad Habicht in seinem denkwürdigen Brief versprochen hatte, schickte er seinem einstigen Kollegen in der Akademie Olympia eine weitere Nachricht, dieses Mal eine Postkarte, die auch von seiner Frau unterschrieben war. Der Text in ganzer Länge: »Total besoffen leider beide unterm Tisch.« 78
All das wirft eine Frage auf, die heikler und strittiger ist als die nach dem Einfluss von Lorentz und Poincaré : Welche Rolle hat Mileva Marić gespielt?
In diesem August machten sie zusammen Urlaub in Serbien, um Marić ’ Freunde und Familie zu besuchen. Bei ihrem Aufenthalt dort war sie stolz und durchaus bereit, sich einen Teil des Verdienstes zuschreiben zu lassen. »Vor Kurzem haben wir eine sehr bedeutsame Arbeit beendet, die meinen Mann weltberühmt machen wird«, erzählte sie ihrem Vater, so jedenfalls wurde die Geschichte später kolportiert. Die Beziehung des Ehepaars schien zu diesem Zeitpunkt wieder intakt zu sein, und Einstein pries glücklich die Hilfe, die seine Frau ihm hatte zuteilwerden lassen. »Ich brauche meine Frau «, berichtete er Freunden in Serbien. »Sie löst alle mathematischen Probleme für mich.« 79
Manche haben behauptet, Marić sei eine vollwertige Mitarbeiterin gewesen. Nach einem – später allerdings widerlegten – Bericht 80 soll auf einer frühen Fassung seiner Relativitätsarbeit ihr Name neben dem seinen gestanden haben. 1990, auf einer Konferenz der American Association for the Advancement of Science , widersprach Evan Walker , ein Mediziner und Krebsforscher aus Maryland , der Auffassung von John Stachel , dem Leiter des Einstein Papers Project . Walker legte mehrere Briefe vor, in denen von »unserer Arbeit« die Rede war. Stachel erwiderte, solche Wendungen seien offensichtlich auf die romantischen Gefühle für die Freundin zurückzuführen, denn es gebe »nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass sie irgendwelche eigenen Ideen beigesteuert« habe.
Verständlicherweise faszinierte die Streitfrage Wissenschaftler und Presse. Die Kolumnistin Ellen Goodman schrieb im Boston Globe einen bissigen Kommentar, in dem sie die Beweislage sehr einseitig darstellte, und im Economist bekam die Geschichte den Titel »Die relative Bedeutung von Frau Einstein «. Eine weitere Konferenz fand 1994 an der Universität von Novi Sad statt, wo Professor Rastko Maglić , der Organisator, erklärte, es sei höchste Zeit, »Milevas Verdienste ins rechte Licht zu rücken, damit sie den ihr gebührenden Platz in der Wissenschaftsgeschichte einnehmen kann«. Einen Höhepunkt fand die öffentliche Diskussion 2003 mit der Dokumentation Einstein ’s Wife des Senders PBS , die zwar grundsätzlich ausgewogen war, allerdings die unbewiesene Behauptung übernahm, ihr Name habe auf dem Originalmanuskript gestanden. 81
Nach allem, was wir wissen, war Marić nur ein Resonanzboden und in dieser Funktion weniger wichtig als Besso . Sie half ihm bei der Überprüfung der mathematischen Teile, allerdings gibt es keinen Hinweis dafür, dass sie irgendwelche mathematischen Konzepte entwickelt hätte. Außerdem ermutigte sie ihn und (was gelegentlich schwieriger war) wusste ihn zu nehmen.
Um der Pointe und der emotionalen Resonanz willen würde man sicherlich gerne noch ein Stück weiter gehen. Doch leider müssen wir den weniger aufregenden Weg wählen und uns an die Belege halten. In keinem ihrer vielen Briefe – aneinander oder an Freunde gerichtet – wird ein einziges Mal erwähnt, dass irgendein Einfall oder kreativer Begriff, der mit der Relativitätstheorie in Verbindung stand, von Marić stammte.
Auch hat sie ihren Angehörigen und engen Freunden gegenüber nie behauptet – selbst zur Zeit ihrer erbitterten Scheidungskämpfe nicht –, irgendwelche wesentlichen Beiträge zu Einsteins Theorien geliefert zu haben. Ihr Sohn Hans Albert , der während der Scheidung zu ihr hielt und bei ihr lebte, teilte Peter Michelmore seine eigene Meinung zu diesem Problem mit, die dieser in seinem Buch wiedergab, wobei er sich augenscheinlich an das hielt, was Marić ihrem Sohn erzählt hatte: »Niemand jedoch konnte ihm bei der schöpferischen Arbeit, der Hervorbringung neuer Ideen helfen.« 82
Es besteht wahrlich keine Notwendigkeit, Marić’ Beitrag zu übertreiben, um sie als Pionierin zu bewundern, zu ehren und ihr das gebührende Mitgefühl zu schenken. Wenn man ihr Verdienste zuschreibe, die sie selbst nie für sich in Anspruch genommen habe, sagt der Wissenschaftshistoriker Gerald Holton , »tut diese Übertreibung der wissenschaftlichen Rolle Milevas – sie geht weit über das hinaus, was sie selbst je für sich in Anspruch nahm oder bewiesen werden konnte – nur ihrem wirklichen und bedeutsamen Platz in der Geschichte und der in der Nichterfüllung ihrer frühen Hoffnungen und Aussichten liegenden Tragik Abbruch«.
Einstein bewunderte die Entschlusskraft und den Mut einer resoluten Physikerin, die aus einem Land kam, in dem Frauen grundsätzlich von diesem Fach ausgeschlossen waren. Heute, da diese Fragen nach einem zeitlichen Abstand von einhundert Jahren noch immer nicht zur Ruhe gekommen sind, sollte der Mut, den Marić bewies, als sie die von Männern beherrschte Welt der Physik und Mathematik betrat, doch ausreichen, um ihr einen Ehrenplatz in den Annalen der Wissenschaftsgeschichte zu sichern. Dieser Ruhm gebührt ihr, ohne dass man deshalb die Bedeutung ihrer Mitarbeit an der speziellen Relativitätstheorie künstlich aufbauschen müsste. 83
Sein Wunderjahr hatte Einstein mit dem Brief an Conrad Habicht eröffnet, den Kollegen aus der Akademie Olympia . Den krönenden Abschluss teilte er ihm mit der im Zustand der Volltrunkenheit verfassten Ein-Satz-Postkarte mit. Im September schrieb er dann noch einen weiteren Brief an Habicht . Dieses Mal versuchte er, Habicht zum Eintritt ins Patentamt zu überreden. Einsteins Ruf als einsamer Wolf war etwas künstlich. »Vielleicht gelingt es, Sie unter die Patentierknechte zu schmuggeln«, schrieb er, »was für Sie immer noch relativ angenehm sein müßte. Wären Sie eigentlich bereit, zu kommen? Bedenken Sie, daß es im Tag neben den acht Stunden Arbeit noch acht Stunden Allotria und noch einen Sonntag gibt. Ich wäre sehr froh, wenn Sie da wären.«
Wie in seinem Brief vor sechs Monaten erwähnte Einstein fast beiläufig die Vorbereitung einer Veröffentlichung, die, wie sich herausstellte, für die Entwicklung der Physik ebenfalls von ungeheurer Bedeutung sein sollte und zu der berühmtesten Formel der gesamten Wissenschaftsgeschichte führte:
Eine Konsequenz der elektrodynamischen Arbeit ist mir noch in den Sinn gekommen. Das Relativitätsprinzip im Zusammenhang mit den Maxwellschen Grundgleichungen verlangt nämlich, daß die Masse direkt ein Maß für die im Körper enthaltene Energie ist; das Licht überträgt Masse. Eine merkliche Abnahme der Masse müßte beim Radium erfolgen. Die Überlegung ist lustig und bestechend; aber ob der Herrgott nicht darüber lacht und mich an der Nase herumgeführt hat, das kann ich nicht wissen. 84
Einstein entwickelte diesen Gedankengang mit bestechender Einfachheit. Die Arbeit, die am 27. September 1905 bei den Annalen der Physik eintraf – »Ist die Trägheit eines Körpers von seinem Energieinhalt abhängig?« –, umfasste nur drei Schritte, die lediglich drei Seiten füllten. An seine Arbeit über die spezielle Relativitätstheorie anknüpfend, erklärte er: »Die Resultate einer jüngst in diesen Annalen von mir publizierten elektrodynamischen Untersuchung führen zu einer sehr interessanten Folgerung, die hier abgeleitet werden soll.« 85
Abermals leitete er eine Theorie aus Prinzipien und Postulaten ab, ohne den Versuch, die empirischen Daten zu erklären, die Experimentalphysiker in ihren Versuchen mit Kathodenstrahlen bereits zum Zusammenhang von Masse und Geschwindigkeit bei schnell bewegten Teilchen gesammelt hatten. Bei der Verbindung von Maxwells Theorie mit der Relativitätstheorie begann er (wie hätte es auch anders sein sollen) mit einem Gedankenexperiment. Er berechnete die Eigenschaften von zwei Lichtpulsen, die von einem ruhenden Körper in entgegengesetzte Richtungen ausgesandt werden. Dann berechnete er die Eigenschaften dieser Lichtpulse, wenn sie von einem bewegten Bezugsystem aus beobachtet werden. Daraus entwickelte er Gleichungen zur Beziehung von Geschwindigkeit und Masse.
Das Ergebnis war eine elegante Schlussfolgerung: Masse und Energie sind verschiedene Manifestationen derselben Sache. Es herrscht ein Verhältnis grundsätzlicher Austauschbarkeit zwischen den beiden. In seiner Arbeit formulierte er: »Die Masse eines Körpers ist ein Maß für dessen Energieinhalt.«
Auch die Formel, mit der er diese Beziehung beschrieb, war außerordentlich einfach: »Gibt ein Körper die Energie L in Form von Strahlung ab, so verkleinert sich seine Masse um L/V 2 .« Oder um dieselbe Gleichung auf andere Weise auszudrücken: L = mV 2 . Bis 1912 benutzte Einstein als Formelzeichen für Energie den Buchstaben L , dann strich er das L in einem Manuskript aus und ersetzte es durch das gebräuchlichere E . Das V verwendete er als Zeichen für die Lichtgeschwindigkeit , anstelle des üblicheren c . Wenn wir also die Buchstaben verwenden, die bald zum Standard wurden, hatte Einstein hier seine denkwürdige Gleichung abgeleitet:
Energie gleich Masse mal Lichtgeschwindigkeit zum Quadrat. Die Lichtgeschwindigkeit ist natürlich riesig. Zum Quadrat erhoben, ist sie fast unvorstellbar groß. Deshalb entwickelt eine winzige Menge Materie, wenn sie vollständig in Energie umgewandelt wird, eine enorme Wirkung. Ein Kilogramm Masse würde sich in ungefähr 25 Milliarden Kilowattstunden Elektrizität verwandeln. Etwas anschaulicher: Die Energie in der Masse einer Rosine könnte den täglichen Energiebedarf von New York City größtenteils decken. 86
Wie üblich beendete Einstein seine Arbeit mit einem Vorschlag für die experimentelle Überprüfung der gerade entwickelten Theorie. »Es ist nicht ausgeschlossen«, schrieb er gegen Ende der kurzen Abhandlung, »daß bei Körpern, deren Energieinhalt in hohem Maße veränderlich ist (z. B. bei den Radiumsalzen), eine Prüfung der Theorie gelingen wird.«