© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019
Diana Morschhäuser, Wilhelm Fischer und Michael JakobPraxis der Herzschrittmacher-Nachsorgehttps://doi.org/10.1007/978-3-662-57828-5_8

8. Komplikationen

Diana Morschhäuser1 , Wilhelm Fischer2 und Michael Jakob3
(1)
München, Key Account Manager München, München, Deutschland
(2)
Klinik Schongau, Schongau, Deutschland
(3)
Ärztekammer des Saarlandes, Ethikkommission Ärztekammer des Saarlandes, Saarbrücken, Deutschland
 
8.1 Komplikationen postoperativ
8.1.1 Hämatom
8.1.2 Luftpolster in der Schrittmachertasche („air trapping “)
8.1.3 Pneumothorax , Hämatothorax und Hämomediastinum
8.1.4 Postoperative Kreislauf-regulationsstörungen
8.1.5 Perioperative Komplikationen
8.2 Komplikationen postoperativ und im Langzeitverlauf
8.2.1 Infektion
8.2.2 Migration /Perforation des Schrittmachergehäuses
8.2.3 Pektoralisstimulation (Muskelzucken )
8.2.4 Zwerchfellstimulation
8.2.5 Thrombosen und Thromboembolien
8.2.6 Sondenprobleme
8.2.7 Konnektorprobleme
8.2.8 Fluktuation der Stimulations- und Wahrnehmungsschwellen
8.2.9 Schrittmacherdefekte
Literatur

8.1 Komplikationen postoperativ

8.1.1 Hämatom

Ein Hämatom kann nach Stunden oder Tagen je nach Dauer und Schwierigkeit der Implantation auftreten. Es wird begünstigt, wenn die Intervention unter Antikoagulanzien oder Thrombozytenaggregationshemmern durchgeführt oder wenn eine Therapie mit Antikoagulanzien postoperativ zu früh gestartet wurde (◘ Abb. 8.1).
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Abb. 8.1

Hämatom postoperativ

Die Diagnose eines Hämatoms ist klinisch leicht zu stellen, bei kleinen Hämatomen kann die Diagnose sonographisch gesichert werden. Bei abwartender Haltung besteht die Therapie aus Kompressionsverband, Sandsack und kühlenden Auflagen, die die Zunahme des Hämatoms verhindern sollen. Nützlich ist die tägliche Kontrolle und Markierung der Ausdehnung mittels Farbstift. Eine chirurgische Intervention ist in der Regel nicht erforderlich. Bei starken Schmerzen und persistierender Blutung ist eine Intervention unumgänglich. Bei Patienten, die mit Antikoagulanzien behandelt werden, erscheint es günstig, die Antikoagulation erst nach 3–5 Tagen wieder aufzunehmen.

8.1.2 Luftpolster in der Schrittmachertasche („air trapping “)

In sehr seltenen Fällen kann es zu einem Luftpolster zwischen subkutanem bzw. subfaszialem Gewebe und Schrittmacher kommen, das vor allem bei ummantelten (einseitig isolierten = „coated“) Aggregaten zum Stimulationsausfall bei unipolarer Simulationskonfiguration führen kann.

Fallbeispiel

Ein schrittmacherabhängiger Patient bekam einen Schrittmacherwechsel bei liegender unipolarer ventrikulärer Sonde. Diese wies gute Messwerte auf. Die postoperative EKG-Kontrolle zeigte eine perfekte Funktion des implantierten Systems. Einige Stunden später erlitt der Patient schwere Schwindelanfälle bei komplettem Exitblock. Die Impedanz, die an beiden Sonden gemessen wurde, war größer als 3 kOhm. Bei Druck auf das Schrittmachergehäuse wurde die normale Funktion wieder hergestellt mit einer normalen Impedanz der Sonden. Jede Verringerung des Drucks führte wiederum zu einem Exitblock. Nach Absaugen eines Luftpolsters mittels einer Kanüle zeigte sich sofort und auch später im Langzeitverlauf eine regelrechte Funktion.

8.1.3 Pneumothorax , Hämatothorax und Hämomediastinum

Bei Fehlpunktionen sind Pneumothorax und Hämatothorax möglich (◘ Abb. 8.2). Beide Komplikationen können sich manchmal erst Stunden bis Tage nach der Operation entwickeln, sodass bei entsprechenden Symptomen, z. B. Atemnot, Hautemphysem, ungewöhnliche lokale Schmerzen etc., erhöhte Aufmerksamkeit geboten ist. Diese Komplikationen sind jedoch relativ selten. Ein Pneumothorax von geringer Ausdehnung resorbiert sich in der Regel von selbst. Ist der Pneumothorax progredient, muss eine Thoraxdrainage gelegt werden. Routinemäßig sollte eine Röntgenthoraxaufnahme postoperativ (meistens Stunden danach oder/und am nächsten Tag) nach Subklaviapunktion erfolgen.
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Abb. 8.2

Postoperatives Röntgenbild des Thorax zeigt einen Pneumothorax, nach Punktion der V. subclavia. Aus: Fischer und Ritter (2002)

Extrem selten ist das Hämomediastinum.

8.1.4 Postoperative Kreislauf-regulationsstörungen

Bei manchen Patienten kann es nach Implantation des Schrittmachers zu Kreislaufregulationsstörungen kommen, insbesondere wenn vorher Bradykardien bestanden. Häufig ist eine solche Rhythmusstörung mit einem bradykardiebedingten Hypertonus verbunden. Vor allem bei DDD-Schrittmachern (z. B. bei Patienten mit komplettem AV-Block) oder bei frequenzadaptiven Schrittmachern kann der plötzliche erhebliche Frequenzunterschied einen Blutdruckabfall und massive Kreislaufregulationsstörungen auslösen. In einigen Fällen empfiehlt es sich dann, den DDD-Modus oder die Frequenzadaptation auszuschalten und für 2–3 Tage auf einen VVI- oder DDI-Modus mit langsam ansteigender Stimulationsfrequenz (z. B. 50–70 ipm) als Übergangsregelung umzustellen.

Fallbeispiel

Einer 80-jährigen Patientin, die unter symptomatischen Schwindelerscheinungen bei komplettem AV-Block und einer ventrikulären Eigenfrequenz von ca. 30 min−1 litt, wurde ein DDD-Schrittmacher implantiert. Vor der Implantation bestand ein bradykardiebedingter Hypertonus von 200/90 mmHg. Nach Implantation des DDD-Schrittmachers triggert der Sinusrhythmus (120 min−1) die ventrikuläre Frequenz mit einem symptomatischen postoperativen Blutdruckabfall (auf 90 mmHg systolisch). Der Schrittmacher wurde deshalb auf DDI mit einer Stimulationsfrequenz von 60 ipm umprogrammiert. Der Blutdruck normalisierte sich daraufhin (130/80 mmHg). Einen Tag später wurde die Stimulationsfrequenz auf 70 ipm erhöht. Zwei Tage nach Implantation konnte dann wieder auf den DDD-Modus zurückprogrammiert werden. Es ergab sich danach eine vorhofgesteuerte Frequenz von ca. 75 min−1. Das Blutdruckverhalten hatte sich auf Werte von 140/80 mmHg einreguliert.

Sondenanschlüsse für Vorhof und Ventrikel vertauscht

Eine sehr seltene Komplikation ist die versehentliche Konnektion der ventrikulären Sonde an den atrialen Kanal und der atrialen Sonde an den ventrikulären Kanal (◘ Abb. 8.3).
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Abb. 8.3

Fehlkonnektion der Sonden beim Zweikammerschrittmacher. Der Schrittmacher ist über lange Strecken inhibiert durch die P-Wellen, die über den ventrikulären Eingang des Schrittmachers wahrgenommen werden. Aus: Fischer und Ritter (2002)

8.1.5 Perioperative Komplikationen

◘ Abb. 8.4 zeigt die häufigsten Komplikationen, die nach Implantation auftreten können (Bericht 2008 des Deutschen Herzschrittmacher-Registers).
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Abb. 8.4

Überblick über die perioperativen Komplikationen nach Implantation. Pneu = interventionspflichtiger Pneumothorax, Sonde A = Sondendislokation der Vorhofsonde, Sonde V = Sondendislokation der Ventrikelsonde, Infektion = postoperative Wundinfektion nach Definition der CDC (Centers for Disease Control and Prevention), Sonstige = Fälle mit mind. einer der folgenden perioperativen Komplikationen: Asystolie, Kammerflimmern, interventionspflichtiger Perikarderguss, interventionspflichtiger Hämatothorax, Sondendysfunktion oder sonstiger interventionspflichtiger perioperativer Komplikation. Aus: Markewitz (2010)

8.2 Komplikationen postoperativ und im Langzeitverlauf

8.2.1 Infektion

Eine gefürchtete Komplikation ist die Früh- oder Spätinfektion des Schrittmachersystems. Beschwerden wie unklare Temperaturerhöhungen, Schüttelfost, Verschlechterung des Allgemeinzustandes. Die Inspektion der Schrittmachertasche kann Hinweise für eine mögliche Infektion des Schrittmachersystems geben. In jedem Fall ist eine weitere Diagnostik mit Blutkultur, TEE etc. notwendig.

Bei Nachweis einer Infektion des Schrittmachersystems empfehlen die aktuellen Leitlinien die Explantation des gesamten Systems. Diese darf nur in einem Zentrum mit Herzchirurgischer Abteilung am Hause (und in Notfallthorakotomiebereitschaft) vorgenommen werden.

In besonderen Fällen (Wunsch des Patienten, eingeschränkte Lebenserwartung oder Operationsfähigkeit) kann versucht werden, mit einer systemischen Antibiotikagabe gemäß Antibiogramm die Beschwerden zu verbessern. Ein dauerhafter Erfolg ist meistens nicht gegeben.

Unklare Temperaturerhöhungen bei Schrittmacherträgern bedürfen einer subtilen Diagnostik.

Frühinfektionen

Frühinfektionen (Wochen postoperativ) treten meistens als Tascheninfektion auf. Lokale Zeichen sind Rötung, Überwärmung, Spannung der Haut oder lokale Fluktuation. Lokale Zeichen können diskret sein oder auch fehlen. Bei sonographisch nachgewiesenem Erguss kann die Punktion des Ergusses für den Keimnachweis hilfreich sein.

Spätinfektionen

Spätinfektionen (6 Monate bis Jahre postoperativ) können häufig beobachtet werden bei Dialysepatienten, bei Portträgern, bei immunsupprimierten und drogenabhängigen Patienten. Typischerweise handelt es sich um eine Infektion mit Staphylococcus epidermidis, aber auch Staphylococcus aureus. In Ausnahmefällen findet sich eine Kontamination mit Pilzen oder Enterokokken. Die Spätinfektionen zeigen oft einen chronisch larvierten Verlauf, der meistens durch nur geringe Temperaturerhöhung und selten durch Schüttelfrostepisoden gekennzeichnet ist. Lokale Zeichen fehlen üblicherweise oder ähneln denen einer drohenden Perforation. Diskutiert werden als Ursachen polymerassoziierte Infektionen mit Staphylokokken (insbesondere S. epidermidis), die einen chronischen Verlauf nehmen und unter bestimmten Situationen, wie unter Immunsuppression, aktiviert werden.

8.2.2 Migration /Perforation des Schrittmachergehäuses

Unter Migration versteht man die Verlagerung des Schrittmacheraggregates kaudal- oder lateralwärts bei nicht ausreichender Fixation des Aggregates. Die Perforation des Schrittmachergehäuses (◘ Abb. 8.5) ist viel seltener geworden, seitdem die Gehäuse abgerundet und kleiner geworden sind.
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Abb. 8.5

Perforation des Schrittmachergehäuses. Aus: Fischer und Ritter (2002)

Eine drohende Perforation zeichnet sich ab bei zunehmender Taschenrötung und Verlust des subkutanen Fettgewebes und dünner Haut. Wenn eine Infektion sicher ausgeschlossen werden kann, ist durch eine Verlagerung des Schrittmachers in tiefere Gewebeschichten – unter Umständen subpektoral – Abhilfe zu schaffen. Externer Druck oder Reibung auf der Schrittmachertasche (z. B. Rucksackträger) können durch entsprechende Polsterung vermieden werden. Eine Rarität sind Taschenprobleme wegen Unverträglichkeiten der Legierungsbestandteile des Schrittmachergehäuses.

Ätiologisch kommt auch eine schleichende Staphylococcus-epidermidis-Infektion in Frage.

8.2.3 Pektoralisstimulation (Muskelzucken )

Eine Pektoralisstimulation nach atrialer oder ventrikulärer Impulsabgabe ist für den Patienten störend und unangenehm, verbunden mit einer erheblichen Abnahme der Lebensqualität. Dieses Phänomen kann unmittelbar postoperativ, aber auch später auftreten. Folgende Ursachen müssen in Betracht gezogen werden:
  • Konnektorproblem mit Leckstrom,

  • Isolationsdefekt mit Leckstrom,

  • hohe Impulsamplitude bei unipolarer Programmierung.

Wiederholte Messungen der Sondenimpedanzen in Kombination mit extremen Armbewegungen bei maximaler In- und Exspiration erlauben gelegentlich die Diagnose eines Isolationsdefektes. Eine Röntgenaufnahme ermöglicht die Diagnose einer unzureichenden Konnektion der Sonde im Schrittmacherkonnektor, bei Isolationsdefekten kann durch eine Röntgenaufnahme die Diagnose manchmal gestellt werden. Falls das Problem durch Umprogrammierung der Polarität, geringere Impulsamplitude und/oder Verkürzen der Impulsdauer nicht gelöst werden kann, erscheint ein Revisionseingriff unausweichlich.

8.2.4 Zwerchfellstimulation

Zwerchfellzucken ist auf eine Stimulation des N. phrenicus durch die atriale Sonde, durch hohe Amplitude der LV-Sonde im Koronarsinus oder in seltenen Fällen auf eine Perforation zurückzuführen. Jedes neu aufgetretene Zwerchfellzucken ist verdächtig und kann auf eine Sondendislokation oder -perforation hinweisen. In der Regel ist eine operative Revision angezeigt.

8.2.5 Thrombosen und Thromboembolien

Nach Schrittmacherimplantation kann es in der V. cephalica, der V. subclavia bzw. in ganz seltenen Fällen der V. cava superior zu thrombotischen Verschlüssen kommen. Das Risiko steigt mit der Anzahl der liegenden Sonden, diskutiert wird als Ursache u. a. auch eine lokale Infektion (◘ Abb. 8.6). Klinisch imponiert eine Schwellung distal der Thrombose, im Laufe der Zeit bildet sich ein Umgehungskreislauf aus, der durch seinen oberflächlichen Verlauf im Schulter-Hals-Bereich sichtbar werden kann. Die klinische Symptomatik ist im Laufe der Zeit rückläufig. In der Akutphase erscheint eine Antikoagulanzientherapie für einen begrenzten Zeitraum sinnvoll, um Appositionsthromben zu vermeiden. Eine Sondenrevision wegen akuter Thrombose ist nicht indiziert.
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Abb. 8.6

Ausgeprägte Thrombose der V. subclavia (über der Herzschrittmachersonde) mit Kollateralkreislauf über die Jugularvene. Aus: Fischer und Ritter (2002)

Die Durchgängigkeit der Venen vor Sondenrevisionseingriffen bei Z. n. Thrombose bedarf einer präoperativen Diagnostik wie z. B. Sonographie oder/und Röntgenkontrastmitteluntersuchung.

8.2.6 Sondenprobleme

Sondendislokationen

Diese werden in der Regel nur in den ersten Wochen nach Neuimplantation beobachtet. Dabei kann die Diagnose anhand von nichtgesensten Eigenaktionen und ineffektiver Stimulation im EKG vermutet werden (◘ Abb. 8.7).
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Abb. 8.7

DDD-Modus 70 ipm AVD 150 ms. Die atriale Sonde ist in den Ausflusstrakt des rechten Ventrikels disloziert. Links: Der Vorhofstimulus führt zu einer rechtsventrikulären Stimulation. Es wird kein ventrikulärer Stimulus abgegeben. Inhibierung der ventrikulären Impulsabgabe durch die bereits erfolgte ventrikuläre Depolarisation durch die atriale Sonde. Rechts: Da in diesem Modell die Magnetauflage nicht zu einer D00 und V00 Stimulation führt, findet sich jetzt das typische Bild der rechtsventrikulären apikalen Stimulation (linksschenkelblockartige Morphologie). Beachte: unterschiedliche elektrische Achse bei Stimulation durch die dislozierte atriale Sonde im rechtsventrikulären Ausflusstrakt im Vergleich zur Stimulation durch die ventrikuläre Sonde in der Apexregion

Ein weiterer Hinweis kann ein plötzlicher Impedanzanstieg sein, gesichert wird die Diagnose durch eine Durchleuchtung. Beachtet werden muss, dass bei einer Mikrodislokation die Durchleuchtung keine Diagnose ermöglicht. In einem solchen Fall sind Reizschwellenanstieg und Anstieg der Impedanz die einzigen Hinweise für eine Dislokation. In der Regel kann aber schon im intrakardialen EKG durch Markerannotation oder bei entsprechender Programmierung (AAI und VVI) eindeutig erkannt werden, welche Sonde disloziert ist und in welcher Kammer sie liegt (◘ Abb. 8.8). Das kann dann durch ein Röntgenbild des Thorax bestätigt werden.
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Abb. 8.8

Sondendislokation: Die ventrikuläre Sonde ist in das Atrium disloziert, da unter der P-Welle (im Oberflächen-EKG) die Markerannotation außer AS („atrial sensing“) auch VS („ventricular sensing“) zeigt

Die Dislokation der atrialen Sonde kann insbesondere bei Sonden mit passiver Fixierung auftreten, in Verbindung mit ungünstigen anatomischen Verhältnissen im Herzvorhof (z. B. mangelnde Trabekularisierung bzw. bei extrem dilatiertem Vorhof) oder wenn die Sonde unter Spannung steht und sie so bei tiefer Inspiration disloziert. Eine weitere Ursache kann eine unzureichende Fixierung von feststehenden oder ausfahrbaren Schrauben bei Vorhofelektroden sein. Selten kann es zur Dislokation der atrialen Sonde in den Koronarsinus kommen (◘ Abb. 8.9).
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Abb. 8.9

a, b Atriale Sonde im Koronarsinus. a: Thorax p.a.; b: Thorax seitlich

Die Dislokation der ventrikulären Sonde ist sehr selten.

Weitere Ursachen für eine Sondendislokation sind:
  • nicht ausreichende Fixierung der Sonde an der Faszie,

  • Ungenügende Reserve-Schlingenbildung – im Stehen straffen sich die Sonden, insbesondere bei Inspiration,

  • Arbeiten und Sport mit Armgymnastik und starker Streckung des Oberkörpers, in den ersten 2–3 Monaten nach OP,

  • Twiddler-Syndrom (◘ Abb. 8.10).

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Abb. 8.10

ab a: Schrittmacheraggregat nach Implantation; b: Twiddler-Syndrom : Sondenlage nach Manipulation der Patientin. Die Sonden sind knäuelartig um das Schrittmacheraggregat aufgewickel. (Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Lars Krämer, Köln)

Sondenperforation

Die Sondenperforation ist ein seltenes Ereignis. Im Rahmen der Nachsorge fällt der Stimulations- und Wahrnehmungsverlust auf, häufig findet man Zwerchfellzucken. Oft handelt es sich um eine Notfallsituation mit Bradykardie und Zeichen eines Perikardergusses sowie pleuralen oder perikardialen Schmerzen. Röntgen-Thorax, transthorakale (TTE) und/oder eine transösophageale Echokardiographie (TEE), insbesondere zum Ausschluss eines Perikardergusses oder einer Perikardtamponade, evtl. Computertomogramm (◘ Abb. 8.11) sichern die Diagnose. Eine chirurgische Revision ist (in Herz-Lungen-Maschinen-Stand-by) notwendig.
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Abb. 8.11

Perforation der ventrikulären Sonde durch die Herzwand (Computertomogramm 3D)

Isolationsdefekt

Ein Isolationsdefekt führt zu unterschiedlichen Symptomen wie Mitstimulation des M. pectoralis, Reizschwellenanstieg oder Totalausfall. Ursache für diese Symtomatik ist in der Regel ein Leckstrom an der Stelle des Defektes.

Neben den klinischen Symptomen ist die Impedanzerniedrigung ein typisches Zeichen für einen Isolationsdefekt, weil ein Nebenstrom auftritt. Diese Situation ist auf ◘ Abb. 8.12 dargestellt.
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Abb. 8.12

Ein Isolationsdefekt verringert die Impedanz des Gesamtstromkreises. Der Isolationsverlust der Elektrode führt zu einem Kurzschluss und somit zu einem Abfall der Impedanz, Reizschwellenanstieg und in einigen Fällen zur Mitstimulation des M. pectoralis aufgrund des Leckstroms (► Abschn. 8.2 ). Aus: Fischer und Ritter (2002)

Der Isolationsdefekt bei unipolarer Stimulation fällt auf durch eine Abnahme der Impedanz. Da der Isolationsdefekt bei bipolaren Sonden am äußeren Leiter (anodischen), am inneren Leiter (kathodischen) oder an beiden Leitern gleichzeitig auftreten kann, ist eine zuverlässige Aussage über die Integrität der Sonde nur bei bipolarer Stimulation möglich.

Isolationsdefekte führen zu einem Abfall der Stimulationsimpedanz, die – um signifikant zu sein – um >20 % abfallen muss, im Vergleich zu früheren Impedanzmessungen. Impedanzen, die bei bipolarer Stimulation <300 Ohm betragen, sind verdächtig für einen Isolationsdefekt (zwischen äußerer und innerer Wendel). Niedrige Impedanzen führen zu einer Erhöhung des Energieverbrauchs des Schrittmachers (► Abschn. 1.​4.​1).

Oft ist bei alleinigem Isolationsdefekt der äußeren Wendel die unipolare Funktion noch regelrecht (Situation ◘ Abb. 8.13), sodass bei nicht-abhängigen Patienten die unipolare Stimulation unter engmaschiger Überwachung evtl. beibehalten werden kann. Vorzugsweise sollte ein Revisionseingriff mit Abklärung der Ursache erfolgen. Bei schrittmacherabhängigen Patienten muss in der Regel eine Sondenrevision erfolgen.
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Abb. 8.13

Das Röntgenbild zeigt einen Isolationsdefekt und eine Fraktur der äußeren Wendel (bipolare Elektrode), unipolar regelrechte Funktion. Aus: Fischer und Ritter (2002)

Beschädigungen der Sonde treten bevorzugt an der Stelle der Fixierung der Sonde bei ihrer Einführung in Höhe der Venen unter der Ligatur auf, vor allem wenn kein Sleeve (vormontierte kleine Schutzhülle auf der Sonde) erklären wurde. Eine andere typische Stelle ist der Durchtritt zwischen der ersten Rippe und der Klavikula, wenn die Sonde nach medial angesetzter Subklaviapunktion eingeführt wurde, aber auch an jedem Knickpunkt der Sonde, z. B. bei einer gewaltsamen Einführung in die zuführende Vene oder, wenn der überstehende Teil der Sonde im Bereich der Schrittmachertasche nicht spannungsfrei in das Gewebe eingelegt wurde.

Sondenbruch

Der Sondenbruch ist der häufigste Grund für „Reizschwellenanstiege“ in der chronischen Phase. Die Ursachen für diese Brüche sind dieselben wie bei einem Isolationsdefekt (dort). Ein Sondenbruch kann auch am Ausgang des Konnektors des Schrittmachers auftreten, wenn der starre Teil des Sondenkonnektors das Konnektorgehäuse überragt. Hieraus resultieren Knickstellen beim Übergang vom starren zum weichen Anteil des Sondensteckers. Das Risiko ist bei Sondenverlängerung oder Sondenreparatursets das Gleiche (◘ Abb. 8.14).
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Abb. 8.14

Ein Sondenbruch führt zu einem hohen Anstieg der Elektrodenimpedanz und damit der Impedanz des Gesamtstromkreises. Aus: Fischer und Ritter (2002)

Die Zeichen für einen Sondenbruch sind Wahrnehmungs- und Stimulationsverluste (Entrance- und Exitblock sichtbar auf dem Oberflächen-EKG). Klinisch können die gleichen Symptome wie vor Implantation auftreten. Die Stimuli können auf dem Oberflächen-EKG völlig fehlen. Die Verwendung der Telemetrie kann bei der Diagnose helfen, wenn die Marker eine Stimulationsabgabe annotieren, ohne dass ein Stimulus auf dem Oberflächen-EKG zu sehen ist. Die Impedanz der Sonde ist sehr hoch, manchmal geht sie gegen unendlich (◘ Abb. 8.15). Wenn der Sondenbruch nur den anodischen Zuleiter einer bipolaren Sonde betrifft, können die unipolaren Funktionen beibehalten werden. Wie oben erwähnt, muss bei Beibehaltung der kathodischen Zuleitung (unipolare Konfiguration) das System engmaschig überwacht werden, da sich ein Totalausfall entwickeln kann. In der Regel ist die Sondenrevision unumgänglich.
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Abb. 8.15

Langzeitmessung der Elektrodenimpedanz. Elektrodendefekt nach 195 Tagen. Aus: Fischer und Ritter (2002)

Der Sondenbruch kann in der Regel bei einer unipolaren Sonde auf einem Röntgenbild relativ leicht diagnostiziert werden, schwieriger ist die Diagnose bei einer bipolaren Sonde.

Der Bruch der elektrischen Leitung kann gelegentlich nur intermittierend nachweisbar sein (◘ Abb. 8.16).
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Abb. 8.16

ab Die Diagnose Sondenbruch ist nur nach Biegung der Sonde nachweisbar: a: normale Position; b: unter Zug. Aus: Fischer und Ritter (2002)

Fallbeispiel

Ein Schrittmacherpatient wurde wegen intermittierender Synkopen stationär aufgenommen. Bei der Schrittmacherkontrolle fand sich ein regelrechtes Schrittmacher-EKG mit normalen Stimulations- und Wahrnehmungswerten. Erst nach bestimmten Bewegungen im Schulterbereich traten intermittierend ein Exit- und ein Entranceblock auf. Auf mehreren Röntgenaufnahmen wurde der Elektrodenbruch nicht gesehen. Selbst nach ausgiebigen Provokationstests ließ sich ein Exitblock nicht auslösen. Auch nach Entfernen der Elektrode war die Bruchstelle erst nach Auseinanderziehen der Elektrode erkennbar (◘ Abb. 8.16).

Wenn ein Elektrodenbruch vermutet wird, sollten verschiedene Armbewegungen und Schulterbewegungen unter EKG-Kontrolle durchgeführt werden. Positionsveränderungen, tiefe In- und Exspirationsmanöver sowie Manipulationen am Aggregat unter Messung der Impedanzen lassen gelegentlich eine Diagnose zu.

8.2.7 Konnektorprobleme

Für Konnektorprobleme mit evtl. Stimulations- und/oder Sensingverlust kommen folgende Ursachen in Betracht (◘ Abb. 8.178.188.19 und 8.20):
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Abb. 8.17

ab Konnektorgehäuse mit Side-Lock-Fixation; a: geöffnet; b: geschlossen

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Abb. 8.18

Die Sonden werden in diesem Schrittmachermodell nicht mit Schrauben fixiert, sondern durch einen Side-Lock-Konnektor gehalten. Die atriale Sonde ist zurückgerutscht. Der Pin des Sondensteckers (kleiner Pfeil) hat noch Kontakt mit dem Schrittmacherkonnektor, sodass die Sonde in unipolarer Konfiguration noch funktioniert, jedoch nicht in bipolarer Konfiguration. Der bipolare Pol des Sondensteckers (großer Pfeil) hat den Kontakt verloren (Elektrodenimpedanz bei bipolarer Stimulation >3000 Ohm)

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Abb. 8.19

ab a: Inkompatibilität des Konnektors einer 3,2-mm-Sonde („low profile“) zum Schrittmacher mit IS1-Konnektorgehäuse: der Stift ist zu lang, weder Dichtlippen am Stecker noch im Konnektorgehäuse; b: Schwierigkeit des Anschlusses eines IS1-Sondensteckers an einen Schrittmacher mit 3,2-mm-Konnektorgehäuse („low profile“): Der Stift ist zu kurz; beide, Gehäuse und Stecker, haben Dichtlippen. Aus: Fischer und Ritter (2002)

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Abb. 8.20

Gefahr des Elektrodenbruchs bei Sonde, deren starrer Teil über den Epoxydkopf des Schrittmachers hinausragt (Long Pin). Aus: Fischer und Ritter (2002)

  • Schraube ungenügend oder schräg festgedreht.

  • Defekter Schraubenschacht, der nicht bis zur Schraube durchgebohrt ist, was das Gefühl vermittelt, die Schraube festgezogen zu haben.

  • Sondenstecker nicht weit genug in den Schrittmacherkonnektor eingeführt.

  • Zu langer Stift am Elektrodenstecker, der nicht in das Konnektorgehäuse des Schrittmachers passt.

  • Dichtungsprobleme, wenn eine Sonde ohne Dichtungslippen in einen Schrittmacher ohne Dichtungslippen gesteckt wird (Dichtlippen nicht aufeinander abgestimmt, Flüssigkeit kann eintreten).

  • Erschwerte Einführung eines Sondensteckers mit Dichtungslippen in einen Schrittmacher, der die Dichtungslippen an anderen – nicht passenden – Stellen hat (Dichtlippen nicht aufeinander abgestimmt).

  • Erschwerte Einführung bei bestimmten 3,2-mm-Elektroden, wobei man einen Bruch an der Verbindungsstelle zwischen Zuleitungsspirale (weich) und dem Stecker des Konnektors (hart) feststellt. Dies ist zu beobachten, wenn die Verbindungsstelle nicht im Inneren des Schrittmacherkonnektors zum liegen kommt und dort nicht geschützt ist, weil dessen Kammer zu kurz ist. Es ist leicht nachvollziehbar, dass die mechanischen Belastungen, die an diesem Schwachpunkt auftreten, zum Bruch führen können (◘ Abb. 8.16).

  • Inkompatibilität zwischen verschiedenen 3,2-mm-Sonden und Schrittmachern mit einem Side-Lock-Konnektor, dessen Kompressibilität der Isolation höher ist als die der Sonden; die Konnektion von Sonden und Schrittmacherkonnektor hält keine Zugkraft von 10 Newton.

  • Mögliche Beschädigung einer unipolaren 3,2-mm-Elektrode, die in ein bipolares 3,2-mm-Konnektorgehäuse geschoben wird, wenn die Schraube des positiven Pols auf eine Sonde geschraubt wird, die keinen metallischen Ring an dieser Stelle hat.

8.2.8 Fluktuation der Stimulations- und Wahrnehmungsschwellen

Temporäre Reizschwellenanstiege im Rahmen metabolischer Entgleisungen (Diabetes mellitus, Elektrolytentgleisungen z. B. Hyperkaliämie etc.) stellen nur selten ein ernstes Problem dar. Bekannt sind dramatische Reizschwellenanstiege unter Pharmakotherapie, z. B. Amiodaron oder Flecainid.

Schließlich können bei Herzinfarkt, Myokarditis oder Abstoßungsreaktion des Herzens Reizschwellenanstiege beobachtet werden (◘ Abb. 8.21). Differenzialdiagnostisch ist auch an einen Sondenbruch oder einen Isolationsdefekt zu denken. Hierbei sind Impedanzänderungen diagnostisch wegweisend. Physiologische Variationen der Reizschwelle, wie sie bei Mahlzeiten (Erhöhung) oder physischen Aktivitäten (Verringerung) beobachtet werden, erfordern allenfalls eine Umprogrammierung.
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Abb. 8.21

Reizschwellenanstieg nach Myokarditis bei unveränderter Impedanz

Permanente Probleme bei Reiz- oder Wahrnehmungsschwellen, manchmal Jahre nachdem die chronische Reizschwelle (zwischen 3 und 6 Monaten nach Implantation) erreicht wurde, bedürfen einer chirurgischen Intervention.

8.2.9 Schrittmacherdefekte

Defekte des Schrittmacheraggregates treten sehr selten auf. Ursachen können im Rahmen des Produktionsprozesses Materialfehler, Versiegelungsprobleme des Gehäuses oder Einschluss von Verunreinigungen im Schrittmachergehäuse sein. Diese Fehler verursachen teilweise interne Kurzschlüsse und Kriechströme mit vorzeitiger Batterieentladung. Auch externe Einwirkungen von elektrischen, magnetischen oder elektromagnetischen Störfeldern, Röntgenstrahlung oder starker mechanischer Druck können die korrekte Schrittmacherfunktion erheblich beeinträchtigen. Neben Hardwarefehlern kommen Softwarefehler in Betracht, sodass der Inhalt von Speicherzellen komplett verloren gehen kann.