Vorwort |
Es war im Jahr 1982, als Ralf Dahrendorf (1929 – 2009), früherer hoffnungsvoller FDP-Einsteiger am Polithimmel und später Präsident der renommierten London School of Economics in der Wochenzeitung DIE ZEIT die Frage stellte, ob uns die Arbeit ausginge.1 Seine Frage zielte auf die Rationalisierungsverlierer des industriellen Arbeitslebens. Zwei Faktoren könnten seiner Analyse nach zum Verlust von Arbeitsplätzen führen: zum einen die angestiegenen Qualifikationsanforderungen, die dafür sorgen könnten, dass bisher gut qualifizierte Arbeitskräfte trotzdem aus dem Arbeitsmarkt herausfallen, und zum anderen die Fortschritte in der Automatisierung, die das Angebot an Arbeitsplätzen drastisch verringern könnten.
Spätere Schlagworte wie Dienstleistungs- oder Wissensgesellschaft waren noch nicht in Umlauf. Doch was hatte Dahrendorf damals für Vorstellungen über Arbeit? Meinte er die tariflich abgesicherte Erwerbsarbeit jener Zeit, die zum Bruttosozialprodukt westlicher Staaten hauptsächlich in Form von Tätigkeiten in der Produktion beitrug? Oder meinte er eine grundlegende Veränderung der Arbeit selbst und ihren Stellenwert in der Biographie eines Menschen? Dahrendorf stellte eher die Frage, ob es bei der Veränderung der Arbeitswelt mehr oder weniger vom Gleichen geben oder etwas völlig Neues auf den Plan treten würde.
Die Frage nach der Arbeit wurde nach den Ereignissen von 1989 aktueller als je zuvor: Hatte doch die Auflösung des „Ostblocks“, wie man es nannte, die Auffassungen über eine noch als möglich gedachte human-sozialistische Gestaltung der Arbeitswelt abrupt verändert. Der Westen schien über den Sozialismus in praxi wie auch über den utopischen Entwurf einer solchen Arbeitswelt „gesiegt“ zu haben, und mit dem Westen begannen die marktliberalen Ideologien und deren Spielarten zu dominieren. Was folgte, war eine Diskussion um das „Ende der Geschichte“, wie ein viel diskutiertes Buch2 titelte, und um die Globalisierung, die jedoch längst schon vor 1989 eingeleitet worden war. Es ging um die Privatisierung öffentlicher Betriebe und Dienstleistungen und um erste Überlegungen zur Virtualisierung (damals e-work genannt) von Arbeit. Die „Zukunft der Arbeit“ wurde zu einem der meistgenannten Titel in Veröffentlichungen und Büchern.3
Die Diskussionen drehten sich in den 90er-Jahren nach der Vereinigung in Deutschland um Themen wie
das Recht auf (bezahlte Lohn-)Arbeit,
die Frage, ob die neuen Bundesländer die „verlängerte Werkbank des Westens“ sind,
die Arbeitslosigkeit in den Industrieländern,
die Verlagerung von Arbeitsplätzen weltweit in Billiglohnländer,
die Auseinanderbewegung der Einkommensschere innerhalb der einzelnen Staaten wie der Staaten untereinander, oft als Nord-Süd-Gefälle bezeichnet,
den in Industrieländern zu beobachtenden faktischen Rückzug des Staates aus wesentlichen Bereichen der Daseinsfürsorge,
den Aufstieg des neoliberalen Denkens in Wirtschaft und Politik,
die Frage nach der Solidarität bei einem internationalen Arbeitsmarkt und danach,
ob ein bedingungsloses Grundeinkommen eine Lösung oder eine Potenzierung der mit diesen Themen angesprochenen Grundprobleme sein würde.
All das kontrastierte seltsam mit der Tatsache, dass über Arbeit und ihre Gestaltung – gerade im Zusammenhang mit dem groß angelegten Programm der Bundesregierung über die „Humanisierung der Arbeit“ – zwar viel geschrieben wurde, jedoch kaum eine philosophische Auseinandersetzung um die Arbeit stattfand, die in der Öffentlichkeit nennenswert wahrgenommen worden wäre. Der Wunsch aber war damals schon da: Diese philosophische Auseinandersetzung, also das hartnäckige Nachfragen und Beleuchten der begrifflichen Voraussetzungen unseres Redens über Arbeit und unseres Lebens mit der Arbeit, müsste doch angesichts der rasanten Änderungen immer wieder stattfinden, und sie müsste in breiter Öffentlichkeit geführt werden. Dominiert wurde die Auseinandersetzung bis heute überwiegend von der Frage, ob die Rationalisierung durch Automatisierung eher zur Arbeitslosigkeit oder zu deren Überwindung beitrage.
Mittlerweile hat sich die technische Entwicklung sowohl in der Arbeitswelt, in der privaten sowie der globalen Kommunikation, aber auch in Hinsicht auf die Indikatoren des Zustands unseres Planeten4 mit einer Wucht beschleunigt, wie sie – phänomenologisch – an exponentielle Wachstumsprozesse gemahnt. Hinzu kamen die politisch gewollten globalen Deregulierungen der internationalen Finanz- und Kapitalströme schon in den 70er-Jahren,5 und damit die Internationalisierung der Märkte und folgerichtig auch der Arbeitsmärkte. Diese Entwicklungen haben in den beiden Jahrzehnten um die Jahrtausendwende (also etwa 1990 – 2010) zu massiven Koordinatenverschiebungen in der Arbeitswelt wie in unserer allgemeinen Lebenswelt geführt, die eine solche philosophische Auseinandersetzung berücksichtigen müsste. Höchste Zeit also, um nochmals und doch wiederum neu über Arbeit nachzudenken.
Nun hat sich in den Jahren zwischen 2010 und 2020 die Entwicklung der modernen Kommunikations- und Informationstechnik nochmals verändert, die Schlag- und Stichworte lauten nun Industrie 4.0, Big Data, Algorithmen und Künstliche Intelligenz. Diese etwas unpräzise als „Digitalisierung“ bezeichnete Transformation der technischen und organisatorischen Bedingungen der Arbeit hat die Inhalte und Formen der Arbeit bereits jetzt schon sehr stark verändert und sie wird dies weiterhin in einem beschleunigten Maße tun. Gerade die Nutzung der technischen Möglichkeiten durch die immens angestiegene Verfügbarkeit von Rechenkapazität und neuen Programmiertechniken, die man ebenfalls etwas ungenau Künstliche Intelligenz (KI) nennt, verstärkt den Eindruck, KI buchstabiere die Arbeit neu.
Um 2005 herum war zu beobachten, dass es Trends gab, die Trennung zwischen Arbeitszeit und Freizeit aufzulösen. Diese Trennung wurde bis dato – außer bei Künstlern – als wesentliche Scheidelinie innerhalb des individuellen Rasters für Lebensgestaltung angesehen, mit Konsequenzen, die bis in den Bereich der Moral und der Pflichten reichten. Kategorien der Arbeit begannen nun, in die Freizeit, und Momente der Freizeitgestaltung in die Arbeitswelt einzudringen.6 Dabei fiel auf, dass durch die technische Entwicklung viele organisatorisch-gesellschaftliche Entwicklungen angestoßen wurden – nicht zuletzt die Frage nach einer Entgrenzung und damit neuen Bestimmung von Arbeitsort und Arbeitszeit. Die Schlagwörter Flexibilisierung, Telekooperation und Telearbeit kamen auf, später als Anglizismen aus der Sprache der Betriebswirtschaftler und Controller der e-commerce, das e-business und das Homeoffice. Die Forderung nach einem vernünftigen Verhältnis von Arbeitszeit und eigenbestimmter Zeit (nunmehr Work-Life-Balance genannt), die veränderten Mobilitätsanforderungen und eine zunehmende arbeitsbiografische Segmentierung beschleunigten den gefühlten Wegfall vertrauter Berufsbilder und lebenslang verwertbarer Qualifikationen. Es entstanden neue Tätigkeitsprofile, die man meist mit englischen Bezeichnungen versah. Und wieder verschoben sich die Koordinaten einer Diskussion um die Arbeit.
Da Arbeit nicht ohne Technik und Technik nicht ohne Arbeit gedacht oder begriffen werden kann, müsste eine Erörterung des Themas Arbeit auch die technikphilosophischen Diskussionen der letzten Jahre miteinbeziehen. Hier hat sich in der Deutung und dem Verstehen von Technik angesichts ihrer Informatisierung (nunmehr Digitalisierung genannt) und zunehmenden Biologisierung ein Wandel vollzogen, der bis heute im vollen Gange ist und der sich in der Pandemie der Jahre 2020 und folgende beschleunigte.
Vielfach verstehen wir bei der Arbeit, die wir durchführen, nicht mehr vollständig alle Schritte und Griffe, selbst wenn wir es wollten und alle erforderlichen Informationen zur Verfügung hätten. Die Arbeit ist abstrakter denn je geworden. Dies hat zwei Ursachen: Zum einen ist es die Abhängigkeit der Arbeit vom geeigneten Wissen und Können und damit die Abhängigkeit von der Verfügbarkeit geeigneter Informationen zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Zum anderen verschwindet die sinnliche Wahrnehmung des Arbeitsprozesses – also das, was man mit der Hand getan hat – hinter der Oberfläche der Technik, die den Arbeitsprozess unterstützt oder gar ersetzt. Auch dies hat schon in den 80er-Jahren zu einer Koordinatenverschiebung geführt, die Soziologen mit dem Begriff der Wissensgesellschaft zu analysieren versucht haben.
Mittlerweile dürfte klar geworden sein: Der Einsatz formaler, d. h. letztlich mathematischer Mittel verändert die Inhalte, Formen und Prozesse der menschlichen Arbeit. Das reicht von der Vermessung des Tunnelbaus von Samos in der Antike bis hin zur heutigen Künstlichen Intelligenz. Schon jetzt zeichnet sich ab, wozu diese Technologie in der Lage ist, aber das ist wohl nichts im Vergleich zu dem, was uns wahrscheinlich erwartet. Müssen wir Angst vor diesen Veränderungen haben oder dürfen wir sie begrüßen? Sind wir wirklich hilflos einer unaufhaltsamen Macht, die uns als Fortschritt verkauft wird, ausgeliefert? Meine Antwort ist schon an dieser Stelle ein klares Nein, schließlich sind wir alle, die Experten wie Konsumenten, auch diejenigen, die diese Entwicklung entfesselt haben und deshalb auch als Käufer solcher Technik für ihre Gestaltung mit verantwortlich. Nicht die Künstliche Intelligenz selbst, sondern einige der Geschäftsmodelle, die KI erst möglich machen, sind zu fürchten.7
Gerade deshalb gibt es vielleicht eine große Unsicherheit und das allgegenwärtige Gefühl des Kontrollverlusts. Dieses Buch wurde geschrieben, um etwas gegen dieses Gefühl zu tun. Es versteht sich als ein Versuch, durch Denkanstöße und historische wie systematische Klärungsversuche einen begrifflichen Grundriss zu zeichnen, der für die künftige Gestaltung der Arbeitswelt und unseres Umgehens mit Arbeit eine – wenn auch immer nur vorläufige – Orientierungsfunktion haben könnte.
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Auch dieses Buch hat eine Vorgeschichte. Es verwertet Vorlesungen und Seminare, die ich seit 1985 in Stuttgart, Cottbus, Budapest, Wien und Ulm über dieses Thema abgehalten habe. Es nimmt die in dieser Zeit veröffentlichten Arbeiten und gehaltenen Vorträge inhaltlich nochmals auf und kann daher auf die Beobachtung der Veränderungen der Arbeitswelt, die sich seit dieser Zeit ergeben haben, zurückgreifen. Die Analyse der anstehenden Veränderungen wird demnach auf eine Basis gestellt, die sich schon oft bewährt hat: Wenn wir uns ansehen, woher wir kommen, verstehen wir besser, wohin wir gehen – besser noch, wohin wir gehen sollten. Wenn man verantwortlich mitgestalten will, darf man nicht wie das Kaninchen vor der Schlange verharren, so faszinierend oder erschreckend das alles sein mag.
Seit ich mich als damaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation in Stuttgart in den 80er-Jahren mit der Veränderung der Arbeit, sei es in Produktion, Dienstleistung oder Technikgestaltung, zu beschäftigen begann, hat die menschliche Arbeit nicht nur andere Organisationsformen angenommen und weiterentwickelt, sondern es wurde auch immer wieder die Frage gestellt, was Arbeit eigentlich sei, ob man sie überhaupt noch bräuchte, und was sie denn von einer menschlichen Tätigkeit ganz allgemein unterscheide.
Auch Karl Marx hatte diese Frage zu beantworten versucht, und er war wohl der Erste, der die Arbeit in den Mittelpunkt seiner philosophischen Anthropologie stellte: Der Mensch schaffe sich erst durch seine Arbeit selbst. Und damit sei er auch ein Produkt der Umstände seines Arbeitens. Diese Umstände seien aber durch die ökonomischen Verhältnisse wie Besitz und Macht bestimmt. Deshalb müsse man diese Verhältnisse ändern. Seine Antworten waren, auch wenn er es nicht wollte, von der Philosophie des Deutschen Idealismus geprägt und basierten auf einem gewissen deterministischen Geschichtsverständnis. Spätestens 1989 wurde deutlich, dass die Geschichte einen anderen Verlauf genommen hatte als den der permanenten Klassenkämpfe und dass seine Antworten für eine moderne technisierte Welt nicht mehr ausreichen würden. Das Bild des Menschen ist heute nicht mehr laboristisch,8 sprich ausschließlich durch seine Arbeit geprägt, sondern durch wissenschaftliche Erkenntnisse und ethische wie weltanschauliche Überzeugungen, durch die Möglichkeiten, die er aktual technisch-organisatorisch zur Verfügung hat, und durch Einsichten in die gesellschaftliche wie kulturelle Dynamik, in die seine Lebenswelt eingebettet ist.
Da sich die Welt der Arbeit fortlaufend verändert, hat sie dies auch während des Schreibens dieses Buches getan. Die Entwicklungen, die die Corona-Krise seit 2020 auf die Weise unseres Arbeitens genommen hat, habe ich versucht zu berücksichtigen. Die Ereignisse des 24. Februar 2022 mit dem Beginn des Ukraine-Krieges sind noch so unüberschaubar, dass sich vor Drucklegung nur einige vorsichtige Anmerkungen ergeben haben. Die Vorstellung des natürlichsprachlichen Chatbots ChatGPT durch die Firma OpenAI im November 2022 hat zu einer Flut von Diskussionsbeiträgen und Artikeln geführt, die vor Drucklegung nicht mehr berücksichtigt werden konnten. Da die Einschätzung der Leistungsfähigkeit dieses Systems sowie rasch nachfolgender verbesserter Versionen noch sehr uneinheitlich ist, können mögliche Folgen für die Arbeitswelt ohne weitere Forschung noch nicht in wünschenswerter Weise dargestellt werden. Auch hier muss ich es bei einigen vorsichtigen Hinweisen, die nachträglich eingefügt wurden, belassen.
Im Sinne einer besseren Lesbarkeit der Texte wird in diesem Buch verallgemeinernd das generische Maskulinum verwendet. Die Angaben beziehen sich daher auf Angehörige beider Geschlechter. So haben es schon die Römer praktiziert.9
Wenn man sich mit einem Thema über den vorangehend angedeuteten Zeitraum beschäftigt, hat man immer Gesprächspartner, die einem weiterhelfen, die diskutieren, kritisieren und Hinweise geben. Sie hier aufzuzählen, würde das Buch noch umfangreicher machen, und so sei allen gedankt, die sich die Mühe gemacht haben, sich auf meine Gedanken einzulassen und die darauf konstruktiv-kritisch reagiert haben.
Dieses Buch möchte ich meiner Frau Irma widmen, mit der ich die persönlich vielleicht interessantesten Auseinandersetzungen um den philosophischen wie praktischen Arbeitsbegriff hatte und gelegentlich noch habe. Denkt sie über Arbeit und ihre alltägliche Gestaltung doch völlig anders als ich. Und das ist gut so. Dafür gilt ihr mein herzlicher Dank.
Frühjahr 2023
Klaus Kornwachs
1 Dahrendorf (1982).
2 Fukuyama (1992).
3 Das ist bis auf den heutigen Tag so geblieben. Erstaunlich kritisch vorausschauend: Makowsky (1984).
4 Steffen et al. (2015) haben die weltweiten Trends von 1750 bis 2010 der sozial-ökonomischen Entwicklungen aggregiert. Die Verläufe der Werte für Weltbevölkerung, Bruttosozialprodukt, Energieverbrauch, Düngerverbrauch, Papierproduktion, Transportaufkommen, Telekommunikation und internationalen Tourismus weisen spätestens ab 1950 erkennbar exponentielles Wachstum auf. Bei den Indikatoren wie dem Bau von Dämmen und dem Wasserverbrauch sind schwache Sättigungsverläufe ab den 80er-Jahren erkennbar. Die global aggregierten Trends der Indikatoren für den Zustand des Planeten Erde wie Kohlendioxid, Stickoxide, Methan, stratosphärisches Ozon, Oberflächentemperatur, Säuregrad der Ozeane, Verlust von tropischen Wäldern oder Degradation der Oberflächen-Biosphäre auf der Erdoberfläche zeigen dasselbe Muster exponentieller Zunahme. Dabei nehmen die Urbarmachung von Landflächen und der maritime Fischfang nicht mehr in dem Maß zu, wie dies bis ca. 1960 der Fall war.
5 Ein erster Schritt auf dem Wege des grenzenlosen und unbeschränkten Geldverkehrs war 1973 die Aufkündigung des Vertrags von Bretton-Woods, der seit 1944 die Wechselkurse der Währungen mit 44 Teilnehmerstaaten regelte. Dieser Vertrag war die Antwort auf die chaotischen Entwicklungen der zwanziger und dreißiger Jahre und der Weltwirtschaftskrise. Jedoch sahen die stark expandierende Industrie und vor allem die großen Banken die bürokratische Kontrolle als lästige Bremse an. Bereits 1970 gaben die USA, Deutschland, Kanada und die Schweiz die Kapitalkontrollen auf. Das Resultat war der Zusammenbruch des Festkurssystems, da nun Spekulanten, die den Wert der Währungen nach den verschiedenen Anlagemöglichkeiten taxierten, die Kurse unter sich ausmachen konnten. Vgl. auch Martin/Schumann (1996), S. 73.
6 Erst propagiert, dann halbwegs solide beschrieben, z. B. bei Opaschowsky (1991): Werte, die in der Arbeitswelt vorherrschend waren und sind, wie Fleiß, Pünktlichkeit, Sauberkeit, korrekte Pflichterfüllung, planungs- und erfolgsorientiertes Handeln, Unterstellung innerhalb einer Hierarchie und Akzeptanz von Aufgabenteilung und -zuweisung und andere diffundieren in den Freizeitbereich hinein. Urlaub, Vergnügen, Vereine und dergleichen werden heute generalstabsmäßig geplant und manch Arbeitnehmer würde die Zumutung an Belastung und Stress, die er bei der Organisation einer Vereinsfete auf sich nimmt, im Arbeitsleben nicht akzeptieren. Umgekehrt diffundieren die Wertevorstellungen aus der Freizeit wie Hedonismus, Spaß haben wollen, Selbstverwirklichung, freie Bestimmung der eigenen Tätigkeit nach Umfang, Belastung und Dauer und weitere freizeitorientierte Vorstellungen in die Arbeitswelt hinein. Man spricht von Spaßarbeit, von der Lust an der Arbeit, bis hin zum Workaholic, also zum zur Sucht werdenden Befriedigungsverhalten durch Arbeit.
7 Kornwachs (2019 KIG).
8 Von labor (lat.), Arbeit, Anstrengung, Mühe.
9 „Pueri appellatione etiam puella significatur“ (mit dem Begriff Jungen werden auch Mädchen bezeichnet). Vgl. Corpus Iuris Civilis, Digestae, Buch 50, Titel 16, Lex 163, § 1. Zitiert nach http://www.thelatinlibrary.com/justinian/digest50.shtml. Eine Ausweitung auf weitere denkbare Geschlechter im Sinne einer sozialkonstruktivistischen Definition sei damit gelassen impliziert.