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Anna-Maria Ziegler (oder auch bekannt unter dem völlig kurzen und einfachen Kürzel: A-M.Z) Rabenrätsel (was für ein Rabe? Was für ein Rätsel?) © 2021 A-M.Z Buchsatz: Anna-Maria Ziegler Umschlaggestaltung: Anna-Maria Ziegler Anna-Maria Ziegler Hermann-Löns Str. 104A 51469 Bergisch Gladbach Alle Rechte vorbehalten Adressbuch-der-seltsamsten-Namen-bei-denen-der-Leser-nicht-weiß-ob-er-weinen-oder-lachen-soll © 2021 A-M.Z Buchsatz: Anna-Maria Ziegler Umschlaggestaltung: Anna-Maria Ziegler Anna-Maria Ziegler Hermann-Löns Str. 104A 51469 Bergisch Gladbach Alle Rechte vorbehalten Adressbuch-der-seltsamsten-Namen-bei-denen-der-Leser-nicht-weiß-ob-er-weinen-oder-lachen-soll * . * . * . * . * . * * . * . * . * Prolog * . * . * . * . * * . * . * . * In einer abgelegenen Welt, in einer astralen Umgebung, die das Undenkbare in Gesetz verwandelt, gabeln sich die astralen Trübungen ... Seht nur und wendet euren Blick nicht davon ab ... Dort oben ist ein Stern, ein großer wie ein Planet und hell leuchtend wie die Sonne. Langsam wirft der Stern Sternenteilchen ab und sie schweben durch den interstellaren Ozean. Irgendwann nimmt ihre Reise ein Ende und die Sternenteilchen bleiben stehen. Manche etwas weiter vom Stern, als andere und doch sind sie alle miteinander verbunden. Der Stern wirft noch ein paar mehr Sternenteilchen ab, die von den vorherigen aufgenommen werden. Sie werden größer, auch wenn sie nicht so groß wie der Stern werden. Trotzdem sind sie nun groß genug, um Leben wachsen zu lassen. Und wie sich das Leben dort entwickelt, hängt von der Position der ... nennen wir sie Sternenplaneten ... ab. Denn Licht ist aller Leben Anfang und die Sternenplaneten, die sich ihren Platz auf der dunklen Seite ausgesucht haben, werden am wenigsten davon beschienen. Schlimm ist das nicht, denn jeder Sternenplanet entwickelt sich seiner Lage nach einzigartig. Es ist bewiesen worden, dass nach jeder Zirkulation ein neues Sternenteilchen abperlt und ein neuer Planet entsteht. Astrologie-Theoretiker aus neuerer Zeit berechnen diese Zirkulation in sogenannten Numerologiejahren von eins bis neun. Die Null gibt es nicht, denn sie ist bedeutungslos. Und je nachdem in welchem Numerologiejahr die Sternenplaneten sich gerade befinden, hat das eine Auswirkung auf ihre Leben. Einige Theoretiker behaupten auch, die Sternenplaneten seien einfach so gekommen, etwa durch einen Klatsch in die Hände und dann waren sie da. Diese Theorie nennt man den Urknall. Sie ist unter den Leuten sehr beliebt. Andere glauben an das Religiöse. Sie denken, dass die Sternenplaneten, die nahe am Stern liegen, von einer höheren, guten Macht erschaffen wurden und das die Planeten, die nahe der Dunkelheit weilen, von einer dunklen, höheren Macht erschaffen wurden. Von den Planeten genau in der Mitte beider Seiten wird geglaubt, sie stünden neutral zu beiden Seiten. Ein Forscher, der sein Geld unbedingt wollte, bemühte sich mit einem Teleskop in den klaren Himmel zu schauen, um das Universum genauer zu betrachten, aber so wie viele vor ihm, reichte sein menschliches Auge nicht aus, um durch den Nebel des Universums zu schauen. So machte man es sich zur Tradition am Ende jedes Numerologiejahres, welches genau vier Jahreszeiten beträgt, einen Tannenbaum aufzustellen, da man sich die Form des Universums wie einen Tannenbaum vorstellte und der Welt so danken wollte, dass es sie gibt. Oben am Tannenbaum thront der Stern, der dem Universum seinem Anfang gab. Unter dem Stern hängen Kugeln an den Zweigen, die Sternenplaneten, von denen man nicht weiß, wie viele es genau sind. Das untere Holz symbolisiert die dunkle Seite der Astralsphäre, die nicht vom Stern beleuchtet wird. Sie wird mit bösen Geistern assoziiert, denn Theoretiker behaupten wieder, dass das Jahr Null dann eintreten wird, wenn die bösen Geister freigelassen werden und das Gleichgewicht der Welt stören. Deshalb wird der Baumstamm des Tannenbaums immer in einen großen, schwarzen Eimer gestellt, damit die bösen Geister der Dunkelheit nicht entweichen. Dabei machen sich diese Leute einfach zu viele Gedanken. Es gibt kein Jahr Null und böse Geister auch nicht. In Wahrheit hatte alles einfach etwas mit dem Licht zu tun, aber Menschen tendieren immer dazu, an das Gute und Böse zu glauben, weil sie alles spannend machen möchten. Wir schauen uns in dieser Geschichte nun einen Sternenplaneten an, der in der Mitte von Licht und Dunkel schwebt. Es ist der Planet, der am Weitesten von allen anderen entfernt ist und von vielen Materien und Asteroiden umgeben ist. Dadurch, dass dieser Planet von vielen kleinen Asteroidenteilchen erreicht wird, besitzt er die meisten Ressourcen und Materialien, was dem Leben auf dem Planeten möglich gemacht hat, hochentwickelt zu sein und die Technologie zu erfinden. Es ist der Planet, der die Geschichte von Adhamh und Raven und von vielen anderen erzählt - und das erste Numerologiejahr in seiner neuen Zirkulation, hatte gerade erst begonnen. Die Eins steht für den Ursprung des Lebens – der Schöpfung und verkörpert das reine Sein. Kapitel 1 * . * . * . * . * . * Ein Licht fällt * . * . * . * . * »Du bist Adhamh«, verkündete eine erhabene, bedeutende Stimme. Bis vor eben noch war alles schwarz gewesen. Es konnte nichts hören, nicht sehen, nichts fühlen und jetzt war plötzlich ein Licht aufgegangen. Es sah nur hinauf und blickte in eine Million Sterne. Die Du-Bist-Adhamh-Stimme, bohrte sich anspruchsvoll mit dröhnendem Schall in die Atmosphäre und füllte den Verstand des neu erschaffenen Wesens mit einem schnellen Alphabet, um es mit dem nötigen Wissen zu versorgen, Worte zu formulieren. »Du-bist-Adhamh, okay«, verstand das Wesen und hörte neugierig zu, um noch mehr von der tollen, magischen Stimme zu erfahren. »Adhamh bedeutet: aus der Erde«, erklärte die Stimme wirkungsvoll. »Das ist ein schöner Name«, merkte Adhamh der Stimme freundlich an. »Ich schicke dich jetzt auf diesen Planeten hinunter«, sagte die große Stimme. Das Wesen sah auf den interstellaren Ozean herab und fand eine perfekt geformte Kugel inmitten einer Milchstraße, die zu anderen Kugeln führte. Das Wesen hatte keine Ahnung, was die magische Stimme von ihm wollte, aber es entschied sich dazu, seinem Meister mit einem wissenden Nicken zu antworten. Der Rest würde sich einfach von selbst erklären. Wie beim Sportunterricht. Der Lehrer redet und erklärt die wichtige Bedeutung eines Spiels. Und dann wenn das Spiel beginnt, steht man ganz unbeholfen da und belästigt seinen Nächst-Besten-Nachbar mit der Frage, ob er das Spiel verstanden hatte. Meistens folgte darauf ein aussichtsloses Kopfschütteln. »Merke dir Adhamh, dass du ein Dämon bist. Du hast außergewöhnliche Fähigkeiten, gebrauche sie klug. Du hast wichtige Aufgaben zu erfüllen und geh bitte nicht in das Sternenlicht, sonst wirst du zu einem gewöhnlichen Menschen und dann bin ich böse auf dich.« Das verwirrte das Wesen noch mehr, aber weil es wusste, dass diese Information schlechtes bedeutete, antwortete es neutral und schlicht »Oh. Das ist ...«, Adhamh wühlte in seinem neuen Vokabular nach einem aussagekräftigen Wort für seinen Meister, um pflichtbewusst zu wirken. »Das ist Dreck.« »Hast du alles verstanden? Ich will mich nicht wiederholen.« »Natürlich.« »Ich kann dir ab da unten nicht mehr so direkt helfen. Also wenn du Fragen hast, dann stelle sie jetzt. Es gibt keine dummen Fragen.« Das Wesen hatte keine Fragen, weil es wusste, dass die Sache mit "Es gibt keine dummen Fragen", eine Lüge war. Wie oft kam der Satz schon von Lehrern und dann wenn ein Schüler mal fragte, ob Schokoladenmilch von einer braunen Kuh oder einer schwarz-weißen Kuh kommt, kann er sofort mit einem Biologiebuch zu Hause Überstunden machen. »Nein, keine Fragen.« Und das war der Moment an dem Adhamh bereut hatte, nicht gefragt zu haben. Kapitel 2 * . * . * Hilfe, ich bin auf einer Fantasy-Convention! * . * . * . * . * »Seidiget ihr bereit, die Waffen der Rechenschaften an euche zu nehmigen?« Die Menge tönte, die Menge jubelte und Adhamh war mittendrin in diesem lauten Getümmel voll bunter Kreaturen. Die Jungs an seiner Seite, hatte er erfolgreich noch vor dem Start der sogenannten Fantasy-Convention hingeführt und ab da dankten sie und trennten sich von ihm, als sie durch die Schleusen der Ticketscanner gingen.  Gerade als Adhamh seine Arbeit für getan hielt und sich weiterhin mit Raven beschäftigen wollte, sprach ihn eine Ticketverkäuferin an. »Warum stehen Sie denn so herum? Cosplayer kriegen freien Eintritt so, wie es in der Werbung steht … kleinen Moment.« Die Ticketverkäuferin kramte nach einer Schlaufe mit einer Art kleinem Pass daran und reichte sie dem verwunderten Adhamh. »Das ist der Freipass für Cosplayer. Halten Sie ihn beim Betreten und Verlassen der Messe bereit«, erklärte sie freundlich und lächelte Adhamh an, während sie sein Äußeres von oben bis unten auf das kleinste Detail musterte. Es fehlte ihr noch eine Lupe zur Hand, um auch noch wirklich das kleinste Detail an ihm sehen zu können. Adhamh sah auf die Frau, dann auf den Pass in seinen Händen. Das war sein Jackpot, um diese Welt von einer noch größeren Seite zu erfahren. Schließlich sah die Convention von außen so groß aus wie das Universum, das er zu seiner Geburtsstunde sah. »Ziehet das Schwerte des Schicksales, um es zu führigen! Ziehet eure Schtäbe, um den pösen Lort Foldemohrt zu beschiegigen! In fünfen Minutigen brechiget ihr auf, ihr Helden, die Tore der Fergeltigung!« Adhamh folgte der lauten und vielversprechenden Durchsage-Stimme, doch er konnte nicht sehen von wem sie kam. Vermutlich war das der Eintritt in eine neue Welt, denn es war eine Stimme so ähnlich wie die seines Meisters. Der Meister, schlussfolgerte Adhamh. Und die Gruppe, in die er geriet, war bestimmt voller Dämonen, die das Wort des Meisters begehrten. Ein Zeichen der Hoffnung blühte Adhamh, Manche von den Dämonen warteten auf Klappstühlen, bis sie das Wort des Meisters erneut erreichte. Manche stellten sich auf Zehenspitzen, um nach ihm Ausschau zu halten.  Manche standen einfach nur da und unterhielten sich von Dämon zu Dämon.  Als Adhamhs forschender Blick von einer mentalen Glühbirne verdrängt wurde, erkannte er plötzlich was diese Fantasy-Convention für ein Ort war. Es musste eine Versammlung sein. Eine Versammlung für Dämonen, um mit dem Meister zu kommunizieren. Wahrscheinlich hatte der Meister einen besonderen Weg gefunden, Nachrichten an seine Dämonen weiterzugeben.  Adhamh hätte niemals gedacht, dass er so viele Artgenossen an einem Fleck treffen würde, schließlich war er damals alleine in diesem einen, magischen Universum gewesen. Je mehr er darüber nachdachte befürchtete er umso mehr, eine totale Spätgeburt zu sein. Die anderen wussten sicher besser von der Welt Bescheid, als er. Adhamh wusste, dass das seine zweite Chance war. Seine zweite Chance, eine Antwort auf die Fragen zu finden, die er noch hatte. Er musste unbedingt mit seinem Meister wegen der verbotenen Mathekunst sprechen. Aus seinen Gedanken riss ihn schließlich ein Piepen, das taktvoll das Ticken einer Zeitbombe ankündigte. Die Dämonen zählten mit dem Countdown: FÜNF! VIER! DREI! ZWEI! EINS! PIIIIEEEEEP! »AUF MIT EUCH MEINE HELDEN DES LISCHTS UND BESCHIEGET DIE DÄMONEN DER FINSCHTERNISCH AUF EURER REISE!«, explodierte die Stimme des Meisters und brachte das Feuer in die Halle. Adhamh neigte jedoch verstört den Kopf. Er erinnerte sich nicht daran, dass sein Meister einen verwirrenden Akzent wie diesen benutzte. Das musste ein Zeichen sein. Eine Geheimsprache, explizit für alle Dämonen. Die Menge jubelte und begann endlich, sich zu bewegen. Adhamh folgte der Masse, wie es alle braven Dämonen taten. Und als er sein Ticket bereit hielt und endlich den Eingang ins Dämonenschloss gefunden hatte, merkte er plötzlich wie stickig und heiß es an diesem Ort war. Adhamh drehte sich auf der Stelle und trat mit einem Fuß vor den anderen. Die vielen Dämonen und die vielen Räume an diesem Ort, spielten mit seinem Orientierungssinn. Er drückte den Knopf seiner mentalen Karte und abermals ploppte sie auf; er wusste, wo sich das Geheim-Büro seines Meisters befand. Sein dämonischer Navigator führte ihn in eine große, hell beleuchtete Halle mit lauter Musik und Dämonen. Abwesend schob Adahmh seinen Körper durch die Menge; er folgte nur seinem mentalen Pfeil, der ihn zu seinem Meister schickte. Er trat immer weiter vor und wäre auch noch weiter gegangen, wenn ihn die folgende Stimme nicht aufgehalten hätte. »Entschuldigung, können wir ein Foto von dir machen?« Adhamh drehte sich um. Ein wenig verärgert davon, dass man ihn von seinem Vorhaben abgehalten hatte. Aber er willigte ein.  Für dieses Foto musste sich Adhamh zwischen zwei Mädchen stellen, die beide spitze Ohren besaßen. Jedoch sahen sie eher aus wie einfaches Plastik, statt Haut. Adhamh wusste, dass es Ohrenärzte gab. Vielleicht taten sie genau das und tauschten die echten Gummiohren gegen eine Second-Hand-B-Ware aus Plastik aus, wenn etwas nicht stimmte. Äh.  Die Mädchen legten jeweils einen Arm um seine Schulter. Fast so wie bei einer Umarmung, während ein drittes Mädchen ihr Handy hielt und mit einem Lichtblitz das Foto betätigte. »Danke!«, verabschiedeten sich die Mädchen, doch jetzt war Adhamh an der Reihe etwas zu fragen:  »Seid ihr auch Dämonen des Meisters?«  Die Mädchen klimperten mit ihren langen Wimpern, um die Frage zu verstehen. Dann lachten sie und gingen. Waren alle Dämonen so unfreundlich? Adhamh hielt seine Frage als Neuling dieser Welt für äußerst berechtigt. Jedenfalls, es dauerte eine Weile bis er sich auf erschöpften Füßen nur noch wenige Meter vom Zielort entfernt befand. Er ging nach rechts. Dort gab es Schilder, und noch mehr Schilder und Männer in blauer Kleidung und Schirmmütze. Als Adhamh näher kam, platzierten sie sich vor ihm. »Können wir Ihnen helfen?«, fragten die netten Männer in blau. »Ich muss mit meinem Meister reden«, sagte Adhamh prompt und drückte sich durch die Männer hindurch, doch sie hielten ihn mit ihren kräftigen Schultern, die breiter waren als die Hölle erlaubte, zurück. »Mit Gandalf? Nee der ist hier nicht drin«, höhnte einer der Männer, der sich mit der Herr der Ringe auskannte. »Hören Sie, ich muss jetzt mit meinem Meister reden! Ich muss ihn fragen, wie Mathe geht!« Die Männer wurden von einer unsichtbaren Druckwelle zur Seite gestoßen und der Weg war frei. Der Dämon ging einen Gang entlang und öffnete eine Tür mit warnenden Schild darauf: N-U-R F-Ü-R P-E-R-S-O-N-A-L. Als Dämon zählte Adhamh zum Personal seines Meisters. Er drückte die Tür auf und landete in einem schwarzen Loch, das von sämtlichen Monitoren beleuchtet wurde. In diesem Raum gab es viele Mikrofone und Verstärker und einen Mann mit Sonnenbrille und Kaffee, der sich in seinem Drehstuhl Adhamh zudrehte. Der Name des Mannes lautete Ernst Haft. »Hinfort mit dir, Höllenprut!«, rief Ernst Haft in seinem ernsten Akzent und drohte damit, die braune Flüssigkeit in seinem Becher über Adhamh zu vergießen. »Meister, seid Ihr das? Ich habe Eure Stimme gehört!«, freute sich Adhamh hoffnungsvoll und trat einige begeisterte Schritte näher. »Wasch?! Meischter?!« Ernst Haft lehnte sich in seinem Stuhl ernsthaft schützend zurück. »Ja!«, verharrte Adhamh in Ekstase. »Ich habe vorhin vergessen zu fragen, wie Mathe geht!« »Einsch plusch einsch?«, fragte Ernst Haft verwirrt. Plötzlich bekam Adhamh einen kräftigen Knüppelschlag  von hinten auf den symbolischen Deckel und verlor seinen mächtigen Cosplayer-Pass. Der Schmerz drückte ihn auf den Teppich, der ziemlich kratzig auf der Haut lag. Doch Adhamhs Bewusstsein scherte sich nicht lange darum, denn er verfiel in seine dämonischen Träume und fand sich abermals in einem mentalen, stellaren Universum wieder. Er hörte die Stimme des echten Meisters. ADHAMH, WAS GLAUBST DU WAS DU DA TUST? ES GIBT KEINE MEISTER AUSSER MIR UND DU KANNST NUR MIT MIR IN VERBINDUNG KOMMEN, WÄHREND DU TRÄUMST. MERK DIR DAS! UND DAS MATHEWISSEN KANN ICH DIR NICHT ÜBERTRAGEN, WEIL DER GEDANKLICHE TASCHENRECHNER SOLARBETRIEBEN IST UND ES DEN GANZEN TAG GEREGNET HAT! ALSO ERWARTE NICHT, DASS ICH DIR DAS WISSEN DER INTEGRALE VON NULL BIS UNENDLICH ÜBERMITTELN KANN! Während ihn die Stimme des Meisters zu überfahren drohte, blieb der logische Adhamh an der Kreuzung einer neuen Frage stehen; im Universum regnete es nämlich nicht.  Doch in seinem Traum konnte er nichts weiter tun, als sich von dem Auto der Beschimpfung überfahren zu lassen. ICH ERWARTE VON DIR, DASS DU DICH NICHT NOCH EINMAL SO DIREKT IN DIE NÄHE DER MENSCHEN BEGIBST! DU WIRST DOCH WOHL EINEN DÄMON ERKENNEN, WENN ER VOR DIR STEHT? SPIELE NICHT MIT DEINER EXISTENZ ALS DÄMON, SO WIE DIE LETZTEN VOR DIR!(Denn die Dämonen davor waren alle eigenartig. Der Dämon davor, hatte sich zu oft in diesen einem menschlichen Club namens Diamonds aufgehalten. Man hätte meinen können ihm gehöre der Club, denn er spendierte jedem Feiernden jedes Mal einen großen Drink. Der Meister war neidisch auf sein lebendiges Leben. Ein anderer Dämon las gerne die Bibel; und das provozierte den Meister. Der Dämon darauf mochte die menschliche Schule vom ganzen Herzen und wechselte jedes Mal seine Identität, wenn er ausgelernt hatte, um dieselbe Laufbahn noch einmal zu wiederholen. Das tat er mehrmals und er war ein riesiges Ass in Mathematik. Sein besserwisserisches Wesen reizte den Meister) ICH TELEPORTIERE DEINEN KÖRPER JETZT ZURÜCK AN EINEN ORT WO ICH DICH HABEN WILL! Währenddessen kannst du ja diesen schönen Film schauen, den ich dir jetzt im Traum zeigen werde, fügte der Meister in einem freundlicheren Tonfall hinzu. Der plötzliche Wechsel im Tonfall vermittelte folgende Botschaft: Ich hasse dich und deshalb werde ich dich jetzt mit diesem Traum quälen, solange ich noch die Gelegenheit dazu habe! Gerade als Ernst Haft seinen heißen Kaffee über den bewusstlosen Adhamh kippen wollte, um ihn wach zu gießen, passierte etwas dass Ernst Haft nie für möglich gehalten hätte. Die Lava seines Kaffees schoss wie der Ausguss eines Vulkans auf den teuren Teppich zu, den er von den Wucherpreisen seiner Tickets über seine eigenen Kunden ergattern konnte, denn plötzlich war der Körper von Adhamh verschwunden, als wäre er nie da gewesen. Zurück blieb einzig und allein der herrenlose Cosplayer-Ehrenpass. »Wasch?«, wunderte sich Ernst Haft und funkelte seine treuen Leibwächter besessen an. »Mehr Kaffee her, ihr Idioten!«, forderte er sie auf, als er merkte, dass sein Gehirn von der abenteuerlichen Dämonenjagd  gestern Abend immer noch verrückt spielte. In der ganzen Aufregung hatte er seinen völlig verwirrenden Dialekt vergessen. Die Welt schnippte. Erdbeben. Unschärfe an den Winkeln. Adhamh konnte nicht von oben nach unten unterscheiden und war sich nicht sicher, ob er atmete.  Sein Bewusstsein unternahm einen Ausflug ins Jenseits. An einen so verzerrten Ort, doch sein Licht war stark genug, um die Konturen des Traums zurückzudrängen und die Schmetterlinge, die hier flogen, scharf beobachten zu können. Sie flogen wie leuchtende, betörende Punkte vor seiner Sicht. Herzzerreißend, zart, schön und traurig zugleich. Ein Ort, an dem Leben und Tod vereint waren. Hier gab es einen See über den die geflügelten Insekten tanzten, der nur darauf wartete bewundert zu werden. Eine Natur, die darauf wartete, erkundet zu werden. Eine verborgene Welt, die niemals zum Schweigen gebracht werden durfte. Und doch war es hier so still. Himmel? Dort vorne vor dem See lag ein Haufen, der wie ein Mensch (oder Dämon) aussah. Ein zerbrechlicher Körper, auf den sich die Schmetterlinge niederließen und alles andere ignorierten. Nein ... kein einfacher Körper. Es war sein Körper, der da lag. Aber ... wenn Adhamh hier war und gleichzeitig dort, wer war er dann wirklich? Und es zerrte ihn aus dem Traum. Eine unsichtbare, übergroße Hand, die ihn am Rücken packte und aus dem Loch dieser Traumwelt an die Oberfläche zog. Weißt du, warum ich dir das gezeigt habe? Adhamh hörte wieder die Stimme seines Meisters. Diesmal klang sie beängstigend, wie die Ruhe vor dem Sturm. Fangen wir bei den Schmetterlingen an. Ich verrate dir nicht den ganzen Trick. Ich will, dass du selber dahinter kommst. Schließlich ist es deine wahre Aufgabe. Der Meister legte eine Pause ein. Oder ... nein. Machen wir es leichter. Wenn du die Symbolik von Schmetterlingen erkennst, dann werde ich dir vielleicht weiterhelfen. Schließlich muss man einem Tier immer etwas Futter hinwerfen, damit es ein wenig Eigeninitiative und Verantwortung lernt. Mal sehen, wie du dich jetzt schlägst ... dennoch sei es dir eine Warnung und provoziere meine Geduld nicht noch einmal! Adhamh schlug die Augen auf. Seine erwachten Augen fixierten träge eine weiße Zimmerdecke und während er auf dem kalten, glatten Boden lag, blendete sich die Stimme seines Meisters langsam aus, aber sie war kraftvoll genug, um ihm noch eine letzte Botschaft zu übermitteln, bevor sie für die nächste Zeit verklang. Du findest einen Personalausweis auf dem Tisch. In denselben jungen Mann sollst du dich verwandeln, um dein wahres Äußeres zu verbergen. Keine Sorge, der Typ auf dem Personalausweis lebt nicht mehr. Er hat sich gestern selbst mit einem Brandbeschleuniger angezündet; zufälligerweise an dem selben Ort, wo du gestern warst. Und weil die Polizei seine verbrannten Überreste nicht mehr identifizieren konnte, wird sich niemand darüber wundern, wenn du in seinem Körper noch wohlbehalten auf der Straße herumrennen wirst. Falls du dich wegen der Wohnung wunderst, sie gehörte einst ihm und jetzt ist es deine. Also mach was aus deinem Leben, solange du es noch hast! »Was? Aber das kann ich doch nicht machen!«, wollte Adhamh protestieren und stand vom Boden auf. Er hielt es für ein absolutes Tabu, den Körper und damit das Leben eines Fremden zu seinem Eigentum zu machen. Aber der Meister war bereits weg und Adhamh auf sich allein gestellt. Die plötzliche neue Umwelt, verdrängte seine Sorgen an den Traum, den er sah. Nach einer kleinen Schweigeminute flutete ihn trotzdem die Neugier und er streifte über einen körnigen Teppich, der lange nicht mehr gestaubsaugt wurde, zum Tisch, der unter seinem Tischbezug einige kleine Körner regnen ließ. Hier wurde lange nicht mehr geputzt. Wie lange stand die Wohnung wohl schon leer? Oder war der junge Mann einfach nur so unordentlich gewesen? Adhamh fand das kleine Plastikkärtchen auf der Tischkante.  Ihm lächelten schiefe Zähne entgegen, die das Gesamtbild der Person auf dem Bild nicht verunstalteten. Sie passten sogar zu ihm. Er trug einen roten Männer-Bob und seine braunen Iriden, hatten ihren Platz inmitten der weißen Augenwand. Sein Geburtsdatum zeigte 06.06.06 an und Adhamh zog eine Schnute (06.06.06: die Zahl vorne, die "06", bedeutet den Tag der Geburt. Die Zahl in der Mitte, die "06", bedeutet den Geburtsmonat und die Zahl "06" ganz hinten am Glied bedeutet das Numerologiejahr, in das man hineingeboren wurde. Lebewesen, die im sechsten Numerologiejahr geboren werden sind von Natur aus kritische und neugierige Wesen, die sich nach der Liebe sehnen). Er mochte die Anordnung der Zahlen nicht. Aus irgendeinem Grund hatte er eine Abneigung gegenüber der Zahl sechs und ihm kitzelte das Verlangen danach mit dem Personalausweis im Bürgerbüro aufzukreuzen, um das Geburtsdatum auf eine schöne Anordnung der Zahlen zu ändern. Etwa wie: 09.09.09. Das war mehr nach Adhamhs Geschmack. Doch abgesehen von dem Geburtsdatum war sich Adhamh auch sofort des Namens bewusst: Lucifer Devilman. Der Name machte es nicht besser. Zuerst war er Adhamh, dann ein Dämon, dann eine Elfe, dann ein Der-Herr-der-Ringe-Cosplayer und jetzt Lucifer Devilman. Die Namen wurden immer verrückter und Adhamh graute es allmählich davor, was wohl als nächstes kommen würde. »Aufmachen, aufmachen!«, eine harte Stimme ertönte plötzlich an der Tür hinten im Gang und es hörte sich wortwörtlich so an, als hätte die Tür der Stimme etwas schlimmes angetan, so aggressiv wie sie klopfte. Unter Schluckbeschwerden und einer beschleunigten Herzfrequenz, verwandelte er sich in Lucifer Devilman. Adhamh wusste nicht wie er den Trick so urplötzlich geschafft hatte, doch irgendwie hatte er das Gefühl, dass er irgendwo innen drin schon immer das Talent dazu hatte, diesen Trick auszuführen.  Adhamh nahm den Ausweis vom Tisch, da er ihn für ein wichtiges, magisches Artefakt hielt und öffnete damit die Tür. Ein Mann mit Backen wie ein Bulldogge hatte sich im Türrahmen breit gemacht. Er sah aus wie einem Polizist aus dem Gesicht geschnitten. »Ausweis«, forderte er kleinlaut auf; ein wenig peinlich berührt von seinem lauten Getrampel eben. »Was ist denn passiert, Herr Officer?«, fragte Adhamh in Lucifer Devilman's matter Stimme, um seiner neuen Rolle als Lucifer Devilman gerecht zu werden. Nach einem kleinen Tausch seines Ausweises, fuhr der Polizist fort. »Ohne Zweifel sind Sie das. Nun, Herr Devilman. Gestern um ungefähr fünfzehnuhrfünfzehn, hat man Sie vor einem Schaufenster an ähm ... dieser einen Straßenecke gesehen. Und das war kurz bevor sich eine Person angezündet hatte. Wissen Sie etwas von dem Vorfall und wie die Person vielleicht ausgesehen hat? Sie als möglicher Augenzeuge, haben dazu auszusagen.« »O, ja, ja! Es hat geleuchtet und geknistert!«, begann Adhamh zu fantasieren.  »Geleuchtet und geknistert? Details bitte. Reden Sie langsam, ich brauche alle Einzelheiten.« Der aufmerksame Polizist hielt Stift und Notizblock bereit. »Äh und dann«, grub er tiefer in der Schatzkiste seiner Fantasien. »Dann gab es einen Knall. Mit vielen bunten Farben und es hat gestunken ... nach Fisch!« »Nach Fisch?« »Ja!«, versicherte der Augenzeuge Lucifer Devilman. »Hat bestimmt Fisch zum Mittagessen gefrühstückt!« Der Mann notierte den Fakt in seinen Unterlagen. »Interessant. Erinnern Sie sich noch, wie er ausgesehen hat?« »Wie ein Toast, das ein langes Sonnenbad im Toaster nahm!«, sprudelte er los, als er seine mentale Schatzkiste endlich ausgegraben hatte. Der Mann schrieb den Satz eifrig zu Ende, krümmte die Augenbrauen und sah dann von seinen Notizen zu Herrn Devilman auf. »Ist das alles, woran Sie sich erinnern?« »Äh.« Adhamh wollte weitergraben, doch der Schatz hatte sich bereits ausgegraben. »Gut. Dann werden Sie bald einen Brief vom Staat bekommen, um als Zeuge vor dem höheren Gesetz auszusagen. Sie scheinen mehr zu wissen als die anderen, die wir befragt haben. Vielen Dank.« Der Polizist lächelte freundlich und Lucifer Devilman lächelte ebenso freundlich zurück.  Adhamh schloss die Tür, als der Polizist den Treppenabsatz herunter marschierte und sich zu seinem Kollegen gesellte, der am Treppenabsatz auf ihn wartete. »Und?«, fragte der eine Polizist neugierig. »Es ist kompliziert«, gab der andere nur als Antwort und beide verließen das Treppenhaus. Kapitel 3 * . * . * . * . * . * . * Rabenfeder * . * . * . * . * Oder war es doch nicht Ravens Feder? Diese Feder könnte genauso wohl zu jeder Taube hier gehören, die einige Brotkrumen aus den Rinnen des Pflastersteins pickte. Adhamh hielt Ausschau nach einer dieser verdächtigen Tauben und fand eine, die sich wohl einen kleinen Nistplatz unter dem Dach ausgesucht hatte. Während er sich dem Vogel näherte, versuchte er seine Präsenz zu verbergen. Eine weitere Fähigkeit, die ihm als Dämon zustand. Er schlich sich von hinten an. An das kleine Vögelchen, welches ahnungslos in den Regen geradeaus starrte. Adhamh kniete sich hin, näherte sich langsam den Federn der dicken Taube und riss eine Feder raus, um sie mit der Schwarzen zu vergleichen. Perplex stieß die Taube einen Schrei aus, der auf die menschliche Sprache übersetzt folgendes Bedeutete: Gurrr! Meine Lieblingsfeder, gurrr! Doch die dunkelgraue Feder der Taube war keineswegs mit der Anderen zu vergleichen. Adhamh wollte sich bei der Taube für sein Vorurteil entschuldigen, indem er ihr die Feder wieder zwischen das Federkleid schob. Die Taube ließ ein erneutes Zeichen von schlimmen Vermutungen spüren und beschwerte sich auf menschlicher Sprache übersetzt: Gurrr! Mein Hintern! Diese Stadt ist voller Perverslinge, gurrr! Und da flog die Taube in den Regen davon. Nun war es klar, dass die Feder keiner Taube gehörte. Es war beschlossene Sache, dass Adhamh Raven ihre verlorene Rabenfeder zurückbringen musste und dafür hatte er schon einen guten Plan, denn er konnte das Mädchen mit seinen dämonischen Sinnen einfach kinderleicht aufspüren, nichts leichter als das.  Die dämonischen Fantasien drangen in Form einer mentalen Videokassette in den Schlitz seiner Gedankengänge ein und spulten folgendes Ereignis ab: »Oh Raven! Stell dir vor, ich habe deine Rabenfeder auf dem nassen Bürgersteig vor dem ertrinken gerettet! Es sind nur ein paar Leute mit ihren Stiefeln auf sie getreten, aber ansonsten ist sie unversehrt!« Und Ravens Reaktion ... »Adhamh! Das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt! Komm sofort her und rette mich vor diesem Idioten hier!« Adhamh hörte eine täuschend echte Raven-Stimme in seinem Kopf. Und sie klang ziemlich undankbar. Er dachte, dass sich Raven in seinen Fantasien eigentlich bei ihm bedanken sollte. Schließlich waren bestimmt nicht alle Leute so nett wie er, um eine herrenlose Feder ihrem Besitzer zurückzubringen. Adhamh? Adhamh? Bist du noch da?  Um Himmels ... Donnerwetter, Raven?  Es war ein Wunder. Die Menschen hatten also auch so etwas wie besondere Fähigkeiten. Adhamh wusste, dass die Menschen eine solche Verbindung Telefongespräch  nannten, aber normalerweise brauchte man dafür immer einen Hörer, den Adhamh gerade auf keinen Fall zur Hand hatte.  Aber ganz so wie es die Situation demonstrierte, konnten die Menschen sich auch durch ihre nackten Gedanken anrufen und das ohne auf einen lästigen Anrufbeantworter zu stoßen. Ravens Stimme spielte sich wirklich real in seinem Kopf ab. Er hörte sie durch das Rauschen des Regens zu ihm dringen. VERDAMMT! WAS IST LOS! HALLO? HÖRST DU MICH? Wo bist du? Warum bist du in meinem Kopf?, dachte Adhamh in seinen Kopf hinein und wartete gespannt auf ein Zeichen von der anderen Seite des Hörers. Keine Ahnung! Du hast mich irgendwie mit deinen Gedanken angerufen und die Verbindung müssen wir jetzt nutzen, um... Einen Moment!, unterbrach Adhamh die Raven-Stimme am anderen Ende seines gedanklichen Telefons. Ich habe jetzt keine Zeit für deine Unterbrechungen! Als ich nach Hause gehen wollte, dann kam plötzlich so ein Idiot, der es irgendwie auf mein Haarband abgesehen hatte. Er riss es runter wie ein Irrer, warf es weg und ab da sah ich gar nichts mehr. Ich weiß gerade nicht wo ich bin. Ich wage es auch nicht die Augen aufzumachen. Er soll ruhig weiterhin denken, dass ich schlafe und... Einen Moment!, wiederholte Adhamh. Heißt das, du hast die Rabenfeder nicht absichtlich fallen lassen? Ich dachte, du wolltest mich verführen. Eine Welle der Stille folgte und Adhamh fragte sich, ob Raven aufgelegt hatte. Doch er hörte kein Tonsignal, welches dies bestätigte.  Na gut. Wenn du es so willst kann man so sagen, dass ich dich verführen wollte, damit du mich rettest! Plötzlich ersetzte Ravens Stimme eine kühle, sadistisch klingende und in Großbuchstaben schreiende Männer-Stimme. OH DU DENKST ALSO, DASS DU MICH VERÄPPELN KANNST? DAS ICH NICHT MERKE, DASS DU GERADE SO TUST ALS WÜRDEST DU SCHLAFEN UND IN WAHRHEIT GERADE MIT DEINEM DÄMON KONTAKT AUFNIMMST?!  Du liebe Güte, dachte Adhamh. Ist das der Idiot? Pause. Idiot also, hm? Warum kommst du nicht persönlich her und sagst mir das in mein Gesicht?  Schließlich habe ich dein Medium in meiner Gewalt. Ich gebe dir fünf Minuten, um hier aufzutauchen. PIIIIIIEEEEPP. Und da war das Signal, welches das Ende eines mündigen Telefongesprächs ankündigte. Und trotzdem sprach Adhamh weiter. Sir? Hallo? Sir? Ich glaube, hier ist ein Missverständnis. Ich wüsste nicht warum, Sie mein Med- Raven kidnappen müssten. Sir? Adhamh schluckte einen Wasserfall herunter. Wo sollte er nach Raven suchen? Dieser Idiot war nichts weiter als ein gemeiner Bösewicht. Und wo würden sich Bösewichte aufhalten? Am anderen Ende der Welt. An einem geheimen Geheimort, um im Verborgenen die schlimmsten Taten zu vollbringen. Und dieser Wicht erwartete wirklich, dass er, Adhamh, in fünf Minuten ihm auf die Schliche kommen sollte? Kapitel 4 * . * . * . * Ich hasse es ein Dämon zu sein * . * . * Eigentlich hieß Breite Stirn Conall. Wie er auf seinen Namen kam? Nun, dazu gab es eine abenteuerliche Geschichte, die auch nicht sehr lang ist. Zu aller erst: Er stammte genau wie Adhamh vom Meister ab. Von ihm bekam er den Namen Phelan, welcher kleiner Wolf bedeutete. Als Phelan jedoch begann, diesen Namen auszusprechen, lachte man ihn aus. Nicht wegen der Bedeutung, sondern weil der Name wie WLAN klang. Provokant richteten Leute ihre technischen Geräte in Phelans Richtung und versuchten in ihm ein WLAN Netzwerk zu finden. Da Phelan diese Schikane nicht länger dulden konnte, ging er ins Bürgerbüro und änderte seinen Namen in Conall, welcher starker Wolf bedeutete. Seitdem vermied er seinen vorherigen Namen und ließ ihn in der Mülltonne der Vergessenheit zurück. Mit einem merkwürdigen, aber glücklichem Gefühl betrat Lucifer Devilman die Einkaufsstraße - sein gekauftes Handy und Ravens Feder immer noch in der Tasche.  Es war bereits Abend und die Menschen eilten durch die Straßen, um ihren letzten Einkäufen vor Ladenschluss nachzugehen. Lucifer Devilman war auf dem Weg zu Lucifer Devilmans Wohnung. Dabei kam er an einer Eisdiele vorbei. Der Menge an Menschen nach zu urteilen, war Eis eine beliebte Speise der Menschen. Es gab so vieles, das Adhamh in seinem kurzen Leben noch nicht geschafft hatte. Als er die eisschleckernden Menschen beobachtete, sah er in der Masse ein schwarzhaariges Mädchen, das ihn stark an Raven erinnerte. Sein dämonisches Herz machte einen Hüpfer, als er auch noch einen fremden Mann an ihrer Seite sah. Sie saßen nebeneinander auf einer Bank und steckten ihre Zungen in die jeweils andere Eiskugel, um zu probieren.  Ein unsichtbares Messer verwundete Adhamhs inneres Herz, als er das Pärchen während ihres intimen Verfahrens inspizierte.  Schließlich gab er sich einen kleinen Ruck und ging weiter. Adhamh lag in Lucifer Devilmans Wohnung auf Lucifer Devilmans Couch und folgte den Forderungen des Nokias. Nachdem er ein paar Tasten gedrückt hatte und der schöne Anfangsbildschirm eines Nokias, mit der typischen Nokia-Melodie, aufflackerte, fühlte sich der Dämon wie in eine neue Welt gezogen. Das Abbild einer freundlichen Frau, die ihn mit ihren Sommersprossen und blauen Augen stark an Raven erinnerte, lächelte ihm entgegen und das Handy fiel Adhamh doch beinahe aus der Hand, als er von diesem digitalen Gesicht überrascht wurde.  Mit jedem lauten Plopp, öffneten sich seltsame Anzeigen aus einer grünen App mit weißem Telefonhörer drauf.  Plopp -  "Hey Schatz, wie geht's dir? <3" Plopp - "Mach deine Stadt in Animal Crossing New Horizons auf! Ich brauche deine Kirschen!" Plopp - "Bin endlich fertig. Mathe war doch nicht so einfach!! Sorry, hatte dir heute eingeredet, dass es einfach sein muss. War nur ein Vorurteil :(" Es ploppten einfach die unterschiedlichsten Nachrichten auf. Adhamh klappte der Mund auf. Das Handy war gebraucht! Und der vorherige Besitzer hatte nicht einmal daran gedacht, die SIM-Karte zu entfernen! Wie in einem Videospiel, bei dem es gerade heftig zuging, rannten Adhamhs Finger wie verrückt über den Bildschirm und löschten alles, was ihnen in die Quere kam. Spätestens, als er auf die Fotogalerie des Gerätes stieß, öffnete sich sein Kiefer erneut. Da waren fremde Bilder von Pärchen, die sich küssten. Dieselbe Frau, die sich auf dem Hintergrundbild befand, küsste einen dunkelhaarigen Mann. Und die Bilder wiederholten sich. Adhamh stellte sich und Raven an ihrer Stelle vor, errötete und löschte anschließend die gesamte Galerie.  Was waren das für erotische Sünden, die seine Gedankengänge trübten? Kapitel 5 * . * Ich hasse Dämonen und die Polizei * . * Adhamh brachte den Brief auf der Tischoberfläche dumpf zu Fall. Ein Plopp von seinem Nokia gab ihm zur Kenntnis, dass eine neue Nachricht angekommen war. Aber von wem? Er hatte doch bereits alles gelöscht und die Kontakte des gebrauchten Nokias konnten ihn nicht mehr erreichen. Wer war es? Nein. Nein, nein, nein. Jetzt eröffnete sich der entscheidende Moment. Hatte er die Notiz mit der Telefonnummer wirklich in Ravens Briefkasten eingeworfen? Oder belästigte ihn jetzt dieser Dämon von gestern?Adhamhs schwere Hand hob sich langsam und landete auf seinen Augen. Dann kugelte er seine Schulter und streckte den Arm, dessen Ende das Nokia hielt weit von sich, ganz als wäre es eine ätzende Flüssigkeit in einem Reagenzglas, welche leicht aufkochen könnte. Seine Gliedmaßen schüttelten sich wie ein Busch im stürmischen Wind.  Aufgeregt und nervös schob er die Hälfte seiner Finger in Richtung Augenbrauen und lugte neugierig aus seinem Versteck hervor. Seine dunklen, kleinen Augen versuchten den verschwommen, weißen Bildschirm zu erkennen.  Schon wieder diese grüne, komische App! Und eine echt lange Reihe aus schwarzen Zeichen!  Darunter ein Text... Adhamhs Herz drückte sich in ihn hinein, seine Kehle erhitzte und verwandelte sich in einen Engpass, der sich jede Sekunde immer enger zusammenschob. Der Dämon konnte das Gefühl nicht länger ertragen, unter Druck zu stehen, und warf die Hand von seiner Sicht. Die grün-goldene Iris des Dämons wackelte von rechts nach links, während er die folgende Nachricht scannte: Ich weiß nicht wie ich es formulieren soll. Ich habe eine kleine Bitte. Nein, vielmehr eine große Bitte! Ich wünsche mir von Dir - oder sagen wir besser ich VERLANGE von Dir- dass du dicht hältst. Ich möchte, dass du keinem etwas erzählst. Du weißt ja: Schweigen ist Gold! Also erstmal ... Danke, dass du mir deine Handynummer gegeben hast, auch wenn sie durch mein offenes Fenster geflogen kam. Bist du etwa am Baum neben meinem Fenster hochgeklettert? Du hättest mir wenigsten hallo sagen können Bevor Adhamh weiter las, schaute er verwirrt von der Nachricht auf. Er hatte die Nummer weder durchs Fenster transportiert, noch kletterte er auf Bäumen herum. Und soweit er sich erinnern konnte, wuchs auf dem Grundstück der falschen Raven kein Baum im Garten.  Adhamh senkte sein Kinn und las weiter. Jedenfalls ... Du hast es bestimmt schon mitbekommen ... Wegen dem Coronavirus ... Ich kann mein Haus nicht mehr verlassen und du bist der Einzige, der mir in dieser Zeit helfen kann. Und deshalb meine Bitte: Wenn du merkst, dass ein anderer Dämon meine Spur aufnimmt und versucht, mich von meinem zu Hause aus anzugreifen, dann halte ihn rechtzeitig auf. Erlaube ihm nicht, sich meinem Haus zu nähern oder es zu betreten. Ich möchte nicht, dass meine Familie wegen mir in Gefahr gerät. Hätte ich gewusst, dass Dämonenbeschwörungen so viele Gefahren mit sich bringen, dann wäre ich doch lieber mit einer 5 in Mathe zufrieden gewesen... Adhamh stürzte ein gewaltiger Stein vom Herz, der den Boden beim Aufprall zerstört hätte - Raven! Raven! Es ist Raven!  Ihm war es sogar egal, was das Coronavirus war. Seine Gedanken widmeten sich nur dem Fakt, dass Raven ihm geschrieben hatte. Sein Lächeln war ein Lächeln des wachsenden Glücks, so wie sich eine Frühlingsblume öffnet. Aber aus irgendeinem Grund konnte er das Lebenszeichen von Raven nicht genießen. Ein bitterer Geschmack streichelte seine Geschmacksknospen und er lächelte traurig - Adhamh fühlte sich schlecht.  Seit gestern Abend weckte der Name Raven unangenehme Gefühle in ihm. Seit diesem ... Vorfall.  Ihm war bewusst, dass es ein Dämon war, der ihm Raven und ihre Familie vorgetäuscht hatte, jedoch war das alles so real gewesen, dass er sich von der echten Raven beleidigt fühlte. Er wusste nicht mehr, wo Wahrheit und Lüge steckte.  Wann konnte er wissen, wann die echte Raven vor ihm stand? Wann konnte er wissen, wann ein Dämon vor ihm stand? Oder hatte Raven als Person nie wirklich existiert?  Quatsch, Raven hatte ihn doch gerade eine Nachricht hinterlassen! Aber wer hatte ihr denn seine Nummer gegeben? Hatte der Dämon von gestern den Briefkasten geöffnet und gemerkt, dass der Einwurf nicht an ihn gerichtet war? Hatte den Zettel dann an den richtigen Empfänger weitergeleitet? Aber wenn das so war, dann kannte dieser gefährliche Dämon bereits Ravens Wohnort!  Adhamh atmete einen langen Seufzer aus. Es gab immer viel mehr Wege als Hinweise. Es war eine riesige Kammer, deren Wände - halb nackter Stein, halber polierter Stahl - mit Computerausrüstung ausgekleidet waren, die blinzelten und mit einem Eigenleben flackerten. Die Stube wäre anderen als unangenehm und unheimlich erschienen, aber es war ihr einziger Ort, um dem Rest der Welt zu entkommen. Der einzige Ort, an den sie gehen konnten, wenn sie allein sein mussten. Fensterlos, in ewiger Dunkelheit verharrend und nur wenig warmes Licht, das von hängenden Lampen strahlte. Schwarze Ledersofas und andere Gegenstände, die den unheimlichen Raum wenigstens etwas gemütlicher machten, füllten den quadratischen Raum. Drei Personen saßen aufrecht und coolness ausstrahlend auf den Sitzgelegenheiten. Es waren zwei Männer und eine Frau. Jedem ragte ein spitzes Ohrenpaar aus der Kopfmitte. Scheinbar warteten sie stumm auf ein besonderes Ereignis, denn sie wechselten weder Worte, noch Blicke.  Doch die wortlose Spannung in diesem Raum, war groß. Andere hätten dies für ein Elbentreffen für Der-Herr-der-Ringe-Fans gehalten, doch so war es leider nicht, da niemand von ihnen die Geduld für die Bücher oder Filme pflegte. Erst dann als die Falltür von oben Licht in den Raum warf, zuckten zwei von drei auf. Der Dritte, der nicht aufzuckte, war Conall - er hatte bei weitem die lässigste Haltung von allen. Die anderen kamen einfach nicht an Conall ran - denn nicht ohne Grund, war er der Chef der Bande. Das vierte Glied der Bande rutschte von oben nach unten und landete in der Mitte des Geheimzimmers. Die Platte schloss sich von selbst. »Hey, Shaun!«, begrüßte Conall Shaun. Er sprang über den Rücken einer Couch und landete auf dem weichen Kissen. »Shaun das Schaf«, kicherte die einzige, weibliche Seele leise über ihre Anspielung auf die Kinderserie Shaun das Schaf. Ihr Name war Brietta. Shaun schickte ihr einen vernichtenden Blick zu. »Hey, ich liebe meinen Namen, im Gegensatz zu euch!«, warf er rüstend ein. Die andere männliche Seele, die noch nichts gesagt hatte, knallte eine stumpfe Faust auf den Lederärmel des Sofas. Sein Name war Carden.  »Zügelt euch! Wir werden jetzt von unseren allnächtigen Taten der Nächte berichten, jetzt wo Shaun da ist und wir vollständig sind!« Conall, der Anführer, nickte Carden dankbar zu. Mit Conalls Nicken herrschte Stille. Sie alle gehorchten ihrem Anführer und saßen still in ihrem gemeinschaftlichen Viereck. Conall als ihr Gebieter, eröffnete das Wort. »Ich habe das Medium eines neuen Dämons als Geisel gehalten. Aber sie sind mir entwischt. Nicht mehr lange und dann gehört der Dämon uns.« Uuuhs und Aaahs tönten aus dem Viereck. Wenn den anderen Gruppenmitgliedern jemand entwischt wäre, dann hätte Conall dafür saftige Strafen verteilt, jedoch konnte sich nur der Anführer Conall selbst erlauben, jemanden entwischen zu lassen. Der Anführer hatte immer Recht, galt hier im Viereck. »Oh! Ich habe mir auch einen Neuling vorgeknöpft. Ich habe mich als sein Medium ausgegeben und ihn verführt! Haha der hat Augen gemacht, als ich das ganze auffliegen gelassen habe! Er war so mit den Nerven am Ende. Nicht mehr lange und dann gehört der Dämon uns!«, berichtete Shaun und rückte stolz die Sonnenbrille zurecht, die er immer trug. Die Sonnenbrille war Shauns Markenzeichen. Er hatte es zwar nicht nötig, eine zu tragen, aber er trug sie, weil er irgendwo mal gelesen hatte, dass nur echt böse Jungs Sonnenbrillen trugen, wenn keine Sonne schien. Und für so einen bösen Jungen hielt sich Shaun. »Ich habe mir ebenfalls einen Neugeborenen unter den Nagel gerissen. Ich habe den Passnamen des menschlichen Körpers, den er benutzt in Lucifer Devilman geändert. Und das Namensschild über seiner Haustür habe ich auch in Devilman umbenannt. Sogar das Geburtsdatum habe ich mit 06.06.06 gekennzeichnet. Das war ein Spaß! Bald gehört auch dieser Dämon uns.«, sagte Brietta fest entschlossen. Sie alle wussten nicht, dass sie sich in Wahrheit einheitlich ein und denselben Dämon Adhamh vorgeknöpft hatten. »Und ich habe einen Menschen dazu gebracht, Suizid zu begehen und sich selbst zu verbrennen, haha«, lachte Carden tonlos. Die drei Dämonen blinzelten Carden an. »Und?«, fragten sie alle. »Er hat gelodert. Ist ganz Asche geworden. Hat viele Leute in Unruhe versetzt.« »Ja, aber was hast du gemacht, um uns einen Dämon zu liefern, der uns möglicherweise beitreten könnte? Denk daran, dass wir mindestens sechshundertsechsundsechzig Dämonen in unserer Gruppe haben wollen! Bis dahin ist das noch ein sehr weiter Weg und wir brauchen jeden Dämon, den wir finden können. Da hast du keine Zeit, dich damit zu begnügen, wildfremde Menschen als Feuerwerkskörper zu benutzen«, mahnte ihn Conall und verunsicherte ihn mit seinem gebieterischen Blick. »Ähm ...«, machte Carden und rollte hilflos mit den Augen. Der Anführer hatte immer hohe Erwartungen, was die nächtlichen Taten betraf. Carden bereitete sich mental auf seine unverdiente Strafe vor. Dabei verstand Carden nicht, wo das Problem lag. Dämonen sind immer dort, wo Chaos ausbricht. Es ist, als zöge sie das Chaos wortwörtlich an. Und mit seinem kleinen Flammen-Unfall hatte er bestimmt den ein oder anderen Dämon angelockt und neugierig gemacht. Es war nur eine Frage der Zeit, bis dieser Dämon schließlich auf ihre kleine, vierköpfige Gruppe aufmerksam wurde. Aber soweit konnten Conall und die anderen nicht denken. Dazu reichte ihr dämonischer Verstand nicht aus.  Es gab so viele Menschen auf dieser Welt. Viel mehr, als Dämonen. Und wenn man bei der breiten Masse Chaos entfachte, dann würde dieses Chaos durchaus einen zufällig dahergelaufenen Dämon interessieren.  Aber wie schon ausgedrückt, waren Conall und die anderen einfach nicht cool genug, um Cardens Logik zu folgen.  »Los, bestraf ihn!«, drängte Brietta, darauf folgte Shaun: »Ja, bestraf ihn endlich! Letzte Woche hast du mich auch dafür bestraft, weil ich den Staub in dieser Bude nicht ordentlich geputzt habe.« »Zur Strafe«, kündigte Conall bedeutungsvoll an und hob den Blick wie ein König, der seinen Sklaven zu etwas aufforderte.  »Wirst du jetzt gehen und uns einen Dämon holen! Und wehe du kommst ohne einen zurück!« Mittlerweile hatte Adhamh es geschafft, dem Sternenlicht die Stirn zu bieten, indem er einen sogenannten Sonnenschirm trug. Er ging ohne ein bestimmtes Ziel hinaus. Er wollte einfach nur einen entspannten Spaziergang hinterlegen und seine Gedanken neu ordnen. Passanten, die Adhamhs schwarzen Sonnenschirm mit Verwirrung inspizierten, warfen einen Blick auf ihren mobilen Wetterbericht, um zu kontrollieren, ob es heute regnen sollte. Und als sie feststellten, dass die Sonne den Großteil an den Tag brachte, zuckten sie fassungslos mit den Achseln  »BRAUSE, BRAUSE, KOMMT NUR, UND PROBIERT AHOJ BRAUSE! DAS PRICKELNDSTE BRAUSEPULVER SEIT FAST ZEHN ZIRKULATIONEN!« (Zehn Zirkulationen = einhundert Numerologiejahre = einhundert Jahre (Ahoj Brause wurde in Deutschland 1925 erfunden), Brause? Adhamh drehte seinen Kopf zum einzigen schattigen Plätzchen, auf dem ein Marktstand  unter der Markise eines riesigen Einkaufsladens errichtet wurde. Ein junger Mann mit Sonnenbrille und breitem Lächeln hatte kleine Regale mit bunten Tütchen auf der Platte des Standes aufgestellt (Carden hatte so wie Shaun auch eine Sonnenbrille, trug sie aber eher zu besonderen Anlässen). Carden fluteten stets kreative Ideen, was das Anlocken von Dämonen betraf. Adhamh hatte in seinem dämonischen Allgemeinwissen über die Menschenwelt schon einmal von Brause gehört. Es gab Geschmacksrichtungen wie Cola, Himbeere, Waldmeister, Orange und Zitrone. Man konnte Brausepulver in ein Getränk mischen oder es einfach so auf die Zunge streuen. Brausepulver war ein explosives Süßigkeitenerlebnis. Der neugierige Dämon trat in den Schatten und faltete seinen Sonnenschirm.  Adhamh bemerkte nicht, wie der Verkäufer bei seinem Erscheinen zusammenzuckte und die Sonnenbrille, die bereits perfekt auf seinem Nasenrücken saß, noch einmal zusammenrückte, als fürchtete er sich davor, erkannt zu werden. »Welche Geschmacksrichtungen habt ihr?«, wollte Adhamh wissen, als er seine Nase über den Marktstand wandern ließ. Carden lächelte verschmitzt. Der rohe Fisch hatte angebissen. Und das auch noch der Größte und Beste von allen - jetzt musste er nur noch geröstet werden. »Oh, wir haben Cola, Waldmeister, Erdbeere, Himbeere, Orange ...«, zählte Carden auf und rollte nervös mit den Augen hinter der dunklen Sonnenbrille. »Habt ihr Zitrone?«, fragte Adhamh und suchte nach einer gelbfarbigen Packung.  »Oh ... ähm ... ich wir haben keine Zitrone, aber wir haben andere Geschmacksrichtungen.« »Ich will aber Zitrone«, beharrte Adhamh scharf und ein wenig verärgert. Carden hatte alle Zitronenpackungen in seinen Hosentaschen versteckt. Er liebte Brausepulver und Zitrone. Sein Mund kräuselte sich.  Warum ist Kundschaft nur so schwer? Die anderen Sorten sind doch mindestens genauso lecker wie Zitrone! - Okay, nein... Doch ... da gewann Carden an einer Idee. Er hatte einen Dämon vor sich und musste ihn ... Ins Versteck locken. Der tüchtige Ahoj-Brause-Verkäufer schnippte lebhaft mit den Fingern. »Hey, wenn du willst begleite ich dich zu unserer Firma! Wir zeigen dir, wie Brause hergestellt wird und da gibt es Zitrone und noch viel mehr als das! Du kannst dir auch was aussuchen, wenn du mitkommst.« Adhamh blickte den Geschäftsmann freundlich an. Dieses Angebot hielt er für die Ablenkung, die er im Moment benötigte. »Okay!« Cardens Herz machte einen siegreichen Hüpfer. Er sendete eine telepathische Nachricht an Conall: Hey, Boss! Der Fisch hat angebissen! Verwandelt unsere Stube in eine Brausefirma! Der Rest erklärt sich von selbst. BRAUSEFIRMA? ICH WEISS DOCH NICHT WIE SOWAS AUSSIEHT! DAS WIRD DOCH VOLL SCHIEF GEHEN! Ach, wir schaffen das schon! Wir müssen einfach sein Vertrauen gewinnen. WENN ETWAS SCHIEF GEHT, DANN GEHT DAS AUF DEINE KOSTEN, CARDEN! MERK DIR DAS, CARDEN! Carden gab seinen Freunden ein paar Sekunden Vorbereitungszeit, griff dann nach Adhamhs Arm und beförderte sich mit ihm in die Brausefirma. »Wow! Wie hast du das denn gemacht?«, staunte Adhamh und taumelte ein bisschen von dem plötzlichen Raumwechsel. Er befand sich in einem weißen Raum, der wie ein Brausepulver-Paradies aussah: Viele, viele Vitrinen mit den verschiedensten Farben Brausepulver! »Wooooww!«, staunte Adhamh noch lauter.  Brietta und Shaun standen hinten im Raum und fertigten Gläser an, die voller Brausepulver pulsierten und schäumten - sie hatten die Rolle der "Köche" und mussten so tun, als würden sie Brausepulver herstellen, um die Firma als wirklich echt zu verkaufen. Conall stand vor ihnen. Uniformiert in weißer Streifenkleidung und Kappe. Sein Gesicht hing schlaff mit den Nerven am Ende. Er wirkte nicht amüsiert von Cardens Idee. Conall sah direkt, dass Adhamh die Sorte Dämon war, die nicht vertraut damit war, mitten in einem Pentagramm zu stehen, deshalb ließ Conall die Brausefirma-Tarnung mit einem Schnippen seiner Finger sofort wieder verschwinden.  Adhamh sah alle bestürzt an. Erst jetzt merkte er, wo er sich befand. »Dämonen! Ihr Schweine-Dämonen! Was habt ihr vor? Was habt ihr mit der Brause gemacht?« »Hat er uns gerade Schweine genannt?«, flüsterte Shaun Brietta zu, die nickend antwortete. Carden pulsierte so furios wie das Brausepulver, als er verfolgte, wie Conall seinen einzigartigen Plan zunichte machte. Er wusste, dass Conall irgendwann zu solchen Mitteln greifen würde, doch er hatte nicht gedacht, dass er so früh etwas dagegen unternahm. Carden hatte Adhamh wenigstens eine Freude machen wollen, bevor alles einen ernsten Berg runterrutschte.  »Willkommen bei den Peaceful Demons«, begann Conall. Adhamh prustete lachend los. »Peaceful Demons?!« Conall fuhr fort, als hätte er nichts gehört. »Wir sind eine Protestgruppe gegen den Meister. Wenn du gegen ihn rebellieren willst, dann schließe dich uns an! Gemeinsam werden wir eine liebende Familie und helfen anderen Dämonen, sich in der Welt zurechtzufinden.« Brietta pfiff beeindruckt durch ihre Zähne. Der Anführer hatte immer besonders überzeugende Reden parat. »Eigentlich bin ich nur wegen Brausepulver gekommen. Und ich habe nicht vor, gegen den Meister zu protestieren«, erläuterte Adhamh sein Desinteresse. »Wirklich? Hat dein Meister in letzter Zeit mit dir geredet? Oder hat er dich im Stich gelassen?«, pochte Conall auf Schwachstellen. Adhamhs Erinnerungen schleusten sich widerwillig in den vorherigen Abend zurück. Wenn der Meister ihn geholfen hätte, wäre es bestimmt nicht so weit gekommen. Nicht einmal in seinem heutigen Traum hatte er ihn von seiner Trauer erlöst. Andererseits... »Bestimmt hat einer von euch das gestern mit Raven gemacht! Mein Meister hat mir das Leben geschenkt und deshalb werde ich mich keiner Protestgruppe anschließen! Und dich!« Adhamh deutete auf Conall. »Dich erkenne ich wieder, Breite Stirn!« »Ich heiße Conall«, korrigierte Conall tonlos und wollte rasch das Lachen seiner Gruppe ersticken. »Sollen wir ihn fesseln?«, schlug Brietta vor. Die anderen Dämonen nahmen eine angriffsbereite Stellung ein. »Nein. Lasst ihn gehen, wenn er gehen will«, sagte Conall und winkte ab. Seit dem Vorfall in der Stadt wusste er, dass Adhamh kein leichtes Spiel war. »Wo kann ich jetzt rausgehen?!«, spie Adhamh den Dämonen entgegen und wirbelte im Fünfeck herum. »Da oben«, wies Conall ihm den Weg und öffnete die Falltür auf magische Weise. »Tschüss!«, verabschiedete sich Adhamh barsch. Carden warf Adhamh eine Zitronenbrause hinterher. »Danke!«, entgegnete er eher wütend, als dankbar. Als Adhamh verschwunden war, fragten die Untertanen ihren Anführer: »Warum hast du das getan? Wir brauchen doch Mitglieder!« »Ich habe ihn gehen lassen, weil er Zeit braucht.« »Zeit?«, erkundigten sie sich bei ihren erhabenen Anführer. »Ja, Zeit. Er ist noch neu und muss noch etwas länger auf der Welt leben, bevor sie seine Weltansichten verändern kann. Erinnert euch daran, wie es mit euch war. Bevor ihr die Welt von allen Ecken kanntet, machte sie euch Spaß und ihr wart neugierig. Das wird sich bei ihm bald ändern. Ich möchte niemanden gegen seinen Willen in unsere Familie aufnehmen.« Die anderen nickten einstimmend, jedoch hatte Shaun etwas dagegen einzuwenden. »Ich dachte, wir sind die Bösen.« »Nein, wir sind nur höfliche Rebellen mit höflichen Absichten.« Kapitel 6 * . * . * . * Lehrer–Probleme * . * . * . * . * Kapitel 11 * . * . * . * . * . * Ran an die Arbeit! * . * . * . * »Ist das erlaubt mit so vielen Personen in einem Raum? Es ist doch Corona ...« »Corona existiert im Reich des Dämonischen Buchklubs nicht«, erklärte Conall den neuen und ersten menschlichen Mitgliedern des Dämonischen Buchklubs glatt. »Oh ... wahrhaftig? Dann bin ich beruhigt, Haha«, antwortete ein Mann. »Hehe«, lachte der andere Mann mit. »Huhu«, lachte Shaun mit den Männern. »Hohoho«, fühlte sich Carden dazu verpflichtet sich der Kette der nervösen, verschiedenen Lach-Kombinationen-mit-dem-Buchstaben-H anzuschließen, um die beste, positive Stimmung zu vermitteln, damit die neuen Mitglieder auch beschlossen an den weiteren Treffen teilzunehmen, statt nach diesem Treffen für immer und ewig das Weite zu suchen. »Okay, genug gelacht. Tragen alle einen Maulkorb des Versprechens und des Schwörens um ihren Mund?« »Ah, Mist. Ich habe keinen Maulkorb«, sagte der eine Mensch. »Ich wusste auch nicht, dass wir einen brauchen. Ist ja ein Buchklub ...«, schloss sich dem der zweite Mensch an. »Das war eine Metapher«, informierte Conall tonlos.  »Ah.« »Oha.« »Okay, genug. Kommen wir direkt zu der Frage der heutigen Session. Warum gibt es immer den Guten und den Bösen in Büchern?«, fuhr der Buchklub-Leiter fort. Insgeheim schuf er sich Parallelen: Harry Potter – der Junge, der überlebte und Dumbledores Liebling. Adhamh – der Junge, der überlebte, na ja trifft vielleicht nicht ganz zu, und Meisters Liebling... »Weil es hell und dunkel gibt«, begann ein Mensch freundlich und seinem vollen Respekt dem Buchklub widmend. »Und schwarz und weiß«, wandelte der zweite Mensch das vorher Gesagte in Synonyme um, um einen ersten, schlauen Eindruck von den anderen Mitgliedern des Dämonischen Buchklubs zu ernten. »Einer muss leben und einer muss sterben, um ein Happy End zu erreichen«, äußerte sich Carden weise. »Harry Potter und Voldemort, Eragon und Galbatorix, Naruto und Sasuke äh ...«, fuhr einer der Männer fort. »Sasuke ist nicht böse, Idiot. Außerdem ist das ein Buchklub, will ich dich erinnern!«, entgegnete der andere Mann streng. »Na, hör mal! Manga sind auch Bücher!«,  stöhnte der andere perplex auf. »Ne, nun mal nicht! Überall stehen solche Sachen wie WUUUUSCH! oder KRACH! oder BUMM! Sowas steht ihn richtigen Büchern nicht.« »Brüder, können wir bitte beim Thema bleiben?«, erinnerte Conall alle Anwesenden an die Wichtigkeit des Buchklubs. »Verzeihung.« »Ja Verzeihung, oh großer Meister des Buchklubs!« Bevor Conall fortfuhr, bedachte er die beiden Menschen mit einem disziplinarischen Spiel seiner beiden Augen. »Gut. Also warum gibt es immer gut und böse? Meint ihr nicht, dass das unrealistisch ist? Also niemand kann doch komplett böse sein. Böse haben doch auch gute Gefühle und so und können nicht immer böse sein.« »Ah. Schubladendenken«, zeigte der eine Mann auf. »Ja, genau. Schubladendenken. Das gibt es in vielen Büchern. Die einen sind verdammt gut, die anderen bitterböse«, erweiterte der andere Mann die Gedanken des einen. »Warum müssen die Bösen immer böse sein? Ich meine ... können die nicht einfach das Leben genießen und ihren Hobbys nachgehen?«, dachte der eine Mann groß nach. Sie ließen Brietta, Carden und Shaun einfach keine Chance, sich ebenfalls zu äußern – oder sie wollten sich einfach nicht äußern. Ja, jetzt waren die Menschen an der Reihe die Launen des Bosses zu ertragen, wenn ihnen etwas unvernünftiges über die Lippen rutschte. »Und wenn Menschen töten nun mal ihr Hobby ist?«, wandte Brietta plötzlich ein. Die Brüder dachten über ihre Aussage nach. Da haftete Wahrheit dran. »Jeder hat seine eigenen Hobbys. Wenn jeder dieselben hätte, wäre niemand mehr einzigartig«, dachte einer der Menschen laut grüblerisch. »Ich meine, wie viele Leute auf der Welt gibt es die einfach so hingehen und sagen: Hey mein Hobby ist Menschen töten, schön dich kennen zu lernen!« »Als ich in der Schule war«, erinnerte sich der andere menschliche Buchgenosse wohlbesonnen, »fragte mich mein Lehrer, welchen Beruf ich später gerne ausüben möchte. Ich sagte schlicht: Ich möchte später Menschen begraben. Er sagte: Aber Keanu, dass ist verboten! Dann sagte ich: Aber nein, tote Menschen will ich begraben! Und er sagte: Ahhh. Ja, tote Menschen darfst du begraben. Dieser Beruf nennt sich Leichenbestatter.« Ein großer mentaler Traktor fuhr über das nostalgische Feld der Erinnerungen und pflügte die nostalgischen Erinnerungen. »Leichenbestatter ist ein sehr angenehmer Job. Hat mein Opa früher immer gemacht. Ich glaube Voldemort wollte Leichenbestatter werden, aber nur für lebende Menschen. Daran kann doch nichts falsch sein, oder?«, meldete sich der Mann, dessen Name noch nicht bekannt war, wieder zu Wort. »Da ist was dran. Und am Ende landete Voldemort selbst in einer Urne, weil er na, ja, zu Staub gefallen ist und so«, stimmte Keanu zu. Conall nickte anerkennend. Wenigstens scheinen diese Menschen im Gegensatz zu meinen blöden Dämonen das Buch gelesen zu haben. »Die Guten gewinnen immer. Die Bösen verlieren immer«, zuckte Keanu schlicht mit den Schultern. Das war eben eine Tatsache, mit der man sich abfinden musste. »Hat unser Boss deshalb gestern verloren?«, schlussfolgerte Carden und blickte Brietta und Shaun an.  Conall überhörte diese Frechheit beabsichtigt. »Warum ignoriert uns der Meister, und Adhamh nicht? Ist es, weil wir böse sind und weil Adhamh gut ist?«, überlegten die Dämonen. »Moment, Moment. Wenn Adhamh in dieser Geschichte der Protagonist ist und nehmen wir an, wir sind die Antagonisten. Bedeutet dass, wir müssen am Ende sterben?«, wandte Carden klug, aber nervös ein. »Scheiße«, kommentierte Shaun und malte sich bereits seine rosige Zukunft, bald im Fegefeuer zu landen, aus. »Ja, schließlich kann es immer nur einen Protagonisten geben«, sagte Brietta im Droh-Ton, als würde sie am liebsten vorschlagen, Adhamh zu ermorden, um ihm seine Rolle als Protagonist zu klauen. »Sehen wir die Sache mal aus der Perspektive von Harry Potter«, warf Conall hilfreich dazwischen. Er hatte große Hoffnungen, dass er jetzt gemeinsam mit seinen Brüdern und Schwestern einen Schritt weiterkam.  »Harry Potter ist jemand, der vom Schicksal auserwählt wurde, um Voldemort zu besiegen. Ihr erinnert euch doch bestimmt an die Prophezeiung, die im Orden des Phönix erwähnt wird«, fuhr Conall mit seinen Überlegungen fort und betonte den letzten Teil, um genau auf die nervösen Reaktionen von potenziellen Unwissenden zu achten. »Dann müssen wir herausfinden, ob es eine Prophezeiung über Adhamh gibt, die ihn zum Auserwählten macht. Dann finden wir heraus, ob Adhamh ein Protagonist ist«, klatschte Carden mit der Idee eines großen Denkers in die Hände. In diesem Moment wussten die beiden Menschen, dass es sich bei diesem Buchklub um mehr als nur um einen Buchklub handelte. Es kam wohl auch darauf an, den Buchklub wahrhaftig zu leben. In einer Art Rollenspiel oder so mit einer Fantasiefigur namens Adhamh, glaubten die Männer. »Verdammt. Ich hasse diese Vorstellung«, beschwerte sich Shaun.  »Ja und weil Voldemort diese Vorstellung ebenfalls hasste wollte er den Protagonisten aus dem Weg räumen, um selbst Protagonist zu werden«, sprach Brietta ihre Idee, Adhamh ebenfalls aus dem Weg zu räumen, vorsichtig aus. »Klingt logisch.« »Macht Sinn.« »Jaha.« »Auf den Punkt getroffen.« Gaben sich Dämonen und Menschen Recht. Conall, der bis jetzt nur zugehört hatte, formte aus den Forschungen einen ersten Anhaltspunkt. »Wir müssen Adhamh beobachten. Wir müssen von ihm lernen. Nur so können wir herausfinden, was ihn zum Protagonisten macht und dann werden wir vielleicht auch zu den Guten. Und der Meister wird uns loben.« »Ja sicher gibt es irgendetwas das wir in unserem Leben falsch machen«, ahnte Carden philosophisch.  »Conall, du hast doch seine Nummer. Schreib ihm jetzt und frag ihn, was wir in unserem Leben falsch machen und was er so richtig macht«, hetzte Shaun. Conall zückte sein Apple iPhone 11 Pro Max, welches eintausendvierhundertundneunundzwanzig Euro gekostet hatte und schrieb Adhamh folgende Nachricht: Hallo Adram, wfs machen wir unseem Lebe falsh? Dein Konal. Gesendet. Carden, der seinem Boss über die Schulter spähte, lächelte aufmerksam. »Boss, ich korrigiere dich ungerne, aber ich glaube, du hast nicht auf die Rechtschreibung geachtet.« »Na, und?« Genau in diesem Moment bei Adhamh Adhamh versuchte krampfhaft die Hieroglyphen auf seinem Nokia zu entziffern. »Ich komm damit nicht klar«, sagte Adhamh zu sich selbst, »ich werde gar nicht darauf antworten, ist scheinbar auch nicht an mich gerichtet. Ich heiße nicht Adram. Ich werde so tun, als würde ich das ignorieren. Wer auch immer dieser Konal ist.« Kapitel 12 * . * Kühlschrank und Computerspiele * . * Es war ein schöner und sonniger Tag in der Stadt namens Elend. »Diese Stadt ist ein Elend«, langweilten sich die Peaceful Demons an diesem sonnigen Tag, den sie einfach nicht genießen konnten. Shaun streckte sich langweilig auf einem Sessel lang. Carden lag einfach auf dem Boden und hätte als Putzlappen verwendet werden können. Brietta lag mit dem Gesicht auf dem Tisch. Und Conall – nun, er langweilte sich nicht. Warum auch? Er war schlau genug, um sich eine Beschäftigung zu suchen. »Hey Leute«, legte Shaun einen Versuch ein, die anderen aufzuheitern. »Als ich letztens Adhamh beobachtet habe, um mir was von seinem Verhalten abzugucken, trug er Zeitung aus.« Brietta und Carden stöhnten unbegeistert. »Das erzählst du uns heute schon zum vierten Mal.« Shaun verstummte und öffnete nach wenigen Sekunden wieder den Mund, um einen Vorschlag zu bringen. »Vielleicht müssen wir uns beim Handelsblatt anmelden, wenn wir so wie Adhamh sein wollen.« »Nnnngh«, stöhnte Carden lustlos.  Mit Shaun zu sprechen war genauso frustrierend wie einen Hamburger mit frisch lackierten Nägeln zu essen. Hoffnungslose Stille folgte, bis … »Ah, die App ist so praktisch hier kann ich sehen wo die Zusteller gerade sind und wann sie genau auf die Sekunde ankommen. Oben rechts gibt es einen Timer, der alle sechzig Sekunden abzählt.« Die Peaceful Demons horchten auf. Wenn Conall sprach, dann war es immer interessant. »Aha. Vor uns beliefern sie noch einen anderen Kunden, wie ich hier sehen kann«, stellte Conall fest. »Ist das der Kühlschrank, den wir für unsere Pizzen bestellt haben?«, fragte Carden neugierig. »Er nähert sich ... Meine Fresse, fährt der etwa auf der Autobahn lang? Und jetzt biegt er in den Mc' Donalds ab! Was hat das zu bedeuten?!« »Nein, Mistkerl!«, verfluchte Shaun den Kühlschrank-Lieferanten, der gerade in den Mc' Donalds einbog. Plötzlich sang Conalls Apple iPhone 11 Pro Max für eintausendvierhundertundneunundzwanzig Euro auf: There once was a boy named Harry destined to be a star. His parents were killed by Voldemort who gave him a lightning scar! »Oh«, machte Carden. »Unser Boss hat einen interessanten Klingelton.« Conall schüttelte mit der Hand um mit seiner geheimen Kunst der Körpersprache zu vermitteln, dass alle ihre Klappe halten sollten. »Wir kommen gegen neun«, informierte eine männliche Stimme am Telefon.  Conall legte auf und starrte auf seine Apple iPhone 11 Pro Max Uhr für eintausendvierhundertundneunundzwanzig Euro. Noch fast eine Stunde. »Ich sag's euch, die fressen im Mc' Donalds«, richtete Conall schlicht aus und zuckte mit den Schultern. »Zusteller heutzutage«, schüttelte Carden bemängelnd den Kopf. Eine Stunde später »Die könnten gleich kommen. Finden die unsere Falltür überhaupt?«, fragte Shaun. »Wir müssen irgendwann mal den Rasen um unsere Falltür mähen, damit man sie besser sieht, bevor man stolpert«, wandte Carden weise ein. »Wir klappen die Falltür auf und sagen den Männern, dass sie den Kühlschrank fallen lassen sollen«, schlug Shaun ideenreich vor. »Ja und dann können wir unsere Pizzen nicht mehr lagern. Dann kannst du den nächsten Kühlschrank bezahlen«, drohte Conall damit, Shaun die Finanzen zu überlassen. »Lieferservice!«, verkündete eine frohlockende Stimme ganz weit oben. Die Peaceful Demons sahen den Ausdruck des Lieferanten von hier unten nicht, aber wenn sie ihn sehen könnten, dann stünde jetzt ein verwirrter junger Mann vor ihrer Tür, der zum ersten Mal etwas an eine Falltür lieferte. Ultra aufregend. »Bitte stehen lassen, schaffen wir schon von selbst!«, rief Carden pflichtbewusst. »Okay, aber ich brauche eine Unterschrift«, entgegnete der Lieferant laut. »Scheiße«, kommentierte Shaun. Der Lieferant lächelte schief. »Warum kommt die Post immer dann, wenn es Tag ist und nicht, wenn es Nacht ist«, beschwerte sich Brietta über die menschliche Natur.  »Wer geht hoch und unterschreibt?«, fragte Carden und schloss sich mit dieser Frage schon einmal selbst aus. In der Regel war es immer der Frager, der immer auf der sicheren Seite war, weil er fragte. Mit Fragen war das Meiste auch schon getan. Man erinnerte alle an das, was in dem Moment zu tun war und darauf folgte meistens von jemand anderem ein heldenhaftes: Ich mach's! Niemand kommt auf die Idee, den Frager selbst loszuschicken. »Der, der bestellt hat«, meinte Shaun schlicht. Alle warfen Conall einen Blick zu.  Ein Beweis dafür, dass der Frager niemals in Frage kam, den Job zu erledigen. »Oh nein, mein Gesicht hat im Kampf gegen Adhamh schon genug vom Licht zu spüren bekommen. Jetzt seid ihr dran«, lehnte er ab. Ja, jetzt kam es. Die Diskussion. Meistens löste der Frager eine Diskussion mit seiner Frage aus und hielt sich dabei selbst aus dieser Diskussion raus, weil er sich mit seiner Frage ja gewiss bereits selbst ausgeschlossen hatte. »Dann, gibt es nur eine einzige Möglichkeit, die Sache wie wahre Männer zu regeln«, zeigte Carden weise auf.  Und auf die allgemeine Diskussion, folgte eine allgemeine Lösung, die meistens vom Frager selbst eingeführt wird. Dann wirkte es, als hätte der Frager nun auch als Ideenbringer den meisten Job bereits getan und die Chance den Job zu übernehmen sprang für ihn dabei sofort auf Null. »Und Frauen«, fügte Brietta prompt hinzu. Carden hob die Hände über seinen Kopf und spitzte seine Finger aneinander. »Ich bin im Haus!«, rief Carden. »Haus!«, folgten Shaun und Conall darauf  wie um Leben und Tod schreiend und formten so schnell wie möglich ein Dach über ihren Köpfen (alle, die ein Dach über den Kopf bilden, müssen nicht nach draußen, so lauten die dämonischen Spielregeln der Peaceful Demons). Brietta starrte die Jungs perplex an, weil sie viel zu schnell gehandelt hatten. »Es ist beschlossen, Brietta geht raus!«, verkündete Carden frohlockend. Cardens ideenreiches Handwerk hatte ihm jetzt den Hintern gerettet. Carden war stolz auf seinen Einfallsreichtum. »Ich hasse euch«, hauchte sie mörderisch und schnippte mit den Fingern.  Oberhalb der Falltür wartete der Lieferant immer noch. Er beobachtete die Vögelchen oben am Himmel. Manchmal wünschte er, so wie sie zu sein und einfach hinfort zu fliegen. Weg von allen menschlichen Subspezien namens Idioten im Leben und wenn er doch auf eine solche Subspezies traf, konnte er einfach seinen Notdurft entlassen und weg waren sie. Doch in diesem Moment war es nicht der Lieferant, der das Fliegen lernte, sondern sein elektronisches Unterschriftengerät und der dazugehörige Stift.  Mit unsichtbaren Flügeln rutschten sie aus seiner Hand und bahnten ihre Flugbahn durch die Falltür. Als die beiden Sachen Brietta wie handzahme Vögel in die Finger flogen, unterschrieb sie und schickte sie wieder hinauf. Der Zusteller bekam eine Unterschrift zurück: Peaceful Demons.  Gleichgültig zuckte der Mann mit den Schultern. Wenigstens hatte er seine Unterschrift. Nun ging er zurück in sein Postauto und war gerade dabei, den Motor einzuschalten, als seine Augen plötzlich einen schwebendem Kühlschrank, umhüllt in Karton erspähten. Der schwere Karton stieß versehentlich mehrmals gegen die Ränder der Falltür, bis sich das Loch von selbst vergrößerte und nun groß genug war, um den Kühlschrank durchzubekommen. Dann schrumpfte das Loch wieder auf seine Originalgröße zurück. So weit ist es also mit meinem Hobby gekommen, dachte sich der Lieferant seufzend, ich sollte dringend aufhören, nachts lange mit irgendwelchen Leuten im Internet zu streiten, nur weil's Spaß macht. Der Lieferant brummte mit seinem Motor und fuhr davon. Als das Paket sanft zu Fall kam, wunderte sich Conall. »Und wozu der ganze Radau, wenn ihr einfach Telekinese benutzen konntet?« Die Peaceful Demons sahen sich gegenseitig an und sagten nichts.  »Es ist zum Verrücktwerden mit euch! Wisst ihr das?« Kapitel 13 * . * . * . * . * Botschaft an den Meister * . * . * . * . Lieber Meister (schrieb Adhamh an einem gewissen Örtchen während einer intensiven Kommunikation zwischen Ausgang und Eingang), wie geht es dir? Mir geht es sehr gut. Ich versuche das Leben, das du mir geschenkt hast bestens zu organisieren. Es ist so einiges passiert, seitdem ich Raven das letzte Mal besucht habe. Ich arbeite beim Handelsblatt und trage einmal in der Woche Zeitung aus. Die Arbeit ist sehr flexibel. Ich kann arbeiten, wann ich will – und das auch nachts. Die Zeitung wird von freundlichen Menschen an meine Haustür geliefert. Ich biete ihnen immer etwas Kuchen und Tee an, weil ich finde, dass auch sie für ihre harte Arbeit belohnt werden sollten. Aber sie lehnen immer ab. Vielleicht mögen sie sowas nicht. Dabei dachte ich, dass Menschen selbstgemachten Tee und Kuchen mögen. Mir bieten die Leute beim Zeitungaustragen schließlich auch immer solche Nettigkeiten an. Letztens war es Orangensaft. Er war wirklich lecker und erfrischend. Ich habe mir einen speziellen Wagen gekauft, um die Zeitung darin zu transportieren, aber er ist nicht groß genug für alle Zeitungen, weshalb ich manchmal zwei Mal laufen muss. Und ... Ich weiß, es ist eine private Sache, aber jeder hat seine eigenen Ängste. Und ich habe herausgefunden, dass Hunde eine spezielle Wirkung auf mich haben und mein Herz so schnell schlagen lassen wie ein Mensch mit der Klatsche auf eine Fliege.  Das Gute ist, dass ich mich durch meine Arbeit gegen diese Angst wehren kann. Neulich ist mir ein Hund mit seinem Herrchen an mir vorbeigekommen. Er hat sich umgedreht und gebellt (der Hund). Dann habe ich gesagt: "Du hältst dich wohl für einen großen Könner für deine zehn Zentimeter, was?" Und dann habe ich dem Hund und seinem Herrchen den Rücken zugekehrt und weiter Zeitung ausgetragen. Manchmal vermisse ich Raven. Ich vermisse ihre zärtlichen, schwarzen Haare. Aber sie muss viel für die Schule machen. Ich weiß nicht wie man zu Hause und gleichzeitig in der Schule sein kann, aber ich will mich nicht in ihr Privatleben einmischen. Was viel wichtiger ist, ist, dass es ein menschliches Virus namens Corona gibt. Alle müssen Masken tragen und das fügt allem Leid zu, weil niemand mehr sein eigenes Lächeln sehen kann. Auch heiraten tut man in Masken. Ich habe sorgen, dass durch diese Masken niemand mehr richtig heiraten kann. Heiraten ist, wenn man eine Verbindung mit einer Person eingeht, die sich nie an Jubiläen und Geburtstage erinnert, aber der andere diese nie vergisst. Ich frage mich, wenn Raven und ich heiraten, wer von uns beiden derjenige sein wird, der Geburtstage und Jubiläen vergisst. Dabei weiß ich noch nicht einmal meinen Geburtstag. Aber eins steht fest: Masken müssen abgeschafft werden. Nie kann ich normal Zeitung austragen, ohne ohne Maske eine Zeitung in den Lidl zu liefern. Und deshalb muss das Virus weg. Ich frage mich, wie ich Corona wegmachen kann, damit alle Menschen wieder glücklich sind. Ich brauche deine weisen Worte, oh Meister im Himmel. Was soll ich tun? Wie kann ich diesem Virus das Handwerk legen? Ich liebe dich. Dein Adhamh P.S Hast du schon etwas wegen Ravens Bruder unternommen? Kapitel 14 * . * Noch eine Nachricht an den Meister * Die Peaceful Demons hassten Sonntage. An Sonntagen gab es nichts interessantes zu sehen. Weniger Autos auf den Straßen bedeutete weniger interessante Straßenausrutscher und eine geringere Chance, dass Autos gemütlich über irgendwelche Dinge hinweg rollten. Weniger Geschäfte, die ihre Schilder auf Geöffnet umdrehten, bedeuteten weniger Lebensformen mit interessanten Taschentricks.  Was noch schlimmer war: Das Sonn im Sonntag. Der einzige Tag in der Woche, der den größten Feind der Dämonen ankündigte – die Sonne. Das Licht. Doch seltsamerweise schien das Licht an allen anderen Tagen, außer am Sonntag.  Aber vor allem lag ihre Beschwerde darin, dass der Sonntag als berühmter Ruhetag galt. Daher hatte auch keiner Lust, Vandalismus zu betreiben. Zum Beispiel dort, wo Vandalismus nötig war. Bei den hochnäsigen Politikern.  Menschen kamen auf alle möglichen Ideen, wenn es um Vandalismus ging: Sie zerstören elektrotechnische Geschäfte, zerstören Spielplätze, zerstören Klubs, setzen den Kaugummiautomaten an der nächsten Ecke außer Gefecht, aber nie kam jemand auf die Idee, die wirklich wichtigen Sachen zu zerstören. Die meisten Menschen ließen sich kaum von Politikern befriedigen, aber niemand unternahm etwas dagegen und zerstörte das Haupthaus der Politiker.  Menschen sind schon seltsame Geschöpfe. Sie zerstören alles, was Spaß macht. Aber das was ihnen eine Plage bereitet, zerstören sie nicht. Es war schon ein Wunder, dass menschliche Schulen noch einigermaßen heile blieben. Kapitel 15 * . * . * . * . * . Warum Zeitung Spaß macht * . * . * . * .* . * Der Morgen war ein Schöner. Schön und Adhamh verließ artig mit Maske um den Hals das Haus (weil er auch in Bäckereien rein musste), nachdem er zwei Stunden lang Prospekte in die zweihundertundachtzig Zeitungen stopfte. Adhamh hob den metallenen Griff seines grünen Wagens vom frischen Steinboden auf und mit einem schrillen quietschen der Gummireifen und der schweren Last im Wagen, rollte er Adhamhs Fußmarsch nach los. Eine Zeitung dahin, eine Zeitung dorthin. Die Häuser, wo der Zeitungsjunge genau wusste, dass dort ein Hund lebte, belieferte er eilig und rannte Schnurstracks mit klopfendem Herzen wieder von dannen. Dann marschierte er weiter, die Stille und einen noch dunklen Morgenhimmel genießend. Obwohl Adhamh Gesellschaft mochte, bevorzugte er seine Arbeit in frühester Früh. Er mochte die Stille der schlafenden Autos und fühlte sich erleichtert, dass er nicht auf seltsame Leute stoßen musste. Ständig stieß er auf seltsame Leute, wenn er seine Arbeit (nach)mittags (natürlich bei bewölktem Wetter) verrichten wollte. Adhamh dachte an den jüngsten Vorfall: er ging an ein Haus, brachte die Zeitung zu Briefkasten, als er plötzlich einen grauenhaften Schrei hörte, als hätte der Schreier einen Geist gesehen. Der Mann stand wohl am Fenster und hatte wegen Adhamhs plötzlichem Erscheinen an seinem Briefkasten los geschrien, jedenfalls wurde es noch merkwürdiger. Der Mann sagte daraufhin eine Reihe seltsamer Dinge: »Woher kommen Sie, junger Mann? Hallo, junger Mann! Guten Tag, junger Mann! Junger Mann, wie geht es Ihnen?« Das Schlimme war, das Adhamh zuerst nicht wusste, dass diese Rufe an ihn adressiert waren, da er hinter den dicken Vorhängen keinen Mann am Fenster sehen konnte. Irgendwoher hatte Adhamh die Nachricht erreicht, dass es alte Männer gab, die jüngere Männer zu sich riefen, um sie zu entführen. Pädophil nannte man solche Leute, glaubte Adhamh. Und für so einen hielt er den Mann am Fenster, weshalb er seine gruseligen Grüße ignorierte und eilends fortlief. Völlig ausgeschlossen, dass er in dieser Früh auf solche ähnlichen seltsamen Leute treffen würde, weil alle seltsamen Leute noch schliefen. Adhamhs Herz stand stets offen und voll Liebe für jeden, er mochte die Menschen, keine Frage, aber manchmal trieben sie es dezent zu weit. Der Zeitungsdämon überquerte eine himmelruhige Straße und wie beschworen kreuzte wohl ein Seniorenpaar seine Richtung. Gerade als Adhamh beschleunigen wollte, hielt der kahle, alte Mann ihn auf. Mit zittrigem Finger sagte er: »Kann ich eine Zeitung haben?« Normalerweise würde Adhamh aus gutem Grund verneinen, aber weil er sich seine gute Stimmung nicht kaputt machen wollte, willigte er freundlich ein. »Ja, bitte sehr!« Der Zeitungsjunge strahle und schenkte dem Herren eine Zeitung im guten Zustand. Der Kopf des alten Seniors zitterte leicht, als wollte er mit dem Kopf schütteln. »Viele Zeitungen.« Das Lächeln auf Adhamhs Lippen sank wie die Titanic. »Viele?«, wiederholte er schluckend und hoffte sich verhört zu haben. Seiner Zuverlässigkeit als Zeitungsjunge treu bleibend, dachte er an die Menschen in seinem Gebiet, die auf ihre Zeitung warteten. Eine Zeitung konnte er im Notfall verschenken, aber viele? Dann liefe er Gefahr, dass seine Zeitungen am Ende nicht für alle Familienhäuser ausreichen würden. »Wie viele denn?«, traute sich Adhamh mit einem doch flauem Gefühl im Magen zu fragen. »Vier oder fünf«, brummte der Mann. Die Schwache haut unter seinem Kinn hüpfte bei jeder Vibration mit. »Verzeihen Sie, guter Herr, aber das kann ich nicht machen. Ich kann Ihnen nur eine Zeitung geben.« Der alte Mann warf die eine Zeitung in seiner Hand auf der Fläche von Adhamhs Wagen zu Fall, schlug sie auf und sortierte alle Prospekte und Handbeilagen aus der Zeitung. Mit großen Augen verfolgte Adhamh das Geschehen. »Was tun Sie da?«, fragte er entsetzt und sammelte die Innereien der Zeitung auf. »Ich brauche die Werbung nicht«, entgegnete der Mann selbstverständlich und schleifte sich mit seiner Frau zur Bushaltestelle ganz in der Nähe. »Warten Sie, nehmen Sie doch auch die Prospekte!«, rief Adhamh dem Seniorenpaar hinterher und wedelte mit den Blättern. Dann musste er nachgeben. Schwer entsetzt versuchten Adhamhs Gehirnzellen zu verarbeiten, was gerade geschehen war. Toll und was mache ich jetzt mit den Prospekten? Ohne Zeitungspapier ist sie unbrauchbar. Eine kleine Wut entfachte im dämonischen Zeitungsjungen. Ich habe so lange gebraucht, um die Prospekte in jede einzelne Zeitung zu sortieren und dann kommen Menschen, die diese schwere Vorarbeit nicht wertschätzen! Sie sehen sich die Arbeit von zwei Stunden nur wenige Sekunden an und werfen sie weg. Am liebsten hätte sich Adhamh eine stressfreiere Arbeit gesucht, jedoch fiel ihn auf die Schnelle nichts besseres als Zeitungaustragen ein, da er nicht viel vom menschlichen Arbeitsmarkt verstand. Ob es einen Beruf gab, indem die Arbeit der Arbeiter wertgeschätzt wurde? Mit jedem Schritt den Adhamh tat, verwandelte sich der Himmel ein bisschen heller. Wie ein Künstler, der allmählich und vorsichtig mit seinem Weiß über das dunkle Blau strich. Die ersten Menschen erwachten und erledigten schon draußen ihre morgendliche Pflichten. Eine Frau, die Adhamh öfter bei der Arbeit sah und gerne mit ihm sprach fing ihn für ein kurzes Gespräch ab. Während sie über ihre allgemeine Gesundheit und den Alltag redeten fühlte sich Adhamh nicht mehr so bedrückt und grau. Es war das Gespräch, wobei er wusste, dass er es brauchte, um nicht mit schlechter Laune nach Hause zu gehen. Auch Kinder aus der Nachbarschaft kamen zum frühen Spielen raus. »Das ist der kleine Tim«, stellte die freundliche Frau einen Jungen vor, der auf seinem Dreirad vor dem Grundstück fuhr. Ewig hätte Adhamh hier stehen und weiterreden können, doch auch die Frau musste zurück zu ihrem Mann ins Heim, damit er sich nicht sorgte, wo sie so lange blieb. Herzliche, warme Momente wie diese waren es, die Adhamh daran erinnerten, dass das Schöne beim Zeitungaustragen die Menschen waren, die sich auf ihre Zeitung freuten. Kapitel 16 * . * . * . ** . * . * Ich hasse Menschen * . * . * . * . * . ** . Raven lag rücklings auf ihrem Schlaraffenland und nahm sich die Home–Schooling freie Zeit, um gleich der Eleganz einer Klavierspielerin mit ihren leichten Fingern über den technischen Bildschirm zu tanzen. Sie trieb sich selbst in Depression, indem sie alte Bilder ihres Bruders in der Fotogalerie, bestehend aus eintausendvierhundertundeinundneunzig Kamerafotos, achhuntertundfünfundneunzig Screenshots, zwei Downloads, einhundertundachtunddreißig Instagram–Bilder, neun schwierige Tafelbilder aus dem Fach Mathe, vierhundertunddreiunddreißig WhatsApp–Fotos, acht Videos und fünfzehn WhatsApp–Videos, vor die geröteten Augen wälzte. Es war dreiundzwanzig Uhr und neunundfünfzig Minuten spät am zehnten Mai. In einer Minute konnte Raven ihren Tag mit dem Wissen leben, dass Falko heute zehn Jahre alt geworden wäre. Zehn … neun, es waren fröhliche Bilder, acht … sieben, jedes ein lächelndes Gesicht zeigend, sechs … fünf, Raven scrollte schneller durch die Galerie und überflog einige Fotos, vier … drei, Raven neigte ihren Kopf zurück und schloss ihre Augen, zwei … eins, und mit dem nächsten Augenschlag zeigte ihre digitale Uhr null Uhr null, null an des elften Mais. Ihr mobiles Telefon wurde um eintausendvierhundertundeinundneunzig Kamerafotos und acht Videos leichter. Conall mochte lange Spaziergänge in der gemütlichen Nacht, um sich von seinen drei Trotteln loszubinden. Man konnte es seiner breiten Stirn ansehen – ihm gingen viele Dinge durch den Kopf. Er dachte an den Meister, an den Brief, an Adhamh und ihren vorherigen Kampf. Sein Medium war ständig für ihn dagewesen. Eine soziale, beschützende Eigenschaft, die er von Carden, Brietta und Shaun nicht erwarten konnte. Dann trugen ihn die Flügel seiner nächtlichen Tagträume zum Buchklub. Irgendwie erfüllte er nicht das Ziel, welches Conall sich erhoffte. Was wohl der Grund dafür war? Insgeheim dachte sich Conall doch, dass sein dämonisches Leben ein ständiger Steinrutsch war – immer weiter nach unten rollend. »Hilfe!«, kreischte jemand in die sternenklare Nacht und zerstörte Conalls tiefgründigen Moment über das Hinterfragen seines miserablen Daseins. »Hilfe, Feuer!« Lautes, hektisches Fußgetrappel. Conall blieb wie angewurzelt stehen, als hätte jemand mit einem Lasso nach ihm ausgeholt, das ihn zur Unfallstelle ziehen sollte. Kraftvoll schnalzte der Gefangene mit der Zunge. Er und helfen? Niemals! Conall befreite sich aus dem erdrückenden Lasso und stampfte bedenkenlos weiter, dem gleichmäßigen goldenen Licht der Laternen folgend. »Hilfe!« Richtig starke Nerven waren gefordert, um diesen Ruf zu ignorieren. »Hilfe!« Conall hasste es, dass mit den halben Kräften die er verloren hatte, nicht auch sein sensibles Dämonengehör verschwunden war. Das freundliche und hilfsbereite Antlitz von Adhamh machte sich sichtbar, aber doch unsichtbar vor seiner Sicht breit. Ärgerlich knurrte er und fühlte sich dazu genötigt, umzudrehen. »Ich verfluche dich Adhamh dafür, dass ich wegen dir Moralvorstellungen bekomme!« Rasch folgte Conall der weinerlichen Stimme, die nicht damit aufhören wollte seine Ohrmuscheln zu befallen. Eine Frau sah er dort durch den Park stolpernd. Rennend, als wäre sie auf der Flucht. »Gackerst du hier so hysterisch wie eine Henne?«, fragte der Dämon barsch und schürzte die Lippen. Widerwillig umklammerte er ihre beiden Handgelenke, da sie mit dem Zappeln nicht aufhören wollte, als würde sie Conall mit etwas bösem assoziieren, so fern sie dabei nicht verkehrt tippte. »Ich werde verfolgt, von drei Männern! Sie lassen mich nicht in Ruhe!« Während der Dämon ihre Gelenke fest zusammenhielt, spürte er ein wildes Pochen unter ihrer dünnen, warmen Haut. Sie hatte Angst. Hätte er seine Emotionen nicht unter Kontrolle gehalten, hätte er jetzt böse Worte ausgespuckt: Bist du zu blöd, um die Polizei zu rufen?, aber da erinnerte sich Conall auch schon daran, wie zuverlässig die Bullen arbeiteten. »Wo sind diese Männer? Ich katapultiere sie für dich ins All.« Möglichst schnell wollte Conall die Sache beenden. Er verpasste sonst die Glühwürmchen, die er eigentlich suchen und beobachten wollte. Im Schein der Laternen erkannte Conall einen Mann spazieren, Schnell stürzte er sich mit einem Gepardensprung auf ihn. Der kleine Mann stöhnte verblüfft, als er niedergerissen wurde wie beim Wrestling. Stark und ohne zu zögern prügelte Conall auf den Burschen ein. »Du wirst diese Frau nie wieder belästigen, sonst reiße ich dir die Hände ab!« »Halt!«, rief die Frau ihrem Beschützer zu, »das ist keiner von denen, die vorhatten mich zu überfallen!« Mit der Schwere eines aus dem munteren Nachthimmel gefallenen Ambosses, blieb Conall auf dem dürren Mann sitzen, stand auf und entschuldigte sich bei seinem unschuldigen Opfer mit einem »Oh.« Das mit den Rettungsaktionen musste er noch einmal üben. Und jetzt konnte er auch üben, denn nachdem sein Opfer mit der Angst noch einmal indirekt vergewaltigt zu werden davonlief, folgten drei dunkle Männer, die aussahen wie ein Hochhaus in Miniformat, dem Echo des eben geschehenen Krawalls. »Ah!«, erschreckte sich die Frau und suchte sich hinter einer hohen Laterne Schutz. Seufzend meinte Conall: »Ich hasse Menschen.« Dann bereitete er sich auf einen leichten Kampf vor und schob die Ärmel seines schwarzen Jacketts hoch , ließ mit links und rechts seinen Hals knacken, machte noch einige Kniebeugen und zu guter Letzt einen Hampelmann. Sportlich bereit, ging er auf die rechteckigen Männer zu. Im Gegensatz zu ihnen wirkte Conall fast wie eine graue Maus mit roten Augen, doch mit der Allmacht seiner Dämonenkräfte in seinen Kronjuwelen baute er sich breitbeinig und stabil vor den Aggressoren auf. Conall dachte, seine einschüchternde Gestalt würde das Dreiergrüppchen aufhalten, jedoch packte ihn der düstere Mann aus der Mitte an den Schultern und stellte ihn woandershin. Wie einen Kieselstein, der ihn auf seinem Weg behinderte. Conalls Mund formte sich zu einem erstaunten Oval, als er sich den Männern umwandte. Die Maskerade hinter dem Gebilde aus Stahl half der Frau leider nicht, denn die Männer erkannten ihr Ziel wie Kampfhunde und bewegten sich schleichend darauf zu. In seinem letzten Kampf gegen Adhamh hatte Conall etwa die Hälfte seiner dämonischen Fähigkeiten verloren. Dabei wusste er gar nicht, welche Kräfte genau diesen schweren Verlust betraf, denn er konnte nicht an seinen Fingern abzählen, wie viele Kräfte ihn als Dämon genau zur Verfügung standen. Solange er noch auf seine dämonischen Kräfte vertrauen konnte, blieb er den Menschen – und auch jedem Menschen – überlegen. Was Adhamh wohl in dieser Situation tun würde? Fest entschlossen leuchteten seine roten Augen in die Richtung der gewalttätigen Männer. Nein, diesmal wollte er mit sauberen Händen ausgehen und dafür musste er genauso wie Adhamh denken. Conall, wahrer Name Phelan, Boss der Peaceful Demons und Inhaber eines Buchklubs, würde heute für Gerechtigkeit sorgen! Er sah sich schon mit einer Heldenmedaille auf dem Siegertreppchen und glaubte fast beinahe, heldenhafte Musik im Hintergrund zu hören. Conall nahm wortwörtlich die Eier in die Hände und präsentierte einen anmutigen Ballerinasprung zwischen den drei Männern und der Frau. Die Männer schienen jetzt schon überwältigt von seinem plötzlichen Einsatz zu sein. Und Conall, gefürchteter Boss der Peaceful Demons, klatschte rhythmisch in die Hände, seine Schuhe drehten sich auf den Fersen ruhend nach links und rechts. Was noch dazukam: Conall riss die Hüfte in seinen Bewegungen mit, hob die Arme, drehte sich, sprang herum, schüttelte seinen ganzen Körper, warf die schwarzen, geschmeidigen Haare, gepflegt von der Shampoo–Marke Schwarzkopf für eins fünfunddreißig pro Stück vor und zurück, in alle Himmelsrichtungen man glaubte es kaum. Die Männer, die eigentlich böse Absichten verfolgten, starrten Conalls wilder Aufführung mit Augen so groß wie Fahrradlampen nach. War es Neid? Neid, weil sie nicht so gut tanzen konnten wie dieses Kerlchen? Dann attackierte Conall die Störenfriede mit einem Moonwalk und schlug sie in die Flucht. Ein gewaltiger, kraftvoller Sprung beendete die Tanzeinlage von Conall, echter Name Phelan, weltweit gefürchteter Dämonenboss der Peaceful Demons und Inhaber eines Buchklubs. Conall lächelte von einem Ohr zum anderen, als er die Männer stolpernd flüchtend in der Nacht verschwinden sah. Stolz nickte er von sich selbst überzeugt geradeaus. »Sieh nur, ich habe sie besiegt!« Doch die Frau war auch verschwunden. Conall glaubte, Grillen zirpen zu hören, sowie irgendwo aus der Ferne einen leisen Smartphone–Ton, der das Ende einer peinlichen Videoaufnahme ankündigte. Kapitel 17 * . * . * . * . * . ** . . Das reine Sein * . * . * . * . * . * Pünktlich zum Buchklub kam Conall nach Hause. Carden, Brietta und Shaun genossen mit Keanu und dem anderen Buchklub–Gefährten, dessen Name in Wahrheit Axel war, eine einzigartige Videoaufnahme. Eine Seltenheit, ihren Boss sich so bewegen zu sehen. »Der hat was drauf«, kommentierte Keanu beeindruckt. »Als ich damals in der High–School war, zwang ich beim Abschlussball jeden Tänzer in die Knie«, erinnerte sich Keanu an seine tänzerische Vergangenheit. Ohne das sie ihn bemerkten, schlich sich Conall von hinten an das lebhaft miteinander lästernde Träubchen ran. »Ich sehe, ihr amüsiert euch. Habt ihr denn schon eure Hausaufgaben gemacht?«, beugte sich Conall wie ein freundlicher Lehrer über ihre Köpfe. Er ignorierte das Video. Shaun erschrak vor dem plötzlichen Phantombild seines Bosses und schleuderte sein Handy gegen die Decke. Die dämonische Kraft, die er in seinen Wurf gesteckt hatte, brach durch die Decke, sodass Mondlicht in den versteckten Bunker wie ein Scheinwerferlicht leuchtete. Das Handy musste eine Katze getroffen haben, denn sie hörten ein schmerzhaftes Miau von oben. »Willkommen, Buchklubleiter!«, begrüßten ihn alle Fünf. Wenn doch etwas traurig darüber, dass sie die legendäre Stelle mit den Moonwalk verpasst hatten. »Habt ihr denn auch alle eure Hausaufgaben gemacht?«, fragte Conall erneut und setzte sich auf ein Sofa, während die anderen auseinander rutschten, um auch schön den Mindestabstand von fast zwei Metern einzuhalten. Fieberhaft wartete der schwarzhaarige Dämon darauf, dass niemand eine Antwort gab, denn dann konnte er sie für ihren Ungehorsam bestrafen. »Natürlich haben wir alle unsere Hausaufgaben gemacht!«, gab sich Carden loyal und lächelte mit einer stummen Nachricht in das Pentagramm. Sein verzerrtes Lächeln versuchte folgendes zu sagen: Tut so, als hättet ihr eure Hausaufgaben gemacht. Obwohl Keanu die Pflicht seiner Hausaufgaben ungern erfüllte, hatte er sich tatsächlich als einziger mit der Bedeutung von Gut und Böse auseinandergesetzt, um nicht aus den Buchklub geworfen zu werden. Mit dem Gesicht eines Musterschülers wendete sich Keanu an Conall und rettete für alle den Tag … äh … die Nacht. »Buchklubleiter, ich werde Euch jetzt unsere Auffassung von Gut und Böse erläutern!«, intonierte Keanu besonders das unser, um den Glauben zu beschwören, dass sie sich alle wie in einer guten Gruppenarbeit zusammengesetzt, intensiv ausgetauscht und ein glückliches Fazit gefasst hatten. »Jedes Numerologiejahr hat eine Wirkung auf ähm Menschen. Und ähm. Wir haben wieder das erste Numerologiejahr, welches das reine Sein bedeutet und äh daraus ziehen wir, dass jeder so sein kann wie er will und das klares Gut und Böse nicht existiert, weil wir alle Menschen sind mit menschlichen Gefühlen und menschlichen Verhaltensweise … puh!« Als Keanu seine kraftvoll formulierte Rede beendete, schloss sich Axel seinen Worten, um seiner Rede noch mehr Ausdruck und seiner persönlichen mündlichen Note eine Verbesserung zu verleihen. »Was Keanu sagen wollte ist, dass es zwar Schweine gibt auf dieser Welt, aber die Schweine sind nur Schweine, weil sie menschliche Schweine sind.« Drei von vier Dämonen pfiffen überrascht. Carden fiel aus allen Wolken und seine Augen glitzerten wie Edelsteine. Sie schütteten kleine, dämonische Cardentränen aus. »Das habt ihr schön gesagt.« Keanu und Axel hellten stolz auf. Endlich hatten sie dem Buchklub einen schlauen Beitrag geleistet und irgendwie schien jeder Conalls Reaktion abzuwarten. »Meine Güte«, flüsterte Conall. Hoffentlich bedeutete dies etwas positives. »So habe ich die Dinge echt noch nie gesehen.« Das Pentagramm merkte schnell, dass sich etwas an Conalls Stimme verändert hatte. Gleich eines Vögelchens, welches seine Stimme verloren und wiedergefunden hatte und nun wieder hellends singen konnte. »Aber was ändert es daran, dass der Meister nicht mit uns redet?«, fragte Brietta persönlich berührt. Axel und Keanu lächelten verwirrt. Gab es etwa noch einen Buchklubleiter–Meister? Jedenfalls wollte sich zu Brietta Shaun äußern. »Ja, die haben aber von Menschen gesprochen!«, Shaun artikulierte mit Armen und Händen auf Keanu und Axel. »Wir sind keine Menschen. Also zählt das für uns nicht. Wir sind nicht das reine Sein.« »Und warum sind wir nicht das reine Sein?«, fragte Carden, dessen Selbstbild sich gerade zu einem schmutzigen Schwamm, den man für gewisse, heilige Klorituale verwendete, degradiert hatte. »Weil wir Dämonen sind«, beantwortete Conall diese philosophische Frage. Keanu und Axel, Menschen und Freunde des Buchklubs, glaubten gerade in keinen gewöhnlichem Buchklub zu sitzen. Dies hier musste ein okkulter Buchklub sein. Entweder das, oder die anderen meinten die Sache irgendwie symbolisch. Sie benutzten vermutlich die Fachsprache eines Fantasy–Romans. Völlig verrückt, wie ernst diese Leute ihren Buchklub arrangierten, dabei dachten sie anfangs, dass dies irgend so ein langweiliger Klub für Nerds wäre. »Was sind denn Dämonen?«, fragte Conall nun auf einer neuen, philosophischen Ebene und raste gemütlich auf einer mentalen Autobahn entlang, als sein Gedankenstau ihm soeben freie Fahrt räumte. »Dämonen sind supernaturale Monster«, fühlte sich Axel wichtig zu antworten. Wenn schon okkulter Fantasy–Buchklub, dann richtig. »Nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein!«, schlug Keanu diese gemeine Aussage ab. »Wir waren doch gerade beim reinen Sein. Dämonen werden auch für böse Geister gehalten. Und ich habe mal als Junge, als meine Eltern und ich weit zum Legoland fuhren und ein Ferienhaus bewohnten, spukte es dort. Im Ferienhaus. Nacht hat es sich ständig so angehört, als würde jemand wie verrückt gegen meine Schlafzimmertür hämmern, obwohl dort niemand war. Es war wirklich laut. Lauter als Donner. Meine Mutter sagte mir mal, dass Geister Menschen sind, die unglücklich gestorben sind. Sie wissen nicht, dass sie schon tot sind und können deshalb nicht in den Himmel, weshalb sie auf der Erde herumgeistern. Deshalb sind Dämonen nicht das reine Sein. Haltet mich ruhig für abergläubisch, wenn ihr dies so wollt, aber ich stehe zu dem, was meine Mutter mir beibringt.« Gleichzeitig klappte allen Dämonen wie von losen Schrauben getragen die Kinnlade auf. Sie wurden das Gefühl nicht los, genauestens analysiert worden zu sein. Waren diese Menschen vielleicht Weissager oder Zauberer? Da legte Conalls mentaler Ferrari, den er geschmeidig fuhr, eine scharfe Kurve ein, die ihn rechtzeitig zur Ausfahrt lenkte. »Ich verlasse die Peaceful Demons und den Buchklub.« Empörende Ausrufe der sieben W–Fragen aus dem Deutschunterricht schossen wie Kanonenkugeln durch den Raum. »Ich will auf eine Reise zur Selbstfindung gehen. Euch ist selbst überlassen, was ihr wollt.« »Aber unsere Pläne!«, warf Carden bestürzt ein. »Der Brief an den Meister, unser Ziel sechshundertundsechsundsechzig Dämonen in unsere Sekte aufzunehmen! Und das willst du jetzt alles so hinschmeißen?«, versuchte Shaun zu erinnern und den Meister von seinem Vorhaben abzulenken. Wen sollten sie denn bloß demnächst ein Furzkissen unter den Sitz jubeln, wenn nicht ihrem Boss? »Wenn ihr das weitermachen wollt, könnt ihr das machen. Aber ich habe das Gefühl, dass ich Freiheit brauche und mein Weg zur Lösung auf einer Eigenreise weitergeht.« Und Conall flunkerte nicht. Tatsächlich brach er sofort auf. »Dieses Versteck gehört nun ganz euch«, bemerkte er, bevor er die Falltür hinter sich zufallen ließ. Diese Szene hatte Keanu und Axel soweit berührt, dass sie nicht anders konnten, als zu weinen. Erst fielen ihre menschlichen Tränen und dann … folgten auch die Tränen der drei zurückgelassenen Dämonen. »Der kommt hundertpro nächste Nacht zurück«, hoffte Shaun bitterlich. Doch die Hoffnung, blieb eine Hoffnung. Kapitel 18 * . * . * Nudeln schmecken warm * . * . * . * Adhamh mochte warme Bratnudeln vom Chinesen. Die vegetarische Nummer Sieben auf der Nudelbox–Tafel würde er gleich in seinen Mund führen. Jedoch ohne Soße, denn Adhamh mochte den heißen, chinesischen Originalgeschmack ohne jeglichen Verstärker. Er aß mit einer weißen Plastikgabel, da die Essstäbchen ständig entschieden, sämtliche Bratnudeln, wie zu Piratenzeiten über die Planke, auf den Tisch fallen zu lassen. Adhamh genoss die Ruhe ganz hinten im Restaurant, da Menschen einem ständig beim Essen in den Mund starrten. Hier hinten hatte er wenigstens seine gewünschte Privatsphäre. Auch machte sich Adhamh nicht mehr die Mühe, die Gestalt von Günther Hühnchen anzunehmen. Er war komplett zufrieden mit sich selbst und hielt es nicht mehr für wichtig, sich hinter einer anderen Haut zu verstecken. Adhamh wendete sein Handgelenk und rollte die leckeren Nudeln um die Gabel. Gerade als er sein Essen genießen wollte, störte ihn jemand bei diesem intimen Prozess zwischen Mann und Nudel. Der Dämon hörte, wie jemand die Luft aus einer fast leeren Flasche neben ihn drückte. Als sich Adhamh nach dem Störenfried umsah und ihn sagen wollte, dass es sich nicht gehört, andere Leute so arg am essen zu hindern, erblickte er ein bekanntes Gesicht. Das Gesicht der Breiten Stirn, äh, Conall. Verblüfft starrte Adhamh seinem Sitznachbar dabei nach, wie er eine Menge Chilisoße in seine Bratnudelbox füllte. Adhamh hatte Mitleid mit den Nudeln in seiner Box. Er wünschte von Conall, er könnte sich ein wenig in das Leben einer Nudel hineinversetzen. Wie täte es Conall gefallen, wenn eine Menge scharfer Chilisoße auf ihn ausgegossen würde? Ein echter Sadist. Bedenkenlos stellte Conall die Flasche vor sich auf den Tisch, stocherte in der Box und schaufelte einen roten Nudelberg in den Mund. Eine einzige Träne streichelte die volle rechte Wange des schwarzhaarigen Dämons. »Ja, äh, hallo!«, begrüßte Adhamh seinen Feind aus der Vergangenheit freundschaftlich. Conall drehte sich zu ihm um, als hätte er nicht gesehen, neben wen er sich gesetzt hatte. Conall spuckte seinen vollen Chili–Mund fast in Adhamhs Gesicht, hatte das Herunterschlucken aber Leben sei Dank nicht verlernt. »Was machst du hier?!«, prustete der Schwarzhaarige los. »Na ja, draußen prallt das Licht, deshalb bin ich rein gegangen, mein Lieblingsessen essen.« »Oh.« »Und was machst du hier?« »Aus dem selben Grund wie du, Kumpel«, gab Conall zur Antwort. Stillschweigend schlürften sie ihre Nudeln durch die spitzen Lippen. »Wie geht's eigentlich deinem Medium?« »Ich empfehle dir, sie Raven zu nennen.« »Oh. Tut mir Leid.« Ein Chili–Fleck kleckerte versehentlich auf den Tisch. »Was ist eigentlich mit deinem Medium?«, fragte Adhamh interessiert. Er konnte sich nicht daran erinnern, Conall mit jemand anderen als seinen Peaceful Demons gesehen zu haben. »Mein Medium? Warum willst du das wissen?« »Jeder Dämon hat doch ein Medium. Wir können über unsere Mediums lästern, wenn du willst.« Adhamh und Conall unterhielten sich wie bei einem normalen Gespräch unter normalen, ernsten und erwachsenen Personen. Die Menschen um sie herum, die ihr chinesisches Essen sparsam genossen, hatten Ohren auf die Schultern der beiden Dämonen gelegt, weil sie zum ersten Mal zwei geisteskranke Menschen sich über geisteskranke Dinge unterhalten hörten. Doch über Mediums redeten sie letztlich nicht, denn Conall hatte scharf das Thema gewechselt. Stattdessen plauderten sie über andere seltsame Dinge, wie über ihre dämonischen Fähigkeiten oder das Wetter. Conall machte seltsame Akrobatik mit seiner Zunge, um das scharfe Gewürz kalt werden zu lassen. Man denke an ein pilzähnliches Werkzeug, welches man, in das Innere eines Klogefälles saugend, ein und aus führte. Flüchtig erinnerte er sich an Adhamhs Anfangsfrage zurück. Sein Medium? Er sollte von seinem Medium erzählen? Noch niemand hatte sich jemand so für seine Vergangenheit interessiert. Adhamh lächelte Conall geduldig an. Es war kein Lächeln, welches ihm mit höhnischen Absichten begegnete, sondern ein warmes und schönes Lächeln, gleich einer neugierigen Sonnenblume, die sein Gesicht in Richtung Licht drehen wollte, um möglichst viel davon aufzunehmen. Es war einfach unmöglich, diesen hellen Dämon zu ignorieren. Warum hatte er sich überhaupt damals mit ihm gestritten? Aus welchem Grund? Während Conall seine Sprache hinter einer dicken Schicht roter Nudeln verdrückte, leerte sich Adhamhs Nudelbox kein bisschen. Der warme Dampf zierte sich nur noch fade, dünn und zag. Was war denn Conall? Ein Essensverderber? Er konnte doch nicht tatenlos zusehen, wie rasant diese schmackhaften Nudeln immer mehr an Kälte zunahmen. »Iss deine verdammten Nudeln, bevor sie zu Eiszapfen werden«, riet Conall Adhamh. Während Adhamh seinen Rat wertschätzend befolgte, starrte Conall apathisch im Restaurant herum und fixierte das Licht in den asiatischen Laternen mit seinen chiliroten Augen, bis sich darin große und kleine Lichtpunkte bildeten. Er biss sich auf die Lippen und atmete heftig und laut durch die Nase. Wo sollte er bloß anfangen, wenn Adhamh gegessen hatte? »Hey Conall, lass uns shoppen gehen!«, schlug Adhamh plötzlich munter vor. »Was?« »Ich will mit dir shoppen gehen. Das heitert meistens auf, hat mir Raven gesagt«, strahlte Adhamh. Conall wäre jetzt richtig in der Stimmung gewesen, Adhamh für diesen freundschaftlichen Vorschlag einen freundschaftlich Klaps ins Gesicht zurückzugeben, aber sein Körper flüsterte ihm, dass er die Gelegenheit nutzen und sich einmal richtig erholen sollte. Wie gute Dämonen zogen sie ihre Masken an, bevor sie sich in die Corona–Einkaufswelt begaben. Eine Vielzahl von Geschäften säumte die Einkaufsgalerie: Antiquitäten- und Kunstgeschäfte, Schmuck- und Luxusboutiquen, Elektronik- und Dekogeschäfte, Souvenir-Kioske und Spielwarengeschäfte. Besucher strömten zu ihnen wie Glühwürmchen zu einer Lampe. Adhamh führte Conall in einen Laden, von dem er wusste, dass er Lust und Laune heben würde mit dem Erfolg, in ein Gespräch zu kommen. Es war ein kleiner Krimskramsladen mit unnötigem Spielzeug welches so unnötig war, dass man es doch haben wollte. Conall lief stumm hinter Adhamh her und tat so, als könnte er den Waren Widerstand leisten: eine Antistress–Puppe mit Sound, Notfall–Schokolade (80 Gramm), Traubenzucker (mit der Überschrift: gegen Dummheit), ein Schild (mit der Schrift: Wenn du wütend bist, schlag deinen Kopf hierhin!) und noch viel mehr ähnlich schräge Waren. »Conall, sieh mal! Pechkekse!«, rief Adhamh begeistert und suchte in einer Box voller kleiner, schwarzer Tüten. »Pechkekse? Ich dachte, es gibt nur Glückskekse«, seine Neugier hinter einem neutralen Gesicht verbergend, gesellte sich der schwarzhaarige Dämon dem Braunhaarigen hinzu. »Ich kaufe uns welche!« »Lass das, ich kaufe mir meine Sachen selbst!« Conall schnappte einen Pechkeks, bezahlte und traf sich mit Adhamh vor dem Geschäft. »Los, öffne deinen Keks!«, ermutigte ihn Adhamh gespannt darauf, was drin stehen mochte. Conall blinzelte Adhamh aus engen Augen an und öffnete die mysteriöse, schwarze Packung. Darin versteckte sich ein ebenso pechschwarzer Glückskeks. Conall drehte ihn zwischen Zeigefinger und Daumen, bevor er ihn aufbrach und den weißen Zettel las: Pack mich wieder ein, ich will dich nicht sehen! Nachdem Conall den Keks verbrannt hatte und der Feuermelder der Einkaufsgalerie angesprungen war, saßen die beiden Dämonen in einem Buchhandelgeschäft gegenüber von der Galerie, die alle Einkaufsbummler wegen dem Feueralarm evakuiert hatte. »Das erinnert mich an meinen Buchklub«, seufzte Conall und dachte sofort an die Gesichter von Carden, Brietta, Shaun, Keanu und Axel. »Was du hast einen Buchklub?«, wiederholte Adhamh begeistert und rückte seinem Nebenmann näher. Conall reagierte und rückte den kürzer gewordenen Abstand wieder in die Weite. Ohne Adhamh eines Blickes zu würdigen, fuhr er fort. »Ja, aber ich hab ihn nicht mehr. Also ich habe ihn verlassen«, zwang sich Conall zu gestehen. »Oh«, machte Adhamh, »und was ist mit deinen Freunden?« »Welche Freunde?«, fragte Conall für einen Moment neben der Spur, dann war es, als träfe ein unsichtbarer Stein seinen Hinterkopf und er zuckte zusammen. »Ach stimmt, meine drei … ja, ich habe sie auch verlassen und jetzt hör auf zu fragen, ich mag das nicht«, betonte Conall seine Unzufriedenheit und tat so, als wären die Buchrücken in den Regalen, die er von dieser Entfernung aus nicht lesen konnte äußert interessant. »Aber von deinem Medium musst du mir erzählen«, wechselte Adhamh auf das unvollendete Thema von vorhin. Durch seine Augenwinkel sah Conall den entdeckungsfreudigen Adhamh an. Dann schob er nachdenklich das Kinn vor, bevor er sich entschied, ihm zu antworten. »Mein Medium war vielleicht deinem ähnlich. Sie war … sehr laut? Jedenfalls hat sie mich beschworen, weil sie bald sterben würde aufgrund einer Menschenkrankheit. Sie wollte wissen wie das Ende des Buches ausgeht, welches sie sehr mochte und dessen letzter Band erst im nächsten Jahr im Frühling erschien. Doch so lange warten konnte sie nicht mehr. Sie wollte, dass ich als übernatürliches Wesen Informationen aus der Zukunft hole um ihr zu sagen, wie ihr Lieblingsbuch endet. Ich hab es gemacht und wollte gehen, aber du kennst ja die berühmte Verbindung zwischen Dämon und Medium. Also blieb ich bei ihr in ihrem Krankenhauszimmer, Tag und Nacht, da sie sonst niemanden hatte. Manchmal brachte ich sie an Orte außerhalb ihrer weißen vier Wände, wenn die Ärzte nicht aufpassten. Das war meistens nachts. Sie mochte diese leuchtenden Insekten.« Conall schnippte mit den Fingern nach einem Namen. »Glühwürmchen heißen diese Dinger. Die mochte sie besonders gern. Aber ...« Stille. Auch Conalls Stille, hörte Adhamh aufmerksam zu. »Ihre Krankheit holte sie ein. Und starb. Es hat mich so verzweifelt, so verändert. Ohne einen Stützpunkt suchte ich Hilfe beim Meister, aber er antwortete mir nie. Die Verbindung zum Meister schien auf einmal wie weg zu sein. Ich ging davon aus, dass der Meister mich im Stich lässt, weshalb ich die Peaceful Demons gründete, um gleichermaßen vernachlässigte Dämonen wie mich zu finden und gemeinsam auf eine Lösung zu kommen. Nach und nach holte uns der Hass ein und wir verachteten unseren Meister. Wir hassten ihn und alle Dämonen, die zu ihm noch eine Verbindung hatten.« Conall blickte Adhamh kurz an. »Ich war neidisch auf dich«, sagte er und lachte nervös auf, als er seine Rede beendete wie jemand, der am liebsten trauern, aber es in Gesellschaft verheimlichen wollte. Adhamh glaubte, Conall nun viel besser zu verstehen. Sein großes Herz wäre, wenn es könnte, aus seiner weißen Kammer in Conalls graue gesprungen, um gemeinsam aus der Trauer zu genesen. So legte Adhamh einen Arm um die Schulter des steifen Körpers des anderen und als er nicht dagegen protestierte, teilte Adhamh sein Freundes Leid mit einer langen, verbundenen Umarmung. Nie wieder wolle Adhamh ihn in Kälte lassen. Hinfort mit der Kälte, nur noch Wärme! Eine Wärme, die zeitlos ist – weder heute Abend, noch morgen, noch nächste Woche, noch im nächsten Monat, noch im grauen Winter solle sie schwinden. Stattdessen wachse Sicherheit und Mut und werde Lebensfreude. Puste die schwarzen Wolken, die dich umgeben weg, mein Freund. Du lebst jetzt und nicht gestern, also mach jeden neuen Tag besser! All diese Botschaften übertrug Adhamh mit seiner Umklammerung, mit seinem Herzen. Der Buchhändler namens Literatur Dramatic, der sich das ganze Stück angehört und keine Ahnung hatte, für welche Sorte von Theaterstück diese beiden Kerle mitten in einer Buchhandlung so professionell probten, war zu tiefst gerührt. Eine dramatisch unterstützende Buchhändler–Träne floss aus seinem elenden Buchhändler–Dasein. Kapitel 19 *. *. * . * Panik ist schön und Ruhe schöner * . *. * . * . »Sind die Tore des bücherlichen Wissens geöffnet?« »Geöffnet wie ein Buch«, gaben die Ritualsmitglieder schluchzend zur Antwort. Ein trauriger Verlust prägte sie alle. »Ich kann das nicht«, sagte Keanu erschöpft von den Worten, die eigentlich nicht die Seine waren. Die Dämonen hatten ihn zum neuen Boss ernannt, aber Keanu fühlte sich seiner Position nicht würdig. Er konnte den einzig wahren, meisterhaften Conall einfach nicht ersetzen. »Ohne den richtigen Boss fühlt es sich nicht … äh … richtig an.« Tick, Tack, Tick Tack. Das Ticken von Axels Armbanduhr hörte sich in der bedrückenden Stille noch lauter und ablenkender an. Das Ticken erinnerte sie daran, dass sie machtlose Wesen waren, deren Lebenszeit im gleichmäßigen Sekundentakt verstrich. Was nur? Was nur sollte geschehen, dass sie ihren Buchklub erhobenem Hauptes fortführen konnten? »Okay«, sagte Carden wichtig, »wir werden den Buchklub nun so fortführen, wie Conall es gerne gewollt hät–« »DÄMONEN!« Ein plötzlicher Kriegsschrei unterbrach Cardens großen Aufmunterungsversuch. Fast sofort platzte ein menschlicher Rammbock aus der Falltür und landete kriegerisch brüllend wie eine ganze militärische Armee auf dem Schlachtfeld gegen den Feind. Zeitgleich sprangen Carden, Brietta und Shaun vom Sofa auf und richteten unglaubliche Blicke auf das sich sofort aufrappelnde Pack. Es war ein Mann, von Kopf bis Fuß mit Erde und Natur besprenkelt. Der Tarnhut auf seinem Kopf war besonders auffällig, denn er sah aus wie ein gewaltiger Busch frisch aus der Terra oberhalb ihres Verstecks gerissen. Dunkle Kleidung herausgeputzt mit dem feinsten Schlamm, direkt aus den feuchten Stellen des Waldes. Dieser seltsame Mann mit dem Blick eines ungeheilten und entlaufenen Irrenhaus–Patienten, war kein anderer als der Inhaber einer Fantasy–Convention und Hobby–Dämonenjäger Ernst Haft. »Wer hat diesen Verrückten eingeladen?«, erkundigte sich Shaun nach dem Übeltäter für dieses Verbrechen, den zu ehren Conalls fortgeführten Buchklub in seiner Reinheit zu stören. »Ich habe keine Ahnung!«, äußerte sich Carden in ungewöhnlich hoher Stimme. Brietta hatte sich hingegen noch nicht so schnell von dem plötzlichen Bombeneinschlag erholt, weshalb sie nicht aussagen konnte. »Dämonen!«, wiederholte Ernst Haft und richtete eine Ein–Liter–Flasche mit durchschaubarem Inhalt gegen die Fünf. So verrückt die Situation auch war, es musste gehandelt werden. Also trat Carden als Sprecher vor, um den scheinbar verwirrten Mann zu beruhigen. »Nein, keine Dämonen. Wir sind nur ein kleines Elbentreff, jeden Mittwoch gegen fünfzehn Uhr für Der-Herr-der-Ringe-Fans.« Shaun und Brietta konnten nicht anders, als sich erniedrigt gegen die Stirn zu schlagen. Aber sie konnten nicht bestreiten, dass Cardens Notlüge in der Schnelle brillant und glaubhaft wirkte – doch nicht für Ernst Haft, der ernsthaft wie eine Schabe gesichtet den Flaschendeckel öffnete und mit einem Schubs seines Handgelenks auf Carden einen Teil des Inhalts spritzte. Der Dämon schloss die Augen und zuckte kurz vor der überraschenden Aktion, die er nicht erwartet hatte. Jedenfalls hatte Carden geglaubt, dass der Mann nicht gekommen war um den Inhalt auf ihn zu gießen, sondern um mit ihnen eher … freundlich zu trinken. »Weihwascher, wirke gegen den Dämon!« Doch Carden hatte nicht vor wie in den Märchen und Legenden der Menschen über Dämonen zu Staub zu zerfallen, zu verbrennen oder in die Hölle zu fliehen. Im Gegenteil. Er schüttelte die Nässe einfach aus seinen Händen und wischte sich sein Gesicht trocken. »Alter, er hat dir nichts getan!«, beschützte Shaun Carden und brauste vor Wut, während er einen drohenden Schritt nach vorne machte. Keanu und Axel fühlten sich auf einem ganz neuen Level. Das dieser Buchklub so sehr an Spannung grenzen würde, hätten sie niemals für möglich gehalten. »Wie gesagt«, sagte Carden, »wir sind nur harmlose Cosplayer.« Keanu, dem die Fragezeichen aus den Haaren sträubten, äußerte sich: »Moment mal, wir dachten das wäre hier ein Buchklub. Für einen Tolkien Cosplayklub haben wir uns nicht angemeldet.« Axel, der sich ebenfalls hinters Licht geführt fühlte, schaute schuldbewusst an seiner Jeansjacke herab. »Müssen wir uns auch verkleiden?«, fragte er. Im Hintergrund rollte Brietta mit den Augen. In was hatten sie sich da bloß reingeritten? Eine Leinwand rosa bemalt, dann mit dem Kontrast lila Übergänge erschaffen. Taucht den Pinsel noch einmal hinein in dunkle Töne und erstickt alle anderen Farben mit Schwarz. Dann nehme weiße und gelbe Farbe, sprenkle willkürliche Lichtpunkte darauf und unten schwarz am Mondlichtglitzersee ruhend zwei Personen. Nur Adhamh, Conall, der See und die Glühwürmchen. Schönes Stillleben, er und die Natur. Wären die warmen Träume noch länger, könne Conall die leuchtenden Freunde doppelt so lang wie in einer Jahreszeit beobachten. Er und Adhamh, sie umarmte eine brüderliche Freundschaft. Sie lachten viel so, dass auch schon manchmal der Bauch schmerzte. »Wie fühlst du dich jetzt?«, fragte Adhamh frei heraus und in Sänfte lächelnd, wie der ruhige Wind, der beruhigte und liebevoll streichelte. Froh darüber war Adhamh, dass alles mit Trauer, Schmerz und Verschlossenheit begann und mit Lebensfreude, Freundschaft und Offenheit endete. »Erleichtert«, seufzte Conall gut gelaunt. »Ich muss nicht mehr der Boss der Peaceful Demons oder der Boss des Buchklubs sein, sondern einfach ich selbst. Ich hätte nie gedacht, dass mir ein Tag Auszeit so gut tun würde.« Dies war ein magischer Moment. Wie durch den Zauber einer Zauberin von kalt zu warm, von Stein zu Diamant, von Unkraut zur Blume, von verkohlter, ungenießbarer Pizza zur wohlschmeckenden, herzlichen Pizza. Adhamh richtete sein friedliches Augenlicht auf das schwarze Canvas, belebt durch die tanzenden Lichter und der Präsenz der Zuschauer, die des Nachtes Schönheit würdigten. »Das Leben ist schön«, sagte Adhamh. »Ja«, gab Conall Adhamhs Aussage Recht und ein glitzernder Fluss leuchtete unter seinem linken Auge auf, als würde ein Stern weinen. »Dir wünsche ich ewige Verbundenheit mit deinem Medium. Dass dir nicht derselbe Verlust wie mir geschieht, mein Freund.« Kapitel 20 * . * Wenn ihr nachts klatschen wollt, dann bitte leise * . * »Mehr Kaffee her, ihr Idioten!«, rief Ernst Haft und wedelte mit der leeren Tasse in die Richtung der Dämonen. Plötzlich wurde aus dem Buchklub ein Kaffeeklub und die Fünf wurden zu Ernst Hafts Kindermädchen … äh … Kinderjungs. Ständig beäugte er sie ernsthaft. Wie Wölfe, die jederzeit aus ihrem Schafspelz springen könnten. Carden, Brietta und Shaun steckten schreckhaft die Köpfe zusammen, während Axel und Keanu den Dämonenjäger bevaterten. »Sollten wir versuchen den Boss mit unseren Gedanken anzurufen?«, flüsterte Carden ideenreich. »Nein, du Idiot! Der Boss ist gegangen, um sich Urlaub zu nehmen. Welcher Dämon stört einem anderen Dämonen beim Urlaub?«, zischte Shaun zurück und sah sich alle Zwei an. »Ich stimme Shaun zu«, wandte sich Brietta ebenfalls gegen Cardens Einfall. »Ich stimme Shaun zu, ich stimme Shaun zu!«, äffte Carden Briettas weibliche Stimme übertrieben nach. »Wenn Shaun von einer Klippe springen würde, würdest du ihm dann nachspringen?« Carden war gereizt. Die ganze Situation stresste ihn, weil er doch sehr am Boss hing und sein Verschwinden immer noch nicht wahrhaben wollte. Doch will ich auch genauso von Shaun und Brietta sprechen. Shaun versuchte seinen Stress durch Wut zu überbrücken und Brietta war in Wahrheit so schwarz vor Augen, dass sie nur in Shauns Worten einen Wegweiser fand – warum auch immer. Erst jetzt wurde den drei Dämonen der Peaceful Demons bewusst, wie nah ihnen ihr Boss am Herze lag. Es war ein kurzer Moment der Trauer, denn nun plötzlich öffnete sich die Falltür von außen. Ein elegantes Mondlicht flutete den Raum. Weißer Glanz, so silbern und hell. Das Paradies? Schatten bewegten sich und störten die Einflutung des Lichts. Ein Schatten sprang in den Raum, ein zweiter Schatten folgte dem Ersten. Als Conall, dann Adhamh, aus den Schatten trat, verließen allen die Worte. Sechs Leute starrten in die roten Augen, brennend mit Lebenskraft, gleich eines dunklen Aschehaufen, der erglühte und im Körper eines feurigen, energiereichen Phönix wiedergeboren wurde. Seine Augen suchten sie, seine zurückgelassenen Freunde und wartete nicht darauf, bis einer von ihnen zuerst das Wort ergriff. »Auf meiner Reise der Selbstfindung, hat mich ein guter Freund aufgelesen, belehrt und gerettet«, lächelte Conall freundlich und schob Adhamh in den Vordergrund. Ernst Haft lief der dunkle Kaffee aus dem offenen Mund. »Ohne Adhamh wäre ich vermutlich nicht so schnell wieder zurückgekehrt. Er hat mich dazu ermutigt.« Conall wandte sich damit an Adhamh. »Ich danke dir.« Conalls Worte verweilten in der Luft. Dick und schwer wie eine Decke. Cardens presste die Lippen zusammen, als hätte er Schwierigkeiten damit, seine folgenden Worte zu unterdrücken. Schließlich überstieg der Mut seinen Druck und er fiel direkt vor Adhamh und Conall auf die Knie. »Danke Adhamh, dass du unserem Boss geholfen hast!«, rief er schnellsprechend aus. »Ich entschuldige mich bei dir, Adhamh, dass meine Wenigkeit dir so viele Probleme bereitet hat! Wegen mir wurde die Polizei auf dich aufmerksam, nur weil ich den Mensch, dessen Körper zu übernommen hast verbannt habe!« Ein Anzeichen von Überraschung ließ sich an Adhamhs Augenbrauen erkennen, die er kurz hob. Er hörte den Dämonen schweigend zu, ohne zu hinterfragen, ohne ihren Worten zu stören. »Ich entschuldige mich auch bei dir!«, schloss sich Shaun Carden an. »Ich habe mit deinen Gefühlen gespielt und eine Fake–Familie deines Mediums erschaffen. Obwohl du so gutherzig bist, habe ich dich zu tiefst verletzt und in Trauer versetzt! Das tut mir leid, im Ernst!« Auch das letzte Rad in der Geschichte ließ den Vorhang von Schadenfreude fallen und beichtete ebenfalls. »Mir tut es auch leid, ich habe sämtliche persönliche Daten auf deinem Pass verändert so, dass du dein halbes Leben lang glaubtest, Lucifer Devilman zu heißen, obwohl es gar nicht deine Identität war!« Dann drehten die drei in Conalls Richtung. »Tut uns leid, dass wir dich nicht richtig wertgeschätzt haben und uns im Geheimen über dich lustig machten!« Auch wenn Keanu und Axel von nichts Ahnung hatten, fühlten sie sich als Mitglieder des Buchklubs dazu verpflichtet, emotionalen Beistand zu leisten. »Wir entschuldigen uns dafür, dass wir nicht da waren, als euch all diese unangenehmen Sachen passierten!« Ernst Haft blickte sich ernsthaft verwirrt im Raum um. Er hatte noch nichts gesagt, obwohl das ein ernsthaft wichtiger Moment war. »Esch tut mir leit, dasch ich hier meinen Kaffee geniesche, währent ihr euch auschheult!« Wie so das Leben geschieht, verändert es Personen, die zulassen sich zu verändern. Eine gute Gruppe hatte sich Conall mittlerweile zur Freundschaft verbunden und dass nicht nur Dämonen. Das Größte an Adhamh, war seine emotionale Wärme und weder als Makel galt dies anzusehen, denn es war das Fundament dessen, wer er war. Die Person, als die er geboren wurde. Verletzlich, weich. Empathisch, nächstenliebend. Dadurch, dass er das Negative im Leben sah, entwickelte er starke, positive Gefühle. Die Liebe am Leben und die Nächstenliebe. Offen trug Adhamh sein Herz für alle, für sie es zu sehen. Um zu lernen, um sich nicht in schlechten Zeiten zu verlieren und an das Schöne und Glückliche erinnert zu werden. Diese Weisheit, diese Lebenskraft wollte Adhamh teilen. Mit allen, mit jedem Leben. »Rechtfertigt euch nicht, denn ich habe euch schon verziehen, bevor ihr all dies offenbartet!« Die Dämonen vor ihm erhoben sich wie Hunde, denen man anweisende Machtworte zusprach und auch dagegen wendete Adhamh eine Sache ein. »Und folgt niemandes Anweisungen und Befehle, denn ihr alle seid eure eigenen Herren.« »Und Damen«, fügte Brietta wichtig hinzu. Als fremde, weibliche Lebensform unter einer von männlichen Lebensformen dominierten Allianz, musste sie ständig an die Gleichberechtigung erinnern. Verwirrt in seiner dämonischen Fantasiewelt betrachtete Ernst Haft den engelsgleichen Adhamh aus magischen Augen. Adhamh, der seinen großen Blick an seiner Schulter haften spürte, wandte sich an den neugierigen Menschen. »Bischt du nicht der, der mich nach Einsch Plusch Eins gefragt hat und dann weggeflogen ischt?« Auf einmal schien Adhamhs seriöse, zarte Sprache gegen eine spaßige, unterhaltungsfreudige Stimme ausgetauscht zu sein. Nostalgisch kamen die ersten, alten Zeiten in ihm hoch. »Och wie schön, dass wir uns nochmal sehen! Mathe ist nun kein Thema mehr, aber Ihre Fantasy spezialisierte Messe war wirklich zauberhaft! Nächstes Jahr gehe ich wieder hin. Soweit Corona es zulässt.« Bei der Erwähnung des berühmten Virus', schüttelte es Keanu und Axel im Hintergrund. Ernst Haft gluckste, dann stellte er die entscheidende Frage: »Bischt du ein Dämon?« Es war ein Moment der absoluten Stille. Einzig die hellen, ungreifbaren Staubkörnchen schwebten und waren im Mondlicht im Raum zu sehen und ließen den Moment noch lebendig wirken, statt wie einen Film, den man in seiner Mitte pausiert hatte. Adhamh wusste nicht, inwieweit die anderen Dämonen dazu bereit waren ihre Existenz preiszugeben, aber Adhamh glaubte, dass wenn Menschen wie Raven zugriff auf dämonische Informationen im Internet hatten, es nicht nötig war alles geheimzuhalten. Schließlich würde sich jeder über das Wissen freuen, dass es in dieser eintönigen, normalen Welt doch Magie gab und niemand mehr als abergläubisch kodiert werden musste. »Deswegen bin ich hier. Ich bin gekommen um den Peaceful Demons zu helfen.« Für Ernst Haft, Axel und Keanu öffneten sich nun alle Tore des Genres Fantasy. »Wie, es gibt wirklich Dämonen?«, plapperten Axel und Keanu begeistert heraus. »Ja«, antwortete Shaun etwas beleidigt darüber, dass sein stolzes, irdisches Dasein in Frage gestellt wurde. »Was könnt ihr alles für coole Sachen?«, wollten die beiden mehr über die magische Existenz eines Dämons erfahren und vielleicht sogar insgeheim selbst zu solchen werden, wenn sie bloß wüssten, welches Opfer sie dafür bringen mussten, wäre diese Wunschvorstellung nicht mehr ganz so rosig. Ernst Haft hingegen setzte einen misstrauischen Blick unter die faltige Stirn, der folgende Botschaft austeilte: Ich habsch doch gewuscht, dasch hier pöses im Busch ischt! Mich könnt ihr nicht hintersch Licht führen, Hollenprut! »Wir können alles, was wir wollen«, hob sich sich Conall von neuem hervor. »Und wir können alles, was Menschen sich wünschen würden.« »Faszinierend!«, »Krass!«, staunten Axel und Keanu lauthals. »Ich will ein pinkes Einhorn!«, hopste Axel voll Vorfreude und Hände klatschend von einem Bein aufs andere. Conall schnippte mit den Fingern, ein rosa glitzernder Lichtstrahl schoss in Axels Richtung und als er explodierte, stand dort ein Pferd mit klugen, schwarzen Augen, vier perfekt geformten Stutenbeinen, einem spiralenden Horn, das an ein Zitronensofteis erinnerte, weißem Fell und rosa Pferdehaar. Die Menschen im Raum tickten einfach aus vor der unrealen Realität. Selbstzufrieden betrachtete Conall sein Werk, bevor er es mit einem nächsten Fingerschnippen wieder verschwinden ließ. Er fantasierte folgendes in sich hinein, während er seine Handflächen betrachtete, als wären sie die Hände eines Gottes: Aha, meine kreativen Fähigkeiten funktionieren einwandfrei. Nur mit meiner linken Gehirnhälfte, dessen analytische Fähigkeiten beschädigt wurden, habe ich Probleme. Verdammter … lieber Adhamh! In Folge auf die unmöglich zu stoppende Neugier der Menschen, weihte Adhamh sie alle in das dämonische Leben und den Meister ein. An dieser Stelle wäre alles nur pure Wiederholung für den Leser, weshalb der Autor jetzt mit einem freundlichen Lächeln Adhamhs lange Rede, die fast bis zum Morgengrauen anhält überspringt. Gleich einem hoch interessanten Lernvideo für die Schule, dessen Inhalt der vorbildliche Einserschüler so perfekt einstudiert hatte, dass er grashüpferartig von einer Lektion zur Nächsten sprang und das Wissen eines zehn minütigen Videos in zehn Sekunden aufsog. »Und deshalb werde ich meinen Genossen ab dem morgigen Tag helfen, gute Dämonen zu werden«, fasste Adhamh noch einmal für alle zusammen. Sie hätten bereits müde sein müssen, gähnend vor der Übermüdung einer langen, informativen Nacht. Tot umfallen, da die menschlichen Bedürfnisse sie einholten und in ein pechschwarzes Bett des Schlafes erpressten. Doch nicht bei Ernst Haft, Axel und Keanu. Sie faszinierte jedes einzelne Wort, das Adhamh sprach. Er hörte sich an wie jemand, dem man ewig zuhören wollte, der allein durch seine Worte heilte und alle störenden Bedürfnisse stillte (Stuhlgang ausgeschlossen). Ja, für die drei Besucher aus der Menschenwelt war es das wert die Nacht durchgemacht zu haben und Zeugen des surrealistischen zu werden. Was kann man sagen? Das Dopamin in ihren menschlichen Nervenzellen wirkte ausgezeichnet. »Wir wollen euch auch helfen, gute Dämonen zu werden!«, hoffte Keanu dadurch seine dämonische Forschung zu vertiefen. »Ja, einmal im Buchklub, immer im Buchklub. Wir sind vielleicht keine Dämonen, aber wir können euch unser menschliches Wissen weitergeben, das euch helfen könnte«, stimmte Axel sofort zu. Ernst Haft brummte nur zur Zustimmung. Auf sein Brummen folgte ein Satz: »Ich habe immer Kompiuterschpiele geschpielt, wo ich Dämonen geknallt habe und jetscht weisch ich nicht, op ich euch erschieschen scholl.« »Uns muss man nicht erschießen«,schlug Carden ihm die Idee ruhig aus, der bereits von der Aktion mit dem Weihwasser genug hatte, »wenn ich mich erschießen wollte, hätte ich es schon längst getan. Äh ...« Er kraulte sich an der Stirn, dann nahm er sich einen Stuhlrücken und setzte sich. Im Stehen konnte Carden wohl schlecht denken. »Dann, dann ...«, dachte Ernst Hafts neurobiologisches System angestrengt nach und versuchten ein Aktionspotenzial hervorzubringen, »dann fühle ich mich bereit, die Waffen der Rechenschaften niederzulegigen und euch zu dienen!« Dann ein Klatschen, ein weiteres Klatschen und nun versammelten sich alle Hände, um feierlich zu klatschen. Auch Adhamh fügte sich der klatschenden Kampagne, obwohl er noch gerne loswerden wollte, dass keiner der anwesenden Menschen als Diener für die Dämonen galt. Mitten um fünf Uhr morgens fragte sich der Schlafende, wer denn eine solch muntere Stimmung anfeuerte, So erreichten die lauten Klatsch–Töne die Ohren des schnarchenden Mathelehrers und Hobby–Polizisten Herr James Greifenstein (ehemals bekannt unter dem traurigen Namen James Karl Olaf Frederik Kevinskopf). Müde öffnete er ein klebriges, wässriges Auge und blickte durch sein offenes Zimmerfenster in den noch schwarzen Morgen. Selbst der Gedanke daran, dass er in einer Stunde zur Arbeit musste, schüttete in ihm kein bisschen Dopamin aus. Vom Melatonin jedoch, davon hatte er genug. Das Hormon lachte ihn regelrecht aus, während er Hundemüde in sein Kissen sabberte und dem ohrenbetäubenden Klatschen zuhörte. Hätte er die Superkraft einen Stein zu werfen, würde er es jetzt tun. Eine Stunde später erwachte Raven. Sie wurde das verrückte Gefühl nicht los, dass ihre Mutter sie mit einem Applaus aus dem Schlaf geweckt hätte. Aber anders als ihr Mathelehrer fühlte sie sich überhaupt nicht müde, sondern aufgeregt und energiereich. Waren das ihre eigenen Gefühle oder die von Adhamh? So kurz nach dem Traum konnte sie ihre Gefühle noch nicht ganz ordnen. Wahrscheinlich waren es wieder die von Adhamh. In letzter Zeit spürte Raven öfters fremde Wärme und Glücksgefühle, die ihr dabei halfen den herausforderungslustigen Schulstress zu bewältigen. Ob ihr Dämon wohl neue Freunde gefunden hat?
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Chief Librarian: Las Zenow <zenow@riseup.net>
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