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Ödland Der Naturpark Les Landes südlich von Bordeaux ist mit etwa einer Million Hektar der größte Wald Europas. Die Region war ursprünglich von unwegsamen Sümpfen geprägt, bis im 18. und 19. Jahrhundert der Boden entwässert, die Forste angelegt und die Wanderdünen mit Strandkiefern, Ginster, Kork und Steineichen befestigt wurden. Der Boden in diesem Landstrich war wie ein Schwamm, der aufgrund eisenhaltigen Gesteins in der Tiefe nicht trocknen konnte. Das feuchte Land diente als Schafsweide, auf der sich die Schäfer auf Stelzen fortbewegten. An erhöhten Stellen, die an Wasserläufen lagen, entstanden Siedlungen, die den Pilgern auf dem Weg nach Santiago de Compostela als Stationen dienten. Moustey, einst Sitz eines Pilgerhospitals, beherbergt zwei romanische Dorfkirchen, die auf anschauliche Weise die mittelalterliche Religiosität darstellen. Ausdruck des damaligen oftmals grausamen Volksglaubens ist eine in der Kirchenfassade inzwischen zugemauerte schmale Tür. Der Eingang war für eine Ödland Prolog Vor dem bogenförmigen, von Stockrosen flankierten Eichenportal der Kirche Saint-Martin in Moustey hatte Madeleine die Arme um ihre beiden Kinder, die neunjährige Marie-Laure und den sechs Jahre alten Michel, gelegt. Sie blinzelten in die Maisonne, die an einem strahlend blauen hohen Himmel stand, über den Wolkenschleier ostwärts wanderten. Es war später Vormittag, und die Temperaturen hatten bereits fünfundzwanzig Grad überschritten. Victor, der Familienvater, wischte sich den Schweiß von der Stirn und zog sein Smartphone aus der Hosentasche. Mit beiden Händen hielt er es waagrecht in Augenhöhe. »Guckt doch mal freundlich!« Madeleine schenkte ihm ihr schönstes Lächeln, Marie-Laure grinste, Michel zeigte seine Zahnlücke und bildete aus Mittel- und Zeigefinger der rechten Hand ein Victoryzeichen. Victor knipste das Foto und lächelte zufrieden. »Perfekt!« Dann schulterte er seinen Rucksack und deutete auf einen von Wiesenblumen und Weißdornsträuchern gesäumten gewundenen Pfad, der Prolog Jahre später 14. Mai Von Soulac-sur-Mer bis zur Küste des Baskenlandes zog sich ein nahezu schnurgerades, zweihundertfünfzig Kilometer langes Sandband am bisweilen tosenden Atlantik entlang. Im Hinterland des Médoc, jenseits der Dünenlandschaft, erstreckten sich endlose würzig duftende Kiefernwälder. Etwa in der Mitte zwischen dem Seebad Soulac und der Südspitze der Halbinsel, dem Pointe de Cap Ferret, befand sich der Ort Le Moutchic am Nordufer des Lac de Lacanau. In dem fischreichen Gewässer ließen sich besonders gut Barsche, Hechte und Aale fangen. Dort lag der Campingplatz Des Grandes Dunes in einem weitläufigen Naturschutzgebiet. Laurent Marchand hatte für zehn Tage ein Chalet direkt am See gemietet. Der Dreiundvierzigjährige, ein gut aussehender, charismatischer Unternehmer aus Bordeaux, hatte sich nach einem erfolgreichen Geschäftsabschluss entschieden, einige Tage beim Angeln und Radeln zu entspannen und kräftig durchzuatmen. Er erwachte wie immer gegen sechs Uhr, drehte sich a 14. Mai 15. Mai Michelle Chollet drückte mit dem Ellbogen auf die Türklinke des Besprechungsraums, balancierte das beladene Tablett und setzte es schließlich vorsichtig auf dem Tisch ab. Heute Morgen hatte sie die geflochtenen Haare mit einem rubinroten Samtband verwoben und zu einem Kranz gesteckt. »Zum Kaffee gibt es Rosinenschnecken«, erklärte sie. »Sie sind noch warm.« Ein wunderbarer Duft breitete sich aus. Pauline bedankte sich mit einem Lächeln. Die Sekretärin fuhr geschäftig fort: »Docteur Denise Richard hat vor zehn Minuten angerufen. Ihr könnt gegen zehn Uhr in das Rechtsmedizinische Institut kommen.« »Gut.« »Mit Patricia Marchand habe ich für elf Uhr einen Termin vereinbart. Später hat sie keine Zeit. Sie hat ein Treffen mit dem Bestatter.« »Merci, Michelle.« Die Sekretärin verließ den Raum und zog lautlos die Tür hinter sich zu. »Was haben wir?«, fragte Pauline in die Runde. »Der Bericht der Spurensicherung liegt vor«, erzählte Louis und griff nach einer Schnecke. »Auf einem Wander 15. Mai 16. Mai Pauline und Mélanie saßen am Besprechungstisch auf der Wache und warteten auf Patricia Marchand, die sie aufgrund der neuen Faktenlage um neun Uhr für eine zweite Befragung einbestellt hatten. Die junge Kommissarin sah stirnrunzelnd auf ihre Armbanduhr. »Es ist 09:05. Kommt sie noch?« »Ich denke schon.« Es klopfte an der Tür, und Michelle steckte den Kopf durch den Spalt. »Madame Marchand ist da.« »Sie soll bitte hereinkommen«, sagte Pauline. Die Ehefrau von Laurent Marchand trug ein anthrazitgraues tailliertes Kostüm und hatte die Haare hochgesteckt. Sie sah aus wie Kim Novak als geheimnisvolle Blondine in Hitchcocks Vertigo. Die Hauptkommissarin bot ihr einen Platz an. Dann betrachtete sie die Frau mit ernster Miene. »Danke, dass Sie gekommen sind. Wir haben noch einige Fragen an Sie. Ich glaube, Sie haben uns nicht die ganze Wahrheit erzählt, Madame Marchand.« Sie wirkte überrascht. »Ich verstehe nicht.« »Bei unseren Ermittlungen haben wir herausgefunden, dass Ihr Mann eine 16. Mai 17. Mai Louis saß am Besprechungstisch und las den Laborbericht, der soeben per Mail eingegangen war. »Auf der Axt, die die beiden Teenager in der Bucht der Bäreninsel gefunden haben, konnten Blutspuren und Fingerabdrücke gesichert werden. Das Blut stammt von Laurent Marchand. Die Abdrücke sind in den einschlägigen Polizeidateien nicht erfasst. Wir haben keinen Vergleich.« »Das wäre auch zu schön gewesen«, meinte Mélanie. »Wir finden den Mörder schon«, bemerkte Frédéric zuversichtlich. »Auf jeden Fall«, bekräftigte sie. Louis trat an das Whiteboard und tippte mit dem Stift auf das Foto von Jean-Henri Fabre. »Docteur Richard schätzt die Größe des Angreifers auf eins einundsiebzig bis eins dreiundsiebzig. Ich denke, Fabre ist etwa so groß, vielleicht eins vierundsiebzig.« Frédéric stimmte ihm zu. »Er hat ein starkes Motiv und passt ins Täterprofil.« Sein Kollege ergänzte die Information auf der Tafel. Pauline berichtete von dem Gespräch mit Sandrine Bernard: »Sie ist in Patricia Marchand 17. Mai 18. Mai Um 4:53 Uhr stellte die schwarz gekleidete Person das Fahrzeug im Schutz eines Ahornbaums auf der Wiese vor dem Campingplatz Des Grandes Dunes ab. Aus dem Kofferraum holte sie einen schweren Gegenstand und stellte ihn kurz ab. Nachdem sie sich ein dunkles Tuch um den Kopf gebunden hatte, machte sie sich auf den Weg. Es war noch dunkel, auf dem Terrain brannten wenige Nachtlampen zur Orientierung. Kein Mensch war unterwegs. Es herrschte absolute Stille. Selbst die Zikaden waren verstummt. Die Urlauber schliefen in ihren Zelten, Wohnmobilen und Blockhütten. In einem mobile home brannte Licht. Eine Frau saß in einem Sessel und stillte mit glückseligem Gesichtsausdruck ihr Baby. Der Anblick weckte eine ferne Erinnerung, die sie rasch beiseiteschob, und ließ sie frösteln. Plötzlich kam ein Schäferhund um die Ecke. Das Tier näherte sich erst knurrend, schnupperte dann interessiert an den Hosenbeinen der Person, wedelte mit dem Schwanz und blickte sie aus freundlichen braunen Augen an 18. Mai 19. Mai Der Parc National des Pyrénées lag südlich von Lourdes, 283 Kilometer von Bordeaux. Sie folgten der Autobahn bis Pau und weiter nach Tarbes. Schmaler werdende Straßen wandten sich durch Gebirgsausläufer und Fichtenwälder und schraubten sich stetig in die Höhe, vorbei an grünen Wiesen, auf denen Schafe grasten, an türkisfarbenen Seen und senkrechten Felsgebilden, von denen Wasserfälle in die Tiefe stürzten. Dahinter erhob sich majestätisch das Bergmassiv des Mont Perdu in gut dreitausend Meter Höhe, über den sich ein taubenblauer Himmel wölbte. Wolkenschleier zogen gemächlich gen Osten. Der Nationalpark auf der Nordseite der Pyrenäen war hundert Kilometer lang, bis zu fünfzehn Kilometer breit und von atemberaubender Schönheit. Der Cirque de Gavarnie als Teil des Gebiets Mont Perdu war im Jahr 1997 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt worden. Damit wurde diese Region zu einer der wenigen Stätten auf der ganzen Welt mit einer doppelten Klassifizierung, nämlich Natur und Kultu 19. Mai 20. Mai Pünktlich um neun Uhr saßen die Ermittler auf der Wache um den Besprechungstisch. Da Michelle frei hatte, hatten sich Louis und Frédéric um den Kaffee und die Croissants gekümmert. Pauline goss sich ein Glas Wasser ein. »Ich habe gestern sämtliche Protokolle, Befragungen, Notizen erneut durchgearbeitet. Es ist wie verhext. Wir haben sämtliche Informationen überprüft. Ich konnte keinen einzigen neuen Ansatzpunkt finden.« Frustriert blickte sie in die Runde. »Ich hoffe, ihr habt Neuigkeiten.« Louis ergriff das Wort. »Wir haben rekonstruiert, was Colette Marais und Thierry Chéron an den besagten Tagen unternommen haben.« Er berichtete von ihrer Wanderung. »Die Aussagen sind widersprüchlich.«, ergänzte Mélanie. »Marais will einen Braunbären gesehen haben, der Chéron über den Abbruch getrieben hat. Der zuständige Wildhüter ist sich absolut sicher, dass es in dieser Gegend keine Bären gibt.« Pauline schüttelte ungläubig den Kopf. »Braunbären!« Frédéric trank einen Schluck Kaffee. »Es 20. Mai Drei Tage später Das Ermittlerteam Saint-Pierre hatte im Restaurant Le Lion d’Or einen Tisch auf der Terrasse für 20 Uhr reserviert. Da sie einen Dresscode vereinbart hatten, trugen Pauline und Mélanie elegante wadenlange Sommerkleider in Lichtblau und Jadegrün. Ihre Kollegen Louis und Frédéric hatten sich ebenfalls in Schale geworfen. In hellen Anzügen, weißem Hemd, Krawatte und matt glänzenden Lederschuhen sahen sie richtig schick aus. Ein Kellner führte sie an den festlich eingedeckten Tisch. Pauline bestellte eine Flasche Crémant von Dominics Weingut, der in einem Eiskübel serviert wurde, und Louis füllte den perlenden Champagner in Kristallflöten. Lächelnd standen sie auf und stießen an. »Auf unseren gelösten Fall«, verkündete Pauline. »Das war wirklich eine harte Nuss.« Es entfachte sich eine lebhafte Diskussion darüber, welches Menü sie anlässlich ihrer Feier wählen sollten. Nach einigem Hin und Her entschieden sie sich für das Plateau Royal. Auf einer pokalartigen Aluminiumscha
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