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Kapitel 1 Sam Cooper knurrte der Magen, als er die beiden blaugelb gemusterten Sonnenschirme seines Lieblings-Hotdog-Standes an der Ecke 47. Straße und Park Avenue erblickte. Er kam gerade aus einer langweiligen Pressekonferenz, bei der der Bürgermeister und der Polizeichef den lang erwarteten Schlussbericht zu einer Einbruchserie an der Upper West Side präsentiert hatten. Er steckte sein digitales Aufzeichnungsgerät ein und kramte aus der anderen Hosentasche etwas Bargeld hervor. Das Aroma der besten Hotdogs von ganz New York ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen. »Tag, Dom. Wie läuft das Geschäft?«, fragte er den nicht mehr ganz jungen Standbesitzer. »Tag, Coop. Kann mich nicht beklagen, zu Mittag war die Hölle los. Inzwischen ist es etwas ruhiger geworden, aber gegen fünf wird es nochmal richtig losgehen.« Dom, der dank seiner Tätigkeit an der frischen Luft stets braungebrannt war, hob den großen Metalldeckel, unter dem sich Sam Coopers verspätetes Mittagessen befand. »Das Übli
Kapitel 2 Es vergingen Tage, bis Lexie endlich dazu kam, Sam Cooper zu kontaktieren. Einen Tag, nachdem sie in den Nachrichten von dem Ring erfahren hatte, erhielt sie von einem weiteren ihrer Kunden einen Großauftrag, ein umfangreiches Update, mit dem er online gehen wollte. Damit war sie erst einmal eine Weile beschäftigt. Dann musste ihre Großmutter zum Zahnarzt und bat Lexie, sie zu begleiten. Heute war sie dann gleich als Erstes zur Redaktion der Zeitung gefahren, da sie jedoch keinen Termin hatte, blieb ihr der Zutritt verwehrt. Der Sicherheitsbeauftragte erklärte ihr, der Reporter werde seit Tagen von mannstollen, geldgierigen weiblichen Fans belagert. Deshalb habe er strikte Anweisung, keine Frauen auch nur in seine Nähe zu lassen. Dieser Sam Cooper war ja besser bewacht als der Präsident. Lexie konnte sich zwar nicht recht erklären, weshalb, doch nicht einmal ihr charmantestes Lächeln half ihr weiter. Sie hatte auch versucht, Sam Cooper bei der Zeitung telefonisch zu erreichen
Kapitel 3 Jack’s Bar & Grill war voller Leben, genau wie Jack Cooper selbst. Er hatte das Restaurant kurz nach seiner Pensionierung eröffnet, um etwas Gesellschaft zu haben, nachdem seine Frau völlig unerwartet an einem Gehirnaneurysma gestorben war. In seinem Lokal war er nie einsam, denn seine ehemaligen Polizeikollegen kehrten fast täglich nach Feierabend bei ihm ein. Als Coop das Restaurant betrat, das quasi sein zweites Zuhause war, wurde er mit begeistertem Applaus und Hurrarufen empfangen, genau wie bei seiner Zeitung unmittelbar nach dem vereitelten Raubüberfall. Sein älterer Bruder Matt rief: »Ein Hoch auf den tapferen Held!« »Hör bloß auf«, wehrte Coop ab. »Wäre es dir lieber, ich hätte gesagt, du sollst die Verbrechensbekämpfung das nächste Mal uns überlassen? «, fragte Matt mit einem leisen Lachen. Nicht unbedingt, dachte Coop bei sich. »Dad, bring unserem Helden doch bitte ein Bier.« Coop schüttelte den Kopf. Er hätte wissen müssen, dass es keine gute Idee war, sich mit Le
Kapitel 4 Auf dem Heimweg pfiff Coop fröhlich vor sich hin. Er pfiff vor sich hin? Und das schon nach der ersten Verabredung mit Lexie – sofern überhaupt von einer Verabredung die Rede sein konnte; schließlich hatten sie hauptsächlich über Geschäftliches gesprochen. Trotzdem hatte er sich in ihrer Gesellschaft sehr wohlgefühlt. Nun hatte er also eine Webdesignerin und eine Partnerin für die Nachforschungen über den Ring. Aber auch privat fand er diese Lexie äußerst interessant; daran bestand kein Zweifel. Im schwach beleuchteten Treppenhaus nahm er zwei Stufen auf einmal. Im Korridor war es ruhig. Seine Nachbarn waren wohl noch nicht nach Hause gekommen. Auf der einen Seite seiner Wohnung lebte ein Ehepaar, auf der anderen eine Polizistin namens Sara Rios, mit der er eng befreundet war. Als er sich anschickte, den Schlüssel ins Schloss zu stecken, stellte er fest, dass die Tür bereits offen stand. Sie war aufgebrochen worden, und auf beiden Seiten der Klinke waren tiefe Schrammen im Ho
Kapitel 5 »Verlobt?«, wiederholte Coop verständnislos. »Jemand hat uns gestern Abend fotografiert, und zwar genau in dem Augenblick, als du mir den Ring gezeigt hast. Es sieht so aus, als hättest du … mir einen Antrag gemacht.« Lexie erhob sich und strich ein paar imaginäre Falten in ihrer Kleidung glatt. Er war nicht sicher, was sie mehr aus der Fassung gebracht hatte – der Kuss oder die Erinnerung an den Blog. Wie dem auch sei, es bestand nicht der geringste Zweifel daran, was ihn mehr aus der Bahn geworfen hatte. Kaum hatte er ihre weichen Lippen und ihre sanften Kurven gespürt, da war es auch schon um seine Selbstbeherrschung geschehen gewesen. Der Anruf seines Bruders hatte ihn daran erinnert, dass er dringend einen Gang zurückschalten musste. Und genau das würde er tun, selbst wenn es ihm schwerfiel, ihr nicht gleich wieder mit den Fingern durchs Haar zu fahren und dort weiterzumachen, wo sie aufgehört hatten. Aber Lexie war kein One-Night-Stand. Sie waren Geschäftspartner, und g
Kapitel 6 Der Mann hat vielleicht Nerven, dachte Lexie. Erst ließ er seine Bombe platzen, und dann erwartete er ernsthaft, dass sie nicht weiter auf sein Geständnis eingingen? Nun, ihr sollte es recht sein. Schließlich wollte sie genau wie er mehr über die Kette herausfinden. Aber sie würde definitiv noch einmal auf seine Ex-Frau zurückkommen. Eine Flugbegleiterin, die ihn betrogen hat, dachte sie frustriert. Kein Wunder, dass er nicht viel von Lexies Lebenswandel hielt. »Also?«, sagte Coop, zu Charlotte gewandt, und Lexie kehrte mit ihrer Aufmerksamkeit wieder zum Thema Halskette zurück. »Henry und ich waren ungefähr drei Jahre verheiratet, als er mir die Kette geschenkt hat«, sagte Charlotte mit einem wehmütigen Unterton in der Stimme. »Unser Sohn war damals gerade ein Jahr alt. « »Hat er dir erzählt, woher sie stammte, Grandma ?« Charlottes Blick fiel auf ein Foto ihres Mannes in Militäruniform, das auf einem Beistelltischchen neben ihrem Lieblingssessel stand. »Dein Großvater, Gott
Kapitel 7 »Es war nett von Sara, dass ich bei ihr bleiben durfte, bis du gekommen bist«, bemerkte Lexie, als sie Coops Wohnung betrat. Coop warf den Schlüsselbund auf die Ablage neben der Garderobe und schloss die Tür hinter sich. »Ich hoffe, du hast dich bei ihr nicht allzu unwohl gefühlt.« Er wusste, was es bedeutete, wenn Saras Neugier erwacht war. »Ich bin ein großes Mädchen. Ich komme schon zurecht«, antwortete Lexie mit einem gezwungenen Lächeln. Sie kannten sich zwar erst seit kurzem, und in dieser Zeit hatte sie meist entspannt gelächelt und oft auch ausgelassen gelacht, doch jetzt wirkte sie ungewöhnlich verkrampft. »Das heißt dann wohl, sie hat dich gnadenlos verhört, wie Polizisten es nun mal gern tun?« Lexie zögerte einen Augenblick. »Lass es mich so formulieren: Sie hat sich offenbar bemüßigt gefühlt, ein Machtwort zu sprechen und mir ein paar … gute Ratschläge zu erteilen.« Sie wandte den Blick ab. Dabei bemerkte sie den Laptop, der auf dem Couchtisch im Wohnzimmer lag. »
Kapitel 8 Coop kehrte aus dem Badezimmer zurück und ließ sich erschöpft auf Lexie sinken. Sie genoss es, seine heiße Haut auf der ihren zu spüren, auch wenn sie kaum noch Luft bekam. Irgendwann wurde er ihr aber dann doch zu schwer. »Ähm, Coop …« Sie tippte ihm an die Schulter, und er rollte mit ihr zur Seite. »Entschuldige. Ich hatte nicht vor, dich zu erdrücken. Lebst du noch?«, fragte er. »Ich fühl mich mehr tot als lebendig. « Lexie bewegte die Zehen. Ihr war, als wäre ihr ganzer Körper wundgescheuert. »Aber trotzdem gut. Großartig, wenn ich ehrlich sein soll.« Sie kuschelte sich an ihn, worauf sein bestes Stück zu ihrer Überraschung gleich wieder zuckte. »Schon wieder?«, fragte sie und konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Wow, ich übe ja echt eine ziemliche Anziehungskraft auf ihn aus, dachte sie mit einem Anflug von weiblichem Stolz. »Ich wusste, wir würden gut zusammenpassen, aber das gerade eben hat meine kühnsten Erwartungen übertroffen.« Geschmeichelt schmiegte sie sich i
Kapitel 9 Lexie hatte sich zwar damit einverstanden erklärt, dass Coop vorbeischauen würde, doch sie hatte es nur widerwillig getan. Coop war sicher, dass sie ihn nicht mit offenen Armen empfangen würde. Deshalb besorgte er nach dem Einkauf beim Delikatessengeschäft noch einen Blumenstrauß, in der Hoffnung, sie damit etwas besänftigen zu können. Coop gehörte nicht zu den Männern, die häufig Blumen oder Schokolade verschenkten, und auch Versöhnungsversuche waren nicht gerade sein Ding, doch in diesem Fall wollte er nichts unversucht lassen, um die Zeit, die ihm mit Lexie blieb, möglichst gut zu nutzen. Sie sollte keine Minute länger wütend auf ihn sein als unbedingt nötig. Dummerweise hatte er im Delikatessengeschäft lange warten müssen und war deshalb zwanzig Minuten zu spät dran. Er klingelte. Die große schwarze Tür schwang auf, und Lexie erschien. Sie trug weiße Shorts und ein Top und hatte sich die Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Ein paar Strähnen hatten sich selbstst
Kapitel 10 Als Lexie und Coop im Juweliergeschäft an der Ecke 47. Straße und Park Avenue eintrafen, teilte ihnen Anna Burnett mit, ihr Vater habe die Stadt spontan verlassen, um angeln zu gehen. Sie schüttelte den Kopf, als sie das sagte, und wirkte sichtlich verärgert. Bis er zurückkam, konnten sie also mit keiner neuen Information rechnen. Blieb nur zu hoffen, dass sie bei Coops Vater mehr Erfolg haben würden. Leider hatte Coop völlig vergessen, dass im Restaurant seines Vaters Damenabend war. Das Lokal war zum Bersten voll, und Jack Cooper hatte hinter der Theke alle Hände voll zu tun. Somit mussten Lexie und Coop eine Weile warten, bis es etwas ruhiger geworden war und Jack Zeit zum Reden hatte. Dafür hatte er ihnen denselben Tisch reserviert, an dem sie schon voriges Mal gesessen hatten. Da Lexie niemanden im Lokal kannte und ohnehin arbeiten wollte, nahm sie schon einmal am Tisch Platz. Coop ging inzwischen zur Bar, um ihre Getränke zu bestellen und drehte dabei gleich eine Runde
Kapitel 11 Coop war zu seinem Vater gefahren, der noch immer in dem kleinen Haus in der Nähe des Grand Central Parkway wohnte, in dem er früher mit seiner Frau gelebt hatte. Auch an seinen Frühstücksgewohnheiten hatte sich nichts geändert: Es gab Cornflakes mit Milch, dazu schwarzen Kaffee und die Fernsehnachrichten. Coop goss sich eine Tasse Kaffee ein und gesellte sich zu seinem Vater, der in seinen abgetragenen Jeans und einem weißen T-Shirt am Küchentisch saß. »Na, was führt dich so früh am Morgen schon zu mir?« Jack lehnte sich auf dem Stuhl zurück und musterte seinen Sohn aufmerksam. »Ich wollte dich um einen Gefallen bitten.« Sein Vater hob eine seiner buschigen Augenbrauen. »Klingt interessant. « Coop schaute ihn überrascht an. »Woher willst du das wissen? Ich hab dir doch noch gar nichts erzählt.« »Du vergisst wohl, dass ich mal Polizist war. Ich spüre intuitiv, wenn etwas interessant ist«, sagte er, ohne eine Miene zu verziehen. »Außerdem bittest du mich sonst nie um einen Ge
Kapitel 12 Lexie hatte das Designkonzept für die Hot-Zone-Webseite fertig ausgearbeitet und es Claudias fähigen Händen zur Umsetzung übergeben. Somit hatte sie am Samstag Zeit, an Coops Webseite weiterzuarbeiten. Coop war ebenfalls den ganzen Tag für seine Zeitung im Einsatz. Heute arbeitete Lexie zur Abwechslung in der Wohnung ihrer Großmutter, die allerdings nicht zu Hause war. Charlotte hatte gestern, als Lexie nach Hause gekommen war, bereits geschlafen, und heute war sie offenbar schon in aller Herrgottsfrühe ausgeflogen. Lexie war diese Atempause nur recht. Sie war sich noch nicht darüber im Klaren, wie sie mit den neuesten Erkenntnissen umgehen sollte. Ganz egal, von welcher Seite sie die Angelegenheit auch betrachtete, kam sie doch immer wieder zum selben Ergebnis: Ihre Großmutter und Sylvia mussten die Kette aus der Familienkollektion der Lancasters gestohlen haben. Lexie massierte sich die Schläfen, um die Kopfschmerzen, die sich bereits ankündigten, im Keim zu ersticken. Der
Kapitel 13 Als Lexie am nächsten Morgen die Augen aufschlug, stellte sie fest, dass sie die Nacht auf der Wohnzimmercouch ihrer Großmutter verbracht hatte. Dank der gekrümmten Haltung war ihr Nacken ganz steif und schmerzte, und auch ihr Kopf dröhnte nach wie vor. Sie machte sich gleich auf die Suche nach ihrer Großmutter, aber von Charlotte fehlte wieder einmal jede Spur. Lexie rief bei Sylvia an, doch auch sie schien ausgeflogen zu sein. Es sah ganz danach aus, als wäre Charlotte über Nacht auf wundersame Weise wieder genesen und nun mit ihrer Busenfreundin unterwegs. Lexie begab sich unter die Dusche und ließ genüsslich das warme Wasser über ihre verspannten Muskeln laufen. Dann wusch sie sich die Haare, föhnte sie, zog sich an und ging in die Küche. Sie brauchte dringend einen Kaffee. Nachdem sie eine erste Tasse getrunken und sich noch eine zweite eingeschenkt hatte, fühlte sie sich allmählich wieder wie ein Mensch. Sie schlug die Zeitung auf und überflog ein paar Seiten. Beim Bac
Kapitel 14 Sie hatten fantastischen Sex gehabt. Großartigen Sex. Sex, wie ihn Lexie noch nie zuvor erlebt hatte. Coop und sie hatten so viele Gemeinsamkeiten auf so vielen verschiedenen Ebenen, dass Lexie die Verbindung, die zwischen ihnen existierte, körperlich zu spüren glaubte, sei es im Bett oder außerhalb. Sie hatten sich halbnackt – Lexie in einem von Coops alten T-Shirts und er in Boxershorts – an den Tisch gesetzt, um zu essen, und danach gemeinsam die Küche aufgeräumt. Dann waren sie wieder ins Bett gegangen. Coop saß am Kopfende des Bettes, an die Kissen gelehnt, was Lexie die Möglichkeit gab, seine gebräunte, muskulöse Brust zu bewundern. Seine Brusthaare kitzelten sie. Gott, er war einfach unglaublich sexy. Er schob sich eine Hand hinter den Kopf. »Ich muss mir dringend neues Geschirr zulegen«, sagte er, ohne sich seiner Wirkung auf Lexie auch nur im Geringsten bewusst zu sein. Lexie lachte. »Wenn dich jemand nicht für dein Sammelsurium kritisieren darf, dann bin ich das. I
Kapitel 15 Mit heftig pochendem Herz eilte Lexie zur Eingangstür. Coop hatte das Geräusch ebenfalls gehört und folgte ihr. »Warum klopft sie nicht an?«, murmelte Lexie leise. »Gute Frage. Ich habe den Riegel nicht vorgeschoben. Mal sehen, was passiert.« Coop blieb ein paar Schritte vor der Tür stehen, verschränkte die Arme vor der Brust und wartete ab. Sie lauschten eine Weile dem Geräusch. Wer auch immer dort vor der Tür stand, quälte sich vergeblich mit dem Schloss herum. Schließlich wurde es Coop zu dumm. Er legte die Hand auf den Knauf und riss die Tür auf. Ein großer, glatzköpfiger Mann stolperte in die Wohnung – und hinter ihm Charlotte und Sylvia. Die drei richteten sich verdattert auf. Charlotte und Sylvia wirkten reichlich schuldbewusst. Immerhin etwas, dachte Lexie. »Was geht hier vor, Grandma? Und wer ist dieser Mann?« »Ich nehme mal an, sein Name lautet Ricky Burnett«, sagte Coop. »Habe ich Recht?« »Ja, ich bin’s, höchstpersönlich.« Der Mann streckte Coop die Hand zum Gruß
Kapitel 16 Lexie hasste Banken. Sie war sich ziemlich sicher, dass das auf ihre Kindheit zurückzuführen war. Damals hatte ihr Vater ihre Schwester und sie immer wieder einmal zur Arbeit mitgenommen, damit sie den Tag mit ihm verbringen konnten. Margaret war stets bemüht gewesen, Lexie bei jeder der ihr erteilten kleinen Aufgaben zu übertrumpfen. Lexie dagegen hatte nicht einmal den Versuch unternommen, besser zu sein. Sie hatte sich danach gesehnt, irgendwo draußen zu spielen, wo sie den Wind auf den Wangen spüren und frische Luft atmen konnte. Und doch stand sie jetzt aus freiem Willen vor der New Yorker Bank ihres Vaters. Sie konnte sich nur nicht dazu durchringen, hineinzugehen. Seit dem Geständnis ihrer Großmutter fühlte sich Lexie wie betäubt und versuchte, ihren Platz in der Welt wiederzufinden. Sie war mehrmals auf der Aussichtsplattform des Empire State Building gewesen und hatte dort nach Antworten gesucht. In vielerlei Hinsicht ergab ihre Verwirrung überhaupt keinen Sinn. Was
Kapitel 17 Coop bückte sich schweigend nach seiner Hose, während Lexie ihr Kleid zurechtzurrte. »Du hast da noch etwas, das ich brauche«, sagte sie verunsichert. Er zog ihr Höschen aus der Jackentasche, befingerte kurz den seidigen Stoff, ehe er es ihr reichte. Lexies Worte hingen zwischen ihnen in der Luft. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, begann Coop. Sie schlüpfte in ihren Slip. »Dann tu am besten das, was mir meine Eltern beigebracht haben: Sag gar nichts.« Sie klang verletzt und enttäuscht. Hatte sie wirklich von ihm erwartet, dass er sein Leben aufgeben würde, um sie auf eine ihrer Reisen zu begleiten? Sie wussten beide, es ging nicht darum, dass er einfach nur Urlaub mit ihr machte. Hier ging es darum, sich ernsthaft aufeinander einzulassen. Eine Beziehung. Er legte ihr die Hände auf die Schultern und zwang sie, ihn anzuschauen. »Lex, ich habe hier meine Arbeit. Ich kann nicht einfach zusammenpacken und abhauen, wann immer ich Lust dazu habe«, versuchte er ihr zu erklären.
Kapitel 18 In dieser Nacht tat Lexie kaum ein Auge zu, doch es war nicht die Erinnerung an den verrückten Kellner mit seinem Messer, die sie wach hielt, sondern die an die heiße Begegnung mit Coop in der Garderobe – und an seine unverblümten Worte danach. Hatte sie wirklich von ihm erwartet, dass er seine berufliche Existenz für ihr Wanderleben aufgab? Und war nicht genau das die Crux an der ganzen Geschichte? Denn so sehr sie das Reisen auch liebte, war es nicht allmählich an der Zeit, sich den Tatsachen zu stellen? Sie war neunundzwanzig Jahre alt, beruflich erfolgreich, hatte ein beachtliches Sümmchen auf dem Bankkonto und eine alternde Großmutter – aber das war’s auch schon. War das wirklich alles, was sie sich für ihre Zukunft vorstellte? Und wenn Charlotte einmal nicht mehr war, was blieb ihr dann noch? Sie schüttelte den Kopf, und ihr wurde klar, dass Sara, obwohl sie sich kaum kannten, es auf den Punkt gebracht hatte: Lexie war davongelaufen. Sie hatte sich nicht damit auseinan
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