Kräuter und Gewürze

Dr. Gregers Lieblingskräuter und -gewürze

Basilikum, Berberitzen, Bockshornklee, Chilipulver, Currypulver, Dill, geräuchertes Paprikapulver, Ingwer, Kardamom, Knoblauch, Koriander, Koriandersamen, Kreuzkümmel, Kurkuma, Lorbeerblätter, Majoran, Meerrettich, Muskat, Nelken, Oregano, Petersilie, Pfeffer, Pfefferminze, Piment, Rosmarin, Safran, Salbei, Senfpulver, Thymian, Vanille und Zitronengras

Empfohlene Menge:

¼ Teelöffel Kurkuma, zusammen mit jedem anderen (salzfreien) Gewürz oder Kraut, das Sie mögen

Folgen Sie diesem einfachen Tipp: Überlassen Sie es Ihren Sinnen, die gesunden Lebensmittel auszuwählen. Es gibt einen guten biologischen Grund dafür, dass Sie von den leuchtenden Farben der Obst- und Gemüseabteilung angezogen werden: In vielen Fällen sind diese Farben die Antioxidantien. Sie können allein durch die Intensität der Farbe herausfinden, welche von zwei Tomaten mehr Antioxidantien enthält. Natürlich versucht die Lebensmittelindustrie, mit Abscheulichkeiten wie Froot Loops Profit aus diesem natürlichen Instinkt für Farben zu schlagen. Doch wenn Sie sich an „grüne“ Lebensmittel halten, lassen Sie sich ruhig von deren Farben leiten. Dasselbe gilt, wie wir mittlerweile merken, auch für den Geschmack.

So wie viele Pflanzenpigmente gesund sind, sind, wie Wissenschaftler herausgefunden haben, auch viele der Aromastoffe in Kräutern und Gewürzen wirksame Antioxidantien.1 Was glauben Sie wohl, woher das Antioxidans Rosmarinsäure stammt? Oder Cuminal, Thymol und Gingerol? Die Aromen sind die Antioxidantien. Sie können dieses Wissen nutzen, um im Laden die richtigen Entscheidungen zu treffen. Sie können sehen, dass rote Zwiebeln mehr Antioxidantien haben als weiße, und Sie können schmecken, dass normale Zwiebeln mehr Antioxidantien enthalten als milder schmeckende, eher süßliche Gemüsezwiebeln wie z. B. Vidalia.2

Die bitteren und scharfen Inhaltsstoffe der Kreuzblütler- und Lauchgewächsfamilien scheinen für deren gesundheitlichen Nutzen verantwortlich zu sein. Intensive Farben und intensive Aromen können für einen gesundheitlichen Vorteil stehen. Für eine optimale Gesundheit sollten Sie versuchen, die farbenfrohsten und aromatischsten Lebensmittel zu essen. So raten die Ernährungsempfehlungen einiger Länder mittlerweile ausdrücklich dazu, Kräuter und Gewürze zu verzehren, und zwar nicht nur als Salzersatz, sondern aufgrund ihrer eigenen gesundheitsfördernden Eigenschaften.3 An der Spitze meiner Liste gesunder Kräuter und Gewürze steht Kurkuma – ein Gewürz, das eine intensive Farbe und ein intensives Aroma hat.

Warum Sie täglich Kurkuma essen sollten

In den letzten Jahren wurden in medizinischen Fachzeitschriften über fünftausend Artikel über Curcumin veröffentlicht, das Pigment, das der Kurkumawurzel ihre kräftige gelbe Farbe verleiht. Viele dieser Artikel enthalten beeindruckende Diagramme, die nahelegen, dass Curcumin bei einer Vielzahl von Erkrankungen dank einer schwindelerregenden Reihe verschiedener Mechanismen sehr hilfreich sein kann.4 Curcumin wurde erstmals vor über einem Jahrhundert isoliert. Doch von den Tausenden durchgeführten wissenschaftlichen Untersuchungen gab es nur einige wenige klinische Studien im zwanzigsten Jahrhundert mit menschlichen Probanden. Seit dem Jahrhundertwechsel aber haben bereits über fünfzig klinische Studien die Wirkung von Curcumin bei einer ganzen Reihe von Erkrankungen getestet, und Dutzende weitere Studien werden noch durchgeführt.5

Wir haben bereits gesehen, wie Curcumin eine Rolle bei der Prävention oder Behandlung von Lungenkrankheiten, Hirnkrankheiten und einer Reihe verschiedener Krebsarten wie multiplen Myelomen, Darmkrebs und Bauchspeicheldrüsenkrebs spielen kann. Es wurde aber auch gezeigt, dass Curcumin die postoperative Genesung beschleunigen6 und rheumatoide Arthritis effektiver behandeln kann als das marktführende Medikament.7 Es kann außerdem auch wirksam bei der Behandlung von Osteoarthritis8 und anderen entzündlichen Erkrankungen eingesetzt werden, wie bspw. Lupus9 und entzündlichen Darmerkrankungen.10 Die letzte multizentrische, randomisierte und placebokontrollierte Doppelblindstudie zu Colitis ulcerosa und Curcumin ergab, dass über 50 Prozent der Patienten innerhalb nur eines Monats eine Remission erzielten, während dies bei keinem der Patienten der Fall war, die ein Placebo erhalten hatten.11 Wenn Sie jetzt genauso wie ich überzeugt davon sind, dass Kurkuma zu einem Teil Ihrer täglichen Ernährung werden sollte, damit Sie vom gesundheitlichen Nutzen seines Pigments Curcumin profitieren können, sind die nächsten Fragen, die sich nun stellen: Wie viel sollten Sie davon essen, wie sollten Sie es essen, und gibt es irgendwelche Risiken?

Ein viertel Teelöffel Kurkuma täglich

Kurkuma haut ziemlich rein. Würde ich eine Blutprobe von Ihnen einer oxidierenden Chemikalie aussetzen, könnten Wissenschaftler den dadurch verursachten Schaden mit einer ausgeklügelten Technologie messen, dank der sie auch die Anzahl der Brüche in den DNA-Strängen zählen können. Wenn ich Ihnen dann täglich eine Woche lang eine einzige Prise Kurkuma verabreichte, Ihnen dann wieder Blut abnähme und Ihre Blutzellen den gleichen freien Radikalen aussetzte, würden Sie sehen, dass die winzige Menge Kurkuma, die Sie gegessen haben, dafür sorgt, dass sich die Anzahl der Zellen mit DNA-Schäden halbieren kann.12 Wir sprechen nicht von einem Experiment in der Laborschale, sondern von Kurkuma, den Sie gegessen haben, und dessen Wirkung auf Ihr Blut danach gemessen wurde. Dabei handelt es sich auch nicht um irgendein ausgefallenes Kurkumapräparat oder einen Kurkumaextrakt, sondern um das simple Kurkumapulver, dass Sie im Laden kaufen können – mit einer winzigen Dosis, die einem achtel Teelöffel entspricht.

Kurkuma hat es in sich!

Die Kurkumadosis, die bei Untersuchungen mit Menschen verwendet wird, reicht von weniger als einem Sechzehntel Teelöffel bis zu zwei Esslöffeln pro Tag.13 Auch bei den hohen Dosierungen wurden nur wenige unerwünschte Nebenwirkungen beobachtet, doch diese Studien dauerten in der Regel nur etwa einen Monat. Wir wissen nicht, welche Langzeitwirkungen solche hohen Dosierungen verursachen können. Da Kurkuma eine solch starke medikamentenähnliche Wirkung haben kann, würde ich persönlich, zumindest bis bessere Sicherheitsdaten vorliegen, niemandem raten, mehr als die kulinarisch üblichen Mengen einzunehmen, die, wie es scheint, einen langjährigen Rekord dabei halten, sicher zu sein. Doch wie viel genau ist das? Auch wenn einige traditionelle indische Ernährungsweisen bis zu einem Teelöffel Kurkuma pro Tag enthalten können, liegt der durchschnittliche Verzehr in Indien eher bei etwa einem viertel Teelöffel pro Tag.14 Das ist die Menge, die ich Ihnen als Teil Ihres Täglichen Dutzends empfehle.

Wie Sie Kurkuma essen können

Naturvölker verwendeten Gewürze oft in sehr kluger Weise. So wurde z. B. Chinin aus der Chinarinde schon zur Behandlung der Symptome von Malaria eingesetzt, lange bevor die Krankheit überhaupt identifiziert wurde, und die Rohstoffe, aus denen Aspirin besteht, wurden schon lange vor dem Auftauchen von Herrn Friedrich Bayer als beliebtes Schmerzmittel verwendet.15 Etwa die Hälfte der neuen Medikamente, die in den letzten fünfundzwanzig Jahren entwickelt wurden, stammen von natürlichen Produkten.16

In Südasien gibt es eine Pflanze namens Adhatoda (von adu, Ziege, und thoda, nicht berühren, d. h., dass sie so bitter ist, dass nicht einmal Ziegen sie fressen). Ihre Blätter werden in Pfeffer getaucht, um ein wirkungsvolles Hausmittel zur Behandlung von Asthma daraus zu machen. Auf irgendeine Weise wurde entdeckt, was Wissenschaftler erst 1928 herausfanden: Die Zugabe von Pfeffer erhöhte die antiasthmatischen Eigenschaften der Pflanze erheblich. Heute wissen wir auch warum. Etwa fünf Prozent von schwarzem Pfeffer (nach Gewicht) besteht aus einem Wirkstoff namens Piperin, der für das scharfe Aroma und den typischen Geschmack von Pfeffer verantwortlich ist. Piperin ist aber ebenfalls ein starker Hemmer des Arnzeimittelstoffwechsels.17 Eine der Arten, auf die unsere Leber sich von fremden Substanzen befreit, ist es, indem sie diese wasserlöslich macht, sodass wir sie über den Urin ausscheiden können. Das Molekül aus schwarzem Pfeffer aber hemmt diesen Mechanismus und erhöht dadurch die Konzentration der medizinischen Bestandteile von Adhatoda im Blut. Bei Curcumin aus der Kurkumawurzel bewirkt es genau dasselbe.

Schon innerhalb einer Stunde nach dem Verzehr von Kurkuma taucht Curcumin im Blut auf, allerdings nur in geringen Spuren. Warum nur in solch kargen Mengen? Wahrscheinlich, weil unsere Leber stark damit beschäftigt ist, es wieder loszuwerden. Was aber, wenn wir diesen Ausscheidungsprozess unterdrücken können, indem wir einfach etwas schwarzen Pfeffer essen? Wenn wir dieselbe Menge Curcumin aufnehmen, dazu aber noch einen viertel Teelöffel schwarzen Pfeffer, erhöht sich die Curcuminkonzentration in unserem Blut um 2.000 Prozent.18 Sogar die winzigste Prise Pfeffer, nur ein Zwanzigstel eines Teelöffels, kann die Curcuminkonzentration im Blut beträchtlich erhöhen.19 Nun raten Sie mal, was neben Kurkuma eine sehr häufige Zutat in vielen Currypulvern ist? Schwarzer Pfeffer. Currypulver wird in Indien oft mit einer Fettquelle kombiniert, was die Bioverfügbarkeit von Curcumin allein schon um das Sieben- bis Achtfache erhöht.20 (Leider schien das überlieferte Wissen in puncto bester Fettquelle ein bisschen zu versagen. Die traditionelle indische Küche verwendet relativ viel geklärte Butter bzw. Ghee, was die hohen Herzerkrankungsraten des Landes trotz seiner ansonsten relativ gesunden Ernährungsweise erklären könnte.21)

Ich füge meinem Essen Kurkuma am liebsten in Form von frischer Kurkumawurzel hinzu. Jeder größere Asiamarkt und sogar einige Bio-Supermärkte haben Kurkumawurzel in ihrem Sortiment. Sie sieht aus wie eine dünnere und kleinere Variante der Ingwerwurzel, doch wenn Sie sie anritzen, werden Sie von einer fast unwirklichen, geradezu fluoreszierenden intensiven gelben Farbe begrüßt. Meine Empfehlung eines viertel Teelöffels getrockneten Kurkumapulvers entspricht etwa einem reichlichen halben Zentimeter frischer Kurkumawurzel. Die Wurzeln sind jeweils etwa 5 cm lang, ziemlich günstig und halten sich wochenlang im Kühlschrank und nahezu unbegrenzt im Gefrierfach. Sie könnten quasi einmal im Jahr zu einem Asiamarkt gehen und sich mit einem ganzen Jahresvorrat frischer Kurkumawurzel eindecken, und zwar für weit unter zehn Euro.

Es gibt Beweise, die nahelegen, dass Kurkuma in seiner gekochten Form andere Eigenschaften hat als roh. Gekochtes Kurkuma scheint einen besseren DNA-Schutz zu bieten, während rohes Kurkuma eine größere entzündungshemmende Kraft zu haben scheint.22 Ich mag es auf beide Arten. Ich verwende eine Reibe, um meine tägliche kleine Portion frische Kurkumawurzel auf all das zu reiben, was ich gerade koche (oder direkt auf eine gekochte Süßkartoffel), oder ich werfe ein Stück der Wurzel zu den Smoothiezutaten in den Mixer. Sie werden es vermutlich nicht einmal schmecken. Frisches Kurkuma hat eine wesentlich subtilere Note als getrocknetes, also ist es wahrscheinlich besonders für diejenigen die bessere Option, die den Geschmack von Kurkumapulver nicht mögen. Dafür ist es umso farbintensiver. Seien Sie vorsichtig, es kann Flecken auf der Kleidung und den Küchenoberflächen hinterlassen. Kurkuma ist nicht nur Gold für Ihre Gesundheit, sondern auch für Ihre Fingerspitzen.

Der Verzehr von Kurkuma in Verbindung mit Soja kann für Osteoarthritis-Patienten doppelt hilfreich sein.23 Rührtofu ist eine klassische Kombination aus Kurkuma und Soja. Ich habe gleich zwei Lieblingsvarianten davon – eine rohe und eine gekochte. So können Sie sich z. B. in unter drei Minuten einen leckeren Pumpkin-Pie-Smoothie zusammenmixen. Mixen Sie einfach ein Glas oder eine Dose Kürbispüree, eine Handvoll gefrorene Cranberries und entsteinte Datteln, Kürbiskuchengewürz (Pumpkin Pie Spice) nach Geschmack, eine etwa 0,5 cm dicke Kurkumawurzelscheibe (oder einen viertel Löffel Kurkumapulver) und so viel ungesüßte Sojamilch im Mixer, wie Sie für die von Ihnen gewünschte Konsistenz brauchen.

Mein anderes Lieblingsrezept ist mein Pumpkin Custard (eine gebackene Kürbiscreme). Dafür müssen Sie lediglich ein Glas oder eine Dose Kürbispüree mit etwa 280 g Seidentofu, so viel Kürbiskuchengewürz wie Sie mögen, derselben Kurkumamenge wie im Smoothie und ein bis zwei entsteinten Datteln (je nachdem, wie süß Sie es mögen) im Mixer pürieren. Gießen Sie die Mischung in eine Auflaufform und backen Sie sie bei 180 °C im Ofen, bis erste Risse an der Oberfläche entstehen. Indem Sie auf einen Teig verzichten und sozusagen nur eine Füllung bzw. die Creme essen, verzehren Sie nur das Beste: Gemüse, Tofu, Gewürze und Trockenobst. Je mehr Sie davon essen, umso gesünder ist es für Sie.

Ob frisch oder als Pulver – Kurkuma eignet sich besonders für die indische und die marokkanische Küche, aber ich füge es zu fast allem hinzu. Ich finde, dass es besonders gut in braunen Reisgerichten, Linsensuppen und mit geröstetem Blumenkohl schmeckt. Einige im Handel verkaufte gelbe Senfsorten enthalten Kurkuma als Farbstoff, doch suchen Sie nach einer salzfreien Marke bzw. einer, die im Prinzip nur Essig, den Kreuzblütler Senfsamen und Kurkuma enthält. Ich kann mir keine gesündere Würzpaste vorstellen.

Wie sieht es mit Kurkuma-Präparaten aus?

Wäre es nicht praktischer, jeden Tag ein Kurkuma-Präparat einzunehmen? Abgesehen von den Kosten sehe ich dabei drei mögliche Nachteile. Erstens: Curcumin ist nicht das Gleiche wie Kurkuma. Die Hersteller von Präparaten und Nahrungsergänzungsmitteln tappen oft in dieselbe Falle wie die Pharmaunternehmen. Es wird davon ausgegangen, dass Kräuter nur einen aktiven Wirkstoff enthalten, also ist die Annahme weitverbreitet, dass man diesen nur isolieren und zu einer Pille aufbereiten müsse, und schon könne man die Wirkung steigern. Ja, Curcumin wird als der aktive Wirkstoff von Kurkuma klassifiziert,24 aber ist es nun der aktive Wirkstoff oder nur ein aktiver Wirkstoff? Tatsächlich ist es nur einer der vielen verschiedenen Inhaltsstoffe der vollwertigen Wurzel.25

Nur wenige Untersuchungen haben Kurkuma mit Curcumin verglichen, doch einige dieser fanden heraus, dass Kurkuma besser zu wirken scheint. Wissenschaftler des MD Anderson Cancer Center in Texas verglichen die Wirkung von Kurkuma und Curcumin auf sechs verschiedene Arten menschlicher Krebszellen in Laborschalen. Curcumin erwies sich gegen Brustkrebs als besonders wirksam, Kurkuma aber übertraf diese Wirkung noch. Dasselbe galt für Bauchspeicheldrüsenkrebs, Darmkrebs, multiple Myelome, myeloische Leukämie und andere Krebsarten – Kurkuma zeigte sich bei allen wirksamer als sein gelbes Pigment Curcumin. Diese Ergebnisse legen nahe, dass auch andere Inhaltsstoffe neben Curcumin zur krebsbekämpfenden Aktivität des Gewürzes beitragen können.26

Auch wenn davon ausgegangen wird, dass Curcumin für den Großteil der gesundheitsfördernden Wirkung von Kurkuma verantwortlich ist, deuten im letzten Jahrzehnt veröffentlichte Forschungsarbeiten darauf hin, dass curcuminfreier Kurkuma, also Kurkuma, dessen sogenannter aktiver Wirkstoff entfernt wurde, genauso wirksam oder sogar noch wirksamer als Kurkuma mit Curcumin sein kann. Es gibt z. B. Turmerone in Kurkuma (die durch die Verarbeitung in Curcumin-Präparaten allerdings fehlen), die sowohl krebsbekämpfende wie auch entzündungshemmende Eigenschaften zu haben scheinen. Ich ging sehr naiv zunächst davon aus, dass die Wissenschaftler, die dies entdeckt hatten, den Menschen dazu raten würden, lieber Kurkuma als Curcumin-Präparate zu essen. Stattdessen aber empfohlen sie die Herstellung aller möglichen anderen aus Kurkuma gewonnenen Präparate.27 Denn wer verdient schon Geld mit einem vollwertigen Lebensmittel, das nur ein paar Cent pro Tag kostet?

Meine zweite Sorge besteht in der Dosierung. Während bei den Kurkuma-Experimenten geringe Mengen verwendet wurden, die so denkbar auch über die Nahrung aufgenommen werden könnten, verwendeten Experimente mit Curcumin Mengen, die in mehreren Tassen des Gewürzes Kurkuma vorkommen würden – ganze einhundertmal mehr, als Curryliebhaber jahrhundertelang zu sich genommen haben.28 Einige der Präparate enthalten auch schwarzen Pfeffer und erhöhen die Konzentration damit auf einen Wert, der neunundzwanzig Tassen Kurkuma am Tag entspricht, was zu genug Curcumin im Blut führen kann, dass dadurch auf Basis von In-Vitro-Daten potenziell DNA-Schäden verursacht werden können.29

Drittens besteht die Gefahr einer Verseuchung mit Schwermetallen wie Arsen, Cadmium und Blei. Bei keiner der getesteten Stichproben von Kurkumapulvern auf dem US-Markt wurde eine Schwermetallbelastung aufgefunden, was sich allerdings nicht von Curcumin-Präparaten sagen lässt.30

Keine dieser Sorgen (außer den Kosten) gilt für Präparate, die nur gemahlenes Kurkumapulver enthalten. Fast alle Kurkuma-Präparate sind aber Extrakte. Wie sonst wäre es möglich, ein kleines Fläschchen mit Pillen für über zwanzig Dollar zu verkaufen, wenn das Gewürz in großen Mengen wahrscheinlich weniger als zwanzig Dollar pro Pfund kostet? Ein Fläschchen reicht vielleicht für zwei bis drei Monate aus. Für denselben Preis könnte in großen Mengen gekauftes Kurkumapulver Ihnen die Tägliche-Dutzend-Dosis für zwei bis drei Jahre liefern.

Ein Kompromiss zwischen Kostenaufwand und Bequemlichkeit könnte es sein, Ihre eigenen Kurkumakapseln herzustellen. Es gibt Kapselfüllgeräte, mit denen Sie Ihre eigenen Kapseln befüllen können. Angesichts der Kostendiskrepanz zwischen Kurkumapulver en gros und Kurkuma-Präparaten zahlt sich das Kapselfüllgerät wahrscheinlich schon nach der ersten Charge aus. In eine “00“-Leerkapsel passt die täglich empfohlene Menge eines viertel Teelöffels. Das Herstellen eigener Kurkumakapseln mag etwas zeitaufwendig sein, doch wenn Sie es sonst nicht schaffen, täglich Kurkuma zu essen, kann dies klug investierte Zeit sein. Wenn es jemals so etwas wie eine Wunderpille gäbe, würde diese wahrscheinlich aus einer einzigen Zutat, nämlich gemahlener Kurkumawurzel, bestehen.

Wer auf Kurkuma verzichten sollte

Wenn Sie an Gallensteinen leiden, könnte Kurkuma bei Ihnen Schmerzen auslösen. Kurkuma ist ein cholecystokinetischer Wirkstoff, d. h., dass er die Pumpbewegung der Gallenblase fördert und somit verhindert, dass die Gallenflüssigkeit darin stagniert.31 Ultraschalluntersuchungen zeigen, dass ein viertel Teelöffel Kurkuma dazu führt, dass sich die Gallenblase zusammenzieht und etwa die Hälfte ihres Inhalts freigibt.32 Auf diese Weise kann Kurkuma dabei helfen, das Entstehen von Gallensteinen zu vermeiden. Doch was passiert, wenn Sie bereits einen Gallenstein haben, der Ihren Gallengang blockiert? Dann könnte diese kurkumabedingte Kontraktion schmerzhaft sein.33 Für alle anderen aber kann durch die Wirkung von Kurkuma das Risiko einer Gallensteinbildung verringert und letztlich sogar das Risiko von Gallenblasenkrebs reduziert werden.34

Zu viel Kurkuma kann allerdings das Risiko des Entstehens bestimmter Nierensteine erhöhen. Kurkuma ist reich an löslichen Oxalaten, die Kalzium binden und so einen der häufigsten Nierensteine bilden können – unlösliches Kalziumoxalat, das für 75 Prozent aller Nierensteine verantwortlich ist. Wer dazu neigt, solche Steine zu bilden, sollte seinen Konsum von ernährungsbasiertem Oxalat auf höchstens 50 mg pro Tag beschränken. Das heißt allerhöchstens einen Teelöffel Kurkuma täglich.35 (Kurkuma gilt übrigens als sicher während der Schwangerschaft, während das bei Curcumin-Präparaten nicht unbedingt der Fall ist.36)

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Mein empfohlener viertel Teelöffel Kurkuma gilt zusätzlich zu allen (salzfreien) Kräutern und Gewürzen, die Sie gern essen. Der Grund, weshalb das Tägliche Dutzend den Verzehr von Kräutern und Gewürzen generell und nicht nur von Kurkuma empfiehlt, ist nicht, dass diese austauschbar sind – Kurkuma scheint einzigartige Vorteile zu haben – sondern dass es Beweise dafür gibt, dass andere Kräuter und Gewürze ebenfalls gesundheitsförderlich sind. Ich habe zuvor bereits Safran erwähnt, das z. B. bei der Behandlung von Alzheimer (Kapitel 3) und Depressionen (Kapitel 12) eingesetzt wird. Gewürze lassen das Essen nicht nur besser schmecken, sie machen es auch aus gesundheitlicher Sicht besser. Ich ermuntere Sie dazu, Ihr Gewürzregal zu Hause gut zu bestücken und es zu einer Gewohnheit werden zu lassen, zu jedem Gericht die Kräuter und Gewürze hinzuzufügen, die Sie mögen.

Im Folgenden gehe ich näher auf einige Kräuter und Gewürze ein, zu denen die meisten wissenschaftlichen Daten vorliegen. Ich werde einige der faszinierenden Untersuchungen skizzieren, die die gesundheitlichen Vorteile dieser Geschmacksverbesserer aufzeigen, und auch erklären, wie Sie sie am einfachsten zum Teil Ihrer täglichen Ernährung machen können.

Bockshornklee

Gemahlene Bockshornkleesamen sind ein Gewürz, das vor allem in der indischen und orientalischen Küche verwendet wird. Bockshornklee scheint die Muskelkraft und die Leistung beim Gewichtheben deutlich zu stärken, was es Männern während des Trainings z. B. ermöglicht, beim Beinpressen im Vergleich zu einer Placebogruppe zusätzliche 36 kg mit den Beinen zu stemmen.37 Bockshornkleesamen scheinen auch in vitro „sehr wirksame krebsbekämpfende Eigenschaften“ zu haben.38 Ich mag den Geschmack des Pulvers nicht, also vermische ich vor dem Keimen meine Brokkolisamen mit ein paar Bockshornkleesamen.

Es gibt allerdings eine Nebenwirkung beim Verzehr von Bockshornkleesamen: Sie können dazu führen, dass Ihre Achseln nach Ahornsirup riechen.39 Ich beliebe nicht zu scherzen. Das ist ein harmloses Phänomen. Die Ahornsirupkrankheit aber, eine ernsthafte angeborene Erkrankung, ist keineswegs harmlos. Gestillte Kinder, deren Mütter Bockshornkleesamen zur Anregung der Milchbildung einnehmen, könnten zu Unrecht mit dieser Krankheit diagnostiziert werden.40 Wenn Sie schwanger sind oder stillen und Bockshornkleesamen essen, vergessen Sie nicht, dies Ihrer Gynäkologin oder Hebamme zusagen, damit diese nicht glauben, Ihr Baby habe die Ahornsirupkrankheit.

Koriander

Ein Anzeichen dafür, dass sich die Demografie in den USA verändert, ist, dass Salsa Ketchup als beliebteste Würzsoße abgelöst hat.41 Eine beliebte Zutat von Salsa ist Koriander, eines der am stärksten polarisierenden Kräuter, die die Menschheit kennt. Manche sind verrückt danach, andere hassen es leidenschaftlich. Das Interessante daran ist, dass die Korianderfans und die Korianderhasser seinen Geschmack anders wahrzunehmen scheinen. Personen, die Koriander mögen, beschreiben das Kraut als frisch, aromatisch oder zitrusähnlich, während die, die es nicht mögen, angeben, es schmecke wie Seife, Schimmel, Erde oder nach Wanzen.42 Ich bin mir zwar nicht sicher, woher diese Leute wissen, wie genau Wanzen schmecken, doch es gibt auf jeden Fall nur sehr selten solche stark auseinandergehenden Meinungen, wenn es um den Geschmack geht.

Verschiedene ethnische Gruppen scheinen zudem verschieden hohe Abneigungsraten gegen Koriander zu haben, wobei die aschkenasischen Juden an der Spitze der Korianderhasser zu stehen scheinen.43 Ein anderer Anhaltspunkt kam von Zwillingsstudien, die zeigen, dass eineiige Zwillinge ihre Korianderneigung teilen, während zweieiige Zwillinge keine so starke Übereinstimmung zeigen.44 Der genetische Code des Menschen enthält etwa drei Milliarden Zeichen, also müssten wir die DNA von etwa zehntausend Menschen analysieren, um ein Koriandergen zu finden. Natürlich haben Genforscher Besseres zu tun, als sich mit so einer Mammutaufgabe zu beschäftigen, richtig?

Vielleicht nicht. Genetische Untersuchungen von über fünfundzwanzigtausend Probanden, die ihre Korianderneigung zu Protokoll gaben, entdeckten einen Abschnitt auf Chromosom 11, der dafür infrage zu kommen scheint. Was genau fanden sie dort? Ein Gen namens OR6A2, das uns dazu befähigt, bestimmte Chemikalien wie E-(2)-Decenal zu riechen, das sowohl ein Hauptbestandteil von Koriander wie auch ein Verteidigungssekret von Stinkwanzen ist. Also schmeckt Koriander doch nach Wanzen! Korianderfans sind vielleicht nur genetische Mutanten, die unfähig sind, den unangenehmen Inhaltsstoff zu riechen.45

Das aber scheint ein Vorteil zu sein, denn Koriander ist ziemlich gesundes Zeugs. Mutter Natur wird als die umfassendste Apotheke aller Zeiten angesehen, und Koriander gehört zu ihren ältesten Kräuterheilmitteln.46 Etwa zwanzig Stängel Koriander täglich über einen Zeitraum von zwei Monaten verringerten die Entzündungswerte bei Arthritisbetroffenen und halbierten die Harnsäurewerte, was bedeutet, dass viel Koriander auch Menschen mit Gicht helfen könnte.47

Cayenne-Pfeffer

In einer Untersuchung mit dem Titel „Sekretion, Schmerzen und Niesen, hervorgerufen durch das Einbringen von Capsaicin in die menschliche Nasenschleimhaut“ fand man heraus, dass Ihre Nase anfängt zu laufen, zu brennen und dass Sie niesen müssen, wenn Sie eine scharfe Chilischote aufschneiden und in Ihre Nasenlöcher reiben. (Capsaicin ist der brennende Wirkstoff scharfer Chilischoten.) Warum bitte führt jemand so ein Experiment durch? Wer mit scharfen Chilischoten zu tun hat, weiß, dass es zu recht intensiven brennenden Schmerzen kommen kann, wenn Teile davon in die Nase gelangen. (Und das nicht nur in der Nase, wie ich einmal schmerzhaft lernen musste, als ich mir vor dem Toilettengang nicht die Hände wusch…) Jedenfalls gaben die Wissenschaftler an, dass „diese Phänomene bisher noch nicht erforscht worden waren“. Also befanden sie, es „erschien lohnenswert, die Wirkung zu erforschen, die die topische Applikation von Capsaicin in die menschliche Nase provoziert. …“48

Die Wissenschaftler versammelten eine Gruppe Medizinstudenten und tröpfelten etwas Capsaicin in deren Nasen. Die Studenten begannen zu niesen und zu schnäuzen, ihre Nasen brannten, und sie beschrieben einen Schmerz, der auf einer Skala von eins bis zehn bei acht oder neun lag. Keine große Überraschung. Doch es wird ein bisschen spannender. Was passierte, nachdem sie das Experiment am nächsten Tag wiederholten? Sie würden wahrscheinlich glauben, dass die Studenten dem Capsaicin gegenüber noch schmerzempfindlicher waren, da ihre Nasen noch vom Vortag gereizt waren, und sie einen noch intensiveren Schmerz empfanden, nicht wahr? Tatsächlich aber schmerzte das Capsaicin nun weniger. Nach Tag fünf verspürten die Studenten fast keine Schmerzen mehr, und auch ihre Nasen hatten aufgehört, zu laufen.

Waren die Nasen der armen Medizinstudenten nun für immer abgestumpft? Nein. Nach etwa einem Monat verschwand die Desensibilisierung, und sie empfanden wieder starke Schmerzen, als die Wissenschaftler erneut versuchten, Capsaicin in ihre Nasen zu tröpfeln. Was wahrscheinlich passiert war, ist, dass die Schmerzfasern – die Nerven, die die Schmerzempfindung weitertransportieren – den Schmerzneurotransmitter (Substanz P genannt) aufbrauchten und nichts mehr davon übrig war. Nachdem sie Tag für Tag dem Capsaicin ausgesetzt waren, war der Vorrat der Nerven erschöpft, und sie konnten keine Schmerznachrichten mehr transportieren, bis ein neuer Neurotransmittervorrat gebildet wurde, was einige Wochen dauern kann.

Wie lässt sich dies für medizinische Zwecke nutzen? Es gibt eine seltene Kopfschmerzart namens Cluster-Kopfschmerz, der als eine der schlimmsten Formen von Schmerz bezeichnet wird, den Menschen durchleiden können. Wenn überhaupt, gibt es nur wenige medizinische Beschwerden, die derartig schmerzhaft sind. Oft wird auch von „Selbstmord-Kopfschmerz“ gesprochen, weil es Patienten gab, die sich deswegen das Leben nahmen.49

Es wird vermutet, dass der Cluster-Kopfschmerz durch Druck auf den Trigeminusnerv im Gesicht entsteht. Die Behandlungsmethoden beinhalten alles von Nervenblockaden über Botox bis zur Operation. Derselbe Nerv verläuft allerdings auch bis hinunter zur und durch die Nase. Und wenn man den ganzen Nerv dazu bringen könnte, seine gesamte Substanz P auszuschütten? Wissenschaftler führten das tägliche Capsaicin-Experiment mit Cluster-Kopfschmerz-Patienten durch. Anders als die verweichlichten Medizinstudenten, die das Nasenbrennen auf einer Skala von eins bis zehn bei acht oder neun eingeordnet hatten, stuften die Cluster-Kopfschmerz-Patienten den durch das Capsaicin verursachten Schmerz bei nur drei oder vier ein. Am fünften Tag waren auch sie dem Capsaicin-Schmerz gegenüber desensibilisiert. Doch was passierte mit ihren Kopfschmerzen? Diejenigen, die das Capsaicin in das Nasenloch auf der Kopfseite gerieben hatten, auf der die Kopfschmerzen auftraten, konnten die Häufigkeit der Schmerzattacken halbieren. Tatsächlich konnte die Hälfte der Patienten scheinbar kuriert werden – ihre Kopfschmerzen waren vollständig verschwunden. Insgesamt sprachen 80 Prozent auf diese Art der Behandlung an, was mindestens genauso gut, wenn nicht sogar besser als bei allen anderen zurzeit möglichen Behandlungsformen ist.50

Wie sieht es bei anderen Schmerzsyndromen aus? Beim Reizdarmsyndrom wird bspw. davon ausgegangen, dass die Ursache eine Überempfindlichkeit der Darmschleimhaut ist. Wie lässt sich feststellen, ob die Darmschleimhaut einer Person überempfindlich ist? Innovative japanische Wissenschaftler entwickelten ein Gerät, das eine „wiederholte schmerzhafte rektale Ausdehnung“ provoziert und so etwas Ähnliches ist wie ein Ballon mit einem halben Liter Fassungsvermögen, der an eine ausgeklügelte Art von Fahrradluftpumpe angeschlossen ist, in das Rektum eingeführt und aufgeblasen wird, bis der Schmerz unerträglich wird. Die Probanden mit Reizdarmsyndrom hatten eine wesentlich niedrigere Schmerzgrenze und daher deutlich weniger „rektale Nachgiebigkeit“.51

Vielleicht lässt sich auch der Darm durch das Leeren der Substanz-P-Speicher desensibilisieren? Es ist schon schlimm genug, einen Extrakt scharfer Chilischoten in die Nase gerieben zu bekommen, doch wo genau müsste das Zeug bei einem Reizdarmsyndrom „eingebracht“ werden? Dankenswerterweise entschieden sich die Wissenschaftler für ein Verabreichen über den oralen Weg. Sie fanden heraus, dass magensaftresistente Kapseln mit rotem Chilipulver die Intensität der Unterleibsschmerzen und Blähungen erheblich reduzieren konnten, was „einen Weg zur Behandlung dieser häufigen und quälenden funktionellen Krankheit“52 aufzeigt.

Hilft rotes Chilipulver auch gegen die Schmerzen, die durch die chronische Verdauungsstörung Dyspepsie entstehen? Innerhalb eines Monats besserten sich die Magenschmerzen und die Übelkeit dank der Einnahme einer täglichen Menge von Cayenne-Pfeffer, die etwa anderthalb Teelöffeln entsprach.53 Das häufig verschriebene Medikament Propulsid (Cisaprid) wirkte fast genauso gut wie das Chilipulver und wurde als generell gut verträglich angesehen – bis Menschen daran starben. Propulsid wurde vom Markt genommen, nachdem es tödliche Herzrhythmusstörungen ausgelöst hatte.54

Ingwer

Viele erfolgreiche Behandlungen beginnen so: Irgendein Arzt hört davon, dass eine Pflanze in irgendeiner uralten traditionellen medizinischen Tradition für Heilzwecke eingesetzt wurde und überlegt: ‚Vielleicht sollte ich das einmal in meiner Praxis ausprobieren?‘ Ingwer wird schon seit Jahrhunderten zur Behandlung von Kopfschmerzen eingesetzt, also riet eine Gruppe dänischer Ärzte einer ihrer Migränepatientinnen dazu, dies auszuprobieren. Bei dem ersten Anzeichen eines neuen Migräneanfalls vermischte die Patientin einen viertel Teelöffel Ingwerpulver mit etwas Wasser und trank es. Innerhalb von dreißig Minuten verschwand die Migräne. Das funktionierte jedes Mal bei ihr ohne irgendwelche erkennbaren Nebenwirkungen.55

So etwas wird als Fallbericht bezeichnet. Auch wenn es sich bei solchen Fallberichten um nichts anderes als glorifizierte Anekdoten handelt, haben sie in der Geschichte der Medizin eine wichtige Rolle gespielt – von der Entdeckung von AIDS56 bis hin zu einem wirkungslosen Mittel gegen Brustschmerzen mit einer milliardenschweren Nebenwirkung: Viagra.57 Fallberichte werden als die schwächste Beweisform angesehen, sind aber oft der Ausgangspunkt für wissenschaftliche Forschungen.58 Der Fallbericht der Migränepatientin, die ihre Migräne erfolgreich mit Ingwer behandeln konnte, ist als solcher daher nicht besonders hilfreich, kann aber Wissenschaftler dazu inspirieren, Studien zur Wirksamkeit von Ingwer durchzuführen.

Schließlich wurde eine randomisierte kontrollierte klinische Doppelblindstudie durchgeführt, die die Wirkung von Ingwer bei der Behandlung von Migränekopfschmerzen mit der von Sumatriptan (Imitrex) verglich, einem der meistverkauften, Milliardenumsätze machenden Medikamente der Welt. Nur ein achtel Teelöffel Ingwerpulver half genauso gut und genauso schnell wie das Medikament (und kostet weniger als einen Cent). Die meisten Migränepatienten begannen mit moderaten bis zu starken Kopfschmerzen, empfanden aber nach der Einnahme des Medikaments oder des Ingwerpulvers nur noch leichte oder aber gar keine Schmerzen mehr. Dieselbe Anzahl von Migränepatienten war mit den Ergebnissen in beiden Fällen zufrieden.

Meiner Meinung nach ist Ingwer der klare Gewinner. Er ist nicht nur ein paar Milliarden günstiger, sondern verursachte auch deutlich weniger Nebenwirkungen. Bei der Einnahme des Medikaments berichteten Personen hingegen von Benommenheit, einer betäubenden Wirkung, Schwindel und Sodbrennen, während bei Ingwer nur bei einer von fünfundzwanzig Personen Magenbeschwerden dokumentiert wurden.59 (Ein ganzer Esslöffel Ingwerpulver auf einmal auf leeren Magen wird bei jedem zu Magenbeschwerden führen,60 also übertreiben Sie es nicht.) Einen achtel Teelöffel Ingwerpulver einzunehmen ist nicht nur bis zu dreitausendmal günstiger als das Medikament, sondern bewahrt Sie wahrscheinlich auch davor, selbst zu einem Fallbericht zu werden, so wie die Menschen, die nach dem Einnehmen von Sumatriptan gegen Migräne einen Herzinfarkt erlitten61 oder sogar starben.62

Migränekopfschmerzen werden als „eines der häufigsten“ Schmerzsyndrome bezeichnet und betreffen ganze 12 Prozent der US-Bevölkerung.63 Wenn das häufig ist, wie sieht es dann mit Menstruationsbeschwerden aus, die bis zu 90 Prozent aller jüngeren Frauen plagen?64 Kann Ingwer auch dagegen helfen? Schon ein achtel Teelöffel Ingwerpulver dreimal täglich konnte das Schmerzempfinden auf einer Skala von eins bis zehn von acht auf sechs senken, und im zweiten Monat sogar bis auf drei.65 Diese Frauen hatten das Ingwerpulver nicht den ganzen Monat lang eingenommen, sondern erst am Tag vor ihrer Periode damit begonnen. Auch wenn der Ingwer anfänglich nicht viel zu bewirken schien, sollten Frauen ihn also weiterhin einnehmen, bis sich die Wirkung zeigt.

Wie sieht es mit der Schmerzdauer aus? Ein viertel Teelöffel Ingwerpulver dreimal täglich konnte nicht nur die Intensität der Menstruationsbeschwerden von einer Sieben auf eine Fünf senken, sondern auch die Dauer von insgesamt neunzehn Schmerzstunden auf etwa fünfzehn Schmerzstunden verkürzen66 – eine deutlich bessere Leistung als die des Placebos, das aus mit Toastpulver gefüllten Kapseln bestand. Allerdings schlucken Frauen auch keine Brotkrümel gegen ihre Schmerzen. Wie schnitt das Ingwerpulver im Vergleich zu Ibuprofen ab? Bei einem direkten Vergleich von einem achtel Teelöffel Ingwerpulver mit 400 mg Ibuprofen zeigte sich, dass Ingwer genauso effektiv wirkte wie dieses führende Schmerzmittel.67 Anders als das Schmerzmittel kann Ingwer auch die Blutungsstärke reduzieren, und zwar von etwa einer halben Tasse Blut pro Periode auf nur noch eine viertel Tasse.68 Zudem kann die Einnahme von einem achtel Teelöffel Ingwerpulver zweimal täglich eine Woche vor der Periode prämenstruelle Stimmungsschwankungen sowie körperliche und Verhaltenssymptome erheblich reduzieren.69

Ich streue Ingwerpulver gern über Süßkartoffeln oder verwende frischen Ingwer für meine Zitronen-Ingwer-Apfelringe, die als Mittel gegen Übelkeit dienen. (Schon seit ich ein kleines Kind war, wurde ich ständig reise- bzw. seekrank.) Es gibt eine ganze Reihe wirkungsvoller Medikamente gegen Übelkeit, doch haben diese eine ebenfalls Übelkeit erregende lange Liste von Nebenwirkungen, sodass ich für meine Patienten und mich selbst immer nach natürlichen Mitteln suche, wann immer es möglich ist.

Ingwer wird schon seit Tausenden von Jahren von verschiedenen traditionellen Heilkunden eingesetzt. In Indien ist er auch als maha-aushadhi bekannt, was so viel bedeutet wie „die große Medizin“. Wissenschaftlich wurde seine Wirksamkeit gegen Übelkeit aber erst 1982 nachgewiesen, als er in einem Test mit dem Medikament Dramamine verglichen wurde. Bei diesem Test bekamen die Probanden eine Augenbinde umgebunden und saßen auf einem geneigten, rotierenden Stuhl.70 Ingwer wird mittlerweile als ungiftiges Antiemetikum (Mittel gegen Erbrechen) mit breitem Spektrum angesehen und hilft gegen die Übelkeit beim Reisen, während der Schwangerschaft, bei einer Chemotherapie, bei einer Bestrahlung und nach einer Operation.71

Probieren Sie doch einmal meine Zitrone-Ingwer-Apfelringe aus: Pürieren Sie eine geschälte Zitrone zusammen mit einer handtellergroßen Ingwerknollenhand im Mixer. Schneiden Sie vier Äpfel in dünne Ringe oder Scheiben und bestreichen Sie diese mit der Ingwer-Zitronen-Flüssigkeit. Schieben Sie die Ringe in einen Dörrautomaten und trocknen Sie sie so lange, bis sie die von Ihnen bevorzugte Konsistenz haben. Ich mag es, wenn sie noch etwas feucht sind, aber Sie können die Ringe auch so lange trocknen, bis sie zu Zitrone-Ingwer-Apfelchips werden, die sich länger halten als die feuchteren Ringe. Bei mir wirkt es Wunder, wenn ich etwa 20 Minuten vor dem Beginn einer Reise ein paar meiner Zitrone-Ingwer-Apfelringe esse.

Hinweis: Ingwer gilt während der Schwangerschaft allgemein als sicheres Lebensmittel, jedoch liegt die empfohlene Höchstmenge von frischem Ingwer bei 20 Gramm täglich (etwa vier Teelöffel geriebener frischer Ingwer).72 Mehr davon wirkt sich stimulierend auf den Uterus aus. Schwangere, die mein Apfelringrezept zur Bekämpfung von morgendlicher Übelkeit benutzen, sollten die aus vier Äpfeln hergestellten Ringe oder Chips nicht auf einmal, sondern nur über mehrere Tage verteilt essen.

Pfefferminze

Welche Kräuter enthalten die meisten Antioxidantien? Das Kraut mit dem höchsten Antioxidantiengehalt ist die norwegische Bärentraube bzw. deren getrocknete Blätter. (Viel Glück beim Suchen!) Das am leichtesten erhältlichste Kraut mit den meisten Antioxidantien ist Pfefferminze.73 Darum verwende ich auch Pfefferminzblätter in meinem heiß geliebten Hibiskus-Punsch-Rezept (siehe „Mein Hibiskus-Punsch“ on page 357) und versuche, wann immer es möglich ist, Pfefferminze in mein Essen zu schmuggeln. Minze ist eine traditionelle Zutat in orientalischen Gerichten wie bspw. Taboulé, in indischen Chutneys und vietnamesischen Suppen und frischen Sommerrollen. Ich esse sie auch gern zusammen mit allem, was irgendwie schokoladig ist.

Oregano und Majoran

Oregano ist so antioxidantienreich, dass Wissenschaftler beschlossen zu testen, ob es die DNA-schädigende Wirkung einer Bestrahlung reduzieren kann. Manchmal bekommen Menschen mit einer Schilddrüsenüberfunktion oder Schilddrüsenkrebs radioaktives Jod, um einen Teil der Schilddrüse zu zerstören oder nach einer Operation noch zurückgebliebene Tumorzellen zu beseitigen. Noch Tage nach der Injektion mit dem Isotop sind die Patienten so radioaktiv, dass ihnen geraten wird, niemanden zu küssen und nicht in unmittelbarer Nähe anderer Personen zu schlafen (einschließlich ihrer Haustiere), sowie auf einen größeren Abstand zwischen ihnen und Kindern oder schwangeren Frauen zu achten.74 Diese Behandlungsform kann sehr wirksam sein, jedoch scheint die hohe Strahlenbelastung das Risiko einer späteren Entstehung anderer Krebsarten zu erhöhen.75 In der Hoffnung, die durch diese Behandlung entstehenden DNA-Schäden zu verhindern, testeten Wissenschaftler die Fähigkeit von Oregano, die Chromosomen menschlicher Blutzellen in vitro vor den Auswirkungen des radioaktiven Jods zu schützen. Mit der höchsten Dosis ließen sich die Chromosomenschäden um 70 Prozent reduzieren. Die Wissenschaftler schlossen daraus, dass Oregano „als wirkungsvolle radioprotektive Substanz“76 fungieren kann. Andere Laborversuche mit Oregano legten nahe, dass das Kraut krebsbekämpfende und entzündungshemmende Eigenschaften hat. In einem Vergleich zur Wirkung verschiedener Gewürzextrakte – Lorbeerblätter, Fenchel, Lavendel, Oregano, Paprikapulver, Petersilie, Rosmarin und Thymian – schlug Oregano alle anderen Extrakte bis auf den aus Lorbeerblättern mit seiner Fähigkeit, das Wachstum von Gebärmutterhalskrebs in vitro zu unterdrücken und dabei gleichzeitig gesunde Zellen in Ruhe zu lassen.77 Von 115 verschiedenen Lebensmitteln, die in vitro auf ihre entzündungshemmenden Eigenschaften getestet wurden, schaffte Oregano es unter die ersten fünf – zusammen mit Austernpilzen, Zwiebeln, Zimt und Teeblättern.78

Majoran ist eng mit Oregano verwandt und machte in Labortests ebenfalls eine vielversprechende Figur. Es scheint die Migration und die Invasion von Brustkrebszellen in vitro beträchtlich einzuschränken.79 Keine dieser Studien zu den Mitgliedern der Oregano-Kräuterfamilie wurde jedoch mit Menschen durchgeführt, also wissen wir nicht, ob diese Wirkung auch in einem klinischen Setting zustande käme. Der einzige randomisierte und kontrollierte Versuch, der mir bekannt ist, testete die Wirkung von Majorantee bei einem polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS). Dieser Tee wurde angeblich in der traditionellen Kräuterheilkunde verwendet, um „das hormonelle Gleichgewicht wiederherzustellen“. Also beschlossen einige Wissenschaftler, dies zu testen. Sie wiesen Frauen mit PCOS an, einen Monat lang täglich zwei Tassen Majorantee auf einen leeren Magen zu trinken. Sie beobachteten eine vorteilhafte Auswirkung auf den Hormonspiegel, was laut der Wissenschaftler „die Verbesserung rechtfertigt, deren Eintreten von Therapeuten der traditionellen Medizin und auch den Patientinnen behauptet wird.“80

Nelken

Das antioxidantienreichste leicht erhältliche Gewürz sind Nelken.81 Sie haben einen außergewöhnlich intensiven Geschmack, also fügen Sie zu allem, zu dem Sie normalerweise Zimt oder Ingwerpulver zugeben würden, eine winzige Prise Nelkenpulver hinzu. Nelkenpulver schmeckt wunderbar auf geschmorten Birnen oder Bratäpfeln und verleiht diesen einen angenehmen, etwas glühweinartigen Geschmack. Eine Tasse indischer Chai ist eine andere fantastische Möglichkeit, gleich mehrere antioxidantienreiche Gewürze auf einmal in einem Getränk unterzubringen.

Amla

Das antioxidantienreichste seltenste Gewürz ist Amla,82 ein Pulver, das aus der getrockneten indischen Stachelbeere hergestellt wird. Als Arzt mit typischer westlicher Ausbildung hatte ich noch nie etwas von Amla gehört, obwohl es häufig in ayurvedischen Kräutermischungen verwendet wird. Ich war überrascht, als ich vierhundert Artikel über dieses weniger bekannte Gewürz in der medizinischen Fachliteratur fand, und sogar noch überraschter, dabei auf Titel wie diesen zu stoßen: „Amla … eine Wunderbeere für die Behandlung und Prävention von Krebs“. Amla ist die wohl wichtigste Pflanze in der ayurvedischen Medizin und wird traditionell in fast allem von Gegenmitteln gegen Schlangengift bis hin zu Haarwasser verwendet.83 Ich esse es, weil es scheinbar das antioxidantienreichste „grüne“ Lebensmittel auf dieser Erde ist.84

Mit einem Argonlaser können Wissenschaftler den Carotinoid-Antioxidantienspiegel in Echtzeit messen und zurückverfolgen. Die wichtigste Erkenntnis dieser Forschungsarbeit ist, dass der Antioxidantienspiegel innerhalb von zwei Stunden nach einem Ereignis, das oxidativen Stress auslöst, abstürzen kann. Wenn Sie bspw. im Stau feststecken und Dieselabgase einatmen, unter Schlafmangel leiden oder mit einer Erkältung kämpfen, beginnt Ihr Körper, einige seiner Antioxidantienspeicher zu leeren. Was in nur zwei Stunden verloren gehen kann, braucht bisweilen bis zu drei Tage, um wieder aufgebaut zu werden.85

Sogar ganz normale Körperprozesse wie das Verwandeln von Essen in Energie können zur Produktion freier Radikale führen. Das ist in Ordnung, solange das Essen, das Sie zu sich nehmen, Antioxidantien enthält. Wenn es das aber nicht tut und Sie bspw. ein großes Glas Zuckerwasser hinunterkippen, steigt die Konzentration freier Radikale und oxidierten Fetts in den darauf folgenden Stunden in Ihrem Blut, während der Vitamin-E-Spiegel sinkt, weil Ihr Körper seine Antioxidantienspeicher leert.86 Wenn Sie dieselbe Menge Zucker aber in Form einer Orange essen würden, gäbe es keinen Anstieg der Oxidation.87 Wissenschaftler schlussfolgerten daher: „Dies spricht eindeutig dafür, dass antioxidantienreiche Lebensmittel Teil von jeder Mahlzeit sein sollten, um dieses Redox-Ungleichgewicht [freie Radikale versus Antioxidantien] auszugleichen.“88

Die durchschnittliche US-amerikanische Ernährungsweise (SAD) strotzt nicht gerade vor Antioxidantien. Schauen wir uns einmal den Antioxidantiengehalt (in modifizierten FRAP-Test daμmol Antioxidantieneinheiten) einiger typischer US-amerikanischer Frühstücksvarianten an: Speck (7) und Eier (8), eine Schüssel Cornflakes (25) mit Milch (10), ein Egg McMuffin (11), Pancakes (21) mit Ahornsirup (9) und ein Bagel (20) mit Frischkäse (4). Ein typisches Frühstück scheint also durchschnittlich etwa 25 Antioxidantieneinheiten zu enthalten.89

Vergleichen Sie dies einmal mit dem Smoothie, den ich heute Morgen zum Frühstück getrunken habe. Zunächst habe ich eine Tasse Wasser (0), dann eine halbe Tasse gefrorene Heidelbeeren (323) und das Mark einer reifen Mango (108) in den Mixer gegeben. Dann habe ich einen Teelöffel gemahlene Leinsamen (8) zusammen mit einer halben Tasse frischer Minzblätter (33) und einer kleinen Handvoll weißer Teeblätter (103) hinzugefügt. (Mehr zu Teeblättern finden Sie auf „Tee“ on page 353.) Während das typische SAD-Frühstück Ihnen nur etwa 25 Antioxidantieneinheiten liefert, hat mein Frühstückssmoothie schon über 500 zu bieten. Und wenn ich die letzte Zutat hinzufüge, einen einzigen Teelöffel Amlapulver, bekomme ich noch einmal weitere 753 Antioxidantieneinheiten. Das entspricht etwa vier Cent für den Teelöffel Amla und verdoppelt ganz nebenbei den Antioxidantiengehalt meines gesamten Smoothies. Noch bevor ich richtig wach geworden bin, habe ich schon über 1.000 Antioxidantieneinheiten zu mir genommen. Das ist mehr, als eine durchschnittliche Person unter Umständen in einer ganzen Woche zu sich nimmt. Ich könnte meinen Smoothie trinken und den Rest der Woche nur noch Donuts essen, und trotzdem würden es die meisten nicht schaffen, mit mir gleichzuziehen. Und obwohl ich den Mixer mit fantastischen Lebensmitteln wie Heidelbeeren und Teeblättern gefüllt habe, stammt über die Hälfte der antioxidativen Kraft von einem Teelöffel Stachelbeerpulver, der gerade einmal vier Cent kostet.

Sie können Amla im Internet oder in einem indischen Gewürzladen kaufen. Ayurvedische Kräuterpräparate sind normalerweise etwas, wovon Sie am besten die Finger lassen, da sie Tests zufolge stark mit Schwermetallen belastet sind,90 von denen einige sogar absichtlich hinzugefügt wurden.91 Doch bisher wies keine der bisher getesteten Amla-Stichproben eine Schwermetallbelastung auf. Sie finden ganze indische Stachelbeeren mitunter in den Gefriertruhen im Asiamarkt, wobei ich dieseraber ehrlich gesagt für ungenießbar halte: Sie sind gleichzeitig sehr herb, sauer, bitter und faserig. Das Pulver schmeckt nicht wesentlich besser, kann aber besser in Gerichten oder Getränken mit einem intensiveren Geschmack „versteckt“ werden, wie z. B. einem Smoothie. Alternativ können Sie sich wie bei Kurkuma auch Ihre eigenen Amla-Kapseln füllen. Wenn ich unterwegs auf einer Vortragsreise bin, versuche ich, täglich Kurkuma- und Amla-Kapseln einzunehmen, bis ich wieder zu Hause und mehr Herr meiner eigenen Ernährung bin.

Gewürzmischungen

Zwar gibt es mittlerweile eine ansehnliche Zahl von Untersuchungen, die sich einzelne Gewürze genauer angeschaut haben, doch haben bisher nur wenige einen allgemein höheren Gewürzkonsum unter die Lupe genommen. Eine Gruppe von Wissenschaftlern der Pennsylvania State University aber verglich die Wirkung einer fettreichen Hühnchenmahlzeit mit und ohne die Zugabe einer Mischung aus neun verschiedenen Kräutern und Gewürzen. Die Wahl fiel auf Kräuter und Gewürze, weil diese pro Gramm mehr Antioxidantien enthalten als jede andere Lebensmittelgruppe (und weil die Untersuchung von dem Gewürzhersteller McCormick finanziert wurde).92

Wie zu erwarten wurde bei den Probanden in der Gewürzgruppe eine doppelt so hohe Antioxidantienkonzentration im Blut aufgefunden wie bei der Gruppe, die keine Gewürze aß. Bemerkenswerterweise hatten die Probanden aus der Gewürzgruppe nach der Mahlzeit aber auch 30 Prozent weniger Fett (Triglyceride) in ihrer Blutbahn und zeigten eine bessere Insulinsensitivität. Die Wissenschaftler schlossen daraus, dass „die Einbeziehung von Gewürzen in die tägliche Ernährung dabei helfen kann, postprandiale [nach dem Essen entstehende] Störungen der Glucose- [Zucker-] und Lipid-[Fett-]Homöostase [Kontrolle] zu normalisieren und gleichzeitig die antioxidative Abwehr zu verstärken.“ Doch warum sollten Sie sich überhaupt solchen Störungen aussetzen? Diese Untersuchung erinnert mich an Studien, die zeigen, dass der Verzehr von grünem Blattgemüse bei Rauchern besonders vor Krebs schützt.93 Dabei sollte die Botschaft an die Raucher nicht lauten, dass sie mehr Grünzeug essen, sondern am besten mit dem Rauchen aufhören sollen. Natürlich könnten sie auch beides tun, was im Kontext der Gewürzstudie bedeuten würde, mit einer antioxidantienreichen Ernährung mit „grünen“ Lebensmitteln zu beginnen, die ihnen das Beste aus beiden Welten bietet.

Einige meiner Lieblingsgewürzmischungen sind Kürbiskuchengewürz bzw. Pumpkin Pie Spice, Currypulver, Chilipulver, chinesisches Fünf-Gewürze-Pulver, das indische Garam Masala, äthiopisches Berbere, italienische Gewürzmischungen, Geflügelgewürz und eine nordafrikanische Gewürzmischung namens Zatar. Gewürzmischungen sind eine recht bequeme Art, dem Essen eine wunderbare Aromenvielfalt zu verleihen und gleichzeitig eine ganze Reihe verschiedener Gewürze zu essen. Achten Sie lediglich darauf, dass Sie salzfreie Mischungen verwenden.

Ist Raucharoma bzw. Liquid Smoke sicher?

Ich weiß nicht, wie ich so lange ohne geräuchertes Paprikapulver überleben konnte. Es schmeckt ungelogen wie Barbecue-Kartoffelchips. Nachdem ich es entdeckt hatte, wurde ich regelrecht zum Paprikapulver-Junkie und streute es über fast alles, was ich aß. Mittlerweile hebe ich es mir vor allem für grünes Blattgemüse und für das Rösten von frischen Kürbiskernen auf. (Ich wette es überrascht Sie nicht wirklich, dass ich mich an Halloween darauf am meisten freue.) Ich war zunächst besorgt, dass krebserregende Verbrennungsprodukte in geräucherten Gewürzmischungen enthalten sein könnten (ähnlich wie die Benzo(a)pyrene, die in Zigarettenrauch und Dieselabgasen enthalten sind), doch sind diese Inhaltsstoffe in der Regel fettlöslich. Wenn Sie also ein Gewürz räuchern oder eine wasserbasierte Lösung wie Liquid Smoke herstellen, werden die Raucharomen eingefangen, nicht aber die meisten krebserregenden Rauchverbindungen – anders als bei geräucherten fettreichen Speisen. Sie müssten drei Flaschen mit flüssigem Hickory-Raucharoma trinken, um die Grenze des Sicheren zu überschreiten, während Sie mit einem geräucherten Schinken- oder Putensandwich schon auf halbem Wege dazu sind, und ein einziger gegrillter Hühnerschenkel Sie diese Grenze bereits überschreiten ließe. Geräucherter Fisch wie Hering oder Lachs scheint am schlimmsten zu sein. Ein Bagel mit Räucherlachs kann die sichere Menge bereits um das Zehnfache überschreiten.94

Einige Risiken eines Lebens mit Würze

Es gibt allerdings einige wenige Gewürze, von denen zu viel des Guten tatsächlich schädlich ist – z. B. Mohnsamen.

Der Schlafmohn, der zur Herstellung von Heroin verwendet wird, ist derselbe, von dem auch die Samen stammen, die Sie in Brötchen, Bagels oder Muffins wiederfinden. Der Idee, dass Mohnsamen als Quelle beträchtlicher Mengen von Narkotika dienen könnten, wurde nicht viel Glauben geschenkt – trotz einer alten europäischen Gepflogenheit aus der Volksmedizin, einem schreienden Baby ein mit Mohnsamen gefülltes Leinsäckchen in den Mund zu stecken, um es ruhigzustellen.95 Dem wurde nicht viel Beachtung geschenkt, jedenfalls nicht, bis eine Mutter ihrem sechs Monate alten Säugling gefilterte Milch gab, in der sie zuvor einige Mohnsamen gekocht hatte – mit der guten Absicht, diesem zu einem besseren Schlaf zu verhelfen. Das Baby hörte auf zu atmen, überlebte aber glücklicherweise.96

Solch eine Mohnsamenüberdosis ist nicht nur für Kinder gefährlich. Es gibt einen anderen Fall in der Fachliteratur, bei dem ein Erwachsener „eine Benommenheit im Kopf“ verspürte, nachdem er Spaghetti mit einer halben Tasse Mohnsamen darauf gegessen hatte.97 Wie viel Mohnsamen kann man essen, bevor es gefährlich wird? Auf der Grundlage von Morphin-Medianwerten98 etwa einen Teelöffel pro fünf Kilogramm Körpergewicht. Das heißt dass jemand, der etwa 70 Kilogramm wiegt, vermutlich nicht mehr als fünf Esslöffel rohe Mohnsamen auf einmal essen sollte.99

Das Kochen oder Backen kann bis zur Hälfte des Morphins und Codeins beseitigen, das natürlicherweise in Mohnsamen enthalten ist, und gibt Ihnen daher beim Backen mehr Spielraum.100 Das fünfminütige Einweichen der Mohnsamen und anschließende Wegschütten des Einweichwassers vor dem Hinzufügen der Samen zu Ihrem Rezept kann die Hälfte der noch verbliebenen Substanzen entfernen, was besonders hilfreich ist, wenn Sie ein Gebäck mit Mohnfüllung oder Backwaren für Kinder zubereiten möchten. Ansonsten sollte es bei den üblichen Verzehrsmengen keinerlei Risiken geben. Wenn Sie allerdings zu einem Drogentest müssen, sollten Sie auf das Essen von Mohnsamen lieber ganz verzichten.101

Zu viel Muskat kann ebenfalls zu einem Problem werden. Eine Arbeit mit dem Titel „Weihnachtslebkuchen … und Weihnachtsstimmung: Ein Review der potenziellen Rolle stimmungsverbessernder amphetaminähnlicher Substanzen“ legte nahe, dass bestimmte natürliche Inhaltsstoffe von Gewürzen wie Muskat zur Bildung von Amphetaminsubstanzen im Körper führen können, die ausreichen, um während der Feiertage „die Laune zu heben und noch mehr Weihnachtsstimmung zu verursachen“.102

Dieses hypothetische Risiko wurde bereits in den 1960er-Jahren im New England Journal of Medicine in einem Artikel mit dem Titel „Muskatvergiftung“103 erwähnt. In dem Artikel wurde überlegt, ob der uralte Brauch, Muskatnuss zu Eierpunsch hinzuzufügen, der „psychopharmakologischen Wirkung“ zuzuschreiben ist, die in Fällen mit Muskatnussvergiftung beschrieben wurde. Solche Fälle gehen bewiesenermaßen bis ins 16. Jahrhundert zurück, als Muskat als Abtreibungsmittel eingesetzt wurde, um eine Fehlgeburt einzuleiten.104 In den 1960er-Jahren wurde das Gewürz als psychotrope Droge benutzt.105 Während dieses Jahrzehnts erklärten Psychologen, dass Muskat „zwar günstiger im Gebrauch und wahrscheinlich weniger gefährlich als das süchtig machende Heroin ist, doch trotzdem festzuhalten bleibt, dass es nicht völlig ungefährlich ist und zum Tod führen kann.“106

Eine giftige Dosis Muskat sind zwei bis drei Teelöffel. Ich war davon ausgegangen, dass niemand jemals unbeabsichtigt eine so große Menge zu sich nehmen könnte, bis ich eine Reportage über ein Pärchen sah, dass zusammen Pasta gegessen hatte, danach zusammenbrach und ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Niemand wusste, wie es dazu kam, bis der Ehemann erzählte, dass er versehentlich beim Kochen ein Drittel eines Gewürzglases Muskat ins Essen gemischt hatte.107 Das entspricht etwa vier Teelöffeln Muskat. Mir ist schleierhaft, wie sie diese Pasta überhaupt herunterbekommen haben! Ich vermute, die arme Ehefrau wollte die Gefühle Ihres Mannes nicht verletzen.

Ein anderes wirkungsstarkes Gewürz ist Zimt, der für seine Fähigkeit geschätzt wird, den Blutzuckerspiegel zu senken.108 Das funktioniert so gut, dass Sie sogar bei einem Diabetes-Test „schummeln“ können, indem Sie einfach am Vorabend zwei Teelöffel Zimt essen. Auch zwölf Stunden später wird der Anstieg des Blutzuckerspiegels als Antwort auf eine Mahlzeit noch wesentlich gedämpfter ausfallen.109 Schon ein Teelöffel pro Tag scheint einen deutlichen Unterschied zu bewirken.110 Doch leider kann Zimt nicht länger als sichere und wirksame Behandlungsmöglichkeit bei Diabetes angesehen werden.

Es gibt zwei verschiedene Zimtarten: Ceylon-Zimt und Cassia-Zimt (auch als chinesischer Zimt bekannt). In den USA ist alles, was die einfache Bezeichnung „Zimt“ trägt, sehr wahrscheinlich Cassia-Zimt, da dieser billiger ist. Das ist bedauerlich, da Cassia-Zimt eine Substanz namens Cumarin enthält, die in hohen Dosierungen giftig für die Leber sein kann. Wenn es sich nicht zweifelsfrei um Ceylon-Zimt handelt, ist ein viertel Teelöffel Zimt auch nur einige wenige Male pro Woche wahrscheinlich zu viel für kleine Kinder, und ein täglicher Teelöffel würde die tolerierbare obere Sicherheitsgrenze für Erwachsene überschreiten.111 Ist es nicht möglich, einfach Ceylon-Zimt zu verwenden und so von den Vorteilen zu profitieren, ohne die Risiken fürchten zu müssen? Ohne Risiken ja, doch leider auch ohne die Vorteile. Fast alle Untersuchungen, die Vorteile bei der Blutzuckerkontrolle beobachteten, wurden mit Cassia-Zimt durchgeführt. Wir haben nur angenommen, dass dasselbe für Ceylon-Zimt gelten würde, doch wurde dies erst vor Kurzem getestet. Die dämpfende Wirkung auf den Blutzuckerspiegel, die als Reaktion auf die Einnahme von Cassia-Zimt beobachtet wurde, verschwand, als die Wissenschaftler das Experiment stattdessen mit Ceylon-Zimt durchführten.112 Es war wohl tatsächlich so, dass es das giftige Cumarin war, das die ganze Zeit über als aktive blutzuckersenkende Substanz im Cassia-Zimt wirkte. Das Vermeiden des Giftstoffes durch den Wechsel zu Ceylon-Zimt kann daher auch das Vermeiden der Vorteile bedeuten. Zusammengefasst heißt das, dass zum Senken des Blutzuckerspiegels Zimt, wenn es sich um Cassia handelt, kein sicheres Mittel ist, oder er aber im Fall von Ceylon-Zimt zwar sicher, dafür aber wohl wirkungslos ist.

Dennoch empfehle ich den Verzehr von Ceylon-Zimt, da es sich dabei um eine der günstigsten und am leichtesten erhältlichen Lebensmittelquellen von Antioxidantien handelt, die übrigens nur Rotkohl den Vorrang in Sachen Antioxidantiengehalt einräumen muss. Doch was heißt das für Typ-2-Diabetiker? Sogar Cassia-Zimt konnte den Blutzuckerspiegel nur auf moderate Weise senken und war mit anderen Worten nur so gut wie das führende Blutdruckmittel Metformin.113 Ja, Cassia-Zimt kann so wirksam sein wie der marktführende Blutdrucksenker, aber das heißt nicht viel. Der beste Weg, um Diabetes zu behandeln, ist zu versuchen, diese mit einer gesunden Ernährung vollständig zu kurieren. (Siehe Kapitel 6.)

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Wer hätte gedacht, dass die Kräuter und Gewürze, die Sie in Ihre Soßen rühren und über Ihre Gerichte streuen, sich so positiv auf Ihre Gesundheit auswirken können? Werden Sie in der Küche kreativ und verleihen Sie Ihren Gerichten und Getränken Würze. Machen Sie sie aromatischer und gesünder! Und vergessen Sie den täglichen viertel Teelöffel Kurkuma nicht. Aufgrund der wissenschaftlichen Beweislage bin ich davon überzeugt, dass Kurkuma eine Sonderrolle einnimmt und es deshalb zum Bestandteil der täglichen Ernährung aller Menschen werden sollte.