In der Gedenkstätte für die Opfer der Kriege und Gewaltherrschaft
Anfang der 1930er verglich Erich Kästner Berlin mit „einem Irrenhaus. Im Osten residiert das Verbrechen, im Zentrum die Gaunerei, im Norden das Elend, im Westen die Unzucht, und in allen Himmelsrichtungen wohnt der Untergang.“ Ab Januar 1933 war mit der Machtübernahme der Nazis der Untergang nicht mehr aufzuhalten. Dies war möglich geworden, weil sich die linken Parteien nicht verbünden konnten. Deutschlandweit hatte bei den Reichstagswahlen zwei Monate zuvor nur einer von drei für die NSDAP gestimmt, in Berlin einer von vier. Berlin, die Stadt der Freiheit und Toleranz, gab es fortan nicht mehr. Der für die Nazis willkommene Reichstagsbrand in der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933 (einige Quellen gehen davon aus, dass er von Göring und Goebbels selbst organisiert wurde) brachte den Ausnahmezustand, der Bürgerrechte außer Kraft setzte, wodurch Hitler bequem seine Gegner aus dem Weg räumen konnte. Im Juli 1933 wurden alle Parteien außer der NSDAP verboten. Die antisemitische Hetze begann, durch die Flucht vieler Künstler und Wissenschaftler wurde der geistige Niedergang Berlins eingeläutet. Tausende linker Aktivisten wurden verfolgt, in den Gestapo-Kellern der Prinz-Albrecht-Straße (heute Niederkirchner Straße) gefoltert und in Konzentrationslager deportiert. Lediglich zu den Olympischen Spielen 1936 lebte Berlin noch einmal auf. Die Polizeistunde wurde aufgehoben, Straßenmusik und Jazz wurden wieder erlaubt, sämtliche antisemitischen Plakate wurden entfernt. Speziell beauftragte Malkolonnen sorgten dafür, dass die durch den Widerstand angebrachten nazifeindlichen Parolen in U-Bahnhöfen und auf Häuserwänden wieder verschwanden - die Besucher aus aller Welt sollten die Illusion eines vorbildlichen und heilen Deutschlands erleben, ohne Judenverfolgung und ohne Unterdrückung.
Größenwahn Germania
„Berlin wird als Welthauptstadt nur mit dem alten Ägypten, Babylon oder Rom vergleichbar sein! Was ist London, was ist Paris dagegen!“ Noch im März 1942 ließ sich Hitler zu derartiger Euphorie hinreißen. Die Bomben auf Berlin störten ihn nicht, sie besorgten und erleichterten das, was er ohnehin vorhatte: die Zerstörung und den Abriss ganzer Stadtteile. Hitler hasste das alte Berlin, nur ein Viertel der Einwohner hatte ihn gewählt. Ein neues Berlin sollte entstehen, monumental und gigantisch, alles Bisherige in den Schatten stellend, für die Ewigkeit geschaffen. Ganz nach dem Motto: Klein ist der Einzelne, groß Germania. Und keiner verstand es besser, Architektur als machtpolitische Geste zu missbrauchen und umzusetzen wie Hitlers Generalbauinspektor Albert Speer. Die Pläne für die neue Welthauptstadt Germania sahen u. a. eine via triumphalis für die siegreichen deutschen Truppen vor, die als Ost-West-Achse zwischen Alexanderplatz und Olympiagelände verlaufen sollte. Darüber hinaus war eine 120 m breite Nord-Süd-Achse geplant, die einen neuen Nordbahnhof in Moabit mit einem neuen Südbahnhof in Tempelhof verbinden sollte. Vor dem Südbahnhof sollte ein Triumphbogen entstehen, 170 m breit und 117 m hoch (das entspricht der neunfachen Größe des Pariser Arc de Triomphe!). Allein für die Schaffung der Achsen hätten Hunderttausende Berliner umgesiedelt werden müssen. Am Schnittpunkt beider Achsen (neben dem Reichstag) sollte die Große Halle, eine Ruhmeshalle, errichtet werden, das größte Bauwerk der Welt: 20 Fußballfelder einnehmend, mit einer Kuppel, deren Durchmesser 250 m und deren Höhe 290 m betragen hätte (die Kugel des Fernsehturms befindet sich vergleichsweise auf rund 200 m Höhe). 180.000 Menschen sollten darin Hitler zujubeln können - infolge des sich bildenden Kondenswassers vermutlich aber unter Regenschirmen. Neben der Großen Halle, dort, wo heute das Bundeskanzleramt steht, sollte Speer für Hitler einen neuen „Führerpalast“ bauen - mit einem 900 m² großen Arbeitszimmer. Der sandige Untergrund Berlins aber war ein Risiko für die Standfestigkeit der Monumentalbauten, die in ihrem Erscheinungsbild allesamt an die Antike angelehnt sein sollten. Um das Setzungsverhalten des Bodens zu testen, wurde daher an der Stelle, wo der Triumphbogen entstehen sollte, ein Schwerbelastungskörper errichtet. Der Stahlbetonzylinder, 14 m hoch, 21 m im Durchmesser und 12.500 t schwer, steht noch heute leicht geneigt an der Ecke General-Pape-Straße/Loewenhardtdamm. Zwei Jahre später brannten in der Reichspogromnacht die Synagogen. Von den rund 172.000 Berliner Juden, die vor der Machtergreifung der Nazis in Berlin lebten, konnten bis 1941 rund 90.000 ins Ausland emigrieren. Rund 1400 überlebten die Schreckensherrschaft im Untergrund, ca. 60.000 wurden Opfer des Holocaust. Nur 2000 kamen nach dem Krieg aus den Konzentrationslagern zurück nach Berlin.