„Pack’ die Badehose ein und dein kleines Schwesterlein, und dann nischt wie raus nach Wannsee.“ Das Ausflugsziel lockt aber auch Kunst- und Kulturfreunde an.
Sommertag im Wannseebad
Der Gassenhauer des Kinderstars Conny Froboess machte die „Badewanne Berlins“ 1951 deutschlandweit berühmt. Das Strandbad Wannsee ist eine Institution. In den 1920ern gab es hier übrigens noch Schilder wie: „Baden mit dreieckiger Unterhose nicht gestattet!“ Unter „Wannsee“ versteht man jedoch nicht nur den See als solchen, sondern auch den gleichnamigen Ortsteil des Bezirks Steglitz-Zehlendorf, eine von einer See-Fluss-Kanal-Landschaft eingerahmte Insel.
Die Umgebung ist wie geschaffen für Radtouren vorbei an idyllischen Biergärten, Ruder- und Yachtclubs sowie prächtigen Villen. In einer davon, der →Liebermann-Villa, erweist man einem der Wegbereiter der modernen Malerei in Deutschland die Reverenz. Eine andere, heute die Gedenkstätte →Haus der Wannsee-Konferenz, behandelt hingegen eines der schwärzesten Kapitel der deutschen Geschichte.
Als Teil der Potsdamer Parklandschaft stehen die →Pfaueninselsowie →Park und Schloss Glienicke seit 1990 als herausragende Zeugnisse der preußischen Kultur auf der UNESCO-Welterbeliste. In der Nachbarschaft des Schlosses Glienicke führt die Glienicker Brücke hinüber nach Potsdam. In Zeiten des Kalten Krieges war sie eine tote Brücke, die eher trennte, als verband. Als Schauplatz für den einen oder anderen Agentenaustausch zwischen den verfeindeten Mächten erlangte sie Berühmtheit.
Sehenswertes
Liebermann-Villa: Die schmucke Villa am Wannseeufer ließ sich Max Liebermann, einer der Hauptvertreter des deutschen Impressionismus, 1909 von dem Architekten Paul Otto Baumgarten errichten. Bis zu seinem Tod verbrachte Liebermann hier in Gesellschaft der Berliner High Society seine Sommer. Im Garten entstanden rund 200 Gemälde, etliche davon sind im ersten Stock der Villa, heute ein Museum, ausgestellt. Das Erdgeschoss widmet sich der wechselvollen Geschichte der Villa nach Liebermanns Tod. Angeschlossen ist ein Café mit herrlicher Terrasse.
Colomierstr. 3, von Wannsee mit Bus 114 bis Haltestelle Liebermann-Villa. April-Sept. tägl. (außer Di) 10-18 Uhr, Do/So bis 19 Uhr, sonst tägl. (außer Di) 11-17 Uhr. 8 €, erm. 4 €. www.liebermann-villa.de.
Auch der Wannsee hat seine Beachboys
Haus der Wannsee-Konferenz: Am 20. Januar 1942 fand hier, in der Villa Marlier, unter Vorsitz des SS-Obergruppenführers Reinhard Heydrich die Konferenz über die „Endlösung der Judenfrage“ statt. Die Villa dient heute als Gedenkstätte. In 15 Räumen, darunter dem eigentlichen Konferenzsaal, werden Besucher in die Geschehnisse detailgenau eingeführt, auch geschichtliche Hintergründe des Antisemitismus werden thematisiert. So informativ wie erschütternd.
Am Großen Wannsee 56-58, von Wannsee mit Bus 114 bis Haltestelle Haus der Wannsee-Konferenz. Tägl. 10-18 Uhr. Eintritt frei. www.ghwk.de.
Pfaueninsel: Das märchenhafte 68 ha große Eiland in der Havel ist ein Gesamtkunstwerk. An der Südwestspitze der Insel steht ein weißes Holzschlösschenim Stil eines verfallenen römischen Landhauses - Friedrich Wilhelm II. ließ es 1794 erbauen. Für die Innenausstattung - sie ist im Originalzustand erhalten - war seine Mätresse Wilhelmine von Lichtenau zuständig. Das runde Bambushüttenzimmer spiegelt das Faible jener Zeit für die gerade entdeckte Südsee wider. Zudem ließ Friedrich Wilhelm II. als Ausdruck der königlichen Sehnsucht nach dem einfachen Landleben auf der Nordseite der Insel eine als gotische Ruine konzipierte Meiereierrichten.
An der wild-romantischen Inselszenerie hatte auch Nachfolger Friedrich Wilhelm III. Gefallen. Für ihn entwarf Karl Friedrich Schinkel weitere Bauwerke wie das heute nicht mehr vorhandene Palmenhaus. Dazu beauftragte der König den Gartenbaumeister Peter Joseph Lenné mit der Anlegung eines Rosengartens (mit heute noch rund 1000 Stöcken) und einer Menagerie. Darin tummelten sich über 800 Tiere, darunter vier Kängurus, drei Bären und selbst ein Löwe. Nach dem Tod Friedrich Wilhelms III. fand sich niemand mehr, der die Pracht auf der Pfaueninsel förderte.
Heute leben noch neun Familien auf dem Eiland - sie sind die einzigen, die motorisiert unterwegs sein dürfen. Otto Normaltourist hingegen darf nicht einmal ein Rad auf die Insel mitnehmen. Auch Ballspielen und Rauchen ist verboten. Dafür darf und soll man ausgiebig spazieren, vorbei an Blumengärten, Brunnen, uralten Eichen und stolzen Pfauen. Rund 30 der namengebenden Vögel gibt es noch auf der Insel, sechs bis acht werden jährlich nachgezogen.
Von Wannsee mit Bus 218 bis Haltestelle Pfaueninsel, von dort weiter mit der Fähre (Mai-Aug. tägl. 9-20 Uhr, April u. Sept. bis 19 Uhr, März u. Okt. bis 18 Uhr, sonst 10-16 Uhr, 3 €/Pers., erm. 2,50 €). Schloss, April-Okt. tägl. (außer Mo) 10-17 Uhr. Nur mit Führung (25 Min.). 3 €, erm. 2,50 €. Meierei, April-Okt. Sa/So 10-17 Uhr, Nov./Dez. Sa/So 11-15 Uhr, sonst geschl. 2 €, erm. 1,50 €. www.spsg.de.
Park und Schloss Glienicke: Das vormalige Gut im Westen der Wannseeinsel wurde 1824 von Prinz Carl von Preußen als Sommersitz erworben und danach von Karl Friedrich Schinkel zu einer Landvilla im italienischen Stil umgebaut. Heute führt man dort in die fürstliche Wohnkultur der ersten Hälfte des 19. Jh. ein, zudem gibt es ein kleines Museum, das über die preußischen Hofgärtner informiert. Leider ist von der Originaleinrichtung so gut wie nichts erhalten geblieben.
Essen & Trinken
1
Wirtshaus zur Pfaueninsel
2
Blockhaus Nikolskoe
4
Wirtshaus Moorlake
5
Remise
Sonstiges
3
Radverleih
Fast bayerische Idylle: Ausflugsgaststätte Moorlake am Wannsee
Für die wunderschöne 100 ha große Park- und Gartenlandschaft drum herum zeichnete wieder einmal Peter Joseph Lenné verantwortlich. Sie wurde bestückt mit zahlreichen kleineren Gebäuden wie dem sog. Casino, einem klassizistischen Gästehaus am Havelufer, romantisierenden Bauten wie der sog. Teufelsbrücke, Brunnenanlagen und vielen lauschigen Plätzchen. Immer wieder trifft man auf Aussichtspunkte, die einen schönen Blick freigeben - so auf die Sacrower Heilandskirche auf der anderen Seite der Havel. Sie stand bis 1989 im Niemandsland inmitten der deutsch-deutschen Grenze. 1989 fand in dem schwer mitgenommenen Gotteshaus der erste Gottesdienst nach knapp drei Jahrzehnten statt.
Königsstr. 36, von Wannsee mit Bus 316 bis Haltestelle Schloss Glienicke. Park, tagsüber stets zugänglich. Schloss, April-Okt. tägl. (außer Mo) 10-18 Uhr, sonst Sa/So bis 17 Uhr. 5 €, erm. 4 €. Nur mit Führung (45 Min.). www.spsg.de.
Praktische Infos
Anfahrt/Ausflugsschiffe
Bis Wannsee vom Hauptbahnhof ca. 25 Min. Von Wannsee fahren Busse zu den Sehenswürdigkeiten (siehe dort).
Von April-Sept. bietet die Stern und Kreisschifffahrt GmbH (Anlegestelle ca. 250 m von Wannsee entfernt, ausgeschildert) diverse Fahrten an, z. B. die 7-Seen-Rundfahrt (2 Std., 11 €), Fahrten rund um die Pfaueninsel (1:15 Std., 6,50 €), nach Potsdam und zurück (2-3 Std., 13 €), nach Potsdam/Werder mit Pause in Werder und zurück (5:30 Std., 19 €). 5363600, www.sternundkreis.de.
Baden
Strandbad Wannsee, seit über 100 Jahren wird hier gebadet. Weitläufige terrassierte Anlage. Netter, oft recht voller und lauter, ca. 1 km langer Strandbereich mit Strandkörben und Pudersand aus Travemünde an der Ostsee. Es geht sehr flach ins Wasser. FKK-Bereich. 4,50 €, erm. 2,80 €. Wannseebadweg 25. Am besten fährt man bis Nikolassee und läuft von dort zu Fuß weiter (ca. 10 Min.).
Solar Water World, gleich neben dem Wannseebad, vorm Haupteingang zum Bad den Waldweg links am Zaun entlang nehmen. Tret-, Paddel- und Segelboote (Tretboot für 4 Pers. 12 €/Std.). Wannseebadweg 25, 01712172887, www.solarwaterworld.de.
Radverleih
Über einen namenlosen Kiosk3 an der S-Bahnstation Wannsee (Ausgang Schiffsanlegestelle). Reservierung empfohlen, da nur 10 Räder vorhanden. 10 €/Tag. Kronprinzessinnenweg 5, 80108943.
Essen & Trinken
Remise5 Von Lutter & Wegner betriebenes, gediegenes Restaurant mit Sommerterrasse in der Remise des Schlosses Glienicke (→ Sehenswertes). Feine neudeutsche Küche wie gebratene Maispoulardenbrust auf Stielmus oder gebeizter Saibling auf getrüffelter gelber Bete. Hg. 20,50-24,50 €. Tägl. ab 11 Uhr. Königstr. 36, Bus 316 ab Wannsee bis Haltestelle Schloss Glienicke, 8054000.
Wirtshaus zur Pfaueninsel1 Rustikales Wirtshaus mit Terrasse und schönem „Wassergarten“. Regionale Küche wie Berliner Bollenfleisch (gekochte Lammkeule mit Kümmel-Zwiebel-Soße), Bratwurst oder Pilzgerichte, Hg. 10,50-17 €. Im Sommer tägl. 10-20 Uhr, im Winter Mo/Di geschl. Pfaueninselchaussee 100, Bus 218 ab Wannsee bis Endstation, 8052225.
Wirtshaus Moorlake4 Das romantische Forsthaus im bayerischen Stil (selbst die Geranien am Balkon fehlen nicht) ist bereits seit 1896 eine beliebte Ausflugsgaststätte. Superidyllische Lage, toller Biergarten. Auch hier überwiegt deftige Berliner Küche, Hg. 11-18,50 €. Tägl. ab 11 Uhr. Moorlakeweg 6, Bus 316 ab Wannsee bis Haltestelle Nikolskoer Weg, von da noch 900 m zu Fuß, 8055809.
Blockhaus Nikolskoe2 König Wilhelm III. ließ das urige Holzhaus hoch über dem Wannsee im Jahr 1819 in nur 6 Wochen für seine Tochter Charlotte und deren Gatten, den Zaren Nikolaus, errichten. Heute genießt man von der Traumterrasse einen tollen Havelblick. Satt machende Küche: Rouladen, Eisbein, Schnitzel und ein paar vegetarische Gerichte. Hg. 10-26 €. In der Nachbarschaft steht die St.-Peter-und-Paul-Kirche, ebenfalls im russischen Stil. Tägl. 10.30-20 Uhr. Nikolskoer Weg 15, Bus 218 ab Wannsee bis Endstation, dann noch 700 m Fußweg den Berg hinauf, 8052914.
Radtour: Vom Großen Wannsee zum Griebnitzsee
Tolle, abwechslungsreiche Tour (Länge ca. 14 km), die zu vielen Zwischenstopps (s. o.) einlädt. Der Weg ist kaum zu verfehlen. Vom S-Bahnhof Wannsee (Ausgang Schiffsanlegestelle) sind die Liebermann-Villa und das Haus der Wannsee-Konferenz bereits ausgeschildert - schöne Villengegend. Direkt hinter dem Haus der Wannsee-Konferenz biegt man rechts zum Wasser hin ab und findet dort, neben der Statue des sog. Flensburger Löwen, den Einstieg zum idyllischen Uferweg, der, mal als Waldweg und mal asphaltiert, bis zur Glienicker Brücke führt. Dabei passiert man die Fähranlegestelle zur Pfaueninsel (samt Wirtshaus zur Pfaueninsel), das Wirtshaus Moorlake, den Park des Schlosses Glienicke und die Sacrower Heilandskirche (auf der anderen Uferseite). Bei der Glienicker Brücke (rechts geht es nach Potsdam) hält man sich links und folgt nun stets der Beschilderung zum S-Bahnhof Griebnitzsee bzw. „Mauerradweg“. Dabei durchfährt man das beschauliche Dorf Klein-Glienicke mit seinen schönen Schweizerhäusern aus dem 19. Jh. Klein-Glienicke war bis 1989 übrigens eine Ost-Enklave in West-Berlin, eine „Sonder-Sicherheitszone“, rundherum von der Mauer umgeben und nur durch eine Kanalbrücke mit Potsdam und damit der DDR verbunden. Vorbei an herrlichen Villen am Ufer des Griebnitzsees gelangt man schließlich zum gleichnamigen S-Bahnhof (Achtung: Für die Rückfahrt nach Berlin ist von hier eine ABC-Anschlusskarte nötig!).