6 Wie geht es weiter?

Es ist Ihnen als Gründer sehr zu wünschen, dass Ihr Unternehmen die herausforderungsreiche Gründungsphase und die Zeit danach wirtschaftlich überstehen wird. Sofern Sie dieses Buch aufmerksam gelesen und die für Ihr Unternehmen relevanten Punkte und Anregungen umgesetzt haben, wird es bestimmt nicht an der Nutzung der IT gelegen haben, falls es anders kommen sollte. Im Idealfall haben Sie die IT-Landschaft Ihres neuen Unternehmens mit allen relevanten Muss-Bausteinen und zusätzlich mit ausgewählten Kann-Bausteinen bestückt, wie sie in Kapitel 4 vorgestellt wurden. Die Auswahl orientierte sich dabei wie in Kapitel 3 beschrieben an einer von Ihnen aufgestellten IT-Strategie, die wiederum eng verknüpft mit der Unternehmensstrategie war und die beabsichtigte weitere Entwicklung des Unternehmens mit ihren Anforderungen an die IT so weit wie möglich bereits berücksichtigte. Bei der Auswahl konkreter Lösungen für einzelne Bausteine, bei ihrer Einführung und ihrem Betrieb haben Sie sich an die empfohlenen Vorgehensweisen aus Kapitel 5 gehalten.

Trotzdem können Sie sich nicht auf Dauer beruhigt zurücklehnen und davon ausgehen, dass Sie sich fortan nicht mehr mit der IT im Allgemeinen und Ihrer IT im Besonderen beschäftigen müssen. Kein Unternehmen – auch kein Kleinunternehmen – sollte es vernachlässigen, regelmäßig zu überprüfen, ob die eingesetzte IT noch zum Unternehmen passt. Dabei spielt es wie mehrfach betont keine Rolle, in welchem Umfang die IT selbst betrieben wird, oder ob sie von Partnerunternehmen übernommen wird. Doch was bedeutet in diesem Zusammenhang »regelmäßig überprüfen«?

Die Planung und Steuerung der IT-Ressourcen ist grundsätzlich Aufgabe des IT-Controllings, analog zur Planungs- und Steuerungsaufgabe des Controllings im Unternehmen insgesamt. Je nach Umfang des IT-Einsatzes im Unternehmen kann auch das IT-Controlling eine wichtige Managementaufgabe sein, die damit zunächst einmal zu Ihren Aufgaben als Unternehmer zählt. IT-Controlling bedeutet, dass dauerhaft überwacht wird, inwieweit die IT-Unterstützung der Geschäftstätigkeit die damit verfolgten Ziele erreicht. Dazu müssen vorher messbare Ziele für die IT festgestellt werden (z.B. bezüglich der Systemverfügbarkeit). Es schließt sich eine Festlegung der Maßnahmen zur Erreichung der gesetzten Ziele an, die daraufhin umgesetzt werden müssen. Es muss kontinuierlich gemessen werden, inwieweit mit den durchgeführten Maßnahmen die Ziele erreicht werden. Im Falle von Abweichungen, die im Rahmen eines Soll-Ist-Vergleichs ermittelt werden, müssen deren Ursachen festgestellt werden, damit diese daraufhin nach Möglichkeit durch gegensteuernde Maßnahmen beseitigt werden, wobei der Erfolg des Gegensteuerns zu messen ist und ggf. weitere Maßnahmen ergriffen werden müssen. Damit wird insgesamt ein Regelkreis beschrieben (siehe dazu Abbildung 6-1), der in mehr oder weniger großen Abständen für jedes Controlling-Objekt (IT-Systeme, IT-Prozesse, IT-Services usw.) durchlaufen werden sollte, abhängig davon, wie umfassend der IT-Einsatz im Unternehmen ist.

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Abb. 6-1: Regelkreis für das Controlling der IT

Dieses Buch verfolgt die Zielsetzung, für eine breite Palette von Branchen Antworten zu liefern, wie IT eingesetzt werden sollte. Die einzelnen Branchen unterscheiden sich in Bezug auf die erforderliche IT-Unterstützung insbesondere durch ihre unterschiedliche Informationsintensität. Letztere hängt in der Regel eng zusammen mit der Bedeutung der IT für den Unternehmenserfolg. Es ist somit offensichtlich, dass Unternehmen mit hohem Informationsintensitätsgrad – z.B. ein freiberuflicher Anlageberater – häufiger ihre IT-Unterstützung prüfen und damit ein umfassenderes IT-Controlling betreiben sollten als solche, die eher eine geringere Informationsintensität aufweisen, wie etwa der Betreiber eines Hausmeisterservice.

In jedem Fall ist es wichtig, überhaupt zu erkennen, dass Handlungsbedarf besteht, um zu verhindern, dass ein Festhalten an bestehenden IT-Strukturen zu Wettbewerbsnachteilen gegenüber Konkurrenten führt. Doch woran erkennt man, dass Handlungsbedarf besteht? Ein naheliegender Grund für die Notwendigkeit einer Anpassung besteht in einer deutlichen quantitativen oder qualitativen Erweiterung der Geschäftstätigkeit. Sind Kundenzahlen, Auftragszahlen oder Mitarbeiterzahlen stark angestiegen, sodass die Systeme aus der Gründungszeit Ihres Unternehmens von ihrer Kapazität her an ihre Grenzen stoßen, so ist ein Umstieg auf Systeme, die für das gewachsene und eventuell weiter wachsende Unternehmen passen, sinnvoll. Beispielsweise könnte im Zuge des Wachstums entschieden werden, dass nun doch ein ERP-System eingesetzt werden soll (siehe Abschnitt 4.2.5), wovon bei der Gründung noch bewusst Abstand genommen worden war. Es könnte jedoch auch sein, dass Sie Ihre Produkt- oder Dienstleistungspalette ausweiten und z.B. als freier Immobilienmakler neben Ihrer Vermittlungstätigkeit nun auch noch die Verwaltung von Wohnanlagen anbieten möchten. Dafür würden Sie als Makler eine Hausverwaltungssoftware für Miet- oder Wohnungseigentümergemeinschaftsobjekte benötigen. In diesem Fall dürfte die Nutzung einer von einem starken Partnerunternehmen – z.B. einer Bank – angebotenen Lösung gegenüber einer eigenen Softwarelösung, womöglich noch auf Open-Source-Basis, schon aus Seriositätsgründen der Vorzug gegeben werden.

Doch auch ohne quantitative oder qualitative Veränderungen der eigenen Geschäftstätigkeit ist gerade im IT-Bereich allein dadurch regelmäßig Handlungsbedarf gegeben, dass IT-Komponenten – sowohl im Hardwareals auch im Softwarebereich – relativ schnell veralten, da es sich bekanntlich um ein Gebiet handelt, das jedes Jahr durch eine Vielzahl neuer technologischer Entwicklungen gekennzeichnet ist. Sofern das eigene Unternehmen die IT nicht selbst betreibt, muss man sich wie in Abschnitt 3.2 beschrieben jedoch nicht um neue Softwarereleases, neue Hardware usw. kümmern, denn hierfür ist z.B. der Outsourcing-Partner zuständig. Dies gilt in ähnlicher Weise, wenn auf Cloud-Services zurückgegriffen wird, trotzdem stehen alle Unternehmen vor der Herausforderung, neue Entwicklungen im IT-Bereich, die Einfluss auf ihre Branche haben können, zu beobachten und zu überlegen, inwieweit sie davon betroffen sein können. Selbst wenn man die IT nicht eigenständig betreibt, könnte es doch z.B. sein, dass sich durch neue Entwicklungen im IT-Bereich neue Märkte oder neue Kommunikationswege zu Interessenten oder Kunden ergeben, die man nutzen möchte, z.B. durch die Berücksichtigung der Tatsache, dass internetfähige mobile Endgeräte (Smartphones usw.) inzwischen stark verbreitet sind.

Es ist jedoch dringend davor zu warnen, jedes Modethema – sogenannte Hypes – aufzugreifen und sofort zu versuchen, die eigene IT-Landschaft und damit die Nutzung der IT zur Unterstützung der eigenen Prozesse entsprechend zu verändern. Erfahrungsgemäß dauert es eine gewisse Zeit, bis klar ist, ob eine neue Entwicklung überhaupt dauerhaft bedeutsam bleibt, d.h. nicht lediglich eine kurzzeitige Modeerscheinung ist, sondern einen nachhaltigen Trend darstellt, den man auf Dauer nicht ignorieren sollte. Eine abwartende Haltung ist jedoch zunächst auch dann anzuraten, wenn sich ein Thema als Trend abzeichnet, wie es z.B. beim Thema »Mobile Business« der Fall war. Denn typisch für ein neues Thema ist, dass sehr große, oft übersteigerte Erwartungen mit ihm verbunden werden, bevor sich aufgrund erster praktischer Einsatzerfahrungen eine Ernüchterung bezüglich der tatsächlichen Möglichkeiten einstellt, wenn erkannt wird, dass der Umstieg auf die neue Technologie bzw. ihre Integration in die bisherigen Strukturen und Prozesse aufwendiger ist als zunächst vermutet oder dass teilweise vielleicht sogar nur alter Wein in neuen Schläuchen geboten wird. Erst nach einer solchen Phase der Ernüchterung zeichnet sich im positiven Fall ab, wie eine neue Entwicklung im IT-Bereich tatsächlich produktiv einsetzbar ist. Erst dann lohnt sich für die große Mehrheit der Unternehmen eine nähere Beschäftigung mit Themen, die für ihre Branche Bedeutung haben könnten. Aber selbstverständlich wird man auch in diesem Fall nach sorgfältiger Prüfung nicht selten zu der Erkenntnis gelangen, dass eine neue Technologie für das eigene Unternehmen nicht relevant ist oder sie es zumindest auf absehbare Zeit nicht sein wird, beispielsweise, weil das eigene Unternehmen dafür nicht groß genug ist oder weil sie nicht zur Unternehmensstrategie passt.

Unabhängig von der IT sollten Sie dagegen die eigenen Geschäftsprozesse regelmäßig analysieren, ob diese noch leistungsfähig genug sind oder ob sie Verbesserungspotenziale besitzen, d.h. an veränderte Rahmenbedingungen angepasst werden müssen. Hierbei kann es sich z.B. um veränderte Kundenwünsche, neue gesetzliche Vorgaben, die Zusammenarbeit mit neuen Partnern oder eine veränderte Aufgabenverteilung handeln. Eine Verbesserung (häufig auch »Optimierung« genannt, wohlwissend, dass ein Optimum kaum zu erreichen und aufgrund von stets stattfindenden Veränderungen des Umfelds mit Sicherheit nicht zu halten ist) muss dabei nicht zwangsläufig Konsequenzen für die Art der IT-Unterstützung der Aufgabenerledigung im Unternehmen haben, z.B. wenn ein Prozessschritt wegen Überlastung eines Mitarbeiters auf ein externes Partnerunternehmen verlagert wird. Aufgrund der umfassenden Durchdringung fast sämtlicher Bereiche im Unternehmen mit IT wird dies jedoch oft der Fall sein. Dann gilt es zu prüfen, welche IT-Systeme genau betroffen sind, ob diese an die veränderten Anforderungen angepasst werden können oder ob sie durch neue Systeme ersetzt werden müssen. Der dafür zu beschreitende Weg der Auswahl des Systems und der Einführung in die bestehende IT-Landschaft wurde in Kapitel 5 ausführlich beschrieben.

Abschließend bleibt Ihnen als Unternehmensgründer nur noch viel Erfolg und Durchhaltevermögen zu wünschen, um die ersten, meist schwierigen Jahre der Selbstständigkeit zu meistern. Es würde die Autoren dieses Buchs sehr freuen, wenn zumindest die IT-Unterstützung Ihrer Geschäftstätigkeit für Sie nach der Lektüre dieses Buchs kein Buch mit sieben Siegeln mehr darstellt und Sie sich sicher sind, das Notwendige getan zu haben.