Die Heilige Liga
Trotz der massiven Rückschläge war Venedig keineswegs am Ende. Außenpolitisch isoliert, aber innenpolitisch gefestigt, blickten die Venezianer in die Zukunft und mobilisierten ihre enormen finanziellen Ressourcen, um die verbliebenen Handelsaktivitäten fortzusetzen. Angesichts der türkischen Präsenz im östlichen Mittelmeer mussten die venezianischen Schiffe jetzt noch besser geschützt werden als zuvor. Die Handelsgaleeren und Segelschiffe verkehrten nur noch im Verbund mit schwer bewaffneten Kriegsgaleeren. Mitte des 16. Jh. ging man sogar dazu über, alle Handelsschiffe mit Kanonen zu bestücken und die Besatzungen zu bewaffnen. Die Werft Arsenale hatte wieder einmal Hochkonjunktur, und die Waffenlager waren zum Bersten gefüllt.
Mit Kreta und Zypern besaßen die Venezianer noch immer zwei wichtige Handelsstützpunkte, die sie lange Zeit gegen die Türken verteidigen konnten. Doch 1571 gelang es Sultan Selim II. Zypern zu besetzen und die Inselhauptstadt Famagusta nach monatelanger Belagerung einzunehmen. Venedig war damit empfindlich getroffen worden; aber vor allem empörte sich die westliche Welt über die Grausamkeit der Eroberer. Denn obwohl Marcantonio Bragadin, der venezianische Kommandant der Festung von Famagusta kapituliert hatte, wurde er auf dem Marktplatz bei lebendigem Leibe gehäutet, und seine Haut ließen die Peiniger mit Stroh ausstopfen. Schon lange war der Westen über das barbarische Wüten der Türken entrüstet, doch jetzt schien der sprichwörtliche Tropfen das Fass zum Überlaufen gebracht zu haben. Der Papst bildete zusammen mit Spanien und Venedig die Heilige Liga, deren enormer Flottenverband von über 200 Kriegsgaleeren den Feind im Golf von Korinth stellte. Die türkische Kriegsflotte konnte in der Seeschlacht von Lepanto 1571 vollständig aufgerieben werden, woran die Venezianer, deren Kontingent aus 110 Galeeren bestand, aufgrund ihrer effektiven Kriegstechnik den größten Anteil hatten. Doch da die Militäroperation unter dem Kreuzfahrerbanner geführt wurde, strichen die Spanier und der Kirchenstaat die Lorbeeren ein. Venedig machte zwar reiche Beute an türkischen Galeeren, und in der Lagunenstadt wurde „Vittoria, Vittoria“ gejubelt, aber Zypern konnte durch den Sieg von Lepanto nicht befreit werden.