Sehenswertes im Castello-Viertel
Kirchensammelticket/Chorus Pass → S. 140. Im Castello-Viertel befinden sich 2 der 16 Chorus-Kirchen (s. u.). Die Kirche des ehemaligen Benediktinerinnenklosters ist einer der ältesten Sakralbauten des Stadtteils und wurde vermutlich schon im 9. Jh. gegründet. Ihr heutiges Aussehen erhielt sie im Wesentlichen in der zweiten Hälfte des 15. Jh., als Mauro Coducci die Fassade im Stil der venezianischen Frührenaissance gestaltete. Die markanten Rundungen nehmen der skulpturengeschmückten Kirchenfassade ihre Strenge nahezu vollständig. Der standfeste Glockenturm stammt noch aus der romanisch-byzantinischen Epoche. Im Innern der Kirche erinnert v. a. die Krypta noch an den ursprünglich romanisch-byzantinischen Baukörper, während der Chor gotisch und das Langhaus im Stil der Frührenaissance gehalten ist. Von der Ausstattung beeindrucken v. a. die Gewölbefresken in der Seitenkapelle des heiligen Tarasio sowie eine Mariendarstellung von Giovanni Bellini, die „Thronende Madonna mit Kind und Heiligen“ - mal drauf achten, die Figuren sind mit typischen venezianischen Kostbarkeiten ausgestattet: Muranoglas, feinsten Textilien und einer Violine.
Im angrenzenden Convento di San Zaccaria, so wird gerne erzählt, brachte der venezianische Stadtadel seine Töchter unter, um sie vor verbotenen vorehelichen Liebschaften zu schützen. Lange Zeit muss das wohl funktioniert haben, nicht aber im 18. Jh., als das Benediktinerinnenkloster wegen seiner rauschenden Maskenbälle und regelmäßigen Männerbesuche bekannt war. In dieser lustbetonten und freizügigen Zeit, als das venezianische Salonleben seinen Höhepunkt erreicht hatte, genossen auch die eingesperrten Adelstöchter ihr Dasein gänzlich ungeniert. Heute residieren hier die Carabinieri und sorgen für Ordnung.
Campo San Zaccaria. Geöffnet: tägl. 10-12 und 16-18 Uhr. Eintritt frei.
Chiesa di Santa Maria della Pietà
Giorgio Massari begann ab 1735 mit dem Bau der Kirche im Stil des venezianischen Klassizismus. Sie gehörte zum benachbarten Ospedale della Pietà, einem Waisenhaus und angesehenen Mädchenkonservatorium, in dem Antonio Vivaldi (1678-1741) fast 40 Jahre als Maestro di violino (Geigenlehrer), Chorleiter und Priester tätig war. Die Kirche diente damals auch als Konzertsaal und musste folglich den hohen akustischen Ansprüchen gerecht werden, womit sich der ovale Innenraum und die niedrigen Deckengewölbe erklären lassen. Der helle, fast ganz in Weiß gehaltene Kirchenraum beherbergt ein grandioses Deckengemälde von Giovanni Battista Tiepolo. „Vivaldis Kirche“ beherbergt ein kleines Vivaldi-Museum, und es finden regelmäßig Kammerkonzerte statt. Die Musiker können aus einem beträchtlichen Repertoire schöpfen, denn Vivaldi hat über 500 Kompositionen hinterlassen, sein wohl bekanntestes Werk sind „Die vier Jahreszeiten“.
Campo Santa Maria Formosa
Riva degli Schiavoni. Geöffnet: Di-Fr 10-12 und 15-17 Uhr, Sa/So 10-13 und 14-17 Uhr. Eintritt: 3 €. Mehrmals wöchentlich Konzerte, Beginn 20.30 Uhr. Konzertkarten (25 €, erm. 20 €) sind an der Kirchenkasse erhältlich und bei den IAT-Informationsbüros bzw. unter www.chiesavivaldi.it.
Chiesa San Giorgio dei Greci und Museo Dipinti Sacri Bizantini
Die schmale, hoch aufragende Kirche mit dem kleinen Kirchgarten am rechten Ufer des Rio dei Greci gehört zur griechisch-orthodoxen Gemeinde Venedigs. Mit der typischen Ikonostase (Trennwand zwischen Altar und Kirchenraum) sowie der ausschließlich den Kirchgängerinnen zugedachten Empore entspricht sie ganz den liturgischen Gepflogenheiten der griechisch-orthodoxen Konfession. Keine andere Kirche der Stadt ist mit einer solchen Fülle an goldglänzenden Ikonen geschmückt. Nur das benachbarte Ikonenmuseum überbietet diese Sammlung noch, dort sind fast hundert Ikonen aus dem 14.-18. Jh. zu bewundern sowie liturgische Gewänder und Gerätschaften. Das Museum befindet sich in dem Barockgebäude der Scuola di San Niccolò dei Greci, dem Bruderschaftshaus der ehemaligen Griechengemeinde, das von Baldassare Longhena erbaut worden ist.
Ponte dei Greci. Geöffnet: Kirche und Museum tägl. 9-17 Uhr. Eintritt (Museum): 4 €, erm. 2 €.
Chiesa Santa Maria Formosa
Mauro Coducci errichtete diesen frei stehenden Kirchenbau im letzten Jahrzehnt des 15. Jh. im Stil der Frührenaissance. Bei der Barockfassade und dem Glockenturm handelt es sich um Ergänzungen aus dem frühen 17. Jh. Der Kirchenraum jedoch erstrahlt noch im kühlen Glanz seiner üppigen Marmorausstattung, wie sie in der venezianischen Frührenaissance üblich war. Ein kostbarer Flügelaltar von Bartolomeo Vivarini (1473) zeigt die Schutzmantelmadonna in der Mitte, während auf der rechten Bildtafel Mariens Geburt und links Maria im hohen Alter dargestellt sind. Die lebendig erfassten Szenen lassen bereits Einflüsse der niederländischen Malerei erkennen, die in der zweiten Hälfte des 15. Jh. zahlreiche Nachahmer in Norditalien fand. Einmal im Jahr, am Lichtmesstag, so ist es überliefert, kam der Doge hierher zur Messe.
Campo Santa Maria Formosa. Geöffnet: Mo-Sa 10-17 Uhr. Eintritt: 3 € bzw. mit Chorus Pass oder Venice Card.
Palazzo Querini-Stampalia mit Pinacoteca
In den herrschaftlichen Sälen des Renaissancepalazzos sind eine beachtliche Kunstgalerie sowie eine gut frequentierte Bibliothek untergebracht. Der letzte Stammhalter der alten venezianischen Adelsfamilie Querini, die zeitweise im Besitz der Kykladeninsel Stampalia (heute Astipaläa) gewesen war, vermachte den Palazzo samt privater Gemäldesammlung und Bibliothek 1868 der Stadt. Die im zeitgenössisch möblierten Obergeschoss gezeigten Werke stellen einen repräsentativen Querschnitt durch die venezianische Malerei des 14.-18. Jh. dar. Mariendarstellungen Giovanni Bellinis sind ebenso vertreten wie Genrebilder Pietro Longhis, darunter dessen „Geografiestunde“, in dem ein ironischer Blick auf den häuslichen Müßiggang des venezianischen Adels geworfen wird. Großer Beliebtheit erfreuen sich auch die wechselnden Ausstellungen und Kulturevents im Palazzo Querini.
Eine Augenweide ganz anderer Art ist das 1963 von dem italienischen Stararchitekten Carlo Scarpa (1906-1978) gestaltete Untergeschoss, zu dem auch ein Innenhof gehört, in dem die harmonische Strenge eines japanischen Zen-Gartens herrscht - mit Wasserläufen und blühenden Bäumen.
Campiello Querini. Geöffnet: Di-So 10-18 Uhr, Mo geschl. Eintritt: 10 €, erm. 8 € bzw. mit Venice Card. Der Café- und Bookshop-Bereich ist vom Schweizer Architekten Mario Botta modernisiert worden.
Palazzo Grimani
Die weitverzweigte Adelsfamilie Grimani besaß mehrere Palazzi in Venedig. Dieser erst jüngst als Museum eröffnete Palazzo, in einer unscheinbaren Seitengasse der Ruga Giuffa gelegen, gehörte Giovanni Grimani, einem manischen Sammler antiker Skulpturen. Schon im 16. Jh. galt seine Antikensammlung als Sehenswürdigkeit. Später bildete sie den Grundstock des Museo Archeologico am Markusplatz. Das völlig verfallene Gebäude gelangte 1981 in den Besitz des italienischen Kulturministeriums. Nach über 20-jähriger Restaurierungszeit ist der Palazzo heute in erster Linie ein herausragendes Beispiel für Substanz erhaltende Restaurierungsmaßnahmen. Spärlich bestückt mit Kunstwerken aus verschiedenen Epochen, kann er im Rahmen von Wechselausstellungen besichtigt werden. Aus der einstigen Antikensammlung ist u. a. die Ganymed-Skulptur zurückgekehrt. Ramo Grimani 4858, nahe dem Campo Santa Maria Formosa. Geöffnet: Mo 8-14 Uhr, Di-So 8-19 Uhr. Eintritt: 7 €, erm. 5 € bzw. mit dem Ticket der Galleria dell’Accademia (→ S. 199). Das griechische Venedig
Die Griechen zählen zu den ältesten Ausländergemeinden Venedigs. Bereits um die Jahrtausendwende kamen die ersten Griechen aus den venezianischen Kolonien in der Ägäis. Aber erst während der Herrschaft der Sultane Orhan, Murat I. und Bayezit I. (14. Jh.) sowie nach dem Fall Konstantinopels (1453) kam es zu einer verstärkten Zuwanderung. In Venedig genossen die Griechen Glaubensfreiheit. Als Gotteshaus stand ihnen zunächst die Kapelle der Basilica dei Santi Giovanni e Paolo zur Verfügung. 1526 erwarben die Griechen, die u. a. als Kunsthandwerker, Buchdrucker, Händler und Schreiber tätig waren, ein Grundstück, auf dem sie ab 1539 die Chiesa San Giorgio dei Greci errichteten (Einweihung 1561). Im 16. und 17. Jh. führte der Verlust der griechischen Inseln und des Peloponnes an das Osmanische Reich zu weiteren Zuwanderungswellen. Einige der griechischen Familien gehörten sogar dem Großen Rat der Republik an. Zu Beginn des 17. Jh. lebten ca. 12.000 Griechen in Venedig, davon gibt es heute nur noch ein paar Dutzend Nachfahren. Basilica Santi Giovanni e Paolo (San Zanipolo)
Die Dominikanerkirche ist mit hundert Metern Länge das größte gotische Gotteshaus Venedigs. Es zeigt im Grundriss Ähnlichkeiten mit der berühmten Dominikanerkirche Santa Maria Novella von Florenz. Die Bauarbeiten an diesem schlichten Backsteingebäude zogen sich von 1333 bis 1430 hin. Auf einen Glockenturm wurde verzichtet, nicht aber auf den typisch gotischen Fassadenzierrat mit den Heiligenstatuen in den weithin sichtbaren Türmchen. Das gestaffelte Hauptportal wird von byzantinischen Marmorsäulen gerahmt. Beim Eintreten überwältigt einen die lichtdurchflutete Weite des Raumes. Hohe, meterdicke Rundsäulen stützen das Gewölbe des Mittelschiffs sowie die kunstvoll verzierten Querbalken. Im Lauf der Jahrhunderte wurde „San Zanipolo“, wie die Kirche auf Venezianisch verkürzend genannt wird, zur Grabkirche der berühmtesten Persönlichkeiten der Serenissima. Neben insgesamt 27 Dogen sind hier Feldherren, Admiräle, Künstler, Bischöfe und Adlige bestattet worden. Die Stilvielfalt der z. T. pompösen Grabmäler ist entsprechend groß. Mehrere Brände haben die Kunstschätze, zu denen Werke von Tizian und Tintoretto gehörten, dezimiert. Übrig geblieben ist u. a. ein jüngst restaurierter, vergoldeter Flügelaltar, der Giovanni Bellini zugeschrieben wird. In der zentralen Darstellung sieht man den Dominikanerheiligen Vinzenz Ferrer, ein bedeutender Bußprediger des Mittelalters. Die Tafeln auf der Predella, dem Unterbau des Altars, zeigen Szenen aus dessen Leben.
Campo dei Santi Giovanni e Paolo. Geöffnet: Mo-Sa 8-12.30 und 15-18 Uhr, So 15-17.30 Uhr. Eintritt frei.
Scuola Grande di San Marco (Ospedale Civile)
In einem ganz anderen Gewand als die schlichte Dominikanerkirche San Zanipolo präsentiert sich die benachbarte Scuola der venezianischen Goldschmiede und Seidenhändler. Die - ganz untypisch - extrem aufwendig gestaltete Fassade dieses Bruderschaftshauses, das um 1490 von Pietro Lombardo entworfen wurde, vollendete Mauro Coducci um 1500 im Stil der Frührenaissance. Die schwungvollen Giebelrundungen mit ihren krönenden Skulpturen und das reliefverzierte Hauptportal lassen diesen herrschaftlichen Profanbau fast wie ein Kirchengebäude erscheinen. Etwas für Kenner sind auch die illusionistischen Wandelhallen mit den flügellosen Markuslöwen. Da in der Scuola heute das städtische Krankenhaus (Ospedale Civile) untergebracht ist, ist eine Besichtigung der Innenräume nicht möglich, aber mit der Prachtfassade hat man immerhin schon das Wichtigste gesehen. Chiesa San Francesco della Vigna
Scuola Grande di San Marco und San Zanipolo
Diese wuchtige Franziskanerkirche setzt den einzigen bedeutenden architektonischen Akzent im nördlichen Teil Castellos. Sansovino und Palladio schufen zwischen 1543 und 1572 einen repräsentativen Sakralbau der Hochrenaissance, dessen Fassade - die eindeutig Palladios Handschrift trägt - die strenge Symmetrie eines antiken Säulentempels aufnimmt. Zu den Kunstwerken im hallenartigen Innern gehören u. a. ein Flügelaltar von Antonio Vivarini und zwei Gemälde von Paolo Veronese. Der herrliche gotische Kreuzgang (einer von insgesamt dreien des Franziskanerklosters) führt zur Capella Santa, wo eine meisterliche Madonnendarstellung von Giovanni Bellini zu bewundern ist. Die üppigen Nutzgärten der Klosteranlage, die man nur eingeschränkt besichtigen kann, verweisen noch auf die ehemalige Nutzung des Geländes als Weingarten, daher der Name Vigna.
Campo San Francesco della Vigna. Geöffnet: tägl. (außer Sa) 8.30-12.30 und 15-19 Uhr. Eintritt frei.
Scuola San Giorgio degli Schiavoni (Carpaccio-Museum)
Mitten im Castello-Viertel, am Ende des Rio della Pietà bezog die Gemeinde der aus Schiavonia (Dalmatien) stammenden Händler Anfang des 16. Jh. ihr Bruderschaftshaus. Äußerlich bescheiden, präsentiert sich die Scuola im Innern um so prächtiger.
L’Arsenale - die verbotene Stadt
Venedigs traditionsreiche Schiffswerft war einer der ersten, größten und effektivsten Industriekomplexe Europas. Hier baute die Serenissima ihre Kriegsschiffe und Handelsgaleeren wie am Fließband. Tausende Arsenalotti waren in der Blütezeit der Seerepublik auf diesem streng bewachten Gelände beschäftigt und brachten es auf eine durchschnittliche Jahresproduktion von 200 Schiffen. Das Holz für den Bau der Schiffe kam aus Istrien, wo Venedig unbegrenzte Einschlagrechte besaß.
Als Gründungsdatum wird das Jahr 1104 angegeben, als Venedig bereits einige Seeschlachten und Eroberungen im Mittelmeerraum zu verzeichnen hatte. Den ersten Großauftrag erhielt die Werft im Vorfeld des 4. Kreuzzuges, als sich der amtierende Doge verpflichtete, dem Heer der Kreuzritter eine Flotte zur Verfügung zu stellen. Auf dem Werftgelände, das sich seinerzeit noch auf die Darsena Arsenale Vecchio beschränkte, zimmerten die Arsenalotti in einer Rekordzeit von nur wenigen Monaten hundert Kriegsgaleeren und dreißig Transportschiffe für die „Kreuzfahrt“ ins Heilige Land. Das Geheimnis der schnellen Bauweise lag in der effizienten Arbeitsteilung, mit der die Werftarbeiter ans Werk gingen. Dante Alighieri (1265-1321) beschrieb diese mittelalterliche Serienproduktion gut ein Jahrhundert später im 21. Gesang seiner „Göttlichen Komödie“ folgendermaßen: „Im Arsenale der Venezianer, wo der Teer kocht während des Winters, sieht man einige, die Schiffe bauen, andere teeren, einige bringen die Eisenteile an, wieder andere die Ruder und Segel, manche arbeiten am Bug, andere am Heck.“
Im 15. und 16. Jh. wurde die Fläche der Docks und Hafenbecken durch den Bau des Canale delle Galeazze und der Darsena Grande vergrößert. Hinzu kamen Produktionsstätten für Waffen und Munition, Schlossereien, Seilereien, Lagerhäuser, Getreidespeicher und selbst Bäckereien, in denen der unverderbliche Schiffszwieback hergestellt wurde. Ein Industriekomplex war entstanden, mit bis zu 16.000 Werktätigen, die allesamt Venezianer waren und in unmittelbarer Nachbarschaft der Werft lebten. Die Serenissima wusste die Arbeit dieser Arsenalotti zu schätzen und garantierte ihnen neben dem Wohnrecht auch festgesetzte Mindestlöhne und eine Arbeitsstelle auf Lebenszeit. Bedingung waren natürlich absolute Regierungstreue und Verschwiegenheit, denn als Werftarbeiter waren die Arsenalotti auch Geheimnisträger.
Arsenale-Kran - ein Relikt von 1875
Ein Geheimnis musste im 16. Jh. ganz besonders gehütet werden, nämlich der Bau der venezianischen Galeassen, die als entscheidende Waffe in der historischen Schlacht von Lepanto gegen die Türken eingesetzt wurden. Im gleichnamigen Hafenbecken Canale delle Galeazze baute man diese schnellen und wendigen Kriegsschiffe der Hochrenaissance. Sie waren 50 m lang, hatten 36 Backbord- und Steuerbordkanonen, und zur Besatzung gehörten 350 Rudersklaven und 200 Entersoldaten. Wie flink die Arsenalotti einen solchen „Panzerkreuzer“ damals zusammensetzten, demonstrierten sie 1574 dem verbündeten König Heinrich III. von Frankreich. Während dieser mit dem Dogen Alvise Mocenigo I. zu Tische saß, fertigten die Arsenalotti ein komplettes Schiff mit Aufbauten und Kanonen.
Auch im 17. und 18. Jh. blieb das Arsenale das wirtschaftliche und militärische Rückgrat der Seerepublik. An einsatzbereiten Kriegsgaleeren fehlte es zu keiner Zeit, und auch die Produktion der Handelsschiffe befand sich immer auf der Höhe der technischen Entwicklung. So wurde beispielsweise der Florentiner Galileo Galilei, der von 1592 bis 1610 an der Universität von Padua Mathematik lehrte, damit beauftragt, den günstigsten Drehpunkt der Ruder zu berechnen, um höhere Geschwindigkeiten zu erreichen. Doch von der Plünderung durch die französischen Truppen (1797/98) erholte sich die Traditionswerft nicht mehr. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Werft endgültig geschlossen - militärisches Sperrgebiet ist sie bis heute geblieben.
Das Arsenale ist generell nicht zugänglich. Der Grund dafür ist die Nutzung des Geländes durch die italienische Marine. Da es aber längst kein Geheimnis mehr ist, dass es sich um einen völlig bedeutungslosen Marinestützpunkt ohne Flottenpräsenz handelt, wurde der Druck auf die Regierung immer größer, das gesperrte Gelände, auf dem bereits einige Restaurierungsarbeiten im Gange sind, für öffentliche Zwecke freizugeben. Als einen großen Schritt in diese Richtung kann man wohl die Öffnung des Arsenale im Rahmen der Kunst-Biennale verstehen. Von 2005 bis 2013 erfasste das der Kunst-Biennale zur Verfügung gestellte Areal bereits das gesamte Südostufer der Darsena Grande mit den dazugehörigen Werkshallen. Zu den neuen Nutzern des weitläufigen Arsenale gehören auch das Meeresforschungsinstitut Ismar/CNR, der innovative Spazio Thetis, wo Kunst und Technologie sich gegenseitig befruchten sollen, sowie das Kontroll- und Wartungszentrum der umstrittenen und noch nicht betriebsbereiten MOSE-Hochwasserschutzanlage.
Leider sind die Zeiten vorbei, als die Vaporetto-Linien 4.1 und 4.2 durch das älteste Hafenbecken der Werft (Darsena Arsenale Vecchio) und den Canale delle Galeazze führte. Seit 1999 umkreist der Wasserbus das Gelände weiträumig, sodass sich keine Gelegenheit mehr bietet, einen Blick auf die legendäre Werft zu werfen; aber vielleicht ändert sich das ja im Zuge der erweiterten Nutzungsabsichten bald wieder.
Ein grandioser Gemäldezyklus, den Vittore Carpaccio zwischen 1502 und 1508 anfertigte, schmückt das gesamte Erdgeschoss. Der Bilderzyklus, der sich mit dem Leben der dalmatinischen Schutzheiligen Georg, Hieronymus und Tryphon befasst, stellt einen Höhepunkt der venezianischen Malerei des frühen 16. Jh. dar und besticht durch seine brillante Detailgenauigkeit. Der Kunstgenuss wird allerdings durch die dunklen Räumlichkeiten etwas getrübt.
Calle dei Furlani. Geöffnet: Di-Sa 9.15-13 und 14.45-18 Uhr, So nur vormittags, Mo nur nachmittags. Eintritt: 5 €, erm. 3 €.
Scuola San Giorgio degli Schiavoni:
ein Muss für Carpaccio-Bewunderer
Einziger Landeingang zur Werft, um 1460 von Bartolomeo Buon in der Form eines antiken Triumphbogens gestaltet. Welche Bedeutung L’Arsenale für Venedig hatte, beweist die Tatsache, dass es sich bei dem monumentalen Portal um das erste Bauwerk im Stil der venezianischen Frührenaissance handelt. Die Statue auf dem Tympanon stellt Justitia dar, sie wurde 1578 von Girolamo Campagna geschaffen. Der Markuslöwe im Zentrum des Giebels ist wie derjenige auf der Piazzetta von San Marco geflügelt und hält ein Buch zwischen den Pranken. Bei den das Tor flankierenden antiken Löwenskulpturen handelt es sich um Beutestücke aus Griechenland, die erst 1692 hier aufgestellt wurden. Die hockende Löwenfigur bewachte einst den Hafen von Piräus.
Museo Storico Navale (Schifffahrtsmuseum)
Die Exponate in den unteren Räumen dieses ehemaligen Getreidespeichers geben Auskunft über den Schiffbau im Arsenale und dokumentieren die Geschichte der venezianischen Seemacht mit historischen Seekarten, nautischen Gerätschaften und Gemälden von Seeschlachten. Waffen und Kanonen sind ebenso zu sehen wie Modelle der unterschiedlichsten Schiffstypen. Zu den Attraktionen gehören auch die prächtigen alten Gondeln mit Aufbau (Felze) sowie eine originalgetreue Rekonstruktion des letzten Bucintoro; die originalen Überreste dieses Prunkschiffs des Dogen befinden sich im Museo Correr (→ S. 118). In den oberen Räumen bereichern u. a. Uniformen die insgesamt empfehlenswerte Ausstellung. Riva San Biasio. Geöffnet: Mo-Sa 8.45-13.30 Uhr, So geschlossen. Eintritt: 1,55 €, erm. 0,77 €.
Bei der friedlichen Insel hinter dem Gelände des Arsenale handelt es sich um eine der allerersten Lagunensiedlungen überhaupt. Auf diesem bewohnten Schilfeiland namens Olivolo errichteten die Venezianer später eine kleine Festung („Castello“), von der nichts als der Name übrig geblieben ist. Sie bezeichnet heute ein ganzes Stadtviertel - il Sestiere di Castello.
Chiesa San Pietro di Castello
Porta dell’Arsenale: von Löwen bewacht
Die gleichnamige Kirche bildet den touristischen Anziehungspunkt auf der Gründungsinsel. Sie fungierte während der gesamten Dauer der Stadtrepublik als Bischofskirche Venedigs. Während San Marco als Staatskirche und Kirche des Dogen galt, fristete das religiöse Oberhaupt Venedigs (Patriarch = Bischof) in diesem Stadtrandgebiet sein Dasein. Eine deutlichere Degradierung der Amtskirche ist kaum denkbar.
Der heutige Kirchenbau mit dem extrem schiefen Renaissance-Glockenturm stammt im Wesentlichen aus dem 17. Jh., seine Fassadengestaltung beruht angeblich auf einem Entwurf Palladios. Im Innern ist der marmorne Bischofsthron (Cattedra di San Pietro) von Bedeutung. Laut Überlieferung soll ihn der Apostel Petrus in Antiochia benutzt haben. Bei der Rückenlehne handelt es sich um eine Grabstele mit arabischen Schriftzügen, die u. a. Allah preisen - und das im Rücken des Bischofs von Venedig!
Geöffnet: Mo-Sa 10-17 Uhr. Eintritt: 3 € bzw. mit Chorus Pass oder Venice Card.