15.4 Übersicht über die Konfigurationsmöglichkeiten
Im letzten Abschnitt haben Sie einen Workflow kennengelernt, wie ihn die Flughafenplanungsgesellschaft AIRBI GmbH verwendet. Microsoft Project Server erlaubt Ihnen, Ihre eigenen Prozesse und Formulare flexibel abzubilden. Eine Vielzahl von Möglichkeiten steht Ihnen dabei zur Verfügung, um individuelle Workflows zu konfigurieren. In Abschnitt 20.7, »Workflow- und Projektdetailseiten«, lernen Sie, wie Sie jeden Konfigurationsschritt problemlos vornehmen können. In diesem Abschnitt erhalten Sie einen Überblick über die fachliche Konzeption von Workflows für Microsoft Project Server.
15.4.1 Grundkonzepte
Jeder Workflow besteht aus mehreren Workflowstufen, die den Projektlebenszyklus abbilden. Diese Workflowstufen sind in Workflowphasen gruppiert. Die Phasen haben auf das technische Verhalten von Workflows keine Auswirkung, sie dienen lediglich der besseren Strukturierung des Projektlebenszyklus. Eine Organisation kann eine Vielzahl von Workflows besitzen, die alle unterschiedliche Workflowstufen beinhalten, aber die Phasen sind workflowübergreifend: Sie stellen den Standardablauf aller Projekte dar.
Workflowphasen
Eine grafische Abbildung der Projektabwicklungsprozesse bei der AIRBI GmbH könnte z.B. so aussehen wie in Abbildung 15.11.
Wie Sie sehen, existieren zwei Workflows: ein Workflow für Großprojekte und ein Workflow für Kleinprojekte. Großprojekte müssen direkt vom Vorstand freigegeben werden, während Kleinprojekte einfacheren Verfahren folgen. Trotzdem folgen sie denselben groben Phasen. Der Vorteil dieser Strukturierung in Phasen ist die Vergleichbarkeit. Im Fall der AIRBI GmbH kann Reiner Sonnenschein immer sehen, ob sich ein Projekt gerade in der Initiierungs- oder der Planungsphase befindet, egal, ob es sich um ein Groß- oder ein Kleinprojekt handelt. In welcher Workflowstufe genau sich das Projekt befindet, ist für einen groben Überblick dagegen unwichtig.
Workflowstufen
Im Gegensatz zu den Workflowphasen sind die einzelnen Workflowstufen vom Projekttyp abhängig. Sie bilden den genauen Ablauf eines Projektlebenszyklus ab und sind miteinander verbunden. Innerhalb jeder Stufe können Sie Folgendes definieren:
- welche Formulare (Projektdetailseiten) dargestellt werden
- welche Felder in den Formularen Pflichtfelder sind
- welche Felder in den Formularen schreibgeschützt sind
Mit anderen Worten: Sie bestimmen für jede Stufe, welche Projektinformationen dargestellt werden, welche bearbeitet werden können und welche bearbeitet werden müssen (siehe Abbildung 15.12).
Die Stufen sind über die Servereinstellungen frei konfigurierbar, wie in Abschnitt 20.7.3, »Workflowstufen«, beschrieben. Sie können so viele erstellen, wie Sie brauchen. Die logische Verbindung zwischen den Stufen ist ebenso frei konfigurierbar, allerdings findet diese Konfiguration nicht in den Servereinstellungen statt. Dafür sind SharePoint Designer oder Visual Studio notwendig. Einen Einblick in die Erstellung von Workflows erhalten Sie in Abschnitt 20.7.6, »Erstellen eines Project-Workflows mit SharePoint Designer«.
Projektdetailseiten
Die Projektdetailseiten dienen der Darstellung und Bearbeitung von Projektinformationen. Alle Formulare, die für das Projekt konfiguriert werden, sind Projektdetailseiten. Ebenso ist die Seite Terminplan, die den Projektplan im Webbrowser darstellt, eine besondere Art von Projektdetailseite – Sie haben sie oben im Workflow der AIRBI GmbH kennengelernt.
Diese Seiten werden über die Servereinstellungen erstellt und konfiguriert. Alle Projektfelder können Sie sehr schnell und einfach über solch ein Formular zur Bearbeitung durch den Projektleiter oder durch die Teammitglieder darstellen. Mehr zu Projektdetailseiten und benutzerdefinierten Feldern lesen Sie in Kapitel 20, »Konfiguration von Project Server 2016/Project Online«.
Technisch gesehen, sind die Projektdetailseiten Webpartseiten. Praktisch bedeutet das, dass diese Seiten eine sehr große Flexibilität anbieten, was die Gestaltung der Daten angeht. Sie können eigene Webparts programmieren, um z.B. ein InfoPath-Formular oder eine Excel-Tabelle einzubinden.
15.4.2 Konzeption von Workflows
Bei der Konzeption von Workflows sollten Sie als Erstes definieren, welche Phasen Sie abbilden werden. Dieses Phasenmodell wird die Grundstruktur für alle Ihre zukünftigen Workflows darstellen. Das sind die Standard-Teilprozesse der Projektabwicklung. Sie sollten möglichst wenige, einfache Phasen definieren. Projektmanagement-Standards wie PRINCE2 oder PMI bieten Modelle, die Sie bei der Phasendefinition als Basis benutzen können.
Nach Festlegung der Workflowphasen identifizieren Sie, welche Workflows in Ihrer Organisation vorhanden sind bzw. welche unterschiedlichen Workflows Sie einführen möchten. Projekttypen, die unterschiedlichen Genehmigungsprozessen folgen, werden Sie mit verschiedenen Workflows abbilden. Für jeden identifizierten Workflow müssen Sie den Ablauf im Detail definieren.
Workflow-Ablauf definieren
Wenn Sie den Ablauf eines Workflows beschreiben, denken Sie nicht darüber nach, was wie genau im System abgebildet wird. Diese Überlegungen können Sie später anstellen. Stellen Sie zunächst die Abwicklung des Projektlebenszyklus dar, z.B. in einem Flussdiagramm (Abbildung 15.13).
Wichtige Fragen sind dabei:
- Welche Benutzergruppen sind involviert?
- Wann werden Entscheidungen getroffen?
- Welche Projektinformationen werden wann benötigt?
Wenn Sie genau wissen, wie Ihr Prozess fachlich laufen soll, können Sie tiefer in die technischen Details einsteigen: Was soll bei jedem Prozessschritt technisch im System ablaufen? Einige Prozessschritte werden z.B. technisch nicht im Workflow abgebildet: In unserem in Abbildung 15.13 dargestellten Prozess wird z.B. nicht die Abstimmung zwischen dem Antragsteller und den Fachbereichen durch den Workflow abgebildet. Diese Abstimmung findet außerhalb des Systems in Form einer Besprechung o.Ä. statt. Die Überprüfung durch das PMO allerdings wird im Project Server durch einen Genehmigungsschritt abgebildet.
Für die Konfiguration und Entwicklung des Workflows in Project Server müssen Sie folgende Fragen beantworten:
- Welche Schritte des Prozesses werden im Workflow abgebildet?
- Wer soll bei jedem Schritt was tun (der Projektleiter muss den Ressourcenplan erstellen, das PMO soll das Projekt überprüfen …)?
- Was verbindet diese Schritte miteinander? Was muss der Anwender genau tun, damit das Projekt im Workflow vorangeht (auf Übermitteln klicken, ein bestimmtes Feld pflegen …)?
- Welche Formulare sind bei welchem Schritt notwendig? Sollen die Formulare editierbar sein oder nur schreibgeschützt zur Information angezeigt werden?
Alle diese Punkte sind für die technische Konfiguration des Workflows wichtig. Daraus ergibt sich, wie Sie die oben genannten Elemente konfigurieren sollten (Workflowphasen, Workflowstufen, Projektdetailseiten). Die Konfiguration selbst erfolgt in der folgenden Reihenfolge:
- Workflowphasen erstellen (Abschnitt 20.7.6, »Erstellen eines Project-Workflows mit SharePoint Designer«)
- Benutzergruppen erstellen (Abschnitt 20.1, »Sicherheit«)
- Benutzerdefinierte Felder erstellen, die in den Projektdetailseiten angezeigt werden (Abschnitt 20.2.1, »Benutzerdefinierte Enterprise-Felder und ‐Nachschlagetabellen «)
- Projektdetailseiten erstellen (Abschnitt 20.7.4, »Projektdetailseiten«)
- Workflowstufen erstellen (Abschnitt 20.7.6)
- Workflow in SharePoint Designer oder Visual Studio entwickeln (Abschnitt 20.7.6)
- Workflow einem Enterprise-Projekttyp zuordnen (Abschnitt 20.7.1, »Enterprise-Projekttypen«)