Argentinien kulinarisch

Argentinier essen gern. Der größte Teil ihres sozialen und politischen Lebens wäre undenkbar ohne einen Tisch – sei es für eine gemütliche Tasse Kaffee, eine zwanglose Mahlzeit oder ein festliches Bankett. Obwohl kulinarische Raffinesse nicht gerade zum Nationalcharakter gehört – Rindfleisch und Pasta sind die zwei Grundpfeiler der Landesküche –, findet man im Land durchaus auch die raffinierte Küche.

In Buenos Aires und anderen großen Städten gibt es eine Vielzahl von schicken Restaurants u. a. mit japanischer, arabischer, mexikanischer, südostasiatischer oder brasilianischer Küche, die erlesene Speisen anbieten. Doch die traditionelle argentinische Küche basiert weitgehend auf spanischem und italienischem Einfluss und ist eher schlicht.

Reputation hat sich das Land auch durch seine exzellenten Weine erworben. Die Anzahl seiner Weinberge und -güter ist enorm, nicht nur in der Provinz Mendoza, sondern auch in Nordwestargentinien und sogar in Nordpatagonien. Und trotz steigender Inflationsrate sind all diese Weinsorten ein erschwinglicher Luxus geblieben.

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STEAK FüR STEAK

Der Neuankömmling betritt eine parrilla (Steakhouse), erschnuppert am Eingang bereits den verlockenden Grillduft und setzt sich dann mit hungrigem Magen hin, Messer und Gabel in der Hand. Doch die Leute hier sprechen nur Spanisch, und der Fremde hat in seinem Leben noch nie mehr als zwei oder drei Arten von Steaks auf der Karte gesehen – doch auf dieser Speisekarte stehen gleich zehn verschiedene Sorten zur Auswahl. Hilfe! Was tun?

In einer parrilla besteht die parrillada (gemischter Grillteller) aus verschiedenen Fleischsorten: chorizo (Rinds- oder Schweinewurst), pollo (Hähnchen), costillas (Rippchen) und carne (Rindfleisch). Es gibt aber auch exotischere Varianten mit chinchulines (Innereien), molleja (Kalbsbries) und morcilla (Blutwurst). Eine parrillada kann man für beliebig viele Personen bestellen – alles kein Problem.

Zu den bevorzugten Steaksorten zählen:

Bife de chorizo Sirloin (Rumpsteak), ein dickes und saftiges Stück

Bife de costilla T-bone, ein dicht am Knochen geschnittenes Stück

Bife de lomo Tenderloin, ein dünn geschnittenes, zartes Stück

Cuadril Rumpsteak, meistens ein dünnes Stück

Ojo de bife Rib Eye, ein kleineres Stück

Tira de asado Short Ribs, dünne Streifen aus der Kurzrippe

Vacío Ein saftiges, aromatisches Stück aus der Bauchrippe.

Wichtig: Wenn man keine Sonderwünsche äußert, wird das Steak a punto serviert (Medium bis Well-Done/durchgebraten). Wer sein Fleisch gern Medium-englisch oder richtig blutig möchte, stößt auf ungeahnte Schwierigkeiten. Wenn das Fleisch innen rosa gebraten sein soll, bestellt man es jugoso, wer es wirklich englisch, also blutig möchte, sollte es vuelta y vuelta bestellen. Und keinesfalls chimichurri vergessen, eine schmackhafte Soße, oft zubereitet mit Olivenöl, Knoblauch und Petersilie.

Wer das Glück hat, zu einem asado (gemütliches Grillessen bei Freunden oder im Familienkreis) eingeladen zu sein, sollte die Einladung unbedingt annehmen, denn bei einem solchen Anlass erlebt die Kunst des Grillens ihren Höhepunkt, und der soziale Kontakt ist einfach großartig.

Standardgerichte & Spezialitäten

Rindfleisch

Ein Mitbringsel der Spanier bei ihrer Ankunft in Argentinien waren Rinder. Ihre Versuche, hier eine Kolonie zu errichten, schlugen aber zunächst fehl, und so blieben die Rinder in den Pampas sich selbst überlassen – und lebten in einem wahren Rinderparadies: Sie ernährten sich unbehelligt auf dem fruchtbaren Grasland, und nur wenige Raubtierarten (plus ein paar Gauchos) bedrohten die Herden. Doch dann wurde das Land von europäischen Eroberern heimgesucht, die die Rinder für ihre eigenen Zwecke benötigten und sie mit anderen Rinderarten kreuzten.

Traditionellerweise fraßen die argentinischen Kühe das nahrhafte Pampasgras und gediehen ganz ohne Antibiotika und Wachstumshormone. Deshalb galt ihr Fleisch stets als besonders mager und geschmackvoll. Aber das hat sich inzwischen geändert; siehe dazu Klicken Sie hier.

Der jährliche Rindfleischverbrauch pro Kopf liegt in Argentinien übrigens bei rund 60 kg; in der Vergangenheit lag diese Zahl sogar noch höher.

Italienisch

Ende des 19. Jahrhunderts kamen viele italienische Auswanderer nach Argentinien – mit enormen Folgen für die argentinische Küche. Außer ihrer gestenreichen Sprechweise brachten sie auch ihre Liebe zu Pasta, Pizza, Gelato und anderen italienischen Spezialitäten mit.

Viele Restaurants machen ihre Pasta selbst – sie heißt dann pasta casera (hausgemachte Pasta). Zur Pasta-Vielfalt gehören, sorrentinos (große, runde Ravioli-ähnliche Paste), ñoquis (Gnocchi) und tallerines (Fettuccine). Zu den Standardsoßen gehören tuco (Tomatensoße), estofado (Rindfleischeintopf, beliebt mit Ravioli) und salsa blanca (Béchamel). Wichtig ist auch zu wissen, dass die Soßen zu den Paste extra bezahlt werden müssen.

Spanisch

Spanische Gerichte sind in Argentinien nicht so verbreitet wie italienische, sie bilden aber trotzdem einen Eckpfeiler der Landesküche. In den spanischen Restaurants kann man ebenso gut Paella bestellen wie typisch spanische Fischgerichte. Viele der guisos und pucheros (Eintopfgerichte) sind spanischer Herkunft.

Empanadas sind kleine gefüllte Teigtaschen, die in ganz Argentinien verbreitet sind überall unterschiedlich zubereitet werden – zum Beispiel als würzige Rindfleisch-Empanadas im Nordwesten der Anden oder mit Lammfleisch gefüllt in Patagonien. Sie ergeben eine schnelle, aber trotzdem leckere Mahlzeit, besonders unterwegs, etwa auf einer Busreise.

Regionale Gerichte

Obwohl der Terminus comida típica in Zusammenhang mit allen möglichen regionalen Gerichten auftaucht, wird er vor allem für die Küche aus dem bergigen Nordwesten verwendet. Die Gerichte aus diesem Landesteil haben ihre Wurzeln in präkolumbischen Zeiten und zeigen größere Gemeinsamkeiten mit der bolivianischen und peruanischen als mit der europäisierten Küche im restlichen Argentinien.

Das Essen ist meist stark gewürzt bzw. scharf und damit eine Ausnahme in einem Land, in dem alles, was über eine Prise schwarzen Pfeffers hinaus geht, schon als unerträglich gilt. Zu den typischen Gerichten zählen locro (ein herzhafter Getreideeintopf mit Fleisch), aber auch tamales sowie humitas (süße Tamales) und gebratene empanadas.

In Patagonien steht Lamm viel häufiger als Rindfleisch auf der Speisekarte. An der Küste isst man gern Fischgerichte, Austern und Königskrabben, im Seengebiet Wild, Wildschwein und Forelle. Im Westen brüsten sich die Provinzen Mendoza, San Juan und La Rioja mit ihrem chivito, dem Fleisch junger Ziegen. Im Nordosten werden oft dorado, pacu (Verwandte der Piranhas) und surubí (eine Art Wels) angeboten.

Getränke

Mendoza ist zwar Argentiniens wichtigste Weinregion, aber auch in anderen Provinzen wird hervorragender Wein gekeltert. Mehr über Weinkeller abseits der ausgetretenen Pfade ist auf den Seiten 377 und 390 zu erfahren.

Sofern es in Argentinien eine Art Nationalbier gibt, ist es natürlich Quilmes. Wenn man ein porrón bestellt, wird eine Halbliterflasche oder ein chopp serviert, ein gekühltes Fassbier.

Argentinier sind ganz verrückt nach ihrem café con leche (Milchkaffee). Ein Kaffee mit einem Schuss Milch heißt café cortado, ein lágrima besteht aus Milch mit ein oder zwei Tropfen Kaffee. Es gibt auch Schwarzen und Kräutertee – und natürlich in jedem Fall mate.

Selbst in großen Städten wie Buenos Aires ist agua de canilla (Leitungswasser) ohne weiteres trinkbar. In Restaurants bestellen die meisten Gäste aber in Flaschen abgefülltes Mineralwasser, entweder agua con gas (mit Kohlensäure) oder agua sin gas (ohne Kohlensäure). In älteren, traditionell orientierten Restaurants wird Sodawasser (un sifon de soda) in Siphonflaschen serviert, es wird von Argentiniern gern mit billigem Wein vermischt.

Wohin zum Essen & Trinken?

Die Argentinier gehen liebend gern essen, und es herrscht kein Mangel an Lokalen, in denen man etwas Ordentliches zu essen bekommt.

Das beste Fleisch genießt man in einer parrilla (Steakhaus). Confiterias und Cafés sind stets tagsüber und häufig auch nachts geöffnet, meistens mit einer umfangreichen Speise- und Getränkekarte. In Bars und Pubs ist das Angebot an Mahlzeiten kleiner, manche allerdings bieten durchaus komplette Mahlzeiten an. Ein tenedor libre (wörtlich: freie Gabel) ist ein „All you can eat”-Restaurant; die Qualität der Speisen ist meistens annehmbar; mindestens eine Getränkebestellung ist obligatorisch und kostet extra.

Viele landestypische Restaurants sind in der Regel nur zu den offiziellen Essenszeiten geöffnet, also 15.30 Uhr für den Lunch und 21 Uhr für das Abendessen.

Zum Frühstück essen Argentinier nur wenig – üblicherweise nur einen Kaffee mit medialunas (Croissants – dulce, also süß, oder salada, einfach). Eine Alternative dazu sind tostadas (Toast) mit manteca (Butter), mermelada (Marmelade) oder facturas (Gebäck). Einige Hotels der gehobenen Klasse bieten auch Frühstücksbüfetts an.

Tischbestellungen werden entgegengenommen, sind aber lediglich in gehobenen Restaurants an Wochenenden wirklich notwendig – oder auch während der Hauptsaison in Mar del Plata und Bariloche. Um die Rechnung bittet man mit einem „la cuenta, por favor“ oder mit der üblichen Handbewegung. Die meisten Restaurants akzeptieren Kreditkarten, kleinere nur Barzahlung.

Wer einige Pesos sparen möchte, bestellt am besten ein menú del día oder menú ejecutivo, das in vielen Restaurants angeboten wird. Sie beinhalten normalerweise ein Hauptgericht, einen Nachtisch und ein Getränk – das Ganze dann auch noch zu einem günstigen Preis.

MATE & DAS RITUAL

Zubereitung und Genuss von mate ist vielleicht das einzige Kulturgut in Argentinien, das tatsächlich die Grenzen von Ethnien, Klassen und Berufsständen überwindet. Mate ist weitaus mehr als nur ein Getränk, es ist ein ausgefeiltes Ritual unter Familien, Freunden und Arbeitskollegen.

Der Ausdruck yerba mate bezeichnet die getrockneten und kleingeschnittenen Blätter der Stechpalmenart Ilex paraguayensis. Nirgendwo sonst wird so viel mate geerntet und getrunken wie in Argentinien; der Durchschnittsverbrauch pro Kopf und Jahr liegt bei 5 kg – und damit viermal so hoch wie bei Kaffee.

Allein schon die Zubereitung und erst recht das Trinken sind ein echtes Ritual. Eine bestimmte Person, der cebador, füllt das Kürbisgefäß fast bis zum Rand mit yerba und schüttet dann langsam heißes Wasser darüber. Dann reicht der cebador das Gefäß abwechselnd jedem am Tisch, getrunken wird mit Hilfe der bombilla, einem Trinkhalm aus Metall mit einem knollenförmigen Sieb am unteren Ende. Jeder am Tisch trinkt das Gefäß jeweils leer. Die bombilla darf keinesfalls berührt werden und das Gefäß soll möglichst zügig an den nächsten Trinker weitergereicht werden. Ein schlichtes gracias sagt dem cebador, dass der nächste dran ist.

Eine Einladung zum mate ist eine Art kulturelles Muss und sollte nicht ausgeschlagen werden. Mate ist jedoch ein gewöhnungsbedürftiges Getränk und schmeckt für Neulinge anfangs sehr heiß und bitter, weshalb ein bisschen Zucker eventuell hilfreich ist.

Weil die Zubereitung von mate eine ziemlich komplizierte Prozedur darstellt, wird das Getränk in Restaurants oder Cafés selten angeboten. Immerhin gibt es eine einfache Lösung: Man kauft eine Thermoskanne, ein Mate-Gefäß, eine bombilla und eine Packung mit Kräutern – in großen Geschäften gibt es oft eine Ecke für Mate-Zubehör. Gereinigt und vorbereitet wird das Gefäß mit heißem Wasser und yerba, das Ganze muss 24 Stunden ziehen. Fast alle Restaurants, Cafés und Hotels sind bereit, die Thermoskanne zu füllen, manchmal wird dafür ein kleiner Geldbetrag verlangt. Am besten, man leert seine Thermoskanne und bittet: „¿Podía calentar agua para mate?“ (Könnten Sie bitte heißes Wasser für mate bringen?)

Wer mehr über mate wissen möchte, kann ein Mate-Museum besuchen – es gibt eines in Tigre und eines in Posadas.

Vegetarisch & veganisch

Reform- oder Biokost und vegetarische Restaurants findet man zwar in den großen Städten, aber außerhalb, auf dem Lande, wird es mit diesen Speisen schon schwieriger.

Auf den meisten Speisekarten finden sich auch ein paar vegetarische Gerichte, Pasta in zahlreichen Varianten ist ohnehin fast überall zu haben. Pizzerías und empanaderías (Empanada-Lokale) sind eigentlich immer eine gute Wahl – man sollte sich am besten für Empanadas mit acelga (Mangold) und choclo (Mais) entscheiden. Wen es in eine parrilla verschlagen hat, der sollte am besten frische Salate, gebackene Kartoffeln, provoleta (eine dicke Scheibe von köstlich gegrilltem Provolone-Käse) und Röstgemüse wählen.

Sin carne bedeutet „fleischlos“, und die Ansage soy vegetariano/a („Ich bin Vegetarier“) ist immer dann angebracht, wenn man einem Argentinier klar machen will, warum man eben keines dieser köstlichen argentinischen Steaks essen möchte.

Wesentlich schwerer haben es Veganer, denn für ihre Essensvorlieben gibt es hier nicht mal eine Bezeichnung. Man sollte also sichergehen, dass in der hausgemachten Pasta keine Eier verwendet wurden und das gebratene Gemüse nicht in Schmalz (grasa; manteca ist Butter) zubereitet wurde. Kreativität ist wichtig, will man als Veganer in Argentinien überleben. Tipp: In einer Unterkunft mit Küche kann man sich selbst nach Gusto etwas kochen. Viel Glück!

Tipps für Vegetarier in Buenos Aires finden sich auf Klicken Sie hier.

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