5.2    Die Rechtslage in Deutschland

Was früher das Modellflugzeug war, ist heute für Modellflieger, aber auch in zunehmendem Maße für Fotografen und Videofilmer der Multicopter geworden. Ein solches Fluggerät lässt sich relativ preiswert und auflagenfrei erwerben und kann nach dem Kauf sofort ohne Vorkenntnisse in Betrieb genommen werden. Dies ist einerseits praktisch, andererseits aber auch durchaus mit gewissen, nicht zu unterschätzenden Gefahren verbunden.

5.2.1    Rasante Verbreitung und zunehmende Gefährdung

Beim Erscheinen der 2. Auflage dieses Buches im September 2013 lagen die Verkaufszahlen von Multicoptern noch in einem durchaus überschaubaren Rahmen. Diese Fluggeräte waren zu diesem Zeitpunkt auch noch gar nicht lange für den privaten Konsumenten auf dem Markt. Seitdem sind die Absatzzahlen nahezu explosionsartig in die Höhe geschnellt. Zwar gibt es keine offiziellen Verkaufszahlen, die Deutsche Flugsicherung (DFS) spricht auf ihrer Website www.dfs.de jedoch davon, dass schätzungsweise allein im Jahr 2016 bundesweit ca. 400.000 Multicopter in Deutschland verkauft wurden, allein zu Weihnachten 2016 – so die Schätzung – sind ca. 100.000 dieser Geräte als Geschenk auf dem Gabentisch gelandet. Im Jahr 2020, so die Prognose der DFS, werden sich über 1 Million Multicopter im Eigentum von Privatpersonen befinden. In den USA schätzt die US-Luftfahrtbehörde (FAA) auf ihrer Website die Zahl der 2016 privat genutzten Multicopter auf 1,9 Millionen, für 2020 wird eine Gesamtzahl von 4,3 Millionen Multicoptern in Privatbesitz prognostiziert.

Bei diesen gigantisch anmutenden Zahlen wundert es eigentlich nicht, dass zum einen viele Menschen Angst haben, in ihrer Privatsphäre und in ihrer körperlichen Sicherheit durch Multicopter beeinträchtigt bzw. gefährdet zu werden, und dass es zum anderen auch schon zu schwerwiegenden Zwischenfällen im Flugverkehr durch leichtsinnigen und verantwortungslosen Umgang mit solchen Fluggeräten gekommen ist.

[zB]  Bereits im Jahr 2015 wurden eine Reihe von Behinderungen im Luftverkehr, verursacht durch Multicopter, von der DFS registriert, mehrere Male allein am Flughafen Leipzig-Halle. In einem Fall, von dem auch die Presse und das Internet berichteten, hatte ein verantwortungsloser Betreiber unter völliger Missachtung bestehender Kontrollzonen sein Fluggerät unmittelbar über das Flughafengelände gesteuert. Im Jahr 2016 lagen die registrierten Zwischenfälle schon bei dem Fünffachen, nämlich bei über 60 Fällen (Angabe der DFS). Dieser Anstieg wird anschaulich in Diagrammen auf der Website der DFS dargestellt, die im Übrigen eine ganze Reihe nützlicher Informationen für Betreiber von Multicoptern bereithält.

Im August 2016 kam es beispielsweise beim Landeanflug eines Airbus A321 der Lufthansa auf den Flughafen München in 1700 m Höhe (!) zu einem Beinahe-Zusammenstoß, als ein Multicopter in nur etwa 10 m Abstand an der Linienmaschine vorbeiflog. Ähnliches ereignete sich am Flughafen Warschau und in London-Heathrow in etwa gleicher Höhe bei einem Abstand von 20 m zum Verkehrsflugzeug. In allen drei genannten Fällen hat sich der Multicopter in einer nicht erlaubten Höhe befunden, da der Pilot zu seinem Flugobjekt stets Sichtkontakt haben muss. Der ADAC berichtet von immer häufigeren Gefährdungen seiner Rettungshubschrauber durch Multicopter, und bei einem Ski-Rennen in Madonna di Campiglio (Italien) wurde ein österreichischer Skiprofi nur knapp von einem herunterstürzenden Multicopter verfehlt, der zwar genehmigt geflogen ist, aber den ihm zugewiesenen Flugkorridor unzulässigerweise verlassen hatte. Den bislang schwersten und zugleich traurigsten Zwischenfall mit einem Multicopter gab es in Stourport-on-Severn (England), als der Betreiber eines Multicopters die Beherrschung über sein Flugobjekt verlor und einer der rotierenden Propeller einem 18 Monate alten Kind quer durchs Gesicht schnitt, das dabei ein Auge verloren hat.

Ich meine, dass es wichtig ist, diese Beispiele von tatsächlichen Gefährdungen und Unfällen exemplarisch zu nennen, um deutlich zu machen, dass Multicopter, die je nach Größe bis zu 100 km/h schnell werden können, alles andere als harmlose Spielzeuge sind. Experten schätzen die Gefahren von Multicoptern für den Luftverkehr mittlerweile höher ein als diejenigen, die von Vögeln verursacht werden. Jeder, der ein solches Gerät – zu welchem Zweck auch immer – nutzt, sollte sich deshalb unbedingt mit den hierfür geltenden Vorschriften genauestens vertraut machen und sein Gerät mit äußerster Umsicht und Sorgfalt steuern.

[ ! ]  Multicopter sind kein Kinderspielzeug

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass von Multicoptern eine nicht zu unterschätzende Betriebsgefahr ausgeht, ist es umso wichtiger, sich sorgfältig mit den gesetzlichen Bestimmungen vertraut zu machen.

5.2.2    Die gesetzlichen Vorschriften im Einzelnen

Die geschilderten Zwischenfälle, verbunden mit der rasant steigenden Zahl von Multicoptern, aber auch der notwendige Schutz der Privatsphäre Dritter, haben den Gesetzgeber veranlasst, sich verstärkt der Aufstellung von Vorschriften für den Betrieb solcher Fluggeräte zu widmen. Bis zum Beginn des Jahres 2017 war die Rechtssituation jedoch noch nicht ganz klar und auch nur unzureichend geregelt. Zwar gab es bereits Auflagen und Beschränkungen, diese waren jedoch nicht in einer einheitlichen Vorschrift zusammengefasst und somit für den Laien nicht übersichtlich, weshalb es auch immer wieder unterschiedliche Meinungen zu dem ein oder anderen Punkt gab, z. B. was überhaupt die maximal zulässige Flughöhe für Multicopter war.

Nun gibt es eine klare gesetzliche Regelung. Am 18.01.2017 hat das Bundeskabinett den Entwurf einer Verordnung zur Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten verabschiedet und dem Bundesrat vorgelegt. Am 10.03.2017 hat der Bundesrat dem Verordnungsentwurf zugestimmt, allerdings mit einigen Auflagen. Nach entsprechender Einarbeitung der Änderungswünsche des Bundesrates in die Verordnung ist diese am 06.04.2017 im Bundesgesetzblatt (BGBl 2017 Nr. 17) veröffentlicht worden und am 07.04.2017 in Kraft getreten.

Aus der amtlichen Begründung zu der genannten Verordnung (Bundesratsdrucksache 39/17 vom 18.01.2017) wird die Intention des Gesetzgebers deutlich: Es soll durch die gesetzlichen Regelungen insbesondere verhindert werden, dass die auflagenfrei zu erwerbenden Multicopter unkontrolliert betrieben werden können und damit ein Sicherheitsrisiko darstellen, und es soll die Privatsphäre Dritter vor unzulässigen Foto- und Filmaufnahmen aus der Luft geschützt werden.

Diese Verordnung, die Änderungen und Ergänzungen zu bereits bestehenden Gesetzen, der Luftverkehrszulassungsordnung (LuftVZO – im Wortlaut unter www.gesetze-im-internet.de/luftvzo/) und der Luftverkehrsordnung (LuftVO – im Wortlaut unter www.gesetze-im-internet.de/luftvo_2015) beinhaltet, sieht in Einzelnen folgende Regelungen vor:

Kennzeichnungspflicht | Alle Modellflugzeuge und alle sonstigen unbemannten Fluggeräte, die eine Startmasse von mehr als 0,25 kg haben, müssen gekennzeichnet sein (§ 19 Abs. 3 LuftZVO). Diese Regelung dürfte die Mehrzahl der Multicopter betreffen, insbesondere, wenn sie mit einer Kamera bestückt sind Diese Kennzeichnungspflicht verlangt, dass Name und Adresse des Eigentümers feuerfest mit einer Plakette oder auf ähnliche Weise am Flugobjekt angebracht werden. Damit ist eine Identifizierung des Eigentümers im Schadensfall möglich und es kann nicht – wie bei dem geschilderten Beinahe-Zusammenstoß am Münchener Flughafen 2016 – dazu kommen, dass die Polizei bis heute den Verursacher nicht ermitteln und dieser für sein absolut verantwortungsloses Handeln nicht zur Rechenschaft gezogen werden konnte.

Kenntnisnachweis | Ist das Abfluggewicht (der Gesetzgeber spricht von »Startmasse«) eines Multicopters größer als 2 kg, so ist ab dem 01.10.2017 ein besonderer Kenntnisnachweis erforderlich (§§ 21a Abs. 4, 21d LuftVO). Damit wird – wie vom Bundesverkehrsministerium seit Längerem geplant – so etwas wie ein »Drohnen-Führerschein« eingeführt. Grundlegende Kenntnisse in der Anwendung und der Navigation, der einschlägigen luftrechtlichen Grundlagen und der örtlichen Luftraumordnung sind in Form einer Prüfung bei einem Inhaber einer gültigen Pilotenlizenz oder vor einer vom Luftfahrtbundesamt anerkannten Stelle nachzuweisen. Außerdem ist dieser Kenntnisnachweis regelmäßig nach fünf Jahren zu wiederholen (§21d Abs. 2 LVO). Der Kenntnisnachweis kann von Personen ab Vollendung des 16. Lebensjahres erbracht werden (§ 21d Abs. 3 LuftVO). Für Mitglieder in Luftsportvereinen gilt zum Betrieb von Flugmodellen ein Mindestalter von 14 Jahren (§ 21e Abs. 2 LuftVO), da – wie sich aus der amtlichen Begründung zu der Verordnung ergibt – der Gesetzgeber hier davon ausgeht, dass die Vermittlung technischer und luftfahrtrechtlicher Kenntnisse im Rahmen der Vereinsarbeit vermittelt werden und die Vereinsmitglieder untereinander eine gewisse Selbstkontrolle ausüben. Das Erfordernis des Kenntnisnachweises gilt jedoch nicht für den Betrieb auf sogenannten Modellfluggeländen.

Erlaubnispflicht | Die neuen Regelungen beinhalten eine Reihe von erlaubnisbedürftigen Betrieben von unbemannten Luftfahrtsystemen (gewerbliche Nutzung) und Flugmodellen (nicht gewerbliche Nutzung). Der Betrieb von unbemannten Luftfahrtsystemen und Flugmodellen bedarf in folgenden Fällen einer Erlaubnis, der sogenannten Aufstiegserlaubnis:

Die Erlaubnis wird durch die Landesluftfahrtbehörden erteilt und ist kostenpflichtig, wobei der gesetzliche Gebührenrahmen für die sogenannte Aufstiegserlaubnis nach der Kostenordnung der Luftfahrtverwaltung von 30 bis 3.500 € reicht (Abschnitt IV Nr. 16a und 16b der KostenVO der Luftfahrtverwaltung).

Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass im Raum der EU, also auch in Österreich, auf dessen Rechtslage ich in Abschnitt 9.1 noch zu sprechen kommen werde, unbemannte Luftfahrzeuge mit einem Gewicht von mehr als 150 kg in die Kompetenz der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (European Aviation Safety Agency, EASA) fallen. Ich unterstelle jedoch, dass solche »Monster« wohl kaum mehr im privaten Bereich betrieben und deshalb in meinen weiteren Ausführungen auch nicht berücksichtigt werden.

Aus der Formulierung der Verordnung (§ 21a Abs. 3 LuftVO) ergibt sich, dass die Erlaubnis dann erteilt wird, und damit auch ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis besteht, wenn der beabsichtigte Betrieb von unbemannten Fluggeräten und die damit verbundene Nutzung des Luftraumes nicht zu einer Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs oder die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere nicht zu einer Verletzung der Vorschriften über den Datenschutz und den Naturschutz führen und der Schutz vor Fluglärm angemessen berücksichtigt ist. Dabei kann die zuständige Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmen, ob dem Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis weitere Unterlagen und Nachweise beigefügt werden müssen. Insbesondere kann sie verlangen, dass der Nachweis der Zustimmung des Grundstückseigentümers zum Aufstieg des Fluggeräts auf seinem Grundstück erbracht wird, dass ein Gutachten eines Sachverständigen über die Eignung des Geländes und des betroffenen Luftraumes eingeholt wird und dass gegebenenfalls weitere, fachspezifische Bewertungen oder Gutachten, insbesondere zum Natur- und Lärmschutz, vorgelegt werden, sofern dies im Einzelfall erforderlich ist (§ 20 Abs. 5 Nr. 1-3 LuftVO).

Macht die zuständige Behörde die Erlaubnis von solchen Auflagen abhängig, so ist leicht auszurechnen, dass dann das Erlaubnisverfahren mit erheblichen Kosten für den Betreiber des Fluggeräts verbunden sein wird. Dies scheint mir auch gewollt zu sein, denn es scheint so, als ob der Gesetzgeber für Privatpersonen, die einen Multicopter von mehr als 5 kg Startmasse (Startgewicht) aufsteigen lassen möchten, bewusst hohe Gesetzeshürden setzen möchte. Dies ist jedoch nur meine derzeitige Einschätzung, erst die Praxis wird zeigen, wie die zuständigen Behörden mit der Erlaubniserteilung an Privatpersonen umgehen und welche Kosten hierfür anfallen werden.

Gewerbliche Nutzer von Multicoptern, wozu natürlich auch diejenigen gehören, die Fotos oder Filme zum Zwecke des Verkaufs mit dem Multicopter herstellen, benötigen nach den neuen Regelungen für den Betrieb von unbemannten Luftfahrtsystemen unterhalb von einer Startmasse von 5 kg grundsätzlich keine Erlaubnis mehr, was bis zum Inkrafttreten der Verordnung noch der Fall gewesen ist.

Keinen Hinweis enthalten die neuen Vorschriften, wie lange eine erteilte Aufstiegserlaubnis Gültigkeit haben wird. Möglicherweise wird dies erst später durch entsprechende Durchführungsverordnungen geregelt werden, oder aber – was ich für wahrscheinlicher halte – dies wird grundsätzlich in der Regelungskompetenz der jeweiligen Genehmigungsbehörden bzw. Bundesländern liegen. Bislang wird eine allgemeine Aufstiegserlaubnis auf zwei Jahre befristet und gilt nur in dem jeweiligen Bundesland, in dem sie beantragt und erteilt wurde. Wer also beispielsweise in Nordrhein-Westfalen eine Aufstiegserlaubnis erhalten hat, darf seinen Multicopter nicht ohne Weiteres auch in anderen Bundesländern aufsteigen lassen!

Betriebsverbote | Die Verordnung enthält neben den genannten Regelungen eine ganze Reihe von Betriebsverboten, die von jedem Piloten eines Multicopters (das Gesetz spricht sprachlich etwas unschön vom »Steuerer«) auch im eigenen Interesse wegen der Gefahr gegebenenfalls drastischer Bußgelder bei Verstoß unbedingt und strikt beachtet werden sollten. Diese Verbote sind im Einzelnen in § 21b LuftVO geregelt. Danach darf – wie bisher schon – ein unbemanntes Fluggerät keinesfalls außer Sichtweite des Piloten betrieben werden, und zwar gleichgültig, welche- Startmasse das Fluggerät hat. Daneben gibt es eine Reihe von Bereichen, in denen – ebenfalls unabhängig von der Startmasse – ein Multicopter nicht betrieben werden darf, und zwar, sofern nicht im Einzelfall eine ausdrückliche Zustimmung erteilt wurde:

Die Kontrollzonen für die internationalen deutschen Verkehrsflughäfen sind unterschiedlich. Sie werden von der DFS festgelegt und sind für jeden Flughafen anders geregelt. Man kann sich, um im Einzelfall eine Beurteilung vornehmen zu können, auf dem AIS-Portal der DFS (www.dfs-ais.de) anmelden und dort die jeweiligen Karten für die einzelnen Flughäfen kostenlos nutzen.

Soweit in der Verordnung das Verbot des Überfluges von Menschenansammlungen erwähnt wird, stellt sich natürlich die Frage, ab wie vielen Personen überhaupt eine Menschenansammlung vorliegt. In der Begründung zur Drucksache 39/17 vom 18.01.2017 heißt es hierzu:

»Im Rahmen einer Arbeitsgruppe haben sich Bund und Länder darauf verständigt, dass unter dem Begriff der Menschenansammlung eine räumlich vereinigte Vielzahl von Menschen zu verstehen ist, d. h. eine so große Personenmehrheit, dass ihre Zahl nicht sofort überschaubar ist und es auf das Hinzukommen oder Weggehen eines Einzelnen nicht mehr ankommt. Bei einer Anzahl von zwölf Personen ist regelmäßig von einer solchen Menschenansammlung auszugehen.«

[+]  Menschenansammlung ab zwölf Personen

Eine Menschenansammlung liegt regelmäßig dann vor, wenn zwölf Personen und mehr räumlich vereint sind.

Die neue Verordnung sieht zwar auch vor, dass Ausnahmegenehmigungen von den genannten Verboten im Einzelfall von den zuständigen Behörden erteilt werden können, allerdings nur insoweit, als der Betrieb keine Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs oder die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere keine Verletzung der Vorschriften über den Datenschutz und den Naturschutz darstellt, und soweit auch der Schutz vor Fluglärm angemessen berücksichtigt ist. Dies ist jeweils eine Einzelfallentscheidung, die im Ermessen der jeweiligen Behörde liegt und von der angenommen werden darf, dass sie möglicherweise mit durchaus spürbaren Gebühren verbunden sein und auch restriktiv gehandhabt werden wird.

[ ! ]  Multicopter haben keine Vorfahrt!

Es sei auch noch erwähnt, dass unbemannte Luftfahrtsysteme und Flugmodelle verpflichtet sind, bemannten Luftfahrzeugen und unbemannten Freiballons auszuweichen (§ 21f LuftVO)! Multicopter haben also keine Vorfahrt bzw. keinen Vorflug!

Mit diesen Betriebsverboten will der Gesetzgeber der bislang weitgehenden »Wildfliegerei«, die – wie die eingangs genannten Beispiele zeigen – zum Teil mit unkontrollierbaren Flughöhen einhergingen, ein Ende bereiten. Damit werden die Einsatzmöglichkeiten von Multicoptern spürbar eingeschränkt. Es sei – ich möchte es nochmals betonen – auch jedem dringend geraten, sich an diese Einschränkungen und Verbote zu halten, wobei es sehr wichtig ist, sich auch über gegebenenfalls zusätzlich geltende örtliche Besonderheiten und mögliche spezifische Regelungen im jeweiligen Bundesland zu erkundigen, die ebenfalls zu beachten sind. Eine gründliche Information über alle rechtlichen Auflagen und Beschränkungen beim Betreiben von Multicoptern ist auch im Eigeninteresse des Betreibers dringend geboten, denn Verstöße gegen die Vorschriften der Luftverkehrsbestimmungen können sehr teuer werden. Auch wenn im Normalfall bei Privatpersonen vermutlich mit niedrigeren Bußgeldern, vor allem bei »Ersttätern« zu rechnen ist, sieht das Luftverkehrsgesetz Bußgelder von bis zu 50.000 € vor. Aber schon ein deutlich geringeres Bußgeld dürfte wohl ein ganz erhebliches Loch in die Haushalts- oder Hobbykasse reißen.

Nachträgliche Auflagen des Bundesrates | Wie oben bereits angesprochen, hat der Bundesrat der Verordnung nur mit einigen Auflagen, zugestimmt.

Dabei hat der Bundesrat vor allem die starken Proteste der Modellflieger erhört, die sich gegen die strikte Flughöhenbegrenzung von 100 m gerichtet haben, und gefordert, die maximale Flughöhe nicht pauschal auf 100 m zu beschränken, weil dies für bestimmte Hobbyflugsparten einem Quasiverbot gleichkomme. Modellflieger sollen auch dann außerhalb von Modellflugplätzen höher als 100 m fliegen dürfen, wenn die Piloten einen Kenntnisnachweis erbringen können oder im Besitz einer gültigen Erlaubnis als Flugzeugführer sind. Für Fotografen und Filmer mit Multicoptern hat diese Relativierung allerdings keine Bedeutung, da Multicopter von dieser Ausnahmeregelung ausdrücklich ausgenommen sind.

Bei den Betriebsverboten in § 21b LuftVO forderte der Bundesrat, dass auch über und in einem seitlichen Abstand von 100 m von Krankenhäusern ein Flugverbot besteht, um Kollisionen mit Rettungshubschraubern zu vermeiden. Krankenhäuser waren bisher in der Verordnung nicht genannt.

Die Länder haben im Bundesrat die Entschließung gefasst, die Verordnung alle zwei Jahre zu evaluieren, da es beim Einsatz der Multicoptertechnologie noch viele ungelöste Herausforderungen und offene Fragen gebe. Dies stellt sicher, dass die Gesetzgebung mit der technologischen Entwicklung Schritt hält und relativ zügig auf noch ungeklärte Probleme reagieren kann.

Schließlich hat der Bundesrat gefordert, dass über Naturschutzgebieten auch dann ein Flugverbot besteht, wenn es keine entsprechende landesrechtliche Regelung gibt. Der Entwurf der Verordnung hatte noch vorgesehen, dass das Betriebsverbot über Naturschutzgebieten gemäß § 21b LuftVO nur insoweit gilt, als nicht nach landesrechtlichen Vorschriften etwas Abweichendes geregelt ist.

5.2.3    Auswirkungen der gesetzlichen Neuerungen auf die Praxis

Wie wirken sich die dargestellten Regelungen und Betriebsverbote in der Praxis für Fotografen und Filmer aus?

Jeder Betreiber sollte in jedem Fall zunächst einmal seinen betriebsbereiten Multicopter exakt wiegen, um genau zu wissen, welche Startmasse er hat, einschließlich der daran montierten Kamera. Es gibt sowohl Multicopter mit eingebauter Kamera, die in vielen Fällen deutlich unter 5 kg wiegen, als auch solche, an die man seine möglicherweise schon vorhandene Systemkamera anbringen kann. In diesem Fall ist es durchaus möglich, dass durch das Eigengewicht der Kamera die Startmasse von 5 kg schnell erreicht oder sogar übertroffen wird, was bedeutet, dass man dann grundsätzlich eine Aufstiegserlaubnis braucht.

Insbesondere die Beachtung von Flugkontrollzonen führt dazu, dass man beim Überfliegen von Städten größte Vorsicht walten lassen muss. Flugkontrollzonen sind die Zonen rund um einen Verkehrsflughafen, die von der Flugsicherung kontrolliert werden. Wer einen Multicopter starten lassen möchte und deshalb konkret wissen muss, wo genau Flugkontrollzonen in Deutschland liegen, sei auf die Website der Deutschen Flugsicherung (www.dfs.de) verwiesen, wo man nähere Informationen über die von der DFS betreuten Flughäfen findet, ebenso wie entsprechende Ausschnitte von Karten der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (International Civil Aviation Organization, ICAO – suchen Sie nach »ICAO-Karten«) sowie weitere wertvolle Hinweise zum Thema. All dies im Einzelnen darzustellen, würde den Rahmen dieses Buches bei Weitem sprengen. Aber schaut man sich auf der Website der DFS beispielsweise nur einmal die Kontrollzone für den Großraum Frankfurt auf dem Ausschnitt der ICAO-Karte an, so kann man unschwer erkennen, dass in diesem Bereich weiträumig nicht geflogen werden darf.

Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass es unbedingt erforderlich ist, sich auch über die jeweils örtlich geltenden Regelungen zu informieren, die von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sein können. Denn neben den vorgenannten Flugkontrollzonen gibt es Flugverbotszonen, die nicht unbedingt etwas mit den Flugkontrollzonen zu tun haben. So können beispielsweise Bundeslander und Städte Verordnungen erlassen, nach denen es verboten ist, in bestimmten Gebieten mit Multicoptern zu fliegen. Es gibt Bundesländer mit strengeren Regeln, wie zum Beispiel Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Bremen, Hamburg und Berlin, sowie Bundesländer, in denen weniger strenge Regeln gelten. So besteht beispielsweise für das Stadtgebiet von Hamburg grundsätzlich ein Flugverbot für Multicopter, in Berlin sind ebenfalls weite Stadtgebiete für Multicopter generell gesperrt. Ähnliches gilt für viele andere Großstädte wie Köln, Dresden, Düsseldorf und Leipzig, um nur einige zu nennen. Auch dort gibt es starke bis sehr starke Einschränkungen für Flüge von Multicoptern. Hier ist es also dringend geboten, sich im Vorfeld eines Fluges genaue Informationen zu besorgen! Auch angesichts dieser lokalen Unterschiede können im Rahmen des Buches verständlicherweise nicht alle in Deutschland geltenden Regelungen dargestellt werden.

Auch beim Flug über unbewohnte Landschaften muss man sich vorher informieren, ob es sich bei dem Gebiet, das überflogen werden soll, nicht möglicherweise um ein Naturschutzgebiet handelt, da auch hier, wie bereits erwähnt, Flüge grundsätzlich verboten sind, um vor allem die Tiere, insbesondere brütende Vögel, zu schützen.

Die Einschränkung, dass Multicopter nur in Sichtweite des Piloten betrieben werden dürfen, wirft natürlich die Frage auf, wie hoch und wie weit konkret man denn sein Fluggerät überhaupt fliegen lassen darf.

Die Verordnung regelt dies in § 21b Abs. 1 Nr. 8 LuftVO. Dort heißt es – wie schon bei den Betriebsverboten erwähnt –, dass der Betrieb in Flughöhen über 100 m über Grund verboten ist. In der amtlichen Begründung zu der Verordnung findet sich auch ein Hinweis, warum diese Höhe festgelegt worden ist. Denn es wird dort ausgeführt, dass durch die Bestimmung einer maximalen Flughöhe von 100 m in § 21b Abs. 1 Nr. 8 LuftVO der Tatsache Rechnung getragen wurde, dass die übliche und international anerkannte Mindesthöhe für den bemannten Flugbetrieb nach Sichtflugregeln 150 m beträgt. Mit der bemannten Luftfahrt soll natürlich so per se jede Kollisionsgefahr ausgeschlossen werden, deshalb die Begrenzung auf 100 m in der Höhe.

Nicht geregelt ist jedoch, wie weit seitlich vom Pilot sich der Multicopter entfernen darf, um sich noch in Sichtweite zu befinden. Hier wird man allerdings auch sagen müssen, dass dafür nur schwer allgemeingültige Regelungen aufzustellen sind, da es im Einzelfall sehr von der Geländebeschaffenheit abhängt, wie weit der Pilot seinen Multicopter noch im Auge behalten kann. Ansonsten gilt die allgemeine Bestimmung in § 21b Abs. 1 Satz 2 LuftVO, wonach der Betrieb dann außerhalb der Sichtweite des Piloten erfolgt, wenn dieser das unbemannte Fluggerät ohne besondere optische Hilfsmittel nicht mehr sehen oder seine Fluglage nicht mehr eindeutig erkennen kann.

 Behalten Sie Ihren Multicopter immer im Blick! (Foto: Fotolia 104797449©Leo Lintang)

Abbildung 5.2     Behalten Sie Ihren Multicopter immer im Blick! (Foto: Fotolia 104797449©Leo Lintang)

Wichtig nochmals: Das Fluggerät muss sich grundsätzlich in Sichtweite des Piloten befinden! Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Pilot mit Videobrille fliegt, sofern dieser Betrieb unterhalb von 30 m erfolgt und entweder das Fluggerät nicht mehr als 0,25 kg wiegt oder wenn der Pilot von einer anderen Person begleitet wird, die das Fluggerät ständig in Sichtweite hat und die den Luftraum beobachtet und unmittelbar auf auftretende Gefahren hinweisen kann (§ 21b Satz 2 Nr. 1 und 2 LuftVO). Heute gibt es aber bereits Multicopter auf dem Markt, die sich über GPS programmieren lassen oder mittels Gesichtserkennung über einen sogenannten Follow-me-Modus verfügen, der bewirkt, dass der Multicopter automatisch seinem Piloten folgt, wenn dieser beispielsweise einer sportlichen Betätigung (Skiabfahrt, Wildwasserfahrt etc.) nachgeht. In diesen Fällen erfolgt der Betrieb in der Regel jedoch ohne unmittelbaren Sichtkontakt, allein schon deshalb, weil sich der Betreiber ja in erster Linie auf seinen Sport konzentriert. Ein solcher Betrieb erfolgt deshalb nicht mehr in Sichtweite und ist folglich auch nicht zulässig!

Nur der Vollständigkeit halber möchte ich anmerken, dass das Betriebsverbot außerhalb der Sichtweise für gewerbliche Nutzer aufgehoben wird. Unbemannte Flugsysteme können dann auch längere Routen vollautomatisiert fliegen, und es entfällt das Erfordernis, einzelne gewerbliche Flüge von Multicoptern über 5 kg im Vorfeld genehmigen zu lassen. Damit sollen der beispielsweise von Amazon geplanten Warenzustellung mithilfe unbemannter Fluggeräte keine Hindernisse in den Weg gelegt werden.

[ ! ]  Zusammenfassung

Grundsätzlich darf man ohne Einschränkungen über seinem eigenen Grundstück unter Beachtung der gesetzlichen Regelungen sowie über Modellfluggelände fliegen. Über allen anderen Gebieten sind gesetzliche Verbote und Einschränkungen zu beachten und vorab Erkundigungen über die örtlich geltenden besonderen Regeln einzuholen. Gewerbliche Einsätze von Multicoptern unterliegen zum Teil Sonderregelungen.

5.2.4    Weitere Einschränkungen beim Betrieb von Multicoptern

Jenseits der oben besprochenen Regelungen in der Verordnung zur Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten vom 18.01.2017 sind noch weitere rechtliche Aspekte im Zusammenhang mit dem Betreiben von Multicoptern zu beachten, wobei grundsätzlich die Ausführungen in Kapitel 2 und 3 dieses Buches zur Sach- und Personenfotografie auch für Aufnahmen mithilfe von Flugobjekten gelten.

Alkohol und Drogen | Nahezu selbstverständlich und kaum erwähnenswert, wenngleich auch gesetzlich nicht eindeutig für den Piloten eines Multicopters geregelt, ist das Postulat, dass Multicopter niemals unter Alkohol- oder Drogeneinfluss geflogen werden dürfen. In § 1 Abs. 3 LuftVO, der nach meiner Meinung auf den Piloten eines Multicopters entsprechend anwendbar sein dürfte, gerade weil auch vom Multicopter eine nicht unerhebliche Betriebsgefahr ausgeht, heißt es: Derjenige, der infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel oder infolge geistiger oder körperlicher Mängel in der Wahrnehmung der Aufgaben als Führer eines Luftfahrzeugs behindert ist, darf kein Luftfahrzeug führen. Eine Promillegrenze wie bei Führen von Kraftfahrzeugen auf der Straße ist jedoch gesetzlich nicht normiert. Das OLG Frankfurt hat in einem Urteil, bei dem es allerdings um einen Piloten einer Verkehrsmaschine ging, geurteilt, dass es grobfahrlässig ist, mit 0,65 Promille ein Flugzeug zu steuern. Ob die Rechtsprechung auch eine bestimmte Promillegrenze für Multicoperpiloten festsetzen wird, bleibt abzuwarten, diesbezüglich gibt es noch kein Urteil. Ich persönlich habe auch meine Zweifel, ob hier eine feste Promillegrenze überhaupt praktikabel ist. Am besten bleibt man aber auch beim Betrieb von Multicoptern einfach nüchtern, zur Sicherheit anderer und zur Minimierung des eigenen Haftungsrisikos.

Hausrecht, Privatsphäre und Datenschutz | Es versteht sich von selbst, dass alle Aspekte, die in Kapitel 3, »Menschen«, im Zusammenhang mit der Fotografie von Personen ausführlich erörtert wurden, nämlich die Persönlichkeitsrechte und die Privatsphäre Dritter, strikt zu respektieren sind. Ein Flug eines Multicopters über die Terrasse des Nachbarn oder an dessen Fenster vorbei, mag für den einen oder anderen vielleicht spaßig und ein toller Gag sein, für den betroffenen Nachbarn ist es das sicher nicht, und so etwas ist natürlich ohne Einwilligung des Nachbarn ausnahmslos verboten.

Nach § 905 BGB gehört der Luftraum über dem Grundstück (sowie der Boden unter der Erdoberfläche) zum Grundstück und unterliegt dem alleinigen Verfügungs- und Hausrecht des jeweiligen Eigentümers, so dass hier neben dem Persönlichkeitsrecht auch das Hausrecht des Nachbarn greift (den Wortlaut des Paragrafen im Bürgerlichen Gesetzbuch finden Sie unter www.gesetze-im-internet.de/bgb). Der Eigentümer kann nur solche Einwirkungen nicht verbieten, die in solcher Höhe und Tiefe vorgenommen werden, dass er an der Ausschließung kein Interesse hat, zum Beispiel beim Überfliegen eines Verkehrsflugzeugs oder bei staatlichen Vorrechten, wie zum Beispiel niedrig fliegenden Rettungs- und Polizeihubschraubern oder dergleichen. Ob darunter auch der Überflug mit einem Multicopter fällt, wurde von der Rechtsprechung – soweit erkennbar – noch nicht entschieden. Jedenfalls muss dann der Multicopter aber in einer solchen Höhe fliegen, dass für den Grundstückseigentümer kein objektives Interesse an einem Überflugverbot über sein Grundstück besteht, und dies dürfte meist zum Konflikt mit der maximal zulässigen Flughöhe von 100 m führen. Auch hier ist es, wie in vielen anderen Fällen deshalb grundsätzlich geraten, zu fragen und die Einwilligung einzuholen, wenn man auf der sicheren Seite sein will.

Es kommt ein weiterer Aspekt hinzu, der sich aus der Anwendung der Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG – siehe unter www.gesetze-im-internet.de/bdsg_1990) ergibt: Fotografiert oder filmt man mit der Bordkamera eines Multicopters, so erhebt man Daten gemäß § 4 BDSG. Nach dieser Vorschrift ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig, soweit das BDSG oder eine andere Vorschrift dies zulässt oder der Betroffene eingewilligt hat. Ohne Einwilligung dürfen Daten jedoch nur erhoben werden, wenn eine Rechtsvorschrift dies vorsieht oder zwingend voraussetzt. Daten dürfen ferner auch erhoben werden, wenn eine zu erfüllende Verwaltungsaufgabe ihrer Art nach oder der Geschäftszweck eine Erhebung bei anderen Personen oder Stellen erforderlich macht. Schließlich ist eine Erhebung dann gestattet, wenn sie beim Betroffenen einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und dabei keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden. In § 6b BDSG wird ergänzend die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) geregelt. Eine solche ist grundsätzlich nur zulässig, soweit sie zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen, zur Wahrnehmung des Hausrechts oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.

Da dies alles auf Multicopter, die privat betrieben werden, nicht zutreffen dürfte, bedeuten die gesetzlichen Vorschriften im Klartext, dass der Pilot eines Multicopters im Rahmen der verbotenen Datenerhebung nicht nur Personen nicht fotografieren oder filmen darf, sondern auch nicht solche Gegenstände, die Rückschlüsse auf (eine) bestimmte Person(en) zulassen. Dies gilt beispielsweise für Kraftfahrzeugkennzeichen, Gebäude oder ähnliche Merkmale, die eine eindeutige Zuordnung zum jeweiligen Besitzer zulassen. Für eine gezielte Überwachung oder Beobachtung bestimmter Personen und ihres privaten Umfeldes darf ein Multicopter somit keinesfalls eingesetzt werden!

Nun könnte man den formalen Einwand erheben, dass für die Datenerhebung zum rein privaten Gebrauch das BDSG keine Anwendung findet. Dies ist zwar grundsätzlich richtig, jedoch hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden (Urteil vom 11.12.2014 – C-212/13), dass die Beobachtung des öffentlichen Raumes durch Privatpersonen nicht mehr in den privaten Bereich fällt, womit gleichzeitig feststeht, dass auch Privatpersonen, die mit einem Multicopter fotografieren oder filmen die Bestimmungen des BDSG einzuhalten haben. Denn hier werden stets die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen überwiegen.

Vorschriften des Urheberrechts | Auch dort, wo das Fliegen grundsätzlich zulässig ist, sind auch die urheberrechtlichen Vorschriften beim Fotografieren oder Filmen von Sachen mittels Multicopter zu beachten, insbesondere ein Urheberrecht an Gebäuden oder anderen Gegenständen. Denn die Panoramafreiheit (siehe Abschnitt 2.2.4) findet bei Aufnahmen aus der Luft schon vom Gesetzeswortlaut her keine Anwendung, da das Erfordernis, dass die Aufnahmen von öffentlichem Grund aus ohne Hilfsmittel gemacht werden müssen, erkennbar nicht erfüllt ist. Wer also ein Gebäude aus der Luft filmen möchte, muss, sofern es sich nicht um ein historisches Gebäude handelt, für das die Schutzrechte bereits abgelaufen sind (siehe Abschnitt 1.1.10, »Dauer des Urheberrechts und Schutzfristen«), den Architekten des Gebäudes um Einwilligung bitten.

Haftung  und Versicherung | Grundsätzlich haftet der Betreiber eines Multicopters für alle Schäden, die durch seinen Multicopter verursacht werden, etwa wenn er aus technischen Gründen abstürzt oder außer Kontrolle gerät und damit Dritten einen Schaden zufügt, und zwar, dies sei ausdrücklich betont, gleichgültig, ob den Betreiber ein Verschulden trifft oder nicht. Denn es handelt sich um eine sogenannte Gefährdungshaftung, die allein dadurch entsteht, dass ein Gerät betrieben wird, von dem durch seinen Betrieb ein nicht unerhebliches Gefährdungspotenzial ausgeht. Dies ist sicherlich auch richtig, denn man stelle sich folgende Absurdität vor: Ein Multicopter stürzt ab, ein Mensch wird schwer verletzt und der Betreiber des Multicopters könnte sich dadurch entlasten, dass er einwendet, er habe sein Fluggerät vor dem Start geprüft, alles sei in Ordnung gewesen, und für den während des Fluges entstandenen Defekt könne er schließlich nichts, und am Ende reguliert niemand den Schaden des Betroffenen. Jeder wird sich nun auch ausrechnen können, dass je nach Einzelfall Ansprüche auf Schadensersatz gestellt werden können, die sehr schnell die eigenen finanziellen Mittel übersteigen werden. In extremen Fällen, beispielsweise bei Verletzungen Dritter oder aber auch beim Verstoß gegen die Versicherungspflicht, drohen auch strafrechtliche Konsequenzen, wobei es dagegen natürlich überhaupt keine Versicherung gibt.

Deshalb stellt sich die Frage, ob man sich gegen Fremdschäden, die mit dem Multicopter verursacht werden, versichern kann oder vielleicht sogar muss. Um es vorwegzunehmen: Eine Versicherung für Betreiber von unbemannten Flugobjekten, gleichgültig, ob gewerblich oder privat genutzt, ist bereits seit dem Jahr 2005 Pflicht. Nach § 43 Abs. 2 LuftVG müssen alle Luftfahrzeuge versichert werden. Jeder, der ein solches Luftfahrzeug starten lässt, muss im Vorfeld eine Versicherung abgeschlossen haben und dies auf Verlangen auch nachweisen können. Entweder man versichert sich selbst oder tritt einem Modellflugverband bei, wo mit der Mitgliedschaft zumeist auch eine Versicherung im Rahmen sogenannter Gruppenversicherungen erworben werden kann.

Für diejenigen, die sich selbst versichern, stellt sich als Nächstes die Frage, ob Schäden, die durch den Betrieb von Multicoptern verursacht werden, von einer möglicherweise bereits bestehenden Haftpflichtversicherung abgedeckt werden. Dies ist in aller Regel nicht der Fall! Lediglich Modellflugzeuge ohne Motor sind vereinzelt, aber auch nicht grundsätzlich, in den Deckungsumfang von Haftpflichtversicherungen einbezogen. Von solchen Fluggeräten ist hier jedoch nicht die Rede. Schäden, die mit Multicoptern verursacht werden, sind dagegen standardmäßig vom Umfang einer normalen Haftpflichtversicherung ausgeschlossen. Allenfalls besteht die Möglichkeit, eine entsprechende Zusatzversicherung zur bestehenden Haftpflichtversicherung abzuschließen. Ob dies tatsächlich möglich und auch hinsichtlich der dafür fälligen Prämien finanziell interessant ist, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Dies muss jeder, der einen Multicopter betreibt oder betreiben möchte, mit seiner Versicherungsgesellschaft selbst abklären.

[ ! ]  Haftpflichtversicherung deckt den Schaden nicht!

Schäden, die mit dem Betrieb eines Multicopters verursacht werden, sind von der privaten Haftpflichtversicherung nicht gedeckt!

Mittlerweile haben sich die Versicherungsgesellschaften jedoch dem insoweit veränderten Markt angepasst und bieten spezielle Versicherungen für den Betrieb von Multicoptern, auch im privaten Bereich, an. Die Prämien hängen davon ab, welche Tarifvarianten im Einzelfall gewählt werden. Es gibt teilweise erhebliche Unterschiede im Leistungsangebot der Versicherer und bei den Prämien, je nachdem, welche Startmasse der Multicopter hat, ob er gewerblich oder privat genutzt wird, wie hoch die Deckungssumme gewählt wird, ob Dritte das Flugobjekt ebenfalls benutzen, ob Foto- oder Videoflüge, Flüge bei öffentlichen Veranstaltungen und Flugwettbewerben, Indoor-Flüge etc. mitversichert werden sollen. Außerdem hängt die Prämienhöhe davon ab, ob eine Selbstbeteiligung im Schadensfall vereinbart wird. Hier muss ein Betreiber für sich zunächst entscheiden, was er versichern möchte oder muss, und dann die entsprechenden Angebote verschiedener Versicherer miteinander vergleichen, wozu das Internet eine recht gute erste Informationsquelle ist. Allgemein kann man sagen, dass für den privaten Bereich Versicherungen zu einem Jahresbetrag ab ca. 80 € auf dem Markt angeboten werden, für gewerbliche Nutzung muss man schnell das Doppelte und mehr einkalkulieren.

5.2.5    Fazit

Auch wenn Ihr erster Eindruck vielleicht ein anderer ist: Die gesetzlichen Neuregelungen führen aus meiner Sicht nicht zwangsläufig dazu, dass den Hobbypiloten der Spaß an ihrem (neuen) Hobby genommen wird. Natürlich werden durch die neuen Vorschriften gewisse Hürden errichtet, je nach technischen Eigenschaften der Multicopter auch finanzieller Art. Trotz der Bemühungen des Gesetzgebers, die Flugsicherheit und den Schutz der Privatsphäre besser zu schützen, bleiben jedoch dennoch genug Raum und Möglichkeit zum Betreiben von Multicoptern in Deutschland.

 Mit Multicoptern eröffnen sich fantastische Perspektiven. Behalten Sie dabei aber immer auch den gesetzlichen Rahmen im Blick, insbesondere im Ausland. (Foto: iStockphoto 75256261 ©Harvepino)

Abbildung 5.3     Mit Multicoptern eröffnen sich fantastische Perspektiven. Behalten Sie dabei aber immer auch den gesetzlichen Rahmen im Blick, insbesondere im Ausland. (Foto: iStockphoto 75256261 ©Harvepino)

In meinen Augen darf man die Neuregelungen durchaus als ausgewogenen Ausgleich zwischen den Interessen der Piloten von Multicoptern einerseits und denjenigen Teilen der Bevölkerung andererseits ansehen, die solchen Fluggeräten – aus welchen Gründen auch immer – skeptisch oder sogar mit nicht unberechtigten Ängsten gegenüberstehen. Welche Auswirkungen die neuen gesetzlichen Regelungen auf das Hobby allerdings tatsächlich haben werden und mit welchem finanziellen Aufwand die Hobbyflieger in der Praxis zukünftig konkret rechnen müssen, muss jedoch abgewartet werden.

5.2.6    Weitere Perspektive

Ob und wie lange allerdings die nationale Regelung in Deutschland bestehen bleibt oder ob und wie sie in der Zukunft möglicherweise wieder abgeändert werden muss, kann derzeit nicht prognostiziert werden.

Hintergrund ist die Tatsache, dass die Europäische Kommission die EASA im Jahr 2015 beauftragt hat, europäische Vorschriften für unbemannte Fluggeräte zu erstellen. Ein entsprechender Vorschlag der EASA wurde sodann 2016 vorgelegt, der zum einen beinhaltet, kommerzielle und nicht kommerzielle Einsätze zu regulieren, und zum anderen vorschlägt, den Einsatz der Fluggeräte in drei Kategorien zu gliedern, eine offene Kategorie mit geringem Risiko, eine spezifische Kategorie mit mittlerem Risiko und eine zertifizierte Kategorie mit höherem Risiko.

Derzeit werden diese Vorschläge auf EU-Ebene diskutiert. Der Rat hat am 01.12.2016 eine allgemeine Ausrichtung zu den überarbeiteten gemeinsamen Sicherheitsvorschriften für die Zivilluftfahrt und ein neues Mandat für die EASA festgelegt.

Nun muss es aber erst einmal Gespräche mit dem Europäischen Parlament geben, und es ist derzeit noch überhaupt nicht absehbar, was gegebenenfalls auf gesamteuropäischer Ebene beschlossen und wann dies überhaupt der Fall sein wird. Da jedoch erfahrungsgemäß die Gesetzgebungsverfahren längere Zeit in Anspruch nehmen und für die Annahme eines Rechtsaktes die Zustimmung des Europäischen Rates und des Europäischen Parlaments erforderlich ist und dann eine etwaige Regelung auch noch in nationales Recht von den Mitgliedstaaten umzusetzen ist, dürfte es so schnell eine gesamteuropäische Regelung nach meiner Einschätzung noch nicht geben. Ich erinnere nur daran, dass schon seit Jahren über ein gesamteuropäisches Urheberrecht diskutiert wird, ohne dass auch nur ansatzweise konkrete Regelungen erkennbar sind.

Deshalb sind für Deutschland die Regelungen in der neuen Verordnung zunächst einmal das, woran sich Betreiber von Multicoptern zu orientieren haben. Alles, was darüber hinausgeht, ist derzeit spekulativ.