Kapitel 13

Wiederentdeckung der Freude

IN DIESEM KAPITEL

  • Sich rundum gut fühlen
  • Herausfinden, was Spaß macht
  • Die Spielverderber rauswerfen

Wenn Sie unter einer Depression leiden, wirkt nichts besonders ansprechend auf Sie. Das Essen schmeckt nicht besonders gut, Musik berührt Sie nicht, und auch Komödien finden Sie nicht lustig. Alles, was Ihnen bisher Spaß bereitet hat, erscheint Ihnen jetzt langweilig und uninteressant. Was können Sie unternehmen, damit Sie wieder Freude am Leben haben?

In diesem Kapitel werden wir Ihnen davon berichten, welchen überraschenden Effekt Freude auf Ihre Psyche und auf Ihren Körper hat. Außerdem helfen wir Ihnen dabei, alte Freuden wiederzuentdecken oder ein paar neue zu finden. Wir werden Ihnen erklären, warum Freude für Sie so wichtig ist. Möglicherweise glauben Sie, dass Sie keine Freude empfinden können. Doch wir zeigen Ihnen, wie Sie diese negative Vorhersage bekämpfen können.

Die Freude ernst nehmen

Wenn Sie unter einer Depression leiden, dann fällt es Ihnen schwer, Ihren Alltag zu meistern. Es fällt Ihnen sogar schwer, überhaupt aus dem Bett zu kommen. Spaß zu haben, scheint in dieser Situation für Sie unerreichbar.

Trotzdem empfehlen wir Ihnen, sich ernsthaft mit der Freude am Leben zu beschäftigen. Warum? Weil Freude Ihre Stimmung verbessert. Anfangs ist die Verbesserung vielleicht nur kurzzeitig, doch mit der Zeit helfen Ihnen angenehme Aktivitäten dabei, Ihre Depression zu überwinden.

Die richtige Balance finden

Manche Menschen haben Glück, weil ihnen ihre Arbeit Freude macht. Einige sind so zufrieden damit, dass sie sich nur selten frei nehmen, um Zeit mit ihren Familien zu verbringen oder sich selbst etwas Besonderes zu gönnen. Die meisten Menschen haben jedoch ständig damit zu kämpfen, ihre Arbeit gut genug zu erledigen und gleichzeitig ein ausgeglichenes Familienleben zu führen. Studien zeigen, dass dies besonders bei Familien mit Kindern schwierig ist, bei denen beide Elternteile arbeiten. Wir geben Ihnen einige Tipps an die Hand, wenn Sie die richtige Balance im Leben finden wollen:

  • Setzen Sie sich ein realistisches Tagespensum.
  • Schieben Sie möglichst nichts auf die lange Bank und verschwenden Sie keine Zeit mit nutzlosem Klatsch und Tratsch.
  • Sprechen Sie ehrlich an, wenn Sie zusätzliche freie Zeit brauchen; die meisten Chefs sind da flexibel.
  • Schalten Sie zu Hause ab und zu Ihre Kommunikationsgeräte ab.
  • Halten Sie sich an einen Plan, der Ihnen auch Zeit für Entspannung gibt.
  • Überfrachten Sie sich und Ihre Familie nicht mit Terminen.
  • Halten Sie sich mit gutem Essen und Sport so gesund wie möglich.
  • Finden Sie etwas, das der ganzen Familie Freude macht, und tun Sie es dann auch!

images Wir wissen auch, dass der Alltag manchmal so geschäftig sein kann, dass man einfach nicht alles erledigen kann. Bemühen Sie sich, Ihr Leben so einfach wie möglich zu gestalten. Sie und Ihre Familie verdienen es, glücklich zu sein.

Das Bedürfnis nach Freude verstehen

Freude verspricht zusätzlich zu den positiven Auswirkungen auf Ihre Psyche auch einen Nutzen für Ihren Körper. Sie kann …

  • chronische Schmerzen lindern.
  • das Risiko für einen Herzinfarkt senken.
  • die gesamte Gesundheit verbessern.
  • das Immunsystem stärken.
  • die Lebenserwartung erhöhen.

Freude senkt auch den Alltagsstress. Menschen, die etwas unternehmen, das ihnen Freude bereitet, sind glücklicher, entspannter und gelassener.

Eine Liste erstellen und doppelt checken

Während einer Depression können Sie sich vermutlich nicht einmal daran erinnern, wie sich Freude anfühlt. Es erscheint Ihnen sicherlich auch unvorstellbar schwierig, eine Liste mit Aktivitäten zusammenzustellen, die Ihnen Freude bereiten. Machen Sie sich keine Sorgen, wir helfen Ihnen dabei.

Falls Sie unter einer Depression leiden, sollten Sie sich unbedingt die Listen in diesem Kapitel anschauen, in denen Aktivitäten aufgezählt werden, die Freude bereiten. Sicherlich werden Sie nicht alle Vorschläge ansprechen. Wir empfehlen Ihnen, jeden Punkt, den Sie momentan oder früher unterhaltsam fanden, einzukreisen oder farbig zu markieren. Denken Sie dann darüber nach, welchen dieser Punkte Sie umsetzen könnten. Es wäre beispielsweise keine gute Wahl, sich für Sex zu entscheiden, wenn Sie momentan allein leben und keinen geeigneten Partner haben. Versuchen Sie, so viele Punkte aus den Listen wie möglich umzusetzen.

images Die folgende Liste enthält die Ergebnisse einer internationalen Studie, in der Erwachsene beantworteten, was ihnen Vergnügen bereitet. Die Studie ergab, dass einfache Dinge häufig am meisten genossen wurden. Dazu gehörten:

  • Einen Tee oder Kaffee trinken
  • Schokolade essen
  • Sich mit Freunden treffen
  • Sport
  • Essen gehen
  • Sex
  • Mit den Kindern spielen
  • Lesen
  • Einkaufen
  • Zeit mit der Familie verbringen
  • Musik hören

Wenn Sie jemals in einer französischen Bäckerei waren, wird es Sie nicht überraschen, dass die Franzosen eine Vorliebe für Gebäck haben. Bei den Italienern rangiert Sex ganz oben auf der Liste und die Briten genießen es, Tee zu trinken.

images Vielleicht trifft die obige Liste nicht Ihre Interessen. Denken Sie daran, dass es noch viele andere Möglichkeiten gibt, sich Freude zu bereiten. Dazu gehören:

  • Gut kochen
  • Massiert werden
  • Die Schönheit von Natur oder Kunst betrachten
  • An einem See oder Meeresstrand sitzen
  • An frischen Blumen riechen
  • Ein Saunabesuch
  • Ein heißes Bad nehmen oder duschen

images Folgende Aktivitäten können Ihnen Freude bereiten:

  • Camping
  • Tanzen
  • Wandern oder spazieren gehen
  • Hobbys
  • Theater, Konzerte, Comedy
  • Filme
  • Sport
  • Gesellschafts- und Kartenspiele
  • Mit den Haustieren spielen
  • Bei Sportveranstaltungen zuschauen
  • Reisen und Urlaub

images Ein tolles Spiel für jeden, der über ein GPS-fähiges Gerät verfügt, ist Geocaching. Sie gehen im Prinzip auf Schatzsuche. Ein Geocache ist ein versteckter Behälter, in dem ein besonderer Gegenstand versteckt ist. Manchmal handelt es sich dabei um ein paar Münzen, einen schönen Stein oder etwas anderes Interessantes. Wenn Sie den Geocache gefunden haben, tragen Sie sich mit Namen und Datum ins Logbuch ein. Verstecken Sie ihn wieder an derselben Stelle, damit der nächste Sucher ihn finden kann. Das ist ein tolles Spiel während einer Pandemie, weil Sie es allein oder mit Ihren Mitbewohnern spielen können. (Wenn aktuelle Richtlinien oder Anordnungen es verlangen, tragen Sie bitte eine Maske.) Weitere Informationen finden Sie unter der Adresse www.geocaching.com.

Die Spielverderber bekämpfen

Wenn Sie unter einer Depression leiden, ist es häufig nicht so einfach, wieder etwas zu unternehmen, das Ihnen Freude macht. Dabei können folgende negative Reaktionen auftreten:

  • Schuldgefühle. Dazu kommt es, wenn Sie der Meinung sind, dass Freude Verschwendung, Frivolität oder Sünde bedeutet, Freude unangebracht ist und Sie sie nicht verdienen. Über diese Schuldgefühle berichten wir ausführlicher im folgenden Abschnitt.
  • Negative Voraussagen. Durch die Depression betrachten Sie die Zukunft eher düster und freudlos. Mehr dazu erfahren Sie im Abschnitt Mit dem Schlimmsten rechnen weiter hinten in diesem Kapitel.

Sie werden nicht viel erreichen, wenn Schuldgefühle und negative Vorhersagen Ihren Weg zu mehr Glück blockieren. Deshalb behandeln wir jeden dieser Spielverderber in einem extra Abschnitt.

Die Macht der Schuldgefühle brechen

Schuldgefühle können natürlich auch etwas Gutes sein. Wenn Sie einen Fehler begangen haben, sagt Ihnen Ihr Schuldgefühl, dass Sie das niemals wieder tun sollten. Schuldgefühle können Sie außerdem davor bewahren, Dinge zu tun, die entweder ungesund oder unmoralisch sind. Schuld ist ein moralischer Kompass, aber nur, wenn er richtig funktioniert.

images Wenn Sie den Kompass an einen Magneten halten, kreist die Nadel wild in alle Richtungen. In gleicher Weise beeinflussen Ihre Schuldgefühle Ihren moralischen Kompass und schicken Sie in die falsche Richtung. Schuldgefühle, die außer Kontrolle geraten sind, überhöhen stark die Bedeutsamkeit tatsächlicher oder möglicher Verstöße. Beispielsweise können zu starke Schuldgefühle schon dazu führen, dass Sie sich für unersättlich halten, wenn Sie nur einen Riegel Schokolade gegessen haben. Außerdem können Schuldgefühle Ihnen vorgaukeln, dass Sie gar keine Freude verdienen.

Starke Schuldgefühle sind ein Hauptmerkmal der Depression. Sie fühlen sich zu traurig und zu schuldig, um etwas dagegen zu unternehmen. Schuldgefühle und Depression machen es sehr schwierig, Freude zu finden, denn die Depression beraubt Sie Ihrer Energie und die Schuldgefühle sagen Ihnen, dass Sie es gar nicht verdient haben, Freude zu empfinden.

Das Bewusstsein schärfen

Es ist sehr wichtig, dass Ihnen bewusst wird, wie diese Schuldgefühle auf Sie wirken und verhindern, dass Sie etwas unternehmen, was Ihnen wieder Freude bringt. Wenn Ihnen auf Ihrem Weg zu mehr Freude Schuldgefühle in die Quere kommen, werden Ihnen folgende Gedanken vielleicht bekannt vorkommen:

  • Ich bin nicht gut genug; ich verdiene es nicht, glücklich zu sein.
  • Ich habe das Gefühl, dass Freude nur verschwendete Zeit ist.
  • Wenn ich mich selbst nur genug unter Druck setze, kann ich mich bestimmt motivieren, etwas Sinnvolles zu tun.
  • Ich hätte es anders machen sollen (es gibt bestimmt Tausend Varianten von diesem Gedanken).
  • Ich bin nur ein Verlierer; Freude ist etwas für Gewinner.

Solche Gedanken lösen starke Schuldgefühle aus. Doch wie können Sie beurteilen, ob Ihr moralischer Kompass gut funktioniert oder gänzlich außer Kontrolle geraten ist? Es ist nicht schwierig, die Art der Schuldgefühle, die Sie empfinden, zu bestimmen.

images Schuldgefühle sind nur dann angemessen und berechtigt, wenn sie auf ein Ereignis folgen, bei dem Sie sich selbst oder anderen vorsätzlich Leid zugefügt haben. Berechtigte Schuld ist zeitlich begrenzt. Wenn Sie an Ihren Schuldgefühlen festhalten, führt das nur dazu, dass Sie in unproduktives Grübeln verfallen und sich selbst quälen.

Fragen Sie sich selbst, ob die Schuldgefühle tatsächlich ein bewusst bösartiges Verhalten reflektieren. Wenn das so ist, wird ein kurzzeitiges Schuldgefühl dafür sorgen, dass Sie in Zukunft rechtzeitig die Notbremse ziehen können. Doch bevor Sie zu diesem Schluss kommen, sollten Sie sich noch folgende Fragen stellen:

  • Diente meine Tat in erster Linie dazu, mir selbst zu schaden?
  • Ist es möglich, dass ein wenig Freude doch eher gut als schlecht ist?
  • Ist es möglich, dass ich übertreibe?
  • Beschuldige ich mich für etwas, das viele Ursachen hat?
  • Beschimpfe ich mich für ein paar völlig menschliche Fehler?
  • Wo steht geschrieben, dass ich anders handeln sollte?

Anhand des folgenden Beispiels können Sie sehen, wie Sie diese Fragen anwenden können. Connie arbeitete als Krankenschwester in einer Klinik. Der Arbeitsstress und die langen Arbeitszeiten belasteten sie. Der Personalmangel führte dazu, dass sie regelmäßig Extraschichten arbeiten musste. Sie hatte wenig Zeit, etwas Schönes zu unternehmen. Ihre Erschöpfung und Einsamkeit führten sie geradewegs in eine Depression.

Einige Kollegen bemerkten Connies veränderte Stimmung. Sie rieten Connie, sich ab und zu etwas zu gönnen. Ihre Empfehlungen waren:

  • Schokolade essen,
  • etwas Schönes einkaufen,
  • sich massieren lassen,
  • eine Komödie anschauen.

Als Connie diese Möglichkeiten, etwas Freude zu haben, betrachtete, schossen ihr sofort einige negative Gedanken durch den Kopf. Sie dachte: »Toll, ich wiege schon jetzt fünf Kilo zu viel. Wie dick soll ich werden, wenn ich jeden Tag Schokolade esse? Außerdem fühle ich mich schrecklich schuldig, wenn ich mein hart verdientes Geld für eine Massage oder einen unnötigen Einkauf ausgebe. Massagen sind etwas für Reiche. Bleibt also nur, mir eine Komödie anzuschauen. In meiner Verfassung? Das mag ich bestimmt nicht.«

Connie fühlte sich schon im Voraus dafür schuldig, sich ein paar kleine Freuden zu machen. Nachdem sie die Fragen beantwortet hat, die wir zu Beginn dieses Abschnitts aufgezählt haben, fühlte sie sich anders:

  • Diente meine Tat in erster Linie dazu, mir selbst zu schaden? Connies Antwort: »Ich habe es bis jetzt ja noch nicht einmal getan. Doch mein Ziel ist es, mir eine Freude zu bereiten, und nicht, mir zu schaden.«
  • Ist es möglich, dass ein wenig Freude doch eher gut als schlecht ist? Connies Antwort: »Ich glaube, ich gönne mir selten etwas. Was ist so schlimm an ein wenig Freude? Ich klinge schon wie meine Mutter! Ich habe gelesen, dass Freude gut für Körper und Geist ist.«
  • Ist es möglich, dass ich übertreibe? Connies Antwort: »Ich glaube, dass ein Riegel Schokolade, ein Glas Wein oder eine Massage nicht verwerflich sind. Benjamin hat recht, wenn er empfiehlt, alles in Maßen zu genießen.«
  • Beschuldige ich mich für etwas, das viele Ursachen hat? Connies Antwort: »Mein Übergewicht hat viele Gründe – genetische Ursachen (viele meiner Verwandten sind übergewichtig), zu wenig Sport, zu viel Fast Food und vieles andere. Einige sorgfältig ausgewählte Süßigkeiten haben wenig damit zu tun.«
  • Beschimpfe ich mich für ein paar völlig menschliche Fehler? Connies Antwort: »Letztlich bin ich gut, so wie ich bin! Ich glaube, jeder hat ein paar Fehler. Fünf Kilo zu viel sind nicht das Schlimmste, was ich mir vorstellen kann.«
  • Wo steht geschrieben, dass ich anders handeln sollte? Connies Antwort: »Ich benutze sehr oft das Wort »sollte«. Es wäre wohl besser, wenn ich dieses Wort neu für mich definiere. Obwohl Ernährungsratgeber natürlich nicht empfehlen, Schokolade zu essen, erlauben sie doch kleine Schwächen und raten, keine Nahrungsmittel vollständig zu verbieten.«

Wir hoffen, dass Sie diese Fragen ernst nehmen und zu dem gleichen Ergebnis kommen wie Connie. Wir glauben, dass Sie Freude in Ihrem Leben verdienen. Sich etwas Freude zu gönnen, kann die Depression sehr wirkungsvoll bekämpfen. Sie müssen es nur zulassen.

images Wenn Sie diese Fragen beantworten und die Schuld Sie noch immer blockiert und Sie sich kein Vergnügen bereiten können, sollten Sie zu den Kapiteln 4, 6, 7 und 8 zurückkehren und mehr zum Thema Schuld lesen. Diese Schuld geht einher mit Ihrer Depression und beraubt Sie eines Menschenrechts – dem Recht, Freude zu empfinden.

Mit dem Schlimmsten rechnen

Sie wählen einige Aktivitäten aus, die Ihnen Freude bereiten. Wenn Sie Ihre Pläne dann in die Tat umsetzen wollen, bekommen Sie Angst davor. Sie sehen diese Aktivitäten plötzlich als unangenehme, langweilige Aufgaben an. Die Depression hüllt Ihre Gedanken in eine düstere Wolke und macht es Ihnen unmöglich, klar zu denken.

Luca schloss sein Architekturstudium ab und fand sofort eine Arbeit in einer kleinen Firma, die ihm gut gefiel. Als die wirtschaftliche Lage sich verschlechterte, ging es auch seiner Firma nicht gut und er wurde entlassen. Zur gleichen Zeit trennte sich Luca von seiner Freundin, mit der er vier Jahre zusammen gewesen war. Verständlicherweise fühlte er sich schlecht. Er hatte keine Energie mehr und schlief sehr schlecht. Lucas Therapeut empfahl ihm, alle Aktivitäten zu notieren, die ihm in der Vergangenheit einmal Freude gemacht hatten. Er schrieb:

  • Mit Freunden zusammen sein,
  • Camping,
  • in einem Verein Sport treiben,
  • ausgehen.

Doch sofort kamen ihm negative Gedanken in den Sinn. Er nahm an, dass seine Freunde ihn langweilig finden werden, weil er so schlechter Stimmung ist. Er befürchtete eine schreckliche Zeit beim Camping und glaubte, dass er kein Geld übrig habe, um auszugehen.

images Nehmen Sie sich in acht, auch wenn Sie nur unter einer leichten Depression leiden. Ihre Vorhersagen für die Zukunft sind wahrscheinlich etwa so zuverlässig wie ein billiges Auto aus einem zwielichtigen Gebrauchtwagenhandel. Weil es Ihnen so unmöglich scheint, Freude zu empfinden, können Sie sich nicht vorstellen, dass etwas Schönes geschieht. Bleiben Sie aber am Ball und ignorieren Sie Ihren Pessimismus.

Wenn Sie es schwierig finden, Ihre düsteren Prognosen zu ignorieren, dann können Sie die finsteren Prognosen mit der Übung »Den gestörten Prognostiker feuern« bekämpfen. Nehmen Sie sich Stift und Papier zur Hand, lesen Sie die folgende Anleitung und entwerfen Sie eine Tabelle, ähnlich dem Beispiel der Tabelle 13.1. Sie werden überrascht sein, wie hilfreich diese Übung ist.

  1. Wählen Sie drei oder vier Aktivitäten aus, die Ihnen Freude bereiten.

    Sie müssen diese Aktivitäten momentan noch nicht als vergnüglich empfinden. Sie sollten Dinge wählen, die Ihnen momentan am wenigsten schrecklich erscheinen oder die Sie in der Vergangenheit sehr mochten.

    Sollte ein triftiger Grund gegen eine Aktivität sprechen (ein anderer Grund als der erwartete geringe Spaßfaktor), dann sollten Sie diese auf keinen Fall auswählen.

  2. Bewerten Sie auf einer Skala von 0 bis 10, wie viel Freude Ihnen diese Aktivität voraussichtlich machen wird.

    Wenn Sie absolut keine Freude erwarten, dann müssen Sie die Aktivität mit 0 bewerten, bei 5 glauben Sie, dass Sie mäßigen Spaß haben werden, und bei 10 erwarten Sie totale Begeisterung. Wir bezweifeln, dass während einer Depression viele Neunen oder Zehnen auf Ihrer Liste stehen werden.

  3. Die geplante Aktivität ausführen.

    Das ist der schwierige Teil der Übung. Auch wenn Sie ein Ereignis nur mit 0 oder 1 bewertet haben, versuchen Sie es trotzdem zu realisieren. Ihr Geist wird sich vielleicht mit negativen Gedanken zur Wehr setzen. Umgehen Sie diese Gedanken und legen Sie los.

  4. Nachdem Ihre Unternehmung beendet ist, bewerten Sie, wie viel Freude sie Ihnen tatsächlich bereitet hat. Fassen Sie zusätzlich Ihre Reaktion kurz in Worte.

    Wenn Sie Ihre Aktivität beendet haben, werden Sie vermutlich bemerken, dass Ihnen alles sehr viel mehr Freude bereitet hat, als Sie es im Vorfeld erwartet hatten. Die Erkenntnis, dass Ihre Voraussagen falsch waren, werden Sie dazu anspornen, jetzt mehr zu unternehmen, was Ihnen Freude macht. Und je mehr Freude Sie erleben, umso weniger depressiv werden Sie sein.

Zurück zu Luca. Er hat vier Punkte auf seiner Liste. Keiner wirkt zufriedenstellend auf ihn. Deshalb versucht er die Übung »Den gestörten Prognostiker feuern«. In Tabelle 13.1 sehen Sie das Ergebnis seiner Übung.

Sie sehen, dass Luca in drei von vier Fällen deutlich mehr Freude hatte als erwartet. Nur einmal war das nicht der Fall. Weniger Freude zu haben als erwartet, kann verschiedenste Gründe haben. Bei Luca ist es so, dass seine Geldsorgen durchaus realistisch sind.

Aktivität

Prognostizierte Freude

Erlebte Freude

Zeit mit Freunden verbringen

3

6 – es war überraschend schön

Camping

2

4 – es war mühevoll, aber ich habe es genossen, mal rauszukommen

Softball

3

5 – ich war ganz schön eingerostet, aber es war schön, mit den Jungs zusammen zu sein

Ausgehen

4

2 – ich fühlte mich schrecklich dabei, mein Geld auszugeben

Tabelle 13.1: Den gestörten Prognostiker feuern

Sie haben sicherlich auch bemerkt, dass Luca von keiner Aktivität wirklich begeistert war. Das ist ganz normal, weil die Depression die Freude dämpft. Wenn Luca sich solche Aktivitäten allerdings weiter vornimmt, werden sie ihm mit der Zeit auch immer mehr Freude machen.

Auch Ihnen kann es gelegentlich passieren, dass Sie weniger Spaß haben als erwartet. Vielleicht fahren Sie an einem regnerischen Wochenende zelten. Doch je mehr schöne Unternehmungen Sie starten, umso höher sind Ihre Chancen, Spaß daran zu haben.

images Die Depression ist ein gefürchteter Feind. Ein wichtiger Schritt im Kampf gegen die Depression ist, wieder Freude in sein Leben zu lassen. Geben Sie dem Spaß eine Chance. Doch denken Sie daran, dass Sie dafür Zeit und Geduld benötigen.