Das Thema „Fernsehen“ spaltet die Camper-Gemeinde wie kaum ein zweites. „Fernsehgucken kann ich doch auch zu Hause. Auf dem Campingplatz brauche ich keine Glotze!“, sagen die einen, für die anderen ist ein Abend ohne TV-Unterhaltung mit Sportschau, Rosamunde-Pilcher oder „Wer wird Millionär?“-Ratesendung im Wohnmobil undenkbar. Eindeutig in der Überzahl scheint die zweite Gruppe zu sein. Gefühlt reckt sich bei mindestens zwei von drei Wohnmobilfahrern die Satellitenschüssel direkt nach der Ankunft auf dem Platz in den Himmel. Findet sich kein stabiler Empfang, wird noch vor und zurück rangiert, bis die Antenne einen freien Blick – vorbei an den störenden Bäumen – auf den Himmel hat. Spaziert man abends über einen x-beliebigen Stell- oder Campingplatz, so flimmert fast allerorten ein buntes Bild über die Mattscheibe. Natürlich gibt es über das allabendliche Unterhaltungsprogramm hinaus Gründe, sich mit dem Fernsehempfang im Wohnmobil zu beschäftigen, sei es, um sich hin und wieder mit den Nachrichten auf dem Laufenden zu halten, sich über den Wetterbericht zu informieren oder sich bei schlechtem Wetter die Zeit mit einem Spielfilm vertreiben zu können.
Die einfachste und kostengünstigste Möglichkeit, um unterwegs fernzusehen, bietet der terrestrische Empfang. Dabei werden die TV-Signale von Sendestationen am Erdboden verbreitet und es ist im Wohnmobil keine aufwendige technische Installation erforderlich. Praktisch alle aktuellen Fernseher aus dem Camping-Segment sind kompatibel mit dem DVB-T2-Standard, sodass zusätzlich lediglich eine Antenne benötigt wird. In gut versorgten Gebieten reicht schon eine kleine, passive Zimmerantenne. Damit der Fernseher im ländlichen Raum bei schwacher Abdeckung nicht schwarz bleibt, ist eine aktive Antenne, die über das Antennenkabel mit Strom versorgt wird, die bessere Alternative.
DVB-T2 ist in Deutschland inzwischen nahezu flächendeckend verfügbar. Das Fernsehsignal wird in HD-Qualität ausgestrahlt und das Angebot umfasst rund 40 Fernsehprogramme. Etwa die Hälfte davon sind öffentlich-rechtliche Rundfunkprogramme, die sich ohne Zusatzkosten empfangen lassen. Private Sender dagegen gibt es nur gegen Bezahlung (99 €/Jahr oder 7,99 €/Monat).
Durch die terrestrische Verbreitung ist die Reichweite begrenzt. Zwar gibt es DVB-T-Empfang in ganz Europa, im Ausland lassen sich aber ausschließlich lokale Sender in Landessprache empfangen und man muss auf die aus der Heimat vertrauten Fernsehsender verzichten. Der terrestrische Fernsehempfang via DVB-T2 eignet sich daher insbesondere für sporadische TV-Nutzer, die überwiegend im deutschsprachigen Raum unterwegs sind und nach einer möglichst unkomplizierten Empfangsmöglichkeit suchen.
Darüber hinaus ist der DVB-T2-Empfang eine gute Ergänzung für eine eventuelle Satellitenanlage auf dem Dach. So muss der Fernsehkonsum selbst dann nicht ausfallen, wenn der Empfang durch ein Hindernis wie beispielsweise das dichte Blätterdach der Baumkronen gestört wird.
Die meisten Reisemobilfahrer setzen beim Fernsehempfang auf eine Satellitenanlage. Deren herausragende Stärke ist die umfangreiche Programmvielfalt und auch im Ausland sind die von zu Hause gewohnten Sender verfügbar. Im Gegensatz zum terrestrischen DVB-T2-Empfang gestaltet sich die Installation der benötigten Technik aufwendiger. Die tägliche Nutzung dagegen gelingt unkompliziert. Längst sind die früher gebräuchlichen manuellen Anlagen, bei denen die „Schüssel“ nach dem Prinzip von Versuch und Irrtum umständlich von Hand ausgerichtet werden musste, durch komfortable, vollautomatische Sat-Anlagen verdrängt. Es reicht ein Knopfdruck auf die Fernbedienung, schon fährt die Antenne auf dem Dach aus, sucht sich die richtige Position und das Fernsehvergnügen kann beginnen.
Um die Fernsehsignale aus dem All einzufangen, stehen die drei Antennenformen rund, flach oder mit Haube zur Auswahl, von denen selbstverständlich jede ihre Stärken und Schwächen hat. Da die ausklappbaren Parabol- und Flachantennen in der Regel so geschaltet sind, dass sie beim Starten des Motors automatisch einfahren, empfiehlt es sich, vor dem Einrichten der Satellitenanlage das Wohnmobil zu parken, und zwar mit freiem Blick gen Himmel in Richtung Süden.
Die Parabolantenne ist die klassische Form und Sinnbild des Satellitenempfangs. Ein großer Spiegel fängt die Wellen ein und lenkt diese gebündelt auf die eigentliche Empfangseinheit, den sogenannten LNB (= Low Noise Block), zu deutsch: rauscharmer Signalumsetzer.
Eine Parabolantenne beansprucht viel Platz auf dem Dach und neben Dachluken, Klimaanlage und Solarzellen kann es recht eng werden. Welche Größe der Spiegel haben muss, hängt von den persönlichen Reisezielen ab. Kompakte Anlagen mit 45 cm Durchmesser gewährleisten einen zuverlässigen Empfang im Bereich von Mitteleuropa. Wer auch in Portugal oder am Nordkap nicht auf den Tatort am Sonntagabend verzichten möchte, braucht einen größeren Spiegel mit mindestens 65 cm. Steht ausreichend Platz auf dem Dach zur Verfügung sind 75er- oder 85er-Spiegel die besten Voraussetzungen für den ungestörten Fernsehgenuss fernab der Heimat.
Um die Reichweite der Antenne in den Randgebieten des Empfangsbereiches zu verbessern, muss der LNB in seiner Halterung um ein paar Grad gedreht werden, um die Erdkrümmung auszugleichen und das Satellitensignal auch außerhalb Zentraleuropas mit vollem Pegel empfangen zu können. Bei Anlagen mit einer sogenannten Skew-Automatik korrigiert bei Bedarf ein kleiner Stellmotor die Winkelabweichung automatisch und erhöht so die Empfangsleistung.
Kompakter und weniger windanfällig präsentiert sich die Flachantenne. Das Panel setzt sich aus mehreren kleineren Einzelantennen zusammen, die einen zuverlässigen Empfang der Astra-Signale in Mitteleuropa ermöglichen, in Süd- und Nordeuropa ist der Empfang deutscher Sender allerdings eingeschränkt.
Sowohl Parabol- wie auch Flachantennen liegen während der Fahrt flach auf dem Dach und müssen für den Empfang aufgeklappt und in Richtung Satellit ausgerichtet werden. Bei Dom- oder Kuppelantenne, die aus dem maritimen Bereich stammen, liegt die bewegliche Technik geschützt vor Regen und Hagel unter einer Haube. Aufgrund der stattlichen Höhe von etwa 40 cm ist diese Antennenform bei Wohnmobilen kaum verbreitet.
Als vierte Variante kommen mobile Antennen infrage. Dabei handelt es sich meist um Parabolantennen, die auf einem stabilen Drei-Bein-Stativ montiert werden und dadurch im Umkreis des Fahrzeugs positioniert werden können. So kann das Fahrzeug ohne Tagesschau-Verzicht am Abend im Schatten großer Bäume abgestellt werden. Abgesehen vom Aufbau des Stativs zeigen sich die portablen Antennen genauso komfortabel wie ihre fest eingebauten Verwandten und verfügen ebenfalls oftmals über eine automatische Ausrichtung. Billiger als die anderen Antennenarten sind sie daher auch nicht: Mindestens ein knapp vierstelliger Betrag ist dafür fällig.
Mit einem internetfähigen Smart-TV brauchen Sie keine sperrige Satellitenantenne und werden zum eigenen Programmdirektor und entscheiden unabhängig von der Tageszeit, welche Sendung gerade läuft. Mit einem entsprechenden Smart-TV-Dongle wie Amazon Fire TV Stick oder Google Chromecast wird jeder konventionelle Fernseher mit einem freien HDMI-Anschluss internetfähig, sofern WLAN verfügbar ist. Bei einem älteren Test hat der Google Chromecast (39 €) gut abgeschnitten. Er eignet sich aufgrund seiner kompakten Abmessungen hervorragend für den Einsatz im Wohnmobil. Er bietet Zugriff auf viele Videotheken, und das Nachfolgemodell lässt sich dank mitgelieferter Fernbedienung auch ganz bequem ohne Smartphone bedienen.
Mit einem Smart-TV oder einem entsprechenden Dongle verbindet sich der Fernseher mit dem WLAN-Netz des Campingplatzes oder eines mobilen Routers (siehe ab Seite 191) und nutzt den Internetzugang, um das aktuelle TV-Programm über Streaminganbieter wie Zattoo oder Waipu TV, die Mediatheken der Fernsehanstalten sowie Serien oder Filme aus Online-Videotheken wie Netflix oder Maxdome auf den Bildschirm zu bringen. Ende 2019 hat Stiftung Warentest elf Videostreamingangebote getestet. Am besten abgeschnitten hat dabei mit Note 2,8 das Netflix-Abo mit vielen selbst produzierten Serien. Auf Platz zwei landet mit Note 3,3 das Amazon Prime Video-Abo. Wer lieber aktuelle Filme als Serien schaut, ist mit Videostreaming per Einzelabruf besser bedient. Hier teilen sich Amazon Shop Prime Video, Maxdom Store und Telekom Videoload jeweils mit der Note 3,4 den vordersten Platz.
Ob Suchanfrage bei Google, WhatsApp-Nachricht oder das Speichern eines Fotos in der Cloud: Jegliche Internetnutzung verbraucht Strom. Besonders energiehungrig ist das Videostreaming, da bei Bewegtbildern enorme Datenmengen anfallen.
Da die Stromerzeugung noch immer auf einem großen Anteil fossiler Brennstoffe beruht, wird entsprechend viel CO2 in die Atmosphäre geblasen. So sind laut Studien der grünen französischen Denkfabrik „The Shift Project“ 30 Minuten Streaming für die Umwelt genauso schädlich, wie eine 6,5 km lange Autofahrt.
Aktuell hat das Fernsehen über das Internet im Wohnmobil noch einige Tücken. Hauptproblem ist dabei das hohe Datenaufkommen, das die Übertragung der Bewegtbilder beansprucht. So ist das Inklusivvolumen des Mobilfunkvertrages schnell ausgeschöpft und angesichts der geringen Bandbreite vieler Camping- oder Stellplatz-WLANs ist an ruckelfreies Video-Streaming nur in Ausnahmefällen zu denken. Zu allem Überfluss bricht die Internetgeschwindigkeit erfahrungsgemäß spätestens abends gegen 19.30 Uhr ein, wenn alle Camper ins Internet gehen. Beim Aufenthalt im Ausland trüben zudem rechtliche Einschränkungen den Fernsehgenuss. Während Sie kommerzielle Streaminganbieter wie Netflix im gesamten EU-Ausland schauen können, führt der Versuch, im Ausland eine Sendung in einer der Mediatheken von ZDF, ARD und Co aufzurufen, oftmals zu einer Fehlermeldung.
Neben der geeigneten Antenne ist das Fernsehgerät selbst die zweite entscheidende Komponente für den Fernsehempfang. Standard in aktuellen Wohnmobilen sind meist 22-Zoll-Flachbildschirme mit knapp 55 cm Bildschirmdiagonale und Full-HD-Auflösung mit 1 920 x 1 080 Bildpunkten. In der Regel ist ein Triple-Tuner integriert, sodass die Geräte werksseitig und ohne externen Receiver fit sind für den Fernsehempfang via DVB-S(2), DVB-T2 und Kabelfernsehen.
Auffälligster Unterschied zum heimischen Fernsehempfänger ist die 12-V-Stromversorgung für den Betrieb am Bordnetz. Zwar sind auch in Elektronikfachmärkten preiswerte 12-V-TV-Geräte erhältlich, im Gegensatz zu den deutlich teureren Campingfernsehern sind diese allerdings nicht auf die besonderen Anforderungen im Wohnmobil ausgelegt. Um die Witterungsbeständigkeit zu erhöhen, werden die Platinen von Campingfernsehern mit einem wasserabweisenden Lack überzogen. So sind die empfindlichen elektronischen Bauteile darauf vor Kondenswasser geschützt, wie es z. B. leicht beim schnellen Aufheizen des Innenraums bei niedrigen Außentemperaturen entstehen kann.
Zudem sind die Geräte besser gegen Spannungsschwankungen abgesichert, da das Bordnetz nur im Idealfall exakt 12 V liefert. Je nach Ladezustand der Batterie sowie auch durch Wechselwirkungen mit anderen Verbrauchern an Bord, kann die tatsächliche Spannung deutlich höher oder niedriger liegen. Ein weiterer, kleiner, aber feiner Unterschied zu einfacheren Modellen ist der „echte“ Ein/Aus-Schalter, sodass der Fernseher nicht im Stand-by-Betrieb Strom aus der Bordbatterie ziehen kann.
Von Vorteil für die Nutzung im Wohnmobil ist ein großer Bildwinkel, da die Sitzposition vor dem Fernseher nicht immer optimal ist und oft von der Seite oder von unten auf den Bildschirm geschaut wird. Während es an der Bildqualität der mobilen Flimmerkisten in der Regel nichts auszusetzen gibt, ist der Ton in vielen Fällen bestenfalls mittelmäßig. Viele Fernsehhersteller haben zusätzliche Soundbars im Angebot, die per Kabel mit dem Fernsehgerät verbunden werden und einen deutlich besseren Klang bieten. Bluetooth dagegen ist eher selten integriert und wer eine portable Bluetooth-Box (siehe ab Seite 189) mit dem Fernseher verbinden möchte, um die Tonwiedergabe zu verbessern, braucht einen separaten Transmitter.
Der Trend für den Fernsehempfang im Wohnmobil geht ganz klar zum Komplettsystem, welches aus Antenne und TV-Gerät mit integriertem Receiver besteht. Die Paketlösung ist nicht nur günstiger, sondern überzeugt mit optimal aufeinander abgestimmten Komponenten. So reicht eine Fernbedienung für alle Geräte und nach dem Einschalten des Fernsehers geht das Ausfahren und die Ausrichtung der Antenne ganz von alleine über die Bühne. Eine komplette Satellitenanlage samt Antenne, Montagematerial und Fernsehgerät wiegt im Schnitt mindestens 20 kg und kostet meist mehr als 1 700 €.