Kapitel 9

Lehrerpersönlichkeit: Talent oder Technik?

IN DIESEM KAPITEL

  • Was eine Lehrerpersönlichkeit ausmacht
  • Basiskompetenzen, die den Lehreralltag ermöglichen
  • Talente, die den Lehreralltag erleichtern

Um als Lehrkraft wirksam tätig zu sein, bedarf es professioneller Kompetenzen. Diese entfalten sich individuell hin zu einer Lehrerpersönlichkeit. Wenn von einer »Persönlichkeit« die Rede ist, denken wir meist direkt an bestimmte Menschen.

Was macht eine Person zur Persönlichkeit? Steckt in jedem von uns eine solche? Und warum ist das überhaupt wichtig? Aus Ihrem eigenen Schülerleben werden Sie sich bestimmt an Lehrer erinnern, die Sie als solche »Persönlichkeit« einordnen. Wodurch nahmen Sie diese als Persönlichkeit wahr? Was machten diese (anders)? Was konnten diese (besser)? Wie wirkte sich das aus?

Jede Lehrerpersönlichkeit ist einzigartig, weil sie persönliche Merkmale (Eigenschaften, Qualitäten, Einstellungen und Verhaltensweisen) und berufliche Fähigkeiten vereint. Diese Kombination beeinflusst den Stil und die Atmosphäre des Unterrichts sowie die Beziehung zwischen Lehrkraft und Schülern.

In jeder Profession gibt es berufsbezogene Kompetenzen. Wer im Unterricht erfolgreich sein möchte, muss ein gewisses Handwerkszeug sicher beherrschen. Dieses Handwerkszeug lässt sich in neun Felder gliedern, die symbolisch als Fächer eines Sicherheitsschranks deklariert sind (siehe Abbildung 9.1). In diesem Sicherheitsschrank befinden sich Ihre notwendige Ausrüstung, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Sie durch Ihre beruflichen Anforderungen tragen.

Wenn Sie die einzelnen Schubladen des Sicherheitsschranks füllen, werden Sie den unterschiedlichen Aufgaben Ihrer Lehrertätigkeit gelassen(er) nachkommen. Die einzelnen »Absicherungen« sind nicht hierarchisch gegliedert. Einige lassen sich als Basiskompetenzen verstehen, die Sie über die stetige Professionalisierung erweitern, und andere als persönliche Voraussetzung, damit Sie diesen Beruf überhaupt dauerhaft erfolgreich ausüben können.

Grafik mit 9 Feldern und Wörtern: Fachwissen, Führung, usw., mit Büroklammer-Symbolen

Abbildung 9.1: Des Lehrers Sicherheitsschrank

Erlernbare Handlungskompetenzen für den Lehreralltag

Die nachfolgend aufgeführten Handlungs- und Kompetenzfelder gehören zur Professionalisierung eines Lehrers. Sie sind für Ihren beruflichen Alltag notwendig. Als Basiskompetenzen und Techniken greifen sie ineinander und bilden zusammen mit Ihrer Berufserfahrung eine solide Basis für Ihr tägliches Tun. Jeder Fachbereich für sich ist unverzichtbar, jedoch alleinig nicht ausreichend.

Mit zunehmender Professionalisierung erweitert sich das Spektrum für stimmige Entscheidungen. Wenn Sie zum Beispiel um unterschiedliche Ansätze im Bereich Kommunikation und Gesprächsführung im Unterricht wissen, werden Sie aus diesem Wissensfundus situativ angepasst schöpfen können. Ergänzt wird Ihr theoretisches Wissen durch praktische Erfahrungen als Lehrer: Je mehr Erfahrungen Sie in den einzelnen Feldern machen, desto breiter wird Ihre Basis. Dadurch erweitern sich Ihre professionellen Kompetenzen innerhalb dieser Felder und es stehen Ihnen mehr und mehr alternative Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung, die Sie reflektiert umsetzen.

Fachwissen

Im Hinblick auf das Fachwissen ist es wichtig, trotz des inhaltlichen Wissensvorsprungs im Kontakt mit der Lerngruppe zu bleiben. Den Kontakt verlieren wir zum Beispiel, wenn wir sprachlich zu komplex formulieren oder die Inhaltshappen zu groß zum Verdauen sind.

Bei zu wenig Fachwissen besteht die Gefahr, zu viele sprachlichen Hülsen und Füllmittel zu verwenden, mit denen die Schüler nichts anfangen können.

Wer auf dem Fundament eines soliden Fachwissens handelt, muss ständig Entscheidungen darüber treffen, welches Wissen in welcher Form zu welchem Zweck vermittelt wird.

Ich habe mehrfach von Lehramtsanwärtern und Berufseinsteigern gehört, dass sie ihren Schülern im Unterrichtsstoff inhaltlich etwa zwei Stunden voraus sind. Dieser Umstand löst in der Folge Ängste aus, auf Schülerfragen nicht antworten zu können. Das wirkt sich wiederum auf das Führungsverhalten der Einsteigerinnen aus, denn sie verlieren an Sicherheit.

Unabhängig davon, ob die Selbsteinschätzung stimmt, ist es aus meiner Sicht nicht einlösbar, auf alles eine Antwort zu haben. Und auch nicht notwendig. Ihre Schüler werden es Ihnen nicht übel nehmen, wenn Sie auf eine gestellte Frage erst in der Folgestunde kompetent antworten. Ich habe meine Schüler immer eingeladen, Fragen zu stellen, und bin stets offen und transparent damit umgegangen, wenn ich die Antwort nicht wusste. Das entspricht auch meinem Selbstverständnis als Vorbild, eben keine unrealistischen Ansprüche an mich selbst zu stellen.

Führung

Alle Lehrer sind qua Amt Führungskraft. Jede Unterrichtssituation erfordert Ihre Führung. Genauso folgt jedes Gespräch mit Eltern und Schülern durch zielführendes Fragen Ihrer Führung. Das eigene Führungsverständnis steht in Wechselwirkung mit der persönlichen Haltung und dem daraus resultierenden individuellen Führungsverhalten. (Siehe auch Teil II Zum Verständnis von Führung.)

Auch wenn Sie im Laufe der Zeit immer wieder in ähnlichen Situationen landen, ist doch jede Situation für sich eigen. Und auch wenn Sie im Zuge Ihrer Berufserfahrung zunehmend routinierter handeln, gilt es doch, sich vor Führungsautomatismen zu schützen. Jede Klasse ist anders. Was in der einen Schülergruppe unmittelbar wirkt, greift in der anderen Lerngruppe nicht oder nur schleppend. Das fängt beim Unterrichtsgespräch an und geht weiter beim Umgang mit Störungen. Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe.

Wer führt, muss den Geführten voraus sein, das Ziel und die Wege dahin kennen.

Stellen Sie sich vor, Sie gehen auf eine Wandertour und oben in den Bergen schlägt das Wetter um und Ihr Bergführer fängt zögerlich an, sich umständlich bis orientierungslos in Karten zu verlieren … Das wirkt sich unmittelbar auf alle Beteiligte aus und schafft Unsicherheiten, im schlimmsten Fall verlieren Sie das Vertrauen in Ihren Bergführer und das Chaos beginnt. Denn nun wird es innerhalb der Gruppe Dynamiken geben, diese nicht vorhandene Führung auszugleichen. Übertragen auf den Kontext Schule und Unterricht heißt das: Ihre Führung als Lehrer gibt allen Beteiligten Sicherheit, auch Ihnen selbst.

Kommunikation

Durch eine effektive Gesprächsführung im Unterricht schaffen Sie ein interaktives Lernumfeld, in das Schüler aktiv eingebunden sind. Dadurch vertiefen die Schüler ihr eigenes Wissen und können kritisches Denken entwickeln.

Ein geringer Redeanteil einer Lehrkraft innerhalb einer Unterrichtsstunde ist ein positives Merkmal für wirksamen Unterricht. Es muss also wohl überlegt sein, was Sie in welcher Form aussprechen, welche Art von Fragen Sie stellen und welche Impulse Sie setzen, die das Denken des Schülers anregen und weiten.

Damit dies gelingt, bedarf es folgender Fähigkeiten:

  • Aktiv zuhören und angemessen reagieren
  • Einbinden von Vielfalt
  • Empathie für Schülerperspektiven und Atmosphäre des Wohlwollens
  • Ermutigung und positive Verstärkung
  • Feedback an die Schüler
  • Flexibilität für den Gesprächsverlauf
  • »Gute« (sinnstiftende) Fragen zur rechten Zeit
  • Klare Struktur für den Gesprächsverlauf und dessen Ziel
  • Kritisches Denken anregen
  • Moderation von Beiträgen und deren Einbindung in einen Kontext

Der letzte Punkt der Liste, »Feedback«, ist von großer Bedeutung im Hinblick auf Verstärkung von erwünschtem Verhalten. Das Selbstbild vieler Lehrkräfte ist, dass sie ihre Schüler regelmäßig loben. Meist werden Lob und Ermutigung auf konkrete Schülerleistungen angewendet, beispielsweise wenn Schüler »gute« Antworten bringen oder sich aktiv beteiligen. Tadel hingegen bezieht sich tendenziell auf Verhalten und weniger auf Leistung. Achten Sie daher darauf, Lob und Ermutigung auch auf erwünschtes Verhalten zu richten und dieses damit gezielt zu verstärken.

Neben der Gesprächsführung im Unterricht gibt es viele weitere kommunikative Anlässe, die Ihr professionelles Denken und Handeln erfordern. Dazu gehören Vier-Augen-Gespräche mit Schülern, Elterngespräche (auch mit externen Kooperationspartnern), Gespräche in Teamsitzungen und Konferenzen genauso wie Gespräche mit der Schulleitung.

Unterschiedliche Kommunikationsmodelle bieten hilfreiche Ansätze für einen guten Kontakt bei diesen vielfältigen Gesprächsanlässen. Allein in den Gesprächen mit Eltern (Erziehungsberechtigten) unterscheiden sich die Rollen je nach situativem Anlass. So gibt es beratende, informierende und konfliktbezogene Gespräche. In Kapitel 15 Meine Klasse, ihre Eltern und ich gehe ich auf unterschiedliche Kommunikationsmodelle ein sowie auf die Kooperation mit Eltern.

Präsenz

Präsenz vereint rein körperliche Aspekte (Ausstrahlung, Wirkung und Selbstbewusstsein) mit emotionalen Aspekten (Kontakt, Anteilnahme und Interesse).

Als Lehrer können Sie diese Aspekte in den unterschiedlichen Aufgaben von Schule und Unterricht wirksam einbinden. Zunächst benötigen Sie Präsenz schlicht für die eigene Sichtbarkeit. Durch Ihre Ausstrahlung werden Sie sozusagen Ihr eigenes Medium in der Vermittlung Ihrer Botschaften und Lerninhalte. Auf die Lerngruppe bezogen wird der Unterricht wirkungsvoller.

Die Art und Weise, WIE Sie Präsenz leben, wirkt sich auf Ihr Handeln und damit auf die Beziehungsgestaltung aus. Sie »nutzt« Ihnen somit auch außerhalb der bloßen Vermittlung von Inhalten und Wissen.

Emotionale Präsenz stärkt Ihr Führungshandeln durch Ihr Interesse an Ihren Schülern. Sie ist ein Ausdruck von Nähe und damit beziehungsfördernd. Die Entscheidungen und Handlungen einer präsenten Lehrkraft werden Schüler eher annehmen können und folglich weniger infrage stellen.

Und wenn Sie das Gefühl haben, Ihre Präsenz ist noch nicht ausreichend, hilft zwischendurch auch das Motto: You fake it, ’til you make it. Die »So-tun-als-ob«-Intervention wird im Coaching auch gerne angewendet, um Klienten unmittelbar zu befähigen und mit ihren kreativen Lösungs-Ressourcen in Kontakt zu bringen.

Ihre Präsenz wirkt in vielerlei Kontexte hinein:

  • Interaktion und Kommunikation
  • Aufmerksamkeit und Engagement
  • Kontrolle des Lernumfelds
  • Individuelle Unterstützung
  • Nonverbale Kommunikation
  • Vorbildfunktion
  • Flexibilität im Unterricht
  • Soziale Bindungen

Ein präsente Lehrkraft ist aufmerksam und behält den Überblick. Dadurch kann sie schneller reagieren und interagieren. Durch Gestik, Mimik und Körperhaltung ergänzt sie ihre verbale Kommunikation situativ und zielführend und kann somit Unterrichtszeit effektiv nutzen.

Präsenz ist ein zentraler Wirkfaktor für Ihre Führung und Ihre Beziehung zu Schülern. Sie ist mehr als körperliche Anwesenheit oder Charisma. Präsent sein heißt da seinundda bleiben. Das bedeutet ein hohes Maß an Verlässlichkeit, Sicherheit und Orientierung für Ihre Schüler und Raum für Entwicklung und Wachstum.

(Welche Rolle Präsenz im Hinblick auf Klassenführung spielt, finden Sie in Kapitel 3. In Kapitel 6 wird Präsenz im Rahmen der Neuen Autorität als entscheidender Aspekt von Führungskultur angesehen.)

Reflexion

Reflexion versteht sich als Prozess. Indem Sie über eigene Gedanken, Handlungen, Erfahrungen und Situationen nachdenken und diese analysieren, steigen Sie in diesen Reflexionsprozess ein. Reflexion zielt darauf ab, Erkenntnisse zu gewinnen, Muster zu durchschauen sowie persönliches Wachstum zu fördern. Dadurch wird es möglich, zukünftige Entscheidungen auf der Grundlage von vorherigen Erfahrungen zu treffen.

Reflexion und Selbstreflexion fördern Einsicht und das erfordert ein genaues Hinsehen-Wollen. Reflexion ist eine Entscheidung für Wachstum und Entwicklung – sowohl professionell als auch persönlich.

Die Fähigkeit zur Reflexion ist von großer Bedeutung für Lehrkräfte und wirkt sich vielfältig aus:

  • Anpassung an Schülerbedürfnisse
  • Bessere Kommunikation auf der Basis von Vorerfahrungen
  • Herausforderungen identifizieren und förderlich (re-)agieren
  • Kontinuierliche berufliche Entwicklung durch Offenheit
  • Persönliches Wachstum fördern
  • Schülerergebnisse verbessern durch Anpassung von Methoden
  • Unterrichtsziele klarer definieren
  • Verbesserte Unterrichtspraxis durch positive und negative Erfahrungen

Struktur

Jede Unterrichtsstunde hat eine Grundstruktur, die sich aus Lern- und Arbeits-Phasen, Phasenübergängen (»Gelenkstellen«), Zielen und Aufgaben zusammensetzt. Struktur dient somit als Leitfaden für Unterricht. Wie sich die unterschiedlichen Phasen inhaltlich, didaktisch und methodisch füllen, ist das Ergebnis von professionellen Entscheidungen, die Sie als Lehrer zu treffen haben. Es braucht also zusätzlich zur äußeren kriterialen Struktur eine innere Strukturiertheit, um diese Entscheidungen zieldienlich zu treffen.

Struktur trägt und unterstützt die Planung und Durchführung von Unterricht durch diese Aspekte:

  • Differenzierung
  • Effektive Unterrichtsgestaltung
  • Klassenführung, Regeln und Störungsmanagement
  • Optimierung der Lernprozesse
  • Reduzierung von Stress
  • Rückmeldung und Bewertung
  • Schülerbeteiligung
  • Zeitmanagement

Unverzichtbare »Talente« für ein Lehrerleben

Um den Anforderungen und Herausforderungen des Lehreralltags ein Lehrerleben lang mit einer Grundgelassenheit zu begegnen, bedarf es neben den erlernbaren Handlungskompetenzen auch persönlicher Talente, die Sie bereits in den Beruf mitbringen sollten. Diese Talente lassen sich eher schwer sukzessive und fleißig aneignen. Sie sind im besten Fall immanent bereits angelegt und entfalten sich mit und durch Ihre Tätigkeit als Lehrer.

Antrieb

Das, was Sie antreibt, bestimmt Ihre Beweggründe und bringt Sie sprichwörtlich in Bewegung. Persönliche Ziele, intrinsische Motivation, äußere Anreize und innere Leidenschaft dienen als Motor. Menschen mit Antrieb sind in ihrem Denken, Fühlen und Handeln verbunden mit Sinn. Diese Sinnhaftigkeit zeigt sich unter anderem in Entschlossenheit. Entschlossene Menschen stellen nicht ständig sich und die eigenen Entscheidungen infrage. Sie haben einen inneren Kompass, der sie ausrichtet und auf Kurs hält. Wer sich für den Beruf des Lehrers entscheidet, sollte in Kontakt mit diesem inneren Kompass sein.

  • Wozu bin ich Lehrer (geworden)?
  • Welche persönlichen Ziele verfolge ich mit diesem Beruf?
  • Was motiviert mich aus mir selbst heraus?
  • Worin liegen meine Leidenschaften bezogen auf den Beruf?

Wenn Sie diese Fragen beantworten, sollte der Faktor Mensch eine zentrale Rolle spielen. Äußere Anreize sind auch entscheidungsrelevant, jedoch dürfen sie nicht alles entscheidend sein. Wer sich von äußeren Anreizen wie zum Beispiel »Verbeamtung« und »Ferien« in eine Berufswahl leiten lässt, wird keine solide Basis für stürmischere Zeiten haben. Außerdem kommt beides mit einem Preis …

Humor

Humor in der Pädagogik ist ein sensibles Thema und humorvoll zu agieren, setzt eine respektvolle Atmosphäre voraus und darf niemals auf Kosten anderer gehen. Humor dient in zweierlei Richtungen. Einmal den Schülern zur Auflockerung der Lern- und Arbeitsatmosphäre. Entspannte Schüler lernen besser, das ist allein schon neurobiologisch begründbar. Humor dient jedoch auch der Lehrkraft selbst. Humor entschärft so manche »geladene« Situation. Humor reduziert nachweislich Stress. Humor verbessert die Stimmung. Können Sie über sich selbst lachen? Gemeinsam lachen reduziert Stress und fördert die Beziehung.

»Humor haben« ist mehr als »lustig sein«. Humor haben bezieht sich auf die Fähigkeit, Humor zu erkennen, zu schätzen und zu verstehen. Eine Person, die Humor hat, erkennt, wenn etwas lustig ist, auch wenn sie selbst dabei nicht aktiv Witze erzählt. Humor haben erfordert daher ein hohes Maß an situativer Aufmerksamkeit und Interesse am Umfeld.

Schule und Unterricht sind voller Situationskomik. Finden Sie humorvolle Situationen: Schüler, die spontan »etwas raushauen«, oder Momente, die an sich einfach komisch sind. Was hat Sie zuletzt im Unterricht zum Lachen gebracht? Für wie humorvoll halten Sie wohl Ihre Schüler? Wofür könnte es gut sein, hier und da ein wenig Humor ins (berufliche) Leben zu lassen?

In meinem Deutschunterricht der achten Klasse lautete das Thema »Präpositionen«. Die beiden Klassensprecher waren vom Unterricht befreit, um an einer SMV-Sitzung teilzunehmen. Ich wusste das zunächst nicht. Gegen Ende klopfte es und die beiden kamen zurück in den Unterricht mit der Aussage: »Wir waren SMV.« Ist das nicht wunderbare Situationskomik? Das können Sie nicht planen. Und diesen »sprachlichen Ball« habe ich direkt (humorvoll und gleichzeitig würdigend) in den Unterricht aufgenommen.

Wertschätzung respektive Wert-»Wissen«

Das Thema Wertschätzung erstreckt sich über vielfältige Ebenen unseres Lebens, sei es in der Familie, am Arbeitsplatz oder in der Gemeinschaft. Wertschätzung formt Beziehungen, bereichert Arbeitsumgebungen und fördert individuelle Wachstumsprozesse. Sie bildet den Kern von Respekt, Empathie und Verbindung. In einer Zeit, in der schnelle Kommunikation und hektische Routinen oft die Oberhand gewinnen, ist die Praxis der Wertschätzung von hoher Relevanz. Sie ist mehr als nur Höflichkeit. Von der Anerkennung kleiner Gesten bis zur Schaffung eines Klimas des Vertrauens ist sie Schlüsselkomponente für ein harmonisches Miteinander. Von den kleinen, alltäglichen Gesten der Dankbarkeit bis hin zur tiefen Anerkennung der individuellen Einzigartigkeit zeigt sie sich vielfältig.

Wertschätzung formt die Art und Weise, wie wir uns selbst und andere sehen. Sie stärkt unsere Resilienz durch die positiven Auswirkungen der Wertschätzung auf unsere zwischenmenschlichen Beziehungen und auf unsere eigene psychische Gesundheit.

Für die Schule ist Wertschätzung von größter Bedeutung. Sie schafft eine positive Lernumgebung, in der Wachstum möglich und erwünscht ist. Außerdem bereitet eine gelebte und dadurch erfahrene Kultur der Wertschätzung die Schüler darauf vor, verantwortungsbewusste, beziehungsfähige und empathische Mitglieder der Gesellschaft zu werden.

Die Bedeutung von Wertschätzung in der Schule zeigt sich in folgenden Bereichen:

  • Aufbau und Entwicklung eines gesunden Selbstwertgefühls durch Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten
  • Motivation und Ansporn durch das Gefühl, gesehen zu sein
  • Klima für respektvolle Zusammenarbeit schaffen durch positive Beziehungen
  • Steigende Lernbereitschaft durch die Würdigung der Anstrengung, unabhängig vom Ergebnis
  • Reduzierung von Stress durch das Wissen, dass Fehler Teil des Lernprozesses sind
  • Bessere Lehrer-Schüler-Kommunikation durch den bewussten Raum für Fragen und Unterstützung

Vom Wissen und Schätzen: Manchmal können wir uns ganz schön verschätzen, wenn es zum Beispiel um den Wert einer Sache geht. Wäre es da nicht besser, den Wert zu wissen? Manchmal erkennt man den Wert von etwas auch erst, wenn man »es« nicht mehr hat … Wenn ich den Wert einer Sache, eines Umstands oder einer Person weiß und kenne, begegne ich diesen mit größerem Respekt und mehr Dankbarkeit. Seien Sie sich gewiss über den Wert derer, die Ihnen anvertraut sind. Seien Sie sich gewiss über den Wert Ihrer Arbeit.

Auf welche Weise können Sie Wertschätzung bewusst ins schulische Leben integrieren? Welche (kleinen) Gesten der Dankbarkeit wollen Sie direkt umsetzen? Wodurch stärken Sie das Klima des Vertrauens in Ihrem Umfeld? Wessen Wert sind Sie sich gewiss (wodurch)?