Metuschelach war 187 Jahre alt, da zeugte er Lamech.
Nachdem Metuschelach Lamech gezeugt hatte,
lebte er noch 782 Jahre und zeugte Söhne und Töchter.
Die gesamte Lebenszeit Metuschelachs betrug 969 Jahre, dann starb er.
Aus der Bibel, Altes Testament, 1. Mose 5, 25-27 [6]
Schon im Alten Testament der Bibel lesen wir von Methusalem, der 969 Jahre alt geworden sein soll.
Bei „Metuschelach“, von dem im Eingangszitat die Rede ist, handelt es sich genau um diesen umgangssprachlichen Methusalem in der europäischen Einheitsübersetzung.
Das allein könnte manchen religiösen Kritiker der Anti-Aging-Medizin schon widerlegen, der das Argument anführt, das Leben künstlich zu verlängern sei unnatürlich, denn wenn Gott gewollt hätte, dass wir länger leben, hätte er uns langlebiger erschaffen.
Nun, das hat er laut Bibel scheinbar getan. Denn nicht nur Methusalem hatte dieses „biblische“ Alter erreicht!
Vielmehr ist der gesamte Bibelabschnitt gespickt mit Namen und epischen Altersdaten. Da lesen wir von:
Adam: Lebensspanne 930 Jahre
Set: Lebensspanne 912 Jahre
Enosch: Lebensspanne 905 Jahre
Kenan: Lebensspanne 910 Jahre
Mahalalel: Lebensspanne 895 Jahre
Henoch: Lebensspanne 365 Jahre
Lamech: Lebensspanne 777 Jahre
Noach: Lebensspanne unbekannt, aber er zeugte im Alter von 500 Jahren noch 3 Kinder… [6]
Da möchte man augenzwinkernd fragen: Woran ist Henoch so frühzeitig – mit nur 365 Jahren – verstorben?
Wenn man das so liest, dreht sich die Frage des fiktiven Kritikers um:
Was ist passiert, dass wir heute schon mit 100 Jahren „alt“ sind, während früher laut Bibel eine Lebensspanne von über 900 Jahren als ganz normal dargestellt wird und Gott dies so eingerichtet zu haben scheint?
Natürlich fragt sich bei religiösen Texten immer, was daran Faktum und was Dichtung ist – oder ob einfach im Laufe der Jahrtausende die Überlieferung falsch interpretiert oder übersetzt wurde.
Dennoch: Das Lebensalter Methusalems und seiner Verwandten ist derart im Mittelpunkt der Geschichte (und wurde ja auch zur Legende), dass ein reiner Übersetzungsfehler bei den Zahlen eher unwahrscheinlich ist.
Einige Bibellegenden haben sich sogar historisch bestätigt, selbst wenn das nicht für die Lebensspannen der genannten Personen gilt. Bestätigt ist z.B. dagegen die Sintflut, die sich nebenbei erwähnt übrigens im 600.
Lebensjahr von Noah ereignet haben soll [7]. Sie ist in zahlreichen anderen Epen der Geschichte erwähnt und es gibt viele Belege für reale Flutkatstrophen, auf die sich die Erzählungen beziehen könnten. Welche genau es war oder ob die Erzählungen auf verschiedene Katastrophen zurückgehen, konnte bisher im Nachhinein nicht mehr festgestellt werden.
Jedenfalls ist eine extreme Lebensspanne von nahezu 1.000 Jahren in der Bibel eher normal als besonders, wenn auch ohne Beleg. Das ist also immerhin bemerkenswert.
Aber auch in anderen Religionen, Kulturen und Traditionen gibt es Mythen und Legenden über lange, wenn nicht gar unbegrenzte Lebensspannen.
Blicken wir beispielsweise auf das alte Ägypten. Hier war die Unsterblichkeit zu einem monumentalen Kult geworden, der allerdings extreme Ressourcen erforderte: Wer unsterblich werden wollte, musste sich mumifizieren lassen, und seinen Körper in Sicherheit vor der Zerstörung bzw. Schändung aufbewahren. Die Vorstellung war, den Körper in der „Zeit einzufrieren“, damit Seele („Ka“) und Geist („Ba“) auf Sonnenschiffen ins Totenreich übergehen könnten [8].
Die Pharaonen ließen sich enorme Steinpyramiden bauen, die einen großen Teil der damaligen Wirtschaftsleistung Alt-Ägyptens verschlangen. (Übrigens ein guter Beleg dafür, dass extreme Ausgaben für den vermeintlich guten Zweck dennoch mit langanhaltender Prosperität einer Gesellschaft einhergehen kann. Die Stadt Hamburg erlebte in jüngerer Zeit Ähnliches mit der Elbphilharmonie.)
Nun kann man sich die Frage stellen: Ist die Einbalsamierung wirklich eine Form der Unsterblichkeit, oder ist es nur eine verdrehte Form, den Tod nicht zugeben zu müssen?
Auch heute noch ist diese Frage relevant. Denn irgendwann werden alle Methoden versagen, den Körper am Leben und funktional zu erhalten, sei es auch durch einen Unfall, der uns irgendwann einmal ereilen wird nach Äonen des Lebens, und sei er noch so unwahrscheinlich.
Und dann müssen wir darüber nachdenken, ob es nicht auch ein „Leben nach dem Körper“ geben könnte. Was, wenn wir unser Gehirn transplantieren könnten? Was, wenn wir unser Denken in einen Computer „hochladen“ könnten? Was, wenn wir uns einfrieren lassen könnten („klinisch tot“), um 1.000 Jahre später wieder zum Leben zu erwachen?
Diese und weitere für manche erschreckenden Fragen stellen sich heute mindestens aus spekulativer Sicht, auch wenn sie den Rahmen dieses praxisorientierten Buches sprengen. Die Ähnlichkeiten dieser Szenarien mit den altägyptischen Vorstellungen des ewigen Lebens sind jedenfalls unübersehbar.
Fast zeitgleich mit den alten Ägyptern bestand in Griechenland die hellenische Kultur, noch heute eine der Wurzeln unserer Europäischen Traditionen.
Auch die alten Griechen hatten ihre Unsterblichkeitsmythen. Eine der bekanntesten dieser Mythen ist die Geschichte um Asklepios, dem römischen Äskulap und pikanterweise Schutzheiligen der Heilberufe.
Asklepios war der Sage nach „ein unvergleichlicher Meister der ärztlichen Heilkunst“ [9] und konnte (allerdings mit magisch-göttlicher Hilfe) mittels Blutes der Gorgone Medusa einen Menschen vom Tode wiedererwecken. (Als Hilfestellung für den interessierten Leser habe ich die eingerahmten Wörter als wichtige Fachbegriffe im Glossar am Ende des Buchs zusammengefasst!)
Damit hatte er modernen Ärzten noch einiges voraus!
Allerdings hatte er auch gegen göttliche Regeln verstoßen, und zur Strafe wurde er selbst getötet. Und dann wiederum begnadet, erweckt und in den Kreis der hellenischen Götter aufgenommen.
Konsequent ist anders. Aber gerade die altgriechischen Götter – und das macht vielleicht genau die Faszination aus, die den hellenischen Götterpantheon auszeichnet – waren ja notorisch ambivalent, streitsüchtig und intrigant. Sozusagen Klatsch-TV in antik.
Spannend ist daran dreierlei:
Die griechische Kultur und Mythologie ist eine der großen Säulen unserer europäischen Gegenwartskultur, und deshalb ist es auch kein Wunder, dass alle 3 obengenannten Aspekte in unserer heutigen Gesellschaft nach mehr als 2.000 Jahren immer noch heiß diskutiert werden: Können (und sollten) wir Tote wiedererwecken? Ist das moralisch? Und haben wir hier vielleicht eine Doppelmoral?
Kein Wunder also, dass das Thema Unsterblichkeit immer wieder und wieder in unseren Mythen und Legenden eine große Rolle spielt.
Berühmt ist auch die Sage vom Jungbrunnen, die den berühmtesten deutschen Renaissance-Maler Lucas Cranach den Älteren 1546 zu einem berühmten Bild inspirierte (siehe Abbildung 1). Auch ihn faszinierte der Gedanke des Jungbleibens also sehr. Immerhin ist er 81 Jahre alt geworden, damals ein hohes Alter.
Was hat es nun mit dem Jungbrunnen auf sich?
Grundsätzlich geht es hier um einen Mythos, der wirklich perfekt die aktuelle Anti-Aging-Medizin in historischen Legenden voraussieht: Alte Menschen begeben sich in ein Bad oder trinken daraus, worauf sie jung und gesund werden. Das ist der Kern aller Jungbrunnen-Legenden [11].
Erstaunlich ist, dass diese Legende – natürlich in zahlreichen Variationen – in so gut wie allen Menschheitskulturen auftaucht.
So gibt es erste Versionen bereits im Gilgamesch-Epos aus Alt-Babylonien, einem der ersten überhaupt schriftlich überlieferten Texte der Menschheit aus der Epoche um 1.600 v. Chr. und später in Texten von Herodot um 500 v. Chr. Und es gibt sie ebenfalls in den Legenden um Alexander den Großen aus dem 4. Jahrhundert VOR Christus [12], im sogenannten „Alexanderroman“ (d.s. Mythen rund um die historische Figur Alexanders).
Man könnte also sagen, dass das Thema „Unsterblichkeit“ zu den allerersten Themen der allerersten Schriften zählt, die die Menschheit je niedergeschrieben hat, kaum dass die (Keil-)Schrift erfunden war.
Auch im arabisch-islamischen Raum gibt es den Mythos um Al-Khidr, einem Weisen oder mystischen Propheten mit geheimem Wissen, der den Hilfsbedürftigen zur Seite stünde und Herr über das Wasser des Lebens sei. In manchen Erzählungen über Al-Khidr wird behauptet, er wäre mit Moses bekannt gewesen und würde heute noch leben [13]. Er wird auch in indischen Sagen (islamische und hinduistische Traditionen) als Herrscher der Quelle der Unsterblichkeit bezeichnet. In dieser Überlieferung wird jedoch auch behauptet, sein Schrein stünde auf einer Insel im Fluss Indus nahe Bhakkar im Punjab (Pakistan).
Letzteres lässt jedoch Zweifel an der ganzen Legende aufkommen, denn wer über eine Quelle der Unsterblichkeit geböte, würde wohl kaum freiwillig sterben, um in einem Schrein ausgestellt zu werden. Und wenn der Schrein auch noch so prunkvoll wäre, das Leben wäre doch sicher vorzuziehen!
Auch bei Ureinwohnern in der Karibik, den Arawak und Taíno, schien es vergleichbare Mythen zu geben [14]. Jedenfalls kamen solche einem spanischen Conquistador zu Ohren, nämlich Juan Ponce de Léon [15].
Der Sage nach befände sich im Lande „Beemeenee“ oder „Bimini“ (den heutigen Bahamas) ein Brunnen ewiger Jugend.
De Léon richtete um 1513 eine Expedition aus, die aber nicht erfolgreich verlief. Allerdings führte sie nach Florida, eindeutig woanders als Bimini, das 80 km östlich liegt und pikanterweise heutzutage eines der Zentren der Anti-Aging-Medizin ist – man könnte also sagen, dass Florida bereits seit 500 Jahren viel mit dem Thema Langlebigkeitsforschung verbindet.
Erstaunlich: Es gibt im Mangrovenwald von Bimini ein „heilendes Loch“, einen Tümpel, der am Ende eines Tunnelsystems liegt und dessen Wasser viel Lithium und Schwefel enthält. Daraus leiten manche Besucher heilende Wirkungen ab, die sie geistig und körperlich verjüngt haben sollen [14].
Das könnte ein Grund für die Mythen sein, ist aber sicher nicht das, was wir heute unter „Jungbrunnen“ verstehen.
In der jüngeren Geschichte tauchen dann Berichte über Menschen auf, die außerhalb der unter normalen Umständen möglichen Lebensspanne gesehen worden sind. Der bekannteste dieser Berichte ist wohl der um den Grafen von Saint-Germain, der um 1710 geboren wurde und auch unter anderen Namen auftrat. Überhaupt ist der überlieferte Teil seines Lebens eine Inspiration für Autoren und Schriftsteller: Er war Alchimist und Okkultist und – vergleichbar vielleicht mit Casanova (der Saint-Germain kannte und ihm begegnete) oder Baron Münchhausen – auch Geschichtenerzähler in eigener Sache. Da er zudem wohl unter verschiedenen Namen auftrat, brachte ihm das den Ruf des Hochstaplers ein [16]. Außerdem komponierte er und war exzellenter Geigenspieler – eine wahrlich schillernde Figur also.
Schon zu nachweislichen Lebzeiten berichtete er auf Abendgesellschaften detailgetreu von historischen Ereignissen, zu denen er angeblich anwesend gewesen war.
Neben alchimistischen Experimenten, die der Verbesserung von Juwelen und Diamanten sowie der Textilfärbung dienen sollten, behauptete Saint-Germain, eine Art „Wasser des Lebens“ („Aqua benedetta“) zu besitzen, das bei Frauen das Altern stoppen könne. Es ist gut vorstellbar, wie dies seine Beliebtheit ganz besonders in weiblichen Pariser Adelskreisen förderte. Vielleicht hatte er die Idee von Casanova?
Nach der Manier eines frühen James Bond wurde Saint-Germain vom französischen König Ludwig XV. in einer Geheimmission in die Niederlande entsandt. Die Aktion flog allerdings auf, und Saint-Germain musste fliehen – nach London.
Es folgte eine wahre Odyssee an Stationen in den Niederlanden, Russland, Italien und Deutschland, wobei er jeweils fliehen musste und mancherorts angeblich beträchtliche Schulden hinterließ.
Da er mindestens 6 Sprachen fließend beherrschte und zudem auch historisch gebildet war, muss er eine beeindruckende Persönlichkeit gewesen sein.
Seine Behauptungen, er habe historische Ereignisse persönlich miterlebt, wurde noch durch eine Anmerkung Voltaires verstärkt, der über Saint-Germain schrieb: „Ein Mann, der niemals stirbt und alles weiß.“ [16]. Auch wenn die Bemerkung ironisch gemeint gewesen sein sollte (wie vermutet wird): Die Legende des Nicht-Alterns wirkte.
Obwohl er 1784 in Eckernförde gestorben sein soll – es gibt hier einen Kirchenbucheintrag – wurde er in den nachfolgenden Jahrzehnten wiederholt gesehen. Auch Rudolf Steiner, der Begründer der Anthroposophie (Basis-Weltanschauung der Waldorf-Pädagogik), behauptete, dass Saint-Germain noch lebe.
Ein Beleg für Langlebigkeit sind diese Geschichten sicher nicht. Aber sie sind ein Beleg für die Faszination der Menschen aller Zeiten für das ewige oder aber zumindest für das sehr lange, möglichst gesunde Leben. Und eine unterhaltsame Geschichte ist es noch obendrein!
Ebenfalls unterhaltsam, allerdings eher im Gruselbereich, sind die Mythen über die untoten Blutsauger, die Vampire. Bram Stoker hat sie 1897 in seinem Roman „Dracula“ weltberühmt gemacht [17].
Interessant am Vampirkult ist der moralische Aspekt und auch die Entwicklung, die der Mythos in neuerer Zeit genommen hat: Im 19.
Jahrhundert war die Geschichte um die Vampire noch geprägt von Grusel und Verkommenheit. Das (ewige) Leben der Vampire wurde immer als schlimm und vor allem gottesfrevelnd beschrieben – das Kreuz war ein wichtiges Abwehrmittel gegen Vampire.
Kulturhistorisch interessant ist nun, wie sich das in der neueren Literatur verändert hat. In der „Biss“-Trilogie, die zum Weltbestseller wurde, hat Autorin Stephanie Meyer aus der Grusellegende eine Art Heldenepos gemacht [18]. Hier sind Vampire zwar immer noch gefährlich und trinken Blut, gefährden Menschen, handeln kriminell. Aber sie tun dies aus einer Art übermenschlichem Schattendasein heraus und können – auch das ist neu – ihre Neigungen kontrollieren und zu „guten“ Unsterblichen werden, die in einer Art ewiger Parallelwelt leben und zu denen man, wenn man das Buch liest, unter Umständen gerne gehören würde.
Da kann es einen schon ein wenig gruseln, dass zur einer der aktuell vieldiskutierten Anti-Aging-Behandlungen diejenige mit Blutplasma (Blut ohne Zellen) von jungen Menschen zählt – sozusagen die reale Umsetzung der literarischen und mythischen Vorlagen um den Vampirkult (dazu später mehr in Kapitel 8, Säule 4c).
Wie attraktiv die positive Umdeutung des Vampirismus für die heutige Gesellschaft scheinbar ist, zeigt sich auch darin, dass das Buch bzw. die Bücher 155 Millionen mal verkauft worden sind [198].
Natürlich wurde die Geschichte verfilmt, wenn auch noch nicht so oft wie die Dracula-Geschichte. Nahezu alle Filme mit diesem Unsterblichkeits-Motiv und begleitendem Gruselfaktor wurden Publikumserfolge.
Zahllose weitere Filme greifen das Thema ebenfalls auf, von „Infinite“ (Paramount Pictures 2021) [19] über eine unsterbliche Menschengruppe bis zur Erfolgsserie „Upload“ (Amazon Studios 2020) [20], in der man vor dem körperlichen Tod seinen Geist in eine virtuelle Welt hochladen und so weiterleben kann.
Sogar auf der 500-Franken-Banknote der Schweiz aus dem Jahr 1957 ist ein Jungbrunnen abgebildet (siehe Abbildung 2).
Wenn ein Thema schon auf Banknoten auftaucht, ist es wohl endgültig in der Realwelt angekommen. Und dann auch noch auf einer Banknote mit besonders hohem Wert. Das ist sicherlich doppelt treffend: Denn einerseits hat die gesunde Lebensverlängerung einen enormen Wert für den einzelnen Menschen, der sie erfahren darf, andererseits aber könnte das Erreichen einer solchen Behandlung sehr, sehr teuer sein.
Diese „Kleine Geschichte der Unsterblichkeits-Mythen“ zeigt also vor allem eins: Unsterblichkeit war schon immer und ist bis heute ein die Menschheit faszinierender Mythos.
Und nun, mitten im 21. Jahrhundert, bricht ein Zeitalter an, in dem die Verwirklichung dieses Mythos in erreichbare Nähe rückt, womit allerdings völlig neue und teils auch erschreckende Veränderungen verbunden sein werden.
Noch nie haben sich Menschen davon abbringen lassen, faszinierende Innovationen zu nutzen, auch wenn sie fast immer zugleich Chancen wie Risiken darstellen. Sicher, manche Menschen werden solche Veränderungen ablehnen, aber andere werden sie umso mehr verfolgen. Verhindern lässt sie sich keinesfalls.
Anstatt also die Fortschritte in der Anti-Aging-Medizin zu beklagen oder zu verteufeln, sollten wir lernen, die Folgen vorherzusehen und frühzeitig die Weichen so zu stellen, dass eine epische Lebensspanne nicht nur wenigen Privilegierten zur Verfügung steht, sondern allen Menschen, und dass die daraus resultierenden, gesellschaftlichen Veränderungen zum Positiven gestaltet werden.
Dass auch Letzteres möglich ist, beweist die Gegenwart. Denn noch nie sind so viele Menschen so alt geworden wie heute, und die Zahl der Hundertjährigen verdoppelt sich laut „Human Mortality Database“ alle 8 Jahre.
Noch nie also haben so viele alte Menschen in der Gesellschaft gelebt, noch nie hatten junge Menschen so hohe Lebenserwartungen wie heute. Das stellt uns vor Herausforderungen wie z.B. einen nachhaltigen Umbau unseres Rentensystems zu erreichen.
Aber wer würde bezweifeln, dass es uns in unserer westlich-modernen Gesellschaft – zumindest in Friedenszeiten – besser geht als allen Generationen vor uns mit wesentlich weniger Alten und wesentlich kürzerer Lebenserwartung?
Einen Widerspruch zwischen einer stark verlängerten Lebensspanne und dem Wohlstand einer Gesellschaft scheint es also nicht per sé zu geben.
Und damit auch keinen Grund, nicht danach zu streben, den Traum vom ewigen Leben zur Wirklichkeit werden zu lassen.