LIEBE
BRAUCHST DU DIE WIRKLICH?
L
iebe. Wahre Liebe. Wir alle wollen sie (zumindest glaube ich das). Ja, wir brauchen sie wirklich, diese Einbahnstraßenfahrt entlang der Allee des Glücks.
Liebe kommt in vielen Formen daher: Gefühle, Freundschaft, Verlangen, Teilen, Kompromisse eingehen, Erfahrung, Sex, Vergebung, Aufgeschlossenheit, Fortpflanzung (was auch immer daraus wird) und so weiter. Liebe ist ein kleines bisschen von all dem und noch so viel mehr.
Geliebt zu werden ist so, als würde man jeden Tag einen Brief mit den Worten bekommen: »Ich möchte dich in meinem Leben haben.« Es gibt offenkundig verschiedene Abstufungen der Liebe und sie nimmt je nach Person verschiedene Formen an. Manche können nie genug bekommen, andere dagegen bekommen zu viel. Wieder andere bekommen nicht die Chance, sie auch nur ein bisschen zu erleben.
Die Verteilung der Liebe ist ein bisschen so wie die Verteilung des Reichtums in unserer Gesellschaft: Ein winziger Teil der Bevölkerung wird mit einem silbernen Löffel geboren, während andere ihr Leben lang um ihren Anteil kämpfen
. Wie ist nun die Verbindung zu den persönlichen Finanzen? Es bedarf viel Liebe, um das Finanzleben zu überstehen. Ja, Liebe ist f?%$%$ finanziell. Tatsächlich spielen Finanzen nirgendwo eine größere Rolle als in der Liebe.
Das Paar: eine finanzielle Beziehung
»Hey, du Wirtschaftsprüfer! Hör auf, Geld mit Liebe zu verwechseln. Liebe ist kein Geld. Es ist Gefühl!«
Sicher … Anfangs geht es nur um Gefühle.
Aber wenn du ein gemeinsames Leben beginnst, machen sich die Finanzen bemerkbar. Vernunft muss mit einbezogen werden. Das Leben wird zu einer alltäglichen finanziellen Realität: die Autorechnungen, Miete, Stromrechnungen, Ausgaben für die Kinder und mehr müssen geteilt
werden. Man
unternimmt auch mal etwas als Paar. Ihr reist gemeinsam. Ihr plant zusammen. Ihr gebt zusammen Geld aus und entwickelt gemeinsame Sparpläne.
Paare teilen nicht nur Kosten, sondern auch Investitionen und Risiken. Im Grunde ist dein Ehepartner der Partner in der Liebe und im Geschäft.
Lebensstil und Entscheidungen beeinflussen deine persönliche und die gemeinsame finanzielle Realität.
Paare werden nicht zwangsläufig zu einer Marke wie Kanye und Kim. »Wie bitte?! Kanye und Kim sind doch keine Marke!« Findest du nicht? Wieso weißt du dann, von wem ich rede? Weil die beiden eine Marke geschaffen haben, die über ihre Beziehung hinausgeht: Ihr Markenimage ist größer geworden als ihr gemeinsames Leben.
Kim ist ein glamouröser Promi und Unternehmerin, Kanye aber ist der aufgeblasene Rapper, der mit seinem unverschämten Verhalten Aufmerksamkeit auf sich zieht. Das sind Kanye und Kim, ein Markenimage. Aber ich schweife ab. Man muss für seine Beziehung nicht diese Art von Markenwert haben, damit sie finanziell ist.
Sie ist es de facto.
Der Beginn
Es gab eine Zeit, da begegneten sich die Menschen im realen Leben und lernten einander allmählich kennen. Heutzutage begegnen sich viele Menschen im Internet und beschließen dann den Liebeshandel in der realen Welt.
Unabhängig vom Szenario oder der Plattform ist Liebe eine Transaktion. Es ist eine Frage der Ausgewogenheit des Markts: Menschen mit dem gleichen Liebeswert enden damit, dass sie kurz- oder langfristige Verbindungen eingehen, wenn sie sich dazu entscheiden.
Wie viel ist ein Mensch wert?
Nicht in Geld, aber in Liebeswert. Wenn beide Werte ähnlich sind, besteht die Chance einer Paarbildung. Es gibt für jeden Topf einen Deckel, wie es so schön heißt.
Bisher haben wir über den Wert auf dem Liebesmarkt geredet. Aber schon früh in dem Prozess des Zusammenkommens geht es los, dass Fragen gestellt werden, um sich einen Eindruck über die Finanzen des anderen zu verschaffen. Möchtest du einen Beweis? Niemand ist so dreist,
einfach zu fragen: »Bist du reich?« oder »Wie viel verdienst du?« Nein, das Gespräch wird sehr viel subtiler verlaufen.
Was machst du beruflich?
Was für ein Auto fährst du?
In welcher Gegend wohnst du?
Wohin fährst du gern in den Urlaub?
Welches ist dein Lieblingsrestaurant?
Diese indirekten Fragen sind eine subtile Möglichkeit, dem anderen finanzielle Informationen zu entlocken. So vermittelt zum Beispiel der Unterschied zwischen »Geschäftsführer« und »Kaufhausangestellter« eine ziemlich gute Vorstellung von deinem Lebensstandard. Ein Abendessen in einem 5-Sterne-Lokal kostet so viel wie eine jährliche Ration Pommes frites bei McDonald’s. Was du mit den Antworten auf diese »unschuldigen« Gesprächseinstiegsfragen anfängst, hängt davon ab, an welcher Stelle deiner aktuellen Wertehierarchie die Finanzen angesiedelt sind.
WENN GELD DIE LIEBE ABTÖTET
Sobald eine Beziehung entstanden ist, müsst ihr euch auf den Lebensstil einigen, den ihr möchtet und euch leisten könnt. Eines Tages kam ein Kollege bedrückt in mein Büro. Unsere Jobbeschreibungen waren Welten voneinander entfernt, aber ich respektierte seine Arbeit und er meine.
Er vertraute mir an, dass seine Beziehung finanziell auf Grund gelaufen war. Er und seine Frau mussten ihre Finanzen dringend in Ordnung bringen. Ihre Hypothek war mittlerweile höher als der ursprüngliche Kaufpreis des Hauses. Wie so viele Paare hatten auch sie Jahr für Jahr das Darlehen für das Haus erhöht, um ihre Verbraucherschulden zu bezahlen.
Im Grunde gab das Paar das Eigentum an ihrem Haus aus.
Ihr finanzieller Freiraum war ausgereizt. Mein Kollege war sich dessen bewusst und wollte das Problem angehen, seine Frau jedoch nicht. Sie hatten das Ende der Fahnenstange erreicht. Die beiden hatten zweifelsohne andere Probleme, aber mit derartig drückenden Finanzsorgen musste das Boot letztlich
sinken.
Wesentlich mehr als das Teilen von Ausgaben
Als Paar müsst ihr euch über den gemeinsamen Lebensstil einig sein. Indem die Erwartungen beider Seiten von Anfang an geklärt werden (siehe »Erwartungen managen« auf
S. 207
), vermeidet man eine Menge Konflikte, auch wenn andere Konflikte praktisch vorprogrammiert sind.
Menschen denken manchmal, dass eine simple Vereinbarung darüber, wie die Ausgaben aufgeteilt sind, genügen würde. Tut es nicht, weil Finanzen zu einer permanenten Frustrationsquelle zwischen den Partnern werden können, vor allem wenn sie zusammenleben. Natürlich können sich Lebensziele im Laufe der Zeit verändern, aber im Grunde müssen beide mittel- und langfristig bei finanziellen Prinzipien der gleichen Meinung sein. Ein paar Beispiele:
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Schulden.
Wie viele Schulden sind für beide Parteien akzeptabel? Wird ein bestimmter Lebensstil meinen Partner nachts nicht ruhig schlafen lassen?
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Jährliche Sparziele.
Was ist das jährliche Sparziel? Wie viel Prozent unserer Gehälter müssen auf die Seite gelegt werden? Sollen wir für einen Rentenplan sparen oder für Renovierungsarbeiten?
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Wohngegend.
Welche Art von Lebensstil wollen wir? Ein Platz in einem Vorort oder das aufregende Stadtleben? Ein kleines, schlichtes Apartment oder ein Haus mit drei Badezimmern?
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Kinder.
Wollen wir wirklich welche? Falls ja, müssen wir uns auch Gedanken über die Anzahl machen (siehe »Kinder« auf S. 115
). Manche Menschen sagen, dass man nicht auf Grundlage seiner finanziellen Situation über die Anzahl der Kinder entscheiden sollte; das sollten sie mal meinen Großeltern Anatole und Léona sagen, die 13 Kinder hatten, ganz zu schweigen von etlichen Fehlgeburten.
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Ausgaben.
Was wird als persönliche Ausgaben angesehen und was als gemeinsame? Ist das Sparen für ein Schneemobil wirklich ein gemeinsames Projekt? Sollte das aus dem Familienbudget bezahlt werden?
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Machtkämpfe.
Wenn es beträchtliche Einkommensunterschiede bei den Partnern gibt, muss das Thema »Macht« angesprochen werden. Es ist leicht, zu sagen: »Ich trage finanziell mehr bei, also habe ich das letzte Wort«, sei es implizit oder explizit.
Wenn der Einkommensunterschied groß ist, kommt es von ganz alleine zu diesem Gespräch.
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Träume.
Träume zu verwirklich ist wichtig. Wir alle brauchen Erfüllung, aber in einer Beziehung gibt es keine Garantie, dass die jeweiligen Träume übereinstimmen. Wenn der eine davon träumt, in New York zu leben und der andere sich nicht vorstellen kann, seine Heimatstadt zu verlassen, wird die Finanzplanung nicht übereinstimmen. Können die beiden Träume unter einen Hut gebracht werden?
Das sind nur ein paar Beispiele für Themen, die angesprochen werden müssen.
Wie teilt man die Ausgaben?
Dies ist ein heikles Thema. Es ist laut Umfragen von Revolverblättern (und auch ein paar seriösen Publikationen) ein Hauptstreitpunkt bei Paaren. Unerwarteterweise gibt es auf diese Frage nicht nur eine Antwort. Es gibt viele Wege, um dieses Thema anzugehen. Ich nenne hier einen einzelnen, nur um die Diskussion in Gang zu bringen.
Zunächst einmal gibt es hier ein finanzielles Liebeskontinuum. An welcher Stelle befindet sich deine Beziehung?
Am Anfang einer Beziehung ist »jeder seinen gerechten Anteil« verständlich. Aber wenn Hochzeit, Kinder oder eine langfristige Beziehung vorherbestimmt sind, gehen die Menschen normalerweise über zu »alle für einen und einer für alle«. Wenn du vermögend bist, ist natürlich ein Gespräch mit einem Anwalt eine gute Idee, um sich über die finanziellen und legalen Auswirkungen einer Ehe zu informieren.
Jeder seinen gerechten Anteil.
Dies ist eine Vereinbarung, bei der Paare von den Größenordnungsvorteilen gemeinsamer Ausgaben profitieren und die Ausgabenaufteilung auf einer gemeinsam gefundenen Methode basiert.
Pro:
Beim Aufteilen gibt es ein größeres Gefühl der Fairness und Eigentum lässt sich leichter aufteilen. Es besteht eine Verbindung zwischen aufgewendeter Mühe und erlangtem
Wert.
Kontra:
Die Ausgaben sorgfältig nachzuhalten, kann ermüdend, anstrengend und eine Konfliktquelle sein. Wenn die Liebe sich in eine Tabellenkalkulation verwandelt, kann die gemeinsame Zeit darunter leiden.
Alle für einen und einer für alle.
Bei dieser Vereinbarung ist das Paar eine Einheit. Einkommen und Ausgaben sind verschmolzen und werden gehandhabt, als handle es sich um die Finanzen einer einzelnen Person.
Pro:
Einfacher zu managen.
Kontra:
Es birgt eine Menge Konfliktpotenzial, wenn der Ehepartner anderer Meinung ist, was als akzeptable Ausgabe angesehen werden kann und was nicht. Es besteht das Risiko von (unbeabsichtigtem oder beabsichtigtem) Missbrauch seitens eines Partners.
Meine Beobachtung:
Ich halte an dieser Stelle Flexibilität für die beste Lösung. Anfangs muss man seine finanzielle Beziehung managen, als würde man in einer Wohngemeinschaft leben (jeder trägt seinen gerechten Anteil bei), und dann übergehen zu dem »alle für einen, einer für alle«, wenn das erste Kind geboren wurde oder ein anderes Ereignis besonderes Engagement erfordert (wenn sich zum Beispiel ein Ehepartner entscheidet, sich selbstständig zu machen, was zum finanziellen Erfolg für das Paar oder dem Beziehungsende führen kann).
»Jeder seinen gerechten Anteil« definieren
Das Konzept des gerechten Anteils hängt von der Wahrnehmung ab, was als wirklich gerecht angesehen wird in Bezug auf die Ausgabegewohnheiten und die jeweilige finanzielle Situation beider Partner.
Der 50/50-Split
Alles 50/50 aufzuteilen, scheint bei bestimmten Ausgaben fair zu sein. Wenn du Single bist, brauchst du auch einen Platz zum Leben. Die Miete also 50/50 aufzuteilen, ergibt Sinn, wenn der Anteil jedes Einzelnen niedriger ist als das, was er für eine Singlewohnung ausgeben würde. Das Gleiche kann auf Heizkosten, Telefon und andere gemeinsame Ausgaben zutreffen.
Zieht das Paar jedoch in ein Haus oder Apartment, das sich einer der beiden nicht leisten kann, sollten sie vermutlich unterschiedlich viel zahlen. Derjenige, der in der exklusiveren Gegend wohnen möchte, sollte mehr zahlen, wenn es für den anderen nicht finanzierbar
ist.
Ein Prozentsatz des Gehalts?
Warum nicht die Ausgaben entsprechend eines Prozentsatzes des jeweiligen Gehalts verteilen? Wenn nicht beide Partner ein stabiles Einkommen beziehen, kann das zu endlosen Diskussionen führen. Welches Gehalt soll als Basis genommen werden? Brutto? Der Steuersatz unterscheidet sich.
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Netto? Verdient einer von beiden schwarz nebenher etwas dazu? Ist in der Gesamtvergütung ein Pensionsplan enthalten?
Wenn einer der Ehegatten in einen Rentenplan einzahlt und der andere dies bei seinem Arbeitgeber nicht hat, welcher Teil sollte dann vom Einkommen abgezogen werden, um das Bezugseinkommen zu berechnen? All diese Fragen können zu einer Qual werden. Pack noch Kinder aus früheren Beziehungen in die Konstellation und es kann zu einer echt schwierigen Frage werden, wie denn ein fairer Anteil nun aussehen solle.
Ich bringe eine Menge Fragen auf und liefere keine Antworten. Mit Absicht. Jeder ist selbst für die Analyse der eigenen Situation und die Festlegung, wie er sich mit seinem finanziellen Beitrag als Teil des Paars fühlt, zuständig.
Stell dir eine Situation vor, in der einer der Ehegatten Unternehmer ist und aus freiem Willen ein niedriges Gehalt bezieht, um den Überschuss wieder in die Firma zu stecken. Oder er hat ein variierendes Einkommen mit Höhen und Tiefen. Zum Beispiel entscheidet sich der Betreffende, in einem Jahr ein Gehalt von 50.000 Euro zu entnehmen, im darauffolgenden sind es aber nur 20.000 Euro und der restliche Überschuss wird reinvestiert. Welches Einkommen dient als Basis für die Berechnung? Das klingt für mich nach einem drohenden Streit.
Basierend auf den Ausgaben jedes Einzelnen?
Wer hat diesen Monat am meisten aus dem Internet heruntergeladen? Wie kann ein einziger Mensch so viel herunterladen? Haben beide Partner das Internet genutzt? Wer von beiden ist häufiger essen gegangen? Wer hat sich häufiger eine Nascherei gegönnt? Wer duscht länger? Wer isst mehr Ketchup, kauft mehr Bier oder trinkt mehr Wein?
Dies ist eine Vorgehensweise, um die Ausgaben aufzuteilen, die nur im Konflikt münden kann. Gleichzeitig bringt es das Nutzerprinzip (Nutzer zahlt) auf, das Nachhalten ist bei dieser Methode aber schwierig und mühsam, darüber hinaus ist es praktisch das garantierte Todesurteil für die Liebe.
»Dieses Kondom musst du bezahlen. Wieso? Weil du gekommen bist und ich nicht!« (#Humor)
Wie kompensiert man unbezahlte Arbeit?
Stell dir folgendes Szenario vor: Ein Partner erledigt die ganze Hausarbeit, Besorgungen und das Kochen, verdient jedoch nicht viel, der andere trägt wenig zum Putzen bei, verdient aber eine Menge Geld. Wenn einer von beiden in seiner Freizeit das Haus renoviert, dabei keine Mühen scheut, wie viel ist das dann wert? Wie quantifiziert man den Beitrag jedes Einzelnen, wenn man fair bleiben will? Alleine dieser Absatz wirft einen Molotowcocktail in die Vorstellung von finanzieller Harmonie.
Die Sache mit dem Transportmittel
Die Art der Beförderung ist ein gutes Beispiel. Angenommen, ein Paar kauft sich ein Auto, das aber nur einer von beiden hauptsächlich für den Arbeitsweg benutzt. Außerhalb der Arbeitszeit wird der Wagen von beiden unterschiedlich stark nach Bedarf benutzt. Außerdem fährt der Ehepartner ohne Pendlerauto mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Wie teilt man hier die Kosten auf?
Die Antwort hängt von vielen Aspekten ab, wie: War es eine gemeinsame Entscheidung, in der Nähe des Arbeitsplatzes des einen Partners, aber weit weg von dem des anderen zu wohnen? Sobald du anfängst, solche Fragen zu stellen, wird es schwieriger, die Kosten gerecht aufzuteilen. Die Transportmittel eines Haushalts müssen insgesamt betrachtet werden. Kosten für ein Auto, Bikesharing und Fahrkarten für öffentliche Verkehrsmittel müssen alle auf eine sinnvolle Weise geteilt werden. Wer bezahlt was? Wie viel und warum? Gemeinsame Entscheidungen beeinflussen, was jeder bezahlen muss.
FINANZIELL UNABHÄNGIG
Eine Mutter warnt ihre Tochter
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: »Sei nie finanziell von jemandem abhängig. Sorge dafür, dass du die Macht hast, wählen zu können und dass du nicht mit Finanzproblemen umgehen musst, um die du nicht gebeten hast.
«
Weise Worte, wohl wahr. Die Mutter möchte nicht, dass die Tochter auf jemanden angewiesen ist, um ihr Leben leben zu können; niemand soll für sie Entscheidungen treffen. Sie möchte nicht, dass ihre Tochter um das Gewollte bitten muss oder jemanden um Erlaubnis fragen muss, um das Leben ihrer Träume zu leben. Das könnte die Botschaft einer Mutter sein, die selbst nicht die Macht für gleichberechtigte Verhandlungen hatte.
Einmal erhielt ich eine E-Mail von einer Frau, in der stand: »Ich konnte es mir nicht leisten, meinen Mann zu verlassen, habe es aber trotzdem getan.« Im Namen der wahren Liebe verlieren wir oft eine simple Tatsache aus den Augen: Es ist wichtig, an der eigenen Unabhängigkeit festzuhalten und über das nötige Kleingeld zu verfügen, um aus einer nicht länger ertragbaren Situation aussteigen zu können.
Im Fall einer Trennung: den Partner schützen
Die Möglichkeit einer Trennung einzukalkulieren, bedeutet nicht, dass man einander deshalb weniger liebt. Es zeigt lediglich dein realistisches Denken – dass du alle Richtungen betrachtest und erkennst, dass trotz der besten Absichten nicht alles reibungslos laufen muss. In jüngster Zeit habe ich miterlebt, dass sich eine große Zahl von Paaren in meinem Bekanntenkreis getrennt hat. Zusätzlich zu dem Kummer machen sich dann auch die Finanzen schnell bemerkbar.
Wie teilt man den Besitz auf? Bei wem sind die Kinder öfter? Wie viele Alimente werden gezahlt? In welcher Gegend wird jeder wohnen (unter Berücksichtigung der Schulen und Freunde der Kinder)? Wer behält das Auto? Wer behält das Haus (falls das möglich ist)? Wer hat mehr für das Haus bezahlt? Wer hat die größere Anzahlung dafür geleistet? Die in eine Trennung einbezogene administrative Komplexität zeigt das Ausmaß, in dem das Paar nicht nur eine emotionale Beziehung, sondern auch, mehr denn je, eine geschäftliche Beziehung hat.
Also … was hast du für den Fall einer Trennung geplant?
Haben ihr beide eure eigenen Investments?
Hat einer von beiden gespart, während der andere die Haushaltskosten
getragen hat?
Hat der eine in ein Geschäft investiert, während der andere mehr Zeit in die Familie investiert hat?
Eines steht fest: Wenn du deinen Beruf aufgegeben hast, um die Kinder großzuziehen, wirst du wohl kaum die Kluft zwischen tatsächlichem Einkommen und dem, was du hättest verdienen können, schließen – es sei denn, du erlebst einen unverhofften Geldregen oder heißt J. K. Rowling.
Wäre es im Fall einer Trennung also nicht eine Art Beweis, dass die Liebe wirklich existiert hat, wenn du zum Wohl des anderen eine finanzielle Einbuße verkraftest? Wenn einer von beiden sich aber trennt, um mit dem/der besten Freund/Freundin des anderen zusammen zu sein, solltest du dich eher auf eine Schlacht epischen Ausmaßes einstellen.
Noch nicht überzeugt?
Du denkst immer noch, Beziehungen sind eine Frage von Gefühlen – und nur von Gefühlen?
Hat dein Ehepartner eine Lebensversicherung für den Fall eines plötzlichen Dahinscheidens?
Wer ist der Nutznießer dieser Police?
Zahlst du in den Rentensparplan deines Ehepartners ein?
Falls dein Ehepartner deine finanzielle Zukunft verprasst, ist das auch kein Problem, oder? Natürlich ist es das!
Liebe macht blind, aber der Kontoauszug wird es nie.
Möglicherweise lässt dieses Kapitel deine romantische Blase platzen und zerstört deine Vorstellung, von Liebe alleine leben zu können. Tatsache ist aber, dass du nie die vollständige Kontrolle über eine Liebesbeziehung hast. Sie nutzt sich Tag für Tag ab, und die wunderbaren Gefühle der Vergangenheit können denen der Ernüchterung weichen. Die Beziehung kann gegen deinen Willen oder durch dich selbst enden.
Aber du kannst Probleme am Horizont erkennen und deine Liebesbeziehung managen. Denn wenn man einander liebt, will man den anderen nicht in Armut zurücklassen. Man muss einander genug lieben, um den potenziellen Kummer abzufedern, falls die Liebe mal schwinden sollte.
Es gibt nicht nur einen Weg, die Finanzen in einer Beziehung zu teilen. Du musst dich nur wohl damit fühlen, wie alles ausgerechnet wird, und bereit sein, das Gespräch zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal aufzugreifen.
Brauchst du also wirklich Liebe? Natürlich! Liebe ist das, was unserer Zeit auf dieser Erde Bedeutung verleiht. Geh also hinaus und finde sie, wo auch immer sie sein mag.
Das finanzielle Managen dieser Liebe dann später? Das ist noch wichtiger!
Anmerkung: Dieses Kapitel berücksichtigt nicht die rechtlichen Aspekte von Beziehungen, weil Familienrecht und Besteuerung äußerst komplex sind. Paare sollten sich über die rechtlichen Auswirkungen ihrer Entscheidungen informieren, denn diese können gravierende finanzielle Auswirkungen haben, vor allem im Fall einer Trennung. Was du für die Realität hältst, entspricht möglicherweise nicht den juristischen Erfordernissen.