»Das ›Problem‹ mit dem Meditieren war für mich, dass es nicht ›alltagstauglich‹ war. … Doch am Ende lernte ich, Meditation ganz anders zu betrachten – nämlich als Möglichkeit, die Kontrolle über mein Bewusstsein aufzugeben, damit mein wesentlich leistungsfähigeres Unterbewusstsein übernehmen konnte.«
ADAM ROBINSON
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ADAM ROBINSON studiert schon sein Leben lang, wie sich die Konkurrenz überflügeln und austricksen lässt. Er ist Schachmeister und erhielt einen Life-Master-Titel der United States Chess Federation. Als Teenager betreute ihn Bobby Fisher 18 Monate lang als Mentor, bevor er den Weltmeistertitel errang. Dann entwickelte Adam in seiner ersten Karriere einen revolutionären Ansatz zum Bestehen von Standardtests als einer der ursprünglichen Gründer von The Princeton Review. Sein bahnbrechendes Vorbereitungsbuch für Tests, Cracking the System: The SAT – ein sogenannter »Category Killer«, wie man in der Verlagsbranche sagt – ist das einzige Buch seiner Art, das es je auf die Bestsellerliste der New York Times schaffte. Nachdem er seine Anteile an The Princeton Review verkauft hatte, wandte Adam seine Aufmerksamkeit Anfang der 1990er-Jahre dem damals gerade entstehenden Fachgebiet der künstlichen Intelligenz zu. Er entwickelte ein Programm, mit dem man Texte analysieren und menschenähnliche Kommentare abgeben konnte. Später wurde er von einem bekannten Quant-Fonds angeworben, um statistische Handelsmodelle zu entwickeln. Seither hat er sich als unabhängiger Global-Macro-Berater für die CEOs eines ausgewählten Grüppchens der erfolgreichsten Hedgefonds der Welt und hochvermögender Family Offices etabliert.
Welches Buch (welche Bücher) verschenkst du am liebsten? Warum? Welche ein bis drei Bücher haben dein Leben am stärksten beeinflusst?
Unser Unterbewusstsein ist ständig aktiv und verarbeitet um ganze Größenordnungen mehr Informationen als unser Bewusstsein – und das erstaunlich leichter. Doch unser Bildungssystem und die westliche Philosophie überhaupt sind darauf ausgerichtet, unser bewusstes Denken und die diesbezüglichen Kapazitäten zu verbessern, nicht die unterbewussten.
Ich habe alles Mögliche gelesen, in Tausenden von Büchern. Fünf ganz unterschiedliche Bücher hatten auf mich den größten Einfluss, weil sie entweder bestätigten, was ich intuitiv vermutete, oder weil sie mir vielversprechende Ansätze lieferten, mein Unterbewusstsein besser zu verstehen – oder zu beherrschen –, um es bei Bedarf anzuzapfen, und es soweit wie möglich zu steuern.
Diese Bücher sind Zen in the Art of Archery von Eugen Herrigel, Drawing on the Right Side of the Brain von Betty Edwards, The Crack in the Cosmic Egg von Joseph Chilton Pearce, The Act of Creation von Arthur Koestler, und vor allem wohl The Origins of Consciousness in the Breakdown of the Bicameral Mind von Julian Jaynes. Diese Bücher waren für meine Überlegungen so fruchtbar, dass ich jedes mindestens dreimal von vorn bis hinten durchgelesen habe. Im Laufe der Jahre nehme ich sie immer mal wieder zur Hand und hole mir weitere Erkenntnisse oder Anregungen.
Was sie mir bestätigt haben und was auch meine eigene Erforschung des Unterbewusstseins ergab, ist, um mit Hamlet zu sprechen, dass es mehr Ding’ im Unterbewusstsein gibt, als unsere Philosophie sich träumt.
Welche Überzeugungen, Verhaltensweisen oder Gewohnheiten, die du dir in den letzten fünf Jahren angeeignet hast, haben dein Leben am meisten verbessert?
Was ich in den letzten fünf Jahren verinnerlicht habe und was mein Leben ganz dramatisch verbessert hat, ist die Erkenntnis, welche Bedeutung andere haben – nicht nur, um die Welt zu verändern, sondern um sie zu genießen!
Ich bin von Natur aus eher introvertiert – so extrem, dass mir Schulfreunde Jahre später erzählt haben, manche unserer Klassenkameraden hätten mich nie ein Wort sprechen hören.
Nach meinem weiterführenden Studium – in Oxford, nachdem ich zunächst an der Wharton School der University of Pennsylvania studiert hatte – hatte ich meine innere Welt schon ein ganzes Stück weit verlassen, war aber auf einer Skala von 100 immer noch zu 95 Prozent introvertiert und zu 5 Prozent extravertiert. Ich war gern in Gesellschaft, aber nicht zu lange. Dann wurde mir alles zu viel, und ich musste mich zurückziehen, um mich zu regenerieren.
Nach dem College, im Berufsleben, verdankte ich meinen Erfolg meinen Erkenntnissen, meiner Fantasie und meinem Denken. Ich bewegte mich weit häufiger in der Welt der Gedanken als in der Welt der Menschen. Je mehr und je bessere Ideen ich hatte, desto größer wurde mein Erfolg.
Ich merkte daher erst relativ spät im Leben, nämlich im letzten Jahr, überrascht, dass man andere in die eigenen Pläne und Visionen einbeziehen muss, wenn man die Welt verändern möchte. Doch das war noch nicht alles: Da waren noch das große Vergnügen und die Befriedigung, die die Fokussierung auf andere vermittelt. Außerdem stellte ich verblüfft fest: Je mehr ich anderen gab – und das habe ich immer getan –, desto mehr gab mir das Universum zurück.
Wenn ich früher ausging und mich mit anderen traf, war ich stets geistig abwesend. Heute fokussiere ich mich nicht mehr auf mein Inneres – meine Ideen –, sondern nach außen, auf die Vernetzung mit anderen. Gesprochen habe ich über diese Erkenntnis erstmals in einem Live-Gruppen-Podcast mit Tim [Ferriss] im Dezember 2016. Kurz darauf hatte ich die Inspiration zu dem Buch An Invitation to the Great Game: A Parable of Love, Magic, and Everyday Miracles , in dem ich meine drei Leitlinien fürs Leben darlegte. Erstens: Vernetze dich so oft wie möglich mit anderen. Zweitens: Versuche stets, engagiert anderen Spaß und Freude zu bereiten. Und drittens: Erlebe jeden Moment in der Erwartung, dass etwas Wunderbares passiert.
Diese Entdeckung hat mein Leben so grundlegend verändert – und mir zum ersten Mal klargemacht, wozu ich auf der Welt bin –, dass ich es heute in zwei Perioden unterteile: die vor der Entdeckung der »anderen«, und die danach. Heute freue ich mich jeden Tag so sehr darauf, aus dem Haus zu gehen, und frage mich, was ich in der Begegnung mit anderen wohl Wunderbares vollbringen werde, dass ich es kaum erwarten kann. Heute haben meine Tage einen natürlichen Rhythmus zwischen Introvertiertheit und Extravertiertheit, der ans Atmen erinnert. Wenn ich alleine bin, atme ich meine Ideen ein, in der Gegenwart anderer atme ich sie aus.
Die Anzahl außergewöhnlicher Menschen und glücklicher Zufälle und Erfolge, die in mein Leben getreten sind, seit ich mir dieses Bewusstsein für andere angeeignet habe – das sich rasch zu der reflexartigen Gewohnheit entwickelt hat, meine Aufmerksamkeit ganz anderen zuzuwenden, wenn ich nicht alleine bin –, war wirklich erstaunlich.
Was ist das beste oder lohnendste Investment, das du je getätigt hast (in Form von Geld, Zeit, Energie etc.)?
Ich habe im Leben schon viel investiert – an Geld, Zeit, Energie, Leidenschaft und Gefühlen. Am meisten gelohnt hat es sich für mich, meditieren zu lernen.
Ich war stets ein Getriebener, der die Welt ungeheuer aufregend fand. Deshalb jagt mein Verstand auch ständig mit Hochgeschwindigkeit der Beantwortung irgendeiner Frage hinterher – oder der Entwicklung eines Systems. Nonstop. Rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr, und in Schaltjahren 366.
Natürlich setzt bei dieser unaufhörlichen geistigen und psychischen Stimulation irgendwann Erschöpfung ein. Und wer auf einem Gebiet Bestleistungen bringen will, der muss einen Weg finden, wie er sich von diesen Strapazen erholt. Ich wusste schon jahrelang, dass ich herausfinden musste, wie ich »abschalten« und einfach entspannen, genießen – und ich selbst sein – kann, aber es gelang mir nicht.
Ich habe alles versucht – Yoga, Sport, sogar Hypnose. Ich suchte mir den »besten« Hypnotiseur in New York, um meinen hyperaktiven Geist abzustellen, doch nach vier – extrem kostspieligen – Versuchen gab er auf. »Ihr Verstand ist zu aktiv, um sich der Hypnose hinzugeben.« »Vielen Dank auch, Herr Doktor«, entgegnete ich unverhohlen verärgert. »Genau deshalb bin ich doch zu Ihnen gekommen.«
Vor etwa zwei Jahren merkte mein bester Freund Josh Waitzkin (Seite 218 ), dass ich gar nicht mehr entspannen oder aufhören konnte, die Welt zu analysieren – insbesondere die Finanzwelt. Da riet er mir, zu meditieren.
»Das ist nichts für mich«, protestierte ich. »Ich kann gar nicht so lange stillsitzen, bis die positive Wirkung einsetzt.«
»Hast du es schon mal mit Herzfrequenzvariabilitäts-Training versucht? HRV?«, wollte er wissen. Ich verneinte.
»Na, dann kann ich dir das nur dringend empfehlen«, riet er mir.
Von HRV hatte ich noch nie gehört. Er erklärte, dass man sich eigentlich nur auf die Atmung konzentrieren müsse und dabei Biofeedback eingesetzt werde, um die »Glätte« und die Amplitude – also die Variabilität – der Herzfrequenz zu messen. Das Herz registriert alle Emotionen und Belastungen in Echtzeit. Deshalb schlägt das Herz auch sehr unregelmäßig – allerdings in einer engen Spanne um einen Durchschnittswert herum. Das Ziel des Biofeedback-Trainings ist es, die eigene Herzfrequenz zu steuern, indem man sich auf die Atmung konzentriert und den »zackigen« Verlauf der Herzfrequenz zu einer Sinuskurve glättet und die Amplitude verlängert.
Das klang interessant, doch ich war erst bereit, mich darauf einzulassen, als sich mir ein ganz neuer Blick auf das Thema Meditation erschloss. Das »Problem« mit dem Meditieren war für mich, dass es nicht alltagstauglich war. Dass ich die Zeit, die ich mit Meditieren zubrachte, nicht zur Analyse der Welt verwenden konnte, kam erschwerend hinzu.
Doch am Ende lernte ich, Meditation ganz anders zu betrachten – nämlich als Möglichkeit, die Kontrolle über mein Bewusstsein aufzugeben, damit mein wesentlich leistungsfähigeres Unterbewusstsein übernehmen konnte, sodass ich die Welt noch besser analysieren konnte.
Davon motiviert, widmete ich mich begeistert dem Biofeedback-HRV-Training und lernte in wenigen Wochen, meinen Geist mit nur einem tiefen Zwerchfell-Bauch-Atemzug zu beruhigen – was mir die Fähigkeit vermittelte, auf Knopfdruck in einen Zen-artigen Ruhezustand zu geraten.
Wenn ich jetzt das Bedürfnis habe, auf Distanz zu gehen oder mich dem Alltagsstress zu entziehen und meinen Geist zur Ruhe kommen zu lassen, dann konzentriere ich mich einfach und praktiziere die Zwerchfellatmung. Das mache ich mehrmals am Tag, immer mal wieder eine oder mehrere Minuten lang. Mindestens einmal täglich »verschwende« ich einen größeren Block von 15 bis 20 Minuten darauf, so zu meditieren. In Wirklichkeit ist das aber keine verschwendete Zeit, denn die Steigerung der Kreativität und der Produktivität, die mir diese regenerierende Kurzsitzungen verschafft, ist viel mehr wert als die »unproduktiv« mit Meditieren verbrachte Zeit.
Meditieren gehört zu den praktischsten, wirkungsvollsten und am meisten die Produktivität steigernden Methoden, die es gibt – und es zu erlernen, war eine meiner besten Investitionen.
Welche Anschaffung von maximal 100 Dollar hat für dein Leben in den letzten sechs Monaten (oder in letzter Zeit) die größte positive Auswirkung gehabt?
Er hat zwar nicht unter 100 Dollar gekostet, sondern 159, aber ist damit noch so nah dran, dass ich ihn erwähnen muss: den Biofeedback-Monitor HeartMath Inner Balance nämlich. Er zeichnet den Herzrhythmus punktgenau auf und schickt ihn als Grafik aufs Handy, was das HRV-Training erleichtert.
Welche schlechten Ratschläge kursieren in deinem beruflichen Umfeld oder Fachgebiet?
Praktisch allen Investoren wurde irgendwann einmal erzählt – oder sie haben es stillschweigend vorausgesetzt oder wurden implizit von den stereotypen Lehrplänen der von ihnen frequentierten Business Schools zu dieser Ansicht angehalten –, dass ihr Anlageerfolg zunimmt, je besser sie die Welt verstehen. Klingt vernünftig, oder? Je mehr Informationen wir uns verschaffen und auswerten, desto besser sind wir informiert, und desto fundierter unsere Entscheidungen. Das Sammeln von Informationen, um mehr zu wissen, ist auf vielen, wenn nicht den meisten Fachgebieten sicherlich vorteilhaft.
Nicht aber in der kontraintuitiven Investmentwelt, in der es den Anlageerfolg beeinträchtigen kann, wenn man mehr weiß.
1974 beschloss der weltberühmte Psychologe und Mitstreiter von Nobelpreisträger Daniel Kahneman Paul Slovic, die Effekte von Informationen auf den Entscheidungsprozess zu untersuchen. Diese Studie sollte eigentlich Gegenstand jedes wirtschaftswissenschaftlichen Studiums im Land sein. Slovic versammelte acht professionelle Pferde-Handicapper und erklärte: »Ich will sehen, wie gut Sie die Sieger von Pferderennen prognostizieren können.« Bei den Probanden handelte es sich durchweg um erfahrene Profis, die ihr Geld mit Wetten verdienten.
Slovic teilte ihnen mit, der Test würde aus Vorhersagen zu 40 Pferderennen in vier aufeinanderfolgenden Runden bestehen. In der ersten Runde würde jeder Proband fünf jeweils unterschiedliche Informationen seiner Wahl zu den einzelnen Pferden erhalten. Für den einen könnte zu den fünf wichtigsten Variablen zählen, wie viele Jahre Erfahrung der Jockey hat. Ein anderer interessierte sich dafür womöglich überhaupt nicht, sondern vielmehr für die Höchstgeschwindigkeit, die ein bestimmtes Pferd im letzten Jahr erreicht hat – oder für etwas anderes.
Slovic bat die Handicapper aber nicht nur, die Gewinner der einzelnen Rennen vorherzusagen, sondern wollte auch wissen, wie sehr sie ihren Prognosen vertrauten. Wie sich herausstellte, nahmen an jedem Rennen im Schnitt zehn Pferde teil, sodass davon auszugehen war, dass jeder Handicapper allein durch wildes Raten oder blinden Zufall in 10 Prozent der Fälle richtigliegen würde – und dass er sich eine Trefferquote von 10 Prozent ausrechnete.
In der ersten Runde mit nur fünf eingeholten Informationen lagen die Handicapper zu 17 Prozent richtig – was ziemlich gut war, nämlich um 70 Prozent besser als die 10-prozentige Ausgangswahrscheinlichkeit, die ohne jede Information vorgelegen hatte. Interessanterweise schätzten sie ihre Trefferquote auf 19 Prozent – also fast richtig. Ihre Prognosen trafen zu 17 Prozent zu, und sie hatten zu 19 Prozent darauf vertraut.
In der zweiten Runde erhielten sie zehn Informationen, in der dritten 20 und in der vierten und letzten 40 – also wesentlich mehr als die 5 Informationen, die ihnen eingangs vorgelegen hatten. Erstaunlicherweise blieb ihre Trefferquote gleichmäßig bei 17 Prozent. Auch mit 35 zusätzlichen Informationen erhöhte sie sich nicht. Doch leider verdoppelte sich ihr Vertrauen in die eigenen Prognosen – auf 34 Prozent! Die zusätzlichen Informationen verbesserten also nicht ihre Erfolgsquote, steigerten aber ihr Selbstvertrauen. Infolgedessen hätten sie wohl mit höheren Einsätzen gewettet und Geld verloren.
Über eine bestimmte Menge hinaus sorgen zusätzliche Informationen also – neben den erheblichen Kosten und dem Zeitaufwand für ihre Beschaffung – für eine »Bestätigungsverzerrung«, wie es die Psychologen nennen. Neue Informationen, die im Widerspruch stehen zu unserer ursprünglichen Einschätzung oder Schlussfolgerung, ignorieren oder verwerfen wir gern, während Informationen, die unsere ursprüngliche Entscheidung bestätigen, uns in unserer Schlussfolgerung bestärken.
Um wieder auf die Kapitalanlage zurückzukommen: Das zweite Problem mit dem Verstehen der Welt ist, dass sie dafür viel zu komplex ist. Je verbissener wir versuchen, sie zu durchschauen, je krampfhafter wir die darin vorkommenden Ereignisse und Trends zu »erklären« versuchen, desto stärker hängen wir an unseren resultierenden Überzeugungen – die stets mehr oder minder falsch sind. Das macht uns blind für die Finanztrends, die sich in Wirklichkeit abspielen. Schlimmer noch, wir bilden uns ein , die Welt zu verstehen und vermitteln Anlegern falsche Sicherheit. Dabei sitzen wir stets mehr oder weniger großen Miss verständnissen auf.
Man hört immer wieder, auch von den versiertesten Investoren und Finanzexperten , dass dieser oder jener Trend »keinen Sinn ergibt«. »Es ergibt keinen Sinn, dass der Dollar immer weiter fällt.« Oder: »Es ergibt keinen Sinn, dass diese Aktie immer höher steigt.« Sagt ein Investor, etwas ergibt keinen Sinn, dann hat er in Wirklichkeit ein Dutzend Gründe dafür, dass der Trend eigentlich in die andere Richtung laufen sollte … es aber nicht tut. Deshalb glaubt er, dass der Trend keinen Sinn ergibt. Dabei ist es seine Weltsicht, die keinen Sinn ergibt. Die Welt ergibt immer Sinn.
Weil Finanztrends global betrachtet immer mit menschlichem Verhalten und menschlichen Überzeugungen zusammenhängen, können die stärksten Trends erst Sinn ergeben, wenn es zu spät für uns ist, daraus Kapital zu schlagen. Bis ein Investor eine Anschauung formuliert hat, die ihm die nötige Sicherheit gibt, zu investieren, ist die Anlagegelegenheit längst vorüber.
Wenn ich also hochkarätige Investoren oder Finanzkommentatoren sagen höre, es ergebe keinen Sinn, dass Energieaktien immer weiter nachgeben, dann weiß ich, dass Energieaktien noch viel Spielraum nach unten haben. Dann liegen nämlich all diese Investoren falsch, verweigern sich der Realität und setzen vermutlich doppelt so überzeugt auf ihre ursprüngliche Entscheidung, Energieaktien zu kaufen. Irgendwann werfen sie dann das Handtuch und müssen ihre Aktien abstoßen – was die Kurse weiter drückt.
Was tust du, wenn dir alles zu viel wird, du nicht mehr fokussiert bist oder deine Konzentration nachlässt? Welche Fragen stellst du dir?
Wenn ich mich nicht mehr konzentrieren kann, dann stelle ich mir zu allererst die Frage: »Bringe ich volle Leistung?« Wenn nicht, frage ich mich, wie ich das ändern kann. Jeder Tag bietet uns 86.400 Sekunden und damit praktisch unzählige Gelegenheiten, noch einmal von vorne anzufangen, unser Gleichgewicht wiederzugewinnen und dann Bestleistungen zu bringen.
Wenn ich merke, dass meine Konzentration nachlässt – und vor allem, wenn ich negative Gefühle wahrnehme – frage ich mich: »Worauf sollte ich mich jetzt eigentlich fokussieren?«
Die Antwort ist meist: »Auf meine Mission.« Das rückt die Dinge fast immer zurecht.
Manchmal lade ich mir aber auch zu viel auf. Weil es mir schwerfällt, anderen, die unbedingt mit mir arbeiten wollen, eine Abfuhr zu erteilen, kommt es vor, dass ich zu viele Verpflichtungen eingehe und überlastet bin.
Passiert das, dann frage ich mich – statt zu versuchen, alles mehr schlecht als recht zu bewältigen: »Welche Aktivität oder Verpflichtung, die ich sofort streichen kann, verschafft mir am meisten Luft?« Das erinnert mich an einen Bericht über eine europäische Kleinstadt, den ich vor langer Zeit gelesen habe (ich werde nicht sagen, in welchem Land, um niemanden ohne Not zu verletzen). Dort hatten die Postzusteller Probleme, die Post pünktlich auszuliefern.
Montags bemühten sie sich nach Kräften, behielten aber ein paar Poststücke übrig, die sie dann auf den Stapel für Dienstag legten. Am Dienstag gerieten sie erwartungsgemäß weiter in Rückstand, und ebenso am Mittwoch und Donnerstag. Am Freitag hatte sich ein ganzer Haufen nicht zugestellter Post angesammelt, den sie dann verbrannten, damit sie am Montag »neu« anfangen konnten. Das wiederholte sich auch in der nächsten Woche, und Freitag für Freitag zündeten sie ein Feuerchen an, um ihre Postautos von der nicht zugestellten Ladung der Woche zu befreien.
Das war ein höchst zweifelhafter wöchentlicher »Neustart«, den ich nicht empfehlen kann. Doch die Idee, neu anzufangen, wenn einem alles über den Kopf wächst, ist grundsätzlich hervorragend. Nehmen wir an, ich liege an einem beliebigen Tag schon mittags nicht mehr im Plan. Es ist offensichtlich, dass die Dinge in Kürze aus dem Ruder laufen. Statt zu versuchen, alle meine Nachmittagstermine wahrzunehmen – mit immer größerer Verspätung –, schaue ich auf meinen Kalender und frage mich, welcher der nächste ist, den ich auf einen anderen Tag verschieben kann. Lieber vereinbare ich einen neuen Termin und erscheine zu den drei übrigen pünktlich, als zu allen vier Nachmittagsterminen zu spät und abgekämpft aufzutauchen.
Apropos – einen Tag halte ich jede Woche komplett frei und trage einen vorgeblichen Auswärtstermin ein, damit ich nicht in Versuchung gerate, ihn anderweitig zu verplanen – auch nicht mit Verabredungen mit Freunden oder anderen angenehmen Ablenkungen. Im Notfall oder wenn ich nicht fertig werde und am Rad drehe, weiß ich, ich habe einen »freien Tag«, den ich nach Gusto verwenden kann.
Wenn ich mich also übernehme und zu viele Eisen gleichzeitig im Feuer habe, frage ich mich, welche ein oder zwei davon ich – für den Moment – herausziehen und beiseitelegen kann, um die anderen ordentlich zu schmieden.
Was ist eine deiner – gern auch absurden – Eigenheiten, auf die du nicht verzichten möchtest?
In der alten Sendung Candid Camera – die von Ashton Kutchers (Seite 273 ) Punk’d in zuletzt wieder aufgegriffen wurde – werden nichtsahnende Menschen gefilmt, wie sie in Echtzeit mit verrückten arrangierten Situationen zurechtkommen – gewöhnlich zur großen Erheiterung der Zuschauer.
Mir macht es immer wieder riesigen Spaß, unbedarfte wildfremde Menschen mit netten Gesten zu überraschen. So drücke ich beispielsweise manchmal, wenn ich mir einen geeisten Latte bestelle, dem Barista bei Starbucks 20 Dollar in die Hand mit dem Auftrag, dem Übernächsten in der Schlange zu geben, was er sich bestellt – und das Wechselgeld obendrauf. Ich nehme nie den Nächsten, denn der könnte ja mitbekommen, dass ich der geheimnisvolle Wohltäter bin.
Dann nippe ich aus sicherer Entfernung meinem Latte und beobachte, wie der zufällig Begünstigte auf diese unerwartete Großzügigkeit zunächst verwirrt und dann erfreut reagiert. Manchmal gibt der Betreffende das Wechselgeld auch als Trinkgeld oder bezahlt seinem Hintermann den Kaffee. Er verlässt den Coffee Shop jedoch zuverlässig mit einem Lächeln auf den Lippen – und ich weiß dann, dass ich in seinem Umfeld und für jeden, dem er an diesem Tag begegnet, einen positiven Welleneffekt ausgelöst habe.
Magie, die um sich greift!