Die Insel der Katzen
Das ehemalige Fischerdorf Aoshima, eine winzige Insel vor der Hauptinsel Shikoku, hat in den letzten 70 Jahren eine ungewöhnliche Entwicklung erfahren. Waren es 1945 noch annähernd 900 Menschen, die hier vom Fischfang lebten, sind es heute offiziell nur noch 22 ältere Menschen, die hier in Ruhe und Frieden ihren Lebensabend in traditioneller Gemeinschaft verbringen möchten.
Aber mit der Stille ist es vorbei, seitdem ihre tierischen Mitbewohner in den Fokus der Presse gerückt sind: Über 120 Katzen teilen sich die Insel mit den Einheimischen. Ursprünglich wurden sie auf die Insel geholt, um die Mäuse von den Fischerbooten fernzuhalten. Dank des reichlich gedeckten Tisches und in Ermangelung natürlicher Feinde vermehrten sich die Katzen und nahmen das gesamte Eiland mehr und mehr in Beschlag.
Heute sind sie überall zu finden. Am Hafen, in den Straßen, auf den Treppen und den kleinen Felsen. Und sie haben sich zu einer Touristenattraktion entwickelt. Täglich kommen Besucher auf diese kleine Insel. Eine Fähre bringt sie in 30 Minuten von Ehime hinüber. Die Touristen wandern über die Insel, auf der es weder Restaurants noch Kioske oder andere Geschäfte gibt. Sie fotografieren, dringen in private Bereiche ein und verhalten sich nicht immer respektvoll den Einwohnern und deren Traditionen gegenüber. Die wenigsten machen sich Gedanken darüber, dass sie mit ihrem Besuch der Insel mehr schaden als nutzen und nicht bei allen Einheimischen willkommen sind. Durch die zusätzlichen Fütterungen verändert sich das Verhalten der Katzen, die Vermehrungsrate steigt an, und das seit Jahrzehnten bestehende Gleichgewicht gerät aus den Fugen.
Mit Kastrationen wird nun versucht, die Katzenpopulation zu regulieren. Trotzdem bleibt es eine große Herausforderung für alle, das rechte Maß aus Ehrfurcht vor den gewachsenen Traditionen, den alten Menschen und den Wünschen der Touristen zu finden.